32.) Habakuk Vom Zweifel zum Glauen um 600.v.Chr.

12/23/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Als Sünder müssen wir auf dem Grundsatz des Glaubens zu Gott kommen, und als Gläubige müssen wir auf demselben Grundsatz bis zum Ende verharren. "Der Gerechte aber wird aus Glauben leben" (siehe Röm 1, 17; Gal 3, 11; Hebr 10, 38; zitiert aus Habakuk 2, 4).

Diese Prophezeiung Habakuks hat großen moralischen Wert für uns. Darüber hinaus ist sie sehr zeitgemäß. Wie in den Tagen Habakuks, so steuert auch in unseren Tagen alles auf eine Krise zu.

Er lebte in einer Zeit, als die Sünden des Volkes, das be­kannte, Gottes Volk zu sein, den heiligen Zorn und die Be­trübnis dieses Mannes Gottes erregten. Und doch, während seine Seele durch ihren bösen Wandel so gequält wurde, hatte sein Herz Mitgefühl mit ihrem Elend, und er machte ernstlich ihre Sache zu der seinen. Ich möchte ihm einige Minuten aufmerksam zuhören und einige Bemerkungen über seine Worte machen, so wie wir sie in ihrer natürlichen Unterteilung und Reihenfolge vorfinden.

Kap. 1, 1‑4. In diesen Anfangsversen wird, wie ich gerade bemerkte, die gerechte Seele des Propheten durch den bö­sen Wandel seines Volkes gequält. Er schildert die traurige, verderbte Szene, die Er vor Augen hat, damit Jehova Kennt­nis davon nehme. Er schreit wegen Gewalttat, Mühsal, Ver­wüstung, Streit und ähnlichen Schandtaten, die in der Mitte des Volkes Gottes gefunden wurden.

Verse 5‑11. In Seiner Antwort auf die bittere Klage aner­kennt Jehova zunächst deren Berechtigung und macht sich eins mit Seinem Knecht. Er drückt Seinen Unwillen über den moralischen Zustand Israels aus, den Habakuk zutiefst fühlt. Er tadelt Sein Volk mit der Bezeichnung "Nationen" ‑ denn wie diese führten sie sich auf, indem sie nicht dem Werk glaubten, das Er unter ihnen wirken wollte. Er rechnet ihre Beschneidung als Vorhaut. Der Apostel zitiert dieses Wort des Propheten und nennt sie "Verächter" (Apg 13, 41). Je­hova folgt deshalb zuerst der Geschichte dieser Schandtaten Israels, die der Prophet dargestellt hatte, und spricht von der bevorstehenden großen letzten Sünde, die alle bisherige Bosheit noch weit übertreffen und zur Verwerfung seines Wortes und Seines Werkes durch Unglauben führen würde. Nachdem Er das getan hat, läßt Er den Propheten wissen, daß diese Ungerechtigkeit, die seine Seele gequält und de­rentwegen er zu Ihm geschrieen hatte, nicht ungestraft bleiben würde, denn die chaldäische Kriegsmacht sollte bald in das Land einfallen, um die Mißachtung Seiner Heiligkeit zu rächen.

Verse 12‑17. Diese Kunde erschreckt den Propheten. Wie einst Mose unter ähnlichen Umständen, kann auch Habakuk zu dieser Gerichtsandrohung nicht uneingeschränkt ja sa­gen. Wohl empfand er Zorn über die Abtrünnigkeit des Vol­kes, dem alle Sorge seines Herzens galt, aber den Chaldäer herbeiwünschen, das vermochte er nicht.

In tiefster Erregung, von Furcht und Mitgefühl bewegt, und mit der Geschicklichkeit eines Fürsprechers, dessen Zunei­gungen ihn beredsam machen, setzt er sich gegen die Chaldäer ein und ist zuversichtlich, daß Gott nicht sein eigenes Volk, wie schuldig es auch sein mochte, der rücksichtslosen Wut derer ausliefern würde, die noch verderbter waren als sie selbst. Und überdies bittet er darum, daß diese furchtbare Geißel in der Gnade Gottes für Israel nur zur Züchtigung und nicht zur Zerstörung die­nen möchte.

All das zeigt den guten Herzenszustand des Propheten. Ha­bakuk gleicht hierin vielleicht mehr dem Propheten Jeremia als irgendein anderer der Propheten. Er durchlebt mehr persönlich diese Geschehnisse, die er beschreibt, als es sonst üblich ist. Er fühlt alles mit ‑ und das tat Jeremia auch. Sie sprachen nicht nur als Propheten, sondern lebten auch als solche.

Kap. 2, 1. Und nachdem er nun sein Herz ausgeschüttet hat und vor Gott fürbittend eingetreten ist, wartet er auf eine Antwort. Sein Herz schlägt für sein Volk. Er muß "das Ende des Herrn" abwarten. Er ist kein Mietling; er kümmert sich um die Herde und kann nicht fliehen. Er hat seinen Dienst für Israel nicht leichtfertig übernommen und kann ihn des­halb nicht rasch niederlegen. Er muß sehen, wie die Sache ausgeht und begibt sich deshalb auf den Wachtturm.

Verse 2‑20. Hier lesen wir die Antwort Jehovas ‑ sie ist sehr ernst und bedeutungsvoll. Habakuk wird nicht enttäuscht. Er ist nicht umsonst auf den Wachtturm gestiegen. Wie Da­niels einundzwanzigtägiges Fasten, so wird auch Habakuks Wachen auf dem Turm belohnt.

Jehova beginnt Seine Antwort, indem Er einige wesentliche und entscheidende Tatsachen oder vielmehr Grundsätze der Wahrheit darlegt.

1 . Das Gesicht oder die Prophezeiung sollte klar ange­kündigt werden.

2. Alles sollte für eine bestimmte Zeit ein Gesicht, also zunächst unerfüllt, bleiben.

3. Während dieser Zeit würde der Mensch der Welt in seinem Stolz selbst heranreifen für das Gericht Gottes.

4. Während derselben Zeit würde der Gerechte durch seinen Glauben leben.

Zur rechten Zeit, die Gott bestimmt, würde dieses Ge­sicht sprechen und seine Prophezeiung erfüllt wer­den.

Es würde sich also lohnen, auf dieses Ende zu warten.

Nachdem Jehova nun diese Tatsachen oder Grundsätze dar­gelegt hat, fährt Er fort, dem aufmerksamen Propheten das schreckliche Gericht über die Chaldäer zu eröffnen.

Kap. 3. Der Prophet hat von seinem Wachtturm aus zugehört; nun kommt er sozusagen herab, um mit Jehova zu sprechen. Nachdem Jehova sich ihm zugewandt und ihm auf dem Turm eine Antwort gegeben hat, will Habakuk nun ins Heiligtum eintreten, gleichsam mit Gebet und Lobpreis und in der Kraft dieses Glaubens, der die Antwort Gottes angenommen hat, darin frohlockt und mit weiterem Segen rechnet. Diese abschließenden Worte sind wunderschön.

Die Antwort, die er gerade erhalten hat, scheint ihn im Geiste zurückzuversetzen in die ersten Tage seines Volkes, in die Zeit der Erlösung Gottes, als Er begann, Israel zu Seinem Volk zu machen. Die Chaldäer erinnern ihn an die Ägypter und die Amoriter. Und er wünscht, daß Gott angesichts der Chaldäer für Israel jetzt dasselbe tun möge, was Er in den früheren Tagen angesichts der Ägypter und der Amoriter für sie getan hat. Er sehnt sich danach, daß eine "Belebung" stattfindet, daß Gott jetzt, inmitten der Jahre, die Werke tun möchte, die in wunderbarer Weise den A n f a n g ihrer Jahre kennzeichneten. Und in rührender Schönheit, in dem gebro­chenen Stil dessen, der seinem Herzen freien Lauf läßt, wie­derholt er in der Gegenwart Gottes diese früheren Werke Jehovas für Israel, seien sie nun in Ägypten oder in der Wü­ste oder in Kanaan gewirkt, damit Jehova auf Seine mäch­tigen Taten schauen und in der gegenwärtigen Zeit der Chal­däer das gleiche tun möge. Es ist gleichsam so, als würde Habakuk "am Tage des Gewölks und des Wolkendunkels" den Regenbogen emporheben bis hin zu den Augen Gottes, damit Er ihn sehe und Seines Bundes gedenke, Seiner Gna­de und Seiner Macht für Seine Heiligen, Seiner Verheißun­gen und Seiner Barmherzigkeiten, um Sein Volk vor der über­strömenden Flut zu erretten.

Denn bis hierher hatte Gott lediglich Gericht über die Chal­däer verheißen (siehe Kap. 2). Er hatte nicht von der end­gültigen Wiederherstellung und Herrlichkeit Israels gespro­chen, doch Habakuk möchte auch das verheißen und bestä­tigt haben. Deshalb bittet er um eine "Belebung" Seines Werkes für Israel.

Und dann, ganz zum Schluß, drückt er als der Gerechte, der aus Glauben lebt, von dem das Wort Jehovas ihm schon ge­sprochen hatte (Kap. 2), sein volles Vertrauen zu Gott aus. Er spricht davon, wie die Worte Gottes über das Kommen der Chaldäer ihn erschreckt hatten, daß er entsetzt war oder wie ein Toter. Doch nun weiß er als ein Mann des Glaubens, daß er für eine gewisse Zeit der Zubereitung und Geduld warten muß und doch sicher sein darf, daß alles mit der Errettung Gottes endet. In der freudigen Gewißheit darüber singt er nun dem Vorsänger mit seinem Saitenspiel zu. Und so wie Josaphat mit einem Siegeslied auf den Lippen den Kampf begann, so tritt Habakuk hier in die Zeit des Gesichts oder der Erprobung des Glaubens und des Ausharrens ein in der Freude Jehovas, mit einem Lied, das schon für die künf­tige Herrlichkeit paßt.

Gleichen unsere Tage nicht sehr den Tagen Habakuks? Der Mensch Gottes schaut sich um und sieht, wie so vieles in der Christenheit der Heiligkeit Gottes Hohn spricht und wie der Gerechte seine Seele quält. Doch während er darüber Leid trägt, möchte er doch gern fürbittend für das Volk eintreten, genau wie Habakuk, und sich in der gleichen Weise mit sei­ner Bürde und mit seinen Erwartungen an Gott wenden. Doch der Gläubige heute w e 1 ß durch die tieferen Beleh­rungen Gottes etwas, was unser Prophet nicht wußte, näm­lich daß es ein "Wiederaufleben" geben wird, er bittet also nicht nur darum. Er weiß, daß die kommenden Gerichte, die weitaus ernster sein werden als die von den Chaldäern ausgeführten, die Erde nur von all den Vergehungen reini­gen und alles das wegschaffen werden, was die Erde verdirbt. Auf diese Weise führen die Gerichte zur Erlösung und nicht zur Vernichtung. Er weiß, daß ein strahlenderer, präch­tigerer Zustand das Ende kennzeichnen wird, als der Zu­stand zu Anfang ‑ denn "die Schöpfung selbst wird freige­macht werden" von der Knechtschaft des Verderbnisses zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes" (Röm 8, 21). Es wird also nicht nur ein Aufleben früherer Tage in der Ge­schichte Israels oder dieser Erde geben, sondern ihr Ende wird, wie bei Hiob, mehr sein als ihr Anfang.

Ich möchte noch eine praktische Bemerkung über die Erfah­rung Habakuks machen, die am Ende so gesegnet ist. "ich aber, ich will in Jehova frohlocken", sagt er, obwohl der Feigenbaum nicht blühen und kein Ertrag an den Reben sein wird.

Gott möchte so gerne bei uns, die wir von Natur Sünder sind, die sich selbst ruiniert haben, sehen, daß wir durch den Herrn Jesus glücklich in Seiner Liebe leben. Das dient zu Seiner Verherrlichung. Und wenn wir das tun, so wie Haba­kuk trotz aller sich ihm entgegenstellenden Umstände, macht das unseren Dienst und unsere Anbetung um so erhabener ‑ und das ist die Frucht Seiner Gnade und Seiner in uns wirkenden Macht.

Der Mensch sucht a n g e n e h m zu [eben, doch er sorgt sich nicht darum, g 1 ü c k 1 i c h zu leben. Er liebt das Vergnügen oder den Sonnenschein günstiger Verhältnisse, die ihm zu­sagen und seiner Eitelkeit schmeicheln; aber glücklich zu [eben in der Gunst Gottes, im Licht Seines Angesichts, dem Bewußtsein Seiner Liebe und der Hoffnung auf Seine Nähe in der Herrlichkeit, daran liegt dem Menschen wenig. Es ist Gottes Werk im Herzen und Gewissen, wenn ein Mensch über sich selbst nachdenkt und danach strebt, dem angenehmen Leben abzusagen, damit er glücklich leben kann, indem er sein Leben in dem herrlichsten von allen denkbaren Ver­hältnissen findet, nämlich in seiner Beziehung zu Gott. Und zwar weil er durch Gnade entdeckt hat, daß diese Beziehung für immer besteht durch die wunderbare Versöhnung, die 255 durch das Blut Christ! zustande gebracht worden ist.

Ich möchte noch ein Wort hinzufügen über das, was Gott in Kap. 2,14 über den Chaldäer sagt: "Denn die Erde wird voll werden von der Erkenntnis der Herrlichkeit Jehovas, gleich­ wie die Wasser den Meeresgrund bedecken." Der Stolz des Menschen, ob es sich nun um einen Chaldäer oder irgendeinen anderen Menschen handelt, der nach der Weltherrschaft getrachtet hat, ist immer gerichtet und gebrochen worden. So wird es auch in Zukunft sein. Diese Herr­schaft wird für Jesus, "den Herrn", und für Ihn allein, vor­behalten bleiben. Er wird weit über den Königen der Erde stehen, und Sein Königtum wird von Meer zu Meer reichen und vom Strom bis zu den Enden der Erde. Weder der da­malige noch der heutige Unglaube Seines eigenen Volkes Israel noch die Absichten und Versuche irgendeines heid­nischen Volkes können das verhindern (siehe 4. Mo 14, 21; Hab 2, 14). Es wird in den zukünftigen, friedvollen Tagen unter dem Zepter des Gerechten erfüllt werden (siehe Jes 11,9).

Völker mühen sich ab fürs Feuer, plagen sich vergebens (Kap. 2, 13). Aber dem Herrn Jesus wird die Herrschaft zu­ fallen. "Gepriesen sei sein herrlicher Name in Ewigkeit! Und die ganze Erde werde erfüllt mit seiner Herrlichkeit! Amen, ja, Amen." (Ps 72, 19).