KAPITEL 18, 17-46 Elia vor den Priestern des Baal
Ahab geht Elia entgegen; er klagt den Knecht Gottes an, daß er der sei, "der Israel in Trübsal bringe". So betrachtet die Welt das Tun der Zeugen des Herrn. Das unvermeidliche Gericht ankündigen, erklären, daß es keine Zuflucht davor gebe als in Gott Selbst, feststehen für Jehova angesichts des Bösen, das heißt allerdings die Welt aufrütteln, die sich in eine falsche Sicherheit einwiegt und in ihrem Schlafe nicht gestört sein will. "Wer Israel in Trübsal bringt, das bist du und das Haus deines Vaters", erwidert der Prophet. "
Die Gebote Jehovas verlassen", das ist die wahre Ursache der Trübsal, denn "es gibt keinen Frieden für die Gesetzlosen.
"Sende hin", sagt Elia zu Ahab, "versammle ganz Israel zu mir nach dem Berge Karmel, und die vierhundertundfünfzig Propheten des Baal und die vierhundert Propheten der Aschera, die am Tische Isebels essen. Da sandte Ahab unter allen Kindern Israels umher und versammelte die Propheten nach dem Berge Karmel (V. 19 und 2o). Gott will es so; ob Ahab will oder nicht, die Sache muß geschehen. Indes kam der Gedanke, daß seine Religion mit ihren achthundertundfünfzig Propheten nichts sei gegenüber einem einzigen Propheten Jehovas, sicherlich nicht in diesem gottlosen Könige auf.
"Da trat Elia zu dem ganzen Volke hin und sprach: Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Wenn Jehova Gott ist, so wandelt ihm nach; wenn aber der Baal, so wandelt ihm nach! und das Volk antwortete ihm kein Wort. Israel wandelte unter dem Druck einer götzendienerischen Religion dem Baal nach, ohne Jehova ausdrücklich zu verleugnen. Es hinkte auf beiden Seiten.
Das ist ein Charakterzug der Religion der Welt. Ohne Zweifel wird die Zahl derer, die dem offenbaren Unglauben huldigen, von Tag zu Tag größer, aber andere lassen weder den Glauben noch die Gottlosigkeit fahren; sie finden für beide gute Gründe, indem sie das Böse beschönigen und gegen das Gute Einwendungen erheben. Das sind die Gleichgültigen, die sich der Wahl zwischen den beiden Parteien enthalten und die, wenn ein Elia zu ihnen redet, kein Wort erwidern.
Der Prophet beginnt damit, allein für Jehova Stellung zu nehmen angesichts der vierhundertundfünfzig Propheten des Baal. Er schlägt dem Volke ein Zeichen vor, welches Jehova allein hervorbringen konnte und das einen tiefen Sinn hatte: "Der Gott, der mit Feuer antworten wird, der sei Gott". Es handelt sich hier nicht um das Feuer vom Himmel, welches im Gericht über die Menschen kommt, wie das später auf den Ruf des Propheten geschieht (2. Kön. 1, 10), sondern um ein Feuer, welches auf das Brandopfer herabfällt.
Baal antwortet nicht. Mit beißendem Spott behandelt der Prophet diesen leblosen Gegenstand, durch welchen Satan seinen schrecklichen Einfluß auf das Herz der Menschen ausübte. Das Blut der falschen Propheten fließt, doch weder ihr Blut noch das Blut irgendeines Menschen konnte die Sünde Israels austilgen oder diesem armen Volke den Himmel öffnen!
Zwei Religionen standen in diesem feierlichen Augenblick einander gegenüber: die des Elia und die des Baal; die dritte, diejenige Israels, hatte teil an beiden. Dem Augenschein nach hatten die beiden Religionen dasselbe Opfer. Wie sollte man sie unterscheiden? Der eine der beiden Farren wird durch das Feuer vom Himmel verzehrt werden, der andere nicht. Daran war der wahre Gott zu erkennen; und daran konnte, auch das Volk sich kennenlernen, um zur Buße umzukehren.
Elia sagt: "Tretet her zu mir". Er war damals, wie Christus es in Vollkommenheit war, der Vertreter Gottes auf der Erde. Wenn Israel f e r n blieb, konnte es nicht der Zeuge dessen sein, was Gott tun wollte. Elia stellt den niedergerissenen Altar wieder her. Die zwölf Steine stellen die zwölf Stämme, das ganze Volk, vor Gott dar. Der Prophet legt in einer Zeit des Verfalls Zeugnis ab von der Einheit des Volkes, wie die heute lebenden Zeugen es tun im Blick auf die Einheit des Leibes Christi.
Elia handelt, nicht wie ein sektiererischer Mensch es tun würde, sondern geleitet durch den Glauben an die tiefe Wirklichkeit dieser Einheit, welche Gott im Anfang errichtet hatte. Äußerlich war der Altar niedergerissen, das heißt, Israel als ein Ganzes bestand nicht mehr. Aber ein einziger Mann genügte, um mit seinem Altar aus zwölf Steinen zu bezeugen, daß das, was Jehova im Anfang errichtet hatte, für immer bleiben würde. Geradeso ist es heute.
Laßt uns nicht müde werden, von der Tatsache Zeugnis abzulegen, daß es für uns e i n e n Leib und e i n e n Geist gibt, wie es für Elia einen Altar von zwölf Steinen gab. Die, welche diese Wahrheit verkünden, sind stets gering an Zahl; vielleicht bleiben sie allein wie Elia; aber was macht die Zahl aus, wenn dieses Zeugnis Gottes uns anvertraut ist wie einst dem Elia inmitten des allgemeinen Abfalls?
Das Brandopfer war das Opfer, welches Gott für das Volk dargebracht wurde. Das Feuer vom Himmel, das göttliche Gericht, fällt herab und verzehrt alles: das Opfer, das Holz und den Altar selbst; es läßt nichts übrig. Jehova zeigte auf diese Weise, daß nur ein Opfer den wahren Gott zu erkennen geben konnte, das Opfer nämlich, auf welches Sein Gericht gefallen war.
Jeder Israelit, der diesem Schauspiel beiwohnte, konnte zugleich lernen, was er verdiente, und daß das durch die zwölf Steine des Altars dargestellte Volk vor dem Gericht Gottes nicht bestehen konnte. Doch, o Wunder der Gnade! wenn auch das Volk bei seinem eigenen Gericht zugegen war und sich mit dem Brandopfer verzehrt sah, wurde es selbst doch nicht davon getroffen.
Das Opfer wird verzehrt, das Volk wird mit dem Opfer verzehrt; doch das "Gericht ohne Barmherzigkeit über das, was das Volk vor Gott darstellte, setzt es in Freiheit, damit es sich seiner Errettung freue. So können auch wir sagen: "Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt worden, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen" (Röm. 6, 6).
Die Dürre und die Hungersnot waren ein warnendes Gericht über das irregeleitete Israel gewesen, indem Gott Sich teilweise durch Seine Wege zu erkennen gab; doch das Volk erkannte Gott in der Vollständigkeit Seines Wesens erst dann, als das Feuer vom Himmel das Brandopfer und den Altar verzehrte
Elia begehrte zweierlei: daß Gott verherrlicht werde, und daß das Volk Ihn kennenlerne. "Jehova, Gott Abrahams, Isaaks und Israels! heute werde kund, daß du Gott in Israel bist, und ich dein Knecht, und daß ich nach deinem Worte alles dieses getan habe. Antworte mir, Jehova, antworte mir, damit dieses Volk wisse, daß du, Jehova, Gott bist, und daß d u ihr Herz zurückgewendet hast".
Dieser doppelte Erfolg zeigt sich: das durch Gottes Macht befreite Volk erkennt Jehova wieder an, wendet sein Herz zu Ihm und huldigt Ihm f "Als das ganze Volk es sah, da fielen sie auf ihr Angesicht und sprachen: Jehova, er ist Gott! Jehova, er ist Gott!"
"Und Elia sprach zu Ahab: Gehe hinauf, iß und trink, denn es ist ein Rauschen eines gewaltigen Regens". Das Rauschen des Regens ist da, aber nur das Ohr des Elia (oder vielmehr sein Glaube) bemerkt es. "Ahab ging hinauf, um zu essen und zu trinken". Er ist Gott gegenüber machtlos, ein Werkzeug, das Jehova nach Seinem Gefallen gebraucht.
So gottlos er ist, wird er doch g e z w u n g e n zu gehorchen. Er, der gesagt hatte: "Du bringst Israel in Trübsal", vermag nichts gegen die schreckliche Demütigung, die ihm auferlegt wird, indem er sehen muß, daß alle Priester seines falschen Gottes vor ihm geschlachtet werden. Doch welche Wichtigkeit hatte überhaupt dieser gottlose König? Es handelte sich nicht um sein Heil, das ihm übrigens auch durchaus keine Sorge machte, sondern um das Heil des gesamten Volkes Gottes.
Elia steigt auf den Gipfel des Karmel. Sein Glaube geht siegreich aus der Prüfung hervor; sein Ausharren hat ein vollkommenes Werk. Der Segensregen kommt, nachdem das Gericht Gottes auf das Brandopfer gefallen ist und erst nachdem Israel angesichts dieser Tatsache Jehova anerkannt und sein Herz zu Ihm gewendet hat. Man sucht in unseren Tagen auch den gewaltigen Regen, aber ohne daß das Gewissen erreicht wäre. Dieses Begehren kann nicht mit Erfolg gekrönt werden. Der Regen wurde Israel erst als Folge des Werkes Gottes f ü r sie und Seines Werkes i n ihnen gegeben.
"Die Hand Jehovas kam über Elia; und er gürtete seine Lenden und lief vor Ahab her bis nach Jisreel hin".
Laßt uns nochmals kurz den schönen Charakter dieses Mannes Gottes betrachten. Wir werden es um so lieber tun, als wir hernach eine Szene erblicken werden, die nicht mehr von der Kraft des Heiligen Geistes in unserem Propheten zeugt.
Bei einer völligen Absonderung von dem ihn umringenden Bösen ist Elia gar nicht mit sich selbst beschäftigt, er hat keinen Wunsch nach persönlicher Anerkennung. Er steht vor Jehova, hört auf Sein Wort, gehorcht Ihm, lebt in allen Umständen in Abhängigkeit von Ihm. Er ist von Gott abhängig bezüglich seines Unterhaltes, sodann, um die Gnade zu den Heiden zu bringen, dem Feinde
standzuhalten, Zeugnis abzulegen, die Macht Gottes im Zurückhalten und Geben des Regens auszuüben, aber vor allem, um das Feuer vom Himmel auf das Brandopfer herabfallen zu lassen und die Welt zu richten. Er rechnet auf Jehova, wandelt mit Ihm und wird, wie Henoch, in die Herrlichkeit entrückt.
Das Wort Jehovas, der Engel Jehovas, Jehova Selbst reden zu Elia; er redet mit Gott, und Gott hört auf ihn; er ist ein F r e u n d G o t t e s (Kap. 17, 22; 18, 38. 44). Elia ist ein Brief Christi. Doch während der Herr niemals fehlte, hat dieser Mann Gottes gefehlt. Das werden wir im nächsten Abschnitt betrachten.