2.Mose 5, 3‑9 C.H.Mackintosh

01/13/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

(Kap. 5, 3‑9).

Hier zeigen sich die geheimen Motive des menschlichen Herzens und die Unfähigkeit, die Dinge Gottes zu verstehen. Alle göttlichen Rechte und Offenbarungen waren nach dem Urteil des Pharao nichts als "Worte des Trugs". Was wußte er von den "drei Tagereisen in die Wüste"? 

Was kümmerte ihn ein "Fest des HERRN"? Wie hätte er die Notwen­digkeit einer solchen Reise oder den Sinn eines solchen Festes begreifen können? Unmöglich! Er konnte das Lasttragen und das Ziegelbrennen verstehen, denn diese Dinge gehörten nach seinem Urteil der Wirklich­keit an. Wenn es sich aber um Gott handelte, um Seinen Dienst oder Seine Anbetung, so betrachtete er alles nur als ein Hirngespinst, her­vorgerufen durch jene, die nur eine Ausflucht suchten, um den Be­schwerden des Lebens entrinnen zu können.

Nur zu oft hat sich dieselbe Erscheinung bei den Weisen und Großen dieser Welt gezeigt. Sie sind schnell bereit, die göttlichen Zeugnisse als Torheit und Täuschung abzutun. Denken wir z. B. an die Meinung, die sich der "vortreffliche Festus" über die zwischen Paulus und den Juden schwebende Streitfrage gebildet hatte. Er sagte zu dem König Agrippa: "

Sie hatten aber etliche Streitfragen wider ihn wegen ihres eigenen Gottesdienstes und wegen eines gewissen Jesus, der gestorben ist von welchem Paulus sagte, er lebe" (Apg. 25, 19). Wie wenig Wußte er, was er sagte! Wie wenig verstand er die Wichtigkeit der Frage, ob Jesus tot sei oder lebe. Er dachte nicht an ihre unermeßliche Tragweite für ihn selbst und seine Freunde Agrippa und Bernice. Jedoch änderte dies nichts an der Sache selbst. 

Sowohl er als sie wissen jetzt mehr darüber, obwohl sie es in den Tagen ihrer irdischen Herrlichkeit nur als eine alberne Streitfrage betrachteten, die nicht die Beachtung verständiger Menschen verdiente und ausschließlich geeignet war, das gestörte Gehirn von Schwärmern zu beschäftigen. Die große, das Schick­sal jedes Menschen entscheidende Frage, auf der der gegenwärtige und ewige Zustand der Kirche und der Welt beruht und an die sich alle Rat­schlüsse Gottes knüpfen, war nach dem Urteil des Festus nur eitler Aberglaube.

Dasselbe finden wir bei dem Pharao. Er wußte nichts von dem "Gott der Hebräer", von dem großen "Ich hin", und daher beurteilte er alles, was Mose und Aaron ihm von einem Gott darzubringenden Opfer ge­sagt hatten, als "Worte des Trugs". Die Dinge Gottes müssen dem unheiligen Geist des Menschen immer nutzlos und töricht erscheinen. 

Der Name Gottes mag in der Ausdrucksweise einer kalten Form‑Reli­gion seinen Platz finden; aber Gott selbst wird nicht gekannt. Sein kostbarer Name, in dem der Gläubige jeden Wunsch und jedes Bedürf­nis seines Herzens eingeschlossen findet, hat für den Ungläubigen weder Bedeutung noch Kraft noch Wert; und darum wird alles, was mit Gott in Verbindung steht, Seine Worte, Seine Ratschlüsse, Seine Gedanken und Seine Wege als "Worte des Trugs" betrachtet.

Aber es wird nicht mehr lange so sein. Der Richterstuhl Christi, der Schrecken der zukünftigen Welt, die Wogen des Feuersees ‑ sie alle werden nicht Worte des Trugs sein. Nein, gewiß nicht; und alle, die durch die Gnade heute schon glauben, daß diese Dinge Wirklichkeiten sind, sollten sie auf die Gewissen derer legen, die wie der Pharao das "Ziegelstreichen" als die einzig beachtenswerte Sache, als das einzig Wesentliche betrachten.

Leider leben selbst Christen so oft im Bereich der sichtbaren Dinge, im Bereich der Erde und der Natur, daß sie das bleibende und mächtige Bewußtsein von der Wirklichkeit der göttlichen und himmlischen Dinge verlieren. Was wir brauchen, ist ein ununterbrochenes Leben im Bereich des Glaubens, des Himmels und der "neuen Schöpfung". 

Dann werden wir die Dinge sehen, wie Gott sie sieht, sie beurteilen, wie Er sie be­urteilt, und unser ganzes Leben und Verhalten wird erhabener, gelasse­ner und von der Erde und den irdischen Dingen vollständiger getrennt sein.

Die schmerzlichste Prüfung für Mose entstand jedoch nicht aus dem Urteil, das der Pharao über seine Sendung fällte. Der treue Diener, dessen Herz ungeteilt für Christus ist, muß damit rechnen, von den Menschen dieser Welt ein Schwärmer genannt zu werden. Denn sie be­trachten ihn von einem Gesichtspunkt aus, der kein anderes Urteil von ihnen erwarten läßt. je treuer er seinem himmlischen Meister dient, um so mehr wird er Seinen Fußspuren folgen und Seinem Bild gleichförmig sein; und um so mehr wird er erwarten müssen, von den Söhnen der Erde für "unsinnig" gehalten zu werden. 

Das Urteil der Welt sollte ihn daher weder enttäuschen noch entmutigen. Eine weit schmerzlichere Sache aber ist es, wenn sein Dienst und Zeugnis von denen übel ge­deutet, mißverstanden, ja, zurückgewiesen wird, an die er sich gerade wendet. In diesem Fall ist er darauf angewiesen, viel in der Nähe Got­tes, in der Verborgenheit Seiner Gedanken und in der Macht Seiner Gemeinschaft zu sein, um in den Schwierigkeiten seines Dienstes auf­rechterhalten zu bleiben. Wenn ein Diener in solchen Umständen rächt überzeugt ist, von oben beauftragt zu sein, und er sich nicht der Ge­genwart Gottes bewußt ist, so ist ein Unterliegen die unausbleibliche Folge.

Wäre Mose nicht in dieser Weise aufrechterhalten worden, so wäre ihm der Mut völlig gesunken, als der zunehmende Druck der Macht des Pharao die Vorsteher der Kinder Israels zu den entmutigenden Worten bewog: "Der HERR sehe auf euch und richte, daß ihr unseren Geruch stinkend gemacht habt vor dem Pharao und vor seinen Knechten, so daß ihr ihnen das Schwert in die Hand gegeben habt, uns zu töten" (Kap. 5, 21). 

Diese Worte klangen trübe genug, und sie trafen das Herz Moses so sehr, daß er sich zum Herrn wandte und sagte: "Herr, warum hast du so übel an diesem Volke getan? Warum doch hast du mich gesandt? Denn seitdem ich zum Pharao hineingegangen bin, um in deinem Namen zu reden, hat er diesem Volk übel getan, und du hast dein Volk durchaus nicht errettet" (Kap. 5, 22. 23). 

Doch wie die dunkelste Stunde der Nacht oft der Morgendämmerung unmittelbar vorausgeht, so war auch hier, gerade in dem Augenblick, als die Be­freiung so nahe schien, die Lage am aussichtslosesten. Genauso wird es in der Geschichte Israels in den letzten Tagen sein. Die Stunde der tiefsten Finsternis und der schrecklichen Angst wird dem Aufgang der "Sonne der Gerechtigkeit" vorausgehen, die "mit Heilung in ihren Flügeln" hinter den Wolken hervorstrahlen wird, um den "Schaden der Töchter des Volkes Gottes‑ zu hellen (Mal. 4, 2).

Man könnte sich im Blick auf die oben angeführte Stelle fragen, ob und inwieweit das von Mose ausgesprochene "Warum" ein Zeichen echten Glaubens oder eines gebrochenen Willens war. Doch wie dem auch sein mag, nie tadelt der Herr einen Einwand, der durch den harten Druck des Augenblicks hervorgerufen wird. Er antwortete Mose in bewundernswerter Güte: "

Nun sollst du sehen, was ich dem Pharao tun werde; denn durch eine starke Hand gezwungen soll er sie ziehen las­sen, und durch eine starke Hand gezwungen soll er sie aus seinem Lande wegtreiben" (Kap. 6, 1). Diese Antwort zeigt eine besondere Gnade. Anstatt es zu rügen, daß Mose es sich herausnimmt, die unerforschli­chen Wege des "Ich bin" in Zweifel zu ziehen, sucht

 Gott vielmehr Seinen erschöpften Diener dadurch zu ermutigen, daß Er ihm Seine Absichten enthüllt. Diese Handlungsweise war Gott, dem Geber jeder guten und vollkommenen Gabe, angemessen. "Denn er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, daß wir Staub sind", Er, dessen Güte von Ewig­keit zu Ewigkeit ist über die, welche ihn fürchten (vergl. Ps. 103, 14. 17).

jedoch möchte Gott das Herz dahin führen, daß es nicht nur in Seinen Handlungen, sondern in Ihm selbst, in Seinem Namen und Charakter, Trost und Freude findet; und darin gibt es in der Tat eine vollkomme­ne, ewige Glückseligkeit. 

Wenn das Herz Gott selbst als seinen Zu­fluchtsort kennt, wenn es sich in den "starken Turm", den Sein Name darstellt, zurückziehen und im Wesen Gottes eine vollkommene Ant­wort auf alle seine Bedürfnisse finden kann, dann steht es wirklich hoch über dem Bereich alles Geschaffenen; dann kann es sich von allem abwenden, was die Erde Schönes verspricht, und erkennt die Anma­ßung des Menschen in ihrem wahren Wert. Ein Christ, der Gott aus Erfahrung kennt, kann nicht nur im Blick auf die Erde sagen: "Alles ist Eitelkeit!", sondern kann auch zu Gott emporschauen und ausrufen: "Alle meine Quellen sind in dir" (PS. 87, 7)!

"Und Gott redete zu Mose und sprach zu ihm: Ich bin der HERR. Und ich bin Abraham, Isaak und Jakob erschienen als Gott, der Allmächtige; aber mit meinem Namen HERR habe ich mich ihnen nicht kundge­geben. Und auch habe ich meinen Bund mit ihnen aufgerichtet, ihnen das Land Kanaan zu geben, das Land ihrer Fremdlingschaft, in welchem sie als Fremdlinge geweilt haben. Und auch habe ich das Wehklagen der Kinder Israel gehört, welche die Ägypter zum Dienste anhalten, und habe meines Bundes gedacht" (Kap. 6, 2‑5). 

"Der HERR" ist der Titel, den Gott in Verbindung mit Seinem Gnadenbund und als Befreier Seines Volkes annimmt. Er stellt sich darin als die unversiegbare Quelle der erlösenden Liebe vor, indem Er Seine Ratschlüsse bestätigt, Seine Verheißungen erfüllt und Sein auserwähltes Volk von jedem Feind und jedem Übel erlöst. Es war das Vorrecht Israels, stets unter dem Schutz dieses bedeutungsvollen Titels zu wohnen, eines Titels, .‑. sich Gott offenbart, wie Er für Seine eigene Herrlichkeit wirkt und sich Seines unterdrückten Volkes annimmt, um in ihm diese Herrlichkeit zu offenbaren (vergl. Jes. 43, 11. 12; 2. Mose 15, 21).

,Darum sprich zu den Kindern Israel: Ich bin der HERR, und ich werde euch herausführen unter den Lastarbeiten der Ägypter hinweg, und werde euch erretten aus ihrem Dienste, und euch erlösen mit ausge­strecktem Arm und durch große Gerichte. Und ich will euch annehmen mir zum Volke und will euer Gott sein; und ihr sollt erkennen, daß ich der HERR, euer Gott, bin, der euch herausführt unter den Lastarbeiten der Ägypter hinweg. 

Und ich werde euch in das Land bringen, welches ,dem Abraham, Isaak und Jakob zu geben ich meine Hand erhoben habe, und werde es euch zum Besitztum geben, ich, der HERR" (Kap. 6, 6‑8). Hier offenbart Gott den Seinigen Seine Gnade, daß Er in ihnen, für sie und mit ihnen zur Entfaltung Seiner eigenen Herrlichkeit wirken wollte. Wie schwach und elend sie auch sein mochten, Er war gekommen, um Seine Herrlichkeit zu zeigen, Seine Gnade zu offenbaren und in ihrer völligen Befreiung ein Beispiel Seiner Macht zu geben. 

Seine Herrlich­keit und ihre Erlösung waren untrennbar miteinander verbunden. Alles dieses wurde später in ihre Erinnerung zurückgerufen, wie wir in 5. Mose 7, 7. 8 lesen: "Nicht weil euer mehr wären als aller Völker, hat der HERR sich euch zugeneigt und euch erwählt; denn ihr seid das geringste unter allen Völkern; sondern wegen des HERRN Liebe zu euch, und weil er den Eid hielt, den er euren Vätern geschworen, hat der HERR euch mit starker Hand herausgeführt und dich erlöst aus dem Hause der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten.

Nichts ist mehr geeignet, ein zweifelndes Herz auf einen sicheren Boden ZU Stellen, als das Bewußtsein, daß Gott sich unser angenommen hat, gerade so wie wir sind und in der völligen Erkenntnis dessen, was wir sind, und daß Er niemals irgendeine neue Entdeckung in uns machen kann, die den Charakter oder das Maß Seiner Liebe zu uns verändern könnte. "Da er die Seinigen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte ,er sie bis ans Ende (Joh. 13, 1). 

Seine Liebe ist unveränderlich; wen Er liebt und wie Er liebt ‑ Er liebt bis ans Ende. Das ist ein unaus­sprechlicher Trost. Gott kannte uns durch und durch. Als Er Seine Liebe zu uns in der Hingabe Seines Sohnes offenbarte, da war Ihm das Aller­schlechteste von uns bekannt. Er wußte, was notwendig war, und Er traf Vorsorge dafür. Er kannte unsere Schuld, und Er beglich sie. 

Er wußte, was getan werden mußte, und Er vollbrachte es. Seinen eigenen Anforderungen mußte entsprochen werden, und Er entsprach ihnen. Alles ist Sein eigenes Werk. Darum hören wir Ihn, wie in der oben angeführte Stelle, zu Israel sagen: "Ich werde euch herausführen" ‑

,ich werde euch bringen" ‑ "ich werde euch annehmen" ‑ "ich werde euch geben" ‑ "ich bin der HERR". Das alles wollte Er tun, und zwar aufgrund dessen, was Er war. Solange diese große Wahrheit nicht be­griffen, und solange sie nicht in der Kraft des Heiligen Geistes in der Seele aufgenommen worden ist, kann von keinem dauernden Frieden die Rede sein. Weder kann das Herz glücklich, noch das Gewissen ruhig sein, bevor man weiß und glaubt, daß alle göttlichen Forderungen ihre göttliche Befriedigung gefunden haben.

Der Schluß unseres Kapitels enthält ein Verzeichnis der Häupter der Vaterhäuser Israels. Es ist interessant, hier zu sehen, wie Gott die Zählung derer vornimmt, die, obwohl noch in der Gewalt des Feindes, Sein Eigentum waren. Israel war das Volk Gottes, und Gott zählt hier diejenigen auf, auf die Er ein unumschränktes Recht besaß. Welch eine Gnade, daß Gott Interesse an denen hatte, die sich in der tiefen Er­niedrigung der ägyptischen Knechtschaft befanden! 

Er, der die Welten gemacht hat, und der von unzähligen Heerscharen nicht gefallener Engel, den Tätern seines Wohlgefallens" (Ps. 103, 21), umgeben ist, kommt herab, um sich einer Anzahl von Sklaven anzunehmen, mit denen Er in unbegreiflicher Herablassung Seinen Namen verbinden will. Inmitten der Ziegelhütten Ägyptens sieht Er ein unter der Geißel der Fronvögte seufzendes Volk und spricht die denkwürdigen Worte: "Laß mein Volk ziehen!", und dann beginnt Er die Zählung dieses Volkes, als wollte Er sagen: "

Diese sind mein; laß mich sehen, wie viele es sind, damit niemand von ihnen zurückbleibe". "Er hebt aus dem Staube empor den Geringen, aus dem Kote erhöht er den Armen, um sie sitzen zu lassen bei den Edlen; und den Thron der Ehre gibt er ihnen als Erbteil" (1. Sam. 2, 8).

2.Mose 7-11 Die Plagen, C.H.Mackintosh

01/13/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Kapitel 7‑11DIE PLAGEN

Diese fünf Kapitel bilden einen besonderen Abschnitt des 2. Buches Mose, dessen Inhalt nach drei verschiedenen Themen eingeteilt werden kann; wir finden darin

1. die zehn Gerichte Gottes,

2. den Widerstand des Jannes und Jambres" und

3. die vier Einwendungen des Pharao.

Ganz Ägypten wurde unter den aufeinanderfolgenden Schlägen der Rute Gottes zum Zittern gebracht. Alle, von dem Fürsten auf dem Thron bis herab zu dem geringsten Diener, mußten die Schwere dieser Ge­richte fühlen. "Er sandte Mose, seinen Knecht, Aaron, den er auser­wählt hatte. Sie taten unter ihnen seine Zeichen, und Wunder im Lande Hams. Er sandte Finsternis und machte finster; und sie waren nicht widerspenstig gegen seine Worte. 

Er verwandelte ihre Wasser in Blut und ließ sterben ihre Fische. Es wimmelte ihr Land von Fröschen, in den Gemächern ihrer Könige. Er sprach, und es kamen Hundsfliegen, Stechmücken in alle ihre Grenzen. Er gab ihnen Hagel als Regen, flam­mendes Feuer in ihrem Lande; und er schlug ihre Weinstöcke und Feigenbäume und zerbrach die Bäume ihres Landes. Er sprach, und es kamen Heuschrecken und Grillen ohne Zahl. Und sie fraßen alles Kraut in ihrem Lande und fraßen die Frucht ihres Bodens. Und er schlug alle Erstgeburt in ihrem Lande, die Erstlinge all ihrer Kraft" (Ps. 105, 26‑36).

Der Psalmist entwirft hier in gedrängter Kürze ein Bild von den schrecklichen Plagen, die wegen der Herzenshärtigkeit des Pharao über sein Land und Volk gebracht wurden. Der hochmütige Fürst hatte sich erkühnt, dem unumschränkten Willen und den Wegen des höchsten Gottes zu widerstehen, und als gerechte Folge traf ihn das Gericht der Verblendung und Verhärtung seines Herzens. "Und der HERR ver­härtete das Herz des Pharao, und er hörte nicht auf sie, so wie der HERR zu Mose geredet hatte. 

Und der HERR sprach zu Mose: Mache dich des Morgens früh auf und tritt vor den Pharao und sprich zu ihm. So spricht der HERR, der Gott der Hebräer: Laß mein Volk ziehen, daß sie mir dienen! Denn dieses Mal will ich alle meine Plagen in dein Herz senden, und über deine Knechte und über dein Volk, auf daß du wissest, daß niemand ist wie ich auf der ganzen Erde. Denn jetzt hätte ich meine Hand ausgestreckt, und hätte dich und dein Volk mit der Pest geschla­gen, und du wärest vertilgt worden von der Erde; aber eben deswegen habe ich dich bestehen lassen, um dir meine Kraft zu zeigen, und damit man meinen Namen verkündige auf der ganzen Erde" (Kap. 9, 12‑16).

Bei der Betrachtung des Pharao und seiner Handlungen wird man un­willkürlich an die ergreifenden Szenen des Buches der Offenbarung erinnert, in denen wir den letzten stolzen Widersacher des Volkes Gottes die sieben Schalen des Zornes des Allmächtigen auf sich und sein Königreich herabziehen sehen. 

Gott hat nach Seinem Vorsatz Israel den Vorrang auf der Erde eingeräumt; und daher muß jeder, der sich diesem Vorsatz in den Weg zu stellen wagt, beiseite geschafft wer­den. Die göttliche Gnade muß einen Gegenstand haben, dem sie sich zuwenden kann; und wenn sich irgend jemand erkühnt, sich dieser Gnade zu widersetzen, so wird er aus dem Wege geräumt ‑ sei es Ägypten oder Babylon, oder das "Tier, welches war, und nicht ist, und sein wird" (Offbg. 17, 8). 

Durch Seine Macht sorgt Gott dafür, daß Seine Gnade nicht behindert wird; und eine ewige Strafe wird alle treffen, die sich ihr in den Weg stellen. Sie werden in alle Ewigkeit die Frucht ihrer Empörung gegen "den HERRN, den Gott der Hebräer tragen müssen. Er hat zu Seinem Volk gesagt: "Keiner Waffe, die wider dich bereitet wird, soll es gelingen" (Jes. 54, 17).

So wurde auch, als der Pharao hartnäckig fortfuhr, das Volk Gottes mit eiserner Hand zurückzuhalten, der göttliche Zorn über ihn ausge­gossen, und ganz Ägypten wurde in Finsternis gehüllt und mit Krank­heiten und Verheerungen heimgesucht. Ebenso wird es einst sein, wenn der letzte große Widersacher, bekleidet mit satanischer Macht, aus dem Abgrund heraufsteigen wird, um die Auserwählten Gottes zu vernich­ten. Sein Thron wird gestürzt, sein Königreich durch die sieben letzten Plagen verwüstet und er selbst schließlich nicht in das Rote Meer, son­dern in den "Feuer‑ und Schwefelsee geworfen werden (vergl. Offbg. 12, 9; 20, 10).

Nicht ein Jota von dem, was Gott Seinen Knechten Abraham, Isaak und Jakob verheißen hat, wird unerfüllt bleiben. Gott wird alles vollbringen. Trotz allem, was dagegen geredet und getan worden sein mag, wird Er sich Seiner Verheißungen erinnern und sie erfüllen. Alle Seine Verheißungen sind Ja und Amen in Christo Jesu (2. Kor. :t, 20).

 Fürsten­geschlechter sind erstanden und haben in der Geschichte ihre Rollen gespielt; Throne sind auf den Ruinen der alten Herrlichkeit Jerusalems aufgerichtet worden; Reiche haben eine Zeitlang geblüht und sind wieder verfallen; ehrgeizige Machthaber haben um den Besitz des "Landes der Verheißung" gekämpft; aber trotz all dieser Erscheinungen hat der HERR in bezug auf Jerusalem gesagt: "Das Land soll nicht für immer verkauft werden, denn mein ist das Land" (3. Mose 25, 23). Deshalb wird letzten Endes niemand als der HERR selbst das Land be­sitzen und es den Nachkommen Abrahams zum Erbteil geben. 

Eine einzige klare Stelle der Heiligen Schrift genügt, um uns bezüglich dieser oder jeder anderen Frage Gewißheit zu geben. Das Land Kanaan ist für den Samen Abrahams, und der Same Abrahams für das Land Kanaan; und niemals kann eine irdische oder höllische Macht diese gött­liche Ordnung umstürzen. Der ewige Gott hat Sein Wort gegeben, und das Blut des ewigen Bundes ist zur Bestätigung dieses Wortes geflossen. 

Wer also könnte es ungültig machen? "Der Himmel und die Erde wer­den vergehen, meine Worte aber sollen nicht vergehen" (Matth. 24, 35). Wahrlich, "keiner ist wie der Gott Jeschuruns, der auf den Himmeln einherfährt zu deiner Hilfe, und in seiner Hoheit auf den Wolken. Deine Wohnung ist der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme; und er vertreibt vor dir den Feind und spricht: Vertilge! Und Israel wohnt sicher, abgesondert der Quell Jakobs, in einem Lande von Korn und Most; und sein Himmel träufelt Tau. Glückselig bist du, Israel! Wer ist wie du, ein Volk, gerettet durch den HERRN, den Schild deiner Hilfe, und der das Schwert deiner Hoheit ist? Und es werden dir schmeicheln deine Feinde, und du, du wirst einherschreiten auf ihren Höhen" (5. Mose 33, 26‑29).

Wir kommen jetzt zu dem zweiten Punkt, dem Widerstand der ägypti­schen Zauberer "Jannes und Jambres". Wir würden die Namen dieser alten Widersacher der Wahrheit Gottes nicht kennen, wenn der Heilige Geist sie uns nicht Überliefert hätte, und zwar in Verbindung mit den "schweren Zeiten", vor denen der Apostel Paulus sein Kind Timotheus warnt.

 Es ist wichtig, ein klares Verständnis über die wahre Natur des Widerstandes zu haben, den diese Zauberer Mose entgegensetzten; und um den Ernst dieser Sache klarzumachen, ist es nützlich, diese Stelle aus dem zweiten Timotheusbrief im ganzen Wortlaut zu zitieren:

"Dieses aber wisse, daß in den letzten Tagen schwere Zeiten da sein werden; denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, heillos, ohne natürliche Liebe, unversöhnlich, Verleumder, unenthalt­sam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott,

 die eine Form der Gottseligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen; und von diesen wende dich weg! Denn aus diesen sind, die sich in die Häuser schleichen und Weiblein gefangen nehmen, welche mit Sünden beladen, von mancherlei Lüsten getrieben werden, die immerdar lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können. Gleicherweise aber wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, also widerstehen auch diese der Wahrheit, Men­schen, verderbt in der Gesinnung, unbewährt hinsichtlich des Glaubens. Sie werden aber nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen es wurde" (2. Tim. 311‑9).

Es ist ernst und beachtenswert, auf welche Weise Jannes und Jambres dem Mose widerstanden: Sie versuchten alles, was er tat, so weit es ihnen möglich war, nachzuahmen. Wir finden nicht, daß sie seine Hand­lungen einer falschen oder bösen Macht zuschrieben; sondern sie be­mühten sich, deren Wirkung auf das Gewissen dadurch zu vereiteln, daß sie dasselbe taten. 

Was Mose tat, konnten auch sie tun, so daß schließlich zwischen beiden kein großer Unterschied bestand. Ein Wun­der ist ein Wunder. Wenn Mose Wunder tat, um Israel aus Ägypten herauszuführen, so konnten auch sie Wunder tun, um es im Lande zurückzuhalten. Wo also war der Unterschied?

Wir erkennen daraus, daß der stärkste satanische Widerstand gegen das Zeugnis Gottes in der Welt von denen ausgeübt wird, die die Wirkungen der Wahrheit nachahmen und nur eine "Form der Gott­seligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen" (2. Tim. 3, 5). Leute dieser Art können dasselbe tun, dieselben Gewohnheiten und Formen annehmen, dieselbe Sprache führen und dieselben Ansichten bekennen wie andere.

 Wenn der Christ, gedrängt durch die Liebe Christi, den Hungrigen speist, den Nackten bekleidet, den Kranken besucht, gute Schriften und Traktate verbreitet, das Evangelium predigt, betet und Loblieder singt, so sind das alles Dinge, die auch der Formalist zu tun vermag; und gerade das ist der besondere Charakter des Widerstandes gegen die Wahrheit "in den letzten Tagen" ‑ es ist der Geist des "Jannes und Jambres". Wie notwendig ist es, dies klar zu verstehen! Wie wichtig, sich daran zu erinnern, daß "gleicherweise wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, also auch diese" eigenliebigen, die Welt suchenden und dem Vergnügen nachjagenden Bekenner "der Wahrheit widerstehen"! 

Ohne "eine Form der Gottseligkeit" möchten sie nicht sein; aber indem sie, weil das einmal so üblich ist, die "Form" anneh­men, hassen sie die "Kraft", weil diese stets Selbstverleugnung be­inhaltet. Die "Kraft der Gottseligkeit" schließt die Anerkennung der For­derungen Gottes und als notwendige Folge die Verwirklichung dieser Dinge in Gesinnung und Wandel ein; der Formalist aber kennt nichts davon. Die "Kraft" der Gottseligkeit kann niemals auch nur mit einem einzigen der oben erwähnten Charakterzüge im Einklang stehen; die "Form" aber verdeckt sie nur und läßt ihnen freien Lauf; und das kommt dem natürlichen Menschen sehr entgegen. 

Er will nämlich nicht, daß seine Lüste und Vergnügungen eingeschränkt, seine Leidenschaften und Neigungen beherrscht werden und sein Herz gereinigt wird; er will nur gerade soweit religiös sein, um aus der gegenwärtigen und zukünf­tigen Welt den besten Vorteil ziehen zu können. Er weiß nichts von einem Aufgeben der gegenwärtigen Welt um der zukünftigen willen.

Wenn wir die Formen des Widerstandes Satans gegen die Wahrheit Gottes betrachten, so finden wir, daß es von jeher seine Taktik ge­wesen ist, der Wahrheit zunächst durch offene Gewalt zu widerstehen und ‑ wenn er damit keinen Erfolg hatte ‑ sie durch eine Nachäffung zu verderben. So suchte er auch hier zuerst Mose zu töten (Kap. 2, 15) und dann, als er diesen Vorsatz nicht ausführen konnte, seine Werke nachzuahmen.

Dieselbe Erscheinung zeigt sich bei der Wahrheit, die der Kirche Gottes anvertraut ist. Die ersten Anstrengungen Satans offenbarten sich in Verbindung mit der Wut der Hohenpriester und Ältesten des Volkes, in Verbindung mit dem Richterstuhl, dem Gefängnis und dem Schwert. Aber in dem Zitat aus 2. Tim. 3 wird eine solche Tätigkeit nicht er­

wähnt. An der Stelle offener Gewalt war nun das viel raffiniertere und gefährlichere Instrument einer kraftlosen Form, eines leeren Bekennt­nisses und einer menschlichen Ersatzreligion getreten. Seine Waffe war nicht mehr das Schwert der Verfolgung, sondern ein religiöses Bekennt­nis. Was er im Anfang bekämpfte und verfolgte, das verfälschte und bekannte er nun; und durch diese List errang er für die Gegenwart die betrüblichsten Vorteile.

 Die übelsten Formen sittlichen Verfalls, die von Jahrhundert zu Jahrhundert die Geschichte der Menschheit ver­unehrt haben, sind nicht nur in finsterem Heidentum zu finden, wo man sie naturgemäß erwarten könnte, sondern ‑ hübsch geordnet ‑unter dem Gewand eines kalten und kraftlosen Bekenntnisses. Dies ist eins der größten Meisterstücke Satans.

Daß der Mensch als ein gefallenes Geschöpf "eigenliebig, geldliebend, prahlerisch, hochmütig" usw. ist, befremdet uns nicht; aber daß er diese Eigenschaften unter einer "Form der Gottseligkeit" verbirgt, das kennzeichnet die besondere Energie Satans in seinem Widerstand gegen die Wahrheit "in den letzten Tagen". Daß der Mensch sich nicht scheut, jene Laster, Begierden und Leidenschaften auszuüben, welche die un­ausbleiblichen Folgen seiner Entfernung von der Quelle der göttlichen Heiligkeit und Reinheit sind, wundert uns nicht, denn bis ans Ende seiner Geschichte wird er seine Natur nicht verändern können. 

Daß er aber den heiligen Namen des Herrn Jesus mit der Gottlosigkeit und Bosheit des Menschen verbindet, daß er heilige Grundsätze mit ruch­losen Sitten vereinigt, daß er endlich die im ersten Kapitel des Römer­briefes geschilderten Charakterzüge heidnischen Verderbens mit einer "Form der Gottseligkeit" in Verbindung bringt ‑ das sind in der Tat die Kennzeichen der "letzten Tage", der Widerstand des "Jannes und Jambres".

Es gab allerdings nur drei Dinge, die die ägyptischen Zauberer den Dienern des lebendigen und wahren Gottes nachmachen konnten: sie verwandelten ihre Stäbe in Schlangen (Kap. 7, 12), sie verwandelten das Wasser in Blut (Kap. 7, 22), und sie ließen Frösche über das Land kommen (Kap. 8, 7). Das vierte Wunder aber, das die Nichtigkeit der Natur zeigte und zugleich Leben hervorbrachte, versetzte sie in Be­stürzung, und sie riefen: "Das ist Gottes Finger"' (Kap. 8, 19). Ebenso wird es bei denen sein, die "in den letzten Tagen", der Wahrheit wider­stehen. Alles, was sie tun, geschieht infolge der unmittelbaren Einwir­kung Satans und liegt innerhalb der Grenzen seiner Macht.

Die drei Dinge, die "Jannes und Jambres" nachmachen konnten, waren durch satanische Macht, durch Tod und Unreinheit gekennzeichnet; es handelte sich um Schlangen, um Blut und Frösche. So "widerstanden sie Mose", und "also widerstehen auch diese der Wahrheit" und verhin­dern ihre moralische Wirkung auf das Gewissen. Nichts kann die Kraft der Wahrheit so sehr schwächen, als wenn Personen, die durchaus nicht unter dem Einfluß der Wahrheit stehen, genau die gleichen Dinge tun wie solche, die von der Wahrheit geprägt sind. Und dies entspricht gerade der Taktik Satans in der heutigen Zeit. 

Er versucht zu erreichen, daß alle Menschen als Christen betrachtet werden. Er möchte uns gern glauben machen, daß wir von einer "christlichen Welt" umgeben sind, während wir doch in Wirklichkeit eine nachgeahmte Christenheit um uns her sehen, die keineswegs ein Zeugnis für die Wahrheit ist, sondern sogar von dem Feind der Wahrheit benutzt wird, um ihrem heiligenden und reinigenden Einfluß zu widerstehen. Der Diener Christi und der Zeuge für die Wahrheit ist auf allen Seiten von dem Geist des "Jannes und Jambres" umgeben; und daran muß er sich erinnern, wenn er das Böse, mit dem er zu kämpfen hat, vom Grund her erkennen will.

 Nie darf er vergessen, daß dieser Geist eine satanische Nachbildung des wirkli­chen Werkes Gottes ist, hervorgerufen durch einen offenbar gottlosen Zauberer und durch falsche Bekenner, die nur eine "Form der Gottselig­keit haben, ihre Kraft aber verleugnen"; und obwohl sie dem äußeren Anschein nach gute und wahre Dinge verrichten, haben sie weder das Leben Christi in ihren Seelen, noch die Liebe Gottes in ihren Herzen, noch die Kraft des Wortes Gottes in ihren Gewissen.

"Aber", fügt der inspirierte Apostel hinzu, "sie werden nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen es wurde". Die Torheit des Jannes und Jambres" war vor aller Augen bloßgestellt, denn sie konnten die weiteren Taten Moses und Aarons nicht mehr nachahmen und wurden sogar selbst von den Gerichten getroffen.

 Die Torheit aller, die nur die Form besitzen, wird einmal in ähnlicher Weise ans Licht gestellt werden; und sie wer­den nicht nur unfähig sein, die Wirkungen der göttlichen Liebe und Macht nachzuahmen, sondern sie werden selbst von jenen Gerichten getroffen werden, die als eine unausbleibliche Folge der Verwerfung der Wahrheit hereinbrechen werden.

Liegt in diesen Dingen nicht eine unüberhörbare Warnung für die Zeit kraftloser Glaubensbekenntnisse? Und reden diese Dinge nicht mit ein­dringlichem Ernst zu unseren Herzen? Jeder von uns sollte sich auf­richtig diese Frage stellen, ob er in der Kraft der Gottseligkeit für die Wahrheit eintritt oder ob er nur die Form der Gottseligkeit kennt, ihre Wirkungen aber hemmt und schwächt. Ihre Wirkung nämlich besteht darin, daß wir "in dem bleiben, was wir gelernt haben" (2. Tim. 3, 14).

Gott sei Dank! In den zahlreichen Gruppen der bekennenden Kirche gibt es noch eine große Menge solcher Christen. Es gibt viele, hier und dort, deren Gewissen in dem Blut des Lammes Gottes gereinigt ist (1. Joh. 1, 7), deren Herz in wahrer Hingabe für Christus schlägt, und in deren Seele die Hoffnung lebendig ist, Ihn bald zu sehen, wie Er ist, und für immer Seinem Bilde gleichförmig gemacht zu werden. 

Es ist ermutigend, an diese Vielen zu denken; und es ist eine unschätz­bare Gnade, Gemeinschaft mit solchen zu haben, die von der Hoffnung, die in ihnen ist, und von der Stellung, die sie einnehmen, Rechenschaft geben können. Möge der Herr täglich ihre Zahl vermehren! Möge die Kraft der Gottseligkeit sich nach allen Richtungen hin in diesen letzten Tagen ausbreiten, damit ein klares und kräftiges Zeugnis für den Namen dessen abgelegt werden kann, der allein "würdig ist!

Es muß nun noch der dritte oben angedeutete Punkt näher betrachtet werden, nämlich die vier Einwendungen des Pharao gegen die völlige Befreiung und Trennung des Volkes Gottes von Ägypten. Die erste Einwendung finden wir in Kap. 8, 25: "Und der Pharao rief Mose und Aaron und sprach: Gehet hin und opfert eurem Gott in dem Lande". Wir brauchen kaum zu erwähnen,

 daß hinter dem Widerstand der Zauberer und den Einwendungen des Pharao in Wirklichkeit Satan stand; und hinter diesem Vorschlag des Pharao verbarg sich ganz offensichtlich seine Absicht, das Zeugnis für den Namen des Herrn zu verhindern; ein Zeugnis, das mit der gänzlichen Trennung des Volkes Gottes von Ägypten verbunden war. Es ist klar, daß von einem solchen Zeugnis keine Rede sein konnte, wenn das Volk in Ägypten zurück­blieb, selbst wenn dort ein Opfer gebracht worden wäre. 

Denn dadurch hätte Israel sich mit den Ägyptern auf denselben Boden und ihren HERRN mit den Göttern Ägyptens auf die gleiche Ebene gestellt; und ein Ägypter hätte mit Recht zu einem Israeliten sagen können: Ich sehe keinen Unterschied zwischen uns. Ihr habt euren Gottesdienst, und wir haben unseren; wo ist da der Unterschied?

Die Menschen finden es ganz in Ordnung und selbstverständlich, daß sich jeder zu irgendeiner Religion bekennt. Die Form unserer Religion bietet nur geringen Anstoß. Das sind die Gedanken der Menschen in bezug auf das, was sie Religion nennen, aber die Verherrlichung des Namens Jesu findet darin keinen Platz. Das Prinzip der Absonderung vom Bösen wird immer auf den Widerstand des Feindes und auf das Unverständnis der Menschen stoßen. Wohl mag der Mensch, weil ihm das Gewissen bezeugt, daß nicht alles in Ordnung ist, ein Verlangen nach Religiosität haben; aber er trachtet ebenso auch nach der Welt. 

Am liebsten würde er "Gott opfern in dem Lande"; und das Ziel Satans ist erreicht, wenn man eine weltliche Religion annimmt und sich weigert, "auszugehen und sich abzusondern" (2. Kor. 6). Seine Absicht ging von jeher dahin, das Zeugnis für den Namen Gottes auf der Erde zu verhin­dern. Und gerade diese Absicht verbarg sich hinter dem Vorschlag: Gehet hin und opfert eurem Gott in dem Lande". Wie wäre das Zeugnis gelähmt worden, wenn dieser Vorschlag Annahme gefunden hätte! Das Volk Gottes in Ägypten, und Gott selbst in Verbindung mit den Abgöttern Ägyptens ‑ welch ein schrecklicher Gedanke!

Wir sollten mit Ernst über diese Dinge nachdenken. Die Anstrengung des Feindes, um Israel zu bewegen, dem Herrn in Ägypten zu opfern, stellt einen weit wichtigeren Grundsatz ans Licht, als wir auf den ersten Blick meinen mögen. Der Feind würde triumphieren, wenn er durch irgendwelche Mittel und zu irgendeiner Zeit auch nur den Schein einer göttlichen Anerkennung der Religion der Welt herbeiführen könnte. Gegen eine Religion dieser Art erhebt er keine Einsprüche. Er erreicht sein Ziel ebenso sicher durch das, was man die "religiöse Welt" nennt,

 wie durch jedes andere Mittel; und wenn es ihm daher gelingt, einen wahren Christen dahin zu bringen, daß er die Religion des Tages an­erkennt, so hat er in der Tat einen großen Erfolg errungen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß in der Welt nichts einen so heftigen Unwillen erregt wie der göttliche Grundsatz der Absonderung von dem gegen­wärtigen bösen Zeitlauf. Man mag dieselben Ansichten haben, dieselben Lehren verkünden und dieselben Werke tun; sobald man aber auch nur versucht, nach den göttlichen Geboten "

Von diesen wende dich weg" (2. Tim. 3, 5), und: Gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab" (2. Kor. 6, 17), zu handeln, so muß man mit heftigem Widerstand rechnen. Wie ist das zu erklären? In erster Linie durch die Tatsache, daß Christen, die sich von der Religion der Welt trennen, ein Zeugnis für Christus sind, und das ist in Verbindung mit der Welt nicht mög­lich,

Zwischen einer weltlichen Religion und Christus besteht ein sehr großer Unterschied. Auch ein Hindu wird von seiner Religion zu reden wissen; aber von Christus weiß er nichts. Der Apostel sagt nicht: "Wenn nun irgendeine Ermunterung ist in der Religion" (Phil. 2, 1), obwohl die Anhänger jeder Religion ohne Zweifel das darin finden, was sie für eine Ermunterung halten; Paulus aber fand seinen Trost in Christus, nachdem er die Nichtigkeit der Religion, und zwar in ihrer schönsten und bestechendsten Form, völlig erprobt hatte (vergl. Gal. 1, 13. 14; Phil. 3, 4‑11).

Zwar redet der Geist Gottes von einem "reinen und unbefleckten Gottesdienst" (Jak. 1, 27); aber der nicht wiedergeborene Mensch kann sich in keiner Weise daran beteiligen. Denn wie könnte er an etwas teilhaben, was "rein und unbefleckt" ist? Dieser Gottesdienst ist aus dem Himmel, wo alles, was rein und lieblich ist, seinen Ursprung hat; er ist nur vor "Gott und dem Vater" möglich und dient zur Ausübung der Tätigkeiten der neuen Natur, die jeder bekommt, 

der an den Namen des Sohnes Gottes glaubt (Joh. 1, 12. 13; Jak. 1, 18; 1. Petr. 1, 23; 1. Joh. 5, 1); und dieser Gottesdienst läßt sich zwei grundlegenden Prinzipien zuordnen: der praktischen Nächstenliebe und der persönli­chen Heiligkeit, d. i. "Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt erhalten" (Jak. 1, 27).

Alles, was zu den echten Früchten des christlichen Glaubens zählt, läßt sich unter diese beiden Grundsätze einordnen; und es ist sehr bemer­kenswert, daß sowohl in 2. Mose 8 als auch in Jakobus 1 die Absonde­rung von der Welt als eine unerläßliche Eigenschaft in der Ausübung des wahren Gottesdienstes bezeichnet wird. Gott kann nichts als "rein und unbefleckt" annehmen oder anerkennen, das mit dem "gegen­wärtigen bösen Zeitlauf" (Gal. 1, 4) in Berührung

 gekommen ist. "Dar­um gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töch­tern sein, spricht der Herr, der Allmächtige" (2. Kor. 6, 17. 18).

In Ägypten gab es keinen Begegnungsort für den HERRN und Sein auserwähltes Volk. Befreiung und Trennung von Ägypten war für Israel dieselbe Sache. Gott hatte gesagt: "Ich bin herabgekommen, um es zu erretten" (Kap. 3, 8); und nichts weniger als das hätte Ihn befriedigen oder verherrlichen können. Eine Erlösung, die das Volk in Ägypten zurückgelassen hätte, wäre keine Erlösung Gottes gewesen. Zudem dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, daß es bei der Erlösung Israels und ebenso bei der Vernichtung des Pharao die Absicht Gottes war, daß man Seinen Namen verkündige auf der ganzen Erde (Kap. 9, 16). 

Aber wie hätte der Name oder der Charakter Gottes bekanntge­macht werden können, wenn Sein Volk versucht hätte, Ihm in Ägypten ein Opfer zu bringen? Entweder gar nicht oder nur in verfälschter Weise. Für die vollkommene und zuverlässige Offenbarung des Charak­ters Gottes war es deshalb notwendig, daß Sein Volk befreit und völlig von Ägypten getrennt wurde. Und um heute ein klares, eindeutiges Zeugnis für den Sohn Gottes ablegen zu können, ist es ebenso not­wendig, daß alle, die Ihm wirklich angehören, von dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf getrennt sind. 

Das ist der Wille Gottes, und zu diesem Zweck hat Christus sich selbst hingegeben, wie wir lesen: "Gnade euch und Friede von Gott, dem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus, der sich selbst für unsere Sünden hingegeben hat, damit er uns her­aus nehme aus der gegenwärtigen bösen Welt, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewig­keit! Amen" (Gal. 1, 3‑5).

Die Galater waren auf dem Wege, sich einer fleischlichen und weltli­chen Religion zuzuwenden, einer Religion mit Satzungen, Tagen, Neu­monden, Zeiten und Jahren, und der Apostel beginnt seinen Brief mit der Mitteilung, daß der Herr Jesus sich selbst hingegeben habe, um Sein Volk gerade davon zu befreien. 

Das Volk Gottes muß ein abge­sondertes Volk sein, jedoch nicht etwa aufgrund seiner höheren per­sönlichen Heiligkeit, sondern weil es Gottes Volk ist, und damit Gott bei dem Volk eine Ihm gemäße Antwort auf Seine Gnade finden kann, die darin besteht, daß Er das Volk mit sich selbst und mit Seinem Namen verbunden hat. Ein Volk inmitten der Greuel Ägyptens hätte unmöglich ein Zeugnis für den heiligen Gott sein können; und ebenso­wenig kann heute jemand, der mit einer verderbten weltlichen Religion verbunden ist, ein entschlossener und treuer Zeuge für den gekreuzig­ten und auferstandenen Christus sein.

Die Erwiderung Moses auf den ersten Einwand des Pharao ist sehr be­merkenswert. "Und Mose sprach: Es geziemt sich nicht, also zu tun; denn wir würden dem HERRN, unserem Gott der Ägypter Greuel*) opfern; siehe, opferten wir der Ägypter Greuel vor ihren Augen, wür‑

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*) Das Wort "Greuel" bezieht sich auf die Götzen, die die Ägypter verehrten.

den sie uns nicht steinigen? Drei Tagesreisen weit wollen wir in die Wüste ziehen und dem HERRN, unserem Gott, opfern, so wie er zu uns geredet hat" (Kap. 8, 26. 27). Das war eine wirkliche Trennung von Ägypten: drei Tagesreisen weit"; und das allein konnte den Glauben zufriedenstellen. Das Volk Gottes mußte in der Kraft der Auferstehung von dem Land des Todes und der Finsternis getrennt werden. 

Das Wasser des Roten Meeres mußte zwischen den Erkauften Gottes und dem Land Ägypten sein, ehe sie ihrem HERRN in gebührender Weise opfern konnten. Wären sie in Ägypten geblieben, so hätten sie Ihm die Gegenstände des greulichen Gottesdienstes Ägyptens opfern müssen; das aber hätte nicht genügt. Die Stiftshütte, der Tempel und der Altar wären in Ägypten nicht denkbar gewesen. Innerhalb der Grenzen dieses Landes gab es keinen Platz für irgend etwas Derartiges. Und tatsächlich begann der Dienst der Anbetung und das Lob Gottes nicht eher, als

 bis die ganze Gemeinde in der Kraft der vollbrachten Erlösung die andere, Kanaan zugewandte Seite des Roten Meeres erreicht hatte. Genauso ist es heute. Der Gläubige muß wissen, wohin der Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus ihn für immer gestellt haben, bevor er ein einsichtsvoller Anbeter, ein wohlgefälliger Diener und ein wirksamer Zeuge sein kann.

Es handelt sich hier nicht um die Frage, ob man ein Kind Gottes und somit gerettet ist. Viele Kinder Gottes sind weit davon entfernt, alle Ergebnisse des Todes und der Auferstehung Christi zu verstehen. Sie vermögen nicht die kostbare Wahrheit zu erfassen, daß der Tod Christi ihre Sünden für immer hinweggetan hat (Hebr. 9, 26), und daß sie die glücklichen Teilhaber Seines Auferstehungslebens sind, eines Lebens, mit dem die Sünde nichts mehr zu tun hat. Christus ist für uns zum Fluch geworden, und zwar nicht ‑ wie etliche uns be­lehren möchten ‑ weil Er unter

 dem Fluch eines übertretenen Gesetzes geboren wurde, sondern weil Er am Holze hing (vergl. 5. Mose 21, 23; Gal. 3, 13). Wir waren unter dem Fluch, weil wir das Gesetz nicht ge­halten hatten; aber Christus, der vollkommene Mensch, wurde, nachdem Er das Gesetz groß und herrlich gemacht hatte (Jer. 42, 21), gerade durch Seinen vollkommenen. Gehorsam ein Fluch für uns, indem Er ans Holz gehängt wurde. In Seinem Leben machte Er also das Gesetz Gottes groß, und in Seinem Tode trug Er unseren Fluch. Für den Gläubigen gibt es deshalb jetzt weder Schuld, noch Zorn, noch Verdammnis; und obwohl er vor dem Richterstuhl Christi geoffenbart

 werden muß, so wird sich doch dieser Richterstuhl ebenso günstig für ihn erweisen, wie es jetzt der Gnadenstuhl ist. Der Richterstuhl wird die Wahrheit seiner Stellung, nämlich daß nichts gegen ihn ist, offenbar machen; und was er ist, das hat Gott aus ihm gemacht. Er ist das Werk Gottes. Gott hat sich seiner angenommen, als er in einem Zustand des Todes und der Verdammnis war, und hat ihn genau so gebildet, wie Er ihn haben wollte. Der Richter selbst hat alle seine Sünden getilgt und ist jetzt seine Gerechtigkeit, so daß der Richterstuhl ihm keinen Schaden brin­gen kann. Im Gegenteil, er wird für den Himmel, die Erde und die Hölle die

 öffentliche und feierliche Erklärung sein, daß der, der in dem Blut des Lammes von seinen Sünden gewaschen ist, so rein ist, wie nur Gott allein ihn rein zu machen vermag (vergl. Joh. 5, 24; Röm. 8, 1; 2. Kor. 5, 5. 10. 11; Eph. 2, 10). Alles was getan werden mußte, hat Gott selbst getan. Könnte Er Sein eigenes Werk verdammen? Die Gerechtigkeit, die gefordert wurde, hat Gott selbst bewirkt. Sollte Er noch einen einzigen Makel daran finden? Das Licht des Richterstuhls wird hell genug sein, um zu zeigen, daß der Gläubige ganz rein ist (Joh. 13, 10; 15, 3; Eph. 5, 27).

Weil diese Grundwahrheiten nicht in einfältigem Glauben ergriffen werden, haben so viele Kinder Gottes keinen dauernden Frieden und ständige Veränderungen in ihrem geistlichen Zustand. Jeder Zweifel in dem Herzen eines Christen ist aber eine Unehre für das Werk Gottes und für das Opfer Christi. Wenn ein Gläubiger von Zweifeln und Furcht gequält wird, dann

 deshalb, weil er sich noch nicht in dem vollen Lichte sieht, welches einst von dem Richterstuhl ausstrahlen wird. Und dennoch ist diese wankelmütige Haltung so vieler Seelen von untergeordneter Bedeutung, weil es nur ihre eigene Erfahrung betrifft. Viel beklagenswerter sind die dadurch hervorgebrachten Wirkungen auf ihre Anbetung, ihren Dienst und ihr Zeugnis, weil dies die Ehre des Herrn betrifft. Aber an diese Ehre wird im allgemeinen wenig ge­dacht. Bei der Mehrzahl der bekennenden Christen gilt die persönliche Errettung als Hauptgegenstand, als Ziel und Ende. Wir sind immer geneigt, alles was uns selbst betrifft als wesentlich anzusehen, während das, was auf die Verherrlichung Christi in und durch uns Bezug hat, als unwesentlich betrachtet wird.

Hier fehlt es an der klaren Erkenntnis, daß dieselbe Wahrheit, die dem Gläubigen einen unerschütterlichen Frieden gibt, ihn auch zu einer ein­sichtsvollen Anbetung, zu einem wohlgefälligen Dienst und zu einem wirksamen Zeugnis befähigt. In 1. Kor. 15 bezeichnet der Apostel den Tod und die Auferstehung Christi als das Fundament von allem, indem 19 er sagt: "Ich tue euch aber kund, Brüder, das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch

 angenommen habt, in welchem ihr auch stehet, durch welches ihr auch errettet werdet, (wenn ihr an dem Worte festhaltet, das ich euch verkündigt habe), es sei denn, daß ihr vergeb­lich geglaubt habt. Denn ich habe euch zuerst überliefert, was ich auch empfangen habe: daß Christus gestorben ist für unsere Sünden, nach den Schriften; und daß er begraben wurde, und daß er auferweckt worden ist am dritten Tage nach den Schriften" (V. 1‑4). 

Das ist das Evangelium in kurzen, aber umfassenden Worten. Ein gestorbener und auferstandener Christus ist die Grundlage der Errettung. Er ist un­serer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden (Röm. 4, 25). Jesus im Glauben zu betrach­ten ‑ an das Kreuz geschlagen und jetzt sitzend auf dem Throne Gottes ‑ gibt dem Gewissen festen Frieden und dem Herzen vollkom­mene Freiheit. Wir blicken in das Grab und finden es leer, wir schauen zum Thron hinauf und sehen ihn besetzt: und wir gehen unseren Weg mit Freuden. Der Herr Jesus hat am Kreuz alles zugunsten Seines Vol­kes in Ordnung gebracht; und zum Beweis dafür sehen wir Ihn jetzt zur Rechten Gottes. 

Die Auferstehung Christi ist die ewige Gewähr einer vollbrachten Erlösung; und wenn die Erlösung eine vollendete Tatsache ist, dann ist der Friede des Gläubigen unerschütterlich. Nicht wir haben Frieden gemacht, wir hätten es auch nicht tun können. Aber Christus hat, nachdem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden ge­macht hat, triumphierend über jeden Feind in den himmlischen Örtern Platz genommen (Eph. 1, 20 f.). Durch Ihn verkündigt Gott Frieden. 

Das Evangelium bringt diesen Frieden; und wer dem Evangelium glaubt, besitzt Frieden, unantastbaren Frieden vor Gott; denn Christus selbst ist sein Friede (Apg. io, 36; Röm. 5, 1; Eph. 2, 14; Kol. 1, 20). Auf diese Weise hat Gott nicht nur Seinen eigenen Ansprüchen Genüge getan, sondern eben damit auch einen gerechten Ausweg gefunden, durch den Seine unendliche Liebe hinabströmen kann bis zu dem Schuldigsten unter den Nachkommen Adams.

Und endlich ist dies alles auch für das praktische Leben eines Christen von Bedeutung. Das Kreuz Christi hat nicht nur die Sünden des Gläu­bigen weggenommen, sondern auch für immer seine Verbindung mit der Welt gelöst, so daß er das Vorrecht hat, die Welt als eine gekreu­zigte Sache zu betrachten und von ihr als ein Gekreuzigter betrachtet zu werden. Das ist das Verhältnis zwischen einem Gläubigen und der Welt. Sie ist ihm gekreuzigt und er ihr. 

Das Urteil der Welt über Christus fand seinen Ausdruck in dem Platz, den sie Ihm mit Bedacht zuwies. Die Welt hatte zwischen Christus und einem Mörder zu wählen. Sie gab dem Mörder die Freiheit, während sie Christus zwischen zwei Räubern an das Kreuz heftete. 

Und wenn jetzt der Gläubige in der Nachfolge die Gesinnung Christi offenbart, dann gebührt ihm ‑ auch nach dem Urteil der Welt ‑ derselbe Platz. Auf diese Weise wird er nicht nur erkennen, daß er im Blick auf seine Stellung vor Gott mit Christus gekreuzigt ist, sondern er wird diese Tatsache auch in seinem Leben und in seinen Erfahrungen Tag für Tag verwirklichen.

Aber während das Kreuz das Band, das einst den Gläubigen mit der Welt verband, zerrissen hat, brachte ihn die Auferstehung in den Machtbereich neuer Verbindungen und neuer Beziehungen. Wie wir in dem Kreuz das Urteil der Welt über Christus erblicken, so zeigt uns die Auferstehung das Urteil Gottes. Die Welt hat Christus ge­kreuzigt; Gott aber hat Ihn hoch erhoben (Phil. 2, 9).

 Der Mensch gab Christus den niedrigsten Platz, Gott gab Ihm den höchsten; und da der Gläubige in seinen Gedanken über Christus zu einer vollkommenen Ge­meinschaft mit Gott berufen ist, so ist er befähigt, das Blatt umzudrehen und die Welt als eine gekreuzigte Sache zu betrachten. Die moralische Entfernung, die den Gläubigen von der Welt trennt, ist daher uner­meßlich. Wenn sie es aber ihrem Wesen nach ist, so sollte sie es auch in der Praxis sein. Die Welt und der Christ sollten auch praktisch nichts miteinander gemein haben.

as alles ist deutlich genug; aber wir müssen uns darüber klar sein, welcher Platz uns dadurch im Blick auf diese Welt angewiesen wird. Es ist ein Platz völlig außerhalb der Welt! Wir sind der Welt gestorben und mit Christus lebendig gemacht. Wir sind mit Ihm verbunden in Seiner

 Verwerfung, aber auch in Seiner Annahme im Himmel; und die Freude darüber läßt uns die Trübsal der Verwerfung ertragen. Von der Erde verworfen zu sein, ohne zu wissen, daß ich einen Platz im Himmel habe, ist unerträglich; aber wenn die Herrlichkeiten des Himmels meinen Sinn ausfüllen, was frage ich dann nach der Erde und ihren Dingen?

Aber man wird vielleicht fragen: "Was ist die Welt?" Schwerlich wird man einen Ausdruck finden, der unklarer und unbestimmter ausgelegt wird, als das Wort "Welt‑ oder "Weltlichkeit"; denn wir neigen dazu, die "Weltlichkeit" so zu definieren, daß wir uns selbst nicht verurteilen müssen. Das Wort Gottes hingegen gibt mit Bestimmtheit über die Be­deutung des Ausdruckes "Welt" Aufschluß, indem es sie als das kennzeichnet, was "nicht von dem Vater ist" (1. Joh. 2, 15. 16). je enger daher meine Gemeinschaft n‑üt dem Vater ist, um so schärfer wird mein Unterscheidungsvermögen im Blick auf die Weltlichkeit sein. Das ist

Gottes Art, uns zu belehren. Je mehr man sich an der Liebe des Vaters erfreut, um so mehr verwirft man die Welt. Und wer offenbart den Vater? Der Sohn. In welcher Weise? Durch die Kraft des Heiligen Geistes. je besser ich daher in der Kraft des Geistes die durch den Sohn bewirkte Offenbarung des Vaters verstehe, um so richtiger wird mein Urteil über alles sein, was von der Welt ist. Den Begriff "Welt" klar begrenzen zu wollen wäre vergebliche Mühe; denn er enthält, wie je­mand einmal gesagt hat, alle Farbenabstufungen, vom hellsten Weiß bis ins

 tiefste Schwarz. Man kann keine Grenzen setzen und sagen: "Hier ist der Punkt, wo die Weltlichkeit beginnt"; aber die empfind­same göttliche Natur weicht vor ihr zurück; und unsere einzige Aufgabe besteht darin, daß wir in der Kraft dieser Natur leben, um uns vor Weltlichkeit zu bewahren. "Wandelt im Geiste, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen" (Gal. 5, 16). Wandelt mit Gott, und ihr werdet nicht mit der Welt wandeln. Kalte Erklärungen und strenge Regeln werden hier wirkungslos bleiben. Was wir brauchen ist die Macht des göttlichen

 Lebens und geistliches Verständnis über die prak­tische Bedeutung jener „drei Tagereisen in die Wüste", durch die wir nicht nur von den Ziegelhütten und Fronvögten Ägyptens, sondern auch von den Tempeln und Altären dieses Landes für immer getrennt sind.

Der zweite Einwand des Pharao unterschied sich nur wenig von dem ersten. "Und der Pharao sprach: "Ich will euch ziehen lassen, daß ihr dem HERRN, eurem Gott, in der Wüste opfert; nur entfernet euch nicht so weit" (Kap. 8, 28)! Wenn er die Israeliten nicht in Ägypten be­halten konnte, so wollte er sie doch wenigstens in seiner Nähe ansie­deln, um durch die Einflüsse des Landes auf sie einwirken zu können. Vielleicht hätten sie später einmal wieder zurückgeführt

 werden kön­nen; und dann wäre das Zeugnis weit wirkungsvoller vernichtet ge­wesen, als wenn sie Ägypten nie verlassen hätten. Der Sache Christi geschieht weit mehr Schaden, wenn Seelen zur Welt zurückkehren, nachdem sie scheinbar von ihr ausgegangen sind, als wenn sie immer in der Welt geblieben wären; denn solche Seelen geben dadurch zu erkennen, daß sie nach einer Prüfung der himmlischen Dingen meinen, daß die irdischen Dinge besser sind und mehr Befriedigung geben können.

Das ist aber noch nicht alles. Die Wirkung der Wahrheit auf das Ge­wissen unbekehrter Menschen verliert durch das Beispiel solcher Be­kenner ihre Kraft. Das heißt nicht, daß solche Fälle jemanden berechti­gen, die Wahrheit Gottes zu verwerfen, denn jeder ist für sich selbst verantwortlich und wird Gott für sich selbst Rechenschaft geben müssen. Aber die Wirkung bleibt in jeder Hinsicht beklagenswert. "Denn wenn sie, entflohen den Befleckungen der Welt

 durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesus Christus, aber wiederum in diese ver­wickelt, überwältigt werden, so ist ihr Letztes ärger geworden als das Erste. Denn es wäre ihnen besser, den Weg der Gerechtigkeit nicht er­kannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, umzukehren von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot" (2. Petr. 2, 20. 21).

Wenn daher jemand nicht "weit wegziehen will, so wäre es viel besser, wenn er gar nicht auszöge. Der Feind wußte das sehr wohl und machte deshalb seinen zweiten Einwand. Die Einnahme einer Grenz­stellung entspricht bestens seinen Absichten. Alle, die diese Stellung einnehmen, stehen weder auf der einen, noch auf der anderen Seite; und tatsächlich wird sich ihr Einfluß, welcher Art er auch sei, stets in einer verkehrten Richtung auswirken.

Es ist in der Tat sehr wichtig, bei allen diesen Einwendungen die Ab­sicht Satans zu sehen. Er wollte unter allen Umständen das Zeugnis für den Namen des Gottes Israels verhindern, das nur durch eine "drei­tägige Reise in die Wüste abgelegt werden konnte. Die Entfernung war viel größer, als der Pharao sich vorstellen konnte, und viel weiter, als er ihnen folgen konnte. Welch ein Glück wäre es, wenn alle, die von Ägypten auszugehen bekennen, sich in ihrem praktischen

 Leben ebensoweit von dem Land entfernten und das Kreuz und das Grab Christi als die Grenzen zwischen sich und der Welt anerkennen würden! In der Kraft der eigenen Natur kann kein Mensch diesen Boden be­treten. Der Psalmist mußte sagen: "Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht! Denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht" (Ps. 143, 2). Genauso ist es in bezug auf die echte Absonderung von der Welt. Kein "Leben­diger" kann sie verwirklichen. Nur als "gestorben mit Christus" und als "auferweckt mit ihm durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes`

 (Kol. 2, 12) kann von einer Rechtfertigung vor Gott oder von einer Ab­sonderung von der Welt die Rede sein. Das ist es, was man ein "weites Wegziehen" nennen kann. Möchten doch alle, die Christen zu sein be­kennen, so weit wegziehen! Dann wäre ihr Leben eindeutig, ihr Wandel himmlisch und ihre Erfahrungen reich. Und vor allem würde dann, dem Willen Gottes entsprechend, der Name des Herrn Jesus Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes an ihnen verherrlicht werden.

Der dritte Einwand des Pharao verdient unsere besondere Aufmerk­samkeit. "Und Mose und Aaron wurden wieder zu dem Pharao ge­bracht, und er sprach zu ihnen: Ziehet hin, dienet dem HERRN, eurem 2ott! Welche alle sind es, die ziehen sollen? Da sprach Mose: Mit un­seren jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern, mit unserem Kleinvieh und mit unseren Rindern wollen wir ziehen; denn wir haben ein Fest des

 HERRN. Und er sprach zu ihnen: Der HERR sei so mit euch, wie ich euch und eure Kinder ziehen lasse! Sehet zu, denn ihr habt Böses vor! Nicht also! Ziehet doch hin, ihr Männer, und dienet dem HERRN; denn das ist es, was ihr begehrt habt. Und man trieb sie von dem Pharao hinaus" (Kap. 10, 8‑11). Wieder sehen wir hier die Bemühung des Feindes, dem Zeugnis für den Namen des Gottes Israels einen töd­lichen Schlag zu versetzen. Die Eltern in der Wüste und ihre Kinder

 in Ägypten ‑ welche Verwirrung! Das wäre wirklich nur eine halbe Be­freiung und nicht nur nutzlos für Israel, sondern auch verunehrend für den Gott Israels gewesen. Das durfte nicht geschehen. Wenn die Kinder in Ägypten zurückgeblieben wären, dann hätte man nicht von den Eltern sagen können, daß sie Ägypten verlassen hätten, denn ihre Kin­der waren ein Teil von ihnen. Man hätte höchstens behaupten können, daß sie teils dem HERRN und teils dem Pharao

 dienten. Aber der HERR konnte kein Teil mit dem Pharao haben; Er mußte alles besitzen oder gar nichts. Das ist ein wichtiger Grundsatz für christliche Eltern! Es ist ein Vorrecht für uns, daß wir unsere Kinder Gott anvertrauen und "in der Zucht und Ermahnung des Herrn" (Eph. 6, 1) erziehen dürfen; und wir sollten uns für sie mit nichts Geringerem begnügen, als mit dem, was wir selbst besitzen.

Der vierte und letzte Einwand des Pharao bezieht sich auf das Rind­ und Kleinvieh. "Und der Pharao rief Mose und sprach: Ziehet hin, dienet dem HERRN; nur euer Kleinvieh und eure Rinder sollen zurück­bleiben; auch eure Kinder mögen mit euch ziehen" (Kap. 10, 24). Mit welch zäher Beharrlichkeit machte Satan den Israeliten jeden Zoll des Weges aus Ägypten streitig! Zunächst

 sucht er sie im Lande zurückzu­halten; dann fordert er sie auf, sich in der Nähe des Landes niederzulassen; dann sucht er einen Teil des Volkes zurückzuhalten, und schließlich, als alle diese Forderungen erfolglos bleiben, will er sie ziehen lassen ohne Opfertiere für den Gottesdienst. Konnte er die Diener nicht zurückhalten, so wollte er doch jedenfalls ihren Dienst ver­hindern, um so wenigstens teilweise seinen Zweck zu erreichen. Konnte er sie nicht bewegen, im Lande selbst zu opfern, so sollten sie doch aus dem Lande ziehen ohne Schlachtopfer.

Die Antwort Moses auf diesen letzten Einwand enthält eine herrliche Darstellung der unumschränkten Rechte des HERRN über Sein Volk und über alles, was Ihm angehört. "Und Mose sprach: Auch Schlacht­opfer und Brandopfer mußt du in unsere Hände geben, daß wir dem HERRN, unserem Gott ' opfern. So muß auch unser Vieh mit uns ziehen, nicht eine Klaue darf zurückbleiben; denn davon werden wir nehmen, dem HERRN, unserem Gott, zu dienen, wir wissen ja nicht, womit wir dem HERRN dienen sollen, bis wir dorthin kommen" (Kap. 10, 25.

 26). Nur wenn die Kinder Gottes in einfältigem Glauben die hohe Stellung einnehmen, in die sie durch den Tod und die Auferste­hung versetzt sind, haben sie in etwa ein Verständnis von den Rechten Gottes über sie. "Wir wissen ja nicht, womit wir dem HERRN dienen sollen, bis wir dorthin kommen"; d. h. Israel kannte weder seine Ver­antwortlichkeit noch die Forderungen Gottes, bis es den Weg von "drei Tagesreisen" zurückgelegt hatte. Wie hätte das Volk auch diese

 Dinge in der verunreinigten Atmosphäre Ägyptens erkennen können? Man muß die Erlösung als eine vollendete Tatsache kennen, bevor man eine richtige oder vollständige Vorstellung von der Verantwortlichkeit haben kann. "Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen... " (Joh. 7, 17). Wir müssen in der Kraft des Todes und der Auferstehung von Ägypten ausgegangen sein, und nur dann werden wir wissen, was eigentlich der Dienst des Herrn ist. 

Erst wenn wir durch den Glauben die herrlichen Segnungen verstanden haben, die uns das kostbare Blut Christi erworben hat, wenn wir um uns her blicken und die wunderbaren Ergebnisse der göttlichen Liebe über­schauen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf Christus richten, der uns an diesen Platz gebracht und uns mit diesen Reichtümern beschenkt hat, nur dann fühlen wir uns gedrängt, Ihm zu dienen und Ihn anzu­beten:

"Und wäre das ganze Naturreich auch mein,

Es wäre zum Opfer zu wenig, zu klein;

Die Liebe, so göttlich ‑ wer kann sie erheben?

Sie fordert mein Alles, mein Herz und mein Leben".

"Nicht eine Klaue darf zurückbleiben". Ägypten ist nicht der Platz für irgend etwas, was den Erlösten Gottes gehört. Christus allein gebührt alles: Leib, Seele und Geist; alles, was wir sind und haben, gehört Ihm. Wir sind nicht unser selbst; denn wir sind um einen Preis erkauft (1. Kor. 6, 20); und es ist unser Vorrecht, uns mit allem, was wir be­sitzen, ihm zu weihen, dem wir angehören und dem zu dienen wir be­rufen sind. Das hat nichts mit einer gesetzlichen Gesinnung

 zu tun. Die Worte "bis wir dorthin kommen" bieten uns einen göttlichen Schutz gegen dieses schreckliche Übel. Wir haben "drei Tagesreisen" zurückgelegt, ehe wir ein einziges Wort bezüglich des Opfers hören oder verstehen konnten; wir haben das Auferstehungs‑Leben und ewige Gerechtigkeit; wir haben das Land des Todes und der Finsternis ver­lassen und sind zu Gott selbst geführt worden, so daß wir uns an Ihm erfreuen können in der Kraft des Lebens, das Er uns geschenkt, und in dem Bereich der Gerechtigkeit, in die Er uns versetzt hat: somit ist es unsere Freude, zu dienen. Es gibt keine Zuneigung im Herzen, deren Er nicht würdig, kein

 Schlachtopfer unter der ganzen Herde, das für Seinen Altar zu kostbar wäre. je näher wir bei Ihm sind, um so mehr werden wir es als unsere Speise betrachten, Seinen heiligen Willen zu tun. Der Gläubige sieht sein höchstes Vorrecht darin, dem Herrn d;ien2n zu können. Er findet seine Freude in jeder Tätigkeit und jeder Offenbarung der göttlichen Natur. 

Er steht nicht unter dem Druck eines schmerzhaften Joches oder einer unerträglichen Last. Sein Joch ist ge­brochen wegen der Salbung (Jes. 10, 27), seine Last ist für immer von ihm genommen durch das Blut des Kreuzes; und er selbst geht seinen Weg als "Erkaufter, Wiedergeborener und Befreiter" aufgrund der tröstenden und ermunternden Worte: "Lag mein Volk ziehen!"

(Wir werden das 11. Kapitel in Verbindung mit der Sicherheit Israels unter dem Schutz des Blutes des Passahlammes betrachten.)