1. Könige 21, Ahab und Naboth

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 21 Ahab und Naboth

Neue Umstände zeigen uns den inneren Zustand des Königs. Sein Herz ist mit Habsucht erfüllt mit der Begierde nach etwas, das Gott ihm nicht gegeben hat. Doch das ist ebenso Götzendienst wie die Anbetung des Baal (Kol. 3, 5). Vom Feinde ganz in Besitz genommen, ist Ahab nur von einem Götzendienst zum anderen übergegangen. 

Der Vorschlag, den Ahab dem Naboth macht, ist von größerer Tragweite, als es auf den ersten Blick scheint. Er zielte ab auf die Veräußerung des Erbteils dieses gottesfürchtigen Israeliten für immer. Ein Tausch oder eine Bezahlung des Wertes des Grundstücks war für Ahab selbstverständlich die endgültige Besitzergreifung von dem Weinberg seines Nachbarn. 

Auf solche Bedingungen konnte aber ein Israelit, der Gott fürchtete, nicht eingehen. Wenn er sein Grundstück verkaufte, so verkaufte er nur die Ernten daraus; sein Besitztum fiel im Jubeljahre wieder an ihn zurück, und so wurde dessen Preis nach der Anzahl der Jahre geschätzt, in denen der Käufer erntete was darauf wuchs (Vergl. 3. Mose 25, 15). Der Verkäufer hatte sogar das Recht sein Grundstück jederzeit zurückzunehmen, indem er dem Käufer die noch übrigen Jahre wieder vergütete. 

Ein gottesfürchtiger Israelit hielt an dem Erbteil seiner Väter fest weil diese selbst es von Jehova empfangen hatten. Doch es gab noch einen entscheidenderen Grund. In Wirklichkeit gehörte das Land, der Boden, nicht dem Volke, sondern Jehova: "Das Land soll nicht für immer verkauft werden, denn mein ist das Land ; denn Fremdlinge und Beisassen seid ihr bei mir. Und im ganzen Lande eures Eigentums sollt ihr dem Lande Lösung gestatten" (3. Mose 25, 23. 24).

Das läßt uns die sehr entschiedene Antwort Naboths verstehen: "Das lasse Jehova fern von mir sein, daß ich dir das Erbe meiner Väter geben sollte!" 

Der 4. Vers zeigt uns, wie das Herz eines Menschen ohne Gott sich verhält, wenn seine Begierde nicht befriedigt wird: "Und Ahab kam in sein Haus, mißmutig und zornig". Wir finden hier dieselben Worte wieder wie am Ende des 20. Kapitels. 

Armes Menschenherz, niedergedrückt durch Mißmut und geschwollen von Zorn! Und das ist alles, was es zu fassen fähig ist, wenn nicht Satan, um seine Herrschaft darüber zu behalten, kommt, um ihm neue trügerische Be­gierden einzuflößen. Ahab ist mißmutig, weil er den Gegenstand seines Verlangens seinem Bereich entrückt sieht; er ist zornig gegen einen Willen, der ihm im Wege steht und den er nicht brechen kann, weil es doch schließlich der Wille Gottes ist. 

So ist Ahab auf seinem Wege auf allen Seiten Gott begegnet: nach der Dürre und dem Durst, bei seiner Religion, bei seinem Bunde mit Ben-Hadad und endlich bei der Befriedigung seiner Begierden. Gott, immer wieder Gott! Der Gott, von dem er gemeint hatte, daß er Ihn durch seine Götzen ersetzen könnte! Nach der Vertilgung der Priester war das Haus allerdings gekehrt und geschmückt; aber schon waren bösere Dämonen hineingekommen. 

Wer facht diese bösen Geister an, wer hält diese Begierden wach? Es ist Isebel, das richtige Bild des satanischen Geistes (V. 515). Isebel tut das Böse mit Wissen und Willen; sie erregt alle schlechten Triebe des Herzens ihres Mannes. Sie wendet sich an seinen Stolz: "Du, übst du jetzt Königsmacht über Israel aus?" Dann fügt sie hinzu: "

 I c h werde dir den Weinberg Naboths, des Jisreeliters, geben". Wenn ein Mensch seine Seele dem Satan verkauft hat, wie Ahab, so verfehlt dieser nicht, ihm Versprechungen aller Art zu machen. Er ist der Versucher. Das was Gott dir nicht geben will, werde i c h dir geben, sagt er. Laß mich nur machen; ich werde dir den Weinberg geben. Ahab läßt es geschehen, weil er die Befriedigung seiner Begierde darin sieht. Und nun, Ahab, "stehe auf, iß, und laß dein Herz fröhlich sein"! Das ist in der Tat das beständige Ziel des Fleisches: Gesundheit, Frohsinn, tun, was man will, und sich verschaffen was man begehrt. 

Doch wie konnte dieses Ziel erreicht werden? Naboth hatte gesagt: "Ich will dir das Erbe meiner Väter n i c h t geben". Isebel weiß einen Ausweg. Sie kommt und nimmt Ahab bei der Hand und leitet ihn auf ihrem Wege zu sich hin, auf einem Wege der Lüge und des Mordes, und zwar unter dem Schein, als ob sie seine Wohltäterin sei. 

Sie "wird ihm geben"; aber indem er darauf wartet, bemächtigt sie sich seiner Autorität, seiner königlichen Macht: "sie schrieb Briefe im Namen Ahabs und siegelte sie mit seinem Siegel". Ahab ist ihr Sklave geworden. Sie schreckt weder vor der Bestellung falscher Zeugen noch vor der Ermordung eines gerechten Mannes zurück, um Ahab den Gewinn daraus zu geben. 

Diese Baalsanbeterin läßt die falschen Zeugen sagen: "Naboth hat Gott und den König gelästert". Sie gebraucht den Namen Gottes, der vom Volke, aber nicht von ihr anerkannt ist, um einen Knecht des wahren Gottes zu vernichten. Hat Isebel es nicht stets so gemacht? Wir sehen sie in Offenbarung 2 wieder aufleben, jetzt nicht mehr im Judentum, sondern in der Kirche, indem sie den Charakter einer Prophetin annimmt und die wahren Zeugen Gottes beschuldigt, "die Tiefen Satans nicht erkannt zu haben", während sie selbst ihre Kinder lehrt, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen. 

Ahab läßt die Freveltat geschehen, um Nutzen daraus zu ziehen. Die Männer von Jisreel, die Ältesten und die Edlen, tun es mit voller Kenntnis der Sachlage; denn die Briefe fordern sie auf, zwei b ö s e Menschen, Söhne Belials, zu suchen, die einen Meineid leisten sollen, um Naboth zu verderben. Sie tragen wenig Bedenken, der Aufforderung zu folgen; denn es liegt in ihrem Interesse, dem König zu gefallen und ihn sich zu verpflichten. 

Naboth wird gesteinigt; endlich ist der Augenblick für Ahab gekommen, die Frucht seiner Begehrlichkeit zu genießen. "Mache dich auf", sagt Isebel, "nimm den Weinberg Naboths, des Jisreeliters, in Besitz, den er sich geweigert hat, dir um Geld zu geben; denn Naboth lebt nicht mehr, sondern ist tot". 

Ahab geht hinab. Aber wird er glücklich sein? Das Ziel ist erreicht, der Augenblick ist für ihn da, die Fröhlichkeit zu zeigen, welche Isebel ihm verheißen hat. Aber kaum tritt er den Besitz an, so kommt ihm gerade in dem Weinberg, den er in Besitz nehmen will, Elia, von Gott gesandt, entgegen. Seine Freude, sein Glück sind verschwunden. Satan ködert uns immer und läßt uns dann, Gott gegenüber, allein, nachdem er uns getäuscht und in den Sumpf gelockt hat. 

Ahab sagt zu Elia. "Hast du mich gefunden, mein Feind?" ja, sein Feind! Er hatte Satan zum Freunde genommen, und so findet er Gott als Feind. An dem Ort der verheißenen Be­friedigung findet er nichts von dem, was er erhofft hatte; aber Gott tritt durch Seinen Propheten vor ihn hin und sagt zu ihm: "Hast du gemordet und auch in Besitz genommen?" 

Andere hatten gemordet, aber Gott fordert Rechenschaft dafür von Ahab. An die Stelle der so heiß ersehnten Freude tritt der schreckliche Fluch, der sich im Laufe der jammervollen Geschichte Israels immer von neuem wiederholt. Es sind dieselben Ausdrücke wie bei dem Gericht über Jerobeam und über Baesa: "Wer von Ahab in der Stadt stirbt, den sollen die Hunde fressen, und wer auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel des Himmels fressen" (V. 24; vergl. Kap. 14, 11; 16, 4). 

Auch Isebel wird nicht vergessen: "die Hunde sollen Isebel fressen an der Vormauer von Jisreel". Wenngleich die Vollziehung des angekündigten Gerichts über Isebel noch auf sich warten läßt (2. Kön. 9), so ist sie deshalb doch nicht weniger gewiß. 

Diesmal muß Ahab sich sagen: Das Gericht Gottes hat mich erreicht. Die Tatsache, daß das Wort Gottes gegen seine Vorgänger ohne Reue gewesen war, läßt ihn aufwachen. Für ihn, der es schlimmer gemacht hatte als sie alle, steht das Gericht vor der Tür. Er demütigt sich und geht einher in Betrübnis, Trauer und Fasten (V. 2729). 

Er liegt im Sacktuch, welches er über seinen Leib gezogen hat, und "geht still einher", wie man in einem Sterbehause tut. Wo sind jetzt sein Stolz und sein Frohsinn, wo selbst sein Mißmut und sein Zorn? Angesichts des unabwendbaren Schicksals bleibt nur grenzenlose Trauer für ihn übrig. War es eine Bekehrung? Das folgende Kapitel wird uns die Antwort geben. 

Doch welch ein erbarmungsreicher Gott ist unser Gott! Wenn Er das Böse aufdeckt, so beachtet Er die geringste Umkehr der Seele zum Guten; Er nimmt Kenntnis von dem kleinsten Zeichen der Buße. Er sagt zu Elia: "Hast du gesehen, daß Ahab sich vor mir gedemütigt hat? Weil er sich vor mir gedemütigt hat will ich das Unglück in seinen Tagen nicht bringen; in den Tagen seines Sohnes will ich das Unglück über sein Haus bringen". Nicht ein Strichlein Seines Wortes wird zur Erde fallen; aber das Gericht wird bis in die Tage des Erben Ahabs hinausgeschoben.