2.Mose 7-11 Die Plagen, C.H.Mackintosh

01/13/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Kapitel 7‑11DIE PLAGEN

Diese fünf Kapitel bilden einen besonderen Abschnitt des 2. Buches Mose, dessen Inhalt nach drei verschiedenen Themen eingeteilt werden kann; wir finden darin

1. die zehn Gerichte Gottes,

2. den Widerstand des Jannes und Jambres" und

3. die vier Einwendungen des Pharao.

Ganz Ägypten wurde unter den aufeinanderfolgenden Schlägen der Rute Gottes zum Zittern gebracht. Alle, von dem Fürsten auf dem Thron bis herab zu dem geringsten Diener, mußten die Schwere dieser Ge­richte fühlen. "Er sandte Mose, seinen Knecht, Aaron, den er auser­wählt hatte. Sie taten unter ihnen seine Zeichen, und Wunder im Lande Hams. Er sandte Finsternis und machte finster; und sie waren nicht widerspenstig gegen seine Worte. 

Er verwandelte ihre Wasser in Blut und ließ sterben ihre Fische. Es wimmelte ihr Land von Fröschen, in den Gemächern ihrer Könige. Er sprach, und es kamen Hundsfliegen, Stechmücken in alle ihre Grenzen. Er gab ihnen Hagel als Regen, flam­mendes Feuer in ihrem Lande; und er schlug ihre Weinstöcke und Feigenbäume und zerbrach die Bäume ihres Landes. Er sprach, und es kamen Heuschrecken und Grillen ohne Zahl. Und sie fraßen alles Kraut in ihrem Lande und fraßen die Frucht ihres Bodens. Und er schlug alle Erstgeburt in ihrem Lande, die Erstlinge all ihrer Kraft" (Ps. 105, 26‑36).

Der Psalmist entwirft hier in gedrängter Kürze ein Bild von den schrecklichen Plagen, die wegen der Herzenshärtigkeit des Pharao über sein Land und Volk gebracht wurden. Der hochmütige Fürst hatte sich erkühnt, dem unumschränkten Willen und den Wegen des höchsten Gottes zu widerstehen, und als gerechte Folge traf ihn das Gericht der Verblendung und Verhärtung seines Herzens. "Und der HERR ver­härtete das Herz des Pharao, und er hörte nicht auf sie, so wie der HERR zu Mose geredet hatte. 

Und der HERR sprach zu Mose: Mache dich des Morgens früh auf und tritt vor den Pharao und sprich zu ihm. So spricht der HERR, der Gott der Hebräer: Laß mein Volk ziehen, daß sie mir dienen! Denn dieses Mal will ich alle meine Plagen in dein Herz senden, und über deine Knechte und über dein Volk, auf daß du wissest, daß niemand ist wie ich auf der ganzen Erde. Denn jetzt hätte ich meine Hand ausgestreckt, und hätte dich und dein Volk mit der Pest geschla­gen, und du wärest vertilgt worden von der Erde; aber eben deswegen habe ich dich bestehen lassen, um dir meine Kraft zu zeigen, und damit man meinen Namen verkündige auf der ganzen Erde" (Kap. 9, 12‑16).

Bei der Betrachtung des Pharao und seiner Handlungen wird man un­willkürlich an die ergreifenden Szenen des Buches der Offenbarung erinnert, in denen wir den letzten stolzen Widersacher des Volkes Gottes die sieben Schalen des Zornes des Allmächtigen auf sich und sein Königreich herabziehen sehen. 

Gott hat nach Seinem Vorsatz Israel den Vorrang auf der Erde eingeräumt; und daher muß jeder, der sich diesem Vorsatz in den Weg zu stellen wagt, beiseite geschafft wer­den. Die göttliche Gnade muß einen Gegenstand haben, dem sie sich zuwenden kann; und wenn sich irgend jemand erkühnt, sich dieser Gnade zu widersetzen, so wird er aus dem Wege geräumt ‑ sei es Ägypten oder Babylon, oder das "Tier, welches war, und nicht ist, und sein wird" (Offbg. 17, 8). 

Durch Seine Macht sorgt Gott dafür, daß Seine Gnade nicht behindert wird; und eine ewige Strafe wird alle treffen, die sich ihr in den Weg stellen. Sie werden in alle Ewigkeit die Frucht ihrer Empörung gegen "den HERRN, den Gott der Hebräer tragen müssen. Er hat zu Seinem Volk gesagt: "Keiner Waffe, die wider dich bereitet wird, soll es gelingen" (Jes. 54, 17).

So wurde auch, als der Pharao hartnäckig fortfuhr, das Volk Gottes mit eiserner Hand zurückzuhalten, der göttliche Zorn über ihn ausge­gossen, und ganz Ägypten wurde in Finsternis gehüllt und mit Krank­heiten und Verheerungen heimgesucht. Ebenso wird es einst sein, wenn der letzte große Widersacher, bekleidet mit satanischer Macht, aus dem Abgrund heraufsteigen wird, um die Auserwählten Gottes zu vernich­ten. Sein Thron wird gestürzt, sein Königreich durch die sieben letzten Plagen verwüstet und er selbst schließlich nicht in das Rote Meer, son­dern in den "Feuer‑ und Schwefelsee geworfen werden (vergl. Offbg. 12, 9; 20, 10).

Nicht ein Jota von dem, was Gott Seinen Knechten Abraham, Isaak und Jakob verheißen hat, wird unerfüllt bleiben. Gott wird alles vollbringen. Trotz allem, was dagegen geredet und getan worden sein mag, wird Er sich Seiner Verheißungen erinnern und sie erfüllen. Alle Seine Verheißungen sind Ja und Amen in Christo Jesu (2. Kor. :t, 20).

 Fürsten­geschlechter sind erstanden und haben in der Geschichte ihre Rollen gespielt; Throne sind auf den Ruinen der alten Herrlichkeit Jerusalems aufgerichtet worden; Reiche haben eine Zeitlang geblüht und sind wieder verfallen; ehrgeizige Machthaber haben um den Besitz des "Landes der Verheißung" gekämpft; aber trotz all dieser Erscheinungen hat der HERR in bezug auf Jerusalem gesagt: "Das Land soll nicht für immer verkauft werden, denn mein ist das Land" (3. Mose 25, 23). Deshalb wird letzten Endes niemand als der HERR selbst das Land be­sitzen und es den Nachkommen Abrahams zum Erbteil geben. 

Eine einzige klare Stelle der Heiligen Schrift genügt, um uns bezüglich dieser oder jeder anderen Frage Gewißheit zu geben. Das Land Kanaan ist für den Samen Abrahams, und der Same Abrahams für das Land Kanaan; und niemals kann eine irdische oder höllische Macht diese gött­liche Ordnung umstürzen. Der ewige Gott hat Sein Wort gegeben, und das Blut des ewigen Bundes ist zur Bestätigung dieses Wortes geflossen. 

Wer also könnte es ungültig machen? "Der Himmel und die Erde wer­den vergehen, meine Worte aber sollen nicht vergehen" (Matth. 24, 35). Wahrlich, "keiner ist wie der Gott Jeschuruns, der auf den Himmeln einherfährt zu deiner Hilfe, und in seiner Hoheit auf den Wolken. Deine Wohnung ist der Gott der Urzeit, und unter dir sind ewige Arme; und er vertreibt vor dir den Feind und spricht: Vertilge! Und Israel wohnt sicher, abgesondert der Quell Jakobs, in einem Lande von Korn und Most; und sein Himmel träufelt Tau. Glückselig bist du, Israel! Wer ist wie du, ein Volk, gerettet durch den HERRN, den Schild deiner Hilfe, und der das Schwert deiner Hoheit ist? Und es werden dir schmeicheln deine Feinde, und du, du wirst einherschreiten auf ihren Höhen" (5. Mose 33, 26‑29).

Wir kommen jetzt zu dem zweiten Punkt, dem Widerstand der ägypti­schen Zauberer "Jannes und Jambres". Wir würden die Namen dieser alten Widersacher der Wahrheit Gottes nicht kennen, wenn der Heilige Geist sie uns nicht Überliefert hätte, und zwar in Verbindung mit den "schweren Zeiten", vor denen der Apostel Paulus sein Kind Timotheus warnt.

 Es ist wichtig, ein klares Verständnis über die wahre Natur des Widerstandes zu haben, den diese Zauberer Mose entgegensetzten; und um den Ernst dieser Sache klarzumachen, ist es nützlich, diese Stelle aus dem zweiten Timotheusbrief im ganzen Wortlaut zu zitieren:

"Dieses aber wisse, daß in den letzten Tagen schwere Zeiten da sein werden; denn die Menschen werden eigenliebig sein, geldliebend, prahlerisch, hochmütig, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, heillos, ohne natürliche Liebe, unversöhnlich, Verleumder, unenthalt­sam, grausam, das Gute nicht liebend, Verräter, verwegen, aufgeblasen, mehr das Vergnügen liebend als Gott,

 die eine Form der Gottseligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen; und von diesen wende dich weg! Denn aus diesen sind, die sich in die Häuser schleichen und Weiblein gefangen nehmen, welche mit Sünden beladen, von mancherlei Lüsten getrieben werden, die immerdar lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen können. Gleicherweise aber wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, also widerstehen auch diese der Wahrheit, Men­schen, verderbt in der Gesinnung, unbewährt hinsichtlich des Glaubens. Sie werden aber nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen es wurde" (2. Tim. 311‑9).

Es ist ernst und beachtenswert, auf welche Weise Jannes und Jambres dem Mose widerstanden: Sie versuchten alles, was er tat, so weit es ihnen möglich war, nachzuahmen. Wir finden nicht, daß sie seine Hand­lungen einer falschen oder bösen Macht zuschrieben; sondern sie be­mühten sich, deren Wirkung auf das Gewissen dadurch zu vereiteln, daß sie dasselbe taten. 

Was Mose tat, konnten auch sie tun, so daß schließlich zwischen beiden kein großer Unterschied bestand. Ein Wun­der ist ein Wunder. Wenn Mose Wunder tat, um Israel aus Ägypten herauszuführen, so konnten auch sie Wunder tun, um es im Lande zurückzuhalten. Wo also war der Unterschied?

Wir erkennen daraus, daß der stärkste satanische Widerstand gegen das Zeugnis Gottes in der Welt von denen ausgeübt wird, die die Wirkungen der Wahrheit nachahmen und nur eine "Form der Gott­seligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen" (2. Tim. 3, 5). Leute dieser Art können dasselbe tun, dieselben Gewohnheiten und Formen annehmen, dieselbe Sprache führen und dieselben Ansichten bekennen wie andere.

 Wenn der Christ, gedrängt durch die Liebe Christi, den Hungrigen speist, den Nackten bekleidet, den Kranken besucht, gute Schriften und Traktate verbreitet, das Evangelium predigt, betet und Loblieder singt, so sind das alles Dinge, die auch der Formalist zu tun vermag; und gerade das ist der besondere Charakter des Widerstandes gegen die Wahrheit "in den letzten Tagen" ‑ es ist der Geist des "Jannes und Jambres". Wie notwendig ist es, dies klar zu verstehen! Wie wichtig, sich daran zu erinnern, daß "gleicherweise wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, also auch diese" eigenliebigen, die Welt suchenden und dem Vergnügen nachjagenden Bekenner "der Wahrheit widerstehen"! 

Ohne "eine Form der Gottseligkeit" möchten sie nicht sein; aber indem sie, weil das einmal so üblich ist, die "Form" anneh­men, hassen sie die "Kraft", weil diese stets Selbstverleugnung be­inhaltet. Die "Kraft der Gottseligkeit" schließt die Anerkennung der For­derungen Gottes und als notwendige Folge die Verwirklichung dieser Dinge in Gesinnung und Wandel ein; der Formalist aber kennt nichts davon. Die "Kraft" der Gottseligkeit kann niemals auch nur mit einem einzigen der oben erwähnten Charakterzüge im Einklang stehen; die "Form" aber verdeckt sie nur und läßt ihnen freien Lauf; und das kommt dem natürlichen Menschen sehr entgegen. 

Er will nämlich nicht, daß seine Lüste und Vergnügungen eingeschränkt, seine Leidenschaften und Neigungen beherrscht werden und sein Herz gereinigt wird; er will nur gerade soweit religiös sein, um aus der gegenwärtigen und zukünf­tigen Welt den besten Vorteil ziehen zu können. Er weiß nichts von einem Aufgeben der gegenwärtigen Welt um der zukünftigen willen.

Wenn wir die Formen des Widerstandes Satans gegen die Wahrheit Gottes betrachten, so finden wir, daß es von jeher seine Taktik ge­wesen ist, der Wahrheit zunächst durch offene Gewalt zu widerstehen und ‑ wenn er damit keinen Erfolg hatte ‑ sie durch eine Nachäffung zu verderben. So suchte er auch hier zuerst Mose zu töten (Kap. 2, 15) und dann, als er diesen Vorsatz nicht ausführen konnte, seine Werke nachzuahmen.

Dieselbe Erscheinung zeigt sich bei der Wahrheit, die der Kirche Gottes anvertraut ist. Die ersten Anstrengungen Satans offenbarten sich in Verbindung mit der Wut der Hohenpriester und Ältesten des Volkes, in Verbindung mit dem Richterstuhl, dem Gefängnis und dem Schwert. Aber in dem Zitat aus 2. Tim. 3 wird eine solche Tätigkeit nicht er­

wähnt. An der Stelle offener Gewalt war nun das viel raffiniertere und gefährlichere Instrument einer kraftlosen Form, eines leeren Bekennt­nisses und einer menschlichen Ersatzreligion getreten. Seine Waffe war nicht mehr das Schwert der Verfolgung, sondern ein religiöses Bekennt­nis. Was er im Anfang bekämpfte und verfolgte, das verfälschte und bekannte er nun; und durch diese List errang er für die Gegenwart die betrüblichsten Vorteile.

 Die übelsten Formen sittlichen Verfalls, die von Jahrhundert zu Jahrhundert die Geschichte der Menschheit ver­unehrt haben, sind nicht nur in finsterem Heidentum zu finden, wo man sie naturgemäß erwarten könnte, sondern ‑ hübsch geordnet ‑unter dem Gewand eines kalten und kraftlosen Bekenntnisses. Dies ist eins der größten Meisterstücke Satans.

Daß der Mensch als ein gefallenes Geschöpf "eigenliebig, geldliebend, prahlerisch, hochmütig" usw. ist, befremdet uns nicht; aber daß er diese Eigenschaften unter einer "Form der Gottseligkeit" verbirgt, das kennzeichnet die besondere Energie Satans in seinem Widerstand gegen die Wahrheit "in den letzten Tagen". Daß der Mensch sich nicht scheut, jene Laster, Begierden und Leidenschaften auszuüben, welche die un­ausbleiblichen Folgen seiner Entfernung von der Quelle der göttlichen Heiligkeit und Reinheit sind, wundert uns nicht, denn bis ans Ende seiner Geschichte wird er seine Natur nicht verändern können. 

Daß er aber den heiligen Namen des Herrn Jesus mit der Gottlosigkeit und Bosheit des Menschen verbindet, daß er heilige Grundsätze mit ruch­losen Sitten vereinigt, daß er endlich die im ersten Kapitel des Römer­briefes geschilderten Charakterzüge heidnischen Verderbens mit einer "Form der Gottseligkeit" in Verbindung bringt ‑ das sind in der Tat die Kennzeichen der "letzten Tage", der Widerstand des "Jannes und Jambres".

Es gab allerdings nur drei Dinge, die die ägyptischen Zauberer den Dienern des lebendigen und wahren Gottes nachmachen konnten: sie verwandelten ihre Stäbe in Schlangen (Kap. 7, 12), sie verwandelten das Wasser in Blut (Kap. 7, 22), und sie ließen Frösche über das Land kommen (Kap. 8, 7). Das vierte Wunder aber, das die Nichtigkeit der Natur zeigte und zugleich Leben hervorbrachte, versetzte sie in Be­stürzung, und sie riefen: "Das ist Gottes Finger"' (Kap. 8, 19). Ebenso wird es bei denen sein, die "in den letzten Tagen", der Wahrheit wider­stehen. Alles, was sie tun, geschieht infolge der unmittelbaren Einwir­kung Satans und liegt innerhalb der Grenzen seiner Macht.

Die drei Dinge, die "Jannes und Jambres" nachmachen konnten, waren durch satanische Macht, durch Tod und Unreinheit gekennzeichnet; es handelte sich um Schlangen, um Blut und Frösche. So "widerstanden sie Mose", und "also widerstehen auch diese der Wahrheit" und verhin­dern ihre moralische Wirkung auf das Gewissen. Nichts kann die Kraft der Wahrheit so sehr schwächen, als wenn Personen, die durchaus nicht unter dem Einfluß der Wahrheit stehen, genau die gleichen Dinge tun wie solche, die von der Wahrheit geprägt sind. Und dies entspricht gerade der Taktik Satans in der heutigen Zeit. 

Er versucht zu erreichen, daß alle Menschen als Christen betrachtet werden. Er möchte uns gern glauben machen, daß wir von einer "christlichen Welt" umgeben sind, während wir doch in Wirklichkeit eine nachgeahmte Christenheit um uns her sehen, die keineswegs ein Zeugnis für die Wahrheit ist, sondern sogar von dem Feind der Wahrheit benutzt wird, um ihrem heiligenden und reinigenden Einfluß zu widerstehen. Der Diener Christi und der Zeuge für die Wahrheit ist auf allen Seiten von dem Geist des "Jannes und Jambres" umgeben; und daran muß er sich erinnern, wenn er das Böse, mit dem er zu kämpfen hat, vom Grund her erkennen will.

 Nie darf er vergessen, daß dieser Geist eine satanische Nachbildung des wirkli­chen Werkes Gottes ist, hervorgerufen durch einen offenbar gottlosen Zauberer und durch falsche Bekenner, die nur eine "Form der Gottselig­keit haben, ihre Kraft aber verleugnen"; und obwohl sie dem äußeren Anschein nach gute und wahre Dinge verrichten, haben sie weder das Leben Christi in ihren Seelen, noch die Liebe Gottes in ihren Herzen, noch die Kraft des Wortes Gottes in ihren Gewissen.

"Aber", fügt der inspirierte Apostel hinzu, "sie werden nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen es wurde". Die Torheit des Jannes und Jambres" war vor aller Augen bloßgestellt, denn sie konnten die weiteren Taten Moses und Aarons nicht mehr nachahmen und wurden sogar selbst von den Gerichten getroffen.

 Die Torheit aller, die nur die Form besitzen, wird einmal in ähnlicher Weise ans Licht gestellt werden; und sie wer­den nicht nur unfähig sein, die Wirkungen der göttlichen Liebe und Macht nachzuahmen, sondern sie werden selbst von jenen Gerichten getroffen werden, die als eine unausbleibliche Folge der Verwerfung der Wahrheit hereinbrechen werden.

Liegt in diesen Dingen nicht eine unüberhörbare Warnung für die Zeit kraftloser Glaubensbekenntnisse? Und reden diese Dinge nicht mit ein­dringlichem Ernst zu unseren Herzen? Jeder von uns sollte sich auf­richtig diese Frage stellen, ob er in der Kraft der Gottseligkeit für die Wahrheit eintritt oder ob er nur die Form der Gottseligkeit kennt, ihre Wirkungen aber hemmt und schwächt. Ihre Wirkung nämlich besteht darin, daß wir "in dem bleiben, was wir gelernt haben" (2. Tim. 3, 14).

Gott sei Dank! In den zahlreichen Gruppen der bekennenden Kirche gibt es noch eine große Menge solcher Christen. Es gibt viele, hier und dort, deren Gewissen in dem Blut des Lammes Gottes gereinigt ist (1. Joh. 1, 7), deren Herz in wahrer Hingabe für Christus schlägt, und in deren Seele die Hoffnung lebendig ist, Ihn bald zu sehen, wie Er ist, und für immer Seinem Bilde gleichförmig gemacht zu werden. 

Es ist ermutigend, an diese Vielen zu denken; und es ist eine unschätz­bare Gnade, Gemeinschaft mit solchen zu haben, die von der Hoffnung, die in ihnen ist, und von der Stellung, die sie einnehmen, Rechenschaft geben können. Möge der Herr täglich ihre Zahl vermehren! Möge die Kraft der Gottseligkeit sich nach allen Richtungen hin in diesen letzten Tagen ausbreiten, damit ein klares und kräftiges Zeugnis für den Namen dessen abgelegt werden kann, der allein "würdig ist!

Es muß nun noch der dritte oben angedeutete Punkt näher betrachtet werden, nämlich die vier Einwendungen des Pharao gegen die völlige Befreiung und Trennung des Volkes Gottes von Ägypten. Die erste Einwendung finden wir in Kap. 8, 25: "Und der Pharao rief Mose und Aaron und sprach: Gehet hin und opfert eurem Gott in dem Lande". Wir brauchen kaum zu erwähnen,

 daß hinter dem Widerstand der Zauberer und den Einwendungen des Pharao in Wirklichkeit Satan stand; und hinter diesem Vorschlag des Pharao verbarg sich ganz offensichtlich seine Absicht, das Zeugnis für den Namen des Herrn zu verhindern; ein Zeugnis, das mit der gänzlichen Trennung des Volkes Gottes von Ägypten verbunden war. Es ist klar, daß von einem solchen Zeugnis keine Rede sein konnte, wenn das Volk in Ägypten zurück­blieb, selbst wenn dort ein Opfer gebracht worden wäre. 

Denn dadurch hätte Israel sich mit den Ägyptern auf denselben Boden und ihren HERRN mit den Göttern Ägyptens auf die gleiche Ebene gestellt; und ein Ägypter hätte mit Recht zu einem Israeliten sagen können: Ich sehe keinen Unterschied zwischen uns. Ihr habt euren Gottesdienst, und wir haben unseren; wo ist da der Unterschied?

Die Menschen finden es ganz in Ordnung und selbstverständlich, daß sich jeder zu irgendeiner Religion bekennt. Die Form unserer Religion bietet nur geringen Anstoß. Das sind die Gedanken der Menschen in bezug auf das, was sie Religion nennen, aber die Verherrlichung des Namens Jesu findet darin keinen Platz. Das Prinzip der Absonderung vom Bösen wird immer auf den Widerstand des Feindes und auf das Unverständnis der Menschen stoßen. Wohl mag der Mensch, weil ihm das Gewissen bezeugt, daß nicht alles in Ordnung ist, ein Verlangen nach Religiosität haben; aber er trachtet ebenso auch nach der Welt. 

Am liebsten würde er "Gott opfern in dem Lande"; und das Ziel Satans ist erreicht, wenn man eine weltliche Religion annimmt und sich weigert, "auszugehen und sich abzusondern" (2. Kor. 6). Seine Absicht ging von jeher dahin, das Zeugnis für den Namen Gottes auf der Erde zu verhin­dern. Und gerade diese Absicht verbarg sich hinter dem Vorschlag: Gehet hin und opfert eurem Gott in dem Lande". Wie wäre das Zeugnis gelähmt worden, wenn dieser Vorschlag Annahme gefunden hätte! Das Volk Gottes in Ägypten, und Gott selbst in Verbindung mit den Abgöttern Ägyptens ‑ welch ein schrecklicher Gedanke!

Wir sollten mit Ernst über diese Dinge nachdenken. Die Anstrengung des Feindes, um Israel zu bewegen, dem Herrn in Ägypten zu opfern, stellt einen weit wichtigeren Grundsatz ans Licht, als wir auf den ersten Blick meinen mögen. Der Feind würde triumphieren, wenn er durch irgendwelche Mittel und zu irgendeiner Zeit auch nur den Schein einer göttlichen Anerkennung der Religion der Welt herbeiführen könnte. Gegen eine Religion dieser Art erhebt er keine Einsprüche. Er erreicht sein Ziel ebenso sicher durch das, was man die "religiöse Welt" nennt,

 wie durch jedes andere Mittel; und wenn es ihm daher gelingt, einen wahren Christen dahin zu bringen, daß er die Religion des Tages an­erkennt, so hat er in der Tat einen großen Erfolg errungen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß in der Welt nichts einen so heftigen Unwillen erregt wie der göttliche Grundsatz der Absonderung von dem gegen­wärtigen bösen Zeitlauf. Man mag dieselben Ansichten haben, dieselben Lehren verkünden und dieselben Werke tun; sobald man aber auch nur versucht, nach den göttlichen Geboten "

Von diesen wende dich weg" (2. Tim. 3, 5), und: Gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab" (2. Kor. 6, 17), zu handeln, so muß man mit heftigem Widerstand rechnen. Wie ist das zu erklären? In erster Linie durch die Tatsache, daß Christen, die sich von der Religion der Welt trennen, ein Zeugnis für Christus sind, und das ist in Verbindung mit der Welt nicht mög­lich,

Zwischen einer weltlichen Religion und Christus besteht ein sehr großer Unterschied. Auch ein Hindu wird von seiner Religion zu reden wissen; aber von Christus weiß er nichts. Der Apostel sagt nicht: "Wenn nun irgendeine Ermunterung ist in der Religion" (Phil. 2, 1), obwohl die Anhänger jeder Religion ohne Zweifel das darin finden, was sie für eine Ermunterung halten; Paulus aber fand seinen Trost in Christus, nachdem er die Nichtigkeit der Religion, und zwar in ihrer schönsten und bestechendsten Form, völlig erprobt hatte (vergl. Gal. 1, 13. 14; Phil. 3, 4‑11).

Zwar redet der Geist Gottes von einem "reinen und unbefleckten Gottesdienst" (Jak. 1, 27); aber der nicht wiedergeborene Mensch kann sich in keiner Weise daran beteiligen. Denn wie könnte er an etwas teilhaben, was "rein und unbefleckt" ist? Dieser Gottesdienst ist aus dem Himmel, wo alles, was rein und lieblich ist, seinen Ursprung hat; er ist nur vor "Gott und dem Vater" möglich und dient zur Ausübung der Tätigkeiten der neuen Natur, die jeder bekommt, 

der an den Namen des Sohnes Gottes glaubt (Joh. 1, 12. 13; Jak. 1, 18; 1. Petr. 1, 23; 1. Joh. 5, 1); und dieser Gottesdienst läßt sich zwei grundlegenden Prinzipien zuordnen: der praktischen Nächstenliebe und der persönli­chen Heiligkeit, d. i. "Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt erhalten" (Jak. 1, 27).

Alles, was zu den echten Früchten des christlichen Glaubens zählt, läßt sich unter diese beiden Grundsätze einordnen; und es ist sehr bemer­kenswert, daß sowohl in 2. Mose 8 als auch in Jakobus 1 die Absonde­rung von der Welt als eine unerläßliche Eigenschaft in der Ausübung des wahren Gottesdienstes bezeichnet wird. Gott kann nichts als "rein und unbefleckt" annehmen oder anerkennen, das mit dem "gegen­wärtigen bösen Zeitlauf" (Gal. 1, 4) in Berührung

 gekommen ist. "Dar­um gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen; und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töch­tern sein, spricht der Herr, der Allmächtige" (2. Kor. 6, 17. 18).

In Ägypten gab es keinen Begegnungsort für den HERRN und Sein auserwähltes Volk. Befreiung und Trennung von Ägypten war für Israel dieselbe Sache. Gott hatte gesagt: "Ich bin herabgekommen, um es zu erretten" (Kap. 3, 8); und nichts weniger als das hätte Ihn befriedigen oder verherrlichen können. Eine Erlösung, die das Volk in Ägypten zurückgelassen hätte, wäre keine Erlösung Gottes gewesen. Zudem dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, daß es bei der Erlösung Israels und ebenso bei der Vernichtung des Pharao die Absicht Gottes war, daß man Seinen Namen verkündige auf der ganzen Erde (Kap. 9, 16). 

Aber wie hätte der Name oder der Charakter Gottes bekanntge­macht werden können, wenn Sein Volk versucht hätte, Ihm in Ägypten ein Opfer zu bringen? Entweder gar nicht oder nur in verfälschter Weise. Für die vollkommene und zuverlässige Offenbarung des Charak­ters Gottes war es deshalb notwendig, daß Sein Volk befreit und völlig von Ägypten getrennt wurde. Und um heute ein klares, eindeutiges Zeugnis für den Sohn Gottes ablegen zu können, ist es ebenso not­wendig, daß alle, die Ihm wirklich angehören, von dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf getrennt sind. 

Das ist der Wille Gottes, und zu diesem Zweck hat Christus sich selbst hingegeben, wie wir lesen: "Gnade euch und Friede von Gott, dem Vater, und unserem Herrn Jesus Christus, der sich selbst für unsere Sünden hingegeben hat, damit er uns her­aus nehme aus der gegenwärtigen bösen Welt, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewig­keit! Amen" (Gal. 1, 3‑5).

Die Galater waren auf dem Wege, sich einer fleischlichen und weltli­chen Religion zuzuwenden, einer Religion mit Satzungen, Tagen, Neu­monden, Zeiten und Jahren, und der Apostel beginnt seinen Brief mit der Mitteilung, daß der Herr Jesus sich selbst hingegeben habe, um Sein Volk gerade davon zu befreien. 

Das Volk Gottes muß ein abge­sondertes Volk sein, jedoch nicht etwa aufgrund seiner höheren per­sönlichen Heiligkeit, sondern weil es Gottes Volk ist, und damit Gott bei dem Volk eine Ihm gemäße Antwort auf Seine Gnade finden kann, die darin besteht, daß Er das Volk mit sich selbst und mit Seinem Namen verbunden hat. Ein Volk inmitten der Greuel Ägyptens hätte unmöglich ein Zeugnis für den heiligen Gott sein können; und ebenso­wenig kann heute jemand, der mit einer verderbten weltlichen Religion verbunden ist, ein entschlossener und treuer Zeuge für den gekreuzig­ten und auferstandenen Christus sein.

Die Erwiderung Moses auf den ersten Einwand des Pharao ist sehr be­merkenswert. "Und Mose sprach: Es geziemt sich nicht, also zu tun; denn wir würden dem HERRN, unserem Gott der Ägypter Greuel*) opfern; siehe, opferten wir der Ägypter Greuel vor ihren Augen, wür‑

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*) Das Wort "Greuel" bezieht sich auf die Götzen, die die Ägypter verehrten.

den sie uns nicht steinigen? Drei Tagesreisen weit wollen wir in die Wüste ziehen und dem HERRN, unserem Gott, opfern, so wie er zu uns geredet hat" (Kap. 8, 26. 27). Das war eine wirkliche Trennung von Ägypten: drei Tagesreisen weit"; und das allein konnte den Glauben zufriedenstellen. Das Volk Gottes mußte in der Kraft der Auferstehung von dem Land des Todes und der Finsternis getrennt werden. 

Das Wasser des Roten Meeres mußte zwischen den Erkauften Gottes und dem Land Ägypten sein, ehe sie ihrem HERRN in gebührender Weise opfern konnten. Wären sie in Ägypten geblieben, so hätten sie Ihm die Gegenstände des greulichen Gottesdienstes Ägyptens opfern müssen; das aber hätte nicht genügt. Die Stiftshütte, der Tempel und der Altar wären in Ägypten nicht denkbar gewesen. Innerhalb der Grenzen dieses Landes gab es keinen Platz für irgend etwas Derartiges. Und tatsächlich begann der Dienst der Anbetung und das Lob Gottes nicht eher, als

 bis die ganze Gemeinde in der Kraft der vollbrachten Erlösung die andere, Kanaan zugewandte Seite des Roten Meeres erreicht hatte. Genauso ist es heute. Der Gläubige muß wissen, wohin der Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus ihn für immer gestellt haben, bevor er ein einsichtsvoller Anbeter, ein wohlgefälliger Diener und ein wirksamer Zeuge sein kann.

Es handelt sich hier nicht um die Frage, ob man ein Kind Gottes und somit gerettet ist. Viele Kinder Gottes sind weit davon entfernt, alle Ergebnisse des Todes und der Auferstehung Christi zu verstehen. Sie vermögen nicht die kostbare Wahrheit zu erfassen, daß der Tod Christi ihre Sünden für immer hinweggetan hat (Hebr. 9, 26), und daß sie die glücklichen Teilhaber Seines Auferstehungslebens sind, eines Lebens, mit dem die Sünde nichts mehr zu tun hat. Christus ist für uns zum Fluch geworden, und zwar nicht ‑ wie etliche uns be­lehren möchten ‑ weil Er unter

 dem Fluch eines übertretenen Gesetzes geboren wurde, sondern weil Er am Holze hing (vergl. 5. Mose 21, 23; Gal. 3, 13). Wir waren unter dem Fluch, weil wir das Gesetz nicht ge­halten hatten; aber Christus, der vollkommene Mensch, wurde, nachdem Er das Gesetz groß und herrlich gemacht hatte (Jer. 42, 21), gerade durch Seinen vollkommenen. Gehorsam ein Fluch für uns, indem Er ans Holz gehängt wurde. In Seinem Leben machte Er also das Gesetz Gottes groß, und in Seinem Tode trug Er unseren Fluch. Für den Gläubigen gibt es deshalb jetzt weder Schuld, noch Zorn, noch Verdammnis; und obwohl er vor dem Richterstuhl Christi geoffenbart

 werden muß, so wird sich doch dieser Richterstuhl ebenso günstig für ihn erweisen, wie es jetzt der Gnadenstuhl ist. Der Richterstuhl wird die Wahrheit seiner Stellung, nämlich daß nichts gegen ihn ist, offenbar machen; und was er ist, das hat Gott aus ihm gemacht. Er ist das Werk Gottes. Gott hat sich seiner angenommen, als er in einem Zustand des Todes und der Verdammnis war, und hat ihn genau so gebildet, wie Er ihn haben wollte. Der Richter selbst hat alle seine Sünden getilgt und ist jetzt seine Gerechtigkeit, so daß der Richterstuhl ihm keinen Schaden brin­gen kann. Im Gegenteil, er wird für den Himmel, die Erde und die Hölle die

 öffentliche und feierliche Erklärung sein, daß der, der in dem Blut des Lammes von seinen Sünden gewaschen ist, so rein ist, wie nur Gott allein ihn rein zu machen vermag (vergl. Joh. 5, 24; Röm. 8, 1; 2. Kor. 5, 5. 10. 11; Eph. 2, 10). Alles was getan werden mußte, hat Gott selbst getan. Könnte Er Sein eigenes Werk verdammen? Die Gerechtigkeit, die gefordert wurde, hat Gott selbst bewirkt. Sollte Er noch einen einzigen Makel daran finden? Das Licht des Richterstuhls wird hell genug sein, um zu zeigen, daß der Gläubige ganz rein ist (Joh. 13, 10; 15, 3; Eph. 5, 27).

Weil diese Grundwahrheiten nicht in einfältigem Glauben ergriffen werden, haben so viele Kinder Gottes keinen dauernden Frieden und ständige Veränderungen in ihrem geistlichen Zustand. Jeder Zweifel in dem Herzen eines Christen ist aber eine Unehre für das Werk Gottes und für das Opfer Christi. Wenn ein Gläubiger von Zweifeln und Furcht gequält wird, dann

 deshalb, weil er sich noch nicht in dem vollen Lichte sieht, welches einst von dem Richterstuhl ausstrahlen wird. Und dennoch ist diese wankelmütige Haltung so vieler Seelen von untergeordneter Bedeutung, weil es nur ihre eigene Erfahrung betrifft. Viel beklagenswerter sind die dadurch hervorgebrachten Wirkungen auf ihre Anbetung, ihren Dienst und ihr Zeugnis, weil dies die Ehre des Herrn betrifft. Aber an diese Ehre wird im allgemeinen wenig ge­dacht. Bei der Mehrzahl der bekennenden Christen gilt die persönliche Errettung als Hauptgegenstand, als Ziel und Ende. Wir sind immer geneigt, alles was uns selbst betrifft als wesentlich anzusehen, während das, was auf die Verherrlichung Christi in und durch uns Bezug hat, als unwesentlich betrachtet wird.

Hier fehlt es an der klaren Erkenntnis, daß dieselbe Wahrheit, die dem Gläubigen einen unerschütterlichen Frieden gibt, ihn auch zu einer ein­sichtsvollen Anbetung, zu einem wohlgefälligen Dienst und zu einem wirksamen Zeugnis befähigt. In 1. Kor. 15 bezeichnet der Apostel den Tod und die Auferstehung Christi als das Fundament von allem, indem 19 er sagt: "Ich tue euch aber kund, Brüder, das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch

 angenommen habt, in welchem ihr auch stehet, durch welches ihr auch errettet werdet, (wenn ihr an dem Worte festhaltet, das ich euch verkündigt habe), es sei denn, daß ihr vergeb­lich geglaubt habt. Denn ich habe euch zuerst überliefert, was ich auch empfangen habe: daß Christus gestorben ist für unsere Sünden, nach den Schriften; und daß er begraben wurde, und daß er auferweckt worden ist am dritten Tage nach den Schriften" (V. 1‑4). 

Das ist das Evangelium in kurzen, aber umfassenden Worten. Ein gestorbener und auferstandener Christus ist die Grundlage der Errettung. Er ist un­serer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden (Röm. 4, 25). Jesus im Glauben zu betrach­ten ‑ an das Kreuz geschlagen und jetzt sitzend auf dem Throne Gottes ‑ gibt dem Gewissen festen Frieden und dem Herzen vollkom­mene Freiheit. Wir blicken in das Grab und finden es leer, wir schauen zum Thron hinauf und sehen ihn besetzt: und wir gehen unseren Weg mit Freuden. Der Herr Jesus hat am Kreuz alles zugunsten Seines Vol­kes in Ordnung gebracht; und zum Beweis dafür sehen wir Ihn jetzt zur Rechten Gottes. 

Die Auferstehung Christi ist die ewige Gewähr einer vollbrachten Erlösung; und wenn die Erlösung eine vollendete Tatsache ist, dann ist der Friede des Gläubigen unerschütterlich. Nicht wir haben Frieden gemacht, wir hätten es auch nicht tun können. Aber Christus hat, nachdem Er durch das Blut Seines Kreuzes Frieden ge­macht hat, triumphierend über jeden Feind in den himmlischen Örtern Platz genommen (Eph. 1, 20 f.). Durch Ihn verkündigt Gott Frieden. 

Das Evangelium bringt diesen Frieden; und wer dem Evangelium glaubt, besitzt Frieden, unantastbaren Frieden vor Gott; denn Christus selbst ist sein Friede (Apg. io, 36; Röm. 5, 1; Eph. 2, 14; Kol. 1, 20). Auf diese Weise hat Gott nicht nur Seinen eigenen Ansprüchen Genüge getan, sondern eben damit auch einen gerechten Ausweg gefunden, durch den Seine unendliche Liebe hinabströmen kann bis zu dem Schuldigsten unter den Nachkommen Adams.

Und endlich ist dies alles auch für das praktische Leben eines Christen von Bedeutung. Das Kreuz Christi hat nicht nur die Sünden des Gläu­bigen weggenommen, sondern auch für immer seine Verbindung mit der Welt gelöst, so daß er das Vorrecht hat, die Welt als eine gekreu­zigte Sache zu betrachten und von ihr als ein Gekreuzigter betrachtet zu werden. Das ist das Verhältnis zwischen einem Gläubigen und der Welt. Sie ist ihm gekreuzigt und er ihr. 

Das Urteil der Welt über Christus fand seinen Ausdruck in dem Platz, den sie Ihm mit Bedacht zuwies. Die Welt hatte zwischen Christus und einem Mörder zu wählen. Sie gab dem Mörder die Freiheit, während sie Christus zwischen zwei Räubern an das Kreuz heftete. 

Und wenn jetzt der Gläubige in der Nachfolge die Gesinnung Christi offenbart, dann gebührt ihm ‑ auch nach dem Urteil der Welt ‑ derselbe Platz. Auf diese Weise wird er nicht nur erkennen, daß er im Blick auf seine Stellung vor Gott mit Christus gekreuzigt ist, sondern er wird diese Tatsache auch in seinem Leben und in seinen Erfahrungen Tag für Tag verwirklichen.

Aber während das Kreuz das Band, das einst den Gläubigen mit der Welt verband, zerrissen hat, brachte ihn die Auferstehung in den Machtbereich neuer Verbindungen und neuer Beziehungen. Wie wir in dem Kreuz das Urteil der Welt über Christus erblicken, so zeigt uns die Auferstehung das Urteil Gottes. Die Welt hat Christus ge­kreuzigt; Gott aber hat Ihn hoch erhoben (Phil. 2, 9).

 Der Mensch gab Christus den niedrigsten Platz, Gott gab Ihm den höchsten; und da der Gläubige in seinen Gedanken über Christus zu einer vollkommenen Ge­meinschaft mit Gott berufen ist, so ist er befähigt, das Blatt umzudrehen und die Welt als eine gekreuzigte Sache zu betrachten. Die moralische Entfernung, die den Gläubigen von der Welt trennt, ist daher uner­meßlich. Wenn sie es aber ihrem Wesen nach ist, so sollte sie es auch in der Praxis sein. Die Welt und der Christ sollten auch praktisch nichts miteinander gemein haben.

as alles ist deutlich genug; aber wir müssen uns darüber klar sein, welcher Platz uns dadurch im Blick auf diese Welt angewiesen wird. Es ist ein Platz völlig außerhalb der Welt! Wir sind der Welt gestorben und mit Christus lebendig gemacht. Wir sind mit Ihm verbunden in Seiner

 Verwerfung, aber auch in Seiner Annahme im Himmel; und die Freude darüber läßt uns die Trübsal der Verwerfung ertragen. Von der Erde verworfen zu sein, ohne zu wissen, daß ich einen Platz im Himmel habe, ist unerträglich; aber wenn die Herrlichkeiten des Himmels meinen Sinn ausfüllen, was frage ich dann nach der Erde und ihren Dingen?

Aber man wird vielleicht fragen: "Was ist die Welt?" Schwerlich wird man einen Ausdruck finden, der unklarer und unbestimmter ausgelegt wird, als das Wort "Welt‑ oder "Weltlichkeit"; denn wir neigen dazu, die "Weltlichkeit" so zu definieren, daß wir uns selbst nicht verurteilen müssen. Das Wort Gottes hingegen gibt mit Bestimmtheit über die Be­deutung des Ausdruckes "Welt" Aufschluß, indem es sie als das kennzeichnet, was "nicht von dem Vater ist" (1. Joh. 2, 15. 16). je enger daher meine Gemeinschaft n‑üt dem Vater ist, um so schärfer wird mein Unterscheidungsvermögen im Blick auf die Weltlichkeit sein. Das ist

Gottes Art, uns zu belehren. Je mehr man sich an der Liebe des Vaters erfreut, um so mehr verwirft man die Welt. Und wer offenbart den Vater? Der Sohn. In welcher Weise? Durch die Kraft des Heiligen Geistes. je besser ich daher in der Kraft des Geistes die durch den Sohn bewirkte Offenbarung des Vaters verstehe, um so richtiger wird mein Urteil über alles sein, was von der Welt ist. Den Begriff "Welt" klar begrenzen zu wollen wäre vergebliche Mühe; denn er enthält, wie je­mand einmal gesagt hat, alle Farbenabstufungen, vom hellsten Weiß bis ins

 tiefste Schwarz. Man kann keine Grenzen setzen und sagen: "Hier ist der Punkt, wo die Weltlichkeit beginnt"; aber die empfind­same göttliche Natur weicht vor ihr zurück; und unsere einzige Aufgabe besteht darin, daß wir in der Kraft dieser Natur leben, um uns vor Weltlichkeit zu bewahren. "Wandelt im Geiste, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen" (Gal. 5, 16). Wandelt mit Gott, und ihr werdet nicht mit der Welt wandeln. Kalte Erklärungen und strenge Regeln werden hier wirkungslos bleiben. Was wir brauchen ist die Macht des göttlichen

 Lebens und geistliches Verständnis über die prak­tische Bedeutung jener „drei Tagereisen in die Wüste", durch die wir nicht nur von den Ziegelhütten und Fronvögten Ägyptens, sondern auch von den Tempeln und Altären dieses Landes für immer getrennt sind.

Der zweite Einwand des Pharao unterschied sich nur wenig von dem ersten. "Und der Pharao sprach: "Ich will euch ziehen lassen, daß ihr dem HERRN, eurem Gott, in der Wüste opfert; nur entfernet euch nicht so weit" (Kap. 8, 28)! Wenn er die Israeliten nicht in Ägypten be­halten konnte, so wollte er sie doch wenigstens in seiner Nähe ansie­deln, um durch die Einflüsse des Landes auf sie einwirken zu können. Vielleicht hätten sie später einmal wieder zurückgeführt

 werden kön­nen; und dann wäre das Zeugnis weit wirkungsvoller vernichtet ge­wesen, als wenn sie Ägypten nie verlassen hätten. Der Sache Christi geschieht weit mehr Schaden, wenn Seelen zur Welt zurückkehren, nachdem sie scheinbar von ihr ausgegangen sind, als wenn sie immer in der Welt geblieben wären; denn solche Seelen geben dadurch zu erkennen, daß sie nach einer Prüfung der himmlischen Dingen meinen, daß die irdischen Dinge besser sind und mehr Befriedigung geben können.

Das ist aber noch nicht alles. Die Wirkung der Wahrheit auf das Ge­wissen unbekehrter Menschen verliert durch das Beispiel solcher Be­kenner ihre Kraft. Das heißt nicht, daß solche Fälle jemanden berechti­gen, die Wahrheit Gottes zu verwerfen, denn jeder ist für sich selbst verantwortlich und wird Gott für sich selbst Rechenschaft geben müssen. Aber die Wirkung bleibt in jeder Hinsicht beklagenswert. "Denn wenn sie, entflohen den Befleckungen der Welt

 durch die Erkenntnis des Herrn und Heilandes Jesus Christus, aber wiederum in diese ver­wickelt, überwältigt werden, so ist ihr Letztes ärger geworden als das Erste. Denn es wäre ihnen besser, den Weg der Gerechtigkeit nicht er­kannt zu haben, als, nachdem sie ihn erkannt haben, umzukehren von dem ihnen überlieferten heiligen Gebot" (2. Petr. 2, 20. 21).

Wenn daher jemand nicht "weit wegziehen will, so wäre es viel besser, wenn er gar nicht auszöge. Der Feind wußte das sehr wohl und machte deshalb seinen zweiten Einwand. Die Einnahme einer Grenz­stellung entspricht bestens seinen Absichten. Alle, die diese Stellung einnehmen, stehen weder auf der einen, noch auf der anderen Seite; und tatsächlich wird sich ihr Einfluß, welcher Art er auch sei, stets in einer verkehrten Richtung auswirken.

Es ist in der Tat sehr wichtig, bei allen diesen Einwendungen die Ab­sicht Satans zu sehen. Er wollte unter allen Umständen das Zeugnis für den Namen des Gottes Israels verhindern, das nur durch eine "drei­tägige Reise in die Wüste abgelegt werden konnte. Die Entfernung war viel größer, als der Pharao sich vorstellen konnte, und viel weiter, als er ihnen folgen konnte. Welch ein Glück wäre es, wenn alle, die von Ägypten auszugehen bekennen, sich in ihrem praktischen

 Leben ebensoweit von dem Land entfernten und das Kreuz und das Grab Christi als die Grenzen zwischen sich und der Welt anerkennen würden! In der Kraft der eigenen Natur kann kein Mensch diesen Boden be­treten. Der Psalmist mußte sagen: "Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht! Denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht" (Ps. 143, 2). Genauso ist es in bezug auf die echte Absonderung von der Welt. Kein "Leben­diger" kann sie verwirklichen. Nur als "gestorben mit Christus" und als "auferweckt mit ihm durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes`

 (Kol. 2, 12) kann von einer Rechtfertigung vor Gott oder von einer Ab­sonderung von der Welt die Rede sein. Das ist es, was man ein "weites Wegziehen" nennen kann. Möchten doch alle, die Christen zu sein be­kennen, so weit wegziehen! Dann wäre ihr Leben eindeutig, ihr Wandel himmlisch und ihre Erfahrungen reich. Und vor allem würde dann, dem Willen Gottes entsprechend, der Name des Herrn Jesus Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes an ihnen verherrlicht werden.

Der dritte Einwand des Pharao verdient unsere besondere Aufmerk­samkeit. "Und Mose und Aaron wurden wieder zu dem Pharao ge­bracht, und er sprach zu ihnen: Ziehet hin, dienet dem HERRN, eurem 2ott! Welche alle sind es, die ziehen sollen? Da sprach Mose: Mit un­seren jungen und mit unseren Alten wollen wir ziehen, mit unseren Söhnen und mit unseren Töchtern, mit unserem Kleinvieh und mit unseren Rindern wollen wir ziehen; denn wir haben ein Fest des

 HERRN. Und er sprach zu ihnen: Der HERR sei so mit euch, wie ich euch und eure Kinder ziehen lasse! Sehet zu, denn ihr habt Böses vor! Nicht also! Ziehet doch hin, ihr Männer, und dienet dem HERRN; denn das ist es, was ihr begehrt habt. Und man trieb sie von dem Pharao hinaus" (Kap. 10, 8‑11). Wieder sehen wir hier die Bemühung des Feindes, dem Zeugnis für den Namen des Gottes Israels einen töd­lichen Schlag zu versetzen. Die Eltern in der Wüste und ihre Kinder

 in Ägypten ‑ welche Verwirrung! Das wäre wirklich nur eine halbe Be­freiung und nicht nur nutzlos für Israel, sondern auch verunehrend für den Gott Israels gewesen. Das durfte nicht geschehen. Wenn die Kinder in Ägypten zurückgeblieben wären, dann hätte man nicht von den Eltern sagen können, daß sie Ägypten verlassen hätten, denn ihre Kin­der waren ein Teil von ihnen. Man hätte höchstens behaupten können, daß sie teils dem HERRN und teils dem Pharao

 dienten. Aber der HERR konnte kein Teil mit dem Pharao haben; Er mußte alles besitzen oder gar nichts. Das ist ein wichtiger Grundsatz für christliche Eltern! Es ist ein Vorrecht für uns, daß wir unsere Kinder Gott anvertrauen und "in der Zucht und Ermahnung des Herrn" (Eph. 6, 1) erziehen dürfen; und wir sollten uns für sie mit nichts Geringerem begnügen, als mit dem, was wir selbst besitzen.

Der vierte und letzte Einwand des Pharao bezieht sich auf das Rind­ und Kleinvieh. "Und der Pharao rief Mose und sprach: Ziehet hin, dienet dem HERRN; nur euer Kleinvieh und eure Rinder sollen zurück­bleiben; auch eure Kinder mögen mit euch ziehen" (Kap. 10, 24). Mit welch zäher Beharrlichkeit machte Satan den Israeliten jeden Zoll des Weges aus Ägypten streitig! Zunächst

 sucht er sie im Lande zurückzu­halten; dann fordert er sie auf, sich in der Nähe des Landes niederzulassen; dann sucht er einen Teil des Volkes zurückzuhalten, und schließlich, als alle diese Forderungen erfolglos bleiben, will er sie ziehen lassen ohne Opfertiere für den Gottesdienst. Konnte er die Diener nicht zurückhalten, so wollte er doch jedenfalls ihren Dienst ver­hindern, um so wenigstens teilweise seinen Zweck zu erreichen. Konnte er sie nicht bewegen, im Lande selbst zu opfern, so sollten sie doch aus dem Lande ziehen ohne Schlachtopfer.

Die Antwort Moses auf diesen letzten Einwand enthält eine herrliche Darstellung der unumschränkten Rechte des HERRN über Sein Volk und über alles, was Ihm angehört. "Und Mose sprach: Auch Schlacht­opfer und Brandopfer mußt du in unsere Hände geben, daß wir dem HERRN, unserem Gott ' opfern. So muß auch unser Vieh mit uns ziehen, nicht eine Klaue darf zurückbleiben; denn davon werden wir nehmen, dem HERRN, unserem Gott, zu dienen, wir wissen ja nicht, womit wir dem HERRN dienen sollen, bis wir dorthin kommen" (Kap. 10, 25.

 26). Nur wenn die Kinder Gottes in einfältigem Glauben die hohe Stellung einnehmen, in die sie durch den Tod und die Auferste­hung versetzt sind, haben sie in etwa ein Verständnis von den Rechten Gottes über sie. "Wir wissen ja nicht, womit wir dem HERRN dienen sollen, bis wir dorthin kommen"; d. h. Israel kannte weder seine Ver­antwortlichkeit noch die Forderungen Gottes, bis es den Weg von "drei Tagesreisen" zurückgelegt hatte. Wie hätte das Volk auch diese

 Dinge in der verunreinigten Atmosphäre Ägyptens erkennen können? Man muß die Erlösung als eine vollendete Tatsache kennen, bevor man eine richtige oder vollständige Vorstellung von der Verantwortlichkeit haben kann. "Wenn jemand seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen... " (Joh. 7, 17). Wir müssen in der Kraft des Todes und der Auferstehung von Ägypten ausgegangen sein, und nur dann werden wir wissen, was eigentlich der Dienst des Herrn ist. 

Erst wenn wir durch den Glauben die herrlichen Segnungen verstanden haben, die uns das kostbare Blut Christi erworben hat, wenn wir um uns her blicken und die wunderbaren Ergebnisse der göttlichen Liebe über­schauen, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf Christus richten, der uns an diesen Platz gebracht und uns mit diesen Reichtümern beschenkt hat, nur dann fühlen wir uns gedrängt, Ihm zu dienen und Ihn anzu­beten:

"Und wäre das ganze Naturreich auch mein,

Es wäre zum Opfer zu wenig, zu klein;

Die Liebe, so göttlich ‑ wer kann sie erheben?

Sie fordert mein Alles, mein Herz und mein Leben".

"Nicht eine Klaue darf zurückbleiben". Ägypten ist nicht der Platz für irgend etwas, was den Erlösten Gottes gehört. Christus allein gebührt alles: Leib, Seele und Geist; alles, was wir sind und haben, gehört Ihm. Wir sind nicht unser selbst; denn wir sind um einen Preis erkauft (1. Kor. 6, 20); und es ist unser Vorrecht, uns mit allem, was wir be­sitzen, ihm zu weihen, dem wir angehören und dem zu dienen wir be­rufen sind. Das hat nichts mit einer gesetzlichen Gesinnung

 zu tun. Die Worte "bis wir dorthin kommen" bieten uns einen göttlichen Schutz gegen dieses schreckliche Übel. Wir haben "drei Tagesreisen" zurückgelegt, ehe wir ein einziges Wort bezüglich des Opfers hören oder verstehen konnten; wir haben das Auferstehungs‑Leben und ewige Gerechtigkeit; wir haben das Land des Todes und der Finsternis ver­lassen und sind zu Gott selbst geführt worden, so daß wir uns an Ihm erfreuen können in der Kraft des Lebens, das Er uns geschenkt, und in dem Bereich der Gerechtigkeit, in die Er uns versetzt hat: somit ist es unsere Freude, zu dienen. Es gibt keine Zuneigung im Herzen, deren Er nicht würdig, kein

 Schlachtopfer unter der ganzen Herde, das für Seinen Altar zu kostbar wäre. je näher wir bei Ihm sind, um so mehr werden wir es als unsere Speise betrachten, Seinen heiligen Willen zu tun. Der Gläubige sieht sein höchstes Vorrecht darin, dem Herrn d;ien2n zu können. Er findet seine Freude in jeder Tätigkeit und jeder Offenbarung der göttlichen Natur. 

Er steht nicht unter dem Druck eines schmerzhaften Joches oder einer unerträglichen Last. Sein Joch ist ge­brochen wegen der Salbung (Jes. 10, 27), seine Last ist für immer von ihm genommen durch das Blut des Kreuzes; und er selbst geht seinen Weg als "Erkaufter, Wiedergeborener und Befreiter" aufgrund der tröstenden und ermunternden Worte: "Lag mein Volk ziehen!"

(Wir werden das 11. Kapitel in Verbindung mit der Sicherheit Israels unter dem Schutz des Blutes des Passahlammes betrachten.)

2.Mose 12, Passah, C.H.Mackintosh

01/13/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Kapitel 12 PASSAH UND AUSZUG AUS ÄGYPTEN

"Und der HERR sprach zu Mose: Noch ein Plage will ich über den Pharao und über Ägypten bringen; danach wird er euch von hinnen ziehen lassen. Wenn er euch vollends ziehen lassen wird, so wird er euch sogar von hier wegtreiben" (Kap. 11, 1). Noch ein heftiger Schlag mußte diesen hartnäckigen Herrscher und sein Land treffen, um ihn zu zwingen, die Gegenstände der unumschränkten Gnade Gottes ziehen zu lassen.

Wie sinnlos ist es für den Menschen, sich gegen Gott zu verhärten und zu erheben! Gott kann das härteste Herz zermalmen und den hochmütigsten Geist in den Staub beugen. "Die in Hoffart wandeln vermag Er zu erniedrigen" (Dan. 4, 37). Der Mensch mag sich einbilden, etwas zu sein; er mag in törichtem Stolz und in Selbstverherrlichung sein Haupt erheben, als ob er sein eigener Her und Meister sei; aber wie wenig kennt er seinen wirklichen Zustand und Charakter! Er ist nur ein Werkzeug in der Hand Satans, von ihm benutzt, um den Absichten Gottes

 entgegenzuwirken. Der glänzendste Verstand, das hervorragendste Talent, die größte Tatkraft sind, wenn sie nicht unter der unmittelbaren Leitung des Geistes Gottes stehen, nur Mittel in der Hand Satans, um seine finsteren Pläne zu verwirklichen. Kein Mensch ist sein eigener Herr; er steht entweder unter der Herrschaft Christi oder unter der Herrschaft Satans. 

Der König von Ägypten mochte sich für unabhängig halten; in Wirklichkeit aber war er ein Werkzeug in der Hand eines anderen. Satan stand hinter dem Thron; und infolge des Widerstandes, den der Pharao gegen die Pläne Gottes erhob, wurde er dem verblendenden und verhärtenden Einfluß seines selbstgewählten Gebieters ausgeliefert.

Dieser Gedanke macht uns einen Ausdruck verständlich, dem wir in den ersten Kapiteln dieses Buches häufiger begegnen: "Und der HERR ver­härtete das Herz des Pharao". Es wäre unvernünftig, dem vollständiger, Sinn dieses Wortes ausweichen zu wollen. Wenn der Mensch sich dem göttlichen Zeugnis widersetzt, wird er dem Gericht der Verblendung und Verhärtung überliefert. Gott überläßt ihn sich selbst, und dann kommt Satan und führt ihn ins Verderben. 

Es hätte dem Pharao völlig klar sein können, daß es nichts als Torheit war, das Volk zurückzu­halten, das er nach dem Befehl Gottes freilassen sollte. Aber sein Widerstand gegen Gott entsprach dem Zustand und der Gesinnung seines Herzens; und darum gab Gott ihn dahin und machte ihn zu einem Mahnmal für die Entfaltung Seiner Herrlichkeit "auf der ganzen Erde".

Gott gibt manchmal der Neigung oder dem Verlangen der Menschen nach; so lesen wir z. B.: "Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrtums, daß sie der Lüge glauben, auf daß alle gerichtet wer­den, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit" (2. Thess. 2, 11. 12). 

Wenn die Men­schen die Wahrheit nicht annehmen wollen, wenn sie ihnen vorgestellt wird, so werden sie sicher einer Lüge zum Opfer fallen. Wollen sie Christus nicht, so erhalten sie Satan; schlagen sie den Himmel aus, so bleibt ihnen nur die Hölle.*) Will der Geist des Unglaubens daran etwas tadeln? Ehe er es tut, mag er den Beweis liefern, daß alle, die in dieser Weise gerichtet werden, ihrer Verantwortlichkeit entsprochen haben; mag er z. B. beweisen, daß der Pharao auch nur annähernd dem Licht gemäß gehandelt hat, das er besaß. Und dasselbe gilt für jeden andern Fall. Ohne Zweifel liegt die Mühe des Beweises bei denen, die

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*) Es besteht ein großer Unterschied zwischen der Handlungsweise Gottes mit den Heiden (Röm. 1) und Seinem Verhalten gegenüber denen, die das Evan­gelium verwerfen (2. Thess. 2, 10). Bezüglich der Erstgenannten lesen wir: "Gleichwie sie es nicht für gut fanden, Gott in Erkenntnis zu haben, hat Gott sie dahingegeben in einen verworfenen Sinn, zu tun, was sich nicht geziemt" , ‑ während das Wort bezüglich der letzteren lehrt: " . . . 

darum, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden. Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrtums, daß sie der Lüge glau­ben, auf daß alle gerichtet werden". Die Heiden nehmen das Zeugnis der Schöpfung nicht an und werden deshalb sich selbst überlassen. Die Verwerfer des Evangeliums aber weisen das Licht des Kreuzes zurück, und deshalb wird ihnen Gott bald "eine wirksame Kraft des Irrtums" senden. Wie ernst ist das für die heutige Zeit, die so reich ist an Licht und Bekenntnis!

die Wege Gottes tadeln wollen. Der einfältige Gläubige wird Gott in Seinen Anforderungen rechtfertigen; und kann er auch nicht alle schwie­rigen Fragen eines zweifelnden Geistes lösen, so findet er doch seine Ruhe in den Worten: "Sollte der Richter der ganzen Erde nicht recht tun?" (l. Mose 18, 25). In dieser Art, eine Schwierigkeit zu beseitigen, liegt mehr Weisheit als in einem noch so gründlich durchdachten Be­weis; denn wer sich nicht scheut, wider Gott das Wort zu nehmen (Röm. 9, 20), der wird auch durch menschliche Beweisgründe nicht zu überzeugen sein.

Gott aber beantwortet alle stolzen Überlegungen des Menschen und macht hochmütige menschliche Pläne zunichte. Er hat über die Natur, selbst in ihren besten Formen, das Todesurteil geschrieben. Es ist den Menschen gesetzt, einmal zu sterben (Hebr. 9, 27). 

Niemand kann diesem Urteil entrinnen. Der Mensch mag mit allen Mitteln versuchen, seine Erniedrigung zu verbergen, seine Todverfallenheit durch Heldenmut zu verdecken und die letzten demütigenden Tage seiner Laufbahn mit ehrenvollen Titeln zu belegen; er mag sich anstrengen, das Sterbe­bett mit einem falschen Schimmer zu umgeben, die Bestattung und das Grab so aufwendig und wirkungsvoll wie möglich zu gestalten; er mag über dem verwesenden Leichnam ein Denkmal errichten und die Tugen­den des Verstorbenen in goldenen Buchstaben darin eingraben lassen ‑ und doch vermag nichts etwas anderes aus dem Tod zu machen, als was er ist: der Lohn der Sünde" (Röm. 6, 23).

Die Eingangsworte des 11. Kapitels haben diese Gedanken mit sich ge­bracht. "Noch eine Plage!" sagt der Herr. Damit war das Todesurteil über die Erstgeborenen Ägyptens, über "die Erstlinge all ihrer Kraft" (Ps. 105, 36) besiegelt. "Und Mose sprach: So spricht der HERR: Um Mitternacht will ich ausgehen mitten durch Ägypten; und alle Erstge­burt im Lande Ägypten soll sterben, von dem

 Erstgeborenen des Pharao, der auf seinem Throne sitzt, bis zum Erstgeborenen der Magd, die hinter der Mühle ist, und alle Erstgeburt des Viehes. Und es wird ein großes Geschrei sein im ganzen Lande Ägypten, desgleichen nie ge­wesen ist und desgleichen nicht mehr sein wird" (Kap. 11, 4‑6). Das sollte die Schlußplage sein: der Tod in jedem Hause! "Aber gegen alle Kinder Israel wird nicht ein Hund seine Zunge spitzen, vom Menschen bis zum Vieh; auf daß ihr wisset, daß der HERR einen Unterschied macht zwischen den Ägyptern und den Israeliten" (V. 7). Nur der Herr kann einen Unterschied machen zwischen denen, die Sein sind, und denen, die es nicht sind. Es geziemt uns nicht, zu irgend jemandem zu sagen: "

Bleibe für dich und nahe mir nicht, denn ich bin heilig“ (Jes. 65, 5). Das wäre die Sprache eines Pharisäers. Aber wenn Gott "einen Unterschied macht", so ist es unsere Pflicht, zu untersu­chen, worin dieser Unterschied besteht; und in dem vorliegenden Fall sehen wir, daß es sich um den Gegensatz von Leben und Tod handelte. Das ist der große Unterschied, den Gott macht. Er zieht eine Grenzlinie; auf der einen Seite dieser Linie ist das Leben, auf der anderen der Tod. Viele der Erstgeborenen Ägyptens mochten ebenso schön oder vielleicht noch sympathischer sein als diejenigen von Israel; aber Israel besaß Leben und Licht, und zwar aufgrund der erlösenden Liebe Gottes und bestätigt durch das Blut des Lammes. 

Das war die gesegnete Stellung Israels, während man in ganz Ägypten, von dem Fürsten auf dem Thron bis zu der Magd hinter der Mühle, nur Tod und Verzweiflung sehen konnte. Gott kann den stolzen Geist des Menschen in den Staub beugen. Er kann bewirken, daß der Grimm des Menschen Ihn preist; und mit dem Rest des Grimms gürtet Er sich (Ps 76, 10). "Und alle diese deine Knechte werden zu mir herabkommen und sich vor mir niederbeugen und sagen. Ziehe aus, du und alles Volk, das dir folgt! Und danach werde ich ausziehen" (V. 8).

 Gott wird Seine Ratschlüsse erfüllen. Seine Gnadenabsichten müssen um jeden Preis ausgeführt werden; und wer sich Ihm widersetzt, wird beschämt wer­den. "Preiset den HERRN! denn er ist gütig, denn seine Güte währt ewiglich ... Den, der Ägypten schlug an seinen Erstgeborenen, denn seine Güte währt ewiglich, und Israel herausführte aus ihrer Mitte, denn seine Güte währt ewiglich, mit starker Hand und mit ausgestrecktem Arm, denn seine Güte währt ewiglich! (Ps. 136).

"Und der HERR redete zu Mose und Aaron im Lande Ägypten und sprach: Dieser Monat soll euch der Anfang der Monate sein, er soll euch der erste sein von den Monaten des Jahres" (Kap. 12, 1. 2). Hier begegnen wir einem sehr interessanten Wechsel in der Zeitordnung. Der HERR unterbrach den Ablauf des bürgerlichen Jahres und zeigte damit, daß Er für Sein Volk eine neue Zeitrechnung beginnen wollte. Die frühere Geschichte Israels sollte gleichsam als ungültig betrachtet werden; die Erlösung war der erste Schritt im wirklichen Leben des Volkes.

An dieser Stelle lernen wir eine einfache Wahrheit. Das Leben eines Menschen ist :in der Tat ohne Bedeutung, bis er seine vollkommene Errettung erkennt, aufgrund des Blutes des Lammes Frieden mit Gott hat und ein Leben mit Gott führt. Bis dahin ist er nach dem Urteil Gottes und nach den Worten der Heiligen Schrift "tot in Vergehungen und Sünden" und "entfremdet dem Leben Gottes" (Eph. 2, 1; 4, 18). 

Seine ganze Geschichte ist wertlos für Gott, auch wenn sie nach menschlichem Ermessen voller Aktivität gewesen ist. Alles, was die Aufmerksamkeit des Weltmenschen fesselt: Ansehen, Reichtum, Ver­gnügung ‑ alles ist, im Licht Gottes betrachtet, öde und wertlos, völlig unwürdig, in dem Bericht des Heiligen Geistes einen Platz zu finden. ,Wer dem Sohne nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen" (Joh. 3, 36). Die Menschen meinen, "das Leben zu sehen", wenn sie sich in Gesell­schaften stürzen, hierhin und dorthin reisen, um alles zu sehen, was es zu sehen gibt; aber sie vergessen, daß das einzig wirkliche und göttliche Mittel, um "das Leben zu sehen", darin besteht, "zu glauben an den Sohn Gottes".

Wie wenig denken die Menschen darüber nach! Sie meinen, daß das ,wahre Leben" zu Ende sei, sobald jemand in Tat und Wahrheit und Recht nur dem äußeren Bekenntnis nach ein Christ wird, während das Wort Gottes uns belehrt, daß wir gerade dann erst imstande sind, das Leben zu sehen und wirklich glücklich zu sein. "Wer den Sohn hat, hat das Leben" (1. Joh. 5, 12).

 "Glückselig der, dessen Übertretung verge­ben, dessen Sünde zugedeckt ist!" (Ps. 32, 1). Nur in Christus können wir Leben und Glückseligkeit erreichen. Ohne Ihn ist nach göttlichem Urteil alles elend und tot ‑ wie annehmlich es auch erscheinen mag. Erst wenn der Unglaube aufhört und wir das geschlachtete Lamm' das unsere Sünden am Fluchholz getragen hat, im Glauben erblicken, erst dann betreten wir den Weg des Lebens und haben teil an dem Frieden Gottes.

 Dieses Leben beginnt bei dem Kreuz und mündet in eine Ewigkeit von Herrlichkeit; dieser Friede wird die Verbindung mit Gott und das Ruhen in Christus immer mehr vertiefen, bis wir den eigentlichen Bereich des Friedens erreichen ‑ die Gegenwart Gottes und des Lammes.

Allerdings versucht der Feind der Seelen dieses vorübergehende Leben so verlockend zu gestalten, daß die Menschen glauben, es sei das eigent­liche und wahre Leben. Er versucht alles, um die gedankenlose Menge bei guter Laune zu erhalten, damit sie sich nicht erinnert, daß Satan es ist, der die Fäden in der Hand hält und nichts anderes beabsichtigt, als die Seelen von Christus zu entfernen und sie ins ewige Verderben zu stürzen. Es gibt nichts Wirkliches, nichts Bleibendes und nichts wahr­haft Befriedigendes, als in Christus allein. Außer Ihm ist alles

 "Eitelkeit und ein Haschen nach Wind" (Pred. 2, 17). Nur in Ihm ist wirkliche und ewige Freude zu finden; und unser Leben beginnt erst dann, wenn wir anfangen, in Ihm, von Ihm und für Ihn zu leben. Dieser Monat soll euch der Anfang der Monate sein, er soll euch der erste sein von den Monaten des Jahres". Die in den Ziegelhütten und bei den Fleisch­töpfen zugebrachte Zeit wird überhaupt nicht mitgerechnet; sie war für Israel ohne Bedeutung, außer, daß die Erinnerung daran ihnen immer wieder ins Bewußtsein bringen sollte, was die Gnade Gottes für sie getan hatte.

"Redet zu der ganzen Gemeinde Israel und sprechet: Am zehnten dieses Monats, da nehme sich ein jeder ein Lamm für ein Vaterhaus, ein Lamm für ein Haus ... Ein Lamm ohne Fehl sollt ihr haben, ein männliches, einjährig; von den Schafen oder von den Ziegen sollt ihr es nehmen. Und ihr sollt es in Verwahrung haben bis auf den vierzehnten Tag dieses Monats, und die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es schlachten zwischen den zwei Abenden" (V. 3‑6).

 Hier haben wir die Erlösung des Volkes; sie ist gegründet auf das Blut des Lammes nach dem ewigen Ratschluß Gottes und darum auch von ewiger Be­ständigkeit. Die Erlösung nimmt in den Gedanken Gottes den ersten Platz ein; sie ist nicht erst in späterer Zeit von Ihm beschlossen worden. Bevor die Welt, bevor Satan, bevor die Sünde war, bevor je die Stimme Gottes das Schweigen der Ewigkeit brach und die Welten ins Dasein rief, bestanden Seine tiefen Ratschlüsse der Liebe. 

Diese Ratschlüsse konnten allerdings in der Schöpfung niemals eine sichere Grundlage finden; denn alle Segnungen und Herrlichkeiten der Schöpfung gründeten sich auf den Gehorsam eines Geschöpfes; und sobald dieser Gehorsam fehlte, war alles verloren. Doch den Versuch Satans, die Schöpfung zu verder­ben, nahm Gott zum Anlaß, Seine tiefere Absicht, die Erlösung, zu offenbaren.

Diese Wahrheit wird uns im Bilde dadurch vor Augen gestellt "daß das Lamm vom zehnten bis zum vierzehnten Tag in Verwahrung blieb. Daß dieses Lamm ein Bild von Christus ist, steht außer Zweifel, denn wir lesen in 1. Kor. 5, 7: "Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlach­tet"; und in 1. Petr. 1, 18‑20: "Indem ihr wisset, daß ihr nicht n* verweslichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern Überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken; welcher zwar zuvorerkannt ist vor Grundlegung der Welt, aber geoffen­bart worden am Ende der Zeiten um euretwillen".

Von Ewigkeit her war Christus der Inhalt aller Vorsätze Gottes, und keiner Anstrengung des Feindes ist es je gelungen, sie in Frage zu stellen; vielmehr dienten diese Anstrengungen nur zur Entfaltung der unergründlichen Weisheit und der unerschütterlichen Festigkeit der Ratschlüsse Gottes. Wenn das "Lamm ohne Fehl und ohne Flecken ... vor Grundlegung der Welt zuvorerkannt" war, dann muß die Erlösung sicher schon vor Grundlegung der Welt in den

 Gedanken Gottes ge­wesen sein. Der erhabene Gott brauchte nicht innezuhalten, um einen Plan zur Heilung des schrecklichen Übels zu entwerfen, das Satan in die Schöpfung gebracht hatte; Er brauchte nur aus dem unerforschlichen Reichtum Seiner Weisheit die Ratschlüsse in bezug auf das Lamm zu enthüllen, welches von Ewigkeit her zuvorerkannt war und am Ende der Zeiten um unsertwillen geoffenbart werden sollte.

Das Blut des Lammes war noch nicht nötig, als die Schöpfung gerade erst aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen war und in jedem ihrer Teile den Abdruck Seiner Herrlichkeit, die unwiderlegbaren Beweise Seiner ewigen Kraft und Göttlichkeit (Röm. 1) an sich trug. Als aber dann „durch einen Menschen" (Röm. 5, 12) die Sünde in die Welt ge­kommen war, trat der vollkommenere und herrlichere Gedanke der Er­lösung durch das Blut des Lammes in den

 Vordergrund. Er war schon erkennbar, als das erste Menschenpaar aus dem Garten Eden vertrieben wurde; er schimmerte auch durch die Bilder und Schatten der mosaischen Haushaltung; in voller Klarheit aber wurde er vor der ganzen Welt ans Licht gebracht, als Gott persönlich in die Welt kam, "geoffenbart im Fleische" (1. Tim. 3, :16). Und schließlich wird die Erlösung vollendet sein, wenn die unzählige Menge der Erlösten in weißen Gewändern vor dem Thron Gottes und des Lammes steht und die ganze Schöpfung unter dem Friedensszepter des Sohnes Davids ruht.

In dem Lamm, das am zehnten Tag herbeigeholt und bis zum vier­zehnten Tag aufbewahrt wurde, sehen wir also Christus, von Ewigkeit her von Gott zuvorerkannt und um unsertwillen in den letzten Tagen geoffenbart. Der ewige Vorsatz Gottes in Christus wird die Grund­lage zum Frieden für den Gläubigen. Nichts weniger als das konnte genügen. Dieser Vorsatz Gottes liegt außerhalb der Schöpfung und der Zeit er bestand weit vor dem Eintritt der Sünde in die Welt und vor allem, was irgendwie die Grundlage unseres Friedens antasten könnte. 

Der Ausdruck: "zuvorerkannt vor Grundlegung der Welt" führt uns zurück in die unergründlichen Tiefen der Ewigkeit und zeigt uns, wie Gott Seine Ratschlüsse der erlösenden Liebe bildet und sie auf das ver­söhnende Blut Seines eigenen fleckenlosen Lammes gründet. Von Ewig­keit her hatte Christus den ersten Platz im Herzen und in den Gedanken Gottes; und deshalb stellte Gott Ihn in Schatten und Bildern dar, sobald Er zu reden oder zu handeln begann.

 Wenn wir die inspirierten Mittei­lungen der Bibel untersuchen, finden wir in jeder Zeremonie, in jeder Vorschrift und in jedem Opfer das "Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt" (Joh. 1, 29). Nirgends aber tritt es uns deutlicher entgegen als im Passah. Das Passahlamm mit all den Besonderheiten, die seine Opferung begleiteten, ist eins der lehrreichsten Bilder der Hei­ligen Schrift.

Es geht in diesem Kapitel eigentlich um eine Versammlung und ein Opfer. "Und die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es schlachten zwischen den zwei Abenden" (V. 6). Es handelt sich nicht so sehr um eine Anzahl von Familien mit verschiedenen Lämmern (obwohl das natürlich auch wahr ist), als vielmehr um eine einzige Versammlung und ein einziges Lamm. Jedes Haus bildete nur den örtlichen Ausdruck der ganzen, um das Lamm versammelten Gemeinde. Das Gegenbild hiervon haben wir in der ganzen Kirche Gottes, die durch den Heiligen Geist im Namen Jesu gesammelt wird und von der jede einzelne Ver­sammlung, wo sie auch zusammenkommen mag, der örtliche Ausdruck sein sollte.

"Und sie sollen von dem Blute nehmen und es an die beiden Pfosten und an die Oberschwelle tun, an den Häusern, in welchen sie es essen. Und sie sollen in selbiger Nacht das Fleisch essen, gebraten am Feuer, und ungesäuertes Brot; mit bitteren Kräutern sollen sie es essen. Ihr sollt nichts roh davon essen und keineswegs im Wasser gesotten, son­dern am Feuer gebraten: seinen Kopf samt seinen Schenkeln und samt seinem Eingeweide" (V. 7‑9). 

Wir haben das Passahlamm von zwei verschiedenen Gesichtspunkten aus zu betrachten, nämlich als Grund­lage des Friedens und als Mittelpunkt der Einheit. Das Blut an den Tür­pfosten sicherte Israel den Frieden. "Und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen" (V. 13). Die Besprengung mit dem Blut ge­nügte, um angesichts des Würgengels einen unerschütterlichen Frieden zu haben. Der Tod kam in alle Häuser Ägyptens. "Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben" (Hebr. 9, 27). Aber Gott fand in Seiner großen Barmherzigkeit für Israel einen fleckenlosen Stellvertreter, an dem das Todesurteil vollzogen wurde. 

So genügte also dem Anspruch Gottes und der Notlage Israels eine und dieselbe Sache, das Blut des Lammes. Das Blut an den Türpfosten war der Beweis, das alles göttlich und darum vollkommen in Ordnung gebracht war; und das gab den Be­wohnern des Hauses einen vollkommenen Frieden. Ein Schatten von Zweifel in dem Herzen eines Israeliten wäre für das göttliche Funda­ment des Friedens, das Blut der Versöhnung, eine Unehre gewesen.

Ohne Zweifel fühlte jeder, der sich hinter den mit Blut bestrichenen Türpfosten befand, daß das Todesurteil der gerechte Lohn für seine Sünden gewesen wäre; aber das Lamm hatte an seiner Statt die Strafe erduldet. Das war die feste Grundlage seines Friedens. Das Gericht, das er verdient hatte, traf ein von Gott ausersehenes Schlachtopfer; und indem er dies glaubte, konnte er im Innern des Hauses in Frieden davon essen. Der geringste Zweifel hätte Gott zum Lügner gemacht, denn Er hatte gesagt: "Und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorüber­gehen".

 Es ging dabei nicht um persönliches Verdienst; das stand so­wieso außer Frage. Alle, die sich unter dem Schutz des Blutes befanden, waren in Sicherheit. Sie konnten nicht nur gerettet werden, sondern sie waren gerettet. Ihr Rettung war nicht Gegenstand ihrer Hoffnung oder ihres Gebets, sondern war eine sichere Tatsache, gestützt auf die Glaub­würdigkeit der Zusage Gottes. Auch waren sie nicht zum Teil gerettet und zum Teil dem Gericht ausgesetzt; sie waren vollständig gerettet. Das Blut des Lammes und das Wort des Herrn bildeten die Grundlage für den Frieden Israels in jener schrecklichen Nacht, in der Gott alle Erstgeborenen Ägyptens schlug. Wäre einem Israeliten auch nur ein Haar gekrümmt worden, so wäre das Wort des HERRN nichtig und das Blut des Lammes wertlos gewesen.

Es ist sehr wichtig, ein klares Verständnis davon zu haben, was den Grund des Friedens eines Sünders in der Gegenwart Gottes ausmacht. Man hat so viele Dinge mit dem vollbrachten Werk Christi vermengt, daß viele Seelen über ihre Annahme bei Gott in Ungewißheit sind. Sie verstehen nicht, daß die Erlösung durch das Blut Christi, wenn sie es einmal auf sich angewendet haben, eine für immer geordnete Sache ist. Sie wissen nicht, daß die vollkommene Vergebung einfach darauf be­ruht, daß ein vollkommenes Sühnopfer dargebracht worden ist, und daß diese Tatsache in aller Deutlichkeit demonstriert wurde, indem der Stellvertreter des Sünders aus den Toten auferstand. Sie wissen wohl, daß es außer dem Blut des Kreuzes kein

 Rettungsmittel gibt; aber das wissen auch die Teufel, und dennoch nützt es ihnen nichts. Was ihnen fehlt, ist das Bewußtsein, daß sie gerettet sind. Der Israelit wußte nicht nur, daß in dem Blut Rettung zu finden war, sondern er war seiner Rettung gewiß. Und warum? War es etwa aufgrund von irgend etwas, das er getan, gefühlt oder gedacht hatte? Nein, sondern weil Gott ge­sagt hatte: "Und sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorüber­gehen". Er verließ sich auf das Zeugnis Gottes. Er glaubte, weil Gott es gesagt hatte. "Wer sein Zeugnis angenommen hat, hat besiegelt, daß Gott wahrhaftig ist" (Joh. 3, 33).

Beachten wir wohl, daß sich der Israelit nicht auf seine eigenen Gedan­ken, Gefühle oder Erfahrungen stützte. Da hätte er in der Tat auf einen unsicheren, sandigen Boden gebaut. Seine Gedanken und Gefühle konnten gründlich oder oberflächlich sein, aber in beiden Fällen hatten sie nichts mit der Grundlage des Friedens zu tun. Gott hatte nicht ge­sagt: "Wenn ihr das Blut seht und es in seinem ganzen Wert erkennt, will ich an euch vorübergehen".

 Das hätte allerdings jeden Israeliten in Verzweiflung stürzen können, weil es dem menschlichen Geist unmög­lich ist, das Blut des Lammes jemals genügend zu würdigen. Was Frie­den gab, war die Tatsache, daß Gott das Blut sah und seinen Wert kannte. Das allein konnte das Herz beruhigen. Das Blut war draußen und der Israelit drinnen, so daß er es unmöglich sehen konnte, aber Gott sah es, und darauf allein kam es an.

Diese Wahrheit erhellt auch die Frage, wie heute ein Sünder Frieden be­kommt. Nachdem der Herr Jesus Sein Blut als eine vollkommene Süh­nung für die Sünde vergossen hatte, brachte Er es in die Gegenwart Gottes und sprengte es dort; und das Zeugnis Gottes versichert dem glaubenden Sünder, daß alles zu seinen Gunsten in Ordnung gebracht ist, und zwar nicht durch seine Wertschätzung dieses Blutes, sondern durch die Kraft des Blutes selbst, das in den Augen

 Gottes einen so hohen Wert hat, daß Er um des Blutes willen in Gerechtigkeit alle Sün­den vergeben und den Sünder ‑ vollkommen gerecht in Christus ‑ an­nehmen kann. Könnte je ein Mensch dauerhaften Frieden haben, wenn der Friede von ihm selbst abhängig wäre? Unmöglich! Der menschliche Geist reicht einfach nicht aus, um das Blut in dem Wert zu erkennen, den es in den Augen Gottes hat. Wenn daher unser Friede davon ab­hinge, inwieweit wir das Blut wertschätzen, dann wäre er ebenso unerreichbar, als wenn wir ihn durch "Gesetzeswerke" zu erlangen suchten (Röm. 9, 32; Gal. 2, 16; 3, 10). 

Entweder bietet das Blut allein eine Grundlage für unseren Frieden, oder wir können niemals Frieden haben. Sobald wir unsere Wertschätzung des Blutes mit dem Blut selbst ver­wechseln, kehren wir den Inhalt des Christentums ebenso um, als wenn wir einen Sünder unter das Gesetz vom Sinai stellen wollten. Entweder genügt das Sühnopfer Christi oder es genügt nicht. Wenn es aber ge­nügt, warum dann Zweifel und Befürchtungen? Mit unseren Lippen ver­kündigen wir, daß das Werk vollbracht ist; aber die Zweifel und Be­fürchtungen unseres Herzens erklären, daß es nicht so ist. Wer an der vollkommenen Vergebung seiner Sünden zweifelt, leugnet dadurch, wenigstens in bezug auf sich selbst, die Vollkommenheit des Opfers Christi.

Allerdings gibt es viele, die nie soweit gehen würden, die Kraft des Blutes Christi bewußt in Zweifel zu ziehen, die aber dennoch keinen sicheren Frieden haben. Solche Personen sind überzeugt, daß das Blut Christi vollkommen den Bedürfnissen des Sünders genügt ‑ wenn sie nur gewiß wären, daß auch sie selbst den rechten Glauben haben und unter dem Schutz des Blutes stehen. Viele Seelen befinden sich in diesem unglücklichen Zustand. Anstatt sich mit dem Blut Christi und dem Wort Gottes zu beschäftigen, bleiben sie bei ihren eigenen Gedan­ken und ihrem Glauben stehen; anstatt auf Christus zu schauen, blicken sie in sich hinein. 

Aber das ist kein Glaube, und infolgedessen haben sie auch keinen Frieden. Ein hinter den blutbesprengten Türpfosten ge­borgener Israelit hätte diesen Seelen eine passende Unterweisung geben können. Er war nicht gerettet infolge seines Interesses an dem Blut, noch wegen seiner Gedanken darüber, sondern einfach durch das Blut. Ohne Zweifel war er in seinen Gedanken sehr mit dem Blut beschäftigt; aber Gott hatte nicht gesagt: "Wenn ich euer Interesse an dem Blut sehe, will ich an euch vorübergehen". Hätte das Volk auch nur ein Stück ungesäuertes Brot als Grundlage seiner Sicherheit, dem Blut zur Seite stellen wollen, so hätte es damit seinen HERRN zum Lügner gemacht und die Vollkommenheit Seines Heilmittels geleugnet.

Wir halten leicht etwas in uns oder in Verbindung mit uns für notwen­dig als Grundlage unseres Friedens. Aus den Zweifeln und Befürch­tungen, von denen so viele Christen geplagt werden, geht hervor, daß über diesen wichtigen Punkt sehr wenig Klarheit und Verständnis vor­handen ist. Wir sind viel eher bereit, die Werke des Geistes in uns, als das Werk Christi für uns als das Fundament unseres Friedens anzu­sehen. Wir werden bald Gelegenheit haben, zu sehen,

 welchen Platz das Werk des Heiligen Geistes im Christentum einnimmt; aber niemals wird dieses Werk in der Schrift als die Grundlage unseres Friedens bezeichnet. Nicht der Heilige Geist hat Frieden gemacht, sondern Chri­stus. Nicht von dem Heiligen Geist wird gesagt, daß Er unser Friede sei, sondern von Christus. Gott hat nicht durch den Heiligen Geist Frie­den verkündigt, sondern durch Jesus Christus (vergl. Apg. 10, 36; Eph. 2, 14. 17; Kol 1, 20). Man kann diesen wichtigen Unterschied gar nicht einfältig genug erfassen. Das Blut Christi allein gibt uns Frieden und eine vollkommene, göttliche Gerechtigkeit; es führt uns ins Allerheiligste, rechtfertigt Gott bei der Annahme eines glaubenden Sünders und ver­leiht uns ein Anrecht auf alle Herrlichkeiten des Himmels (siehe Röm. 3, 24‑26; 5, 9; Eph. 2, 13‑18; Kol. 1, 20‑22; Hebr. 9, 14; 10, 19; 1. Petr. 1, 19; 2, 24; 1. Joh. 1, 7; Offbg. 7, 14‑17). Indem ich das Blut Christi an dem von Gott

 angewiesenen Platz lasse, sollen nicht etwa die Wirkungen des Heiligen Geistes irgendwie abgewertet werden. Der Heilige Geist offenbart Christus, läßt uns Ihn erkennen, bewirkt, daß wir uns von Ihm nähren; Er nimmt die Dinge Christi und verkün­digt sie uns (Joh. 16, 15). Er ist die Kraft der Gemeinschaft, das Siegel, der Zeuge, das Unterpfand, die Salbung ‑alle Seine Wirkungen sind un­bedingt notwendig. Ohne Ihn könnten wir Christus weder sehen noch hören, weder erkennen noch fühlen, weder erfahren noch genießen, noch Ihn in irgendeiner Weise darstellen. Die Lehre von den Wirkungen des Heiligen Geistes ist in der Schrift klar dargestellt und wird von jedem wahren und richtig belehrten Christen erkannt und angenommen.

Dennoch ist das Werk des Geistes nicht der Grund des Friedens; wenn es so wäre, könnten wir vor der Ankunft Christi keinen dauern­den und sicheren Frieden haben, weil das Werk des Heiligen Geistes in der Kirche erst vollendet ist, wenn der Herr kommt. Er setzt immer noch Sein Werk in den Gläubigen fort. Er "verwendet sich für ‑uns in unaus­sprechlichen Seufzern" (Röm. 8, 26). Er wirkt, um uns dem Bilde des Sohnes in allem gleichförmig zu machen. 

Er ist der einzige Urheber jedes guten Wunsches, jeder reinen Zuneigung, jeder göttlichen Erfah­rung und jeder gesunden Überzeugung; aber es ist klar, daß Sein Werk in uns nicht eher vollständig ist, als bis wir den gegenwärtigen Schau­platz verlassen und unseren Platz mit Christus in der Herrlichkeit ein­genommen haben, ebenso wie das Werk Eliesers, des Knechtes Abra­hams, nicht eher vollendet war, bis er Rebekka dem Isaak vorstellen konnte.

Anders aber verhält es sich mit dem Werk Christi für uns. Es ist gänzlich und für immer vollendet. Christus konnte sagen: "Das Werk habe ich vollbracht, welches du mir gegeben hast, daß ich es tun sollte" (Joh. 7, 4). Und Er konnte ausrufen: "Es ist vollbracht!" (Joh. 19, 30). Aber der Heilige Geist kann nicht sagen, daß Er Sein Werk voll­bracht habe. Als der Stellvertreter Christi auf Erden wirkt Er fort­während inmitten der zahlreichen feindseligen Einflüsse, die Sein Werk behindern wollen. Er wirkt in den Herzen der Kinder Gottes, um sie auch praktisch zu dem Maße des göttlichen bezeichneten Wuchses hin­zuführen (Eph. 4, 1,3). 

Aber niemals belehrt Er einen Gläubigen, seinen Frieden in der Gegenwart Gottes von Seinem Werke abhängig zu machen. Er hat den Auftrag, von Jesus zu reden und nicht von sich selber; "denn, sagt Christus, "von dem Meinen wird er empfangen und euch verkündigen" (Joh. 16, 13. 14). Wenn also jemand nur durch den Heiligen Geist den wahren Grund des Friedens erkennen kann, und wenn der Heilige Geist niemals von sich selbst redet, so ist es deutlich, daß Er nur das Werk Christi als die Grundlage bezeichnen kann, auf der die Seele für immer ruhen muß; kraft dieses Werkes kann der Heilige Geist überhaupt nur Wohnung in dem Gläubigen machen und in ihm Seine wunderbaren Wirkungen fortsetzen.

So ist also das Passahlamm, als der Grund des Friedens Israels, ein be­merkenswertes Bild von Christus, der Grundlage des Friedens für den Gläubigen. Dem Blut an den Türpfosten war nichts hinzuzufügen, und ebensowenig bedarf das Blut Christi irgendeiner Ergänzung. Das unge­säuerte Brot und die bitteren Kräuter waren zwar notwendig; aber sie waren keinesfalls der Grund des Friedens. Sie waren für das Innere des Hauses bestimmt und bildeten die charakteristischen Zeichen der Ge­meinschaft in diesem Hause, aber das Blut des Lammes war die Grund­lage von allem. Es rettete vom Tode und brachte Leben, Licht und Frie­den.

 Es stellte die Verbindung her zwischen Gott und Seinem erlösten Volk. Und nachdem die Israeliten aufgrund dieser Erlösung mit Gott verbunden waren, war es ein Vorrecht, auch gewisse Verpflichtungen zu haben; aber diese Verpflichtungen waren natürlich nicht die Voraus­setzung, sondern nur das Ergebnis ihrer Verbindung mit Gott.

Ich möchte auch daran erinnern, daß in der Heiligen Schrift nicht das gehorsame Leben Christi als die Ursache bezeichnet wird, durch die wir Vergebung erlangen. Sein Tod am Kreuz war es, der die Liebe Gottes ausströmen ließ, die sonst für immer verborgen geblieben wäre. Hätte Christus bis heute "wohltuend und heilend" (Apg 10, 38) Seinen Gang durch die Städte Israels fortgesetzt, so wäre der Vorhang des Tempels nie zerrissen und hätte noch heute dem Anbeter den Zugang zu Gott versperrt. Es war Sein Tod, der den Vorhang "von oben bis unten" zer­riß

 (Mark. 15, 38). "Durch seine Striemen", und nicht durch Sein ge­horsames Leben, "ist uns Heilung geworden" (Jes. 53, 5; 1. Petr. 2, 24); und diese Striemen empfing Er am Kreuz, und nirgendwo anders. Seine eigenen Worte stellen dies außer Zweifel: "Ich habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muß, und wie bin ich beengt, bis sie vollbracht ist" (Luk. 12, 50)! Kann sich diese Stelle auf etwas anderes als auf Seinen Tod am Kreuz beziehen? 

Dieser Tod war die Vollziehung Seiner Taufe und öffnete Seiner Liebe einen Weg, auf dem sie in Gerechtigkeit frei ausströmen konnte zu den schuldigen Nachkommen Adams. Weiter hat Er gesagt: "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein" (Joh. 12, 24). Er war dieses "Weizenkorn"; und Er wäre, obwohl Er Fleisch geworden war, für immer allein geblieben, wenn Er nicht durch Seinen Tod am Fluchholz alles aus dem Weg ge­räumt hätte, was die Vereinigung Seines Volkes mit Ihm in der Aufer­stehung verhindern konnte. wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht".

Es gibt in Verbindung mit dieser wichtigen und ernsten Frage zwei Gedanken, die wir beachten müssen, nämlich, daß eine Vereinigung mit Christus nur in der Auferstehung möglich ist, und zweitens, daß Chri­stus nur am Kreuz für Sünden gelitten hat. Wir dürfen nicht denken, daß Christus schon durch Seine Menschwerdung uns mit sich vereinigt habe. Das war unmöglich. Wie hätte unser sündiges Fleisch mit Ihm vereinigt werden können? Der Leib der Sünde mußte durch den Tod zerstört werden. Die Sünde mußte den göttlichen Anforderungen ge­mäß beseitigt, und die ganze Macht des Feindes mußte vernichtet wer­den. Wie konnte das alles geschehen? Nur dadurch, daß sich das flecken­lose Lamm Gottes dem Tod am Kreuz unterwarf. "

Denn es geziemte ihm, um deswillen alle Dinge und durch den alle Dinge sind, indem er viele Söhne zur Herrlichkeit brachte, den Anführer ihrer Errettung durch Leiden vollkommen zu machen" (Hebr. 2, 10). "Siehe, ich treibe Dämo­nen aus und vollbringe Heilungen heute und morgen, und am dritten Tage werde ich vollendet" (Luk. 13, 32). Die Ausdrücke "vollkommen" und "vollendet" in diesen Stellen beziehen sich nicht auf Christus in Seiner eigenen Person; denn Er war als Sohn Gottes vollkommen von Ewigkeit her, und auch in Seiner Menschheit war Er durchaus vollkommen. 

Aber als "Anführer ihrer Errettung", der "viele Söhne zur Herr­lichkeit brachte", als der, welcher "viel Frucht bringt" und ein erlöstes Volk mit sich vereinigt ‑ mußte Er den "dritten Tag" erreichen, um "vollendet" zu werden. Er stieg allein hinab in die "Grube des Ver­derbens" und in den "kotigen Schlamm"; aber als Er Seinen "Fuß auf den Felsen" der Auferstehung stellte, vereinigte Er mit sich die "vielen Söhne' (Ps. 40, 1‑3). Er focht den Kampf allein aus; aber als der mäch­tige Überwinder läßt Er uns jetzt an der Siegesbeute teilhaben, damit wir uns für immer daran erfreuen können.

Zum anderen dürfen wir das Kreuz Christi nicht als das Ende eines dem Sündentragen geweihten Lebens betrachten. Das Kreuz war der einzige Ort, an dem der Herr Jesus Sünden trug. Er trug "unsere Sünden an seinem Leibe auf dem Holze" (1. Petr. 2, 24). Er trug sie weder in der Krippe, noch in der Wüste, noch im Garten Gethsemane, sondern einzig und allein "auf dem Holze". Er hatte niemals etwas mit der Sünde zu schaffen, außer am Kreuz; dort aber neigte Er Sein Haupt und gab unter dem Gewicht der Sünden Seines Volkes Sein Leben hin. Nirgendwo anders als am Kreuz litt Er von der Hand Gottes; dort aber verbarg Gott Sein Angesicht vor Ihm, weil Er "zur Sünde gemacht" war (2. Kor. 5,21).

Der bisherige Gedankengang und die angeführten Stellen der Heiligen Schrift tragen vielleicht dazu bei, die göttliche Kraft der Worte tiefer zu empfinden: "Sehe ich das Blut, so werde ich an euch vorübergehen". Natürlich mußte das Lamm fleckenlos sein, denn was hätte sonst der Heiligkeit des HERRN begegnen können? Aber wäre das Blut nicht vergossen worden, so hätte der HERR an Seinem Volk nicht vorüber­gehen können; denn "ohne Blutvergießung ist keine Vergebung" (Hebr. 9, 22). Dieser Gedanke begegnet uns noch anschaulicher in den Bildern des 3. Buches Mose. Er verdient unsere ernsthafte Aufmerksamkeit, wenn wir unseren Herrn Jesus Christus in Aufrichtigkeit lieb haben.

Betrachten wir jetzt das Passah unter dem zweiten Gesichtspunkt, nämlich als den Mittelpunkt, um den sich das Volk in friedlicher und heili­ger Gemeinschaft versammelte. Die Rettung durch das Blut und das Passahmahl sind zwei sehr verschiedene Dinge. Das Volk war nur durch das Blut gerettet, aber der Mittelpunkt, um den es sich ver­sammelte, war das am Feuer gebratene Lamm. Das ist ein bedeutsamer Unterschied. Das Blut des Lammes bildet die Grundlage unserer Bezie­hungen zu Gott und auch unserer Beziehungen zu einander. Getrennt von dem vollkommenen Sühnopfer Christi kann weder von einer Ge­meinschaft mit Gott, noch von einer Gemeinschaft mit der Versammlung Gottes die Rede sein. jedoch dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, daß es der lebendige Christus im Himmel ist, mit dem der Heilige Geist die Gläubigen verbindet. 

Es ist ein lebendiges Haupt, mit dem wir ver­einigt, ein "lebendiger Stein", zu dem wir gekommen sind (l. Petr. 2, 4). Nachdem wir durch Sein Blut Frieden gefunden haben, ist Er nun unser Sammelpunkt sowie das Band, das uns vereinigt. "Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte" (Matth. 18, 20). Der Heilige Geist allein ist es, welcher sammelt; Christus ist der einzige Gegenstand, zu dem hin die Gläubigen gesammelt werden; und unsere Versammlung muß, wenn wir so zusammengekommen sind, durch Heiligkeit charakterisiert sein, damit der Herr, unser Gott, in un­serer Mitte wohnen kann. 

Der Heilige Geist kann das Volk Gottes nur zu Christus und nicht zu einem System, zu einem Namen, zu einer Lehre oder Vorschrift hin sammeln. Er sammelt zu einer Person hin, und diese Person ist der im Himmel verherrlichte Christus. Das verleiht der Versammlung Gottes einen besonderen Charakter. Die Menschen mögen sich aus irgendeinem Grund, um irgendeinen Mittelpunkt oder zu irgendeinem beliebigen Zweck vereinigen; aber wenn der Heilige Geist vereinigt, dann geschieht es nur aufgrund einer vollbrachten Er­lösung um die Person Christi, um für Gott eine heilige Wohnstätte zu bereiten (l. Kor. 3, 16. 17; 6, 19; Eph. 2, 21. 22; 1. Petr. 2, 4. 5).

Es müssen nun noch die Grundsätze im einzelnen betrachtet werden, die in der Verordnung zum Passahfest enthalten sind. Die Versamm­lung Israels stand zwar schon unter dem Schutz des Blutes, aber sie mußte auch in einer Gott geziemenden Weise stattfinden. Um vor dein Gericht in Sicherheit zu sein, war nur das Blut erforderlich, aber im Blick auf die Gemeinschaft, die dadurch zustandegebracht war, waren andere Dinge nötig, die nicht vernachlässigt werden durften.

"Und sie sollen in selbiger Nacht das Fleisch essen, gebraten am Feuer, und ungesäuertes Brot; mit bitteren Kräutern sollen sie es essen. Ihr sollt nichts roh davon essen und keineswegs im Wasser gesotten, son­dern am Feuer gebraten: seinen Kopf samt seinen Schenkeln und samt seinem Eingeweide" (V. 8. 9). Das Lamm mußte der Wirkung des Feuers unterworfen werden. Hierin sehen wir Christus, "unser Passah" (1. Kor. 5, 7), wie Er sich selbst dem Feuer der

 göttlichen Heiligkeit und des göttlichen Gerichts aussetzte, das aber an Ihm keinen Makel finden konnte. Er konnte sagen: "Du hast mein Herz geprüft, hast mich des Nachts durchforscht; du hast mich geläutert ‑ nichts fandest du; mein Gedanke geht nicht weiter als mein Mund" (Ps. 17, 3). Bei Ihm war alles vollkommen. Das Feuer läuterte Ihn, aber es zeigten sich keine Schlacken. "Sein Kopf samt seinen Schenkeln und samt seinem Einge­weide", das ist: der Sitz des Verstandes sowie der äußere Wandel samt allem, was damit zusammenhing ‑ alles wurde dem Feuer ausgesetzt, und alles erwies sich als vollkommen. Das Braten des Lammes war daher, wie jede Einzelheit in den Anordnungen Gottes, von großer Be­deutung.

"Ihr sollt nichts roh davon essen und keineswegs im Wasser gesotten". Wäre das Lamm in dieser Weise gegessen worden, so hätte das Passahmahl nicht die Absicht Gottes erfüllt, Christus darzustellen als das wirk­liche Passahlamm, das am Kreuz das Feuer des gerechten Zornes Gottes erdulden mußte. Wir stehen nicht nur unter dem ewigen Schutz des Blutes des Lammes,

 sondern durch den Glauben nähren wir uns auch von dem Lamm. Viele von uns verkümmern in dieser Beziehung. Sie begnügen sich mit dem Bewußtsein ihrer Errettung durch das voll­brachte Werk Christi, haben aber kein Verlangen nach praktischer Ge­meinschaft mit Ihm. Er aber kann sich damit nicht begnügen. Er hat uns so eng mit sich selbst verbunden, damit wir uns von Ihm nähren und uns in Ihm freuen können. Er stellt sich uns vor als das Lamm, das bis zum äußersten den Zorn Gottes ertragen hat, und in eben diesem Charakter will Er auch die Nahrung für unsere Seelen sein.

Aber wie sollte dieses Lamm gegessen werden? Mit ungesäuertem Brot und bitteren Kräutern. Der Sauerteig ist in der ganzen Schrift ausnahms­los ein Bild des Bösen. Weder im Alten noch im Neuen Testament wird dieses Wort gebraucht, um irgend etwas Reines, Heiliges oder Gutes darzustellen. Daher ist das „Fest der ungesäuerten Brote" in diesem Kapitel ein Bild der praktischen Absonderung vom Bösen, die das Ergebnis der Reinigung durch das Blut des Lammes ist, die sich aber auch aus der Gemeinschaft mit Seinen Leiden ergibt. Nur ein ungesäuertes Brot war dem am Feuer gebratenen Lamm angemessen. Die geringste Menge Sauerteig hätte den Charakter des Passahmahls verdorben. Wie könnten wir irgend etwas Böses mit unserer

 Gemeinschaft mit dem leidenden Christus vereinbaren? Alle, die durch die Kraft des Heiligen Geistes die Bedeutung des Kreuzes verstehen, werden auch sicherlich durch dieselbe Kraft jeden Sauerteig aus ihrer Mitte entfernen. „Feget den alten Sauer­teig aus, auf daß ihr eine neue Masse sein möget, gleichwie ihr unge­säuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum laßt uns Festfeier halten, nicht mit altern Sauerteig, auch nicht mit Sauer­teig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit ungesäuertem Brote der Lauterkeit und

 Wahrheit" (1. Kor. 5, 7. 8). Die hier erwähnte Festfeier im Leben der Kirche entspricht dem Fest der ungesäuerten Brote im Alten Testament. Dieses Fest dauerte sieben Tage; und sowohl dj[e Kirche in ihrer Gesamtheit, als auch der einzelne Christ sind berufen, während der sieben Tage, d. h. während ihres ganzen Daseins auf Erden, in praktischer Heiligkeit zu leben. Diese Notwendigkeit ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, daß sie durch das Blut gewaschen sind und mit dem Leiden Christi Gemeinschaft haben.

Der Israelit tat den Sauerteig nicht weg, um gerettet zu werden, son­dern weil er gerettet war; und wenn er es versäumt hätte, ihn zu be­seitigen, so wäre das zwar eine betrübliche Vernachlässigung gewesen, hätte aber keineswegs seine durch das Blut erlangte Sicherheit, sondern nur seine Gemeinschaft mit der Gemeinde beeinträchtigt. "Sieben Tage soll kein Sauerteig in euren Häusern gefunden werden; denn jeder, der Gesäuertes isset, selbige Seele soll aus der Gemeinde Israel ausgerottet werden, er sei Fremdling oder Eingeborener des Landes' (V. 19). Die Ausrottung eines Israeliten aus der Gemeinde entspricht genau der

 Unterbrechung der Gemeinschaft eines Christen, wenn dieser etwas Böses bei sich duldet, das mit der Heiligkeit Gottes in Widerspruch steht. Gott kann das Böse nicht dulden. Ein einziger unreiner Gedanke unter­bricht schon die Gemeinschaft mit Ihm; und solange diese Verunreini­gung nicht durch die Fürsprache Christi und ein darauf gegründetes Be­kenntnis weggetan worden ist, kann die Gemeinschaft nicht wiederher­gestellt werden (siehe 1. Joh. 1, 5‑10; vergl. auch Ps. 32, 3‑5). Ein aufrichtiger Christ freut sich auch darüber. Er kann frohen Herzens an die Heiligkeit Gottes denken und würde, auch wenn er es könnte, das Maß der Heiligkeit auch nicht um eine Haaresbreite vermindern. Für ihn ist es eine Freude, mit jemandem Gemeinschaft zu haben, der keinen Augenblick mit der geringsten Spur von "Sauerteig" in Verbindung sein kann.

Gott sei Dank, daß nichts unsere Verbindung mit Ihm lösen kann. Wir sind gerettet durch den HERRN, nicht mit einer bedingten, vorüber­gehenden, sondern mit einer ewigen Rettung (Jes. 45, 17). Aber Er­rettung und Gemeinschaft sind zwei verschiedene Dinge. Viele Seelen sind errettet, ohne es zu wissen; und viele auch, ohne sich ihrer Erret­tung zu erfreuen.

Ich kann mich nicht über die Sicherheit freuen, die das Blut an den Türpfosten mir bietet, wenn sich Sauerteig in meinem Hause befindet. Das ist ein unveränderlicher göttlicher Grundsatz. Die praktische Heiligkeit ist nicht die Grundlage unseres Heils, aber sie ist eng verbunden mit der Freude daran. Ein Israelit hatte nicht in dem un­gesäuerten Brot, sondern in dem Blut seine Rettung gefunden; aber dennoch unterbrach der Sauerteig seine Gemeinschaft mit Gott. Ebenso ist der Christ nicht durch seine praktische Heiligkeit, sondern durch das Blut errettet; aber wenn er in Gedanken, Worten oder Werken etwas Böses bei sich duldet, kann er keine wirkliche Freude und auch keine wirkliche Gemeinschaft mit dem Lamm Gottes haben.

Ich zweifle nicht daran, daß die Mißachtung dieses wichtigen Grund­satzes zum großen Teil die Ursache der geistlichen Dürre und des Man­gels an wahrem und beständigem Frieden ist, denen man unter den Kin­dern Gottes so oft begegnet. Sie leben nicht in praktischer Heiligkeit; sie halten nicht das "Fest der ungesäuerten Brote". Das Blut ist an den Türpfosten; aber der Sauerteig in ihren Häusern verhindert die Freude an der durch das Lamm bewirkten Sicherheit.

 Die Zulassung des Bösen macht jede Gemeinschaft mit Gott unmöglich. Alle, die der Versamm­lung Gottes angehören, müssen heilig sein. Sie sind befreit von der Schuld und den Folgen der Sünde, aber auch von der Kraft und der Sklaverei der Sünde. Gerade diese Befreiung durch das Blut des Passah­lammes verpflichtete die Israeliten, den Sauerteig aus allen ihren Gren­zen zu verbannen. Sollten sie etwa die schreckliche Sprache eines Ge­setzesverächters führen und

 sagen: "jetzt, nachdem wir gerettet sind, können wir leben, wie es uns gefällt"? Waren sie aus Gnaden gerettet, dann waren sie auch zur Heiligkeit gerettet. Wer die Freiheit der göttli­chen Gnade und die Vollkommenheit der Versöhnung zum Anlaß neh­men kann, "in der Sünde zu verharren (Röm. 6, 1), gibt dadurch zu erkennen, daß er weder die eine, noch die andere Sache versteht.

Ein Christ ist durch die Gnade nicht nur für alle Ewigkeit errettet, son­dern er hat auch eine neue, göttliche Natur bekommen; und diese neue Natur in ihm kann nicht sündigen, sondern findet ihre Freude an allem, was göttlich ist (Joh. 1, 13; 1. Joh. 3, 9; 2. Petr. 1, 4; 1. Joh. 2, 29; 5, 18). Ein Leben in der Kraft dieser Natur ist in Wirklichkeit ein "Halten" des Festes der ungesäuerten Brote. Es befindet sich weder "alter Sauerteig", noch "Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit" (l. Kor 5, 8) in der neuen Natur, denn sie ist aus Gott; und Gott ist heilig, "Gott ist Liebe (l. Joh. 4, 8). Es liegt daher auf der Hand, daß wir nicht deshalb das Böse von uns

 wegtun, um die alte, verderbte Natur zu veredeln, oder um die neue Natur zu erlangen, sondern weil wir die neue Natur schon besitzen. Wir haben Leben, und in der Kraft dieses Lebens beseitigen wir das Böse. Erst wenn wir von unserer Sün­denschuld befreit sind, können wir die wahre Kraft der Heiligkeit offen­baren. Dies auf einem anderen Wege erreichen zu wollen, wäre ein hoffnungsloses Bemühen. Das Fest der ungesäuerten Brote kann nur unter dem Schutz des Blutes gefeiert werden.

Ebenso bedeutsam und bildlich anwendbar wie das ungesäuerte Brot ist das, was ihm beigefügt werden mußte: die "bitteren Kräuter". Wir können uns nicht der Gemeinschaft mit den Leiden Christi erfreuen, ohne uns daran zu erinnern, was diese Leiden notwendig machte; und diese Erinnerung wird ohne Zweifel eine demütige Haltung des Geistes in uns bewirken, die in den "bitteren Kräutern" bei der Feier des Passah Ausdruck fand. Diese bitteren Kräuter rufen dem Gläubigen ins Bewußtsein, daß es seine Sünden waren, die Christus als das Lamm Gottes auf sich

 lud, und derentwegen Er den Zorn ertragen mußte. "Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist uns Heilung geworden" (Jes. 53, 5). Wegen der außerordentlichen Leichtfertigkeit unserer Herzen ist es gut, die Bedeutung der bitteren Kräuter richtig zu verstehen. Wer könnte den 6., 22., 69., s8 und 109. Psalm lesen, ohne dabei an die Bedeutung des ungesäuerten Brotes und der bitteren Kräuter zu denken? Wirkliche Gemeinschaft mit den Leiden Christi bewirkt praktische Heiligkeit und tiefe Demut; denn Sünde und Leichtfertigkeit des Geistes sind angesichts solcher Leiden undenkbar.

Ohne Zweifel empfinden wir auch eine tiefe Freude bei dem Bewußt­sein, daß Christus unsere Sünden getragen und an unserer Statt den gerechten Zorn Gottes erduldet hat. Das ist die unerschütterliche Grundlage unserer Freude. Aber könnten wir es je vergessen, daß unsere Sünden die Ursache Seiner Leiden waren? Könnten wir je die überwältigende Wahrheit aus dem

 Auge verlieren, daß das Lamm Gottes Sein Haupt beugte unter dem schweren Gericht unserer Übertretungen? Wir müssen unser Lamm essen mit bitteren Kräutern und bringen damit die tiefen Erfahrungen eines Gläubigen zum Ausdruck, der mit geist­lichem Verständnis die Bedeutung des Kreuzes erkennt und verwirklicht.

Am Kreuz ist unsere ganze Schuld getilgt worden, und diese Tatsache erfüllt uns mit Frieden und Freude. Aber gleichzeitig finden wir darin das Ende unserer Natur, die Kreuzigung "des Fleisches", den Tod des "alten Menschen" (Siehe Röm. 6, 6; Gal. 2, 20; 6,14; Kol. 2, 11). Das ist "bitter" für unsere Natur. Denn nun sind wir aufgerufen, uns selbst zu verleugnen, unsere Glieder, die auf der Erde sind, zu töten (Kol. 3, 5) und uns der Sünde für tot zu halten (Röm. 6, 11). Das scheint eine schreckliche Konsequenz zu sein; aber wenn man einmal in das blutbe­

sprengte Haus eingetreten ist, denkt man ganz anders darüber. Diesel­ben Kräuter, die für einen Ägypter ohne Zweifel ganz bitter waren, bildeten einen wesentlichen Teil des Erlösungsfestes der Israeliten. Wer durch das Blut des Lammes erkauft ist und die Freude der Gemeinschaft mit Ihm kennt, betrachtet es als ein "Fest", das Böse zu beseitigen und die Natur für tot zu halten.

"Und ihr sollt nichts davon übriglassen bis an den Morgen; und was davon bis an den Morgen übrigbleibt, sollt ihr mit Feuer verbrennen" (V. 10). Diese Vorschrift lehrt uns, daß die Gemeinschaft der versam­melten Israeliten nur in unmittelbarer Verbindung mit dem geopferten Lamm möglich war. Auch wir müssen uns daran erinnern, daß unsere Gemeinschaft auf das Opfer Christi gegründet ist und mit diesem Opfer verbunden bleiben muß. Wer glaubt, auf irgendeiner anderen Grund­lage mit Gott Gemeinschaft haben zu können, der meint damit zugleich, daß Gott mit dem in uns wohnenden Bösen Gemeinschaft machen könne; und wer

 daran denkt, mit Menschen auf einem anderen Boden Gemeinschaft zu machen, der ist auf dem Wege, eine unreine und un­heilige Vereinigung zu bilden, aus der nur Verwirrung und Ungerechtig­keit hervorgehen kann. Mit einem Wort, es muß alles auf das Blut ge­gründet und mit dem Blut untrennbar verbunden sein. Das ist die ein­fache Bedeutung der Vorschrift, das Lamm noch in derselben Nacht zu essen, in der das Blut geflossen war. Die Gemeinschaft darf nicht von ihrer Grundlage getrennt werden.

Es ist wirklich ein vollendetes Bild, das wir hier vor uns haben! Das Volk Israel ist unter dem Schutz des Blutes in Frieden versammelt und ißt das am Feuer gebratene Lamm mit dein ungesäuerten Brot und mit den bitteren Kräutern. Da war keine Furcht vor dem Gericht, keine Furcht vor dem Zorn des HERRN, keine Furcht vor der schrecklichen, aber gerechten Rache, die

 um Mitternacht über Ägypten kommen würde. Hinter den mit Blut bestrichenen Türpfosten war Friede. Die Israeliten hatten nichts von draußen her zu fürchten; und auch im Innern konnte sie nichts beunruhigen, es sei denn der Sauerteig, der ihrem Frieden und ihrem Glück ein Ende bereitet hätte. Welch ein Bild für die Kirche und für den Christen! Es lohnt sich, darüber nachzudenken und daraus zu lernen!

wir sind jedoch mit der Betrachtung der Passahverordnung noch nicht zu Ende. Wir haben gesehen, in welche Stellung die Versammlung Israels gebracht war und was ihre Speise war. Richten wir nun unseren Blick auf ihre Bekleidung. "Und also sollt ihr es essen: Eure Lenden gegürtet, eure Schuhe an euren Füßen, und euren Stab in eurer Hand; und ihr sollt es essen in Eile. Es ist das Passah des HERRN" (V. 11). Die Israeliten sollten schon während des Essens bereit sein, das Land des To­des und des Gerichts hinter sich zu lassen und sich dem Land der Verhei­ßung, dem für sie bestimmten Erbteil, zuzuwenden. Das Blut, das sie vor dem Schicksal der

 Erstgeborenen Ägyptens bewahrt hatte, war zugleich die Grundlage ihrer Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens; und jetzt soll­ten sie mit Gott zu jenem Land aufbrechen, das von Milch und Honig floß. Freilich hatten sie noch nicht das Rote Meer durchschritten und noch nicht die drei Tagesreisen" vollendet. Und doch waren sie im Prinzip schon erlöst, abgesondert, abhängig von Gott und bereit, die Reise zu beginnen. Auch ihre Kleidung mußte mit dieser Stellung und

 Bestim­mung in Einklang sein. Die gegürteten Lenden waren ein Zeichen ihrer Bereitwilligkeit zum Dienst und der Absonderung von allem, was sie umgab. Die beschuhten Füße bezeichneten ihre Bereitschaft, Ägypten zu verlassen, während der Stab in der Hand andeutete, daß sie ein wan­derndes Volk waren, das sich auf etwas außerhalb seiner selbst stützen mußte. Der Herr gebe, daß diese Kennzeichen bei allen Seinen Erlösten mehr sichtbar werden!

Laßt uns die bisherigen Gedanken kurz zusammenfassen. Durch die Gnade haben wir die reinigende Wirkung des Blutes Jesu erfahren, und infolgedessen ist es unser Vorrecht, uns von Ihm und Seinem "unaus­forschlichen Reichtum" zu nähren (Eph. j, 8) und mit Seinen Leiden Gemeinschaft zu haben. Unser Leben soll nun geprägt sein durch un­gesäuertes Brot und bittere Kräuter, durch umgürtete Lenden, beschuhte Füße und durch den Stab in der Hand. Möchten wir gekannt sein als ein heiliges und gekreuzigtes, als ein wachsames und fleißiges Volk ‑als ein

 Volk, das auf dem Weg zur Herrlichkeit ist! Gott gebe uns die Gnade, mehr in die Tiefe und Kraft dieser Dinge einzudringen, so daß sie nicht nur eine Sache schriftgemäßer Erkenntnis und Auslegung für uns sind, sondern vielmehr lebendige Wirklichkeiten, die wir durch Erfahrung kennen und in unserem Leben darstellen zur Ehre Gottes!

In den Versen 43‑49 finden wir die Anordnung, daß kein unbeschnitte­ner Fremdling am Passahmahl teilnehmen durfte. "Kein Fremdling soll davon essen . . . Die ganze Gemeinde Israel soll es feiern". Die Beschnei­dung war erforderlich, ehe man das Passah essen konnte. Es muß, mit anderen Worten, das Todesurteil über unsere Natur geschrieben werden, bevor Christus als die Grundlage des Friedens oder als der Mittelpunkt der Gemeinschaft unsere Nahrung sein kann. Die Beschneidung ist das Zeichen von Gottes Bund mit Israel und von dem Ausziehen des Leibes des Fleisches (vergl. Kol. 2, 11. 12); ihr Gegenbild ist das Kreuz. Nur alles Männliche in Israel wurde beschnitten. Das Weibliche fand seine Darstellung in dem Männlichen. 

So hat Christus am Kreuz Seine Kirche dargestellt, und deshalb ist sie mit Christus gekreuzigt. Dennoch lebt der Gläubige, und zwar durch das Leben Christi, das durch die Kraft des Heiligen Geistes auf Erden geoffenbart wird. "Und wenn ein Fremd­ling bei dir weilt und das Passah dem HERRN feiern will, so werde alles Männliche bei ihm beschnitten, und dann komme er herzu, es zu feiern; und er soll sein wie ein Eingeborener des Landes. Aber kein Un­beschnittener soll davon essen" (V. 48). "Die aber, welche im Fleisch sind, vermögen Gott nicht zu gefallen" (Röm. 8, 8).

Die Anordnung der Beschneidung trennte das Volk Gottes von allen Bewohnern der Erde; und ebenso ist das Kreuz des Herrn Jesus die Schranke zwischen der Kirche und der Welt. Weder persönliche Quali­täten, noch die Stellung, die ein Mensch einnahm, änderten etwas an dieser Sachlage; solange er sich nicht der Beschneidung unterwarf, hatte er durchaus kein Teil mit Israel. Ein beschnittener Bettler war Gott näher als ein unbeschnittener König. 

Und ebenso ist heute das Kreuz unseres Herrn Jesus Christus das einzige Mittel, um die Freude der Erlösten Gottes teilen zu können; und dieses Kreuz beseitigt alle Anmaßungen, Unterschiede und Vorzüge und vereinigt alle Erlösten zu einer heiligen Versammlung von Anbetern, die in dem Blut gewaschen sind. Das Kreuz bildet eine so hohe Schranke und eine so undurchdringliche Schutz­mauer, daß kein Stäubchen von der Erde und der Natur hindurchgelan­gen kann, um sich mit der "neuen Schöpfung" zu vermischen. "Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden. Alles aber von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch Jesus Christus" (2. Kor. 5,17.18).

Es wurde jedoch nicht nur die Absonderung Israels von allen Fremd­lingen im Passahmahl zum Ausdruck gebracht, sondern auch die Ein­heit Israels. "In einem Hause soll es gegessen werden; du sollst nichts von dem Fleische aus dein Hause hinausbringen, und ihr sollt kein Bein an ihm zerbrechen" (V. 46). Ein schöneres Bild von dem einen Leib und dem einen Geist (Eph. 4, 4)

 könnte kaum gefunden werden. Die Kirche oder Versammlung Gottes ist eins. Gott betrachtet und er­hält sie so, und Er wird sie auch angesichts der Engel, Menschen und Teufel so darstellen, trotz aller Versuche, diese heilige Einheit zu zer­stören. Gott sei Dank! Er selbst ist es, der die Einheit Seiner Kirche ebenso garantiert wie ihre Rechtfertigung und ihre ewige Sicherheit. "Er bewahrt alle seine Gebeine; nicht eines von ihnen wird zerbrochen" (Ps. 34, 20). Und wiederum: Kein Bein von ihm wird zerbrochen werden" (Joh. 19, 36). Trotz der Grausamkeit der Kriegsknechte Roms und trotz aller feindlichen Einflüsse, die von Jahrhundert zu Jahrhundert

 gewirkt haben, ist der Leib Christi eins, und seine göttliche Einheit kann nie zerstört werden (vergl. Joh. 11, 52; 1. Kor. 1, 12. 13; 12, 4‑27; Eph. 2, 14‑22; 4, 3‑16). "Da ist ein Leib und ein Geist", und zwar hier, auf dieser Erde. Glückselig alle, die diese kostbare Wahrheit im Glauben anerkennen und treu genug sind, sie in diesen letzten Tagen auch darzustellen, ungeachtet der fast unüberwindlichen Schwierigkeiten, denen sie auf ihrem Weg begegnen! Ich glaube, daß Gott solche aner­kennen und ehren wird. Möge der Herr uns von dem Geist des Un­glaubens befreien, der uns verleitet, nicht nach Seinem unveränderlichen Wort zu urteilen, sondern nach dem, was sichtbar ist.