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Es ist gewiß angebracht, an all jene ein Wort des Rates und der Ermunterung zu richten, die an dem gesegneten Werk teilgenommen haben oder noch teilnehmen, das Evangelium der Gnade Gottes zu verkündigen.
Wir sind uns in etwa der Schwierigkeiten und Entmutigungen bewußt, die auf dem Weg jedes Evangelisten lauern, was auch immer sein Arbeitsfeld oder sein Maß an Begabung sein mag. Und so ist es unser Herzenswunsch, allen denen die Hände zu stärken und das Herz zu ermutigen, die vielleicht in der Gefahr stehen, unter der niederdrückenden Macht dieser Dinge mutlos zu werden. Wir empfinden in zunehmendem Maß die unermeßliche Bedeutung eines ernsthaften und brennenden Zeugnisses des Evangeliums an allen Orten; und wir fürchten un, sehr vor einem Nachlassen in diesem Bereich. Wir werden ausdrücklich aufgefordert, das Werk eines Evangelisten zu tun und uns durch keinerlei Argumente und Überlegungen von diesem Werke abbringen zu lassen.
Möge niemand annehmen, wir wollten durch diese Zeilen auch nur im geringsten den Wert der Lehre, von Vorträgen oder ernsten Ermahnungen herabsetzen. Nichts liegt uns ferner. „Diese Dinge hättet ihr tun und jene nicht lassen sollen" (Lk 11,42). Wir möchten nicht den Dienst des Evangelisten mit dem des Lehrers vergleichen oder etwa den ersteren gegenüber dem letzteren hervorheben. Jeder hat seinen eigenen Platz, seine bestimmten Interessen und seine besondere Bedeutung.
Gibt es aber nicht andererseits die Gefahr, daß der Evangelist seinen eigenen kostbaren Dienst aufgibt, um lieber
belehrende Vorträge zu halten? Besteht nicht die Gefahr, daß der Evangelist zum Lehrer wird? Wir fürchten, es ist so; und eben deswegen schreiben wir diese wenigen Zeilen. Mit großer Sorge beobachten wir, wie einige, die einmal als ernsthafte, überaus gesegnete Evangelisten unter uns bekannt waren, ihren Dienst nun fast völlig aufgaben und Lehrer werden und Vorträge halten.
Das ist sehr bedauerlich.
Wir brauchen so dringend Evangelisten! Ein wahrer Evangelist ist fast so selten wie ein wahrer Hirte. Leider, leider sind beide ganz selten! Beide sind eng miteinander verbunden. Der Evangelist sammelt die Schafe; der Hirte nährt und pflegt sie. Der Dienst von beiden steht dem Herzen Christi, dem göttlichen Evangelisten und Hirten, sehr nahe. Wir haben es im Augenblick jedoch mehr mit dem Ersteren zu tun, um ihn in seinem Dienst zu ermuntern und ihn vor der Versuchung zu warnen, sich von diesem Dienst abzuwenden. Gerade jetzt können wir es uns nicht leisten, auch nur einen Botschafter zu verlieren oder einen einzigen Prediger verstummen zu lassen. Wir wissen sehr wohl, daß es in einigen Gegenden eine starke Neigung gibt, kaltes Wasser über den Dienst des Evangelisierens zu schütten. Es gibt einen beklagenswerten Mangel an Mitempfinden mit dem Prediger des Evangeliums; und eine zwangsläufige Folge davon ist das Fehlen einer aktiven Zusammenarbeit mit ihm.
Darüber hinaus wird oft in einer Art und Weise über die Evangeliumsverkündigung gesprochen, die nur wenig Liebe für das Herz Dessen verrät, der über unbußfertige Sünder weinte und der zu Beginn Seines gesegneten Dienstes sagen konnte: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil Er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft (das Evangelium) zu verkündigen" (Jes 61; Luk 4,18). Und wiederum sagte Er:
„Laßt uns anderswohin in die nächsten Flecken gehen, auf daß ich auch daselbst predige; denn dazu bin ich ausgegangen" (Mk 1,38).
Unser hochgelobter Herr war ein unermüdlicher Prediger des Evangeliums; und jeder, der von Seiner Gesinnung und Seinem Geist erfüllt ist, wird ein lebendiges Interesse am Werk all derer haben, die in ihrem schwachen Maße bestrebt sind, dasselbe zu tun. Dieses Interesse wird sich nicht nur in ernsthaftem Gebet um den Segen Gottes für diese Arbeit zeigen, sondern auch in fleißigen und anhaltenden Bemühungen, unsterbliche Seelen unter den Schall des Evangeliums zu bringen.
Auf diese Weise hilft man dem Evangelisten; und dieser Weg steht jedem Glied der Versammlung Gottes offen, sei es Mann, Frau oder Kind. Jeder kann so etwas zu dem herrlichen Werk des Evangelisierens beitragen. Wenn jedes Glied der Versammlung fleißig und unter Gebet mitarbeiten würde, wie ganz anders stünde es dann um die geliebten Diener des Herrn, die sich darum bemühen, die unausforschlichen Reichtümer Christi bekannt zu machen!
Aber wie oft sieht es leider ganz anders aus. Wie oft hören wir sogar solche, denen man geistliche Einsicht und Reife nachsagt, in bezug auf eine Evangelisations-Versammlung sagen: „Ach nein, da gehe ich nicht hin; es ist ja nur eine Evangelisation." Stellen wir uns das vor: „Nur eine Evangelisation"; sie könnten diesen Gedanken auch anders ausdrücken und sagen: „Es ist ja nur das Herz Gottes; nur das kostbare Blut Christi; nur die wunderbare Wirkung des Heiligen Geistes."
Das wäre wenigstens ehrlich. Es gibt kaum etwas Traurigeres, als wenn Menschen, die sich Christen nennen, so reden. Es beweist allzu eindeutig, daß ihre Seelen weit vom Herzen des Herrn Jesus entfernt sind. Wir haben immer wieder gefunden, daß solche, die geringschätzig über das Werk eines Evangelisten reden und denken, Menschen mit sehr wenig geistlicher Reife sind. Andererseits kann man sicher sein, daß die treuesten, aufrichtigsten und bestbelehrten Heiligen Gottes immer ein tiefes Interesse an diesem Werk zeigen. Wie könnte es auch anders sein? Gibt nicht die Sprache der Heiligen Schrift das eindeutigste Zeugnis dafür, daß der Dreieine ein besonderes Interesse für das Werk des Evangeliums hat?
Ganz unbestritten ist das so. Wer verkündigte denn als Erster das Evangelium? Wer war denn der erste Bote des Heils? Wer hat denn als Erster die gute Botschaft von dem verwundeten Samen des Weibes verkündigt? Das war Gott der Herr Selbst, und zwar im Garten Eden. Das ist in Verbindung mit unserem Thema eine bedeutsame Tatsache. Fragen wir uns darüber hinaus, wer denn der ernsthafteste und arbeitsamste Prediger des Evangeliums war, der je über diese Erde ging? Der Sohn Gottes. Und wer hat in den letzten neunzehn Jahrhunderten das Evangelium verkündigt? Der Heilige Geist, der vom Himmel herniedergesandt wurde.
Wir sehen also, daß Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist an dem Werk des Evangelisierens beteiligt sind; und wenn das so ist, wer sind wir, daß wir wagen könnten, geringschätzig von einem solchen Werk zu sprechen? Nein! Möge doch vielmehr unser ganzes Inneres von der Kraft des Geistes Gottes aufgerüttelt werden, damit wir unser herzliches und tiefes „Amen" zu jenen kostbaren, inspirierten Worten sagen können: „Wie lieblich sind die Füße derer, welche das Evangelium des Friedens verkündigen . . . " (Jes 52,7; Röm 10,15).
Nun könnte es ja sein, daß jemand diese Zeilen kritisch liest, der sich für die Verkündigung des Evangeliums eingesetzt hat und sich allmählich entmutigt fühlt. Vielleicht war er berufen, jahrelang an ein und demselben Ort zu pedigen und es bedrückt ihn der Gedanke, daß er sich immer mit demselben Thema an dieselbe Zuhörerschaft wendet, und zwar Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr. für Jahr. Vielleicht hat er das Gefühl, es fehle an etwas Neuem, etwas Frischem, an Abwechslung. Vielleicht sehnt er sich nach einem neuen Wirkungskreis, wo die ihm vertrauten Themen für die Zuhörer etwas Neues sind. Wenn das aber nicht möglich ist, glaubt er sich vielleicht dazu geführt, die drängende, deutliche und ernsthafte Verkündigung des Evangeliums durch Vorträge und ausführlichere biblische Darlegungen ersetzen zu sollen.
Wenn wir nun etwas auf die Gedanken des Lesers zu diesem Thema eingegangen sind, so glauben wir, daß es ihm bei seinem Dienst eine große Hilfe sein wird, wenn er im Auge behält, daß der eine große Gegenstand des wahren Evangelisten Christus ist. Die Kraft, diesen Gegenstand recht zu behandeln, ist der Heilige Geist. Der, dem dieser Gegenstand dargelegt werden soll, ist der verlorene Sünder. Nun, Christus ist immer neu, die Kraft des Heiligen Geistes ist immer frisch, und der Zustand und das Schicksal der Seele sind immer zutiefst von Interesse. Überdies tut der Evangelist gut daran, bei jeder neuen Predigt-Gelegenheit daran zu denken, daß seine unbekehrten Zuhörer keinerlei Kenntnis des Evangeliums haben; daher sollte er so predigen, als würden seine Zuhörer die Botschaft zum erstenmal hören und als würde er sie zum erstenmal bringen. Denn die Verkündigung des Evangeliums ist nach Gottes Gedanken keine trockene...
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