2. Könige 8,16-Kap. 25 Rossier H.

02/20/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

 Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige 8,16-17,41

Botschafter des Heils 1912 S. 1ff

Joram, der König von Juda, und sein Sohn Ahasja Kapitel 8,16 -29

KAPITEL 8, 16‑17, 41 DIE KÖNICE VON ISRAEL UND JUDA

KAPITEL 8, 16‑29 Joram, der König von Juda, und sein Sohn Ahasja

Der Beginn dieses Abschnittes bietet eine kleine Schwierigkeit bezüglich der Zeitberechnung, und die Rationalisten haben nicht versäumt, sie wider die Autorität der biblischen Erzählung auszubeuten (Vergl. die Bemerkung beim 3. Kapitel). Es wird hier nämlich gesagt, dass Joram von Juda zu Lebzeiten seines Vaters Josaphat begonnen habe, über Juda zu regieren, im fünften Jahre Jorams von Israel. Im 1.Kapitel jedoch folgt Joram von Israel seinem Vater Ahasja im zweiten Jahre Jorams von Juda. Wie ist das miteinander zu vereinigen? Es erklärt sich ganz einfach durch die Tatsache, dass Josaphat von Juda die Regentschaft seinem Sohne Joram anvertraut hatte, und dass er sieben Jahre später, noch während seiner Lebzeiten, ihm das Reich endgültig übertrug, vielleicht im Blick auf Schwierigkeiten, die er mit seinen Brüdern haben könnte (2. Chron. 21, 1‑4). 

Das erste Jahr der Regentschaft Jorams von Juda entspricht der Zeit, in welcher sein Vater Josaphat mit Ahab, dem König von Israel hinaufzog, um Ramoth in Gilead den Syrern wieder zu entreißen. Diese sogenannten Widersprüche sind nie solche für den einfältigen Christen, der die Mitteilungen des Wortes aus Gottes Hand empfangen hat. Es mag ihm nicht immer möglich sein, die Einwürfe zu widerlegen, denn er ist ein beschränktes und unwissendes Wesen; aber indem er auf den Herrn wartet, wird er früher oder später die Antwort empfangen, wenn Gott es so für gut befindet. Es bleibt für ihn bestehen, dass Gott geredet hat und wahr erfunden werden wird, wenn Er redet, während jeder Mensch als Lügner dastehen wird.


Die kurze Geschichte der Könige Joram und Ahasja von Juda, die hier eingeschaltet wird, um die Ereignisse miteinander zu verbinden, bietet nichtsdestoweniger ernste und belehrende Züge dar. Joram von Juda "hatte zum Weibe eine Tochter Ahabs des Gemahls der Isebel. Ahasja, der Sohn Jorams, war auch "ein Eidam des Hauses Ahabs". Diese unheiligen Verbindungen führten den einen wie den anderen auf die Wege der Könige von Israel. So war und ist es zu allen Zeiten. Ein Christ, der mit einem Kinde der Welt das gleiche Joch trägt, büßt dadurch notwendigerweise sein Zeugnis ein ja, selbst den Schein seines Christentums; denn die Welt wird nie durch die Verbindung eines Christen mit ihr gebessert, während im Gegenteil böser Umgang die guten Sitten verdirbt. 

Allerdings beseitigte Gott Joram von Juda nicht, da Er den dem David gegebenen Verheißungen treu war; aber Joram findet in der Welt nicht die Ruhe, die seine verderbte Religion ihm nicht zu geben vermochte, und welche auch die Züchtigungen Gottes ihm nicht lassen konnten. Edom, das bis dahin einen vom Throne Judas abhängigen Statthalter hatte (l. Kön. 22, 48), empört sich und wählt sich einen König. Ein Krieg ist die Folge. Joram behält zwar die Oberhand, aber die Empörung wird nicht gebrochen, und der unbeugsame Feind bleibt „bis auf diesen Tag".


Zu derselben Zeit fiel auch Libna ab. Libna war eine Stadt Judas, eine Priesterstadt, die den Söhnen Aarons gehörte (Jos. 21, 13; 1. Chron. 6, 57). Welche Schmach für Joram! In seinem eigenen Reiche reißt sich eine der in sittlicher Hinsicht wichtigsten Städte von ihm los. Der Grund wird uns in 2. Chron. 21, 10. 11 mitgeteilt. Die Söhne Aarons konnten nicht mit einem Manne in Verbindung sein, der „Jehova, den Gott seiner Väter", verlassen hatte, und der durch seine Höhen und seinen Götzendienst Juda auf denselben Weg brachte. Es gab also in jenen Tagen noch einigermaßen ein Zeugnis in Juda, und dieses Zeugnis diente Joram zur Schmach. Jehova entriss ihm einen Teil des Priestertums, welches allein noch seine Beziehungen zu Ihm aufrechthalten konnte. Wir behalten uns vor, bei der Betrachtung der Bücher der Chronika mehr im Einzelnen auf das Gericht dieses gottlosen Königs einzugehen.
Ahasja, der Sohn Jorams von Juda, begann seine Regierung im zwölften Jahre Jorams von Israel (V. 25). Seine Mutter war Athalja, die Tochter Omris (eine unter Juden gebräuchliche Redeweise, denn in Wirklichkeit War sie eine Enkelin Omris), des Hauptes dieses Herrscherhauses, eine Tochter Ahabs und die Gemahlin Jorams von Juda (V. 18). Sie war also eine Schwester Jorams von Israel. 

Ahasja selbst war ein Schwiegersohn des Hauses Ahab. Wie sein Großvater Josaphat sich mit Ahab verbündet hatte, um Ramoth in Gilead wieder zu erobern, welches in die Gewalt des Königs von Syrien gefallen war, so verbündet sich Ahasja, der Sohn Jorams von Juda, mit Joram von Israel, dem Sohne Ahabs, um Hasael, den König von Syrien, zu bekriegen. Er zog mit ihm nach Ramoth-Gilead, einer der alten Zufluchtsstädte (5. Mose 4, 43). Dies geschah auf Betreiben seiner Ratgeber vom Hause Ahabs und seiner Mutter Athalja (2. Chron. 22, 3‑5). 

Dieses Bündnis mit den Königen von Israel war ein Gräuel in den Augen Jehovas. Joram von Israel trifft zu Ramoth das gleiche Schicksal wie einst Ahab, der von den Syrern an demselben Orte verwundet wurde (1. Kön. 22, 34). Er zieht sich zur Heilung seiner Wunden nach Jisreel zurück, wohin Ahasja, der König von Juda, kommt, um ihm sein Mitgefühl zu bezeigen. Das war in den Augen der Welt eine einfache Handlung der Höflichkeit, aber nachdem er sich Hasael, der Rute Gottes gegen Israel, widersetzt hatte, stellte er sich damit den Schlägen Jehus bloß, der zweiten Rute Gottes gegen seinen Verbündeten. Da diese Gerichte über Israel ihn nicht beunruhigten noch auf seinem Wege aufzuhalten vermochten, trafen sie ihn selbst!

KAPITEL 9 UND 10 Jehu, der König von Israel

Die ganze Geschichte Jehus ist in der Chronika in drei Versen enthalten (2. Chron. 22, 7‑9), die allein von seinen Beziehungen zu Juda reden. Wir werden bei der Betrachtung dieses Buches darauf zurückkommen.
Das vor uns liegende Kapitel lässt, wie wir weiter oben schon erwähnt haben, den Gnaden-Charakter Elisas ans Licht treten. Anstatt Jehu zu salben, vertraut er diesen Auftrag einem der Söhne der Propheten an. Dieser junge Mann soll nicht einen Augenblick bei Jehu bleiben, sondern fliehen, sobald seine Handlung ausgeführt ist. Alles geschieht im geheimen und in Eile, denn da es sich um ein Gericht handelt, verweilt die Seele Elisas nicht lange dabei. Das Gericht muss stattfinden, denn Gott hat geredet; aber Gott hat Seine Wonne an der Gnade und billigt die Handlungsweise Seines Knechtes.
Wie sehr verschieden ist diese Szene, infolge ihres gerichtlichen Charakters, von derjenigen, welche die Salbung Davids begleitet! Hier muss der Prophetensohn Jehu „aus der Mitte seiner Brüder" aufstehen lassen, er muss ihn vor aller Augen wegführen „in ein inneres Gemach", und ihn salben ohne Zeugen, in Eile und heimlich. Samuel dagegen salbt David, den König der Gnade, "inmitten seiner Brüder", welche sich erst bei seiner Ankunft an dem Tisch niederlassen; und dieses Familienfest vereinigt sie zu einem gemeinsamen Mahle.

 Danach erhebt sich Samuel in Frieden und begibt sich nach Rama (1. Sam. 16, 11‑13). Wie ganz anders spielt sich hier alles ab! Jehu ist eine Rute Gottes für Israel und Juda, und Gott kann mit dem Werkzeug des Gerichts, so notwendig es auch sein mag, keine Gemeinschaft haben. Er billigt später (Kap. 10, 30) die Art und Weise, in welcher Jehu sich seiner Aufgabe entledigt hat, aber ohne in Gemeinschaft mit ihm zu treten; denn obwohl Er so redet, lobt Er weder den Menschen noch seine Beweggründe, was wir noch mehr als einmal in diesen Kapiteln werden feststellen können.
Wenn der Prophet Elisa vor Hasael weinte, was würde er vor Jehu getan haben? Auch erteilt er seinen Auftrag so kurz wie möglich. Er sagt: "So spricht Jehova: Ich habe dich zum König über Israel gesalbt" (V. 3). Er überlässt dem Prophetensohn, der selbst ein Prophet war, die Sorge für das, was er durch den Geist hinzufügen soll, ohne ihm seine Worte vorzuschreiben.
Der junge Mann enthüllt Jehu den schonungslosen Urteilsspruch über das Haus Ahabs. Der Beweggrund zu diesem Urteil ist die Weise, wie der König unter der Leitung Isebels die Knechte Jehovas und Seine Propheten behandelt hatte (V. 7). So kommt tatsächlich immer ein Augenblick, in welchem der Herr das, was man einst "seinen Brüdern", sei es in Israel oder in der christlichen Gemeinde, getan hat, in Erinnerung bringen wird.
Der Umstand, dass der junge Prophet so manche Einzelheiten den Worten Elisas hinzufügt, ist sehr charakteristisch für die Laufbahn und das Wesen Elisas.

 Nicht ein einziges Mal, ausgenommen zu Bethel (und wir haben den Grund davon gezeigt), spricht er selbst das Gericht aus, obwohl er über einen Schauplatz hinschreitet, wo von Seiten Gottes alles Gericht ist. Dieses Gericht muss der Herrschaft des Hauses Omris ein Ende machen, um das über Ahab ausgesprochene Urteil auszuführen. Aus demselben Grunde hatte Jehova schon dem Hause Jerobeams, des Sohnes Nebats (1. Kön. 15, 28‑30), und dem Hause Baesas (l. Kön. 16, 1‑4) ein Ende gemacht, und jedes mal wiederholte Er das schreckliche Wort: "Wer in der Stadt stirbt, den sollen die Hunde fressen, und wer auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel des Himmels fressen“ (1. Kön. 14, 11; 16, 4; 21, 24).
Der junge Mann flieht gemäß dem ihm gewordenen Auftrag. Er sollte weder auf das zurückkommen, was geboten worden war, noch sollte er eine Erklärung oder eine Warnung geben, wie dies bei Ahab stattgefunden hatte (1. Kön. 21, 27‑29). Das Gericht stand vor der Tür und sollte sofort vollzogen werden.
Wie wir bereits sahen, hatte der in der Schlacht verwundete König von Joram von Israel Ramoth in Gilead verlassen, wo Hasael ihm eine Niederlage beigebracht hatte, und sich nach Jisreel begeben, um sich dort von seinen Wunden heilen zu lassen. Unterdessen hielten sich die Anführer seines Heeres zu Ramoth auf, um diesen wichtigen und von den Königen Israels gerade zurückeroberten Platz zu besetzen und zu verteidigen (Vergl. 1. Kön. 22, 3). Wir erkennen hier, wie Gottes Hand über den Ereignissen und Menschen waltet, wenn der Augenblick zur Ausführung Seiner Beschlüsse gekommen ist. Kaum war das Öl der Salbung auf Jehu gekommen, als alle Obersten, ohne irgendeine vorhergegangene Absprache (denn sie wissen nicht, was der Prophet, den sie für einen Rasenden halten, getan hat), Jehu zum König ausrufen.

 Waren sie selbst verständige Leute, wenn sie ohne Überlegung, ohne Wahl in die Posaune stoßen und sagen: "Jehu ist König", während derjenige, der trotz seiner Jugend mit voller Sachkenntnis die Gedanken Gottes verkündigt hatte, von ihnen als närrisch und blödsinnig betrachtet wurde? In unseren Tagen kann man oft dieselbe Ungereimtheit wahrnehmen. Der Christ, der die Gedanken Gottes kennt, kann den Menschen die Ereignisse, deren Schauplatz diese Welt sein wird, in ihrem Zusammenhang und in ihren Einzelheiten ankündigen; die Weisen werden ihn für einen Narren halten, bis zu dem Tage, an welchem ihre Augen aufgehen werden, aber dann zu spät, um die Wahrheit dessen, was ihnen angekündigt wurde, anzuerkennen. 
Beachten wir, dass Jehu erst, nachdem er zum König ausgerufen war, „eine Verschwörung gegen Joram macht'. Er trifft sofort Maßregeln, damit der König zu Jisreel keine Nachricht von dem Geschehenen empfange. 

Der Charakter Jehus, der ungestüme Heftigkeit mit viel Klugheit Entschlossenheit und Menschenkenntnis verbindet, bietet reichen Stoff zur Betrachtung. Beachten wir zunächst diesen Zug: „Wenn es euer Wille ist, so soll niemand aus der Stadt entrinnen, um hinzugehen, es in Jisreel zu berichten" (V. 15). Er verwickelt mit Geschick seine Gefährten in eine gemeinsame Verantwortlichkeit, damit im Falle des Misslingens nicht alles ihm zur Last gelegt werden kann (Die Folge wird uns ein zweites ähnliches Beispiel zeigen). Zugleich kann man einen gänzlichen Mangel an Gottesfurcht und Abhängigkeit von Gott feststellen, sowie einen Ehrgeiz, der das Wort Jehovas benutzt um sich die Obergewalt zu sichern. Jehu denkt nur an sich, an seinen Vorteil, an die Befriedigung seiner Leidenschaften; er übt das Gericht aus, um sich den Nutzen davon zu sichern, und er verdeckt all diese Selbstsucht mit einem Mantel, den er „den Eifer für Jehova" nennt. 
Inzwischen war Ahasja zu Joram herabgekommen, um ihm sein Mitgefühl bezüglich seiner Verwundung auszudrücken.

 Die Verbindung dieser beiden Könige war trotz ihres Scheines von Höflichkeit und Herzlichkeit Jehova verhasst. Die Leuchte, die bis dahin dem Hause Davids erhalten geblieben war, wäre dem Erlöschen nahe gewesen, wenn Gott sich nicht damit beschäftigt hätte, sie zu reinigen. Doch die Familienbeziehungen zu einem abgefallenen Geschlecht hatten für Ahasja mehr Wert als die Verherrlichung des Gottes Israels. Ähnliche Dinge ereignen sich auch in unseren Tagen. Doch hat wie bereits gesagt, die Familie Gottes bei solchen Verbindungen nichts zu gewinnen. So oft auch Israel Nutzen zog aus der Freundschaft des Königs von Juda, was gab es Juda dafür? Der Verlust war stets auf der Seite derer, die, so schwach es auch sein mochte, noch die Träger des Zeugnisses des wahren Gottes waren. 
Jehu geht nach Jisreel. „Ist es Friede?" Das ist die große Frage, die sich erhebt. Das Gericht steht vor der Tür, während Joram noch nicht weiß, ob es Friede oder Zorn ist was auf ihn ankommt. Was helfen ihm seine Boten und die Vorsichts­maßregeln, die er treffen kann? Keiner seiner Leute kehrt zurück, um ihn zu benachrichtigen, dass er auf seiner Hut sein möge. Dafür hat Jehus Klugheit gesorgt. 

„Wende dich hinter mich", sagt er ihnen: ein ausgezeichnetes Mittel, zu seinem Ziele zu gelangen, ohne vorzeitig das Misstrauen des Königs wachzurufen. Doch Gott hat die Oberleitung von allem, selbst von dem, was Seinem Charakter durchaus entgegen ist. Er ist ein Gott der Wahrheit; Seine Wege sind gerade, niemals krumm. Er hat gesagt: „Kein Friede den Gesetzlosen"; und Sein Ausspruch muss sich erfüllen.
Jehu treibt (seinen Kriegswagen) unsinnig." Das Rollen des Donners kündigt das Gewitter für alle an, außer für Joram, der für das Herannahen des Unwetters gerade so taub ist ' wie für die Stimme der Gnade, die so oft vor ihm erklungen war. Er tut nichts, um sein Schicksal abzuwenden; er flüchtet mit Ahasja unter den Baum, in welchen der Blitz einschlagen wird. Ach! so ist das Los der Menschen. Sie suchen den Frieden, nur den nicht, den Gott allen anbietet, und finden nur Aufregung, Angst und schließlich Gottes Gericht. "Friede, Friede den Fernen und den Nahen", spricht Jehova, "und ich will es heilen. ‑ Aber die Gesetzlosen sind wie das aufgewühlte Meer; denn es kann nicht ruhig sein, und seine Wasser wühlen Schlamm und Kot auf. Kein Friede den Gesetzlosen! spricht mein Gott" (Jes. 57, 19‑21). Es kommt auch ein Augenblick, wo die Menschen sagen werden ‑ Friede; dann aber kommt ein plötzliches Verderben über sie. "Was, Friede", antwortet Jehu, „während der vielen Hurereien Isebels, deiner Mutter, und ihrer vielen Zaubereien!" Joram flieht und ruft: "Verrat, Ahasja“' Nein, nicht Verrat sondern Gericht! Der zu Elia geschehene Ausspruch Gottes geht wörtlich in Erfüllung. 

„Es soll geschehen: wer dem Schwerte Hasaels entrinnt, den wird Jehu töten" (1. Kön. 19, 17). Jehu selbst trifft den König Joram ins Herz; dann erinnert er an die Prophezeiung Elias über Ahab (1. Kön. 21, 19‑24), nicht mit denselben Worten, aber in ähnlichem Sinne. Armer König! Worauf hatte er vertraut? Auf seinen Titel und seine königliche Würde, wie man an dieser Fahrt sieht, die ihn ins Verderben stürzt; ohne Zweifel auch auf die zwölf langen Jahre seiner Herrschaft ‑ wer hätte auch an einen Verrat denken können nach einer so langen Regierung? auf die Treue seiner Untertanen und seiner Umgebung. Eitle Stützen! „Wie ist er so plötzlich verwüstet!"


Und wenn wir nun fragen: Wer hat alle Umstände zu diesem Ergebnis zusammenwirken lassen? Wer hat Joram angeleitet, von Ramoth wegzuziehen, indem er Jehu und seine Hauptleute dort zurückließ? Wer hat ihn nach Jisreel, den Schauplatz der Sünde Ahabs, geführt? Wer hat ihn auf seinem Wagen bis zu dem Weinberg Naboths gebracht? Wer hat ihn dort außerhalb der Stadt liegen lassen, gerade an dem Orte, wo das Blut des Gerechten geflossen war, den Vögeln des Himmels zur Beute? ‑ so gibt es nur eine Antwort, man kann sich darüber nicht täuschen: es ist die Hand Jehovas!
Dasselbe Los traf Ahasja (V. 27‑29), obwohl etwas gelinder, da Jehova das Haus Juda noch nicht endgültig verworfen hatte. Wenn es auch „von Gott der Untergang Ahasjas war, dass er zu Joram kam" (2. Chron. 22, 7), so wurde er doch nicht wie ein gemeiner Verbrecher den Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels hingeworfen, sondern man begrub ihn in seinem Grabe bei seinen Vätern in der Stadt Davids.

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige
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Jehu, der König von Israel

Jehu kommt nach Jisreel (V. 30‑37). Isebel hört es, und in wildem Vertrauen auf ihren Triumph schminkt und schmückt sie sich. Sie will Jehu zeigen, dass sie ihn und „seinen Haufen" nicht fürchtet, denn sie ist im Besitz der Autorität und der Macht. Sie ruft ihm von oben aus dem Fenster die ironischen Worte entgegen: „Erging es Simri, dem Mörder seines Herrn, wohl?" Meinst du, dass da Friede sei für dich? Du giltst nicht mehr als Simri, der Mörder Baesas. Er hat die Herrschaft nur sieben Tage gehabt, dann kam er um infolge seiner Verschwörung. ‑ Tiefe Verachtung klingt aus den wenigen Worten heraus. Jehu erhebt seine Augen zu dem Fenster, wo die Königin steht, und ruft. „Wer ist mit mir ? Wer?" Und den zwei oder drei Kämmerern, die ihm von oben zuwinken, ruft er zu. „Stürzet sie herab! Und sie stürzten sie hinab; und es spritzte von ihrem Blute an die Wand und an die Rosse, und er zertrat sie.“
Man sieht hier, wie weit Jehu in seinen Gedanken entfernt war von der Ehre und Verherrlichung Jehovas, obwohl er den Ausspruch Gottes kannte und wusste, dass er der Vollstrecker desselben war. Man hätte erwarten können, dass das Wort: „Wer ist für Jehova?" aus seinem Munde gekommen wäre, aber Gott hat wenig Raum in den Gedanken dieses gewalttätigen und ehrgeizigen Mannes. Selbst das, was Elia in seiner Gegenwart bezüglich Isebels geweissagt hatte (V. 25; vergl. 1. Kön. 21, 23), kommt ihm nicht wieder ins Gedächtnis. Er sagt: „Sehet doch nach dieser Verfluchten und begrabet sie, denn sie ist eine Königstochter". 

Als die Männer zurückkehrten und nur einige elende, von den Hunden abgenagte Überreste gefunden hatten, erinnert er sich der Prophezeiung, aber nur weil sie mit seinen Leidenschaften im Einklang ist. Wenn es sich darum handelt, sein Verhalten nach ihr zu regeln, beachtet er sie nicht.
Jehu sendet eine Botschaft nach Samaria an die Obersten, die Ältesten und die Erzieher der siebzig Söhne Ahabs. "Und nun", sagt er, „wenn dieser Brief zu euch kommt, ‑ bei euch sind ja die Söhne eures Herrn, und bei euch die Wagen und die Rosse, und eine feste Stadt und Waffen, ‑ so ersehet den besten und tüchtigsten aus den Söhnen eures Herrn und setzet ihn auf den Thron seines Vaters; und streitet für das Haus eures Herrn" 

Dieser Brief atmet unter seiner großmütigen Form den drohenden Geist eines Mannes, der seiner selbst sicher ist oder wenigstens so scheinen will. je weiter die Erzählung fortschreitet, desto mehr treten die Charakterzüge dieses nach den Gedanken der Welt bedeutenden Mannes zutage. Ungestüm und Entschlossenheit, politischer Scharfblick, Kenntnis und Verachtung der Menschen, Geschicklichkeit, die Gelegenheiten zu benutzen oder solche herbeizuführen, eine Fähigkeit, sich anderen aufzudrängen oder sie für seine Zwecke zu benutzen, eine gänzliche Gewissenlosigkeit, wenn es sich darum handelt, Hindernisse zu überwinden, ‑ alle diese Züge vereinigen sich in diesem Manne, und dabei stützt er sich auf das Bewusstsein, in seinem Zerstörungswerk ein Werkzeug Gottes zu sein.
Die Großen von Samaria geraten in Furcht und zeigen sich bereit zu einem Verrat und einem Morde, die Gott ihnen nicht geboten hatte. Sie gehorchen Jehu, wenn er zu ihnen sagt: "Wenn ihr für mich seid und auf meine Stimme höret, so nehmet die Köpfe der Männer, der Söhne eures Herrn, und kommet morgen um diese Zeit zu mir nach Jisreel". Hier begegnen wir wieder demselben Gedanken wie vorher: Wer ist für mich ? Wer gehört mir an? Jehu erlangt so den Vorteil, dass dieses Blutbad von anderen ausgeführt wird, deren Tun ihn vor den Bewohnern von Jisreel rechtfertigt. "Ihr seid gerecht!" sagt er, "siehe, ich habe eine Verschwörung wider meinen Herrn gemacht und habe ihn ermordet; wer aber hat alle diese erschlagen?" (V. 9). Indem er so seine Verschwörung und seinen Mordanschlag stolz verkündet, hat er alle Großen und Obersten von Israel zu seinen Mitschuldigen, indem er sie vermöge seiner Kühnheit und Anmaßung gezwungen hat, ihm zu dienen.

 Seine Geschicklichkeit hat alle Leiter des Volkes auf seine Seite gebracht. Dann schließt er mit den Worten: "Wisset denn, dass nichts zur Erde fallen wird von dem Worte Jehovas, das Jehova wider das Haus Ahabs geredet hat; und Jehova hat getan, was er durch seinen Knecht Elia geredet hat" (V. 10). Er beruft sich auf die Unfehlbarkeit des Wortes Gottes, um sein Verhalten zu rechtfertigen, und dann "erschlägt er alle, welche vom Hause Ahabs in Jisreel übriggeblieben waren, und alle seine Großen und seine Bekannten und seine Priester, bis er ihm keinen Entronnenen übrig ließ". Das war nicht genau das, was Jehova gesagt hatte (1. Kön. 21, 21‑26). Jehu ging über die Verordnungen Gottes und seinen Auftrag hinaus, aber es lag im Interesse seiner Herrschaft, dass jede Zuneigung für Ahab und Isebel aus dem Lande verschwand.
Wenn das Wort uns solche Charaktere schildert, ist es gut, sich daran zu erinnern, dass Gott uns keineswegs immer Seine Billigung oder Missbilligung der Werkzeuge ausdrückt, die Seinen Absichten dienen. Er sagt uns, worin Jehu sich seiner Aufgabe gut entledigt hat, aber weiter geht Er nicht, indem Er die Schätzung seines Verhaltens unserem geistlichen Urteil überlässt, damit wir für uns selbst Belehrung daraus ziehen. 

Der Leser denke an die Geschichte der Richter und an die Art, wie die Taten der Retter Israels uns berichtet werden. Man könnte noch manche andere Beispiele dafür aufzählen, wenn man die Geschichte Jakobs und vieler anderer zur Hand nähme. Dass Gott einen Jehu oder einen Simson benutzt, um Seine Gerichte auszuführen, besagt durchaus nicht, dass in diesen Männern ein lebendiger Glaube gewesen sei, oder dass ihr Herzenszustand Gottes Billigung gefunden habe. Simson und Barak werden in Hebr. 11 genannt, weil es sich in diesem Kapitel nicht um den Glauben i n i h n e n, sondern um dessen Tätigkeit handelt, und das ist etwas anderes. 

Ihr Verhalten, ich wiederhole es, wird geistlich unterschieden, und aus diesem Grunde hat die Welt kein Verständnis für diese im Worte Gottes angeführten Beispiele. In anderen Fällen, namentlich wenn es sich um den König handelt, gibt Gott uns gewöhnlich Sein Urteil, weil Er in dem König den Zustand der Dinge beurteilt, deren verantwortlicher Vertreter er war. Wenn Gott das nicht getan hätte, könnte die Gerechtigkeit Seiner Gerichte in Frage gestellt werden, indem sie stets unserer fehlbaren Beurteilung überlassen wäre.


Diese Bemerkung findet eine ganz besondere Anwendung auf den Fall Jehus, welcher das Werkzeug des Zornes Gottes gegen das Haus Ahabs war, und dem zugleich das Königtum anvertraut wurde. Er empfängt einerseits das Zeugnis der Billigung Jehovas, dass er das, was recht war in Seinen Augen, wohl ausgerichtet habe (Kap. 10, 30), und zwar ohne irgendeine Einschränkung bezüglich seines Charakters, und andererseits wird im nächsten Verse sein Verhalten als König von Jehova streng getadelt. Wie Gott über das Blutbad von Jisreel denkt, und was die Folge davon ist, finden wir in Hosea 1, 4: "Noch um ein Kleines' so werde ich die Blutschuld von Jisreel an dem Hause Jehus heimsuchen und dem Königtum des Hauses Israel ein Ende machen. Und es wird geschehen an jenem Tage, da werde ich den Bogen Israels zerbrechen im Tale Jisreels."
Die Brüder Ahasjas, des Königs von Juda, trifft dasselbe Geschick wie ihn bei dem Versammlungshaus der Hirten. Ein Vergleich von 2. Kön. 9, 27‑29 mit 2. Chron. 22, 7‑9 belehrt uns, dass Ahasja, bevor er bei Megiddo erschlagen wurde, nach Samaria geflohen war und aus seiner Zufluchtsstätte erst herausgeholt wurde, als seine Brüder kamen, um die Söhne Jorams zu besuchen. Erst nachdem seine Brüder getötet waren, wurde Ahasja zu Jehu gebracht, und er erlitt diesen "Untergang von seiten Gottes" auf der Anhöhe Gur, um in Megiddo zu sterben und dann weggeführt und in Jerusalem begraben zu werden.
Wenn die Tat Jehus auch nicht von Jehova befohlen worden war, so ist es doch nicht weniger wahr, dass Gott sie angeordnet hatte. Diese Stelle gibt uns eine ernste Unterweisung. Sich wie Ahasja mit einer Welt verbinden, auf welcher der Zorn Gottes ruht, heißt sich dem jähen Verderben aussetzen, das über sie kommen wird. Doch diejenigen, welche die Heiligkeit Gottes außer acht lassen und hingehen, sei es auch nur um die Freundschaftsbande mit derselben Welt wieder anzuknüpfen, wird ein ähnliches Schicksal erreichen. Die Brüder Ahasjas erfuhren die unheilvollen Folgen ihres Tuns. Es kann und darf für die, welche Gott zur Leitung Seines Volkes beruft, gar keine Gemeinschaft geben mit irgendetwas, das Er missbilligt.
Dem gegenüber finden wir ein eindrucksvolles Beispiel der Absonderung vom Bösen bei Jonadab, dem Sohne Rekabs (Jer. 35), der Jehu entgegenkam (V. 15). Jonadab war aus dem Geschlecht der Keniter, die mit Israel nach Kanaan gekommen waren. Sie hatten sich in verschiedene Zweige geteilt: der schwächste wohnte im äußersten Norden, in Kedes, das zu Naphtali gehörte (Richt. 4, 11), der stärkste in der Wüste Juda, die im Süden von Arad liegt (Richt. 1, 16); ein dritter, der wieder in mehrere Familien geteilt war, wohnte in der Umgegend von Jabez, das zu Juda gehörte (1. Chron. 2, 55).

 Wir wissen nicht, was Jonadab aus dem Reiche Juda in das Reich Israel geführt hat. Gehörte er vielleicht zu dem Gefolge der Brüder Ahasjas, woran die unvermittelte Frage Jehus denken lassen könnte? Wie dem auch sei, er stand in keiner Verbindung mit dem ihn umgebenden Bösen. Seine Grundsätze bestanden in einer völligen Absonderung für Gott, in einem wahren Nasiräertum, und wenn er sie auch nicht seiner verderbten Umgebung einflößen konnte, so hatte er doch wenigstens seine Familie und sein Haus darin unterwiesen. Der Kreis seines Zeugnisses war beschränkt angesichts des Unglaubens, der wie eine Flut die beiden Häuser Israels überströmte, aber es war darum nicht weniger ein Zeugnis, und Gott lobte es. Wir kennen ja die Einzelheiten aus dem 35. Kapitel des Jeremias. 

Die Grundsätze Jonadabs waren die eines jeden wahren Nasiräers: 1. sich vom Wein enthalten, der die berauschenden Lüste der Welt darstellt; 2. kein Haus bauen, d. h. sich hienieden nicht in dauernder Weise niederlassen; 3. keinen Samen säen, als ob man etwas, und sei es auch nur ein Erntejahr, zu erwarten hätte; 4. keinen Weinberg pflanzen, d. h. nicht das pflegen, was früher oder später zum Aufgeben des Nasiräertums führen könnte; und ach! wie viele Gläubige haben es verloren, weil sie in diesem Punkte nicht wachsam gewesen sind! 5. in Zelten wohnen, als wahre Söhne Abrahams, als Fremdlinge und Pilgrime im Lande der Verheißung. Jonadab verstand, dass das Land, welches Gott dem Volke Israel gegeben hatte, keineswegs sein gegenwärtiges Besitztum war, so lange das innere Verderben und, als Folge davon, der äußere Zusammenbruch bestanden. Sein Glaube erwartete noch eine Ruhe für das Volk Gottes; er und seine Söhne bezeugten dies durch ihr Verhalten.
Es wird uns nicht gesagt, bei welcher Gelegenheit Jonadab die Seinigen in diesen Vorschriften unterwiesen hat; da er aber nur in unserem Kapitel geschichtlich erwähnt wird, dürfen wir wohl den Schluss ziehen, dass der Anblick des Bösen und des allgemeinen Verfalls, nach der glorreichen Regierung Davids und Salomos, ihn hatte fühlen lassen, wie notwendig, im Gegensatz zu der ihn umgebenden Erschlaffung, ein sehr genauer Wandel war, sowie die Rückkehr zu dem, "was von Anfang war" und was die Patriarchen gelehrt hatten. Möchten auch wir in dieser Zeit des Endes wahre Kinder Jonadabs, des Sohnes Rekabs, sein ‑ nicht, wie es heute vielfach gebräuchlich ist, durch äußere Übungen, welche das Herz von Gott fern lassen und die von Satan benutzt werden, um die Seelen zu täuschen, sondern durch das sittliche Verhalten, das jene Übungen unter dem Haushalt des Gesetzes bildlich darstellen!
Jehu grüßt Jonadab und sagt zu ihm: "Ist dein Herz redlich, wie mein Herz gegen dein Herz?" Jonadab kann antworten: "Es ist es".

 Doch es gibt da einen Unterschied. Sein Herz war redlich gegen Jehova; seine Grundsätze haben es uns soeben gezeigt. Das Herz Jehus war redlich gegen Jonadab, dem er seine Pläne anvertraut; aber hätte man auch sagen können, dass es redlich gegen Gott war? Die Folge wird es uns zeigen.
„Komm mit mir", sagt Jehu, „und sieh meinen Eifer für Jehova an!" Und doch, wie sehr war dieser Eifer geteilt. Wenn er ungeteilt ist, redet ein Knecht Gottes kaum davon, sondern ist viel eher geneigt zu sagen“ Ich bin ein unnützer Knecht. Dass bei Jehu Eifer war, braucht man nicht zu bezweifeln; aber wie viel davon war wirklich Eifer für Jehova? Saulus von Tarsus war ein glühender Eiferer für die Überlieferungen seiner Väter. Er selbst sagt: "Was den Eifer betrifft, ein Verfolger der Versammlung"; er glaubte damit Gott zu dienen. Und von den Juden, seinen Brüdern nach dem Fleische, sagt Paulus, dass sie "Eifer für Gott haben, aber nicht nach Erkenntnis". Es gab sicher mehr wahren Eifer, mehr Erkenntnis, mehr Kraft in der heiligen Absonderung Jonadabs, als in dem ungestümen Laufe Jehus. Der 31. Vers zeigt uns den Wert und das Maß des Eifers Jehus.

Fußnote:

12) am Nordende des Golfs von Akaba. ‑ In den beiden nachher angeführten Stellen wird die Stadt "Eloth" genannt. Anmerkung des Übersetzers.
*) Vielleicht auch Salmaneser. In diesem Falle würde das Kalb von Bethel Salmaneser durch den König Hosea gesandt worden sein. Beth‑Awen (Hos. 4, 15; 5, 8) bedeutet Götzenhaus, das an die Stelle von Bethel (Gotteshaus) getreten war.
*) Wir wollen hier nicht von den Siegen reden, die von Rezin und Pekach über Juda errungen wurden, noch von dem Propheten Oded, dem es gelang, das Gewissen einiger Anführer von Ephraim zu erreichen, indem er sie dahin brachte, die Gefangenen und die Beute, die sie von Juda gemacht hatten, zurückzuschicken. Diese ganze Erzählung wird bei der Betrachtung der Chronika ihren Platz finden.
*) Wir haben nicht die Absicht, außer dieser Erklärung, uns mit der Auf­lösung der in diesen Büchern enthaltenen historischen Schwierigkeiten zu be­schäftigen. So lassen wir auch die meisten der chronologischen Fragen unberührt. Andere haben auf die Einwürfe der sogenannten höheren Kritik" geantwortet.
*) Wir werden bei der Betrachtung des 2. Buches der Chronika die sich scheinbar ganz widersprechende Weise sehen, in der dieses Buch uns den wichtigen Gegenstand vor Augen führt.
*)Wir reden hier selbstverständlich nicht von der Verkündigung des Evan­geliums an die Welt und von der Bekehrung von Sündern.
*) Man hat vermutet, dass Hiskia nicht den ganzen Tribut, der eine gewaltige Summe ausmachte, hätte bezahlen können; aber aufgefundene Inschriften be­stätigen die biblische Erzählung, dass er ihn buchstäblich entrichtet hat. Es war daher ein Treubruch seitens des assyrischen Monarchen, und Gott hat dies zur Züchtigung Hiskias benutzt.
*) Was wir über die Zeit der Krankheit Hiskias sagen, wird durch die „Worte Jehovas bei seiner Heilung bestätigt: "Ich will zu deinen Tagen fünfzehn Jahre hinzufügen; und von der Hand des Königs von Assyrien will ich dich und diese Stadt erretten' (2. Kön. 20, 6).


Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige

Nachdem Jehu „alle, welche von Ahab in Samaria übriggeblieben waren, erschlagen hatte . . ., bis er ihn vertilgt hatte, nach dem Worte Jehovas, das er zu Elia geredet hatte" (V. 17), macht er sich an die Priester des Baal. Wir finden hier wieder menschliche Umsicht, die nichts dem Zufall überlässt, verbunden mit List, die übrigens nicht ein vorherrschender Charakterzug Jehus ist. jedenfalls haben wir nicht den einfachen und mutigen Wandel des Glaubens nach der Wahrheit vor uns. Wie sehr unterscheidet sich Jehus Verhalten von dem des Elia, der in unerschütterlichem Vertrauen auf Jehova der feindlichen Macht des Königs, der Priester des Baal und eines "auf beiden Seiten hinkenden" Volkes allein entgegentrat, der allein allen die Stirn bot, weil der Gott, auf den er vertraute, mit ihm war! Da gibt es keine List in dem, was am Bache Kison geschieht. Die Autorität des Wortes des Propheten allein genügt, um alle Priester des falschen Gottes zu vernichten.
Nicht als ob Jehu das durch Elia ausgesprochene Wort Gottes nicht geschätzt hätte, aber er blieb dabei stehen. Außer den Worten des Propheten, welche ihn persönlich betrafen, hatte er keine wirkliche Kenntnis der Gedanken Gottes. 

Er erwähnt nur Elia (Kap. 9, 25. 36; 10, 17); er kennt nur die Gerichte Gottes. Elisa, dessen Laufbahn er von Anfang an hatte verfolgen können, nennt er nicht einmal. Die Gnade hatte sein Herz nicht erfaßt. Nichts ist gefährlicher, als ein teilweises Erkennen der göttlichen Grundsätze. Es wird stets zu einer falschen Anwendung dieser Grundsätze und zu einem schlechten Wandel führen. Jehu glaubte durch sein Vertilgungswerk alles ausgeführt zu haben, und verstand nicht, dass aller erdenkliche Eifer nicht eine einzige Handlung des Gehorsams wert war, die ihn abgesondert hätte von der Religion Jerobeams, de, Sohnes Nebats, durch die Jerobeam Israel sündigen gemacht hatte (V. 29).
Bei der Vertilgung der Baalspriester, ihres Tempels und ihres Götzenbildes, wobei Jehu seinen Anführern und Knechten mit großer strategischer Klugheit ihre Rollen zugefeilt hatte, lässt die Handlungsweise Jonadabs, des Sohnes Rekabs, den Charakter dieses Mannes Gottes wieder hervortreten. Jehu hat ihm seinen Plan anvertraut.

 Jonadab begleitet Jehu, doch er erscheint nur (V. 23), um festzustellen, dass kein Diener Jehovas sich unter den Dienern des Baal befindet. Ist das nicht eine schöne Rolle, ähnlich derjenigen Jeremias: "Wenn du das Köstliche vom Gemeinen ausscheidest, so sollst du wie mein Mund sein"? (Jerem. 15, 19). Jonadab war wie der Mund Gottes, indem er zuerst sein eigenes Haus und dann alle wahren Diener Jehovas von der verderbten und götzendienerischen Menge absonderte.
Heute wie damals hat die Arbeit, welche die Kinder Gottes von der Welt absondert und miteinander vereinigt (denn diese beiden Tätigkeiten bilden in Wirklichkeit nur eine), die ganze Billigung des Herrn, was auch die Welt oder selbst Christen, welche Beziehungen zu der Welt aufrecht zu halten wünschen, sagen mögen. Hier findet sich auch die Kraft (Jeremia 15, 20).
Elia besaß den Geist Gottes, der in ihm eine völlige Absonderung vom Bösen bewirkte, und dessen Kraft den Propheten mit einem heiligen Eifer für Jehova beseelte. Jehu hat den Eifer ohne den Geist, einen Eifer, der menschliche Mittel anwendet, um den Befehlen Gottes zu entsprechen. Und was erreicht er? Wenn auch der Erfolg, die Vertilgung der Baalspriester, anscheinend bei beiden Männern der gleiche ist verhält es sich in Wirklichkeit doch ganz anders. Elia setzt, obwohl er von Gott in Zucht genommen wurde, seinen Weg in der Kraft des Geistes fort, indem er am Ende seiner Laufbahn Christo ähnlich ist, den er vorbildlich darstellt; und er beendet seinen Weg in herrlicher Weise, indem er durch die Wagen und Reiter Israels in den Himmel erhoben wird. Jehu, der feurige Ausführer des Gerichts über andere, übt es in keiner Weise über sich selbst aus und wendet sich nicht ab vom Bösen und vom Götzendienst, um Gott allein zu dienen. Die Kälber Jerobeams, die durch das Herkommen geweihte Volksreligion, sind ihm nicht ein Ärgernis; im Gegenteil, seine Politik und die menschlichen Interessen seiner Herrschaft passen vollkommen dazu. 

Trotzdem, welch eine gerechte Schätzung von seiten Gottes! Er rechnet Jehu die Tatsache an, dass er "wohl ausgerichtet hatte, was recht war in seinen Augen", indem er das Haus Ahabs richtete, und gibt ihm um deswillen eine Nachkommenschaft auf dem Throne Israels bis ins vierte Geschlecht.
Und andererseits, welch eine Gerechtigkeit und vollkommene Heiligkeit bei Gott! Er benutzt Hasael, Seine Zuchtrute, um Jehu zu schlagen. "In jenen Tagen begann Jehova abzuhauen unter Israel; und Hasael schlug sie im ganzen Gebiet Israels, vom Jordan an, gegen Sonnenaufgang, das ganze Land Gilead, die Gaditer und die Rubeniter und die Manassiter, von Aroer an, das am Flusse Arnon liegt, sowohl Gilead als Basan" (V. 32 und 33). Zu Lebzeiten Jehus wird sein Reich von allen Seiten beschnitten, besonders in dem Gebiet der Stämme, die Jenseits des Jordan wohnten. Diese Widerwärtigkeiten sind das Gericht Gottes über sein Verhalten. Hier drückt Gott Sein Mißfallen nicht durch Worte aus, sondern durch Taten, die aber das Gewissen des Königs nicht erreicht zu haben scheinen.
Die Bücher der Chronika der Könige von Israel (V. 34) enthalten, wenn sie jemals wieder aufgefunden werden sollten, die Taten und alle Macht Jehus, aber nicht was er vor Gott war, noch das Urteil Gottes über sein Verhalten als König.
Joahas, sein Sohn, wurde König an seiner Statt.

Athalja war eine Enkelin Omris, eine Tochter Ahabs, eine Schwester Jorams von Israel, die Gemahlin Jorams von Juda und die Mutter Ahasjas. In Kapitel 10, 14 lesen wir von zweiundvierzig Brüdern Ahasjas. Die meisten von diesen waren ohne Zweifel nicht Söhne Athaljas, sondern hatten andere Mütter. Doch dass Athalja noch andere Söhne hatte, geht aus 2. Chron. 24, 7 hervor, wo wir den König Joas sagen hören: „Die gottlose Athalja und ihre Söhne haben das Haus Gottes zerstört, und haben auch alle geheiligten Dinge des Hauses Jehovas für die Baalim verwendet". Ist es deshalb zu verwundern, dass Gott ihre Vertilgung durch Jehu erlaubt hat?
Als Athalja den Tod ihres Sohnes Ahasja erfuhr (die Brüder des Königs hatte, wie wir gesehen haben, vor ihm dasselbe Los getroffen), brachte dieses ehrgeizige Weib, ohne Gewissen und ohne natürliche Liebe, alle Söhne des Königs, ihre eigenen Enkel, um, um sich das Königtum zu sichern. Das Gericht Gottes fuhr wie ein Sturmwind daher, um alles in Israel und Juda hinwegzufegen. Die Werkzeuge dieses Gerichts waren der fleischliche Eifer Jehus und die Gottlosigkeit des götzendienerischen Herzens Athaljas. Der eine wie der andere bringen die gleichen Ergebnisse hervor: Mord und Totschlag.

 Diese Werkzeuge (namentlich Athalja) meinen dadurch ihre eigenen Pläne auszuführen, sind aber schließlich nur das Schwert Jehovas, um die Heiligkeit Seines Charakters durch jene Vertilgung aufrechtzuhalten. Doch Gott wird das Schwert zerbrechen, wenn es sein Werk getan hat, und wird, indem Er es zerbricht, zeigen, dass Er ein gerechter Gott ist, der das Verbrechen nicht ungestraft lässt.
Das königliche Hau, Israels wird zerstört, ohne dass ein Einziger übrigbleibt, und Gott beginnt nochmals Seine Geduldsproben mit einem neuen Herrscherhause. Mit dem Hause Juda ist es nicht so. Der treue Gott hält Sein Wort, denn Er hatte gesagt, dass Er dem David "eine Leuchte geben wolle für seine Söhne alle Tage" (Kap. 8, 19). Er bewahrt sich in der Person des Joas ein schwaches Lichtlein auf, das Er nicht verlöschen lässt, und durch welches eine Zeit der Segnung und der Furcht Jehovas dem Reiche Juda verliehen wird. Die Langmut Gottes schob den Augenblick, dieses schuldige Volk zu verwerfen, noch hinaus. 
Joseba, die Tochter Jorams von Juda und die Schwester Ahasjas, die Frau des Hohenpriesters Jojada, stiehlt Joas, als die Söhne des Königs getötet werden, und verbirgt ihren Neffen sechs Jahre lang bei sich im Hause Jehovas, das heißt in dem Teile des Hauses, wo ihr Mann und die Priester wohnten.
Die Gegenwart des Samens Davids macht dar, offenbar, was in Juda noch nach dem Herzen Gottes war. Um den Gesalbten sammelt und vereinigt sich alles, was zu einer Wiederherstellung des Volkes beitragen kann. Trotz aller Unordnung bestand der Ort noch, wo Jehova Seinen Namen wohnen ließ, und der König war dort in Sicherheit unter Seiner Hut. Ferner konnte ein treuer Hoherpriester vor dem Angesicht Seines Gesalbten wandeln und alles nach Gottes Gedanken, in deren Geheimnis er eingeweiht war, ordnen in Ermangelung eines anerkannten Königtums.
Im siebten Jahre, dem wahren Jubel und Befreiungsjahr, zeigt Jojada den Sohn des Königs den Obersten des Heeres. Er Überträgt ihnen mit den genauesten Vorsichtsmaßregeln die Hut dieser geweihten Person, dieses kostbaren Edelsteins, ohne den das Haus Davids erloschen wäre. Diesem unverletzlichen Gegenstand durfte kein Unberufener nahen, ohne getötet zu werden. Eine Leibwache begleitete ihn bei seinem Eingehen und Ausgehen. Man fühlt, dass das Herz Jojadas brannte für den Sohn Davids, seine und des Reiches einzige Hoffnung; ihn verlieren hieß alles verlieren, und er wollte ihn sich um keinen Preis entreißen lassen.
Ist Jojada nicht ein Beispiel für uns? Sollen wir in diesen bösen Zeiten, die trotz des äußeren Scheins gefährlicher sind als diejenigen Athaljas, dulden, dass man unter uns die Person des Sohnes Gottes antastet? Lasst uns Ihn umringen, ein jeder mit seinen Waffen in der Hand. Unsere Waffen sind nicht fleischlich; sie sind das Schwert des Geistes, das Wort Gottes. Schließen wir uns um Ihn zusammen, wären wir auch nur we­nige und Gott wird mit uns sein, wie Er mit der treuen Schar war, welche Joas umringte; und die Anstrengungen des Feindes, um den Namen des heiligen Sohnes Gottes auszutilgen und Sein Zeugnis zu vernichten, werden vereitelt werden.
Um das Königtum zu verteidigen, nimmt Jojada seine Zuflucht zu den Waffen Davids. "Er gab den Obersten über hundert die Speere und die Schilde, welche dem König David gehört hatten, die im Hause Jehovas waren" (V. 10). Er kehrte so zum Ursprung der göttlichen Einsetzung des Königtums zurück. Diese Waffen waren gut und im Hause Gottes wohl erhalten. Ebenso haben auch wir das, "was von Anfang war", zu verteidigen mit dem Worte, „welches wir von Anfang gehört haben". Dieses Wort werden wir nicht in den menschlichen Rüstkammern suchen, sondern im Tempel Gottes. Dort ist es im Allerheiligsten verborgen, wo der Geist Gottes allein es uns offenbaren und es uns ergreifen lassen kann.
Sodann führte man Joas hinaus an den Eingang des Hauses, in den Vorhof. Der Sohn des Königs hatte das Salböl, welches ihn weihte, auf sich; er trug die Krone, das Zeichen seiner königlichen Würde, und er hatte "das Zeugnis", jenes Gesetz, von dem der König, wenn er auf dem Throne saß, sich eine Abschrift machen und woraus er lernen sollte, Jehova zu fürchten und Seine Satzungen zu beobachten (5. Mose 17, 18‑20). Was also fehlte, trotz der Armut ringsumher und trotz des Umsichgreifens des Abfalls, zu dieser Wiederherstellung? Der Tempel Gottes, Seine Wohnung in der Mitte der Seinen, war da; der Hohepriester, der Mittler zwischen Jehova und dem Volke, war da; der Sohn Davids war da, allerdings zunächst nur von einigen anerkannt, aber bald vom ganzen Volke jubelnd empfangen; die Salbung, der Heilige Geist, war da, und ein schwacher Überrest jauchzte dem Gesalbten Jehovas zu und umringte ihn, wie einst die Helden Davids den König umringt hatten.
Für Athalja war die den Gedanken Gottes entsprechende Wiederherstellung des Königtums eine Verschwörung. Sie rief: Verschwörung! wie Joram von Israel: Verrat! gerufen hatte. Weder der eine noch die andere können einen Augenblick ihre Rechte geltend machen. Joram fällt, getroffen von der Zuchtrute Gottes; Athalja kann diese Rechte nicht wiedererlangen, weil der Augenblick der Offenbarung des Erwählten Jehovas da ist. So wird es auch den Feinden Christi vor den Gerichten und vor der Erscheinung Seines Reiches ergehen. 

Aber welche Freude für das Herz Jojadas und seiner treuen Frau! Sie hatten eine Reihe von Jahren geduldig auf den Augenblick Jehovas zur Offenbarung Seines Gesalbten gewartet; sie hatten sich nicht entmutigen, noch durch Ungeduld dahin bringen lassen, sich menschlicher Mittel zu bedienen, um die Sache des Königs zu einem glücklichen Ausgang zu bringen. Diese langen Jahre hindurch hatten sie mit dem kostbaren Gegenstand ihrer Hoffnung im Verborgenen gelebt und ernteten nun endlich die herrlichen Ergebnisse ihres Glaubens. Unser Joas ist noch im Verborgenen des Heiligtums. Möchten wir Ihn da von Tag zu Tag und von Jahr zu Jahr immer besser kennenlernen! Möchte Er in unseren Augen größer werden! Bald wird Er erscheinen, und alle werden sich an diesem Anblick erfreuen; aber einige werden, wie Jojada und seine Frau, weil sie mit Ihm gelebt haben, als Er noch unsichtbar war, indem sie Seine Herrlichkeit erwarteten, die Strahlen Seiner Morgenröte getragen haben, als des Morgensterns, der in ihren Herzen aufgegangen war.


„Und Jojada machte einen Bund zwischen Jehova und dem König und dem Volke, dass sie das Volk Jehovas sein sollten" (V. 17). Ein Bund setzt zwei Parteien voraus: hier, unter dem Gesetz, verpflichten sie sich gegenseitig, Jehova auf der einen Seite, der König und das Volk auf der anderen. Es ist, als ob der König für das Volk und das Volk für den König haftete, indem sie Jehova gegenüber nur ein Ganzes bildeten. Indessen wird diese Verpflichtung durch den Bund zwischen dem König und dem Volke noch feierlicher gemacht. Beide verpflichten sich gegenseitig, denselben Weg zu wandeln. „Da ging alles Volk des Landes in das Haus des Baal und riss es nieder; seine Altäre und seine Bilder zerschlugen sie gänzlich; und Mattan, den Priester des Baal, töteten sie vor den Altären" Da war ein gemeinsamer Eifer für Gott. Die Listen und Kunstgriffe eines Jehu (Kap. 10, 18‑27) waren nicht nötig, um den Baal aus Juda auszurotten. Man sieht hier die mächtige Wirksamkeit des Geistes Gottes in einem Volke. Sie ist schließlich viel gesegneter, als die Handlung eines einzelnen Menschen, selbst wenn dieser tatsächlich den Willen Gottes vollführt. Jehu hatte seinen Plan ganz allein gefasst und vertraute dessen Ausführung den Läufern und Anführern an. 

Hier sehen wir, wie das ganze Volk seinen Namen als Volk Jehovas wieder in Anspruch nimmt und, innig mit dem ihm von Gott gegebenen König verbunden, den Baal, sein Haus und seinen Dienst ausrottet; und für ungefähr 180 Jahre, bis auf den gottlosen Manasse, verschwand dieser abscheuliche Götzendienst aus dem Hause Juda.
Jehu hatte das ganze Volk versammelt, um mit List zu ihm zu reden, da er ohne Zweifel kein Vertrauen zu seiner Ge­sinnung hatte. Hier handelt das Volk kraft des Bundes, und das ist es, womit man beginnen muss. Jehus Eifer hatte den Bund nicht wieder errichtet, obwohl er den Baal vernichtet hatte; darüber hinaus ging er auch nicht. Der alte Götzendienst, die Kälber Jerobeams, blieb für ihn bestehen, während er den neuen austilgte. So ist es immer, wenn das Fleisch an den Reformen teil hat. Es kann den Abfall von Gott, der es von Anfang an kennzeichnet, nicht wieder gutmachen, sonst wäre es nicht mehr das Fleisch. Der natürliche Mensch kann wohl (und es geschieht täglich vor unseren Augen) einen Götzen ausrotten, sei es die Trunksucht oder jedes andere Laster, aber es geschieht nur, um an dessen Stelle etwas anderes zu setzen und dies um so mehr hervortreten zu lassen, nämlich die Selbstvergötterung, seine eigene Gerechtigkeit und seine Gewissenlosigkeit in Bezug auf Gott, einen Gott, dem er, wie Jehu, mit Eifer zu dienen behauptet.
Athalja wurde auf dem Wege des Eingangs für die Rosse in das Haus des Königs geführt, um daselbst getötet zu werden. Joas betritt es auf einem anderen Wege, dem des Läufertores, um sich in Frieden auf den Thron Davids zu setzen. Der Weg zu diesem Throne soll nicht mit Blut befleckt werden. So war es nicht bei Jehu gegenüber Isebel. Das Blut Isebels spritzte an die Wand und an die Rosse, und Jehu zertrat sie und ging dann ins Haus, um zu essen und zu trinken (Kap. 9, 33. 34); auch zeigte dieses ganze Schauspiel, obwohl es von Gott angeordnet war, die Wut dessen, der es herbeigeführt hatte.
In Juda vollzieht sich alles in der feierlichen Ruhe und dem Bewusstsein der Gegenwart Gottes, die durch den Hohenpriester aufrecht gehalten werden. Die Seelen haben es mit Jehova zu tun. Für Ihn handeln sie, und Seine Ehre suchen sie. Ohne diese Triebfedern kann es niemals eine völlige Reinigung und Wiederherstellung geben. In Juda wirkt diese Gegenwart Gottes auf das Gewissen des Volkes und führt so, nachdem die Reinigung geschehen ist, ein gesegnetes Ergebnis herbei: „Alles Volk des Landes freute sich, und die Stadt hatte Ruhe". Freude und Friede sind das Teil der Seelen, die, um Gott wohlzugefallen und Ihm zu dienen, sich von dem, was Ihn verunehrt, abgesondert haben.


Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

KAPITEL 12 Joas, der König von Juda

Der Zustand, von welchem wir gesprochen haben, war nicht von Dauer. Die Regierung des Königs Joas ist ein trauriges' uns durch das Wort gegebenes Beispiel von einem glücklichen Anfang in der Kraft des Geistes Gottes und einem Ende, in welchem alles dahinschwand, was der Beginn hatte erhoffen lassen. Ausnahmsweise schildern die Bücher der Chronika die schliessliche Untreue des Joas im einzelnen, während die Bücher der Könige ‑ ohne Zweifel um den Gegensatz zwischen dem Dienst des wahren Gottes, der in Juda wiederhergestellt war, und der götzendienerischen Religion Israels zu zeigen ‑ nur von dem glücklichen und gesegneten Anfang dieser Regierung reden. Beginnen wir also hiermit, doch prüfen wir zunächst das, was in dem Charakter des Joas ihn dahin bringen konnte, am Ende so völlig die Grundsätze zu verleugnen, welche den Beginn seiner Laufbahn kennzeichneten.
Die ersten Worte unserer Erzählung klären uns darüber auf. "Joas tat was recht war in den Augen Jehovas, so lange der Priester Jojada ihn unterwies." Joas, von frühester Kindheit an im Gesetz Jehovas auferzogen, durch die sorgfältige Überwachung seitens Joiadas und Josebas vor jeder äußeren Versuchung behütet, von weichem, fügsamem Charakter, der sich mehr durch Unterwürfigkeit als durch Energie hervortat, den guten Einflüssen nachgebend, so lange diese die Oberhand hatten, aber in Gefahr stehend, aus Mangel an "Tugend" schlechten Einflüssen zu unterliegen ‑ Joas hatte sich von Kindheit an daran gewöhnt, Beziehungen zu Gott durch einen Mittler zu genießen, ohne das Bedürfnis nach einer unmittelbaren Gemeinschaft mit Jehova zu verspüren. Nicht dass es ihm an der Fähigkeit gefehlt hätte, eine Sache in Angriff zu nehmen; der gottesfürchtige Wandel, an den er gewöhnt war, befähigte ihn bei Gelegenheit sogar, den Hohenpriester zu tadeln (V. 7), aber die unmittelbare Leitung des Geistes Gottes mangelte ihm.
Die Kinder von Gläubigen bieten oft diese Erscheinung.

 Der Glaube ihrer Eltern leitet ihre ersten Schritte, und das ist ganz richtig und wird von Gott gutgeheißen. Sie zeigen später wirklichen Glauben, haben aber ihre ersten Gewohnheiten nicht abgelegt und blicken mehr auf den Menschen als auf Gott selbst. Ihr Gewissen ist nie tief geübt worden bezüglich des sündigen Zustandes des Menschen und seines natürlichen Entferntseins von Gott. Sie glauben, was sie immer geglaubt haben, und doch kann man nicht daran zweifeln, dass sie Leben haben. Ihr Betragen lässt nichts zu wünschen übrig, und sie zeigen wirkliches Interesse für die Dinge Gottes. Das Wort ist ihnen nicht unbekannt, und man sieht, wie ein Joas sogar den Hohenpriester an die Steuer erinnert, "welche Mose, der Knecht Jehovas, der Versammlung Israels für das Zelt des Zeugnisses auferlegt hatte" (2. Chron. 24, 6). Indes hat die Stunde ihres geistlichen Mündigwerdens noch nicht geschlagen, was doch schon längst der Fall hätte sein sollen. Wirkliche Erkenntnis und Gottesfurcht ersetzen nicht die unmittelbaren Beziehungen der Seele zu dem Herrn. Der Christ muss diese vor allem suchen. Tausende von gottesfürchtigen Seelen bleiben in dem Zustande der Kindheit, indem sie zuerst von ihren Eltern und später von ihren „geistlichen Führern" abhängig sind, anstatt von Gott und Seinem Worte anzuhangen. Verschwindet der Führer, so verschwindet ihre Gottesfurcht mit ihm; weicht er ab, so weicht ihre Seele ab, ihm nach. 

So liebenswürdig gewisse Züge dieser Frömmigkeit sind, möchten wir doch vor ihr bewahrt bleiben, besonders in den bösen Zeiten, durch die wir gehen! Lasst uns oft über das Wort nachsinnen, das der Apostel an die "Kindlein" richtet: "Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles" (1. Joh. 2, 20. 26. 27). Nicht als ob der Gehorsam gegen die Führer fehlen sollte. Die Christen sollen ihren Führern gehorchen und untertan sein, weil "sie über ihre Seelen wachen; auch befiehlt der Apostel ihnen an, ihrer Führer zu gedenken, "die ihnen das Wort Gottes verkündigt haben. Das bedeutet aber keineswegs, dass sie allen ohne Unterscheidung unterwürfig sein sollen, und noch viel weniger, dass sie nicht, um bewahrt zu bleiben, die direkte und unmittelbare Gemeinschaft des Herrn suchen müssen. Joas gehorchte seinen Führern ohne Unterschied, sei es Jojada oder den Obersten ‑ und das war sein Verderben.
Die Führer können sich ändern und irren, Christus allein verändert sich nicht. "Er ist derselbe, gestern und heute und in Ewigkeit." Er ist "der große Hirte der Schafe". Ihm müssen wir uns anschließen. Das ist eine der ernstesten Belehrungen, die der Charakter und die Laufbahn des Joas uns darbieten.
Schon beim Beginn seiner Regierung kündigte etwas scheinbar Nebensächliches den Verfall an: „Doch die Höhen wichen nicht; das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen". Seit der Regierung Salomos war das Vorhandensein der Höhen geduldet worden. Nicht dass es sich im Anfang, vor der Erbauung des Tempels, um offenbaren Götzendienst gehandelt hätte. Salomo opferte Gott auf der großen Höhe zu Gibeon (1. Kön. 3, 2‑4); aber schon erblickte das Volk, durch das Beispiel des Königs ermuntert, darin etwas anderes, und seine abergläubischen oder abgöttischen Gedanken stiegen mit dem Weihrauch empor, den man dort anzündete. Durch die Höhen ließ Rehabeam, der Sohn Salomos, einen schamlosen Götzendienst in sein Reich eindringen. Seitdem hatte keiner der gläubigen Könige von Juda den Mut gehabt, sie abzuschaffen. Asa „dessen Herz ungeteilt mit Jehova war", beseitigte sie nicht (l. Kön. 15, 14). Josaphat "wandelte auf allen Wegen seines Vaters Asa; er wich nicht davon, indem er tat was recht war in den Augen Jehovas", aber er ließ die Höhen bestehen (1. Kön. 22, 43 und 44). Die Höhen werden nicht erwähnt bei Abijam, dem Sohne Rehabeams, bei Joram von Juda und bei Ahasja, weil diese gottlosen Könige dem Wege der Könige von Israel folgten und viel schlimmere Abgötterei verübten als diese. Dieselbe Tatsache, die bei Joas erwähnt wird, findet sich in unserem Buche bei seinem Sohne Amazja wieder, obwohl dieser tat was recht war in den Augen Jehovas (Kap. 14, 3. 4); ferner bei Asarja (oder Ussija), dem Sohne Amazjas (Kap. 15,3.4); bei Jotham, dem Sohne Ussijas (Kap. 15,34.35); während Ahas, der Sohn Jothams, der auf dem Wege der Könige von Israel wandelte, die Höhen für seinen abscheulichen Götzendienst benutzte (Kap. 16, 3. 4). Erst zur Zeit Hiskias, bei der ersten wahren Wiederherstellung Judas, verschwanden die Höhen (Kap. 18, 4). Der gottlose Manasse, sein Sohn, baute sie wieder auf (Kap. 21, 3); Ammon, der Sohn Manasses, wandelte in dem Wege seines Vaters. Josia endlich, bei der zweiten Wiederherstellung, begnügte sich nicht damit, sie hinwegzutun, wie der gottesfürchtige Hiskia, sondern er zerstörte sie ganz und gar, verunreinigte sie und füllte ihre Stätte mit Menschengebeinen an (Kap. 23, 8. 13. 14).

 Diese Zerstörung war so vollständig, dass es keinem der nachfolgenden schlechten Könige möglich war, sie wieder aufzubauen. Tatsächlich hat also nur ein einziger König in Juda, Josia, und zwar gegen das Ende der Geschichte des Volkes hin, dieses Übel und diese beständige Gefahr für das Volk Gottes ausgerottet. Die Zeiten des Endes, diese Zeiten des Verfalls, die unseren Tagen entsprechen, geben uns solche Beispiele. Wenn, wie in den Tagen Josias, das gegenwärtige Zeugnis Gottes viel weniger Wichtigkeit und Ausbreitung in den Augen der Menschen hat, wenn sie es sogar als eine Sache betrachten, um die man sich nicht zu kümmern braucht, so ist es doch in Gottes Augen nicht so. Das Zeugnis eines Hiskia oder eines Josia ist in "seinem Gedenkbuch" aufgezeichnet, und obschon es dem Strom des Verfalls nur zeitweilig einen Damm entgegensetzen kann und die Ausführung des Gerichts nur hinausschiebt, lässt es doch den Charakter Gottes in dieser Welt hervortreten und dient als Mittel zum Heil und zur Auferbauung für viele Seelen.
Die erste Sorge des Joas war der Tempel Jehovas, die Stätte der Gegenwart Gottes in der Mitte Seines Volkes. Wo und wann es ein Erwachen der Gottesfurcht gibt, gewinnt dieser vernachlässigte Gegenstand einen neuen Wert. Die Kinder Gottes fühlen das Bedürfnis, sich da zu scharen, wo es dem Herrn gefallen hat, Seinen Namen wohnen zu lassen, und durch ihre Tätigkeit, ihre Hingebung und ihr ganzes Verhalten Seine Gegenwart in der Mitte der Seinen zu Ehren zu bringen.
„Und Joas sprach zu den Priestern: Alles Geld der geheiligten Dinge, welches in das Haus Jehovas gebracht wird: das Geld eines jeden Gemusterten, das Geld der Seelen, je nach der Schätzung eines jeden, und alles Geld, das jemandem ins Herkommt in das Haus Jehovas zu bringen, sollen die Priester an sich nehmen, ein jeder von seinen Bekannten; und sie selbst sollen das Baufällige des Hauses ausbessern, alles was daselbst Baufälliges gefunden wird" (V. 4. 5). 
Wie bereits gesagt, findet man hier bei Joas eine genaue Kenntnis des Gesetzes Jehovas, welches ihm bei seiner Krönung gegeben worden war. Große Summen mussten auf Befehl des Königs zur Wiederherstellung des Heiligtums verwandt werden. Zunächst „das Geld der geheiligten Dinge, welches in das Haus Jehovas gebracht wird". Es umfasste alle von Mose aufgeführten Fälle freiwilliger Gaben und „willigen Geistes" für die Errichtung des Heiligtums (2. Mose 35,5.20‑29; 4. Mose 7). Hierzu konnte auch das erbeutete Geld kommen (4. Mose 31, 25‑54). Das Geld der Sühnung und der Lösung bildete die zweite Art (2. Mose 30, 11‑16; 4. Mose 3, 44‑51). Schließlich das Geld der Seelen, je nach der Schätzung eines jeden", bestand in jeder freiwilligen Gabe, die durch kein Gesetz und keine Verordnung vorgeschrieben war. Das fand zu wiederholten Malen statt, wie uns einige der angeführten Stellen zeigen. 

Das Wichtigste war für Joas, wieder zurückzugehen auf "die Steuer Moses, des Knechtes Gottes, welcher er Israel in der Wüste auferlegt hatte" (2. Chron. 24, 9), und nicht vom Worte des Gesetzes abzuweichen, als es sich darum handelte, das Haus Gottes und alles, was mit ihm in Verbindung stand, wieder zu Ehren zu bringen. So ist es auch in unseren Tagen. Wie für Joas, handelt es sich auch für uns nicht um die Frage, den Bau des Hauses aufs neue zu beginnen, eine neue Kirche zu errichten, sondern nur darum, das Baufällige auszubessern, und dazu überlässt Gott uns nicht unserem eigenen Vorgehen, was den alten Übeln nur neue hinzufügen würde. Auch wir haben im Worte Gottes unsere Steuer Moses, die Anweisung darüber, was Gott von uns erwartet, und wenn unsere Herzen „willig" sind, so suchen sie nur eines: die Interessen Christi und des Hauses Gottes auf Erden.
Joas war in diesem Augenblick von Eifer beseelt, aber er fand ihn nicht in demselben Maße bei den Priestern, ja, nicht einmal bei dem gottesfürchtigen Jojada, der ihr Haupt war. Die Priester verwandten die Gaben, die sie von ihren Bekannten empfingen (V. 7 und 8), für sich; nicht als ob sie nicht das Recht gehabt hätten, von dem Altar zu leben, aber ihre Interessen überwogen in ihrem Herzen diejenigen Jehovas und Seines Hauses, und ihr Verhalten bewies dies. Sie lebten von den Gaben, und das Haus Gottes behielt seine baufälligen Stellen. Jojada selbst ließ sie gewähren, ohne gegen ihr Tun aufzutreten. Man sieht später (V. ‑15), dass Personen ohne amtlichen Charakter, von denen, welche die Arbeiten beaufsichtigen, bis zu den Zimmer und Mauerleuten, „getreulich handelten", mehr als die Priester selbst. Ermuntern wir uns nach dem Beispiel dieser Männer, dasselbe Herz für das Werk zu haben und alle gute Treue" zu beweisen in dem Dienst, der uns anvertraut ist, auf dass wir die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zieren in allem"!
Andererseits zeigten die, welche das Geld in Händen hatten, um es an die Arbeiter auszugeben, diesen gegenüber kein Misstrauen, denn sie erkannten die durch ihr Verhalten an den Tag gelegte Uneigennützigkeit an. So herrschte eine glückliche Gemeinschaft zwischen allen, und nichts hinderte das regelmäßige Fortschreiten der Arbeit. Ein solches Ergebnis zeigt sich immer, wenn die Interessen des Hauses Gottes, anstatt an die zweite Stelle verwiesen zu werden, als Hauptsache betrachtet werden.
Trotzdem wurden die Bedürfnisse der Priester keineswegs vergessen. Gewisse Beträge (das Geld von Schuldopfern und Sündopfern) wurden nicht in die Lade gelegt, die am Eingang des Hauses Jehovas aufgestellt war; sie blieben für die Priester bestimmt (V. 16). So war für alles mit Maß und Ordnung gesorgt.
Zwischen die Verse 16 und 17 schaltet sich die Mitteilung von 2. Chron. 24, 17‑22 ein, d. h. der Fall des Joas, der bis zur Ermordung des Propheten Sekarja, des Sohnes Jojadas, geht. Wir werden uns mit der Betrachtung dieses traurigen Endes einer so schönen Regierungszeit beschäftigen, wenn wir bei den Büchern der Chronika zu diesem Punkte kommen; doch der Fall genügt, die Früchte des Zeugnisses des Joas zu vernichten.
Hasael, der König von Syrien, die Zuchtrute Gottes, zieht gegen Jerusalem herauf, nachdem er Gath eingenommen hatte, das am Fuß des Gebirges Juda lag und den Schlüssel des Landes von der Seite der Philister her bildete. Joas sendet Hasael als Lösegeld alle geheiligten Dinge des Hauses Gottes. 

Was war aus seinem schönen Eifer für alles, was Jehova gehörte, geworden? Nach 2. Chron. 24, 23‑27 hindert das Hasael nicht einmal, sich mit einer kleinen Zahl von Männern in Jerusalem zu zeigen, zur Schmach und Schande des großen Heeres des Joas, welches ohne Kraft war, weil er Jehova, den Gott seiner Väter, verlassen hatte. Alle Obersten des Volkes, die den König zum Bösen angereizt und gegen Sekarja eine Verschwörung gemacht hatten, werden umgebracht, und so erfüllte sich das von dem sterbenden Propheten ausgesprochene Wort: Jehova möge es sehen und fordern!"  Joas selbst wird vom Feinde "in großen Schmerzen" verlassen und dann von seinen Knechten, einem Ammoniter und einem Moabiter, getötet, die so zu unbewussten Werkzeugen der göttlichen Gerechtigkeit wurden, die auch an dem König das Blut des Sohnes Jojadas rächten, nach dem Worte des Propheten.


KAPITEL 13, 1‑9 Joahas, der Sohn Jehus, der König von Israel

Jehova erfüllt die dem Jehu gemachte Verheißung: „Es sollen dir Söhne des vierten Gliedes auf dem Throne Israels sitzen" (Kap. 10, 30). Joahas folgt auf seinen Vater. Im 2. Buche der Chronika, welches uns die Geschichte der Familie Davids erzählt, wird Joahas gar nicht erwähnt, weil keine Beziehungen zwischen diesem König und Juda bestanden. Wenn diese Beziehungen nicht vorhanden sind, geht jenes Buch mit Stillschweigen darüber hinweg. Joahas wendet sich ebenso wenig wie sein Vater von den Sünden Jerobeams ab, und selbst die Aschera, das Bild der phönizischen Venus, deren unreiner Dienst von Ahab in Samaria eingeführt worden war (1. Kön. 16, 33), blieb in der Hauptstadt Israels stehen.

 Auch die Zuchtrute Gottes, in der Person Hasaels und seines Sohnes Ben-Hadad, fährt fort, auf die zehn Stämme herabzufahren.
Doch welch ein Erbarmen ist in dem Herzen Gottes! Es genügt, dass Joahas, ohne dass sein Herz irgendwie verändert ist, Jehova anfleht. Gott antwortet, bewegt von dem Elend und der Bedrückung Israels. "Und Joahas flehte Jehova an, und Jehova hörte auf ihn, denn er sah den Druck Israels, denn der König von Syrien drückte sie." Er beachtet die geringste Bewegung, die eine unglückliche Seele zu Ihm hin macht. Gott ist sehr leicht zu finden. Wer wird hinfort sagen können, dass er Ihn vergeblich gesucht habe, wenn der gottloseste Mensch, falls er sich einen Augenblick zu Ihm wendet, eine Antwort empfängt? „Und Jehova gab Israel einen Retter, und sie kamen aus der Hand der Syrer heraus; und die Kinder Israel wohnten in ihren Zelten wie zuvor." 
Dieser Retter erschien, wie wir sehen werden, in der Person Joas', des Sohnes und Nachfolgers des Joahas. Das Volk kann endlich einige Ruhe genießen. Hätte es die Wohltat Gott zugeschrieben, so wurde diese Segnung von Dauer gewesen sein, aber „sie wichen nicht von den Sünden des Hauses Jerobeams . . . sie wandelten darin". Das ist eine Beobachtung, die stets gemacht wird: die Welt genießt gern Gottes Wohltaten, ohne im geringsten daran zu denken, Ihm zu dienen.

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

KAPITEL 13, 10‑25 Joas, der König von Israel, und Elisa


Joas, Sohn des Joahas und Enkel Jehus, regierte sechzehn Jahre, die drei ersten Jahre zu gleicher Zeit mit Joas „von Juda, dessen Regierungszeit vierzig Jahre währte. Nicht nur wandte er sich von keiner der Sünden Jerobeams ab, sondern „er wandelte darin", wodurch das Wort uns darauf hinweist, dass er sie zu seiner Lebensregel machte. Diese Könige von Israel, welche einer nach dem anderen auf demselben Wege wandelten, hatten sehr starke und leicht zu erkennende Beweggründe für ihr Tun. Tatsächlich waren ihre Autorität und der Besitz des Königtums, menschlich gesprochen, an eine Religion geknüpft, die sie von der Religion Judas, mit dem Tempel und Jerusalem als Mittelpunkt, trennte.

 Zum Dienst Jehovas zurückkehren hieß ihre Herrschaft aufgeben, sich der Familie Davids unterwerfen und auf die eigenen Hoheitsrechte verzichten. Ihre Gedanken standen naturgemäß in gar keiner Verbindung mit den Gedanken Gottes. Das Urteil Jehovas hatte die zehn Stämme vom Hause Davids getrennt. Wenn sie dem Herrn treu geblieben wären, würde Er sie ohne Zweifel unterwiesen haben, wie sie Seinen Dienst mit der Tatsache, dass sie des Tempels beraubt waren, hätten verbinden können; doch viel eher konnte Er sie, indem Er sie praktischer Weise von Juda trennte, in religiöser Verbindung mit dem Tempel zu Jerusalem erhalten. Das tritt in dem Fall des Joas von Israel um so schlagender hervor, da Gott später den König von Juda und Jerusalem in seine Hände lieferte. Wenn er sich irgendwie um Jehova gekümmert hätte, so war ihm damit die Gelegenheit geboten, das religiöse Band mit dem Tempel Gottes, welches von Jerobeam zerrissen worden war, wieder anzuknüpfen. Noch später liefert uns Josia, dieser treue König von Juda, ein anderes Beispiel. Ohne Anspruch darauf zu machen, die königlichen Hoheitsrechte über Ephraim wiederzugewinnen, wird er durch seinen Eifer der Wiederhersteller des Dienstes Jehovas unter denen, die aus den zehn Stämmen der Wegführung nach Assyrien entgangen waren (Kap. 23, 15‑20).
Die Macht des Joas von Israel war groß und seine Regierungszeit bedeutungsvoll. Er vollbrachte vieles, aber er lebte ohne Gott, und was bleibt von ihm? Wie von so vielen anderen Beherrschern der Menschen nur das Wort: „Dieser war daselbst geboren" (Ps. 87, 4).
Jedoch gibt es im Leben des Joas einen Lichtpunkt (V. 14‑21), ähnlich wie in dem des Joahas. Joahas flehte in einer Zeit des Druckes und Elendes Jehova an und erhielt eine Antwort. Joas besuchte den sterbenden Elisa und weinte über dessen Angesicht. In diesem Augenblick waren die Umstände ebenso schwierig für ihn, wie einst für seinen Vater. Das Joch Hasaels und nach ihm seines Sohnes Ben-Hadad lastete schwer auf Israel. Der „Retter Israels" war in der Person des Joas noch nicht geoffenbart worden. Nur die Gnade Gottes konnte ihn zu diesem Werke weihen; aber inzwischen war der Prophet, der Verwalter dieser Gnade, im Begriff zu sterben. Mit ihm verschwand das letzte Rettungsmittel für das Volk.

Was sollte ohne ihn aus Israel werden? Der König seufzt, weint über dem Angesicht Elisas und ruft: "Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter!" Er gedenkt des Wortes des Propheten bei der Wegnahme des Elia und drückt so den Schmerz, ihn zu verlieren, aus. War er nicht würdig, wie Elia gen Himmel zu fahren, er, Elisa, der Prophet der Gnade, der im Sterben lag? Der König bezeugt mit diesen Worten zugleich, dass Elisa für ihn den Wert hat, welchen Elia einst für Elisa hatte. Wenn der einzige Segensvermittler zwischen Gott und Israel sterben sollte, dann war jede Segnung für das bedrückte Volk verloren. Joas' Herz blutet. Vielleicht war es nur ein oberflächliches Gefühl, jedenfalls währte es nicht lange, aber es zog doch auf diesen abtrünnigen Götzendiener das Mitgefühl des Herzens Gottes herab. Er hatte Israel einen Retter verheißen; Joas sollte dieser Retter sein. Wäre er nicht zu Elisa herabgekommen, so würde jede Rettung verhindert worden, jeder Sieg unmöglich gewesen sein.
Lasst uns im Vorbeigehen eine interessante Tatsache beachten: wir haben hier zwei Geschichten von Joas vor uns, von denen jede mit einer kurzen Zusammenfassung in denselben Worten schließt (V. 12. 13; Kap. 14, 15. 16). Die erste Geschichte schildert den allgemeinen Charakter des Königs, die zweite seinen Sieg über Syrien und Juda. Zwischen diesen beiden Abschnitten finden wir das Ende der Laufbahn des Elisa und das, was aus jenem schlechten König ein Werkzeug der Rettung für sein Volk machen konnte. Das war Gnade. Gott zeigt sie überall und auch so lange, wie Er sie zeigen kann. Die Gnade findet ihre Freude an einer Seele, in der ein Schimmer von Buße sich zeigt oder der einfache Seufzer eines bedrückten Herzens laut wird. Die Augenblicke des Propheten waren bereits gezählt, aber sie werden noch dazu benutzt, um durch seinen letzten Hauch ‑ wenn auch nur für einen Augenblick ‑ das schwache Lebensfünklein anzufachen, das im Herzen des Königs, dieses erloschenen Brandscheites, noch übriggeblieben war.
Beachten wir auch, dass das zu Elia geschehene Wort: „Wer dem Schwerte Jehus entrinnt, den wird Elisa töten", erst in den letzten Augenblicken des Lebens des Propheten, und zwar in prophetischer Weise, in Erfüllung geht. Er ist so wenig der Prophet des Gerichts, dass er es nur bildlich ausübt, und dieses Gericht selbst ist nichts anderes als das Heil Israels und die Befreiung vom Joche Syriens. So verliert Elisa, wie wir im ganzen Verlauf seiner Geschichte gesehen haben, nie seinen Gnadencharakter; doch um die Gnade seinem Volke zu vermitteln, muss er sterben, und das ist es, was wir in der Stelle, die uns beschäftigt, finden werden.
Wenn Joas ein Retter für Israel wird, so geschieht das keineswegs, weil er durch oder in sich selbst diesen Titel verdient hätte. Sein Herz ist unverändert, seine Gottlosigkeit bleibt, aber Gott will ihn gerne benutzen als Werkzeug einer Rettung, deren Ausgangspunkt der Tod des Mannes Gottes ist. "Elisa sprach zu ihm. Hole Bogen und Pfeile. Und er holte ihm Bogen und Pfeile. Und er sprach zu dem König von Israel: Lege deine Hand auf den Bogen. Da legte er seine Hand darauf; und Elisa tat seine Hände auf die Hände des Königs. Und er sprach: Öffne das Fenster gegen Morgen. Und er öffnete es" (V. 15‑17). Der König hat nur dem Worte Elisas zu folgen und muß nichts aus sich selbst tun; doch noch mehr, die Hände Elisas sind es, die die Hände des Königs lenken, die sich mit dem Gericht über Ben-Hadad eins machen, aber zu gleicher Zeit mit der Rettung, welche dieses Gericht für Israel bewirken soll. Die Hände Elisas sind die des Retters des Volkes; ohne sie würde es keine Befreiung geben. Der Prophet ist hier der Vertreter Jehovas. Es muss ans Licht treten, dass alles von Ihm kommt.
„Und Elisa sprach: Schieße! Und er schoss. 

Und er sprach „­Ein Pfeil der Rettung von Jehova und ein Pfeil der Rettung wider die Syrer! und so wirst du die Syrer zu Aphek schlagen bis zur Vernichtung." Der König schießt seinen Pfeil gegen Osten; nichts geschieht ohne das Wort Gottes. Joas kann nichts davon verstehen, der Prophet muß ihm erklären, um was es sich handelt. Es ist nötig, dass Joas weiß, dass er ein kraftloses und in sich selbst wertloses Werkzeug ist, wenn Gott sich herablässt, ihn zu gebrauchen.
"Ein Pfeil der Rettung!" Das ist der Plan im allgemeinen; dann folgen die Einzelheiten der Niederlage der Syrer. "Und er sprach: Nimm die Pfeile. Und er nahm sie. Und er sprach zu dem König von Israel: Schlage auf die Erde! Und er schlug dreimal und hielt inne." Die Vernichtung Syriens hängt ab von dem Grade des Glaubens, des Eifers, des Gottvertrauens, den Joas zeigen wird. Es wird sich erweisen, ob dieses Werkzeug aus sich selbst ein Mittel völliger Befreiung für Israel werden kann. Ach! wenn es sich darum handelt, gleichsam auf die Erde zu schießen, ohne dass Elisas Hände seine Hände bedecken, wenn, mit einem Wort der König seinen eigenen Hilfsquellen überlassen ist, schlägt er mit seinen Pfeilen drei­mal auf die Erde und hält inne. Angesichts so vieler Gnade und Herablassung von seiten Gottes zeigt sich der Mensch nicht nur unfähig, sondern ungläubig. Vorher, als er seinen Pfeil gegen Osten abschoss, kannte er die Bedeutung dieser Hand­lung nicht, war auch nicht verantwortlich, sie zu kennen. Gott erklärt sie ihm. jetzt, wo er sie begreifen kann, da er seine Pfeile gegen die Erde richtet hält er inne. Der Zorn des Mannes Gottes, ja, der Zorn Gottes entbrennt wider ihn. "Du hättest fünf oder sechsmal schlagen sollen, dann würdest du die Syrer bis zur Vernichtung geschlagen haben; nun aber wirst du die Syrer dreimal schlagen". Das sollte heißen: "Ich wollte dieses Volk gänzlich befreien; das hing von dir ab, und du hast es nicht gewollt! Du wirst den Feind nur dreimal schlagen."
Wie das Ende Elias, so redet auch das Ende Elisas von Christo. Bei einem sterbenden Christus finden wir Gnade und Rettung. Ein Seufzer zu Ihm hin genügt, um von dem Feinde, der uns bedrückt befreit zu werden. Dieses Heil wird dem Elendesten, dem Unwürdigsten, angeboten, und er kann so ein Werkzeug der Errettung für andere werden. Welche Ehre, welches Vorrecht! Doch die natürliche Ungläubigkeit des Herzens hebt die Tätigkeit des Geistes auf und macht die ganz gute Absicht Gottes gegen den Menschen zunichte. So weit wir uns bei jeder Bewegung, die wir zu machen haben, durch das Wort leiten lassen (diese Geschichte ist die augenschein­lichste Bestätigung dafür), ist uns der Erfolg sicher; sobald das Geringste unserer Verantwortlichkeit überlassen wird, halten wir auf dem Wege inne und arbeiten so den Absichten des Herrn entgegen.
Die folgende Szene ist ebenso eindrucksvoll wie die, welche wir eben betrachtet haben. Die Geschichte Elisas schließt nicht mit dem Zorn des Propheten, sondern endet für ihn selbst im Tode und in Auferstehung für andere. Während seines Lebens hatte Elisa, wie sein Meister Elia, einem Toten das Leben wiedergegeben, und diese Tatsache, die an sich allein die Gegenwart Gottes in einem Menschen in der Mitte Israels bewies, diese Tatsache, die später den Sohn Gottes am Grabe des Lazarus kennzeichnete, war selbst zu den Ohren des Königs gedrungen. Doch ein anderes Schauspiel, in anderer Weise wunderbar wie die Auferweckung des Sohnes der Sunamitin, zeigt sich uns jetzt.

 In seinem Tode wird Elisa das Mittel zum Leben für einen Toten. Einem Anderen, und Ihm allein, war es vorbehalten, durch die Kraft des Lebens, die in Ihm war, aus dem Grabe hervorzugehen und durch Seine eigene Auferstehung in Kraft erwiesen zu werden als Sohn Gottes, als Sohn des lebendigen Gottes. Hier findet ein Toter in dem Tode des Propheten, indem er die Gebeine Elisas berührt, das Leben. Die Sache wurde noch wirklicher, selbst in materieller Hinsicht, bei dem Tode unseres geliebten Heilandes. Denn als Er den Geist übergeben hatte, wurden die Leiber der entschlafenen Heiligen auferweckt, um hernach in die heilige Stadt zu gehen. Vom moralischen und geistlichen Gesichtspunkt aus haben wir, indem wir durch den Glauben mit einem gestorbenen Christus in Berührung kommen, das ewige Leben und die Auferstehung am letzten Tage (Joh. 6, 54). In Seinem Tode ist die Macht des Todes für uns besiegt, und die Kraft dessen, der diese Macht hatte, gebrochen. Der, welcher nicht den Willen haben konnte nicht zu sterben, starb, um das Leben zu geben.
Lasst uns indes den prophetischen Charakter dieser Szene nicht unbeachtet lassen. Das Ende des letzten großen Propheten Israels, des Herolds der Gnade, steht nicht in Verbindung mit Wagen und Reitern, die ihn in den Himmel bringen; er endet im Grabe. Elisa starb, und man begrub ihn.
Nach seinem Tode zeigte sich die Bedrückung des Feindes in den Einfällen Moabs in das Gebiet Israels. Das arme Volk hatte nicht einmal so viel Muße, seine Toten begraben zu können, aber das Grab Elisas befand sich an der für den Leichnam eines Mannes in Aussicht genommenen Stelle, und in dem Augenblick, wo der Leichnam, ein Bild des zu den Toten gelegten Israel, in wirkliche Berührung mit dem gestorbenen Propheten kam, in dem Augenblick, da er „die Gebeine Elisas berührte, wurde er lebendig und erhob sich auf seine Füße". Ebenso wird es mit Israel in den letzten Tagen sein; es wird sein nationales Leben wiedererlangen und aus den Toten hervorgehen in dem Augenblick, da es mit Dem in Verbindung kommen und an Den glauben wird, Den es durchbohrt hat. Das wird als ein letztes Wunder der Gnade für dieses Volk bewirkt werden, wenn es sich erwiesen haben wird, dass sein Zustand heillos und völlig verzweifelt ist. ‑ Damit schließt die Geschichte Elisas.
In den Versen 22‑25 geht das an Joas gerichtete Wort des Propheten in Erfüllung. Hasael hatte Joahas die Städte Israels genommen; Joas eroberte sie von Ben-Hadad, dem Sohne Hasaels, zurück, und "Joas schlägt ihn dreimal".


KAPITEL 14, 1‑22 Joas, König von Israel, Amazja, König von Juda

Amazja, der Sohn Joas' von Juda, kam im zweiten Jahre Joas', des Königs von Israel, zur Regierung. Fünfzehn Jahre regierte er gleichzeitig mit diesem, neunundzwanzig Jahre im ganzen, zu Jerusalem. Beachten wir bei dieser Gelegenheit den Einfluss der Mütter auf das Verhalten ihrer Kinder. Wenn diese Mütter aus Juda und Jerusalem stammten, sieht man ihre Söhne selten sich dem Dienst der falschen Götter hingeben. Nur die vier letzten Könige von Juda, die dem völligen Verfall angehören, entgingen dem Einfluss ihrer Mütter, die aus demselben Stamm entsprossen und sozusagen selbst in den Abfall verwickelt waren. Es wird von diesen Königen gesagt, dass sie "taten was böse war in den Augen Jehovas, nach allem was ihre Väter (oder auch sein Vater) getan hatten". Doch wir werden später auf diesen Ausspruch zurückkommen.
So war die Mutter Joas' von Juda Zibja von Beerseba; die Mutter Amazjas, des Sohnes Joas', Joaddan von Jerusalem. Wir werden noch anderen Beispielen hierfür begegnen. Dagegen war der Einfluss der götzendienerischen Mütter oder Weiber verderblich für die Könige. Joram von Juda hatte z. B. Athalja, die Tochter Ahabs, zum Weibe (Kap. 8, 18); Ahasja war ein Sohn Athaljas (Kap. 8, 26).
Diese Bemerkung ist geeignet, die christlichen Mütter ihre Verantwortlichkeit verstehen zu lassen, und sollte sie dahin bringen, ihre Söhne in der Furcht des Herrn zu erziehen; sie zeigt andererseits, dass die Verbindung eines christlichen Familienhauptes mit einer Frau aus der Welt für die aus dieser Vereinigung hervorgehenden Kinder in sittlicher Hinsicht ein Unglück ist.
„Amazja tat was recht war in den Augen Jehovas, nur nicht wie sein Vater David; er tat nach allem, was sein Vater Joas getan hatte." Um sein Verhalten zu regeln, hätte Amazja auf den Ursprung des Königtums und auf das Verhalten Davids, des Königs nach dem Herzen Gottes, zurückgehen müssen. 

Sicher hatte David in seinem Leben schwer gefehlt und musste wegen dieser Tat eine ernste Zucht erfahren; aber das Herz Davids war immer rechtschaffen, wenn es sich um den Dienst Jehovas und um den Thron Gottes inmitten Seines Volkes handelte. Amazja wandelte in den Fußstapfen seines Vaters Joas, dessen Leben, wie wir gesehen haben, in zwei bestimmte Abschnitte geteilt war, deren erster von wahrer Gottesfurcht zeugte, während der andere einen um so deutlicher hervortretenden Niedergang offenbarte, je herrlicher der Beginn der Laufbahn des Königs gewesen war.
Schon das erste Auftreten Amazjas offenbarte nicht ein dem Dienst Jehovas rückhaltlos geweihtes Herz. In einem Gussstück genügt ein Strohhalm, um seinen Bruch herbeizuführen' wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Dieser Strohhalm war das Festhalten an den „Höhen". Wir haben schon davon gesprochen und kommen wieder darauf zurück, um zu zeigen' dass (außer den beiden bereits erwähnten Ausnahmen) das Wort: "doch die Höhen wichen nicht", die Geschichte der treuen Könige von Juda wie ein Kehrreim begleitet, während ein anderer Kehrreim: „er wandelte in den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, durch welche er Israel sündigen gemacht hatte", die Könige von Israel kennzeichnet. Diese regelten ihr religiöses Verhalten nach dem des Hauptes ihres Königshauses, der ein Götzendiener gewesen war. Die Könige von Juda gaben sich, anstatt sich nach ihrem Vater David zu richten, im allgemeinen damit zufrieden, ihren Ausgangspunkt in der Regierung Salomos zu finden, der die Höhen nicht abgeschafft hatte. Doch es ist immer sehr gefährlich, sich einer Einrichtung anzupassen, die, wenn sie sich auch eines hohen Alters rühmen kann, nicht auf die ursprünglichen Gedanken Gottes, auf deren Quelle, zurückgeht. Die vorliegende Geschichte ist auch die der verantwortlichen Kirche. Anstatt ihr Zeugnis mit dem, "was von Anfang war", zu verbinden, hat sie ihren Ausgangspunkt bei den Gebräuchen, Überlieferungen und Grundsätzen genommen, welche sie kennzeichneten, als sie schon im Niedergang begriffen war. 

Joas duldete es, dass das Volk auf den Höhen räucherte; er selbst nahm ohne Zweifel an diesen götzendienerischen Gebräuchen nicht teil, aber er war deshalb nicht weniger schuldig. Das Böse bei dem ihm von Gott anvertrauten Volke dulden war ebenso schlecht, wie es selbst ausüben.
In einem zweiten Punkt ist Amazja zu loben: „Als das Königtum in seiner Hand erstarkt war, da erschlug er seine Knechte, die den König, seinen Vater, erschlagen hatten". Soweit seine Verantwortlichkeit reichte, ließ er das Böse nicht ungestraft. Wenigstens in dieser Beziehung verstand er, wie Salomo bei seinem Regierungsantritt, dass das Böse und das Verbrechen dulden sich mit ihm eins machen heißt. Diese Frage des Einsmachens wird heute sehr wenig verstanden. Die meisten Christen denken, sie seien nicht schuldig, wenn sie das Böse in dem Kreise, zu welchem sie gehören, dulden, und ihrer Verantwortlichkeit sei genügt, wenn sie sich persönlich davon fernhalten. Ein schwerer Irrtum, der früher oder später seine traurigen Früchte zeitigen wird! „Dem Haue Gottes geziemt Heiligkeit", nicht nur dem Christen persönlich. Der Verfall und der schließliche Abfall der Christenheit beruhen zum großen Teil auf der Missachtung dieser Wahrheit. Hierin wenigstens war Amazja treu und gab dadurch seinem Mangel an Wachsamkeit bezüglich der Höhen ein kleines Gegengewicht.
„Aber die Söhne der Totschläger tötete er nicht, wie geschrieben steht im Buche des Gesetzes Moses, wo Jehova geboten und gesagt hat: Nicht sollen Väter getötet werden um der Söhne willen, und Kinder sollen nicht getötet werden um der Väter willen, sondern sie sollen ein jeder für seine Sünde getötet werden." Auch da zeigt Amazja eine verständnisvolle Achtung vor dem Worte Gottes. Dieser Befehl Jehovas war in 5. Mose 24, 16 gegeben worden, und Amazja richtete sich nach ihm mit dem gehorsamen Herzen, welches von allen denen gefordert wird, die das Wort hören oder lesen.
Zwischen dem 6. und 7. Verse haben wir eine beabsichtigte Lücke, die durch 2. Chron. 25, 5‑16 ausgefüllt wird. Wir werden hier unserer Gewohnheit gemäß nur im Vorbeigehen das berühren, was jenes Buch uns berichtet, denn das Wort lässt durch diese Auslassung die Sünde der Könige von Israel erst recht hervortreten, indem es diesen das Gerechte und Gottesfürchtige, welches bei den Königen von Juda noch vorhanden war, gegenüberstellt. Doch lässt uns die Erzählung in der Chronika die in den Versen 7‑14 unseres Kapitels mitgeteilten Ereignisse verstehen. Amazja, der für einen Augenblick entschlossen war, die israelitischen Truppen zu benutzen, welche er zum Kampf gegen Edom in seinen Sold genommen hatte, und dem durch einen Propheten angekündigt wurde, dass "Gott nicht mit Israel sei", verzichtet auf sein Vorhaben, welches schon halb zur Ausführung gekommen war, und sendet die Schar in ihre Heimat zurück. Er unternimmt den Kriegszug gegen Edom mit seinem Heere allein, indem er sich auf Jehova stützt, und erringt einen glänzenden Sieg. Die verabschiedeten ,Truppen Israels fallen in die Städte Judas ein, schlagen dreitausend Mann und führen eine große Beute fort.

 Doch wie der Prophet zu Amazja gesagt hatte, Jehova hatte viel mehr ihm zu geben als den Sold, den er den Männern von Ephraim bezahlt hatte; und wenn er einigermaßen die Folge seiner Untreue tragen musste (er hatte sie ja angeworben, ohne Jehova zu befragen), so konnte er andererseits auf den Segen rechnen, der stets die Folge des Gehorsams ist. Dieses Missgeschick, das seinen Sieg Über Edom trübt, treibt den König nicht zu Jehova hin. Selbst sein Sieg wird für ihn eine Gelegenheit zum Fall. Er bringt die Götter der Edomiter mit nach Juda und beugt sich vor ihnen nieder, ohne auf die Warnungen eines neuen Propheten zu achten.
In seinem Stolz als siegreicher König verletzt, durch die Demütigung, die ihm die Truppen von Ephraim bereitet haben, schwer gekränkt, sendet Amazja eine Herausforderung an Joas, den Sohn des Joahas, den König von Israel. Er stößt auf einen Hochmut, der noch größer ist als der seine. Joas antwortet ihm mit einem leichtverständlichen Gleichnis: Joram von Juda, der Dornstrauch auf dem Libanon, der Gemahl Athaljas, der Tochter Ahabs, hatte zu Joram von Israel, der Zeder auf dem Libanon, gesandt, um ihn um eine Frau aus dem Hause Ahabs für seinen Sohn Ahasja zu 'bitten. Jehu, das Getier des Feldes, das auf dem Libanon war, hatte Ahasja, den König von Juda, zertreten. Und jetzt wollte sein Nachfolger, anstatt sich zu demütigen, sich seines Sieges über Edom rühmen! Man merkt hier die Gereiztheit des Joas darüber, dass er sehen musste, dass seine Streitkräfte verachtet worden waren, während Juda allein genügt hatte, um Edom zu überwinden.
Amazja achtet nicht auf diese Warnung; und „das war von Gott", heißt es in der Chronika (2. Chron. 25, 20), "damit Er sie preisgäbe, weil sie die Götter von Edom gesucht hatten". Juda wird geschlagen, Amazja gefangen genommen, in die Mauer Jerusalems ein Bruch gemacht, alle Schätze des Königs und des Tempels werden mit Geiseln als Beute weggeführt. Amazja begegnet seinem Gott, dem er zu dienen und den er zu ehren gelobt hatte, als einem verzehrenden Feuer von dem Augenblick an, da er Ihn verläßt, um anderen Göttern zu dienen.
Die gleiche Untreue ist die Ursache des beklagenswerten Todes Amazjas. Unser Kapitel erzählt einfach: „Und sie machten in Jerusalem eine Verschwörung wider ihn, und er floh nach Lachis; und sie sandten ihm nach bis Lachis und töteten ihn daselbst. Und sie luden ihn auf Rosse, und er wurde begraben bei seinen Vätern in der Stadt Davids." Doch die Chronika nennt uns den ernsten Grund dieses Trauerspiels: „Von der Zeit an, da Amazja von der Nachfolge Jehovas abgewichen war", wurde diese Verschwörung gegen ihn gemacht.
Inzwischen war Joas von Israel, der Sohn des Joahas, gestorben, so dass Amazja seinen Besieger noch fünfzehn Jahre überlebte. Sein Sohn Asarja wurde sein Nachfolger. Er brachte Elath an Juda zurück und baute es auf. 

Diese Stadt, die früher mit dem ganzen Gebiet Edoms, zu dem sie gehörte, der Botmäßigkeit Davids unterworfen gewesen war (2. Sam. 8, 14), hatte einen Teil des Besitzes Salomos gebildet; sie war ein wichtiger Ausgangspunkt für seine Seestreitkräfte gewesen, denn sie lag nicht weit von Ezjon Geber am Ufer des Roten Meeres*) (l. Kön. 9, 26; 2. Chron. 8, 17). Nach Asarja blieb sie nicht lange in den Händen Judas. Achtundsechzig Jahre später erhielt Rezin, der König von Syrien, sie wieder (Kap. 16, 6).


Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

KAPITEL 14, 23‑29 Jerobeam II., König von Israel

Jerobeam, König von Israel, der dritte Nachfolger Jehus, folgt auf seinen Vater Joas. "Er tat was böse war in den Augen Jehovas; er wich nicht von allen Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, wodurch er Israel sündigen gemacht hatte." Und doch hatte seine Regierung eine Dauer von 41 Jahren! Man sollte meinen (und wir haben mehrere Beispiele davon in dieser Geschichte gesehen), dass Gott die Könige, deren Verhalten Ihn verunehrte, immer schnell beseitigt hätte. So ist es z. B. bei Sekarja, dem Sohne gerade dieses Jerobeam (Kap. 15, 8), aber hier ist es anders. Gott hat verschiedenartige Wege, die Er mit Seiner Langmut und Barmherzigkeit in Einklang zu bringen weiß. Sein Erbarmen mit dem Zustand des bedrückten Israel leitet Seine Wege bezüglich der Regierung Jerobeams. "Denn Jehova sah, dass das Elend Israels sehr bitter war, und dass dahin war der Gebundene und dahin der Freie, und dass kein Helfer da war für Israel. Und Jehova hatte nicht gesagt, dass Er den Namen Israels austilgen würde unter dem Himmel hinweg; und so r e t t e t e Er sie durch die Hand Jerobeams, des Sohnes Joas (V. 26. 27). Gott erweckte dem Volke in der Person dieses Königs, der sich Sein Missfallen zugezogen hatte, einen Retter, wie Er es früher in seinem Vater Joas getan hatte (Kap. 13,5). "Er stellte die Grenze Israels wieder her, vom Eingange Hamaths bis an das Meer der Ebene."
Früher gehörte das Gebiet Hamaths, der Hauptstadt des oberen Syrien, Salomo (2. Chron. 8, 3). Der Sieg Jerobeams stellt für Israel den "Eingang Hamaths", einen sehr wichtigen strategischen Punkt, wieder her.

 Die Stadt Hamath selbst scheint nicht in diese Eroberung eingeschlossen gewesen zu sein, aber die Grenze Israels wird wiederhergestellt vom Eingange Hamaths bis an das Salzmeer, d. i. das Tote Meer (Vergl. Jos. 3, 16). Diese Besitzergreifung vergrößerte das Gebiet Israels auf Kosten desjenigen Judas, denn ein Teil von Damaskus und von Hamath hatte einst Juda gehört (V. 28).
Der Prophet Jonas, der Sohn Amittais, hatte dieses Ereignis zuvor angekündigt. Jonas ist der erste Prophet, über den wir ein prophetisches Schriftwort besitzen. Die vorliegende Stelle lässt uns ihn als einen Propheten von Israel erkennen. Seine Weissagung ist uns nicht aufbewahrt worden; sie sprach von einem besonderen Ereignis, welches keine dauernde Tragweite hatte. Sie wird in der Schrift erwähnt, aber ist nicht eine „Weissagung der Schrift" in dem Sinne von 2. Petr. 1, 20, die nie ihre Auslegung durch die nächsten Ereignisse, auf welche sie anspielt, findet. Jonas wird uns an dieser Stelle vorgestellt als ein Prophet der Gnade und einer augenblicklichen Rettung für Israel.
Einige Worte werden genügen, um das Buch, welches von ihm redet, zu kennzeichnen. Jonas, der das Volk darstellt, welches sich seiner Gerechtigkeit nach dem Gesetz rühmt, empört sich gegen Jehova, der ihn zu den Heiden senden will * Er wird für den Augenblick von den Nationen ins Meer geworfen, deren Schiff in Frieden auf dem beruhigten Meere weiterfahren kann. Nach Verlauf von drei Tagen steht der Prophet, der jetzt den Messias als den Platz des untreuen Israels einnehmend darstellt, wieder auf, und das neue Israel kündigt den Heiden das Gericht an und die Gnade, die auf die Buße folgt. Es ist nun über die barmherzigen Absichten Jehovas aufgeklärt.
Abgesehen von ihrer prophetischen Bedeutung, bei der wir uns hier nicht aufhalten können, ist die Predigt Jonas an Ninive von geschichtlicher Bedeutung für den Lauf der Ereignisse, die sich in diesem Teile des Buches der Könige abwickeln. Sie zeigt uns die wichtige Rolle des assyrischen Reiches zu jener Zeit, eines Reiches, welches im Begriff stand, mit dem Reiche Israel zusammenzustoßen, um Gottes Gerichte an ihm auszuführen.
Der Prophet Amos, der zur gleichen Zeit weissagte, kündigt dem Hause Israel an, dass die Eroberung Jerobeams nicht von Dauer sein werde. Der Assyrer sollte sie wieder rückgängig machen: "Denn siehe, ich werde wider euch, Haus Israel, eine Nation erwecken, spricht Jehova, der Gott der Heerscharen; und sie werden euch bedrücken von dem Eingange Hamaths an bis zum Bache der Ebene" (Amos 6, 14). Weniger als hundert Jahre später ging diese Weissagung unter Hiskia in Erfüllung (2. Kön. 18, 34; 19, 13).

 Jerobeam hatte "den Tag des Unglücks hinausgeschoben", indem er das Gebiet Israels zurückerobert hatte bis nach "Hamath, der großen Stadt" (Amos 6, 1‑3), und bis zum Meere der Ebene, und siehe, sagt Amos, der Tag des Unglücks selbst steht nahe bevor. Beim Hereinbrechen des Untergangs ruhte der Fürst aus, indem er nur an sein Wohlbehagen dachte (V. 4), und Hamath selbst und Gath und Kalne und Babylon standen im Begriff, in die Hände des Assyrers zu fallen! Dem Hause Jerobeams drohte Verderben unter dem Gericht Jehovas, der "nicht mehr schonend an Seinem Volke vorübergehen wollte" und das Gericht über ihn kommen ließ, von oben bis unten, bis in seine Grundfesten (Amos 7, 7‑9).
Es ist beachtenswert, dass Hosea, welcher unter Ussija, Jotham, Ahas und Hiskia, den Königen von Juda, weissagte, nur Jerobeam, den König von Israel, erwähnt und alle seine Nachfolger, unter denen er gleicherweise geweissagt hat, mit Stillschweigen übergeht (Hosea 1, ‑1). Ihre Geschichte scheint für ihn bei Jerobeam aufzuhören, obwohl Sekarja, der Sohn Jerobeams, das dem Hause Jehu von Jehova bewilligte vierte Geschlecht darstellte (2. Kön. 10, 30). Doch Sekarja, der letzte Ring in dieser Kette, ist tatsächlich schon verworfen.Er regiert nur sechs Monate, und Gott wendet sich von ihm und seinen Nachfolgern ab nach Seinem Worte: "Ich werde nicht mehr schonend an ihm vorübergehen" (Amos 7, 8; 8, 2); und gemäß dem, was Hosea sagt: "Sie haben Könige gemacht, aber nicht von mir aus" (Hos. 8, 4).
Amos teilt uns einige Einzelheiten über das Ende Jerobeams Il. mit (Kap. 7, 710‑17). Amazja, der Priester des Kalbes von Bethel, benachrichtigt den König, dass Amos gegen Israel weissage, und fügt lügnerisch hinzu, dass er den gewaltsamen Tod des Königs angekündigt habe. Durch diese Verleumdung sucht Amazja sich des Propheten zu entledigen und ihn nach Juda zurückzuschicken, denn er macht ihm zu Bethel, dem Heiligtum des Königs und einem königlichen Wohnsitz", seinen Platz streitig (Bethel, "das Haus Gottes", war völlig in Vergessenheit geraten).

 Der wahre Zeuge Gottes steht dem an seinem angemaßten Priestertum und an seiner amtlichen Stellung hängenden Amazja im Wege. Amos antwortet ihm: „Ich war kein Prophet und war kein Prophetensohn, sondern ich war ein Viehhirt und las Maulbeerfeigen. Und Jehova nahm mich hinter dem Kleinvieh weg, und Jehova sprach zu mir: Gehe hin, weissage meinem Volke Israel" (Kap. 7, 14. 15). Amos war nicht von einer Prophetenschule abhängig, sondern unmittelbar von Gott; er gehörte auch nicht dem priesterlichen Geschlecht an. In ähnlicher Weise redet auch Christus später in Sacharja 13, 5. Der Heilige Geist hatte Amos aus den Hirten von Tekoa erwählt (Kap. 1, 1), von den Schafen weg, wie Er einst David, Seinen Gesalbten, erwählt hatte. Jehova hatte zu ihm gesagt: "Gehe hin", und er war gegangen. Wir haben in Amos etwas wie das Beispiel eines Dienstes, der sich unmittelbar an denjenigen Christi anschließt, und eine Art Vorgeschmack von dem, was später der ganze christliche Dienst sein würde, oder vielmehr sein sollte. Nunmehr wendet sich der Prophet unmittelbar gegen den falschen Dienst und dessen falsche Anmaßungen. "Darum spricht Jehova also: Dein Weib wird zur Hure werden in der Stadt, und deine Söhne und deine Töchter werden durchs Schwert fallen, und dein Land wird verteilt werden mit der Messschnur, und du selbst wirst in einem unreinen Lande sterben; und Israel wird gewisslich aus seinem Lande weggeführt werden" (V. 17).
Ein schreckliches Gericht sollte hereinbrechen über diese Menschen in Amt und Würden, die im Dienste der Welt und ihrer falschen Götter standen, denen sie den Beinamen Jehova gaben; was Israel betraf, so sollte es gewißlich weggeführt werden. Es gab hinfort bezüglich Israels im Herzen Gottes kein Bereuen mehr. Die Zeit war gekommen; es war zu spät, wie es in Offbg. 22, 11 heißt: "Wer unrecht tut, tue noch unrecht, und wer unrein ist, verunreinige sich noch!" Juda sollte noch eine Zeitlang verschont bleiben, und Gott wollte dort noch Erweckungen hervorrufen, bis die durch Jeremia angekündigte Stunde auch für Juda gekommen wäre.


KAPITEL 15, 1‑7 Asarja oder Ussija, König von Juda

2. Chron. 26 erzählt uns ausführlich die Geschichte Asarjas oder Ussijas, der seinem Vater Amazja auf dem Thron folgte. Seine Mutter stammte aus Jerusalem. Seine Regierungszeit war lang und begann, als er noch sehr jung war. "Er tat was recht war in den Augen Jehovas, nach allem, was sein Vater Amazja getan hatte. "Doch", fügt der Bericht hinzu, „die Höhen wichen nicht; das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen." Immer wieder das gewöhnliche Schlusswort bei Juda, wie bei den Kälbern Jerobeams. Der Prophet Micha spielt auf diese beiden Charakterzüge an, um das Gericht Gottes über Sein Volk zu erklären. "Das alles" , sagt er, "wegen der Übertretung Jakobs und wegen der Sünden des Hauses Israel. Von wem geht die Übertretung Jakobs aus? ist es nicht Samaria? Und von wem die Höhen Judas? ist es nicht Jerusalem?" (Micha 1, 5).
Unser Bericht über die Regierung Ussijas weist eine gleiche Lücke auf, wie wir sie bei Amazja festgestellt haben. Wie der Götzendienst Amazias, so wird die Sünde Ussijas, die in 2. Chron. 26 mitgeteilt wird, hier mit Stillschweigen übergangen. Wie wir weiter oben gesagt haben, ist die Ursache augenscheinlich. Es handelt sich darum, die Gottesfurcht der Könige von Juda ans Licht zu stellen, ohne sie durch die Er­zählung ihrer Fehler und Abweichungen abzuschwächen, im Gegensatz zu der Gottlosigkeit und dem Götzendienst der Könige von Israel, welche zu Jehova um Rache schrien. Hier hören wir nur: Jehova schlug den König, und er wurde aussätzig bis zum Tage seines Todes; und er wohnte in einem Krankenhause, ohne dass die Ursache dieses Gerichts erwähnt würde.
Tatsächlich hatte Ussija, der anfänglich um seiner Treue willen gesegnet war, dann aber wegen der außerordentlichen Erfolge seiner Laufbahn hochmütig wurde, geglaubt, sich den Platz des Hohenpriesters anmaßen zu können, indem er selbst den Weihrauch auf dem goldenen Altar darbringen wollte. Diese vermessene Handlung könnte an die Empörung des Leviten Korah erinnern, der Aarons Stelle einzunehmen begehrte, indes hatte das Böse bei Ussija einen anderen Charakter. Der Gedanke an seine Würde, an seine hohe Wichtigkeit als König, brachte ihn dahin, für sich, den Vertreter der bürgerlichen Macht, die religiöse Autorität in Anspruch zu nehmen, eine Sünde, welche auch eines der zahlreichen Elemente der jetzigen Christenheit bildet. Jehova straft Ussija mit dem Aussatz.

 Er wird von den Priestern aus dem Tempel verjagt und bleibt bis zu seinem Tode von der Gemeinschaft Israels ausge­schlossen. Die Herrschergewalt auf die er so stolz war, und für welche er nicht verstanden hatte, Jehova die Ehre zu geben, wird von ihm weggenommen und seinem Sohne Jotham anvertraut, und zwar viele Jahre vor seinem Tode. Es war unmöglich, fleischliche Anmaßung zu dulden, durch deren Einführung in das Haus Gottes dieses in schrecklicher Weise verunreinigt wurde; Ussija stirbt, von den Segnungen dieses Hauses getrennt, weil er die Würde des Hohenpriestertums (ein Vorbild des Hohenpriestertums Christi), das Jehova er­richtet hatte, verkannt hatte.


KAPITEL 15, 8‑12 Sekarja, König von Israel

Wir gehen auf die chronologischen Schwierigkeiten nicht ein, die bezüglich der Zeit der Thronbesteigung Sekarjas, des Sohnes Jerobeams II., erhoben werden, da unser Zweck hier nicht ist, auf die Angriffe des Unglaubens zu antworten. Wenn von der menschlichen Vernunft Schwierigkeiten erhoben werden, besteht unsere Weisheit darin, auf Gott zu warten, dass Er sie auflöse, falls uns das nötige Licht fehlt. So wird unsere Abhängigkeit von Ihm auf die Probe gestellt, und wir können gewiss sein, dass wir zur richtigen Zeit die Antwort empfangen werden. Wie viele Male haben nicht die Christen, die demütig dem Worte unterworfen waren, diese Erfahrung gemacht! Sekarja, der letzte König aus dem Geschlecht Jehus, regierte nur sechs Monate zu Samaria. "Er tat was böse war in den Augen Jehovas, so wie seine Väter getan hatten; er wich nicht von den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, wodurch er Israel sündigen gemacht hatte." Wenn, wie wir gesehen haben, die gottesfürchtigen Könige von Juda nicht die Energie be­saßen, die Höhen hinwegzutun, ‑ und wie sehr hat die Nach­lässigkeit Salomos in dieser Beziehung unheilvolle Früchte unter seinen Nachfolgern getragen, indem diese sich daran gewöhnten, den von dem ruhmreichen Haupt der Herrscherfamilie geduldeten Gebräuchen sich anzupassen! ‑ so wandelten die Könige von Israel ihrerseits entschlossen in den durch Jerobeam I. eingesetzten Gebräuchen.
Es fehlt im gegenwärtigen Christentum nicht an Beispielen dieser beiden Neigungen. Von dem Augenblick an, da die protestantische Christenheit, anstatt zu der reinen Quelle des Wortes Gottes zurückzukehren, mit den von den Reformatoren verkündigten Wahrheiten der Schrift gewisse, nicht schriftgemäße Lehrsätze annahm, die jene nicht aufgegeben hatten, war alles einem schnellen Verfall geweiht. 

Und von dem Augenblick an, da der in der halbheidnischen Religion der Bischöfe Roms oder des Ostens wandelnde Katholizismus das Wort Gottes verlassen hat, um seine Fabeln an dessen Stelle zu setzen, muss das Gericht ihn treffen. Es ist angekündigt und wird in Kürze über die große Hure hereinbrechen.
An dieser Stelle beginnt der Schlussabschnitt der Geschichte des Zehnstämme-Reiches, die Zeit der Thronräuber und der Mordtaten, welche der Wegführung der zehn Stämme vorangeht, und worüber der Prophet Hosea sagt: Sie allesamt glühen wie ein Ofen und verzehren ihre Richter. Alle ihre Könige sind gefallen; niemand unter ihnen ruft mich an" (Kap. 7, 7). Das Herdes Propheten verrät in seiner fortgesetzten Klage seine Angst bezüglich Israels. Die Zeit war gekommen, wo Gott "die Blutschuld von Jisreel an dem Hause Jehus heimsuchen und dem Königtum des Hauses Israel ein Ende machen wollte" (Hosea 1, 4). Jehova hatte bei dem von Jehu zu Jisreel vergossenen Blute geschwiegen; Er hatte mit niemand darüber geredet, selbst nicht mit dem schuldigen Jehu. Es hätte vielmehr scheinen können, als Gott ihm sagte: "Du hast wohl ausgerichtet was recht ist in meinen Augen" (Kap. 10, 30), und Er werde ihn dafür belohnen, dass Er alles gut heiße, was Jehu getan hatte. Weit entfernt davon! Wenn der Herr ihn zur Ausführung eines Gerichts erweckte und ihn darin lobte, so war jetzt der Augenblick gekommen, wo die fleischliche Hinterlist und das gewalttätige Wüten des Königs ihre Strafe finden sollten. Das Wort Jehovas: "Dir sollen Söhne des vierten Gliedes auf dem Throne Israels sitzen" (V. 12), hatte sich als Belohnung erfüllt, und jetzt ging Sein Wort in Vergeltung und gerechtem Gericht in Erfüllung. Welch ein Gott ist unser Gott! Wer kann, wie Er, die Handlungen, die Er gutheißt oder verdammt, auf derselben Waage wägen, sie belohnen und strafen, indem Er sie nach den Wegen Seiner gerechten Regierung vergilt!


Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige

Botschafter des Heils 1912 S. 169ff

KAPITEL 15, 13‑22 Sallum und Menachem, Könige von Israel

Sallum macht eine Verschwörung wider Sekarja, tötet ihn und wird an seiner Statt König. Seine Freveltat nützt ihm wenig, denn nach Verlauf eines Monats fällt er unter den Schlägen Menachems. Man erschrickt über all diese Gewalttaten. Jeder will die Macht zu seinem Vorteil an sich reißen. Da die Stimme ihres Gewissens verstummt ist sind diese Sünder den Trieben ihrer bösen Natur völlig preisgegeben.
Menachem behandelt die Stadt Tiphsach, weil sie ihm ihre Tore nicht öffnen wollte, mit der äußersten Grausamkeit. Es gelingt ihm, sich zehn Jahre auf dem Throne zu behaupten. Er tut was böse ist, indem er alle seine Tage in den Sünden Jerobeams wandelt. Unter seiner Regierung erscheint der Assyrer endlich auf dem Schauplatz: "Pul, der König von Assyrien, kam wider das Land " (V. 19). Es ist der erste König von Assyrien, dessen Name in der biblischen Geschichte erwähnt wird. Über die Persönlichkeit dieses Königs hat es unter den Kritikern viel Streit gegeben; man scheint jetzt darüber einig zu sein, dass er gleichbedeutend sei mit Tiglath-Pileser, einem der größten und meistbekannten unter den assyrischen Herrschern (Kap. 15, 29; 16, 7 usw.). Indem wir uns einfach an den Buchstaben der Schrift halten, werden wir dahin geleitet, in Pul, dem König von Assyrien, eine andere Person zu sehen; damit stimmt auch überein, was in 1. Chron. 5, 26 gesagt wird. "Da erweckte der Gott Israels den Geist Puls, des Königs von Assyrien, u n d den Geist Tiglath-Pilesers, des Königs von Assyrien, und er führte sie hinweg, die Rubeniter und die Gaditer und den halben Stamm Manasse". Die Wegführung der jenseits des Jordans wohnenden Stämme wird im 29. Verse unseres Kapitels Tiglath-Pileser zugeschrieben, während im 19. Verse gesagt wird, dass Pul zwar wider Israel gekommen, aber durch einen sehr großen Tribut (ungefähr zehn Millionen Mark nach unserem Gelde) veranlasst worden sei, der Beschützer des Königs von Israel zu werden, indem er "das (stark erschütterte) Königtum in seiner Hand befestigte". Dieser Pul ‑ man hat das nicht genügend beachtet, ‑ "kehrte um und blieb nicht daselbst im Lande" (V. 20), was bei seinem Nachfolger nicht der Fall war. Allerdings schweigen die menschlichen Berichte über ihn und werden es vielleicht immer tun, aber wir haben das Wort Gottes als Führer, und unser Schutz besteht darin, es einfach so zu nehmen, wie Gott es uns gegeben hat. Hosea erwähnt die Tatsache, die uns hier beschäftigt: "Ephraim ging nach Assyrien und sandte zu dem König Jareb; der aber vermag euch nicht zu heilen und wird euer Geschwür nicht vertreiben" (Hosea 5, 13). 

Dieser König Jareb ist vielleicht kein anderer als Pul.*) Sein Name bedeutet: Streiter oder Streitsüchtiger, sicher eine Anspielung auf die streitlustige Macht Assyriens, welche Israel durch Geschenke zu beruhigen und für sich günstig zu stimmen gedachte. "Die Bewohner von Samaria werden bange sein für das Kalb von Beth-Awen; ja, sein Volk wird über dasselbe trauern, und seine Götzenpriester werden seinetwegen beben, wegen seiner Herrlichkeit, weil sie von ihm fortgezogen ist; auch dieses wird nach Assyrien gebracht werden als Geschenk für den König Jareb" (Hosea 10, 5. 6). So wurde denn gar eines von Jerobeams Kälbern nach Assyrien gebracht als Geschenk für den König! Und derselbe Prophet fügt an einer anderen Stelle hinzu: "Sie sind nach Assyrien hinaufgezogen. Der Wildesel bleibt für sich allein, aber Ephraim hat Buhlen gedungen" (Kap. 8, 9). Aber welch eine Schande für Israel: seinen Gott dem Feinde des Volkes als ein gewöhnliches Geschenk zu geben. Auch das war von Jehova.
Wozu diente schließlich diese ganze Politik und dieses Trachten nach Bündnis und Beschützung, wobei man sich bald nach Assyrien, bald nach Ägypten wandte? Hat es das angekündigte Gericht nur einen Augenblick zu verzögern vermocht? Und geht es in unseren Tagen damit nicht ebenso? Die Bürgschaften, welche die Nationen sich gegenseitig zu verschaffen suchen, werden verschwinden wie die Spreu, die der Wind wegführt, sobald "das geschlachtete Lamm" hervortritt, um das Buch der Ratschlüsse und Wege Gottes mit der Welt zu öffnen und sie zur Ausführung zu bringen.


KAPITEL 15, 23‑31 Pekachja und Pekach, Könige von Israel

Da Menachem nicht eines gewaltsamen Todes gestorben war, regierte sein Sohn Pekachja an seiner Statt. Die vergeltende Gerechtigkeit Gottes wird nicht gegen Menachem und sein Tun ausgeübt. Auch eine Anzahl anderer Fälle belehrt uns, dass die irdische Regierung Gottes weder als Maßstab Seine, Gerechtigkeit, noch als die volle Vergeltung der Wege des Menschen gelten kann (Darin bestand der Irrtum der Freunde Hiobs, gegen den Elihu mit Zorn auftritt). Während seiner zweijährigen Regierung verharrt Pekachja, wie alle seine Vorgänger, in den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats. Beachten wir hier, was so oft in den vorhergehenden Kapiteln wiederholt wird, dass Israel durch die Sünden seiner Könige zum Sündigen verleitet wurde. Die persönliche Sünde wird bedeutend ernster, wenn sie ein Stein des Anstoßes für andere wird, und ihre Folgen werden denen zugerechnet, welche die Unwissenden und Unbefestigten in ihren eigenen Ungehorsam mitfortreißen.
Pekach, der Sohn Remaljas, der von den Söhnen der Gileaditer bei seiner Verschwörung unterstützt wird, bringt Pekachja und zwei seiner Gefährten ums Leben. Er regiert zwanzig Jahre zu Samaria und wandelt Jehova gegenüber auf dem Wege der Könige von Israel. Die Folgen seiner Regierung werden im 29. Verse aufgezählt: Tiglath-Pileser, der König von Assyrien, zieht wider ihn herauf und führt die Rubeniter weg samt den Gaditern und dem halben Stamme Manasse, das ganze Volk, das jenseits des Jordan sich niedergelassen hatte; und er "brachte sie nach Halach und an den Habor und nach Hara und an den Strom von Gosan bis auf diesen Tag" (l. Chron. 5, 26). 

Die Zerstückelung des Reiches Ephraim beginnt bei den Stämmen, die aus Bequemlichkeitsgründen ihr Teil jenseits des Jordan erwählt hatten.
So ist es immer. Die Christen, die nicht entschieden und ohne zurückzublicken einen Boden betreten, wo der Tod Christi (gleich dem Jordan) eine unübersteigliche Schranke zwischen ihnen und der Welt errichtet, solche Christen sind den Angriffen des Feindes zuerst ausgesetzt und werden zu armen Gefangenen der Welt, mit der sie, trotz eines wirklichen Glaubens, nicht gänzlich haben brechen wollen.
So beginnt sich die Zerstückelung des Reiches Israels zu vollziehen, die unter der Regierung Hoseas vollständig werden wird. Wir werden im folgenden Kapitel auf Pekach zurückkommen; vorher jedoch finden wir die Regierung Jothams erwähnt.


KAPITEL 15, 32‑38 Jotham, König von Juda

Dieser Sohn Ussijas beginnt seine Regierung im zweiten Jahre Pekachs und regiert sechzehn Jahre zu Jerusalem. Seine Mutter Jeruscha, die Tochter Zadoks, war wahrscheinlich aus priesterlichem Geschlecht. Bei ihr können wir wieder den gesegneten Einfluss der Mütter der Könige von Juda feststellen. Bei den Königen von Israel finden wir das nicht. Doch "das Volk handelte noch verderbt" (2. Chron. 27, 2) aus Mangel an Entschiedenheit dieser gottesfürchtigen Könige, die nicht wagten, den Götzendienst bei seiner Wurzel anzufassen. Die Erzählung der Chronika zeigt uns, dass Jotham „erstarkte, denn er richtete seine Wege vor dem Angesicht Jehovas, seines Gottes". Die Gottesfurcht ist auch für uns eine Quelle der Stärke und der geistlichen Kraft. Sobald unsere Wege nicht vor Gott gerichtet sind, verlässt uns die Stärke. Ein ernster Gedanke für alle, und tausendmal ernster noch für die, die eine besondere Verantwortung in Bezug auf das Volk Gottes tragen. Allerdings liegt in dem Bewusstsein der Stärke eine Gefahr. Wir haben in dem Falle Ussijas gesehen, dass dieses Bewusstsein ihn antrieb, sich gegenüber dem Hohenpriester zu erheben (2. Chron. 26, 16‑21). Jotham wurde nicht hochmütig durch seine Stärke, auch wird im Vergleich mit seinem Vater von ihm gesagt: "Er ging nicht in den Tempel Jehovas" (2. Chron. 27, 2).

 Im Gegenteil, er war demütig, und so wurde er bei dem Hause Gottes benutzt. "Er baute das obere Tor des Hauses Jehovas" (V. 35), eine charakteristische Handlung seiner Regierung, wie sie im Buch der Könige berichtet wird. Welch ein Vorrecht, wenn ein Gläubiger als Andenken etwas zurücklässt, was er für das Haus Gottes getan hat! Gott verzeichnet diese Tat und teilt sie uns zum Gedächtnis an Jotham mit. Es gibt in seinem Leben auch andere Taten, und die Bücher der Chronika erzählen sie uns; aber ist es nicht rührend zu sehen, dass Gott diese hier ins volle Licht rückt, um zu zeigen, dass sie in Seinen Augen die Regierung dieses treuen Königs kennzeichnet? Ohne den Eingebungen der Einbildungskraft zu folgen, kann man wohl annehmen, dass die Tochter Zadoks ihrem Sohn von seiner frühesten Jugend an die Achtung vor dem Tempel Jehovas eingeprägt hatte, und dass unter diesem Einfluss das Haus Gottes der Mittelpunkt der Tätigkeit des Königs gewesen war.
Pekach, der Sohn Remaljas, mit Rezin, dem König von Syrien verbündet, beginnt in den Tagen Jothams gegen Juda heraufzuziehen (V. 37). Die Sünde Judas machte die Zucht Gottes nötig, aber die Folgen dieser Zucht konnten durch die Gottesfurcht des Führers des Volkes hinausgeschoben werden wie es später unter dem frommen König Hiskia bei seiner Bedrängung durch den Assyrer geschah. Es scheint wenigstens, dass dies auch während der Regierung Jothams der Fall war.


KAPITEL 16 Ahas, König von Juda

Ahas, der Sohn Jothams, gelangt zur Regierung über Juda drei Jahre vor dem Tode Pekachs, des Königs von Israel, der zwanzig Jahre zu Samaria regierte. Der Name seiner Mutter wird uns nicht mitgeteilt, als ob Gott ihr diese Schmach hätte ersparen wollen. Statt Jehova zu dienen, wandelte er auf dem Weg der Könige von Israel und kehrte zu den bösen Tagen des gottlosen Ahab zurück, indem er in Juda den Dienst des Baal und des Moloch, dem er seinen Sohn opferte, wieder einführte (2. Chron. 28, 2). Seine Vorgänger hatten die Höhen nie zerstört und ließen dem Volke zu, dort zu räuchern. ohne sich selbst mit dieser Abgötterei zu verbinden. Ahas opferte selbst und "räucherte auf den Höhen und auf den Hügeln und unter jedem grünen Baume". Er tat was böse war in den Augen Jehovas, gleich den Königen von Israel. Lasst uns beachten, dass diese Bezeichnung „böse" immer im Blick auf Jehova gegeben wird. Sicher kommt es vor, dass der Schuldige dem Verbrechen und der Unreinheit, ja, aller Art von sittlich Schlechtem anheimfällt, wenn er Gott verlässt; aber es ist nicht immer so. Jerobeam I., Joas, der König von Israel, Jerobeam II. z. B. waren in den Augen der Menschen bedeutende Fürsten; zwei von ihnen waren "Retter" ihres Volkes, die dazu beitrugen, Israel einen Namen zu machen. Aber für Gott liegt die Sache ganz anders.

Für Ihn handelt es sich darum, den Beziehungen Ausdruck zu geben, in denen diese Könige (wie hier Ahas) zu Ihm standen.
Die so einfache Tatsache, dass der sittliche Maßstab eines Menschen in seinem Verhalten Gott gegenüber liegt, wird in unseren Tagen ganz besonders vergessen. Ein Mensch kann Freidenker, sogar Atheist sein, ‑ wenn sein Verhalten in sittlicher Hinsicht unanstößig ist und er der Menschheit Dienste erweist, so werden sogar Christen ihn für einen ausgezeichneten Menschen erklären, als ob Gott etwas von ihm annehmen oder ihn wegen seines guten Betragens irgendwie davon entbinden könnte, an Ihn zu glauben. Ein verhängnisvoller Irrtum für jenen Menschen, der aber besonders schlimm wird, wenn Christen ihn gutheißen und so nicht mehr anerkennen dass es ohne die Furcht Gottes für den Menschen nicht einmal einen Anfang der Weisheit geben kann. Wenn diese Ungläubigen einmal vor Gott erscheinen, werden sie von Ihm überführt werden, ‑ aber dann leider zu spät! ‑ dass sie getan haben was böse ist in den Augen Jehovas, und die Christen, die deren Unglauben entschuldigt haben, werden die Verantwortlichkeit dafür tragen, dass sie ihnen durch ihre strafbare Zustimmung den Weg zur Buße verschlossen haben.
„Ahas wandelte auf dem Wege der Könige von Israel" (V. 3). Eine doppelte Verurteilung dieses Königs, der, obwohl er den Dienst des wahren Gottes in Juda kannte, ihm den Rücken wandte, um die Greuel der götzendienerischen Nationen auszuüben.
Das Gericht, das sich unter Jotham gegen das Volk vorbereitete, trifft jetzt Ahas wegen seiner Untreue. "Damals", heißt es, „zogen Rezin, der König von Syrien, und Pekach  der Sohn Remaljas, der König von Israel, nach Jerusalem hinauf zum Streit; und sie belagerten Ahas, aber sie vermochten nicht wider ihn zu streiten" *) (V. 5). 
Obwohl wir es des Raumes wegen, bis zur Betrachtung des zweiten Buches der Chronika aufschieben müssen, die Propheten von Juda zu erwähnen, sind wir doch gezwungen, hier und da von dieser Regel abzuweichen und hier den Propheten Jesaja zu erwähnen, umso mehr als Pekach, der Sohn Remaljas, der König von Israel, eine wichtige Rolle dabei spielt. Der König von Israel, vorher mit Syrien im Kriege, ist jetzt dessen Bundesgenosse, einerseits jedenfalls, um sich vom Joche Tiglath-Pilesers, des Königs von Assyrien, freizumachen, der ihn eines großen Teils seines Gebietes beraubt hatte, wie wir weiter oben gesehen haben, aber auch um das, was Juda ihm genommen hatte, wiederzugewinnen, wobei er zugleich den Plänen seines Verbündeten diente.
Die beiden Könige ziehen also gegen Jerusalem herauf und „belagern Ahas, aber sie vermögen nicht wider ihn zu streiten". Das Herz Ahas und seines Volkes bebte, "wie die Bäume des Waldes vor dem Winde beben" (Jes. 7, 2). Jehova sendet Jesaja dem König entgegen, in Begleitung seines Sohnes SchearJaschub, dessen Name bedeutet: Der Überrest wird umkehren (Vergl. Jes. 10, 21). Er redet in Gnade mit diesem gottlosen König. Das zeigt, dass Gott, wie es auch sein mag, Seinen Verheißungen treu bleibt und Seine Beziehungen zu Israel und Juda in der Person Christi und des Überrestes erneuern wird. Wie rührend ist die langmütige Gnade Gottes gegen diesen schlechten König! Er flößt ihm wieder Mut ein statt ihn zu vernichten. Er kündigt ihm die Rettung an. Er sagt ihm: "Hüte dich und halte dich ruhig"; lass mich handeln. Er ruft dem, der von Seiner Seite alles zu fürchten hatte, zu: "Fürchte dich nicht". Er gibt ihm die Zeit an, wann Ephraim aufhören werde, ein Volk zu sein.

 Das Böse ist für einen genau begrenzten und unwiderruflichen Zeitraum bestimmt, aber trotz allem würde Juda, wenn es glaubte, noch eine kleine Zeit Bestand haben (Jes. 7, 9). Der Geist Gottes sagt durch den Propheten zu Ahas: "Fordere dir ein Zeichen von Jehova, deinem Gott". Ahas antwortet: „Ich will nicht fordern und will Jehova nicht versuchen", indem er seinen Unglauben und seinen Ungehorsam durch einen Schein von Frömmigkeit in ein günstiges Licht zu stellen sucht. „Jehova versuchen" ‑ damit sagt Ahas, dass er Ihm misstraue, aber tatsächlich tat er noch viel mehr als das: er glaubte nicht an das Wort Jehovas. Dann kündigt Jehova ihm ein Zeichen an: Juda, das heißt das durch Ahas dargestellte Haus Davids, hat Gott ermüdet, der an seine Stelle Immanuel, den Samen des Weibes, setzen wird (V. 14). Doch bevor der zweite Sohn, der dem Propheten geboren werden sollte, wissen würde, „das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen," würde das Land verlassen sein, vor dessen beiden Königen dem Ahas graute. Dieser Sohn sollte den Namen tragen: Es eilt der Raub, bald kommt die Beute", und ehe der Knabe wissen würde, „mein Vater" und "meine Mutter" zu rufen, würde das Land Pekachs und Rezins verlassen sein. Diese Prophezeiung hat sich wörtlich erfüllt, und der Plan dieser Könige, „den Sohn Tabeels" zum König in Juda einzusetzen, wurde vereitelt.
Ahas zieht vor, Pekach und Rezin gegenüber sein Vertrauen auf den König von Assyrien zu setzen, statt auf Jehova zu vertrauen und Ihm zu gehorchen. Das erklärt die Antwort, die er Jesaja gibt. Er hatte "Boten an Tiglath-Pileser, den König von Assyrien, gesandt und ihm sagen lassen: Ich bin dein Knecht und dein Sohn; komm herauf und rette mich aus der Hand des Königs von Syrien und aus der Hand des Königs von Israel, die sich wider mich erhoben haben. Und Ahas nahm das Silber und das Gold, das in dem Hause Jehovas und in den Schätzen des Königshauses sich vorfand, und sandte es als Geschenk an den König von Assyrien. 

Und der König von Assyrien hörte auf ihn; und der König von Assyrien zog hinauf wider Damaskus und nahm es ein und führte seine Einwohner weg nach Kir; und Rezin tötete er" (2. Kön. 16, 7‑9). Auch lässt Gott ihm sagen: „Jehova wird über dich und über dein Volk und über das Haus deines Vaters Tage kommen lassen, wie sie nicht gekommen sind seit dem Tage, da Ephraim von Juda gewichen ist, ‑ den König von Assyrien" (Jes. 7, 17); und im Blick auf Israel und Syrien: "Man wird vor dem König von Assyrien hertragen den Reichtum von Damaskus und die Beute von Samaria" (Kap. 8, 4). So spricht Jehova das, was Er gegen Israel, als es die Hilfe Assyriens suchte, ausgesprochen hatte (Hos. 5, 13. 14), jetzt gegen Juda aus, da es nach dem gleichen Bündnis trachtet. Das erste Ergebnis seines Vertrauens auf Assyrien scheint für Juda günstig gewesen zu sein. Tiglath-Pileser erobert Damaskus, führt die Einwohner fort und tötet Rezin. Die lange vorher durch Amos (Kap. 1, 3‑5) ausgesprochene Weissagung geht jetzt in Erfüllung.
Ahas ist mit seinen Übertretungen noch nicht zu Ende. Die Weissagung Jesajas übt keine Wirkung auf sein Gewissen aus. Er zieht dem König von Assyrien nach Damaskus entgegen, um ihm für seine Hilfe zu danken und ihn zu seinem Erfolg zu beglückwünschen. Als er den Götzenaltar Rezins sieht, sendet er ein Abbild davon nach Jerusalem und stellt es im Vorhof des Tempels auf. Es findet sich auch ein Hoherpriester, diese ruchlose Tat auszuführen! 2. Chron. 28, 22 teilt uns mit, dass Ahas den Göttern von Damaskus opferte, denn das Opfer auf einem anderen Altar darzubringen, als dem ehernen, hieß den falschen Göttern opfern.
Finden wir nicht etwas Ähnliches in der heutigen Religion, wo Menschen, die sich Christen nennen, meinen, Gott nahen zu können durch einen anderen Altar als den der Sühnung, an die sie nicht mehr glauben? Gleich dem Altar Rezins ist der ihrige viel größer und hat ein weit schöneres Aussehen, als der Altar Gottes. Die alte religiöse Engherzigkeit, sagen sie, hat breiteren Ansichten Platz gemacht. Es ist nicht mehr das Blut des Kreuzes, das den Sünder rechtfertigt und erlöst. Sie haben einen anderen Christus als den, der am Kreuze starb, einen Christus, der durch Sein Leben die Verbindung der Menschheit mit Gott erneuert hat, wobei Sein Kreuz nichts anderes ist als die Krönung eines Lebens voll edler Hingebung. Der neue Altar hat gar keinen Berührungspunkt mit dem alten. 

Seine Gestalt und seine Schönheit machen ihn für die Welt unendlich begehrenswerter als den ehernen Altar; auch wird der Altar von seiner Stelle gerückt, beiseitegesetzt (V. 14). Er ist nicht mehr der unumgängliche Ausgangspunkt, wenn es sich darum handelt, ‑Gott in Seinem Heiligtum zu nahen. Mit einem Wort, man hat einen neuen Ausgangspunkt, man setzt eine neue Religion ein, und die erste wird in die Ecke verwiesen. Der eherne Altar kann höchstens noch zum "Erforschen" dienen (V. 15), nicht, wie man diese Stelle auch übersetzt, "zum Erwägen, was damit geschehen soll", sondern um ihn zu abergläubischen Gebräuchen zu benutzen. Die Religion Ahas läuft, wenn es sich um die angebliche Anbetung Jehovas handelt, einerseits auf den Unglauben hinaus, andererseits auf den Aberglauben bezüglich der eigentlichen Grundlage des Glaubens, des Kreuzes Christi.
Der Frevel Ahas erstreckt sich auch auf die Becken (V. 17) Sie dienten, wie wir bei der Betrachtung des ersten Buches der Könige gesehen haben, zum Waschen der Schlachtopfer, wodurch die fleckenlose Reinheit des Sühnopfers (Christus) dargestellt wurde. Ahas tut die Becken von ihren Gestellen weg. Finden wir nicht auch hier Übereinstimmung mit dem, was sich vor unseren Augen zuträgt oder was um uns her gesagt wird? Man gibt den Gedanken einer vollkommenen Reinheit Christi, des Lammes Gottes, auf, indem man sagt, dass Er denselben Neigungen unterworfen gewesen sei, die wir haben, und durch innere Lüste versucht worden sei, obwohl Er ihnen nicht nachgegeben habe. Man behält die Becken zwar bei, aber man nimmt sie von ihren Gestellen herab.
Gerade so verfuhr er mit dem ehernen Meer (V. 17), dem Mittel zur täglichen Reinigung der Priester. Es war auf die Rinder gestellt, den Sinnbildern der Geduld Gottes gegen Sein Volk mit Bezug auf dessen praktische Reinigung. Die Reinigung konnte nur wohlgefällig angenommen werden kraft der Langmut Gottes in allen Seinen Wegen gegen Sein Volk. Ahas entfernte das Meer von dem, was seine Grundlage bildete, und setzte es auf "eine Unterlage von Steinen". Ist diese Unterlage von Steinen nicht ein treffendes Bild von dem Herzen und der Natur des Menschen? Die religiösen Neigungen der Gegenwart gründen sich durchweg auf die Anmaßung, dass das menschliche Element und nicht der Charakter Gottes die Grundlage unserer Widmung für Seinen Dienst bilde, und dass ein entschiedenes Handeln des Willens des Menschen ihn fähig mache, ohne Flecken und ohne Sünde auf dem Wege Gottes wandeln zu können.
Schließlich verändert Ahas den Eingang zum Hause Jehovas (V. 18), der für andere, außer dem König, verboten war. Er tat es „wegen des Königs von Assyrien". Er verleugnet seine Vorrechte als Haupt des Volkes Gottes und verändert den "bedeckten Sabbat-Gang", das Vorrecht des Volkes selbst, um so der Welt, der er sich untertan machte, keinen Anstoß zu geben. jetzt kann sich der König von Assyrien für befriedigt erklären! Die eigentlichen Grundlagen der Religion Israels, durch die das Volk für Gott geheiligt wurde, sind verschwunden. Warum sollte die Welt fortan nicht durch den Altar von Damaskus mit dem Gott Israels in Verbindung treten? Diese abgeänderte, ihrer Kraft und ihrer Vorrechte beraubte Religion passte ihr ganz und gar!

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige

Botschafter des Heils 1912


KAPITEL 17, 1‑6 Hosea, König von Israel

Damit sind wir an dem letzten Akt der Geschichte Ephraims oder der zehn Stämme angekommen. Hosea, der Mörder Pekachs, regiert neun Jahre zu Samaria. Obwohl auch er tut, was böse ist in den Augen Jehovas, ist sein Verhalten Ihm gegenüber doch weniger gottlos, als das seiner Vorgänger; nur kümmerte er sich nicht um die Urteilssprüche Gottes, der durch alle Seine Propheten die Wegführung Israels nach Assyrien angekündigt hatte. Von Jahr zu Jahr hatte Hosea dem Könige von Assyrien Geschenke entrichtet (V. 3), nach dem Beispiel eines seiner Vorgänger, Menachem, der sich durch Geschenke zum Vasallen Puls erklärt hatte, damit dieser das Königtum in seiner Hand befestige (Kap. 15, 19. 20). Später war Tiglath-Pileser gegen Pekach heraufgezogen und hatte, wie wir uns erinnern werden, die Stämme, die jenseits des Jordan wohnten, nach Assyrien weggeführt. Pekach war augenscheinlich nicht wie Menachem, der Regel gefolgt sich Assyrien zu unterwerfen, was die politischen Beweggründe dieser Wegführung erklären würde, die uns nicht mitgeteilt werden, während der göttliche Beweggrund uns durch ein Wort in 1. Chron. 5, 26 angedeutet wird: "Der Gott Israels erweckte ... den Geist Tiglath-Pilesers, und er führte sie hinweg".

 Hier wird nur das gewöhnliche Verfahren der Könige von Assyrien gegen Israel ans Licht gestellt: "Salmaneser, der König von Assyrien, zog wider ihn herauf; und Hosea wurde sein Knecht und entrichtete ihm Geschenke" (V. 3). Dass ihm eine Eroberung durch einen Feind droht, der stärker ist als er, zwingt Hosea, jedenfalls sehr gegen seinen Willen, sich dieser Vasallenschaft zu unterwerfen.
„Aber der König von Assyrien entdeckte eine Verschwörung des Hosea; denn er hatte Boten an So, den König von Ägypten, gesandt, und hatte dem König von Assyrien kein Geschenk dargebracht, wie von Jahr zu Jahr" (V. 4). Dieses zweideutige und verdächtige Benehmen des Königs wird auch von dem Propheten Hosea erwähnt: "Ephraim trachtet nach Wind und jagt dem Ostwinde nach; den ganzen Tag mehrt es Lüge und Gewalttat; und sie schließen einen Bund mit Assyrien, und öl wird nach Ägypten gebracht" (Kap 12, 2). Und weiter: "Ephraim ist wie eine einfältige Taube geworden, ohne Verstand; sie rufen Ägypten an, sie gehen nach Assyrien" (Kap. 7, 11). Salmaneser verhaftete den König, als er die Verschwörung entdeckt hatte, "und legte ihn gebunden ins Gefängnis". Nach der Weissagung des Propheten (Hos. 10, 7) kommt der König um, ohne dass die Umstände seines Todes uns berichtet werden. Nach der Verhaftung Hoseas "zog der König von Assyrien herauf in das ganze Land, und zog herauf nach Samaria und belagerte es drei Jahre lang" (V. 5; vergl. Kap. 18,9).
Das Los der aufrührerischen Stadt war nach dem Worte Michas, der „über Samaria und über Jerusalem" weissagte, schrecklich: "Ich werde Samaria zu einem Steinhaufen des Feldes, zu Weinbergpflanzungen machen, und ich werde ihre Steine ins Tal hinabstürzen und ihre Grundfesten entblößen. Und alle ihre gegossenen Bilder werden zerschlagen und alle ihre Hurengeschenke mit Feuer verbrannt werden, und ich werde alle ihre Götzenbilder zur Wüste machen; denn sie hat sie durch Hurenlohn gesammelt, und zum Hurenlohn sollen sie wieder werden" (Micha 1, 6. 7). 

Hosea beschreibt das Ereignis mit den Worten: "Samaria wird büßen, denn es ist widerspenstig gewesen gegen seinen Gott; sie werden durchs Schwert fallen, ihre Kinder werden zerschmettert und ihre Schwangeren aufgeschlitzt werden" (Hos. 13, 16).
„Und der König von Assyrien führte Israel nach Assyrien hinweg; und er ließ sie wohnen in Halach und am Habor, dem Strome Gosans, und in den Städten Mediens" (V. 6). Man hat gedacht, dass ein Teil der zehn Stämme sich in jenem Augenblick nach Ägypten geflüchtet habe. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die Stelle Hosea 8, 13: "sie werden nach Ägypten zurückkehren", so ausgelegt werden könnte. Derselbe Prophet hatte gesagt: "Sie rufen Ägypten an, sie gehen nach Assyrien" (Kap. 7, 17); ferner: "Ephraim hat Buhlen gedungen" (Kap. 8, 9); und weiter: "Ephraim wird nach Ägypten zurückkehrenn, und sie werden Unreines essen in Assyrien" (Kap. 9, 3). Das alles passt völlig zu der Verschwörung Hoseas, wie auch jenes andere Wort: " Es wird nicht nach dem Lande Ägypten zurückkehren, sondern der Assyrer, der wird König sein" (Kap. 11, 5). „Nach Ägypten hinabgehen" bedeutet nicht notwendigerweise dahin fliehen, sondern dort Hilfe suchen. Vergleiche Jesaja 31, 1: „Wehe denen, weiche nach Ägypten hinabziehen um Hilfe!"
Was die Stelle Hosea 8, 13 betrifft, so muss man wohl beachten, dass der Prophet die Sünde Judas beständig mit der Sünde Ephraims verbindet: "Völker werden gegen sie versammelt werden, wenn ich sie an ihre beiden Sünden binden werde. Und Ephraim ist eine ans Joch gewöhnte junge Kuh, die zu dreschen liebt; und ich, ich bin über die Schönheit ihres Halses hergefahren: ich werde Ephraim einspannen, Juda soll pflügen, Jakob soll eggen" (Kap. 10, 10. 11). So fasst er sie auch, nachdem sie in der tiefsten Knechtschaft gewesen sind, in der zukünftigen Segnung zusammen. (V. 12). Dies lässt uns verstehen, dass die Worte: "Sie werden nach Ägypten zurückkehren" in Kapitel 8, 13 sich auf Juda beziehen, das moralisch mit Israel verbunden ist. Der Beweis hierfür ist der folgende Vers: "Und Israel . . . hat Paläste gebaut, und Juda hat die festen Städte vermehrt" (V. 14), aber noch mehr: 2Siehe, sie sind weggezogen wegen der Zerstörung. Ägypten wird sie sammeln, Moph (oder Noph, Memphis) sie begraben" (Kap. 9, 6). Nun wissen wir durch die Erzählung Jeremias (Kap. 43; 44, 1), dass die Überläufer von Juda vor dem König von Babel flohen und sich nach Ägypten, unter anderem nach Noph flüchteten, indem sie den Propheten zwangen, mit ihnen dorthin zu gehen, und dass er dort gegen sie weissagte, als sie vor ihrem Unterdrücker geschützt zu sein meinten. (Vergl. 2, Kön. 25, 26).*)


KAPITEL 17, 7‑41 Göttliche Übersicht der Geschichte Israels

Gott fasst jetzt selbst diese lange Geschichte Israels, die mit dem 2. Buch Mose beginnt und mit unserem Kapitel schließt, kurz zusammen. Nicht als ob sie endgültig geschlossen wäre; sie ist es nur, insoweit es dieses Volk und seine Könige, in ihrer Verantwortlichkeit betrachtet, betrifft. Das von göttlichem Mitgefühl bewegte Herdes Propheten Hosea kündigt seine zukünftige Wiederherstellung an. "Mein Herz hat sich in mir umgewendet, erregt sind alle meine Erbarmungen. Nicht will ich ausführen die Glut meines Zornes, nicht wiederum Ephraim verderben, denn ich bin Gott und nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte, und ich will nicht in Zornesglut kommen. Sie werden Jehova nachwandeln: wie ein Löwe wird er brüllen; er wird brüllen, und zitternd werden die Kinder herbeieilen vom Meere; wie Vögel werden sie zitternd herbeieilen aus Ägypten und wie Tauben aus dem Lande Assyrien; und ich werde sie in ihren Häusern wohnen lassen, spricht Jehova" (Hos. 11, 8‑11). Der Gott, der ihnen „einen König in seinem Zorn gegeben und ihn in seinem Grimm weggenommen hatte" (Hos. 13, 11), sagt: „Von der Gewalt des Scheols werde ich sie erlösen, vom Tode befreien" (V. 14), und weiter: "Ich will ihre Abtrünnigkeit heilen, will sie willig lieben; denn mein Zorn hat sich von ihm abgewendet. Ich werde für Israel sein wie der Tau: blühen soll es wie die Lilie, und Wurzel schlagen wie der Libanon. Seine Schösslinge sollen sich ausbreiten, und seine Pracht soll sein wie der Olivenbaum, und sein Geruch wie der Libanon. Die unter seinem Schatten Wohnenden sollen wiederum Getreide hervorbringen, und blühen wie ein Weinstock, dessen Ruf wie der Wein des Libanon ist" (Kap. 14, 4‑7).
Von Vers 7‑18 unseres Kapitels zeigt Gott, was Er an Israel getan hat, seitdem Er sie als aus Ägypten Erlöste in Kanaan eingeführt hatte. Dann spricht Er davon, was s i e getan hatten, indem sie zuerst "heimlich" Dinge gegen Jehova trieben, die nicht recht waren, und in dem Götzendienst der Nationen wandelten, die Gott vor ihnen ausgetrieben hatte, und in den Satzungen, welche die Könige gemacht hatten, mit Jerobeam I. beginnend, indem sie den Kälberdienst als nationale Religion zu Dan und Bethel errichteten. Ferner hatten sie in allen ihren Städten, von den Wachttürmen bis zu den festen Städten, Höhen gebaut und Bildsäulen errichtet, männliche und weibliche Götzenbilder, und waren darin weiter gegangen als Juda, das sich damit begnügt hatte, die Höhen, die einst dem Dienst Jehovas geweiht worden waren, beizubehalten und Stätten des tatsächlichen Götzendienstes daraus zu machen (V. 8‑12).
Jehova hatte gegen sie und gegen Juda durch alle Propheten gezeugt. Hatten sie auf sie gehört? Nein, sie hatten die Satzungen des Bundes verlassen, um sich dem schrecklichen Abfall hinzugeben, dessen verschiedene Arten in Vers 14‑17 beschrieben werden. Endlich hatte Gott in Seinem Zorn sie vor Seinem Angesicht hinweggetan, und es war nichts übriggeblieben, „nur der Stamm Juda allein". Gott erkannte Juda noch an, wenn auch nur noch für eine kurze Zeit.
In den Versen 19 und 20 erwähnt Gott Juda wie im Vorbeigehen.

 Weil es auch in den Satzungen wandelte, die von den zehn Stämmen gemacht waren, verwarf Gott schließlich den ganzen Samen Israels. Von Vers 21‑24 kommt Er jedoch auf Ephraim und auf seine Trennung vom Hause Davids zurück. Diese Trennung war ohne Zweifel ein Gericht gegen Salomo gewesen und als solches von Gott angeordnet worden; andererseits aber war sie die Frucht des bösen Herzens Israels, für das der Tempel Gottes zu Jerusalem geringe Bedeutung hatte, wenn es galt, eine von Juda unabhängige Nation zu werden. Vielleicht hätte Israel trotzdem nicht daran gedacht, sich eine Religion zu ersinnen, wenn nicht die politischen Pläne des Königs Jerobeam sein Volk gezwungen hätten, diesen Weg zu betreten. Jerobeam war ohne Gottesfurcht, .lenkte Israel von der Nachfolge Jehovas ab und verleitete sie zu einer großen Sünde" (V. 21). Andererseits aber "wandelten die Kinder Israel (sie waren also selbst schuldig) in allen Sünden Jerobeams, die er getan hatte; sie wichen nicht davon " (V. 22). Auch wurde Israel nach Assyrien weggeführt. Man sieht hier im 24. wie auch im 6. Vers, welch eine ungeheure Ausdehnung dieses Reich gewonnen hatte. Der König von Assyrien ließ Leute aus Babel und aus anderen Orten kommen, damit sie an Stelle der Weggeführten in den Städten Samarias wohnten.
Diese in das Land Israel gebrachten heidnischen Nationen fürchteten Jehova nicht. Er sandte Löwen unter sie, die sie töteten. Gott trug Sorge für das Land Seines Erbteils. Er ließ Sich Seine Rechte an Sein Land nicht nehmen. Er wollte nicht, dass es wieder dem Fluch anheimfiele, von dem Er es befreit hatte, als Er die Kanaaniter ausrottete. Wie groß auch der Verfall sein mochte, im Blick auf die Zukunft sollte der Name Jehovas nicht gänzlich dem Lande Israel entrissen werden, denn der Überrest des wahren Israel soll das Land ererben.
Die armen und unwissenden Heiden, die den Gott Israels ihren falschen Göttern gleichgestellt hatten, verstanden das Strafgericht Gottes durch die Löwen. Sie waren einsichtiger als das Volk Jehovas (V. 26). Der König von Assyrien lässt ihnen einen der weggeführten Priester senden, um "sie die Weise des Gottes des Landes zu lehren"; doch dieser Priester hatte selbst die abscheuliche Vermengung der Götzen mit der Religion des wahren Gottes unterstützt und konnte sie nur seine eigene Verderbtheit lehren, so dass sie einerseits lernten, " Jehova zu fürchten", während andererseits jeder sich seine Götter machte und "sie in die Höhenhäuser stellte, welche die Samariter gemacht hatten" (V. 29). 

Eine verderbte Religion ‑es ist nötig, diese offenkundige Tatsache noch besonders hervorzuheben ‑ kann die Menschen nicht zur Wahrheit leiten; sie wird sie immer nach ihrem Muster bilden. Auch heißt es: "Sie fürchteten Jehova, und sie machten sich aus ihrer Gesamtheit Priester der Höhen, welche für sie in den Höhenhäusern opferten" (V. 32). Hatte nicht Jerobeam bezüglich des Priestertums das auch getan? Was sie von dem Priester von Samaria lernen, bringt sie auf den gleichen Weg, nur gehen sie noch ein wenig weiter, und die Priester, die sie nach der Weise Jerobeams anstellen, werden ganz einfach Priester ihrer Götzen (Vergl. V. 29 mit V. 32). Das Wort Gottes wiederholt: "Sie fürchteten Jehova, und sie dienten ihren Göttern nach der Weise der Nationen, aus welchen man sie weggeführt hatte", aber es fügt im 34. Verse hinzu: "Bis auf diesen Tag tun sie nach den früheren Weisen: sie fürchten Jehova nicht, und sie tun nicht nach ihren Satzungen und nach ihren Rechten, und auch nicht nach dem Gesetz und nach dem Gebot, welches Jehova den Söhnen Jakobs geboten hatte, dem Er den Namen Israel gab".

Lasst uns nicht vergessen, dass die Furcht Jehovas, dieser erste Schritt auf dem Wege der Weisheit, nicht mit dem Götzendienst der Welt verbunden werden kann, mag es sich um die Götzen der Heiden oder um die der gegenwärtigen Welt handeln, die Christum verwirft und die Herrschaft Satans anerkannt hat. Die, welche dem Anschein nach Gott fürchten, fürchten Ihn in Wirklichkeit nicht, wenn sie Ihm nicht gehorchen, denn Ihn fürchten heißt Ihm gehorchen. Gott duldet keine Vermengung.
Beachten wir, wie sehr in dieser ganzen Stelle die Furcht Jehovas, der Anfang der Weisheit, ebenso sehr auf das Gewissen des Volkes (V. 35‑40) wie auf das der Nationen gelegt wird. Jehova hatte zu Israel gesagt: "Ihr sollt nicht andere Götter fürchten" (V. 35. 37. 38); „ihr sollt Jehova fürchten und ihn anbeten" (V. 36); „Jehova, euren Gott, sollt ihr fürchten, und er wird euch erretten aus der Hand aller eurer Feinde" (V. 39). In dieser kurzen Stelle kehrt das Wort „fürchten" elfmal wieder. Von diesem grundlegenden Gebot hing und hängt heute noch alles ab.
Was diese Nationen betrifft, so ließ sie Jehova durch den Angriff der Löwen Sein Missfallen fühlen und lenkte dadurch ihre Aufmerksamkeit auf Ihn hin.

 Dann überließ Er sie ihrer eigenen Verantwortlichkeit und befolgte so ihnen gegenüber denselben Grundsatz, der Ihn bei Seinem Volke geleitet hatte. Sie achteten hierauf ebenso wenig wie Israel. Aber welche der beiden Parteien war die schuldigere? Als die gefangenen Juden wieder in ihr Land zurückgeführt waren, um Christum aufzunehmen, verachteten sie die Samariter sehr und verkehrten nicht mit ihnen (Joh. 4, 9). ja, sie gingen sogar noch weiter und sagten zu ihrem Messias: Du bist ein Samariter! (Joh. 8, 48). So verurteilt der religiöse Mensch seine Mitmenschen, wiewohl er unter demselben Urteil steht, und so verurteilt er Gott! Der verworfene Jesus nimmt den Namen "Samariter" an, um in einem Gleichnis zu zeigen, dass trotz der entehrenden Stellung, die man Ihm gegeben hatte, Er allein der Spender der Gnade war, im Gegensatz zu dem religiösen Menschen, den seine Selbstgerechtigkeit hinderte, für das unglückliche Israel, das in die Hände der Nationen gefallen und von diesen ausgeplündert worden war, der Nächste zu sein!


Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige

Botschafter des Heils 1912 S. 225ff
KAPITEL 18‑25 DIE LETZTEN KÖNIGE VON JUDA

KAPITEL 18‑20 Hiskia, König von Juda

Nachdem die Geschichte Israels zu Ende ist, finden wir bis zum Schluss des Buches die Geschichte der letzten Könige von Juda. Lasst uns, bevor wir auf die Einzelheiten eingehen, einen allgemeinen Gegenstand von höchster Bedeutung näher betrachten, nämlich die Erweckungen des Endes.
Äußerlich wandelte Juda allerdings noch mit Gott, aber sein Verfall war schon lange offenbar. Er war ganz besonders hervorgetreten, seitdem der gottesfürchtige König Josaphat nach dem Bündnis mit Ahab getrachtet hatte. Obwohl Juda den äußeren Schein bewahrte, war es innerlich doch fern von Gott. Die Propheten Jesaja, Jeremia und Hesekiel unterrichten uns über seinen inneren Zustand. So sagt Jesaja, indem er den Zustand Judas in diesem Zeitabschnitt beschreibt: "Weil dieses Volk mit seinem Munde sich naht und mit seinen Lippen mich ehrt und sein Herz fern von mir hält, und ihre Furcht vor mir angelerntes Menschengebot ist: darum, siehe, will ich fortan mit diesem Volk handeln, wunderbar und wundersam; und die Weisheit seiner Weisen wird zunichte werden, und der Verstand seiner Verständigen sich verbergen" (Jes. 29, 13. 14). Und weiter: "Denn es ist ein widerspenstiges Volk, betrügerische Kinder, Kinder, die das Gesetz Jehovas nicht hören wollen" (Kap. 30, 9).

 Und wenn Sanherib im Begriff steht, in Juda einzufallen: "Die Sünder in Zion sind erschrocken, Beben hat die Ruchlosen ergriffen. Wer von uns kann weilen bei verzehrendem Feuer? wer von uns kann weilen bei ewigen Gluten? ‑ Wer in Gerechtigkeit wandelt und Aufrichtigkeit redet; wer den Gewinn der Bedrückungen verschmäht; wer seine Hände schüttelt, um keine Bestechung anzunehmen; wer sein Ohr verstopft, um nicht von Bluttaten zu hören, und seine Augen verschließt, um Böses nicht zu sehen" (Kap. 33, 14. 15). Es ist unnötig, weitere Stellen anzuführen. Wir werden übrigens Gelegenheit haben, hierauf zurückzukommen, wenn wir bei der Betrachtung der Regierung Josias bezüglich der inneren Geschichte Judas den Propheten Jeremia zu Rate ziehen werden.
Inmitten dieses Zustandes der Dinge hatte Ahas, der König von Juda, es sich zur Aufgabe gemacht, die grundlegenden Einrichtungen des Tempels Jehovas zu verändern. Man erfährt nichts davon, dass das Volk den geringsten Widerspruch gegen diese Entweihung erhoben habe. Es ließ ihn gewähren. Auch war unter der Regierung Ahas' der Zorn Jehovas gegen Juda entbrannt (2. Chron. 28, 9), indem Er es in die Hände Ephraims gab, und gegen Ahas selbst von dem es heißt, dass "er in Juda zügellos gehandelt und sich ganz treulos gegen Jehova gezeigt" habe (2. Chron. 28, 19). Nur der gottlose Manasse übertraf in späteren Tagen Ahas noch an Bosheit.
Zwischen diesen beiden Königen errichtete Gott in Juda ein Zeugnis. Wir treten damit in den Zeitabschnitt der eigentlichen Erweckungenn ein; die erste, mit der wir uns gerade beschäftigen wollen, war die Erweckung unter Hiskia, die zweite die unter Josia. Ein hervorstechender Charakterzug dieser Erweckungen ist, dass sie die bedingungslose Frucht der Gnade Gottes sind. Nichts lässt sie vorhersehen, keine vorbereitende Tätigkeit führt sie herbei, kein Anzeichen von Buße bei dem Volk geht ihnen voraus. Sie sind das unmittelbare Werk des Geistes Gottes und gehen in auffallender Weise mitten aus dem Verfall Judas hervor. Hiskia ist der Sohn eines gottlosen und den Greueln des Götzendienstes ergebenen Vaters; sein Sohn Manasse übertrifft Ahab an Abtrünnigkeit. Manasses Sohn Amon ist ebenso abtrünnig wie er. Aber dessen Sohn Josia, der Enkel Manasses, ist wieder das Werkzeug einer Erweckung in Juda. Nach ihm kommt der Zeitabschnitt des Endes, wo es scheint, als wolle die Leuchte Davids für immer erlöschen.
Diese Erweckungen haben für uns eine ganz besondere Bedeutung. 

Wir leben am Ende der Geschichte der Christenheit, die, abgesehen von dem heidnischen Götzendienst, in sittlicher Hinsicht ähnlich ist wie das Ende der Geschichte Judas. Das Gericht über den gegenwärtigen Stand der Dinge ist vorlängst durch das Wort Gottes ausgesprochen worden (siehe 2. Tim.; 2. Petr.; Judas), und niemand achtet darauf. Im Augenblick ihres plötzlichen Verderbens rufen die Menschen noch: "Friede und Sicherheit!" Die Gnade Gottes setzt gegenwärtig noch durch Erweckungen der alles fortreißenden Flut einen Damm entgegen. Er benutzt sie, um aus der schon verurteilten Masse eine kleinere oder größere Zahl von Seelen, die auf den Ruf Seines Evangeliums merken, herauszunehmen. Er bereitet auf diese Weise die Ankunft Seines Geliebten zur Aufnahme der Seinen vor, indem Er die Zahl der Auserwählten vollständig macht, damit nicht einer von ihnen beim letzten endgültigen Sammelruf fehle.
Diese Erweckungen des Endes tragen nicht alle den gleichen Charakter, doch wenn man sie von den vorhergegangenen Zurückführungen zur Gottesfurcht zu unterscheiden sucht, findet man zunächst, dass sie nicht nur die Person des Königs betreffen, sondern auch vom Volk geteilt werden. Ferner, dass sie trotz ihrer Mannigfaltigkeit ein Kennzeichen gemeinsam haben, nämlich den völligen Bruch der Überlieferungen, die durch ihr Alter den Augen der Menschen achtungswert erschienen, obgleich sie weder die Unterweisung des Heiligen Geistes zur Grundlage hatten, noch irgendwie von Gott angeordnet worden waren.

 Die Erweckungen des Endes sind mit einem Worte der Bruch mit der Überlieferung und die Rückkehr zu dem, was von Anfang war. Diese Tatsache fällt uns besonders in der Geschichte Hiskias und in der Geschichte Josias auf. David, das Haupt des königlichen Geschlechts, hatte nicht auf den Höhen geopfert; er war nur um eines besorgt: einen Ort für die Lade Jehovas zu finden. Nachdem dieser Ort in Zion gefunden war, hält er sich dort auf und übt da den Gottesdienst aus. Salomo folgt seinem Vater nicht auf diesem Wege; er weicht insofern davon ab, als er Jehova auf den Höhen opfert ‑ ein gefährlicher Brauch, der auch schreckliche Früchte trägt, wenn das Herdes Königs durch seine fremden Weiber mitfortgerissen wird (Vergl. 1. Kön. 11, 7. 8). Die Höhenopfer, eine Überlieferung der Regierung Salomos, wichen fortan nicht mehr aus Juda, ja, man kann sagen (worauf wir schon aufmerksam gemacht haben), dass die Höhen einen Teil seiner National-Religion bildeten.*) Wir sind daher berechtigt zu behaupten, dass diese Religion, obwohl sie Züge der Wahrheit beibehielt, das aufgegeben hatte, was im Anfang war und was nicht nur auf David, sondern auf Mose zurückging (siehe 5. Mose 12, 1‑3). Sie begünstigte das Bündnis Josaphats mit dem König von Israel, denn wenn auch kein sittliches Band zwischen den beiden Königen bestand, so machte doch die Gleichförmigkeit gewisser religiöser Übungen zwischen den beiden Völkern den gottesfürchtigen Josaphat blind für die Gottlosigkeit eines solchen Bündnisses.

 Eine derartig einsetzende Erschlaffung trägt früher oder später ihre Früchte. Der gottlose Ahas wagt sich nicht an die Höhen Salomos, wohl aber an Dinge, die von Salomo, nach dem im Anfang durch Jehova dem David mitgeteilten Muster, gemacht worden waren, das heißt an das Haus Gottes selbst. Er hält alle göttlichen, bei der Einrichtung des Tempels verkündigten Grundsätze für wertlos, wie man in unseren Tagen alle Glaubenssätze für wertlos hält, ohne vor der göttlichen Einrichtung der Dinge des Christentums mehr Achtung zu haben, als Ahas vor dem Altar und den Becken hatte.
Wir haben gesagt, dass der gemeinsame Charakter der Erweckungen des Endes die Trennung von der landläufigen Religion sei, um zu dem zurückzukehren, was im Anfang im Worte Gottes gelehrt worden ist. Wir finden daher unter Hiskia, dass er gänzlich alles zerstört, was auf die Höhen Bezug hatte, die Bildsäulen, die Aschera, den Weihrauch, die Priester und jene ganze Religion der Wahrsager, Geisterbeschwörer usw., zu der Israel verleitet worden war. Noch gründlicher ist sie unter Josia, der sie in dem ganzen Gebiet Kanaans durchführt. Beim Vergleich der Geschichte Josias mit der Hiskias werden wir die unterscheidenden Charakterzüge dieser Erweckung hervorheben; denn jede trägt einen besonderen Charakter, den verschiedenen Zeitabschnitten entsprechend, deren Bedürfnisse Gott kannte. Beschränken wir uns zunächst auf die Betrachtung der Erweckung, die die Regierung Hiskias kennzeichnete.


KAPITEL 18, 1‑18 Hiskia und die erste Erweckung

Die Mutter Hiskias war wahrscheinlich aus priesterlichem oder levitischem Geschlecht und der Herr benutzte sie bei der Erweckung ihres Sohnes, da Ahas, der Vater Hiskias, nur einen unheilvollen Einfluss hätte haben können. Doch wie es auch hinsichtlich der Einflüsse, ob günstig oder ungünstig, stehen mag, eines bleibt, nämlich dass die Gnade allein die Charaktere eines Hiskia und Josia erklärlich machen kann. Die letzten Könige von Juda, die trotz ihrer jüdischen Mutter oder ihrer gottesfürchtigen Väter gottlos waren, beweisen das.
„Er tat was recht war in den Augen Jehovas, nach allem was sein Vater David getan hatte" (V. 3). Gott vergleicht seine Treue mit dem durch David gegebenen Beispiel, und das ist um so bemerkenswerter, als es von seinen Vorgängern nicht gesagt wird. Jothain "tat was recht war in den Augen Jehovas, nach allem was sein Vater Ussija getan hatte" (Kap. 15, 34), Ussija "nach allem was Amazja getan hatte" (Kap. 15, 3); Amaiza nach allem was Joas getan hatte" (Kap. 14, 3). Das Wort Gottes macht die gleiche Bemerkung bei Josia wie bei Hiskia (Kap. 22, 2), indem es so die Tatsache bestätigt, dass diese beiden Könige zu dem zurückkehrten, was von Anfang war. Man kann heute nicht von einer wirklichen Erweckung reden, wenn sie nicht diesen Charakter hat.*) 
So war es auch in den Tagen Esras und Nehemias. Selbst in Zeiten des größten Verfalls kehrte das Volk zu den göttlichen Grundlagen und zum Worte Gottes zurück, indem es sich zugleich von jedem gemeinsamen Handeln und jeder Verbindung mit der Welt absonderte. In unseren Tagen behauptet man Erweckungen hervorzubringen, indem man die Verbindung mit der bekennenden Christenheit bestehen lässt, die Gott, den Herrn Jesum, den Heiligen Geist und das Wort entehrt! So war es nicht bei Hiskia. Er machte dem Verderben, das in Juda eingeführt worden war, keinerlei Zugeständnisse. 

Was ihn jedoch von uns als den Grundsätzen nach einfachen Christen unterscheidet, ist, dass Hiskia als König eine besondere Autorität und Verantwortlichkeit von seiten Gottes hatte, und dass es seine Pflicht war, diese seine Autorität zu gebrauchen, um das Volk zu reinigen ‑ eine Handlung, die (wie bei den vorhergegangenen Regierungen) seine Untertanen für seine persönliche Frömmigkeit hätte gleichgültig lassen können. Die Erweckung vollzog sich im Herzen des Königs, er selbst war deren treibende Kraft, und nunmehr erhob sich die Frage, ob Herz und Gewissen des Volkes dem gegebenen Anstoß folgen würden. In 2. Chron. 30, 10‑14 und 31, 1 sehen wir, dass der Eifer Hiskias seine Früchte trug und bei dem Volk Demütigung hervorrief und Einheit in Herz und Sinn, sich von dem Bösen zu reinigen. Nicht nur die aus Juda, sondern auch die Überreste von Ephraim, die bei der Wegführung im Lande geblieben waren, empfanden die gesegneten Wirkungen der Frömmigkeit des Königs, so dass die Werkzeuge des Götzendienstes nicht nur in Juda und Benjamin, sondern auch in Ephraim und Manasse zerstört wurden.
„Er tat die Höhen hinweg und zerschlug die Bildsäulen und rottete die Aschera aus, und zertrümmerte die eherne Schlange, welche Mose gemacht hatte; denn bis zu jenen Tagen hatten die Kinder Israel ihr geräuchert, und man nannte sie Nechustan (Ehernes)" (V. 4). An dieser Stelle wird die Reinigung dem König allein zugeschrieben. Sie war, was ihn betrifft, vollständig und ging bis zu der ehernen Schlange, die Mose einst gemacht hatte. Ist die Tatsache nicht eindrucksvoll, dass das Wort die eherne Schlange nach der Zeit, da Mose sie in der Wüste aufrichtete, gar nicht mehr erwähnt? Und doch hatte Israel sie mehr als 700 Jahre lang sorgfältig aufbewahrt, ohne Zweifel als Andenken an die durch dieses Mittel zu Gunsten des Volkes bewirkte wunderbare Rettung. 

Israel war durch sie geheilt worden; war es da nicht natürlich, dass man die Schlange als sichtbares Zeichen dieser Heilung aufbewahren wollte? Sie war etwas Ehrwürdiges, ein altersgraues Bild der Errettung von der Sünde und deren Folgen durch das Opfer Christi; aber sie war in den Händen des Feindes zu einem Mittel des Götzendienstes für das Volk geworden. man räucherte ihr. So bedurfte es des Einschreitens des treuen Hiskia, um diesen verborgenen Götzendienst der mit einer Form göttlicher Einsetzung umkleidet war, aufzudecken und zu beseitigen.
Diese Schlange war ein Symbol, also nicht etwas, das in sich eine wunderbare Eigenschaft besessen hätte. Die einzige Gelegenheit, wo man sie benutzt hatte, war nicht wiedergekehrt und konnte nicht wiederkehren; so hatte sie in sich selbst nicht mehr Wert, als irgendein anderes Nechustan oder Stück Erz. Die Nechustans, d. h. eine mehr verborgene, aber deshalb nicht weniger grobe Abgötterei, als der gewöhnliche Götzendienst, waren von jeher zahlreich in der Christenheit. Wie Nechustan, so hat auch das Kreuz Christi zu abergläubischen Gebräuchen Anlaß gegeben. Ein Stück des „echten Kreuzes" küssen, oder ein Stück Erz oder Elfenbein, das den auf dem Kreuze sterbenden Herrn darstellt, verehren, das ist allgemeiner Brauch in einem großen Teil der Christenheit. Der Mensch hängt sich an ein Symbol und erkennt ihm irgend einen Wert oder eine besondere Eigenschaft zu. Er macht aus dem Symbol seinen Gott. Ist das besser, als der Götzendienst, der die Eigenschaften Gottes zu Göttern macht? Gewiss nicht; es ist eine ebenso große Abgötterei wie jene und eine noch gefährlichere, weil sie sich eines Gegenstandes bemächtigt, der noch geweihter, noch heiliger ist: des Kreuzes, des Mittelpunktes aller Ratschlüsse Gottes, des Symbols der ewigen Liebe, um daraus ein Götzenbild zu machen, das die Augen des Fleisches sehen und die Lippen küssen können, während es selbst weder Augen zum Sehen noch Ohren zum Hören hat. 

Der Glaube wirft diese Dinge beiseite und nimmt sie für das, was sie sind: nicht mehr und nicht weniger als ein Stück Holz oder Erz.
„Er vertraute auf Jehova, den Gott Israels." Das ist der besondere und eindrucksvolle Charakterzug Hiskias und der Erweckung, die mit seiner Regierung verbunden war ‑ das Vertrauen auf Gott. Dieses Vertrauen ließ ihn jede menschliche Hilfe zurückweisen. Er suchte nicht, wie andere Könige, Hilfe bei Ägypten, um sich vor Assyrien zu retten (Jes. 30, 1‑5; 31, 1‑3); auch stützte er sich nicht, wie sein Vater, gegen andere äußere Feinde auf Assyrien, wiewohl sein Glaube selbst nach dieser Seite hin Schwächen zeigte, wie wir sehen werden.
Bezüglich des Vertrauens auf Jehova hatte Hiskia nicht seinesgleichen unter den Königen von Juda; und dieses Vertrauen ist unzertrennlich verbunden mit G e h o r s a m : "Er hing Jehova an, er wich nicht von ihm ab; und er beobachtete seine Gebote, die Jehova dem Mose geboten hatte". Ein sogenanntes Vertrauen auf Gott, das mit Ungehorsam gegen Gottes Wort verbunden ist, ist stets verdächtig. 

Wenn ich Vertrauen auf Gott habe, so hange ich Ihm an; und wenn ich Ihm anhange, so beobachte ich Sein Wort, und zwar beobachte ich es so, wie Er es mir im Anfang anvertraut hat, geradeso wie Hiskia das beobachtete, "was Mose geboten worden war. Man kann sicher Vertrauen auf Gott mit viel Unkenntnis vermischt finden, aber Unkenntnis ist nicht Ungehorsam. Doch wenn eine Seele die deutliche Offenbarung der Gedanken Gottes besitzt und dennoch ihre religiösen Formen, ihre Höhen und ihre Nechustans vorzieht, hat sie niemals ein wahres Vertrauen auf Gott. Ja, Vertrauen, Anhangen an dem Herrn und Gehorsam sind drei unzertrennliche Dinge.
Das Ergebnis des Glaubens Hiskias ließ nicht auf sich warten: .Jehova war mit ihm; überall, wohin er zog, gelang es ihm" ' Welch ein glücklicher Kreis von Segnungen! Die Gunst Gottes und geistliches Gedeihen begleiten die Treue. O teurer Leser, möchten diese Segnungen auch unser Teil sein.
Dann wird uns gesagt, dass Hiskia "sich gegen den König von Assyrien empörte und ihm nicht diente" (V. 7). Er handelte also im umgekehrten Sinn wie sein Vater Ahas. Ahas war durch Jesaja feierlich aufgefordert worden, den Angriff Rezins, des Königs von Syrien, und Pekachs, des Sohnes Remaljas, nicht zu fürchten, und war ermuntert worden, von seiten Jehovas ein Zeichen zu fordern, dass Seine Verheißung in Erfüllung gehen würde, aber er zog es vor, zu Assyrien seine Zuflucht zu nehmen. Gott verkündete ihm darauf, dass der König von Assyrien, auf den er sein Vertrauen setzte, "in Juda eindringen, und dass die Ausdehnung seiner Flügel die Breite des Landes Immanuels füllen würde" (Jes. 7, 1‑17; 8, 8). Hiskia handelte wohl Gott gemäß indem er diese Oberhoheit nicht anerkannte. Anders war es später für Juda, als es sich um Babel handelte (Vergl. Jeremia und das Ende unseres Buches). Sich gegen Nebukadnezar zu empören, als Gott ihm die Herrschaft übertragen hatte und sein Joch als Gericht über Juda benutzte, hieß sich gegen Gott empören. Im Falle Hiskias galt es, dem Assyrer eine Oberherrschaft nicht zuzuerkennen, die Gott ihm im Blick auf Juda in jenem Augenblick keineswegs übertragen hatte. Hiskia war ein Knecht Gottes und konnte nicht ein Knecht des Königs von Assyrien sein. Auch wird ihm der Sieg über die Philister (V. 8) gewährt infolge dieses Ver­trauens auf Gott, das ihn das Joch Assyriens hatte abschütteln lassen.
Doch im vierzehnten Jahre seiner Regierung sehen wir das Vertrauen dieses gottesfürchtigen Königs, den hervorstechenden Charakterzug seines Glaubens, wanken. Gott lässt so etwas manchmal zu, damit wir unsere Herzen kennenlernen und keinerlei Vertrauen auf uns selbst setzen. Die Geschichte der Männer des Glaubens von Abraham bis David bietet uns dafür zahlreiche Beispiele. Gerade im Blick auf dieses Vertrauen, das doch in so hervorragender Weise seinen Wandel kennzeichnete, tat Hiskia seinen ersten Fehltritt. Das schreckliche Missgeschick, das Israel durch den Einfall Salmanesers traf, bereitete ohne Zweifel die Erschütterung dieses Vertrauens vor, aber als Hiskia alle Städte Judas in die Hände des Königs von Assyrien fallen sah, entsank ihm der Mut.

 Er sendet zu ihm nach Lachis und lässt ihm sagen: "Ich habe gefehlt, kehre um von mir; was du mir auferlegen wirst, will ich tragen" (V. 14). Die Furcht befällt ihn. Gleich Petrus sieht er auf den Wind und die Wellen und verliert den Herrn aus dem Auge. Er vergleicht sich mit dem König von Assyrien, anstatt diesen mit Jehova zu vergleichen. Der König legt ihm einen Tribut auf. Hiskia gibt alles her, um den Tribut zu bezahlen, er bricht sogar das Gold von den Türflügeln und den Pfosten des Tempels Jehovas ab. Wozu nützt es ihm? Der Feind beachtet es gar nicht. Was macht es ihm aus, sein Wort zu brechen, wenn es sich um den verabscheuten Diener Jehovas handelt?*) Die Chroniken (2. Chron. 32, 1‑8) schweigen über diese Schwäche, um (wie Jes. 36) dazu überzugehen zu erzählen, was in unserem Kapitel vom 17. Verse an folgt. Das hat, wie wir im Laufe unserer Betrachtung oft gesehen haben, seinen Grund darin, dass es sich hier um die Geschichte des Königs in seiner Verantwortlichkeit handelt, während die Bücher der Chronika uns die Tätigkeit der Gnade Gottes im Herzen derer schildern, die Er zu Seinem Dienste benutzt. Diese Züchtigung war, wie wir im weiteren Verlauf der Ge­schichte sehen werden, voller Segnungen für das Herz Hiskias.


Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige

Beachten wir, ehe wir weitergehen, dass die Darstellung der Chronika (2. Chron. 29‑31) viel bei einem Teil der Tätigkeit Hiskias im Anfang seiner Regierung verweilt, den die Erzählung in den Büchern der Könige ganz mit Stillschweigen übergeht. In der Tat beschreiben die Chroniken fortgesetzt den Eifer Hiskias in der Wiederherstellung des Gottesdienstes und des Hauses Jehovas, während unsere Erzählung seine Energie schildert, sich vom Bösen abzusondern und das Volk davon zu reinigen. Diese beiden Charakterzüge sind mit einer wahren Erweckung unzertrennlich verbunden, und man kann sagen, dass die Rückkehr zu Gott notwendigerweise den Vorrang vor der Absonderung vom Bösen haben muss, oder, um mich anders auszudrücken, dass die Absonderung vom Bösen der Wiederherstellung unserer Beziehungen zu Gott folgt. Das ist so wahr, dass, wie die Chroniken uns zeigen, Hiskia "im ersten Monat des ersten Jahres seiner Regierung" es ,in seinem Herzen hatte, einen Bund mit Jehova zu machen, und dass die Heiligung des Tempels sogar " am ersten Tage des ersten Monats " begann (2. Chron. 29, 3. 10. 17). So nimmt dieser 25 Jahre alte König vom ersten Tag seiner Regierung an entschlossen die Sache Gottes in die Hand. Er besteigt den Thron jung, unerfahren, nachdem er unter der Regierung seines Vaters nur Dinge gesehen hatte' die geeignet waren, die Seelen von Jehova abzuwenden. Wie ist also sein Auftreten zu erklären? Er betritt seine Laufbahn ausschließlich im Glauben, der Frucht der Gnade!

„Und im vierzehnten Jahre des Königs Hiskia zog Sanherib der König von Assyrien, herauf wider alle festen Städte Judas und nahm sie ein" (V. 13). Hier sei eine geschichtliche Bemerkung eingeschaltet, die von Bedeutung ist. Hiskia hat 29 Jahre regiert. Im 14. Jahre seiner Regierung zieht Sanherib gegen ihn herauf. Das 20. Kapitel sagt uns, dass infolge seines Flehens, als er todkrank war, Jehova zu seinen Tagen 15 Jahre hinzufügte. Hiskias Krankheit lag also im Beginn des Einfalls und vor der Niederlage des Assyrers und wird uns nicht der geschichtlichen Reihenfolge nach erzählt.*) Auch werden diese Dinge in einer etwas unbestimmten Weise mitgeteilt: " In jenen Tagen wurde Hiskia krank zum Sterben" (Kap. 20, 1). Hieraus können wir die Tiefe der Prüfung ermessen, durch die dieser Mann Gottes geführt wurde. Auf der einen Seite die Eroberung seines ganzen Landes mit Ausnahme von Jerusalem (Kap. 18, 13), auf der anderen eine tödliche Krankheit, und zwar nachdem er seinem Volk den Dienst des wahren Gottes wiedergegeben, den Götzendienst ausgerottet und Juda von dem assyrischen Joch befreit hatte! Man versteht, dass sein Glaube in dieser äußerst schweren Probe gewankt hat, dass das Vertrauen auf Gott für einen Augenblick in seinem Herzen getrübt wurde.
Der König von Assyrien, der Lachis belagert und eingenommen hatte, sendet seine Diener nach Jerusalem, den Tartan oder den obersten Anführer seiner Heere, den Rabsaris oder Oberkämmerer, dessen Obliegenheiten nicht genau bekannt sind, und den Rabsake oder Obermundschenk, den Minister des königlichen Hauses und den Wortführer des Königs bei wichtigen Gelegenheiten. Sie halten vor Jerusalem, und die Diener des Königs Hiskia, Eljakim, Schebna und Joach, gehen zu ihnen hinaus. Von hier ab stimmt unsere Erzählung fast Wort für Wort mit der des Propheten Jesaja überein (Jes. 36 und 37).


KAPITEL 18, 19‑37 Die Rede des Rabsake

Der erste Teil der Rede des Rabsake (V. 19‑25) nimmt Bezug auf das Vertrauen Hiskias auf Jehova, ein Vertrauen, das seine Frömmigkeit kennzeichnete, wie wir gesehen haben. "Was ist das für ein Vertrauen, womit du vertraust?" "Auf wen vertraust du, dass du dich wider mich empört hast?" Hier zeigt sich unverblümt der schreckliche Stolz des Assyrers. Konnte Hiskia, seines Gebietes beraubt und in Jerusalem eingeschlossen wie ein Vogel in seinem Käfig, dem Heer des Assyrers Widerstand leisten? Der Gedanke, dass man auf einen unsichtbaren Gott vertrauen könne, und dass Hiskia andere leitende Grundsätze und andere Stützpunkte haben könne als die Welt, kommt dem Assyrer nicht. Wenn Hiskia auf jemand vertraute, so musste es auf Ägypten sein. Dieser Gedanke vermehrt noch den Zorn des Königs gegen Hiskia. Ägypten war gerade der Gegner, gegen den sein Feldzug gerichtet war, und wenn Hiskia sich empörte, so geschah es seiner Meinung nach, weil er von dort Hilfe erwartete. So war es mit allen umliegenden Nationen, die das auf ihnen lastende Joch Assyriens abgeschüttelt hatten. Unterschied sich Hiskia von diesen allen? Aber vielleicht behauptete er, auf Jehova zu vertrauen? „Wenn ihr zu mir sprechet: Auf Jehova, unseren Gott, vertrauen wir . . ." (V. 22) . Eitle Worte! War es nicht dieser Gott, 2dessen Höhen und dessen Altäre Hiskia hinweggetan hatte?" Sanherib redet so, weil er den wahren Gott nicht kennt und Ihn mit den Götzen verwechselt, die die Treue Hiskias zerstört hatte.
„Du hast gut reden, du vertraust auf Ägypten!" Niemals kann die Welt sich vorstellen, dass die Christen ihre Bundes­genossen nicht bei der Welt suchen, und wenn wir den Zustand der uns umgebenden Christenheit betrachten, so ist es auch kaum erstaunlich, dass sie so denkt. Wird die Religion von einer Gefahr bedroht, erleidet sie einen Angriff oder eine Verfolgung, so nimmt die christliche Welt, um dem zu entgehen oder davon befreit zu werden, sogleich ihre Zuflucht zu der Regierung der Welt. Das Verhalten, die Werke der Christenheit gründen sich auf den Einfluss der Welt oder auf deren geldliche Beihilfe.

Die guten Werke haben keine andere Stütze. Der Ungläubige ist deshalb gerechtfertigt, wenn er sagt: "Was heißt das: Wir vertrauen auf Jehova? Im Grunde vertraut ihr nicht mehr auf Jehova als wir!" Aber so war es nicht mit Hiskia. Er konnte den Assyrer reden lassen, denn er wusste, von welchen Göttern er sein Volk gereinigt hatte, und er wusste auch, auf welchen Gott er rechnen konnte.
Aber es gibt hierbei eine sehr ernste Sache zu beachten, nämlich dass die Untreue Judas dem Feinde Gelegenheit bot, den wahren Gott zu schmähen und Sein Dasein zu leugnen. "Die Höhen und Altäre, die ihr hattet, waren für euch Jehova", sagt der Feind gleichsam. Er kennt Jehova nur durch die Bilder, die Juda zu seinen Göttern gemacht hatte. Mit Recht konnte er ihnen sagen: "Ihr hattet die gleichen Götter wie ich, und ihr dientet ihnen gerade so wie ich. Wenn ihr nun heute saget: Wir vertrauen auf Jehova! wer ist denn dieser Jehova? Der der Höhen oder des Altars, den ihr soeben errichtet habt? Sind sie voneinander verschieden?"
Und nun, „Jehova hat zu mir gesagt: Ziehe hinauf wider dieses Land und verheere es!" (V. 25). Hatte der Assyrer nicht auch das Recht, von Jehova zu reden? Ich habe denselben Gott wie ihr, ich kenne ihn ebenso gut wie ihr. Hört man diese Worte nicht täglich in der Welt? Ein Krieg bricht zwischen zwei Völkern aus. Welches hat Gott für sich? Alle beide rufen Ihn, des Sieges gewiss, an. Wo ist der wahre Gott? Ach! selbst unter den christlichen Völkern weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Der wahre Gott wird von allen nicht gekannt. So war es nicht bei Hiskia. Sein Gottvertrauen wurde durch den Feind, der ihn beleidigte und verhöhnte, in Frage gestellt.
Was sollte er tun? Ihn reden lassen und schweigen und demütig auf Gott schauen. Der Feind sagt: Jehova ist mit mir gegen dich. Lass ihn reden, Hiskia, und vertraue auf deinen Gott, den der Feind nicht kennt!
Der Rabsake spricht zu dem Volk, das auf der Mauer ist, hebräisch. Die Diener Hiskias bitten ihn, syrisch zu sprechen­ er weist das mit schmähenden und höhnenden Worten zurück * Die Gefahr, das Volk der Mutlosigkeit anheimfallen zu sehen' hätte Hiskia mit Angst erfüllen können. Aber auch diese Gefahr lässt die Seele des Glaubenden in Ruhe und Frieden. Er hat nur zu schweigen. Sein Gottvertrauen genügt für alles.
Und jetzt greift der Rabsake die Person des Königs an. Hiskia ist ein Betrüger, ein Verführer. Er täuscht euch, indem er euch auffordert, euer Vertrauen auf Jehova zu setzen (V. 30). Höret nicht auf Hiskia! Höret auf den König von Assyrien! Der wird euch in Ruhe lassen, und dann wird er euch in "ein Land von Korn und Most, ein Land von Brot und Weinbergen, ein Land von Olivenbäumen und Honig holen", ein Land, das ebenso voll von Gütern ist wie das Land Kanaan. Dort werdet ihr wahren Überfluss finden (Vergl. 5.Mose 8, 7‑10). Allerdings werdet ihr dabei auch Knechte sein, aber der Assyrer hat euer Wohl im Auge!
So hat Satan stets zum Herzen der Menschen gesprochen. Wehe dem, der auf ihn hört! Denn niemals macht der Fürst der Welt einen Menschen glücklich. Muss man sich in einen Streit oder auch nur in eine Unterredung mit ihm einlassen, muss man ihm antworten? Unsere ersten Eltern haben eine nur zu ernste Erfahrung davon gemacht zu ihrem Verderben und dem ihrer ganzen Nachkommenschaft. Der Mann des Glaubens fühlt sich gar nicht versucht, dem Feinde zu antworten. „Und das Volk schwieg still und antwortete ihm kein Wort; denn es war das Gebot des Königs, der gesagt hatte: Ihr sollt ihm nicht antworten" (V. 36). Es gilt nur zu schweigen und den Feind seinen Drohungen und seinen honigsüßen Worten, zu überlassen. Das Volk hat Vertrauen zu dem Wort des Königs, seines Führers, und ahmt seinen Glauben nach. Gott benutzt diesen offenen Angriff des Assyrers auf Gott und Seinen Gesalbten, um das Volk zu befestigen und aufzuwecken.


KAPITEL 19 Sanherib und Jehova

Bevor wir weitergehen, möchte ich einige kurze Bemerkungen über die im Worte vorkommenden drei Schilderungen des Lebens Hiskias machen. Sie finden sich hier in 2. Kön. 18‑20, in 2. Chron. 29‑32 und in Jes. 36‑39. Nur der erste dieser drei Berichte beginnt mit der Empörung Hiskias gegen Sanherib, worauf der Einfall in Juda und die Demütigung des Königs, anlässlich seines Mangels an Vertrauen, folgte. Das hat seinen Grund darin, dass die Bücher der Könige uns die Laufbahn der unter Verantwortlichkeit gestellten Könige berichten. Die Zucht Gottes an Hiskia zeigte ihm in diesem Falle, dass das Vertrauen auf Jehova allein die Kraft hatte, ihn zu bewahren. Unser Bericht hier hebt auch vor allem den Charakter des wahren Zeugnisses zur Zeit des Endes hervor: jede Vermengung mit dem Götzendienst der Welt wird aufgegeben. Wir finden sodann den Angriff Sanheribs auf Jerusalem, hierbei wird das bedingungslose Vertrauen Hiskias zu Jehova auf eine Probe gestellt, aus der es siegreich hervorgeht.
In der Erzählung der Chronika finden wir den König nach den Ratschlüssen Gottes. Juda ist nur ein kleiner, unbedeutender, auf Jerusalem beschränkter Überrest. Der König erscheint vom ersten Tag an als von Gott für Sein Gnadenwerk zubereitet. Der Tempel Jehovas verbleibt dem Überrest, der seiner Hut wartet. Hiskia reinigt ihn, stellt den Gottesdienst in seiner Reinheit wieder her, während der Dienst der falschen Götter ausgerottet und abgeschafft wird. Der Überrest des Volkes erwirbt so das Recht, Träger des Zeugnisses Gottes zu sein. Doch die Stadt Gottes muss auch gegen den Feind beschützt werden, indem man ihm die Quellen abschneidet, die die Stadt ernähren; es bleibt ihm so nichts Gemeinsames mit dem Zeugnis übrig. Das Bild ist nach dem Maße und in den Grenzen des kleinen, gedemütigten Volkes vollständig. Die Geschichte des Angriffs Sanheribs auf Jerusalem ist hier viel kürzer als in den beiden anderen Berichten.
In Jesaja haben wir die Geschichte Hiskias vom prophe­tischen Gesichtspunkt aus. Nur drei Tatsachen werden in ihren Einzelheiten dargestellt. der Angriff Sanheribs, die tödliche Erkrankung Hiskias und darauffolgend der Besuch der babylonischen Gesandten, der prophetisch die Erhebung und den Fall Babels in Verbindung mit Juda erklärt. In dieser Darstellung ist Hiskia an einigen Punkten ein Vorbild des Messias, an vielen anderen ein Vorbild des Überrestes Israels. Der Überrest, zum Tode verurteilt, tritt gleichsam in ein Leben der Auferstehung ein. Die in den beiden anderen Berichten gleichfalls erwähnte Krankheit Hiskias bekommt in Jesaja eine ganz besondere prophetische Bedeutung durch die Erwähnung der „Aufzeichnung Hiskias", einer prophetischen Wehklage des Überrestes, der begehrt, Jehova zu preisen "im Lande der Lebendigen" (Jes. 38, 9).
Nehmen wir jetzt den Lauf unserer Erzählung wieder auf.
Nach den gegen ihn ausgestoßenen Drohungen des Assyrers geht Hiskia zum ersten Mal in das Haus Jehovas. Anscheinend blieb dem armen König wenig übrig. Juda war ausgeplündert, das assyrische Heer umlagerte die einzige Stadt, die sich noch hielt. Der Knecht Jehovas wurde verachtet, durch die Nationen wie ein Missetäter behandelt, der Name Jehovas mit Füßen getreten. Die Umstände waren so, dass man alles schweigend dulden und die Demütigung als die gerechte Vergeltung der Sünden des Ungehorsams des Volkes hinnehmen musste. Hatte dieser schwache „Überest, der sich noch vorfand" (V. 4), denn gar keine Hilfsquelle mehr? Doch, gewiss! Es blieb ihm der Tempel Jehovas, Seine geliebte Stadt, der Berg Zion, der Sohn und der Thron Davids, der Prophet, der Träger des Wortes Gottes; es blieb ihm viel mehr, als selbst David in der Höhle Adullam besaß.

 Das Fleisch konnte mutlos werden, der Glaube keineswegs; denn inmitten dieses namenlosen Unglücks besaß er alles, was seine feste Zuversicht ausmacht, alles, was in der Trübsal tröstet und erfreut, er besaß Emmanuel, die Gegenwart Gottes bei Seinem Volk. Ist es heute nicht ebenso? Suchet das Zeugnis Gottes inmitten einer Welt, die zum Abfall reif ist. Der Glaube allein kann es entdecken, "diesen Überrest, der sich noch vorfindet". Aber der Glaube entdeckt es auch. Er zieht das Haus Gottes allen Zelten der Gesetzlosen vor, das arme und niedergebeugte Volk jeder Wohlfahrt des Assyrers. Er hört auf die Stimme des Propheten und verschließt das Ohr vor den gotteslästerlichen Reden der Knechte des Feindes. Er schart sich um den Gesalbten Jehovas, und warum sollte er sich fürchten, da doch Jehova sieht und das Antlitz Seines Gesalbten anschaut?
Nicht als ob dieses Vertrauen die Angst ausschlösse, und die äußerste Gefahr nicht das Herz zusammenschnürte, oder man sich nicht in Sacktuch kleidete und seine Kleider nicht zerrisse zum Zeichen der Betrübnis, Demütigung und Trauer. Aber die Gefahr treibt Hiskia und sein Volk zum Hause Jehovas und zu den Aussprüchen Gottes, um von dort Rat, Kraft und Trost zu empfangen. "Dieser Tag ist ein Tag der Bedrängnis und der Züchtigung und der Schmähung; denn die Kinder sind bis an die Geburt gekommen, aber da ist keine Kraft zum Gebären" (V. 3). In Zeiten wie jene und wie die unsrigen muss man fühlen, dass es Tage "der Angst und der Züchtigung" sind, dass unser Teil eine tiefe Demütigung ist, dass wir, ähnlich diesem kleinen Überrest, „die Schmähung eines großen Volkes" auf uns zu nehmen haben, und dass wir das durch unsere Tränen und unsere Seufzer über den Zustand der Christenheit, die auf so schreckliche Weise den Herrn verunehrt hat, zum Ausdruck bringen müssen. Doch eines genügt dem leidenden Überrest und muss auch uns genügen: Jehova ist da; Er, nicht wir, ist verhöhnt worden. Nun, so wollen wir mit Hiskia sagen: Vielleicht wird Jehova alle Worte von dem, der den lebendigen Gott gehöhnt hat, hören und die Worte, die Er gehört hat, bestrafen (V. 4), und Jehova wird uns antworten.

 "Fürchte dich nicht", sagt Jesaja, "vor den Worten, die du gehört hast, womit die Diener des Königs von Assyrien mich gelästert haben. Siehe, ich will ihm einen Geist eingeben, dass er ein Gerücht hören und in sein Land zurückkehren wird; und ich will ihn durchs Schwert fällen in seinem Lande" (V. 6. 7). Das Wort Jehovas geht buchstäblich in Erfüllung. Die Nachricht, dass der König Tirhaka von Äthiopien (der Ägypten erobert hatte), gegen den König von Assyrien heranziehe, dessen Ziel gerade die Eroberung Ägyptens war, veranlasst den Assyrer, plötzlich aufzubrechen, um jenem entgegenzutreten.*) 
Doch vor seinem Abzug sendet Sanherib eine schriftliche Botschaft an Hiskia. Er hatte vorher dem Volk sagen lassen: "Dass euch Hiskia nicht täusche ... und euch nicht auf Jehova vertröste" (Kap. 18, 29. 30); jetzt sagt er zu Hiskia: "Dass dich nicht täusche dein Gott, auf den du vertraust (V. 10), indem er den Gott Hiskias den falschen Göttern gleichstellt, die er, der Assyrer, vertilgt hatte. Das war ein unmittelbares "Verhöhnen des lebendigen Gottes". Die Wut, die den assyrischen Herrscher erfüllte, als ihm seine Pläne durchkreuzt wurden und er sich in seinem Stolz verletzt sah, zeigt sich jetzt in ihrem wahren Charakter: dem Gott Israels gilt sein Zorn.
Zum zweiten Male geht Hiskia in das Haus Jehovas. Es handelt sich nicht mehr, wie in dem ersten Fall, um eine Demütigung für ihn, sondern um einen unmittelbaren Angriff auf den Namen Jehovas, den Hiskia ehrt. Gott soll von diesem Brief Kenntnis nehmen. Der König übergibt Ihm Seine eigene Sache, aber er weiß, dass Jehova um der Ehre Seines Namens willen Sein gedemütigtes Volk retten wird. "Und nun, Jehova, unser Gott, rette uns doch von seiner Hand, damit alle Königreiche der Erde wissen, dass du, Jehova, allein Gott bist" (V. 19).
Dann macht Jesaja den König mit dem Ausspruch Jehovas über den Assyrer bekannt. Wenn dem Hiskia die Interessen seines Gottes angesichts des Feindes am Herzen liegen, so antwortet ihm Jehova, dass Er nicht zulassen wird, dass die Welt die "Jungfrau, die Tochter Zion", verhöhnt, denn sie ist die Braut des großen Königs. "Es verachte dich, es spottet deiner die Jungfrau, die Tochter Zion; die Tochter Jerusalem schüttelt das Haupt dir nach" (V. 21). So tritt Gott für den Charakter und die Ehre Seiner Geliebten ein, die zwar schuldig, aber gedemütigt sind, wenn diese, für Ihn eintretend, Seinen Charakter und Seine Ehre für Ihn allein in Anspruch nehmen. Der Assyrer hatte in seiner Torheit seine Augen gegen den Heiligen Israels emporgerichtet. Er war zwar die Rute des Zornes Gottes gewesen.

 Gott hatte dies "von ferne her gewirkt", aber der Assyrer war auf seine Erfolge stolz geworden und hatte sich nicht gefürchtet, sich bis zu Gott zu erheben. Er hatte gesagt: " Ich habe erstiegen, ich will umhauen, ich will eindringen, ich habe gegraben, ich werde austrocknen . . ." (V. 23. 24), während doch Jehova es war, der den Umgang der Nationen und Seines Volkes durch ihn als Werkzeug bestimmt hatte (V. 25. 26). "Doch ich kenne", sagt Jehova "dein Sitzen, und dein Aus und Eingehen, und dein Toben wider mich. Wegen deines Tobens wider mich und weil dein Übermut in meine Ohren heraufgekommen ist, werde ich meinen Ring in deine Nase legen und mein Gebiss in deine Lippen, und werde dich zurückführen auf dem Wege, auf welchem du gekommen bist!" (V. 27. 28).
Jehova gibt dann Hiskia ein Zeichen für seine Befreiung: Im ersten Jahre würde man den Nachwuchs der Ernte essen, eine spärliche Ernte, die aber verhindern würde, dass sie Hungers starben. Das ist prophetisch die Geschichte der Bewahrung des Überrestes in Jerusalem. Im zweiten Jahre würde es ein kräftiges Wachstum geben; im dritten Jahre würde die Ernte kommen und die Frucht des Weinstocks. Jehova erklärt dem König dieses Gleichnis mit den Worten: "Das Entronnene vom Hause Juda, das übriggeblieben ist, wird wieder wurzeln nach unten und Frucht tragen nach oben. Denn von Jerusalem wird ein Überrest ausgehen, und ein Entronnenes vom Berge Zion. Der Eifer Jehovas wird solches tun!" (V. 30. 31). Der Überrest Judas wird aufs neue von Jehova gegründet und mit Seinen Segnungen überschüttet werden.
Wenn es so mit Jerusalem ist, mit wie viel stärkerem Recht ist es dann so mit der Gemeinde, der Braut Christi, dem schwachen Überrest inmitten der Trümmer, bei dem keine Kraft zum Gebären und der so erniedrigt ist dass der Feind sagen kann: "Dass dich nicht täusche dein Gott, auf den du vertraust". Doch er ist kostbar für Christum, der ihn mit sich auf Seinem Throne sitzen lassen und ihn pflanzen wird auf immerdar in den Vorhöfen Gottes als einen mit Blüten und Früchten beladenen Baum!
Der Assyrer sollte nicht in die Stadt kommen, auch keinen Pfeil darein schießen, noch einen Wall gegen sie aufschütten; und doch war Jerusalem in diesem Augenblick von dem feindlichen Heer umzingelt. Aber Gott schreitet ein um Seines Namens und um Davids, Seines Knechtes, willen, dem Er weder Seinen Bund noch Seine Verheißungen widerrufen wird (V. 32‑34).
In der Nacht, in der die Prophezeiung geschah, wurde das Lager der Assyrer geschlagen. Am Morgen waren sie allesamt Leichname. „Zur Beute sind geworden die Starkherzigen, sie schlafen ihren Schlaf; und keiner der tapferen Männer fand seine Hände. Vor deinem Schelten, Gott Jakobs, sind in tiefen Schlaf gesunken sowohl Wagen als Ross . . . als Gott aufstand zum Gericht, um zu retten alle Sanftmütigen des Landes" (Ps. 76, 5. 6. 9). So wird auch den Assyrer des Endes, den König des Nordens, sein Gericht treffen: "Gerüchte von Osten und von Norden her werden ihn erschrecken; und er wird ausziehen in großem Grimme, um viele zu vernichten und zu vertilgen. Und er wird sein Palastzelt aufschlagen zwischen dem Meere und dem Berge der heiligen Zierde. Und er wird zu seinem Ende kommen, und niemand wird ihm helfen­ (Dan. 11, 44. 45). Ihn selbst, das Haupt des Heeres, trifft das durch den Propheten über ihn ausgesprochene Urteil (V 37). Als er sich im Hause Nisroks, seines Gottes, niederbeugte, erschlugen ihn seine Söhne mit dem Schwert. Er hatte zu Hiskia gesagt: "Jehova wird dich nicht retten"; und siehe da, sein Gott Nisrok war nicht imstande ihn zu retten, als er sich vor ihm niederbeugte.
Wir sehen in all diesem die Fortschritte des Mannes Gottes und den Lohn, den sein Vertrauen auf Jehova empfängt. Im Anfang empört er sich gegen den Assyrer, als er (vielleicht aus Mangel an Selbsterkenntnis) ein Vertrauen, dem das Ich nicht fern stand, für reines Gottvertrauen hätte halten können. Dann verliert er es vor dem Feinde; aber Gott benutzt die Zucht, um ihm j e d e s Selbstvertrauen zu nehmen. In dieser Prüfung übergibt Hiskia, gebeugt über den Zustand des Volkes und keine Stütze in seinem eigenen Herzen suchend, alles Gott. Sein Vertrauen wächst in dem Maße, wie die Prüfung größer wird. Er denkt nicht mehr an sich, noch an sein Volk, es sei denn um sich zu verurteilen; er sucht nur die Verherrlichung Jehovas, verbindet jedoch damit die Rettung Israels. Gott antwortet ihm, indem Er ihm zeigt, dass Seine Gedanken ausschließlich mit Jerusalem, mit dem Sohn Davids und dem geliebten Überrest beschäftigt sind. Er rettet Sein Volk durch Gericht und antwortet auf das Gebet, das „der Überrest, der sich noch vorfindet", durch den Mund des Propheten an Ihn richtet (Kap. 19, 4).

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

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Botschafter des Heils 1912


KAPITEL 20, 1‑11 Hiskias Krankheit

„In jenen Tagen wurde Hiskia krank zum Sterben." Wie wir weiter oben gesagt haben, geht dieses Ereignis der Zeit nach dem Angriff des Assyrers auf Jerusalem voran, während es in den drei Schilderungen, die wir davon haben, darauf folgt. Das Buch der Chronika erwähnt es mit einigen Worten, das Buch der Könige sagt mehr darüber, und Jesaja schildert es im Einzelnen, denn dieser Prophet fügt ihm "die Aufzeichnung Hiskias" hinzu, die in den geschichtlichen Büchern sich nicht findet. Es gibt verschiedene Gründe für diese Umstellung. Der erste Grund ist wohl, dass die Rolle, die Babel spielen sollte, sich durch die Sendung der Boten an die Krankheit Hiskias knüpfte. Babel war dazu bestimmt, den Assyrer zu unterdrücken, dem es damals noch gehörte, und sollte fortan die Geschichte Judas in entscheidender Weise beeinflussen. Jene Rolle, das will sagen, die den Heiden übertragene Macht und die Errichtung des ersten Weltreiches, beginnt in den Wegen Gottes mit Seinem Volk erst dann hervorzutreten, wenn die geschichtliche (nicht die prophetische) Rolle Assyriens zu Ende geht. Der zweite Grund ist, dass die ganze treue Laufbahn Hiskias uns vor Augen gestellt werden musste vor der tödlichen Krankheit, die ihr ein Ende zu machen drohte. Das macht vom prophetischen Gesichtspunkt aus (namentlich bei Jesaja) die Tränen und das Flehen Hiskias um so bedeutungsvoller. Sein Tod konnte als ein Gericht Gottes erscheinen, nachdem sein ganzes Leben in Rechtschaffenheit vor Ihm dahingegangen war. Darum findet sich auch die Aufzeichnung Hiskias nur in der eigentlichen Prophezeiung, weil sie die Gefühle des dem Tode geweihten „Überrestes" beschreibt.
In der Tat, der Überrest wird berufen werden, ähnliche Umstände durchzumachen. Nachdem er rechtschaffenen Herzens gleichsam sein ganzes Leben hindurch, wie Hiskia, Gott gedient und sich vom Bösen und von jeder bösen Verbindung gereinigt hat, wird er innerlich erfahren müssen, was es ist, aus dem Lande der Lebendigen abgeschnitten zu werden, und das unter dem Gewicht des gerechten Zornes in den Regierungswegen Gottes mit dem Volke Israel, von dem der Überrest einen Teil bildet; doch er wird gerettet werden und zum Leben zurückkehren infolge des Anteils, den er an dem Tod und der Auferstehung des Messias haben wird.
Der dritte Grund ist, dass es in dem Buch, das uns beschäftigt, wichtig ist, die Erzählung nicht zu unterbrechen; sie beginnt mit der rechtmäßigen Empörung Hiskias, schildert dann den Einfall in Juda, wo das Vertrauen des Königs auf die Probe gestellt wird, und endigt mit der wunderbaren Rettung der Stadt als Antwort auf ein völliges Vertrauen auf Gott, zu einer Zeit, da jede menschliche Hilfsquelle unmöglich war.
Nachdem die Zucht Gottes Hiskia in seinen Umständen getroffen hatte, trifft sie ihn jetzt in seiner Person : „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen". Er muss sterben; welch eine unbegreifliche Sache! Ein Mann, der sagen konnte: "Ach, Jehova! gedenke doch, dass ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor deinem Angesicht gewandelt, und getan habe was gut ist in deinen Augen", ein solcher Mann soll in der Blüte seines Lebens sterben! Für einen gottesfürchtigen Juden war das Wandeln vor Gott im Lande der Lebendigen das offenbare Zeichen Seiner Gunst. 

Diese Gunst wandte sich also vom König ab! Gott ließ vierzehn Jahre der Hingebung für Ihn, für Seine Sache und für Sein Haus unberücksichtigt! Hiskia wurde weggeworfen wie ein unnützes Werkzeug, und zwar in dem Augenblick, als seine Frömmigkeit und sein Gottvertrauen in besonderem Glanz ans Licht getreten waren! Das Reich, das Gott ihm anvertraut hatte, sollte in andere Hände fallen, die weniger rein waren als die seinen!
Das alles redet zu uns von dem, was den Messias getroffen hat, von dem Hiskia nur ein schwaches Vorbild war. Auch Er sollte in der Hälfte Seiner Tage abgeschnitten, sollte niedergeworfen werden, nachdem Er sehr hoch erhöht worden war; auch Er, der treue Zeuge, der nur den Willen Gottes getan hatte, hat den Tod erleiden, hat weggehen müssen, indem Er "nichts hatte" (Dan. 9, 26); auch Er hat Sein Reich und Seine ganze irdische Herrlichkeit aufgeben müssen! Doch Christus litt dies, weil Er (was bei Hiskia nicht der Fall sein konnte) die Sünde eines großen Volkes trug, und weil Er das gerechte Verdammungsurteil Gottes an unserer Stelle erdulden musste. Ein Mensch wie Hiskia vermochte keineswegs seinen Bruder zu erlösen, noch Gott sein Lösegeld zu geben (Ps. 49, 7); aber er konnte die Erfahrung des gerechten Zornes Gottes in Seiner Regierung machen, und das ist es auch, was dem Überrest widerfahren wird. Wie Hiskia, der aus der Tiefe seine Stimme zu Gott erhob, so wird auch er erfahren, dass Jehova nicht auf seine Ungerechtigkeit merkt, weil Er sie an dem Messias heimgesucht hat.
Nur insoweit Hiskia an den Erfahrungen Christi teilnimmt, kann er in der vorliegenden Stelle als ein Vorbild von dem Messias betrachtet werden.

 Persönlich, wie bei dem Herrn, hatte „der Eifer um das Haus Gottes ihn verzehrt", persönlich auch, doch nicht ohne Mängel, hatte er sagen können: „Ich habe auf dich vertraut"; persönlich, wenn es sich um das Sterben handelte, schien er ohne Ursache aus dem Lande der Lebendigen abgeschnitten zu werden; doch Hiskia war ein Sünder, und als solcher bedurfte er, dass ein anderer seinen Platz unter dem Gericht Gottes einnahm.
„Hiskia weinte sehr" (V. 3), Niemals weinte der Herr über das Los, das Ihm bevorstand, denn Er war in diese Welt gekommen, um zu sterben. Er weinte über das widerspenstige Jerusalem; Er weinte am Grabe des Lazarus, als Er die Macht des Todes auf dem gefallenen und unglücklichen Menschen lasten sah, aber nie weinte Er über Sich Selbst. Nur in eine in Sinne hat Er wie Hiskia "Bitten und Flehen dem, der ihn aus dem Tode zu erretten vermochte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht, aber Er tat das nicht wie Hiskia, um nicht zu sterben, sondern um aus dem Tode errettet zu werden, um durch die Auferstehung von den Hörnern der Büffel befreit zu werden, damit nicht die Frucht Seines Werkes verlorengehe. Bei Hiskia waren die Tränen am Platze, wie sie bei dem treuen Überrest am Platze sein werden. Er musste lernen, das Todesurteil als ihm gebührend anzunehmen, zu sagen, ohne sogleich den Zweck Gottes zu verstehen: "Was soll ich sagen? Dass er es mir zugesagt und es auch ausgeführt hat"; und schließlich, am Ende all seiner Beängstigungen, zu verstehen, dass „Jehova bereit war ihn zu retten"(Jes. 38,15‑20).
Gottes Antwort lässt nicht auf sich warten: "Und es geschah, Jesaja war noch nicht zur mittleren Stadt hinausgegangen, da geschah das Wort Jehovas zu ihm also: Kehre um und sprich zu Hiskia, dem Fürsten meines Volkes: So spricht Jehova, der Gott deines Vaters David: Ich habe dein Gebet gehört, ich habe deine Tränen gesehen; siehe, ich will dich heilen; am dritten Tage wirst du in das Haus Jehovas hinaufgehen­(V. 4. 5). Kaum ist die Seele Hiskias bis auf den Grund erfasst, da kommt das Wort Gottes zu Jesaja. Man fühlt: Gott hatte vorher für den König alles in Bereitschaft, was Er hier seiner Betrübnis gewährt. Hiskia wird durch eine Art Auferweckung ins Leben zurückgebracht. Jesaja sprach: Holet einen Feigenkuchen. Und sie holten ihn und legten ihn auf das Geschwür; und Hiskia genas."

 Scheinbar hat das Mittel gar keinen Wert aber angewandt nach dem Worte des Propheten beweist es sich als die Kraft Gottes zum Heil.
„Und Hiskia sprach zu Jesaja: Welches ist das Zeichen, dass Jehova mich heilen wird, und dass ich am dritten Tage in das Haus Jehovas hinaufgehen werde? Und Jesaja sprach: Dies wird dir das Zeichen sein von seiten Jehovas, dass Jehova das Wort tun wird, welches Er geredet hat: Soll der Schatten zehn Grade vorwärtsgehen, oder soll er zehn Grade zurückgehen? Und Hiskia sprach: Es ist dem Schatten ein Leichtes, zehn Grade zu fallen; nein, sondern der Schatten soll zehn Grade rückwärtsgehen. Da rief der Prophet Jesaja zu Jehova; und er ließ den Schatten an den Graden, welche er am Sonnenzeiger Ahas niederwärts gegangen war, um zehn Grade rückwärtsgehen" (V. 8‑11).
Ahas hatte diese Sonnenuhr errichtet. Seit seiner Regierung rückte der Schatten vor, die Zeit eilte schnell dahin und musste bis zur Nacht gehen, bis zum völligen Verschwinden des Reiches unter dem Gericht Gottes. Jehova konnte dieses Ende beschleunigen, denn das Maß war voll, doch es gefiel Ihm, dem Wunsch des gottesfürchtigen Königs und der Bitte des Propheten zu entsprechen, indem Er die Stunde verzögerte, anstatt sie zu beschleunigen, und so der Kraft des Königs eine neue Grenze setzte. Doch dieses Wunder hat eine noch tiefere Bedeutung. Es weist darauf hin, dass Gott die ganze Ordnung der Natur und die Gesetze, die den Sünder dem Tode unterwarfen, umkehren könnte und umkehren würde, um so die Rettung Seiner Geliebten zu vollführen.

 Der Tod hat nicht mehr seinen verderblichen Lauf; das Leben, das seinem Ende zugeht und dann, wie das Tuch des Webers, von der Kette abgeschnitten wird, beginnt für den treuen Überrest von neuem in der Auferweckung des Messias, seines Stellvertreters. Für uns beginnt es wieder in ewigem Leben durch die Auferweckung des Heilandes. Das ist das Zeichen, das Hiskia fordert. Seine Bitte bezeichnet ein völliges Vertrauen auf Gott, der allein Unmögliches mit Unmöglichem ausführen kann. Indem Jehova, um uns zu retten, das, was infolge der Sünde für uns die Ordnung der Natur geworden war, in Christo umkehrte, stellte Er uns die Erfüllung Seiner Ratschlüsse in bezug auf uns sicher.
„Am dritten Tage wirst du in das Haus Jehovas hinaufgehen. „So geben uns der Tod und die Auferstehung Christi am Ende von drei Tagen einen freien Eintritt ins Heiligtum.
Hiskia hatte schon, ohne es zu fordern, ein Zeichen der endgültigen Niederlage des Feindes in der Tatsache erhalten (Kap. 19, 29‑31), dass Gott ohne irgendein menschliches Hilfsmittel diesen Überrest am Leben erhalten würde, aus dem Er das neue Israel bilden wollte; er erfährt hier, durch welches Mittel dieser Überrest gerettet werden wird.
Lasst uns, bevor wir diesen Teil der Geschichte Hiskias verlassen, beachten, welch eine bemerkenswerte Rolle der Prophet Jesaja in allen diesen Ereignissen spielt. Gleich dem Wort Gottes, das er darstellt ist er der Träger des Todesurteils über den besten der Menschen, die ja alle zu einem sündigen und gefallenen Geschlecht gehören. Das Todesurteil wird ausgesprochen, ohne dass es eine Berufung dagegen gibt. Diese Botschaft bringt in der Seele, die sie empfängt, tiefe Betrübnis hervor. Dann aber verkündigt Jesaja sofort die glückliche Botschaft von der Heilung des Königs. Er gibt zugleich das Mittel an, durch das diese Heilung bewirkt werden kann, und legt es auf die tödliche Wunde. Er macht schließlich das Zeichen bekannt, durch das Jehova, indem Er die Ordnung der Natur umkehrt, sich dafür verbürgt, dass Er, was Er versprochen hat, auch ausführen wird. Das alles findet statt kraft der Vermittlung des Propheten, der "zu Jehova rief"; denn Segnungen besitzt man nur durch die persönliche Vermittlung des Herrn Jesu. So haben wir hier ein vollständiges Beispiel von dem, was das Evangelium der Seele des Sünders bringt.


KAPITEL 20, 12‑19 Die Gesandtschaft Babels*)

Eine kurze Stelle in den Chroniken, die einzige in diesem Buch, die über den ganzen Inhalt unseres Kapitels redet, unterrichtet uns über den Herzenszustand Hiskias, als der König von Babel die Gesandtschaft schickte: "In jenen Tagen wurde Jehiskia krank zum Sterben; und er betete zu Jehova. Und Jehova redete zu ihm und gab ihm ein Wunder. Aber Jehiskia. vergalt nicht nach der Wohltat, die ihm erwiesen worden war, denn sein Herüberhob sich; und es kam ein Zorn über ihn und über Juda und Jerusalem. Da demütigte sich Jehiskia wegen der Überhebung seines Herzens, er und die Bewohner von Jerusalem; und der Zorn Jehovas kam nicht über sie in den Tagen Jehiskias" (2. Chron. 32, 24‑26). Hier werden uns die Gefühle gezeigt, die den König erfüllten, als er die Gesandten Babels empfing: „sein Herz überhob sich". Unter Berodak-Baladan war Babel noch nicht das, was es später wurde. Sein König hatte sich von der Lehnsherrschaft Assyriens befreit und suchte sich vor einem Gegenangriff dieser Macht dadurch zu schützen, dass er unter den Völkern, die westlich von seinem Reich wohnten, Freunde oder Bundesgenossen suchte. 

So schickte er durch seine Gesandten einen Brief und ein Geschenk an Hiskia. Unsere Stelle sagt, dass "Hiskia sie anhörte". Sie hatten also irgendein Gesuch an ihn, wohl irgendein Bündnis ihm vorzuschlagen gegen den gemeinsamen Feind, dessen Joch auch Hiskia abschüttelte. Das Wort sagt uns nicht, dass ein Bündnis geschlossen worden ist, wohl aber, dass der König die Gesandten freundlich empfangen hat. Hiskia macht hier noch einmal die demütigende Erfahrung, dass sein Gottvertrauen nicht unbedingt war. Nach der Erzählung der Chronika (Kap. 32, 27‑31) hatte Gott ihn für seine Treue während der ersten vierzehn Jahre seiner Regierung in reichem Maß gesegnet: "Er hatte sehr viel Reichtum und Ehre", und in diesem Augenblick kamen die Gesandten der Fürsten von Babel zu ihm, um nach dem Wunder zu fragen, welches im Lande geschehen war". Das war der von Berodak-Baladan angegebene Zweck; seine geheime Absicht schmeichelte dem Stolz Hiskias. Bei dieser Gelegenheit „verließ ihn Gott, um ihn zu versuchen, damit er alles erkännte, was in seinem Herzen war" (V. 31). Sich selbst überlassen, "überhob sich sein Herz". Er zeigte die Reichtümer, die Gott ihm gegeben hatte, um sich in den Augen der Fremden Anerkennung zu verschaffen, statt vor diesen Götzendienern den Gott zu verherrlichen, der ihn durch ein Wunder vom sicheren Tode errettet und seine Schatzkammern mit Reichtümern gefüllt hatte. 

Die Schatzkammern samt dem ganzen Zeughause, sein eigener Palast, seine Krongüter ‑ alles ging an den Augen einer missgünstigen Welt vorüber, die nur auf der Oberfläche ein Freund der Heiligen und des Volkes Gottes sein kann. Und siehe da, in einer ziemlich nahen Zukunft "wird alles, was seine Väter aufgehäuft hatten, nach Babel weggebracht" (2. Kön. 20, 17; Jes. 39, 6). Wie uns die Chroniken sagen, "kam ein Zorn über ihn und über Juda und Jerusalem", und Hiskia hat die schmerzliche Erfahrung davon machen müssen. Doch in der Zwischenzeit war seine Seele gedemütigt und wiederhergestellt worden; er war zubereitet, wie er in seiner Aufzeichnung sagt, sachte zu wallen ",alle seine Tage (die 15 Lebensjahre, die er vor sich hatte) wegen der Betrübnis (eig. Bitterkeit) seiner Seele". Sanftmut und Bitterkeit miteinander vereinigt! Zwei dem Anschein nach so unvereinbare Dinge vereinigen sich ganz gut bei dem Christen. Mit der Bitterkeit der Zucht, durch die wir zerbrochen werden, verbindet sich das unaussprechlich süße Bewusstsein der Liebe des Vaters, der uns jene auferlegt!
Jesaja erscheint hier in einer neuen Rolle, in der Weise des Wortes, das uns durchdringt und erforscht. Ein Glück für uns, wenn wir, wie Hiskia, nicht den Versuch machen, etwas vor Dem zu verbergen, mit dem wir es zu tun haben. Der gottesfürchtige König gesteht und erkennt alles an vor dem Propheten. "Was haben diese Männer gesagt? und woher sind sie zu dir gekommen?" fragt Jesaja. „Aus fernem Lande sind sie gekommen, von Babel", antwortet Hiskia. Hatte dieses ferne Land", wo der verlorene Sohn in seinen Vergnügungen, fern von dem Angesicht Gottes, leben konnte, irgendetwas mit der Gegenwart Gottes zu tun? (Luk. 15, 13). Diese Männer kamen von "Babel", dem Ursprungsort der Auflehnung gegen Gott und des Götzendienstes. Hiskia hatte keinen Bund mit ihrem König geschlossen, hatte sich aber durch Freundschaft mit ihm verbunden.

 Der Prophet fragt: „Was haben sie in deinem Hause gesehen?" Der König erwidert, immer mit gleicher Aufrichtigkeit: „Sie haben alles gesehen, was in meinem Hause ist; es gibt nichts in meinen Schätzen, was ich ihnen nicht gezeigt hätte". Dann kündigt Jesaja das Gericht Jehovas an: „Höre das Wort Jehovas! Siehe, es kommen Tage, da alles was in deinem Hause ist und was deine Väter aufgehäuft haben bis auf diesen Tag, nach Babel weggebracht werden wird; e s wird nichts übrigbleiben. ‑ Ist das nicht schließlich das Wort der Schrift, wenn unsere Herzen sich durch die Dinge der Erde haben anziehen lassen und stolz geworden sind? „Die Welt vergeht und ihre Lust." Nichts wird davon übrigbleiben!
Hiskia hat Jehova nichts verborgen und nimmt in völliger Demut Seinen Urteilsspruch an. Sein Wort erinnert an das Wort Davids: "Ich habe gegen Jehova gesündigt"; doch es enthält noch mehr: "das Wort Jehovas, das du geredet hast, ist gut ", sagt Hiskia (V. 19). Er nimmt mit einem zerknirschten Herzen die Folgen seiner Handlungsweise auf sich. Das Zeugnis, das Gott ihm anvertraut hatte, kommt nicht unbeschädigt aus seinen Händen; ganz im Gegenteil, es ist hoffnungslos zerstört. Jene Erweckung, die in der Frische der göttlichen Kraft begonnen hatte, und dessen Werkzeug er gewesen war, nimmt ein Ende durch seine Verfehlung. Doch persönlich haben Herz und Gewissen Hiskias bei diesen Erfahrungen gewonnen. Wenn sein Zeugnis sich nicht hat halten können und in Verfall geraten ist, so hat doch seine Seele durch die Zucht die Gemeinschaft mit dem Herrn und jenes demütige Vertrauen auf Ihn wiedergefunden, das sie für einen Augenblick aufgegeben hatte, und so durch die schmeichlerischen Worte des Feindes eingenommen wurde.
„Da demütigte sich Hiskia wegen der Überhebung seines Herzens, er und die Bewohner von Jerusalem", berichtet uns die Chronika (2. Chron. 32, 26). Ein glückliches Ergebnis der persönlichen Demütigung, das auch bei anderen durch sie hervorgebracht wird! Wenn der Assyrer vor den Toren Jerusalems erscheint, sind König und Volk nur ein Herz und ein Gedanke, um ihm nicht zu antworten und im Vertrauen auf Jehova seine Drohungen zu verachten. Nachdem die Zucht ihre Früchte hervorgebracht hat, wird die Bitte Hiskias: „Nicht wahr, es wird Friede und Bestand sein in meinen Tagen?" erhört. „Der Zorn Jehovas kam nicht über sie in den Tagen Jehiskias" (2. Chron. 32, 26).

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige 21,1-18


KAPITEL 21, 1‑18 Manasse

Oft folgt auf eine Zeit der Erweckung ein um so schnellerer Niedergang; und beachten wir, es ist nicht gesagt, dass Gott einen solchen Zustand der Dinge in besonderer Weise durch Seine Gerichte zu erkennen gebe. So z. B. hat Manasse am längsten regiert von allen Königen von Juda und Israel, obwohl zu seiner Zeit der Götzendienst wahrlich überflutete. Man kann den Zustand der Menschen nicht nach der größeren oder geringeren Strenge der Wege Gottes mit ihnen beurteilen. Das war gerade der Irrtum der Freunde Hiobs, die seinen Charakter nach den ihm auferlegten Prüfungen beurteilten und meinten, wenn Prüfungen fehlen, daraus auf eine entsprechende Gerechtigkeit des Menschen schließen zu können. Manasse beginnt seine Regierung im Alter von 12 Jahren und setzt sie 55 Jahre lang zu Jerusalem fort. Der Name seiner Mutter war: Hephzi-Bah, "meine Lust an ihr", der Name, den Jehova sogar dem wiederhergestellten Jerusalem geben wird (Jes. 62, 4). Für jenen Augenblick hatte Hephzi-Bah leider ein Scheusal geboren, einen Gegenstand des Missfallens Jehovas. Ist das vielleicht der Grund, weshalb weder der Vater noch der Geburtsort der Mutter Manasses erwähnt werden?
Manasse baut die von seinem Vater zerstörten Höhen wieder auf, errichtet dem Baal Altäre, macht ein Bild der Venus Astarte, deren unreiner Dienst sogar die Götzendiener entehrte, stellt ihr Bild in den Tempel, errichtet Altäre im Hause Jehovas und in den beiden Vorhöfen, dient den Sternen des Himmels, opfert seinen Sohn dem Moloch, treibt Wahrsagerei und Zauberei, und verleitet durch sein ganzes Verhalten das Volk Jehovas zum Bösen. Es hat in Juda nie einen schrecklicheren König gegeben als ihn.

 Dennoch war seine Regierungszeit äußerlich günstig; sie währte zunächst außergewöhnlich lange, und dann sehen wir nicht, mit Ausnahme eines Falles, dass Manasse sein Volk in besondere Schwierigkeiten gebracht hätte. Wir wiederholen deshalb: Gott beurteilt die Handlungen der Menschen nach dem, was sie Ihm gegenüber sind, Er urteilt nicht nach ihrem Verhalten gegen die Welt. Ist wohl ein Gottesleugner in Gottes Augen weniger schuldig, wenn er sich irgendeiner menschenfreundlichen Bestrebung widmet? Keineswegs. Die Menschen werden danach beurteilt, wie sie Gott und Seinen Christus geachtet haben, und wenn ihre Werke nicht den Vater und den Sohn zum Gegenstand haben, so sind die Werke böse. So war es bei Kain, der durch die reichen Früchte seiner Arbeit sich ein Verdienst zu erwerben meinte, während er seinen Bruder Abel hasste.
Die Taten Manasses riefen das Gericht herbei, aber Gott hatte mit Seinem Zeugnis in Juda noch nicht aufgehört. "Da redete Jehova durch Seine Knechte, die Propheten" (V. 10). So bleibt das Wort Gottes noch die einzige Zuflucht in diesen bösen Zeiten, obwohl es nur noch das Zeugnis ist von dem ,nahe bevorstehenden Gericht für das Volk, einem Gericht oder Urteilsspruch, wogegen es keine Berufung gab. "Ich werde über Jerusalem die Messschnur Samarias ziehen ‑und das Senk­blei des Hauses Ahabs, und ich werde Jerusalem auswischen, wie man eine Schüssel auswischt ‑ hat man sie ausgewischt, so kehrt man sie um auf ihre Oberseite. Und ich werde den Überrest meines Erbteils verstoßen und sie in die Hand ihrer Feinde geben, und sie werden allen ihren Feinden zum Raub und zur Plünderung werden; weil sie getan was böse ist in meinen Augen, und mich stets gereizt haben, von dem Tage an, da ihre Väter aus Ägypten gezogen sind, bis auf diesen Tag" (V. 13‑15). Jehova verbindet so den Zustand des Volkes mit dem Auszug aus Ägypten. Von diesem Augenblick an hatten sie gesündigt. Konnte man sagen, oder wird man sagen können, dass Gott nicht Geduld geübt habe gegen die, über die Sein Name angerufen wurde? 
Das Wort fügt hinzu: "Manasse vergoss auch sehr viel unschuldiges Blut, bis er Jerusalem damit erfüllte von einem Ende bis zum anderen" (V. 16). Manasse verfolgte also das Volk Gottes, die, die an allen diesen Schändlichkeiten unschuldig waren. Gott läßt uns hier bei diesem schrecklichen Schauspiel, das die göttliche Rache herbeiführt, stehen, aber die Chroniken, denen es immer gefällt, das Wirken der Gnade festzustellen, geben uns Auskunft über das Ende der Geschichte Manasses. Er hatte bis zu einem gewissen Punkt in seiner Geschichte die Oberherrschaft der Könige von Assyrien ertragen. Auf Sanherib war Esar-Haddon gefolgt (2. Kön. 19,37), dann dessen Sohn Asurbanipal.

 Babel, welches das Joch Assurs unter Berodak-Baladan abgeschüttelt hatte, war bald wieder erobert und unter die Herrschaft der Könige von Assyrien zurückgebracht worden. Manasse, der wahrscheinlich in eine Verschwörung dieser orientalischen Könige gegen die harte Dienstbarkeit Assyriens verwickelt war, wird mit ehernen Ketten gefesselt nach Babel gebracht. Das sind, soweit man aus der Geschichte schließen kann, die wahrscheinlichen Ursachen dieser grausamen Gefangenschaft, doch die wahre Ursache wird uns im Worte enthüllt, wenn wir lesen: „Jehova ließ über sie (d. i. über Manasse und sein Volk) die Heerobersten des Königs von Assyrien kommen" (2. Chron. 33, 11). 
Die Absicht Gottes, der nicht den Tod des Sünders will, wurde erreicht. Manasse demütigte sich, indem er sein ganzes Verhalten vor Gott verurteilte, und Gott führte ihn nach Jerusalem und in sein Reich zurück. Dann wurde er ebenso eifrig, das, was er angebetet hatte, zu verbrennen, wie die gottesfürchtigen Könige, die seinem Vater Hiskia vorangegangen waren; und das Volk betrat den gleichen Weg. Doch die Höhen wurden nicht zerstört. Es war nicht eine eigentliche Erweckung, sondern eine Umkehr zu Gott infolge der Trübsal, die bewirkt, dass der Elende zu Ihm schreit und die Errettung aus allen seinen Ängsten empfängt. Wir werden diesen Gegenstand später, bei der Betrachtung der Chroniken, wieder aufnehmen. Das Buch der Könige hält mit seinem Bericht ein, wenn es die Verantwortlichkeit des Königs dargestellt hat; das der Chroniken zeigt uns, wie die Gnade durch die Gerichte handelt, um den König wiederherzustellen. Welch ein köstlicher Gedanke, dass die verhärtetsten Herzen Gegenstände der Gnade werden können! Wie viele werden wir bei dem Herrn antreffen, deren Laufbahn, wie hier, durch das Gericht abgeschlossen zu sein schien, und die doch, ohne dass wir es vermuten, durch eine „Buße zum Heil" berührt worden sind!


KAPITEL 21, 19‑26 Amon 

Die kurze Regierung Amons wird durch die gleiche Gottlosigkeit gekennzeichnet wie die seines Vaters; ja, sie war womöglich noch schlimmer, weil er Zeuge des Gerichts gewesen war, das Manasse auferlegt wurde, auch Zeuge seiner Buße und des völligen Aufgebens seiner Götzen, und weil er daraus für sich selbst Unterweisung hätte empfangen sollen. Seine Mutter war Meschullemeth, die Tochter Haruz', von Jotba. Sie muss eine Edomiterin gewesen sein, wenn Jotba derselbe Ort ist wie Jotbatha (S. die Züge Israels 4. Mose 33, 33; 5. Mose 10, 7). Es ist, wie wir oft gesagt haben, nicht ohne Grund, dass unser Buch überall eine leise Hindeutung auf die Abstammung der Könige mütterlicherseits macht. 

Doch wie dem auch sei, die zerstörten Götzenbilder wieder aufzurichten ist in Gottes Augen schlimmer, als neue aufstellen. Das ist eine grobe Verachtung Gottes, nachdem Er durch Seine Wege und Sein Wort sich uns geoffenbart und uns dahin gebracht hat, das was Ihn verunehrte, aufzugeben. Dahin zurückkehren heißt handeln, als ob Gott nicht da wäre und nicht geredet hätte. Das ist es auch, was die Christenheit so schuldig macht. Gott hat sie vom Götzendienst und dessen unsittlichen Grundsätzen abgesondert; aber sie ist, wie ein Vergleich von 2. Tim 3, 1‑5 mit Röm. 1, 29‑32 ergibt, zu diesen Grundsätzen zurückgekehrt und wird später zu den Götzen selbst zurückkehren. Amon „verließ Jehova, den Gott seiner Väter"; das ist sein Urteilsspruch. Für ihn ist kein Raum für die Buße gelassen worden. Er stirbt, gleich den letzten Königen von Israel, eines gewaltsamen Todes.

1913
Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige 22 – 23. 30

Botschafter des Heils 1913 S. 1ff

Josia und die zweite Erweckung

Mit diesem Kapitel sind wir bei der zweiten großen Erweckung, die in den letzten Tagen Judas stattfand, angelangt. Wir werden reichlichen Stoff zur Unterweisung für uns selbst darin finden. Bei der Betrachtung der Geschichte Hiskias haben wir uns gesagt, dass die Erweckungen des Endes gekennzeichnet sind durch den Bruch mit den Überlieferungen (so sehr auch manche Überlieferungen durch den Brauch geheiligt sein mochten), und auch durch die Rückkehr zu dem' was im Anfang aufgerichtet worden war. Es ist selbstverständlich, dass man außer solch besonderer und mächtiger Tätigkeit des Heiligen Geistes auch Zeiten begegnet, in denen die persönliche Frömmigkeit vorherrschend ist und den Götzendienst beseitigt, so z. B. bei Joas, Amazja und Asarja. Alle, die mit Gott handeln, können auf Grund dieser Tatsache jederzeit eine für ihre Umgebung gesegnete Wirksamkeit ausüben; indes ist es in den Wegen Gottes beachtenswert, dass in dem Maße, wie das Böse zunimmt und die Welt dem Endgericht zutreibt, die Wahrheit Gottes um so heller und lebhafter erglänzt und einen allgemeinen Einfluss zur Erweckung der Seelen ausübt.
Unter Josia wie unter Hiskia gab es einen entschiedenen und völligen Bruch mit dem alten Bösen, das in Juda geduldet oder entstanden war. Die Treue Josias in dieser Hinsicht (wie sie uns in dem Buche der Könige dargestellt wird) ist sehr bemerkenswert.
Josia begann zu regieren, als er ein kleiner Knabe war. Er stand infolgedessen noch unter der Leitung seiner Mutter Jedida, der Tochter Adajas, von Bozkath, einer Frau aus Juda (Vergl. Jos. 15, 39). Er wandelte, wie Hiskia, "auf allen Wegen seines Vaters David und wich nicht zur Rechten noch zur Linken". Das erste, was uns hier*) von ihm erzählt wird, ist, dass er anfängt, für das Haus Jehovas Sorge zu tragen, um das Baufällige des Hauses auszubessern, indem er auf „die Treue" derjenigen rechnet, die mit dieser Arbeit beauftragt wurden. 
Das ist eines der bestimmten Kennzeichen einer Erweckung in den letzten Zeiten. Das Haus Gottes bekommt für die Gläubigen eine ganz neue Bedeutung, und sein verfallener Zustand erweckt ihre Fürsorge. So muss es auch in den Tagen sein, die die Christenheit gegenwärtig durchschreitet. Die Stimme der Treuen muss sich hören lassen, um die Aufmerksamkeit des Volkes auf Sein Haus zu lenken, auf die Versammlung des lebendigen Gottes, denn sie ist für das Herz Christi der teuerste Gegenstand. Es handelt sich aber keineswegs darum, den verfallenen Tempel von neuem aufzubauen; nein, es gilt, die an ihm entstandenen Breschen wieder zu schließen, in Treue das nötige Baumaterial herbeizuschaffen, dem Gebäude das Zedernholz und die behauenen Steine einzufügen, die Gott, dem Erbauer des Hauses, wohlgefällig sind. Ich brauche kaum zu sagen, dass in diesen Zeiten des Endes der Christ, der sich seiner Berufung bewusst ist, dem Hause nicht Holz, Heu und Stroh einfügen wird; er wird vielmehr das herbeibringen, was für das Haus Gottes passt: lebendige, durch den Geist Gottes im Steinbruch der Welt gehauene Steine, die durch den Meister geformt und nun geeignet sind, in endgültiger Weise einen Teil des Bauwerkes Gottes auszumachen. Die Erweckung in unseren Tagen hat dies verstanden. Für sie besteht die Versammlung Gottes, obwohl sie in Trümmern liegen mag, während sie die Gebäude, die die Menschen ihre Kirchen nennen, und die von ihnen unterhalten werden, außer Acht lässt. Nicht zu diesen Gebäuden werden die treuen Zeugen Christi Baustoffe herbeischaffen, sondern zu der Kirche des lebendigen Gottes, und Ihm allein ist jeder für die Arbeit, die ihm anvertraut ist, verantwortlich. „Das Geld", sagt Josia, „das in ihre Hand gegeben wird, soll nicht mit ihnen verrechnet werden; denn sie handeln getreulich" (V. 7). 
Der Eifer für das Haus Gottes hat ein sofortiges und äußerst wichtiges Ergebnis. „Das Buch des Gesetzes wird im Hause Jehovas wiedergefunden". Wenn dem Josia nicht die Wiederherstellung des Tempels am Herzen gelegen hätte, wäre das Buch des Gesetzes, das dort aufbewahrt wurde (2. Chron. 34,15), nicht wieder ans Licht gekommen. Dieser Punkt kennzeichnet in besonderer Weise die Erweckung Josias. Bei Hiskia war das Vertrauen auf Jehova mehr vorherrschend, selbstverständlich begleitet von wirklicher Unterwerfung unter das Wort Gottes, dessen Träger der Prophet Jesaja war. Unter Josia finden wir gleichsam eine ganz neue Offenbarung des geschriebenen Wortes, d. i. in diesem besonderen Falle der Bücher Moses. So erhalten bei dieser Gelegenheit die vernachlässigten und unter den vorhergehenden Regierungen sozusagen vergessenen Heiligen Schriften auf einmal ihre Bedeutung wieder. Das war auch der große Segen, der mit der Erweckung verbunden war, die wir gemeinhin „die Reformation" nennen. Die durch die Wege der Vorsehung aus dem Schatten hervortretende und allen dargebotene Bibel erstrahlt alsbald im höchsten Glanz. Aber schmerzlich berührt es zu sehen, dass die Reformation nicht, wie Josia, mit dem Eifer für das Haus Gottes begann. Aber wir gehen wohl nicht irre in der Annahme, dass die Erkenntnis der Bedeutung der Versammlung (Gemeinde) Christi für eine spätere Zeit aufbewahrt wurde. 
Wenn der Eifer für das Haus und der Gehorsam gegen die Schriften Hand in Hand gehen, dann werden die Schriften zu einer ganz neuen Offenbarung. Das früher als von Gott kommend Erkannte verliert gewiss nicht seine Bedeutung, aber ein Licht dringt herein, das als etwas bis dahin gänzlich Unbekanntes nicht nur in Erstaunen setzt, sondern auch tief das Gewissen ergreift. „Und es geschah, als der König die Worte des Buches des Gesetzes hörte, da zerriss er seine Kleider" (V. 11). Wie war es möglich, dass das Wort Gottes durch Sein Volk so vergessen und übertreten werden konnte?! War es verwunderlich, dass die Folge davon der Verfall des Volkes war?
Und nun, wer wird uns dieses Wort erklären? Wie sollen wir „Jehova befragen" über das, was wir zu tun haben, da wir doch nach diesem Wort wissen, dass wir uns Sein Miss­fallen zugezogen haben? Der Prophet allein, der Vertreter des Geistes Christi (1. Petr. 1, 11), kann es uns auslegen. Josia wendet sich deshalb nicht an Schaphan, den Schreiber, selbst nicht an Hilkija, den Hohenpriester; er will sich unmittelbar mit dem Worte in Verbindung setzen. Es gab viele Propheten zur Zeit des gottlosen Manasse (2. Kön. 21, 10). Zur Zeit Josias, in diesen Tagen der Erweckung, aber großer Schwachheit, findet man eine Prophetin zu Jerusalem. Nicht dass in Juda die Propheten gefehlt hätten (Kap. 23, 2), aber die einer Frau anvertraute Tätigkeit kennzeichnet hier den Zustand des Niedergangs, wie die Tätigkeit der Debora im Buch der Richter.
Ähnlich der Debora sucht Hulda, die Dienerin Jehovas, nicht einen öffentlichen Dienst auszuüben, wie die falschen Prophetinnen unserer Tage es machen; sie benutzt ihre Gabe in dem ihr angewiesenen Kreis. Die Knechte Josias begeben sich zu ihr; .sie wohnte aber zu Jerusalem im zweiten Stadtteil" (V. 14). Wir sind hier weit entfernt von einem Jesaja, dessen Dienst das ganze Gebiet der Prophezeiung umfasste, und dessen Anwesenheit die Erweckung Hiskias kennzeichnete. Aber der Geist Gottes redet durch diese Frau, um "alle Worte des Buches, welches der König von Juda gelesen hat", zu bestätigen und um zugleich Josia über seine eigene Zukunft zu beruhigen.

 Gott beachtet die tiefe Demütigung des Königs: "Weil dein Herz weich geworden ist, und du dich vor Jehova gedemütigt hast, als du hörtest, was ich über diesen Ort und über seine Bewohner geredet habe, dass sie zur Verwüstung und zum Fluche werden sollen, und du deine Kleider zerrissen und vor mir geweint hast, so habe ich es auch gehört, spricht Jehova" (V. 19). Sich demütigen war in der Tat das Einzige, was notwendig war. Es charakterisiert Josia und kennzeichnet zu allen Zeiten den treuen Überrest inmitten des Bösen (Hesekiel 9, 4), in den Tagen des Verfalls der Kirche wie unter allen denen, die bekennen, den Namen Jehovas zu kennen. Man kann heute das Herdes Treuen an der Demütigung erkennen, die er über den gegen­wärtigen Zustand der Dinge empfindet. Das Herz Josias ist daran erkennbar: er zerreißt seine Kleider und weint. Aber er sollte "vor dem Unglück hinweggerafft werden", wie Jesaja sagt (Kap. 57, 1).


KAPITEL 23, 1‑20 Das Buch des Bundes und die Heiligung des Volkes

Die Bedeutung des Hauses Gottes auf Erden, der Stätte, wo Jehova Seinen Namen wohnen lässt, und das Buch des Bundes, das sind, wie wir gesehen haben, die beiden Dinge, die die geistliche Erneuerung unter Josia kennzeichnen. Wir zögern nicht zu wiederholen ‑ In den Zeiten, in denen wir leben, werden diese beiden Dinge stets eine wahre Erweckung kennzeichnen. Das Interesse für die Versammlung des lebendigen Gottes (nicht aber für die armseligen Nachahmungen, die die in Verfall geratene Christenheit an ihre Stelle gesetzt hat) und der Eifer für die inspirierte Autorität der heiligen Schriften, das ist es, woran jede treue Seele, die die Verherrlichung des Herrn sucht, heute festhalten wird, koste es was es wolle.
Der König versammelt alle Ältesten von Juda und Jerusalem um sich und „geht in das Haus Jehovas hinauf, und alle Männer von Juda und alle Bewohner von Jerusalem mit ihm' und die Priester und die Propheten, und alles Volk, vom Kleinsten bis zum Größten; und man las vor ihren Ohren alle Worte des Buches des Bundes, das im Hause Jehovas gefunden war". Dieses Buch des Bundes enthält nicht nur den Bund von Sinai, sondern auch den, der in den Ebenen Moabs gemacht worden war, das heißt alle Worte des 5. Buches Mose.

 Sie passten genau zu dem Zustand des Volkes, wie er in jenem Augenblick war, und Gott hatte ihn im voraus in diesem Buch beschrieben. Das 5. Buch Mose redete vor allem von Gehorchen und machte Segen und Fluch des aus Ägypten erlösten Volkes von dem Gehorsam gegen das Wort abhängig. Dieser Bund wird hier erneuert: "Der König stand auf dem Standorte und machte den Bund vor Jehova, Jehova nach zu wandeln und seine Gebote und seine Zeugnisse und seine Satzungen zu beobachten mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele, um die Worte dieses Bundes zu erfüllen, welche in diesem Buche geschrieben sind. Und das ganze Volk trat in den Bund" (V. 3). 
Diese Erweckungen des Endes üben auf alle eine mächtige Wirkung aus, wenn auch die Wirklichkeit sich nur im Herzen des Überrestes findet. So zeigt uns das Buch Jeremias, der unter Josia weissagte, dass der sittliche Zustand des Volkes tatsächlich keine Veränderung erfuhr. Man stimmte der Ausrottung des Götzendienstes infolge der Treue des Königs leicht zu, aber die Herzen blieben ebenso weit von Gott entfernt wie zuvor. Der Prophet sagt: "Und Jehova sprach zu mir in den Tagen des Königs Josia. Hast du gesehen, was die abtrünnige Israel getan hat? Sie ging auf jeden hohen Berg und unter jeden grünen Baum und hurte daselbst. Und ich sprach: Nachdem sie dies alles getan hat, wird sie zu mir zurückkehren. Aber sie kehrte nicht zurück. Und ihre treulose Schwester Juda sah es; und ich sah, dass trotz alledem, dass ich die abtrünnige Israel, weil sie die Ehe gebrochen, entlassen und ihr einen Scheidebrief gegeben hatte, doch die treulose Juda, ihre Schwester, sich nicht fürchtete, sondern hinging und selbst auch hurte. Und es geschah, wegen des Lärmes ihrer Hurerei ent­weihte sie das Land; und sie trieb Ehebruch mit Stein und Holz.

Und selbst bei diesem allen ist ihre treulose Schwester Juda nicht zu mir zurückgekehrt mit ihrem ganzen Herzen, sondern nur mit Falschheit, spricht Jehova" (Jer. 3, 6‑10; man lese auch Kap. 5, 27‑29; 6, 9‑15. 29; 8, 8‑13).
Dessen ungeachtet wird durch die Treuen ein sittlicher Zwang auf die Seelen ausgeübt, selbst auf die, die tatsächlich fern von Gott sind. In 2. Chron. 34, 33 lesen wir, dass Josia, „alle, die sich in Israel befanden, anhielt, Jehova, ihrem Gott, zu dienen. Alle seine Tage wichen sie nicht ab von der Nachfolge Jehovas, des Gottes ihrer Väter". Und auch hier heißt es, dass das ganze Volk in den Bund trat. Amon, hatte alles, was Manasse bei seiner Buße zerstört hatte, wiederhergestellt. Josia in seinem Eifer für Gott und für Gott allein, ganz verschieden von dem Eifer Jehus, reinigt völlig Jerusalem, Juda und Israel, soweit sein Arm reicht. Er verbrennt im Tale Kidron alle im Tempel angesammelten Gegenstände für den Dienst des Baal, der Astarte und der Sternbilder, und lässt ihren Staub nach Bethel bringen, an den Ort, wo der Götzendienst Jerobeams seinen Anfang genommen hatte. Er schafft die Götzenpriester ab, die die Könige von Juda eingesetzt hatten, den falschen Göttern zu räuchern. Er zerstört die Aschera, das Bild der unkeuschen Venus, das im Hause Jehovas errichtet war. und wirft den Schmutz ihrer Asche auf die Gräber derer, die sie angebetet hatten. Er hebt die Buhlerei auf, die sich unter dem Deckmantel des Dienstes der Astarte in Jerusalem breit machte. Er ruft die Priester zusammen, die, seitdem Manasse Buße getan hatte, fortgefahren hatten, Jehova auf den Höhen zu opfern (2. Chron. 33, 17). Er stellt sie nicht den Götzenpriestern gleich, erlaubt ihnen aber auch nicht, zum Altar Jehovas in Jerusalem hinaufzugehen. Jede Gemeinschaft mit einer Religion, die, auch wenn sie vom Götzendienst getrennt ist, es gewagt hat, den einzigen Mittelpunkt des Zusammenkommens des Volkes zu verleugnen, wird entschieden abgebrochen.
Hierin finden wir eine Unterweisung für die Tage, in denen wir leben.

Die Handlungsweise Josias zeigt uns, dass eine Erweckung sich nicht mit einem Gottesdienst verbinden kann, der nicht am Tische des Herrn, dem einzigen Mittelpunkt des Zusammenkommens der Seinigen, ausgeübt wird. Doch erkennt Josia diesen Priestern das Recht zu, "Ungesäuertes in der Mitte ihrer Brüder zu essen" (V. 9). Die persönliche Heiligkeit derer, die der Herr geweiht hat, wird völlig anerkannt, aber für den Augenblick (wenn nicht für immer) wird die Ausübung ihres Amtes beim Gottesdienst Israels nicht geduldet. Josia schafft auch die Rosse der Sonne ab und zertrümmert die Altäre, die gewagt hatten, den Platz des einzigen Altars Gottes einzunehmen. Er wagt sich sogar in seinem Eifer für Jehova an die Altäre, die von Salomo gebaut worden waren (V. 13). Mehr noch. Sein Interesse dehnt sich auf das ganze Volk Gottes aus. Er geht nach Bethel, richtet das ganze Böse dort bei seiner Wurzel und erfüllt so die Prophezeiung, die einst gegen den Altar ausgesprochen worden war, auf dem der König Jerobeam geopfert hatte (V. 15. 16; 1. Kön. 13, 2). Nur verschont er das Grab des Mannes Gottes, „der diese Dinge ausgerufen hatte". 

Wie untreu der Mann auch gewesen sein mochte, Josia erkennt das, was er für Gott getan hatte, an, indem er auch die Gebeine des Propheten von Samaria verschont, der die Ursache des Falles des Mannes Gottes gewesen war, sich aber auch über seinen Fehler gedemütigt hatte. Gerade so erkennt jedes wahrhaft christliche Herz das an, was die Männer Gottes in vergangenen Zeiten in Seinem Dienste getan haben, und achtet ihre Arbeit hoch, selbst wenn sie mit Fehlern behaftet ist, wodurch sie von ihrer Kraft eingebüßt hat und in ihren Ergebnissen beeinträchtigt worden ist (V. 17. 18).
Schließlich durchzieht der König die Städte Israels, tut die Höhenhäuser hinweg und vertilgt ohne Erbarmen die götzendienerischen Priester, obwohl deren Einfluss nach der Wegführung des Volkes durch den Assyrer anscheinend geringer geworden war. Er handelt so im Blick auf eine zukünftige Wiederherstellung, und sein für den Dienst Jehovas entflammtes Herz klammert sich daran; denn die Propheten kündigten, noch während seiner Regierung, die Wiederherstellung unter dem Zepter des Königs der Gerechtigkeit und des Friedens an.

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige 23, 21-27


Das Passah

„Und der König gebot dem ganzen Volke und sprach: Feiert Jehova, eurem Gott, Passah, wie in diesem Buche des Bundes geschrieben steht. Denn es war kein solches Passah gefeiert worden wie dieses, von den Tagen der Richter an, welche Israel gerichtet haben, und alle Tage der Könige von Israel und der Könige von Juda; sondern im achtzehnten Jahre des Königs Josia wurde dieses Passah dem Jehova zu Jerusalem gefeiert" (V. 21‑23).
Die Feier des Passahs wird uns hier nur in einigen Worten mitgeteilt, während die Chroniken sie ausführlich beschreiben (Vergl. 2. Chron. 35, 1‑19). Die Sache ist indes in der Geschichte der Erweckung von zu großer Bedeutung, dass wir die Aufmerksamkeit unserer Leser nicht für einen Augenblick darauf richten sollten. 

Wir haben soeben von zwei großen Grundsätzen gesprochen, die die Erweckung des Endes kennzeichnen: von dem Bruch mit dem Götzendienst der Welt oder ihren religiösen Überlieferungen, und von der Rückkehr zu den Heiligen Schriften. Im Gefolge dieser beiden Tatsachen und als deren Furcht begegnen wir der Feier des Passahs.
Das Passah war, als Einrichtung, zunächst in Ägypten gefeiert worden, wo das Volk Israel durch das Blut des Passahlammes aus dem Land der Knechtschaft errettet wurde. Durch dieses Blut war das Gericht Gottes, das Ägypten traf, von Israel abgewendet worden. Das unter die Besprengung des Blutes gebrachte Volk aß das Passah. Das war ein Bild von der Anwendung des Opfers Christi auf uns, die ein für allemal durch den Glauben geschehen ist, und dieses Sinnbild entspricht dem, was uns in Joh. 6, 53 von dem Christen gesagt wird.
Die Gedächtnisfeier dieser Errettung kam nachher. Sie wiederholte sich jedes Jahr am 14. Tage des ersten Monats (2. Mose 12, 14. 26. 27. 45). Diese Gedächtnisfeier wurde vom ganzen Volke begangen. Unter geregelten Verhältnissen durfte niemand davon wegbleiben, da er sonst „ausgerottet werden sollte aus seinen Völkern". Als erste Bedingung musste man beschnitten sein (2. Mose 12, 48). Dieses Zeichen war das Bild der Absonderung für Gott durch das Gericht über die Sünde und das Hinwegtun des Fleisches. Beim Eintritt in das Land Kanaan, nach dem Durchzug durch den Jordan, wurden daher auch alle die, deren Väter in der Wüste gefallen waren' und die nicht beschnitten waren, zu Gilgal beschnitten. „Die Schande Ägyptens" wurde so von ihnen abgewälzt und sie konnten das Passah in den Ebenen von Jericho feiern (Jos. 5, 6‑12).
Durch die Tatsache, dass sie einem erlösten und beschnittenen Volke gegeben war, wurde diese Gedächtnisfeier dass Sinnbild der Einheit des Volkes Gottes. In dem Passah erblicken wir daher, neben der Erinnerung an die Erlösung, die Verkündigung der Einheit des Volkes.
Der Geist Gottes redet von der Feier des Passah als einer grundlegenden Anordnung zuerst während der Reise durch die Wüste (4. Mose 9, 1‑14), und dann beim Einzug in Kanaan (Jos. 5, 10). Von da an erwähnt das Wort das Passah nicht mehr bis zu den Tagen Hiskias; nicht dass es unter den Richtern, unter David, Salomo und den Königen niemals beobachtet worden wäre, aber es war nicht der besondere, von dem Heiligen Geist vorgestellte Gegenstand. Dagegen sehen wir die Feste des siebenten Monats, vor allem das Laubhüttenfest, unter der Regierung Salomos einen hervorragenden Platz einnehmen.
Bei der Erweckung zur Zeit Hiskias wurde das Passah nicht am 14. Tage des ersten Monats, sondern an demselben Tage des zweiten Monats gefeiert (2. Chron. 30, 15), einem Tag, der durch das Wort für diejenigen gutgeheißen war, die zur Zeit der Feier dieses Festes unrein waren oder sich auf der Reise befanden (4. Mose 9, 11). Bei den Priestern in den Tagen Hiskias war es so, dass sie zur Zeit des Festes unrein waren; sie hatten es an dem Eifer, sich zu reinigen, fehlen lassen, und Hiskia handelte demgemäß. Das Passah bei Josia wurde an dem ursprünglich von Gott festgesetzten Tage im ersten Monat gefeiert (2. Chron. 35, 1). Das Bedürfnis, sich für Jehova zu heiligen, war da viel allgemeiner als unter Hiskia, denn das Wort Gottes wurde besser verstanden, und der Wunsch, Ihm zu gehorchen, war wirklicher.
Auch zur Zeit Esras wurde das Passah von den "Kindern der Wegführung" an dem dazu bestimmten Tage gefeiert, „denn die Priester und die Leviten hatten sich gereinigt wie ein Mann" (Esra 6, 19. 20).
Je weiter wir also in der Geschichte des Verfalls des Volkes Gottes voranschreiten, desto bedeutsamer wird das Passah und der dazu passende Seelenzustand für die Treuen; und ‑ eine ganz merkwürdige Sache! ‑ das Zeichen der Einheit des Volkes wird um so wichtiger, je mehr dieses Volk durch den Verfall zerstreut wird.
Ist es nötig, hinzuzufügen, dass diese Wahrheiten den jetzigen Zeiten entsprechen? Das Abendmahl des Herrn, das in der Nacht, in welcher der Herr Jesus überliefert wurde, als Gedächtnisfeier an die Stelle des jüdischen Passahs trat, ist bereitet und der Tisch des Herrn errichtet für das erlöste Volk, und nur für dieses. Der Tod des Herrn wird dort verkündigt, bis Er wiederkommt. Dieser Tisch ist zu gleicher Zeit der Mittelpunkt des Zusammenkommens für das Volk Gottes und die Verkündigung der Einheit des Leibes Christi (1. Kor. 10, 17), selbst in einer Zeit, wo scheinbar alles dieser Wahrheit widerspricht, wo man sogar diejenigen, die sie verkündigen, verlacht und verspottet, wie zur Zeit Hiskias (2. Chron. 30, 10).
Die Geschichte des Passahs ist damit nicht zu Ende, und wird tatsächlich nie zu Ende kommen. Ein williges Volk wird es noch während der tausendjährigen Herrlichkeit Christi auf der Erde feiern (Hesekiel 45, 21).

 Zugleich wird es in dem himmlichen Reiche gefeiert werden, wenn die verherrlichten Heiligen um das geschlachtete Lamm versammelt sind (Offbg. 5).
So bleibt von dem Augenblick an, da eine Erlösung bewirkt worden ist, das Gedächtnis an Den, der sie für das Volk Gottes erworben hat, durch alles hindurch bestehen und wird bis in Ewigkeit fortdauern. Die Erinnerung an den Tod Christi ist immer nötig, denn Sein Tod ist die einzige Grundlage jeder Segnung.
Kehren wir jetzt zu dem Passah Josias zurück. Die Erzählung unseres Buches wird, obwohl sie sehr kurz ist, durch ein wichtiges Wort gekennzeichnet. Es lautet: "wie in diesem Buche des Bundes geschrieben steht" (V. 21). Allerdings war auch unter Hiskia (wie wir in der Chronika sehen) das Volk gekommen, um es "nach dem Worte Jehovas" und "nach dem Gesetz Moses, des Mannes Gottes" (2. Chron. 30, 12. 16) ' zu feiern, aber unter Josia nimmt das wunderbarerweise im Tempel erhaltene und wiedergefundene geschriebene Wort eine noch größere Bedeutung an. Ohne das Wort sollte nichts von dem, was jene Gedächtnisfeier anging, stattfinden. „Nach der Schrift Davids und nach der Schrift seines Sohnes Salomo" sollte man sich dafür bereiten (2. Chron. 35, 4); "nach dem Worte Jehovas durch Mose" sollte man das Passah bereiten (V. 6); "wie im Buche Moses geschrieben steht", sollte man Jehova das Opfer darbringen (V. 12); "nach der Vorschrift " sollte man es am Feuer braten (V. 13); "nach dem Gebote Davids und Asaphs und Hemans und Jeduthuns, des Sehers des Königs", nahm jeder seinen Platz ein, um die Gott wohlgefällige Ordnung beim Singen und Loben zu beobachten (V. 15). Und alles geschah „nach dem Gebote des Königs Josia" (V. 16), das heißt, das Werkzeug dieser Erweckung hatte Verständnis, um nur das anzuordnen und zu gebieten, was mit den Schriften übereinstimmte.
Lasst uns das zu Herzen nehmen. 

Josia hatte eine Botschaft von Jehova erhalten (2. Kön. 22, 20) und wusste genau, dass er, indem er So handelte, das kommende Gericht nicht aufhalten konnte; er wusste auch, dass er vor dem Unglück weggenommen werden würde, und dass seine Augen es nicht sehen würden; aber er hatte nur einen Gedanken ‑ Indem er den Schimpf, der Jehova und Seinem Dienst angetan worden war, mit tiefer Demütigung fühlte, drängte es ihn, Ihn inmitten des Verfalls Israels zu ehren, gerade an dem Ort, wo Er verunehrt worden war; er verurteilte durch sein ganzes Verhalten die Schändlichkeiten, die unter dem Deckmantel der Religion in Juda begangen worden waren; er demütigte sich wegen dieses Abfalls, als wenn er die Verantwortlichkeit dafür ebenso gut trüge wie die anderen, aber seine ganze Tätigkeit richtete sich, ohne etwas davon wegzunehmen, auf den Dienst Jehovas und die Reinigung eines abgesonderten Volkes für Ihn, so erniedrigt und zerstreut dieses auch sein mochte.
Das Zeitalter Josias war nicht, wie das Zeitalter Hiskias, durch besondere Angriffe des Feindes, durch Prüfungen von innen und außen gekennzeichnet. Es war eine verhältnismäßig friedliche Zeit, wo die Gleichgültigkeit sicher mehr verbreitet war als der Hass; aber während die Welt sich ruhig verhielt und alles seinen Gang gehen ließ, benutzte Josia die kurze Windstille, um die eifrigste Tätigkeit im Dienst seines Herrn zu entfalten.
Unsere Zeit ist, wie bereits gesagt, jener ähnlich, und die Gläubigen haben in ihr die gleiche Stellung und die gleichen Pflichten. Möchten wir diese Tage des Endes, die verhältnismäßig ruhig sind, um von diesen drei Dingen Zeugnis zu geben: 1. von der Trennung von der religiösen und nicht­religiösen Welt, die uns umgibt, 2. von dem Festhalten an den Schriften und 3. von dem Zusammenkommen der Kinder Gottes an dem Tische des Herrn, bis Er kommt!
Unser Kapitel fügt noch hinzu: „Alle Scheusale, die im Lande Juda und in Jerusalem gesehen wurden, schaffte Josia hinweg, um die Worte des Gesetzes auszuführen, die in dem Buche geschrieben standen" (V. 24). So übte Josia bis ans Ende seiner Laufbahn praktisch die Vorschriften aus, die er in den Schriften gefunden hatte. Es hat keinen König, weder vor noch nach ihm gegeben, der ihm ähnlich gewesen wäre; und das lag nicht an seinem persönlichen Verdienst noch an seiner Gerechtigkeit, sondern an der Tatsache, dass das Wort Gottes, das in seinem Herzen mit dem Glauben vermischt war, zu einem untrennbaren Bestandteil seiner selbst geworden war.


KAPITEL 23, 28‑30 Der Pharao Neko


Das Ende Josias entspricht nicht den Segnungen im Anfang seiner Regierung. Wir haben gesehen, dass Gott ihm in besonderer Gnade äußere Ruhe geschenkt hatte, so dass sein Zeugnis sich in Frieden entfalten konnte, und Josia selbst war es, der sich verleiten ließ, Krieg zu suchen. Der Augenblick war gekommen, in dem nach der Prophezeiung die Macht Assyriens, die' so schwer auf allen Völkern gelastet hatte, gebrochen werden sollte, um der Weltherrschaft Babels Platz zu seinem Herzen mit dem Glauben vermischt war, zu einem machen. Neko zieht mit dem ägyptischen Heer gegen den König von Assyrien herauf. Josia nimmt Partei für den Assyrer gegen den Pharao, was Gott ihm keineswegs geboten hatte. Was hatte er damit zu tun, das schwankende Gebäude dieser Macht zu stützen, die von jeher ein grausamer Feind Israels gewesen war? Er wusste durch die Propheten, dass der endgültige Untergang des Assyrers nahe bevorstand. Hatte er von seiten Gottes den Auftrag, die Weltereignisse zu korrigieren oder ihnen seine Unterstützung zu leihen? In dem Zustand der Welt gibt es nach Gottes Urteil nichts, was verbesserungsfähig wäre, und wir wissen, dass sie schon gerichtet ist. Josia war von dem ganzen Lauf der Welt abgesondert worden, um Jehova und dem Volke Jehovas zu dienen, und nun mischt er sich in die Politik! Die Folgen lassen nicht auf sich warten: die Welt straft uns für unsere Einmischung in ihre Angelegenheiten.

 „Was haben wir miteinander zu schaffen?" lässt ihm der Pharao sagen, der das Bewusstsein hatte, ein Werkzeug Gottes zu sein. "Gott ist mit mir ... Gott hat gesagt, dass ich eilen solle", und: „die Worte Nekos kamen aus dem Munde Gottes" (2. Chron. 35, 20‑22). Von dem Augenblick an, da Josia diesen Weg betritt, verliert er das Unterscheidungsvermögen für die Gedanken Jehovas und weiß die Worte Seines Mundes nicht mehr zu erkennen. So ist es immer. Geistliches Verständnis und wahre Kenntnis des Wortes sind verbunden mit wahrer Trennung von allem, woraus die Welt besteht, einschließlich ihrer Politik. überdies würde ein Kind Gottes immer ein schlechter Diplomat sein, weil es nicht vermeiden kann, sich durch sittliche Grundsätze leiten zu lassen, um die die Welt sich nicht kümmert. Andererseits freilich, wer könnte die Zukunft der Welt so kennen wie der Christ? Ein einfaches Kind im Glauben, das am Worte Gottes hängt wird durch seine Kenntnis der Zukunft klüger sein als die größten Politiker; denn es kennt alle Einzelheiten der zukünftigen Dinge nach der Offenbarung, die Gott ihm darüber gegeben hat.
Josia muss für sein Tun büßen, denn eine solche Einmischung war eine schwere Untreue für einen Mann, der, wie er, mit Segnungen und mit der Gemeinschaft seines Gottes begünstigt worden war. Er wird von dem Pharao zu Megiddo getötet und in seinem Begräbnis beerdigt. Jeremia stimmt über das Ende dieses frommen Knechtes Jehovas ein Klagelied an (2. Chron. 35, 25).

KAPITEL 23, 31‑35 Der endgültige Zusammenbruch - Joahas
Die ganze Gunst Gottes unter der Regierung Josias, der Segen und die Freude, womit Jehova das Herz des Volkes erfüllt hatte, blieben ohne irgendwelches Ergebnis für die Nachfolger dieses Königs. Joahas, der vom Volke erwählt und an Stelle seines Vaters zum König gemacht wurde, „tat was böse war in den Augen Jehovas, nach allem was seine Väter getan hatten (V. 32). Er steht nicht mit Josia in Verbindung, sondern mit seinen ungläubigen und götzendienerischen Vätern. Er gehört nicht zu dem Geschlecht des Glaubens. Es ist nicht möglich, Josia oder Abraham zum Vater zu haben, ohne der Buße würdige Früchte hervorzubringen. Die Axt war jetzt an die Wurzel des Baumes gelegt, das Königtum lag in seinen letzten Zuckungen, um endgültig von Juda abgeschnitten zu werden. 

Die dem Volk Gottes entsprossenen Mütter sind fernerhin ohne Einfluss, sei es dass keine Ohren da waren, auf sie zu hören, sei es dass sie selbst an dem Verderben teilnahmen. Hamutal, das Weib Josias und die Mutter des Joahas, war eine Tochter Jeremias von Libna und anscheinend aus priesterlichem Geschlecht (Vergl. Josua 21, 13). Ihr Sohn regierte nur drei Monate und fand doch Zeit, Böses zu tun und durch sein Verhalten gegen Gott dem entgegenzuwirken, was
Josia aufgerichtet hatte. Der Pharao Neko rächt sich an ihm wegen des Widerstandes Josias, der törichterweise zur Unterstützung des Assyrers den Marsch des ägyptischen Heeres hatte aufhalten wollen. Gefesselt wird Joahas nach Ägypten gebracht und stirbt dort. Der Pharao kümmert sich gar nicht um dieses vom Volk errichtete Königtum. Jeremia weissagt über ihn: „Weinet nicht um den Toten und beklaget ihn nicht; weinet vielmehr um den Weggezogenen, denn er wird nicht mehr zurückkehren und das Land seiner Geburt sehen. Denn so spricht Jehova von Schallum,*) dem Sohne Josias, dem König von Juda, welcher König ward an seines Vaters Josias Statt und der aus diesem Orte weggezogen ist: er wird nicht mehr hierher zurückkehren; sondern an dem Orte, wohin sie ihn weggeführt haben, daselbst wird er sterben, und er wird dieses Land nicht wiedersehen" (Jeremia 22, 10‑12). Neko nimmt Eljakim, den Sohn Josias, und macht ihn zum König „an Josias , seines Vaters, Statt", indem er seinen Namen in Jojakim umwandelt; dieser wird Knecht und Tributpflichtiger des Königs von Ägypten und gibt dem Pharao das Gold und Silber, das er nach seiner Schätzung eines jeden von dem Volke eingetrieben hatte.


KAPITEL 23, 36-24 , 7 Jojakim


Für die Mutter Jojakim gilt das gleiche wie für die Mutter des Joahas. Sie hieß Sebudda und war die Tochter Pedajas, von Ruma" welches (wahrscheinlich) eine der Städte Judas war. Jojakim, der anfangs dem Pharao tributpflichtig war, kommt nachher in das gleiche Verhältnis zu Nebukadnezar, dessen Herrschaft im vierten Jahre Jojakims begann. Jehovas Warnungen wurden in reichem Maße durch Jeremia (Jer. 22, 13‑19) und andere Propheten an ihn gerichtet, fanden aber keine Be­achtung. Er tötete Urija, den Propheten, der gegen Jerusalem und gegen Juda geweissagt hatte, der dann aber, da es ihm angesichts der mörderischen Pläne des Königs an Glauben mangelte, nach Ägypten geflohen war (Jer. 26, 20‑23).

 Jeremia befand sich in der gleichen Gefahr, aber er stützte sich auf das Wort Jehovas: "Siehe, ich mache dich heute zu einer festen Stadt und zu einer eisernen Säule und zu einer ehernen Mauer wider das ganze Land, sowohl wider die Könige von Juda als auch dessen Fürsten, dessen Priester und das Volk des Landes. Und sie werden gegen dich streiten, aber dich nicht überwältigen; denn ich bin mit dir, spricht Jehova, um dich zu erretten" (Jer. 1, 18. 19; siehe auch Kap. 6, 27; 15, 20. 21). Jehova wachte über ihn nach diesem Worte. Als z. B. der König in seinem Unglauben die Rolle der Weissagung Jeremias mit einem Messer zerschnitten und ins Feuer geworfen hatte, und sodann den Propheten und seinen treuen Gefährten Baruch zu ergreifen suchte, hören wir: „aber Jehova hatte sie verborgen" (Jer. 36, 20‑26).
Vom dreizehnten Jahre des treuen Josia an, als das Volk sich noch des Wohlergehens erfreute, das die Treue des Königs ihm verschaffte, hatte Jeremia angefangen zu weissagen, aber das Volk hatte nicht darauf gehört. Dann kündigte der Prophet die siebzigjährige Gefangenschaft unter dem Joche Babels an (Jer. 25, 11), weiter das Los aller Nationen, an deren Spitze er Jerusalem setzte, indem er es den heidnischen Völkern gleichstellte, und schließlich das Los Babels selbst (Jer. 25, 17‑29). Diese Aufzählung lässt verstehen, was die durch Babel errichtete allgemeine Monarchie war, so kurz deren Herrschaft im Vergleich mit der lange dauernden assyrischen Herrschaft auch gewesen ist; doch Assyrien hat nie ein zusammenhängen­des, festgegründetes und allgemein anerkanntes Reich gebildet, wie das Reich Babels war.
Nachdem Jojakim seinen Herrn gewechselt hatte, hatte er nichts Eiligeres zu tun, als sich gegen Nebukadnezar zu empören. Sein Land war teilweise schon die Beute seiner Nachbarn geworden (Kap. 24, 2), da zog auch dieser König gegen ihn herauf und band ihn mit ehernen Fesseln, um ihn nach Babel zu führen (2. Chron. 36, 6). Durch Jeremia erfahren wir den Ausspruch Jehovas in Bezug auf ihn: "Darum spricht Jehova also über Jojakim, den König von Juda: Er wird niemand haben, der auf dem Throne Davids sitze; und sein Leichnam wird hingeworfen sein der Hitze bei Tage und der Kälte bei Nacht" (Jer. 36, 30).
"Fürwahr, nach dem Befehle Jehovas geschah dieses wider Juda, um es vor seinem Angesicht hinwegzutun, wegen der Sünden Manasses, nach allem was er getan hatte; und auch wegen des unschuldigen Blutes, das er vergossen, da er Jerusalem mit unschuldigem Blute erfüllt hatte. Und Jehova wollte nicht vergeben" (Kap. 24, 3. 4). Seit den Tagen Manasses war der unwiderrufliche Ausspruch von ‑ seiten Jehovas ergangen; aber dessen Ausführung wäre, wie bei Josia, so auch bei seinen Nachfolgern zurückgehalten worden, wenn sie nur hätten hören wollen (Jer. 25. 1‑11). Für das schließliche Gericht gab es zwei Ursachen: den Götzendienst und das unschuldige Blut; und Jojakim hatte, wie Manasse, unschuldiges Blut nach Möglichkeit vergossen in Jerusalem, das seine Propheten tötete und steinigte die zu ihm gesandt waren.
„Aber der König von Ägypten zog fortan nicht mehr aus seinem Lande; denn der König von Babel hatte von dem Flusse Ägyptens an bis zum Strome Phrat alles genommen, was dem König von Ägypten gehört hatte" (Kap. 24, 7).

Fußnote:
Derselbe wie Joahas; vergl. 1. Chronika 3,15, 2. Chronika 36,1

Betrachtungen über das zweite Buch der Könige

Bibelstelle: 2. Könige 24,8-12

Botschafter des Heils 1913 S. 57ff


KAPITEL 24, 8‑17 Jojakin (oder Jekonja oder Konja)


Jojakin oder Konja, wie er an anderen Stellen genannt wird, geht auf dem Weg seines Vaters weiter. Der Name seiner Mutter war Nechuschta, die Tochter Elnathans, von Jerusalem. Es tritt immer deutlicher zutage, dass die Mütter dieser letzten Könige, gleich ihren Söhnen, Jehova vergessen hatten. Zur Zeit Konjas belagerten die Knechte Nebukadnezars Jerusalem. Der große König kommt schließlich selbst, um persönlich an der Belagerung teilzunehmen. Jojakin geht zu ihm hinaus und wird gefangen nach Babel geführt samt seiner Mutter, nach der Weissagung Jeremias: "So wahr ich lebe, spricht Jehova, wenn auch Konja, der Sohn Jojakims, der König von Juda, ein Siegelring wäre an meiner rechten Hand, so würde ich dich doch von dannen wegreißen. Und ich werde dich in die Hand derer geben, welche nach deinem Leben trachten, und in die Hand derer, vor welchen du dich fürchtest, und in die Hand Nebukadnezars, des Königs von Babel, und in die Hand der Chaldäer. 

Und ich werde dich und deine Mutter , die dich geboren hat, in ein anderes Land schleudern, wo ihr nicht geboren seid; und daselbst werdet ihr sterben. Und in das Land, wohin sie sich sehnen zurückzukehren, dahin werden sie nicht zurückkehren. ‑ Ist denn dieser Mann Konja ein verachtetes Gefäß, das man zertrümmert, oder ein Gerät, an welchem man kein Gefallen hat? Warum werden sie weggeschleudert, er und sein Same, und in ein Land geworfen, das sie nicht kennen? ‑ O Land, Land, Land, höre das Wort Jehovas! So spricht Jehova: Schreibet diesen Mann auf als kinderlos, als einen Mann, der kein Gedeihen hat in seinen Tagen; denn von seinem Samen wird nicht einer gedeihen, der auf dem Throne Davids sitze und fortan über Juda herrsche" (Jer. 22, 24‑30).
Alle Schätze des Königs und die Schätze des Tempels werden in die Hauptstadt der Chaldäer gebracht, und das ganze Volk, hoch und niedrig, die streitbaren Männer, die Fürsten und Werkleute, alle werden gefangen weggeführt. "Nichts blieb übrig, als nur das geringe Volk des Landes" (V. 14‑16).
Im Anschluss an diese Wegführung sah Jeremia in einem Gesicht zwei Körbe mit Feigen, die vor dem Tempel Jehovas aufgestellt waren (Jer. 24), als dem einzigen Ort, wo der wahre Zustand des Volkes richtig eingeschätzt werden konnte. Einer dieser Körbe war in Gottes Augen mit sehr guten Feigen angefüllt, gleich den Frühfeigen, der andere mit sehr schlechten Feigen. Die Menschen sahen genau das Gegenteil von dem, was Gott dem Jeremia offenbarte. Für die Welt waren die guten Feigen das unter Zedekia in Jerusalem zurückgebliebene Volk, für das Herz Gottes waren es die aus Juda Weggeführten. Ihre Güte hatte ihren Grund darin, dass sie das ihrer Sünde gebührende Gericht Gottes erlitten hatten. Dieser Grundsatz ist auch für uns wahr; nur haben wir, Gott sei Dank! das Gericht in der Person Christi erduldet, der auf dem Kreuze an unserer Stelle verurteilt worden ist, Nach Vollzug des Ge­richts konnte Gott mit Gunst auf die herabblicken, die die Gegenstände des Gerichts waren.

"Ich werde mein Auge auf sie richten zum Guten und sie in dieses Land zurückbringen; und ich werde sie bauen und nicht abbrechen, und sie pflanzen und nicht ausreißen" (Jer. 24, 6). Er konnte sie für immer in Seine Gegenwart einführen. Es bedarf dazu der Vollkommenheit, und in diesem Charakter sah der Herr den armen gefangenen Überrest. So ist es auch mit uns: kraft des Gerichts Christi sieht Gott uns vollkommen in Ihm, wie elend wir in uns selbst auch sein mögen.
Jehova verheißt die Wiederherstellung des Volkes mit den Worten: „Ich werde sie in dieses Land zurückbringen"; aber zugleich kündigt Er an, dass Er ihnen in der Zukunft eine sittliche Vollkommenheit vor Ihm geben wolle, das Ergebnis eines neuen Bundes, an dem alles von Ihm kommen werde. Indem Er allein der Urheber dieses Bundes ist, wird es ein Gnadenbund sein, nicht ein Bund der Verantwortlichkeit. "Ich will ihnen ein Hergeben, mich zu erkennen ... und sie werden mein Volk, und ich werde ihr Gott sein; denn sie werden mit ihrem ganzen Herzen zu mir umkehren" (V. 7).
Die „schlechten Feigen, die vor Schlechtigkeit nicht gegessen werden können", und mit denen Gott selbst nichts anzufangen weiß, sind die, die dem ersten Gericht unter Jojakin entronnen sind und darum einem zweiten verfallen, das endgültig sein wird. Gott erklärte, dass alles verloren sei. Diese aber, im Vertrauen auf sich selbst, brüsteten sich damit, dass sie die Vertreter des Volkes Gottes seien. Das Land Ägypten, ein Bild der Welt unter Satans Herrschaft, gefiel ihnen sehr gut. Statt sich unter das Gericht Gottes zu beugen, empörten sie sich gegen Ihn, wie wir in der Geschichte Zedekias sehen werden.
Inmitten des Zusammenbruchs öffnete Gott Seinem Volk eine Tür der Hoffnung, und zwar wollte Gott aus den Weggeführten zur bestimmten Zeit einen Überrest erwecken, den Kein des zukünftigen Israel, über das der König der Gerechtigkeit, der Gesalbte Jehovas, regieren wird, nachdem die Söhne Davids alle ihrer Verantwortlichkeit nicht entsprochen haben. Die Worte Jeremias über das Ende der Verwüstung Jerusalems trösteten und stärkten später das Herz Daniels, als die babylonische Gefangenschaft sich ihrem Ende nahte (Vergl. Daniel 9, 1‑3). Denselben Trostesworten für das Volk der Wegführung unter Jojakin begegnen wir in Hesekiel: Und das Wort Jehovas geschah zu mir also: Menschensohn, deine Brüder, die Männer deiner Verwandtschaft, deine Brüder sind es und das ganze Haus Israel insgesamt, zu welchen die Bewohner von Jerusalem sprechen: Bleibet fern von Jehova; uns ist das Land zum Besitztum gegeben! Darum sprich: So spricht der Herr, Jehova: Obgleich ich sie unter die Nationen entfernt, und obgleich ich sie in die Länder zerstreut habe, so bin ich ihnen doch ein wenig zum Heiligtum geworden in den Ländern, wohin sie gekommen sind.

 Darum sprich: So spricht der Herr, Jehova: Ich werde euch aus den Völkern sammeln und euch zusammenbringen aus den Ländern, in welche ihr zerstreut worden seid, und ich werde euch das Land Israel geben. Und sie werden dorthin kommen, und alle seine Scheusale und alle seine Gräuel daraus entfernen. Und ich werde ihnen ein Hergeben, und werde einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Heraus ihrem Fleische wegnehmen und ihnen ein fleischernes Herz geben: auf dass sie in meinen Satzungen wandeln, und meine Rechte bewahren und sie tun; und sie werden mein Volk, und ich werde ihr Gott sein" (Hesekiel 11, 14‑20).
In Verbindung mit Jojakin sei noch ein von Jeremia (Kap. 28) berichtetes Ereignis erwähnt, das unter Zedekia geschah. Ein Prophet, wie es in jener Zeit gar viele gab, Hananja, der Sohn Assurs, weissagte vor Jeremia im Hause Jehovas. Nach ihm sollte am Ende von zwei Jahren das Joch des Königs von Babel, das Jeremia als Zeichen vor dem ganzen Volke auf seinem Halse trug, zerbrochen werden. Am Ende dieses Zeitraums sollten die Juden, die unter Jojakin weggeführt worden waren, nach Jerusalem zurückgeführt und die heiligen Geräte sollten in das Haus Jehovas zurückgebracht werden. Zur Bekräftigung seiner Worte zerbrach Hananja das Joch, das der Prophet trug. Er tat das gleiche, was die Fürsten taten, als sie entgegen der Anweisung Jeremias den Weggeführten den Rat gaben, keine Häuser zu bauen (Hes. 11, 3). Hierauf geschah das Wort Jehovas zu Jeremia: Das hölzerne Joch, das Hananja zerbrochen hatte, sollte ein eisernes Joch auf allen Nationen werden. Zugleich wurde der falsche Prophet zum Tode verurteilt, weil er "Abfall geredet hatte wider Jehova" (Jer. 28, 16). Zwei Monate danach wurde der Urteilsspruch Gottes vollzogen.
Diese kleine Szene enthüllt uns die Gefühle des Volkes und seiner Führer inmitten der Gerichte Gottes. Sie nahmen die Gerichte durchaus nicht an und unterwarfen sich ihnen nicht.
Ihr nationaler Stolz ertrug die Demütigung nicht; weder sie noch ihr König wandten sich zu Gott, um Seinen Willen zu erforschen.
Wie wir auch durch die Propheten haben feststellen können, war das Herdes Volkes hoffnungslos schlecht, und sein Zustand so, dass er gebieterisch das Gericht Gottes herbeirief.
Und gerade so wie das Gericht angenommen werden musste, war es auch nötig, es geduldig zu tragen bis zum Ende der 70 von Jehova festgesetzten Jahre. Deshalb schreibt Jeremias den unter Jekonja (Jojakin) Weggeführten: "Bauet Häuser und bewohnet sie, und pflanzet Gärten und esset ihre Frucht. Nehmet Weiber und zeuget Söhne und Töchter, und nehmet Weiber für eure Söhne, und eure Töchter gebet Männern, damit sie Söhne und Töchter gebären; und mehret euch daselbst und mindert euch nicht. Und suchet den Frieden der Stadt, wohin ich euch weggeführt habe, und betet für sie zu Jehova; denn in ihrem Frieden werdet ihr Frieden haben" (Jer. 29, 5‑7). Zur bestimmten Zeit sollte es eine Wiederherstellung geben, „denn ich weiß ja die Gedanken, die ich über euch denke, spricht Jehova, Gedanken des Friedens und nicht zum Unglück, um euch Ausgang und Hoffnung zu gewähren" (V. 11).


KAPITEL 24, 18‑25, 21 Zedekia


Zedekia war der Oheim Jojakins. Der König von Babel hatte ihn an Jojakins Statt zum König eingesetzt, indem er seinen Namen Mattanja in Zedekia umwandelte. Seine Mutter war Hamutal, eine Tochter Judas. Wir wollen betreffs ihrer die früher gemachten Bemerkungen nicht wiederholen.
Indem Nebukadnezar Zedekia einsetzte, rechnete er darauf, einen König zu haben, der in Abhängigkeit von ihm regieren und nicht wieder neue Empörungen anzetteln würde. Die beiden Vorgänger Zedekias hatten den König von Babel genötigt, zwei Feldzüge gegen Jerusalem zu unternehmen. Er wünschte vor diesem stolzen und unruhigen Volk, das seinem Zepter unterworfen war, endlich Ruhe zu haben. Der Prophet Hesekiel beschreibt (Kap. 17) in einem Gleichnis die Politik und die Pläne Nebukadnezars. Der große babylonische Adler hatte Jojakin, den obersten der Schößlinge einer Zeder des Libanon, abgebrochen und ihn nach Babel gebracht. Dann hatte er von dem Samen des Landes (Zedekia) genommen und ihn wie eine Weide an große Wasser gepflanzt. Dort war er zu einem Weinstock geworden, der sich zwar ausbreitete, aber niedrig blieb; denn der König von Babel wollte in Juda ein von ihm abhängiges, niedriges Königtum haben. 

Dieser Weinstock hatte sich zu einem anderen großen Adler, dem Pharao von Ägypten, gewandt, statt dem babylonischen Adler unterworfen zu blei­ben, und Gott erklärt durch den Propheten, was die Folge davon sein würde.
„Zedekia empörte sich gegen den König von Babel" (Kap. 24, 20). Das war eine Schandtat und eine Entweihung in den Augen Jehovas, und zwar weil Nebukadnezar „Zedekia bei Gott hatte schwören lassen" (2. Chron. 36, 13). Auch Hesekiel sagt uns, dass er "einen Bund mit ihm gemacht und ihn einen Eid habe schwören lassen. So fügte Zedekia all seinen anderen Missetaten den Bruch eines im Namen Jehovas den heidnischen Nationen geschworenen Eides hinzu, und bewies so vor ihnen, dass er nicht die geringste Achtung vor Gott hatte, dem anzugehören er doch behauptete. Die Chroniken zählen vier Ursachen des Gerichts über diesen König auf. Er tat was böse war in den Augen Jehovas. Er demütigte sich nicht vor dem Propheten Jeremia, als er nach dem Befehl Jehovas redete; das ist Empörung gegen das Wort und den Geist Gottes. Dann empörte er sich gegen Nebukadnezar, der ihn bei Gott hatte schwören lassen, und schließlich verhärtete er seinen Nacken und verstockte sein Herz, so dass er nicht umkehrte zu Jehova, dem Gott Israels (2. Chron. 36, 12. 13). Was den ersten Punkt betrifft, dass er tat was böse war in den Augen Jehovas, was im Blick auf die letzten Könige von Juda so oft wiederholt wird, hören wir nicht, dass die Abgötterei der unmittelbaren Vorgänger Zedekias ebenso schreiend gewesen wäre, wie die des Manasse; wenigstens werden uns keine Einzelheiten angegeben.

 Aber über Zedekia berichten zunächst die Chroniken (2. Chron. 36, 13‑14), dass er mit allen Obersten des Volkes „das Haus Jehovas, das Er in Jerusalem geheiligt hatte, verunreinigt habe., und der Prophet Hesekiel beschreibt in seinem Gesicht (Kap. 8) die Einzelheiten der von ihm verübten Gräuel: "Das Bild der Eifersucht", die von Manasse errichtete Astarte, das "Jehova zur Eifersucht reizt", stand am Eingang des Tempels; im Vorhof, in den "Bilderkammern befanden sich allerlei gemalte Götzenbilder, vor denen die Ältesten Israels räucherten; am Eingang des nördlichen Tores des Hauses saßen Weiber, die den Tammuz (wahrscheinlich den Adonis), beweinten; am Eingang des Tempels, zwischen der Halle und dem Altar, waren Männer, die sich vor der aufgehenden Sonne niederbeugten. Die Gedanken im Herzen des Volkes waren nicht besser. Statt anzuerkennen, dass das Gericht Gottes sie wegen ihrer Treulosigkeit getroffen habe, sagten sie: "Wir wollen sein wie die Nationen und wie die Geschlechter der Länder, indem wir Holz und Stein dienen" (Hes. 20, 32). Der Prophet schildert auch den sittlichen Zustand der Propheten, der Priester und Fürsten: überall Gewalttat, Entweihung, unrechtmäßiger Gewinn, Erpressung und Übervorteilung (Hesekiel 22, 23‑31; vergl. auch Jer. 32, 30‑35).
Die Empörung Zedekias konnte in den Augen der Welt annehmbare politische Beweggründe haben. Wie das auch in unseren Tagen vorkommt, fand sie Zustimmung bei denen, die das Joch Babels leid waren. Doch dieses Joch entsprach den Gedanken Gottes, und Er gab das in offensichtlicher Weise durch Seinen Propheten Jeremia kund, der in der Stadt umherging, indem er ein hölzernes Joch auf seinem Halse trug. Das hätte der König von Juda wissen müssen, das hätte er bedenken sollen, wenn er nur im Geringsten darum besorgt gewesen wäre, Jehova zu dienen. Doch dieser Mann, der tapfer genug war, sich zu empören, war im Grunde voll Furcht, indem er es ängstlich mied, sich vor den Fürsten seines Volkes bloßzustellen. jedenfalls fand er bei seinem Handeln Unterstützung bei den umwohnenden Völkern. Nach Jeremia 27, 3 hatten die Könige von Moab und Edom, von den Kindern Ammon und von Tyrus und Sidon ihre Boten zu ihm gesandt, um ihn zu ermutigen, mit ihnen das Joch Babels abzuschütteln. Die Fürsten von Juda dachten ebenso und ließen sich in ihren Gedanken durch ihre Propheten unterstützen, die das Volk in die Irre und auf einen Weg der Empörung gegen Jehova zu führen suchten (Jer. 27, 12‑22).
Man versteht den Zorn Nebukadnezars, der zum dritten Mal, unter drei unmittelbar aufeinanderfolgenden Regierungen, gezwungen wurde, sich gegen Jerusalem zu wenden, um es zu belagern; man begreift die Wut dieses Herrschers, dem alles von seiten Gottes unterworfen war (Jehova hatte ihm das ja öffentlich kundgetan, Dan. 2, 37. 38), als er sich so von der schwachen und gedemütigten Bevölkerung des Landes Israel missachtet und verhöhnt sah. Ohne Zögern machte er sich auf , die Empörer zu strafen. Hesekiel beschreibt uns seine Ungewissheit bezüglich der Ausübung seiner Rache. Soll er mit Rabba der Kinder Ammon oder mit Jerusalem beginnen? Er benutzt, um sich zu entscheiden, die Wahrsagerei! Die Hand Jehovas führt ihn, ohne dass er sich dessen bewusst ist, gegen Juda. "Hinweg mit dem Kopfbund und fort mit der Krone! ... Umgestürzt, umgestürzt, umgestürzt will ich sie machen", spricht Jehova (Hesekiel 21, 26‑32).
Nebukadnezar baut eine Verschanzung rings um Jerusalem her und belagert die Stadt ungefähr acht Monate lang. Der Hunger nahm in ihr überhand nach dem Wort Jeremias: "Ich werde sie das Fleisch ihrer Söhne und das Fleisch ihrer Töchter essen lassen, und sie sollen einer des anderen Fleisch essen in der Belagerung und in der Bedrängnis, womit ihre Feinde und die nach ihrem Leben trachten sie bedrängen werden" (Jer. 19, 9). Während dieser ganzen Zeit steht Jeremia trotz unzähliger Gefahren, die ihn bedrohen, fest auf seiten Jehovas, nach Seinem Wort: "Ich werde dich diesem Volke zu einer festen, ehernen Mauer machen, und sie werden wider dich streiten, aber dich nicht überwältigen; denn ich bin mit dir, um dich zu retten und dich zu befreien, spricht Jehova. Und ich werde dich befreien aus der Hand der Bösen und dich erlösen aus der Faust der Gewalttätigen" (Jer. 15, 20. 21). Seine immer wiederkehrende Aufforderung lautet: "Unterwerfet euch dem Joch des Königs von Babel". „Ergebt euch ihm." Den gleichen Rat gibt er den mit Juda, verbündeten Nationen (Kap. 27, 3‑11), dem Zedekia und seinem Volke (V. 12‑15). Die Fürsten verfolgen den Propheten und suchen ihn zum Tode zu bringen unter dem Vorwand, er mache die Hände des Volkes schlaff. 

Zedekia fürchtet sich vor den Fürsten (Kap. 38, 24). Im gegebenen Augenblick kommt der Pharao mit seinem Heer Jerusalem zu Hilfe (Hesekiel 17, 17; Jer. 37, 5). Die Kunde davon veranlaßt die Chaldäer, von Jerusalem abzuziehen. Das Volk atmet auf, aber  Jeremia reißt es aus seinem Irrtum: Das Heer des Pharao, sagt er, wird in das Land Ägypten zurückkehren, und die Chaldäer werden wiederkommen. In dem Augenblick, da die Chaldäer sich zurückziehen, verläßt der Prophet Jerusalem und begibt sich in das Land Benjamin, um seinen Anteil zu holen (Jer. 37, 12). Er wird gefangengenommen unter der Beschuldigung, ein Überläufer zu sein, wird dann verfolgt und in die tiefe Grube geworfen, wo er im Schlamm versinkt. Die Fürsten des Volkes sind am meisten gegen ihn erbittert. EbedMelech, der Äthiopier, redet zu seinen Gunsten mit dem König und zieht ihn aus der Grube heraus (Kap. 39). Am Tag der Einnahme der Stadt wird dieser Mann gerettet, nach dem Wort des Propheten (Kap. 39, 15). Auch Zedekia verfolgt Jeremia und sperrt ihn in den Gefängnishof ein (Kap. 32, 2. 3), doch in Wirklichkeit ist der König der Gefangene seiner Obersten und Fürsten und wagt nicht, sich ihnen zu widersetzen; denn im Grunde haßt er Jeremia nicht, sondern wird von Menschenfurcht beherrscht, anstatt von der Furcht Jehovas, den er verachtet und verleugnet hat (Kap. 38, 24‑28).
Mit einer Kühnheit, die sich auf das Wort und die Verheißung Gottes stützt, verbirgt der Prophet dem König nichts von dem, was kommen wird: die Stadt wird zerstört, geplündert und mit Feuer verbrannt werden. In dem Maße wie das Gericht herannaht, ruft er dessen Einzelheiten in die Ohren des Volkes und des Königs: „Zedekia, der König von Juda", sagt er, "wird der Hand der Chaldäer nicht entrinnen, sondern gewißlich in die Hand des Königs von Babel gegeben werden; und sein Mund wird mit dessen Munde reden, und seine Augen werden dessen Augen sehen" (Kap. 32, 4); und weiter: „Deine Augen werden die Augen des Königs von Babel sehen" (Kap. 34, 3). Und Hesekiel weissagt von dem Fürsten, der in der Mitte Israels ist: "Er wird es (sein Gepäck) in dichter Finsternis auf die Schulter nehmen und ausziehen; sie werden die Mauer durchbrechen, um es dadurch hinauszutragen; er wird sein Angesicht verhüllen, auf dass er mit seinen Augen das Land nicht sehe.

Und ich will mein Netz über ihn ausbreiten, und in meinem Garne wird er gefangen werden; und ich will ihn nach Babel bringen, in das Land der Chaldäer, aber sehen wird er es nicht; und er wird daselbst sterben" (Hesekiel 12, 12. 13). Beide Prophezeiungen gehen wörtlich in Erfüllung. Als Zedekia gelegentlich des vorübergehenden Abzugs des chaldäischen Heeres ein Jubeljahr ausruft und befiehlt, dass alle israelitischen Knechte und Mägde freigelassen werden sollen, gehen alle, die Fürsten von Juda und die Fürsten von Jerusalem, die Kämmerer und die Priester und alles Volk des Landes", zwischen den Stücken des entzweigeschnittenen Kalbes hindurch, um den Bund zu bestätigen, den sie vor Jehova gemacht haben (Jer. 34, 18. 19; vergl. 1. Mose 15, 9), aber kaum ist das Versprechen gegeben, so übertreten sie es, wenden sich wieder um und unterjochen ihre Knechte und Mägde von neuem. Auch hier wird das Gericht über sie mit der größten Entschiedenheit durch den Propheten ausgesprochen (Jer. 34, 20‑22).
Nur ein kleiner Überrest, der die Botschaft Jehovas angenommen hatte und sich den Chaldäern ergab, rettete sein Leben (2. Kön. 25, 11). Sie sind, wie wir gesehen haben, die sehr guten Feigen von Jeremia 24.
Jerusalem wird eingenommen. Zedekia flieht mit seinem Heer in der Richtung des Jordan. Sein Gefolge wird zerstreut; er selbst wird gefangengenommen, zu Nebukadnezar gebracht, verurteilt, wie wir gesehen haben, und nach Babel weggeführt, wo man „ihn in Gewahrsam setzte bis zum Tage seines Todes" (Jer. 52, 11). Nur stirbt er, wie der Prophet gesagt hatte, nicht eines gewaltsamen Todes (Jer. 34, 4. 5), weil Jehova das geringste Zeichen der Umkehr bei diesem armen König beachtete, indem er einen Augenblick Mitleid mit dem Diener Jehovas gehabt und auf sein Wort gehört hatte, obwohl es ihm an Mut fehlte, ihm zu folgen, und an Glauben, sich vor Gott zu demütigen.
Das Volk wird nach Babel gebracht; die Priester und die, die sich an der Verteidigung beteiligt hatten, sterben eines gewaltsamen Todes zu Ribla. Die letzten Spuren der Macht und des Wohlstandes Judas verschwinden infolge dieses Angriffs. Sogar die beiden Säulen des Tempels werden zerbrochen und nach Babel gebracht, samt allem Erz, Gold und Silber des Hauses Jehovas. Was sollten noch Jakin und Boas in Jerusalem, nachdem Jehova verachtet worden war? Die Stärke, die in Ihm ist, hatte sich infolge der Untreue Judas entfernt, und anstatt es zu befestigen, hatte Gott es zerstört.
So endete die Geschichte des unter seiner Verantwortlichkeit vor Gott gestellten Menschen. Gott musste ihn dahingeben, ‑ aber Seine Verheißungen sind unbereubar. Er wird die Herrschaft Seines Gesalbten auf jenen zwei wunderbaren Säulen errichten, und diese Herrschaft wird nie wieder erschüttert werden können.


KAPITEL 25, 22‑26 Gedalja


Nebukadnezar bestellte Gedalja, den Sohn Achikams, über das Volk, das er als Weingärtner und Ackerbauer im Lande zurückgelassen hatte. Dieser Achikam hatte Jeremia in den Tagen Jojakims gerettet, als er, gleich dem Propheten Urija, gegen Jerusalem weissagte (Jer. 26, 24). Wir dürfen wohl annehmen, dass diese Tatsache auf den Geist des Königs von Babel von Einfluss gewesen war, denn er achtete und beschützte Jeremia. Gedalja wohnte zu Mizpa, einer befestigten Stadt, die Asa, der König von Juda, aus den Steinen Ramas erbaut hatte (1. Kön. 15, 22). Dorthin begibt sich auch Jeremia, und dorthin kommen alle Entronnenen aus den umliegenden Landschaften mit der armen Bevölkerung, die übriggeblieben war, und suchen den Schutz Gedaljas, dieses edlen Stellvertreters des Königs von Babel. Er versichert und schwört dem Volk, dass es nichts zu fürchten habe, wenn es sich den Chaldäern unterwerfe.
So gab es für diesen armen Überrest eine Ruhepause von einigen Monaten. Sie ernteten Wein und Sommerfrüchte in großer Menge (Jer. 40, 12). Der Dienst Jehovas scheint sogar wieder zu Ehren gekommen zu sein in einer Zeit, da der Tempel völlig zerstört war und in Trümmern lag. Wenigstens scheint es "ein Haus Jehovas" gegeben zu haben, wohin die, die über den Zustand Israels trauerten, gehen konnten (Jer. 41, 4. 5).
Was an Heerobersten noch übriggeblieben war, sammelte sich um Gedalja, an ihrer Spitze Ismael, der Sohn Nethanjas, ein Mann aus königlichem Geschlecht. Dieser kam mit bösen Absichten, gesandt von Baalis, dem König der Kinder Ammon, und ohne Zweifel durch eigenen Ehrgeiz getrieben. Gedalja wird durch Jochanan, einen der Obersten, über den beabsichtigten Verrat benachrichtigt, weigert sich aber, daran zu glauben und seine Hand zur Beseitigung Ismaels zu leihen (Jer. 40, 13‑16).

 Darauf erschlägt ihn Ismael in feiger, hinterlistiger Weise, indem er sich so zum letzten Male gegen die Herrschaft des Königs von Babel empört. Auch tötet er die Anhänger des Statthalters und die chaldäischen Kriegsleute, die sich in Mizpa befanden. Und als am zweiten Tage achtzig Männer kamen, die vielleicht in Unwissenheit und nicht frei von heidnischen Gebräuchen, aber mit zerschlagenem Herzen Jehova suchten, da erschlug er auch diese und führte den ganzen Überrest des Volkes, das zu Mizpa war, mit den Töchtern des Königs gefangen zu den Kindern Ammon (Jer. 41, 4‑10). Jochanan und die Heerobersten verfolgten ihn, erreichten ihn bei dem Wasser bei Gibeon und nehmen ihm die Gefangenen wieder ab, während es ihm gelingt, mit acht Männern zu entrinnen und zu Baalis zu gelangen.
Die so befreiten, aber von Furcht erfüllten Gefangenen wünschen nach Ägypten zu ziehen und befragen durch Jeremia Jehova, um eine ihren Wünschen entsprechende Antwort zu empfangen; doch sind sie im Grunde entschlossen, nicht zu gehorchen, wenn diese Antwort ihrem Vorhaben nicht günstig ist. Der Prophet gibt ihnen eine feierliche Warnung: Bleiben sie im Lande, so bedeutet das ihre Rettung; denn die Segnung geht immer Hand in Hand mit der Unterwerfung unter das Gericht Gottes, wobei die Seele sich ihm demütig unterwirft und trotz allem auf Gott rechnet, dass Er segnen werde. Nach Ägypten hinabgehen, wo sie Sicherheit zu finden hofften, hieß einem unausbleiblichen Gericht entgegengehen (Jer. 42).
In ihrem Stolz wollen die Heerobersten die Demütigung nicht annehmen und behandeln das Wort Gottes als Lüge. Ist es nicht immer so, wenn Gott Sein Wort, das die Welt und den Willen des Menschen verurteilt, den Seelen vorstellt, die sich entschlossen haben, der Welt und ihrem eigenen Willen zu folgen? Sie sagen den deutlichsten Aussprüchen gegenüber: "Jehova hat dich nicht gesandt, also zu reden. 


Es ist eine Lüge" (Jer. 43, 2).


Sie hörten also keineswegs auf das Wort Jehovas, sondern hielten bis ans Ende, an einerr Sache fest, an der Empörung gegen Gott, und nahmen Jeremia und den treuen Baruk mit, da sie diese Zeugen ihres Ungehorsams und Unglaubens nicht zurücklassen wollten. Sie vergaßen nur eines, nämlich dass sie das Wort Jehovas, das sie verurteilte, auch mitnahmen.
Jeremia setzt bis ans Ende die treue Ausübung der Gabe der Weissagung fort, die Gott ihm anvertraut hat. In Tachpanches wie in Jerusalem ist er der Zeuge der Wahrheit Gottes. Er kündigt den zukünftigen Einfall Nebukadnezars in Ägypten an, der dann dieser Empörungen eingedenk sein würde (Jer. 43).
Im Lande Ägypten, wohin diese Unglücklichen entflohen waren, fangen sie wiederum an, anderen Göttern zu dienen. Ihr Zustand wird uns in den Worten beschrieben: "Bis auf diesen Tag sind sie nicht gedemütigt, und sie haben sich nicht gefürchtet und haben nicht gewandelt in meinem Gesetz und in meinen Satzungen, die ich euch und euren Vätern vorgelegt habe" (Jer. 44, 10). Auch erklärt Gott, dass von allen, die nach Ägypten hinabgezogen seien, außer "einem zählbaren Häuflein" (V. 28), "kein Entronnener noch übriggebliebener da sein werde, um in das Land Juda zurückzukehren" (V. 14).
Das Volk erklärt offen, dass es fortfahren wolle , der Königin des Himmels" zu opfern, und ihr schreibt es das Wohlergehen zu, das es früher in Jerusalem genossen hatte (Jer. 44, 17. 18). Das angekündigte Unglück, bei dem Jehova den Pharao Hophra in die Hände des Königs von Babel gibt, trifft es in Ägypten (V. 30).


KAPITEL 25, 27‑30 Ende


Im 37. Jahre der Wegführung läßt Ewil-Merodak, der König von Babel, Jojakin aus dem Gefängnis herausgehen und unterhält ihn an seinem Hofe „alle Tage seines Lebens". Die Leuchte, die völlig erloschen zu sein schien, beginnt wieder einen schwachen Schein abzugeben, ‑ ein Beweis, dass Jehova stets der Verheißungen eingedenk ist, die Er David, Seinem Gesalbten, gegeben hat, und dass trotz allem Seine Gnade über diesem schuldigen Geschlecht wacht.

 ja, ein Tag sollte kommen, und er war nicht mehr fern, wo, nach Jesaja, der Geist Jehovas den Gebundenen Öffnung des Kerkers ausrufen und das Jahr der Annehmung Jehovas, das angenehme Jahr des Herrn, verkündigen würde. Würde das Volk dann darauf achten? Ach! es hat auch den Gesalbten Jehovas verworfen, wie es einst Jeremia und alle Propheten vor Ihm verwarf. Doch trotz allem werden die Verheißungen Gottes betreffs des Volkes in Erfüllung gehen, und sein endgültiges Jubeljahr wird anbrechen, wenn das Schwert des Gerichts sein Werk auf Erden getan haben wird und die ewigen Pforten sich erheben werden, um den König der Herrlichkeit einziehen zu lassen!

Fußnoten:
*) Und tatsächlich ist Ahasja der einzige, der Elia erkennt. Niemand in seiner Umgebung kannte den großen Propheten Israels; aber wie sehr vermehrt das die Strafbarkeit des Königs! Zu einer Zeit, da das Wort Gottes von dem Volke, welches Kenntnis von ihm hätte haben sollen, nicht gekannt wird, ist der einzige, welcher nicht in Unkenntnis darüber ist, gerade derjenige, der es be­kämpft!
*) Offenbarung 12, 5 zeigt uns ein ähnliches Beispiel.
Erinnern wir uns bei dieser Gelegenheit daran, dass zwei Menschen, Henoch und Elia, gen Himmel gefahren sind, ohne durch den Tod zu gehen, während ein einziger, Christus, aus den Toten auferweckt wurde, um in den Himmel hinaufzusteigen**); darum wird Er auch "der Erstgeborene aus den Toten" genannt, da Er den Heiligen voranging, deren Erstling Er ist in der Auferstehung. Es wurden andere Tote vor Christo auferweckt, aber immer nur für die Erde, niemals für den Himmel. Sie waren dem Tode aufs neue unterworfen, wogegen Christus, nachdem Er aus den Toten auferweckt worden ist, nicht mehr stirbt; der Tod herrscht nicht mehr über Ihn.
**) In mehr als einem Zuge ist Henoch dem Elia ähnlich. Beide sind Propheten des Gerichts. Henoch wandelt mit Gott ‑ Elia steht vor Jehova. Beide werden aufgenommen vor dem schließlichen Gericht, von welchem sie Zeugnis abgelegt haben.
*) Das ist, wie ich glaube, der Sinn, den man in dieses Wort legen muss.
*) Es ist bemerkenswert, dass das Wort gewöhnlich reiche Leute wählt als Beispiele von solchen, welche das Heil nicht erlangen. Mit Ausnahme des zweiten Räubers am Kreuze entsinne ich mich keines Falles, in welchem ein Armer als Beispiel von solchen genommen wäre, die das Heil verlieren. Judas trug die Kasse; er war der einzige unter den Jüngern, der etwas hatte. Das Evangelium wurde den Armen gepredigt, und die Reichen, wie der in der Geschichte des Lazarus, hatten ihr Teil in diesem Leben.

 Die Scheunen des Reichen, dessen Seele in der Nacht gefordert wurde (Luk. 12, 20), hatten Über­fluss an Getreide. Die Reichen im Jakobusbriefe, die in den letzten Tagen Schätze gesammelt und den Gerechten verurteilt hatten, verfallen dem Fluche. Es waren Reiche, die in dem Gleichnis von dem großen Abendmahl sagten: "Halte mich für entschuldigt", und die darauf verworfen wurden. Der reiche und so liebenswürdige Jüngling beraubt sich selbst des Heils, als es sich darum handelte, alles aufzugeben, um Jesu nachzufolgen. Der verlorene Sohn war reich, als er seinen Vater verließ, aber von allem entblößt, als er zu ihm zurückkam.
Aber es gibt auch Ausnahmen von diesem Fluche, den der Reichtum mit sich bringt, denn wenn die Rettung eines Reichen auch bei Menschen unmöglich ist, bei Gott sind alle Dinge möglich. Die Sunamitin gibt uns dafür ein kost. bares Beispiel. Zachäus, der Oberzöllner, der Jesum in sein Haus aufnahm, und Joseph von Arimathia, der für den Herrn in Seinem Tode Sorge trug, waren auch reiche Männer (Matth. 27, 57).
*) In allen Stellen, die wir anführen werden, ist das Wort fürchte dich nicht" im Griechischen (Neues Testament) und im Hebräischen (Altes Testament) das gleiche.
*) Zur Zeit des Endes (in der Offenbarung) wird der Herr in den Wegen Seiner Vorsehung sich in Gestalt eines Engels zu erkennen geben bis zu Seiner Erscheinung auf dem Berge Zion; daher finden wir in diesem Buche den Aus­druck "ein anderer Engel".
*) Die verschiedenen Arten zu sehen sind in diesem Kapitel von höchstem Interesse. Wir finden zuerst Elisa, den Seher, dessen Augen nicht geöffnet zu werden brauchten, um das Heer Jehovas zu sehen; dann seinen von der Sorge um die sichtbaren Dinge beherrschten Diener, welcher der Vermittlung des Propheten bedurfte, um durch das Sehen der unsichtbaren Dinge beruhigt zu werden. Weiter begegnen wir dem Heer der Syrer, das doppelt blind ist, weil es zu sehen meint und in völlige Nacht versenkt wird; dann demselben Heere, wie es sein Los unter dem Gericht Gottes erkennt, zugleich aber offene Augen hat, um sich an dem "großen Mahl" der Gnade niederzulassen; und schließlich dem König von Israel, der mit Gottes Gedanken unbekannt ist, der aber auch zu sehen meint, und dessen "Sünde bleibt" (Joh. 9, 41) ‑ ein trauriger Vertreter Israels, ein Feind Christi, der mehr und mehr für das Gericht heranreift.
*) Dieser Ben‑Hadad ist augenscheinlich derjenige, der Samaria belagert hatte (im vorhergehenden Kapitel), und wahrscheinlich, obwohl er nicht ge­nannt wird, derselbe König von Syrien, der Naaman zum König von Israel sandte, und dessen Streifscharen das Gebiet der zehn Stämme verheerten " Man muss jedoch nicht vergessen, dass Ben‑Hadad ein oft vorkommender Name der Könige von Syrien ist. Er bedeutet Sohn (oder Anbeter) Hadads, d. 1. wahr­scheinlich der Sonne. Wir finden einen Ben‑Hadad zur Zeit Asas, des Königs von Juda (1. Kön. 15, 20), einen zweiten zur Zeit Ahabs (1. Kön. 20, 1), dann unter Joram den Ben‑Hadad, der Samaria belagerte und mit dem wir uns hier beschäftigen, und schließlich (Kap. 13, 24) den Ben‑Hadad, der der Nachfolger Hasaels war.
*) am Nordende des Golfs von Akaba. ‑ In den beiden nachher angeführten Stellen wird die Stadt "Eloth" genannt. Anmerkung des Übersetzers.
*) Vielleicht auch Salmaneser. In diesem Falle würde das Kalb von Bethel Salmaneser durch den König Hosea gesandt worden sein. Beth‑Awen (Hos. 4, 15; 5, 8) bedeutet Götzenhaus, das an die Stelle von Bethel (Gotteshaus) getreten war.
*) Wir wollen hier nicht von den Siegen reden, die von Rezin und Pekach über Juda errungen wurden, noch von dem Propheten Oded, dem es gelang, das Gewissen einiger Anführer von Ephraim zu erreichen, indem er sie dahin brachte, die Gefangenen und die Beute, die sie von Juda gemacht hatten, zurückzuschicken. Diese ganze Erzählung wird bei der Betrachtung der Chronika ihren Platz finden.
*) Wir haben nicht die Absicht, außer dieser Erklärung, uns mit der Auf­lösung der in diesen Büchern enthaltenen historischen Schwierigkeiten zu be­schäftigen. So lassen wir auch die meisten der chronologischen Fragen unberührt. Andere haben auf die Einwürfe der sogenannten höheren Kritik" geantwortet.
*) Wir werden bei der Betrachtung des 2. Buches der Chronika die sich scheinbar ganz widersprechende Weise sehen, in der dieses Buch uns den wichtigen Gegenstand vor Augen führt.
*)Wir reden hier selbstverständlich nicht von der Verkündigung des Evan­geliums an die Welt und von der Bekehrung von Sündern.
*) Man hat vermutet, dass Hiskia nicht den ganzen Tribut, der eine gewaltige Summe ausmachte, hätte bezahlen können; aber aufgefundene Inschriften be­stätigen die biblische Erzählung, dass er ihn buchstäblich entrichtet hat. Es war daher ein Treubruch seitens des assyrischen Monarchen, und Gott hat dies zur Züchtigung Hiskias benutzt.
*) Was wir über die Zeit der Krankheit Hiskias sagen, wird durch die „Worte Jehovas bei seiner Heilung bestätigt: "Ich will zu deinen Tagen fünfzehn Jahre hinzufügen; und von der Hand des Königs von Assyrien will ich dich und diese Stadt erretten' (2. Kön. 20, 6).
*) Auf seiner Rückkehr von diesem Kriegszuge war es, dass sein Heerlager auf den Bergen Israels geschlagen wurde, wie es auch mit demjenigen des zu­künftigen Assyrers der Prophezeiung geschehen wird.
*) Da Hiskia sich seiner Schätze beraubt hatte, um dem Angriff des Königs von Assyrien auf Jerusalem zu entgehen (Kap. 18, 15 und 16), möchte man vermuten, die Gesandtschaft Babels habe vor diesem Augenblick stattgefunden, kurz nach der Krankheit Hiskias, die im 14. Jahre seiner Regierung eintrat. Wenn Hiskia den Gesandten alle seine Schätze zeigte, könnte man der Meinung um geben, dass diese noch nicht vermindert gewesen seien durch jenen ungeheuren Tribut, der den König zwang, selbst den Tempel Gottes zu berauben Allein in 2. Chron. 32, 23 wird uns berichtet, nach dem Hiskia aus der .ä Sanheribs gerettet worden war: „Und viele brachten Gaben für Jehova nach Jerusalem, und Kostbarkeiten für Jehiskia, den König von Juda; und er wurde danach erhoben in den Augen aller Nationen". Und weiter: Jehiskia hatte sehr viel Reichtum und Ehre. Und er machte sich Schatzkammern für Silber und Gold und Edelsteine . . ." (V. 27). Der Angriff Sanheribs war also schon vorüber, als die Gesandtschaft von Babel kam und die Schätze des Königs Hiskia besichtigte.
*) In den Chroniken ist die Reihenfolge anders; dort beginnt Josia mit der Reinigung des Landes und beschäftigt sich dann mit dem Tempel. Umgekehrt berichtet uns dasselbe Buch, wie Hiskia mit dem Tempel beginnt und danach das Land reinigt, während in dein Buche der Könige diese Reinigung des Landes die erste Handlung Hiskias ist.
*) Derselbe wie Joahas; vergl. 1. Chron. 3, 15; 2. Chron. 36, 1.