1. Könige Kapitel 22 Josaphat

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 22 Ahab und Josaphat

"Und sie blieben drei Jahre ruhig; es war kein Krieg zwischen Syrien und Israel". Da sehen wir also, wozu das Bündnis Ahabs mit Ben-Hadad, abgesehen von der Frage des Gerichts Gottes, gedient hatte: zu einer kurzen, dreijährigen Ruhepause! Zudem hatte Ben-Hadad, nachdem er kaum freigelassen war, seine Versprechungen nicht gehalten (vergl. Kap. 20, 34); er hatte Ramoth Gilead nicht zurückgegeben.

 "Wisset ihr nicht", sagt der König von Israel zu seinen Knechten, "daß Ramoth=Gilead unser ist? 

Und wir bleiben still und nehmen es nicht aus der Hand des Königs von Syrien?" Es würde feige sein, dazu zu schweigen. So entbrennt denn der Krieg von neuem. Gott wird nicht in Rechnung gebracht wenn es sich um solche Rückforderungen von Eigentum zwischen Völkern handelt. Die Geschichte ist immer dieselbe, und die christlichen Nationen unserer Tage sind in dieser Hinsicht nicht besser als die heidnischen Völker. 

Das Bestreben, sich auszudehnen auf der einen Seite, der Widerstand solchen Eingriffen gegenüber auf der anderen Seite, das ist in kurzen Worten die Grundlage aller politischen Maßnahmen. Gott treibt keine Politik. Er ist diesen Kämpfen fremd, obschon Er die Überhand über alles hat und a 11 e s benutzt, um Seine Pläne auszuführen. 

Josaphat, der Sohn des gottesfürchtigen Asa und treu wie dieser in der Aufrechterhaltung des reinen Dienstes Jehovas in Juda, war zu dem König von Israel herabgekommen. Woraus waren diese Beziehungen zwischen den beiden Königen hervor­gegangen? 

Aus der Tatsache, daß Josaphat sich mit Ahab "ver­schwägert hatte; zwar nicht er selbst, aber sein Sohn Joram hatte eine Tochter Ahabs zur Frau genommen (2. Chron, 18, 1; 21, 6). Diese Verbindung war ein großes Übel, und der König von Juda mußte die schweren Folgen daraus erfahren. "Hilfst du dem Gesetzlosen", sagt ihm später Jehu, der Sohn Hananis, "und liebst du die Jehova hassen?' (2. Chron. 19, 2). Diese Verbindung brachte den Treuen unausweichlich dahin, die Angelegenheiten eines Königs zu den seinigen zu machen, welcher im Bösestun nicht seinesgleichen hatte im Lande Israel (Kap. 21, 25. 26). 

"Willst du mit mir in den Streit ziehen?" fragt Ahab; und Josaphat antwortet: " ich will sein wie du, mein Volk wie dein Volk, meine Rosse wie deine Rosse". Diese böse Verbindung bringt Josaphat also dahin zu erklären, daß er, der gottesfürchtige König von Juda, sei wie der gottlose Ahab; er reißt die Schranke nieder, welche den Mann Gottes von der Welt trennt. 

Ist wohl ein großer Unterschied zwischen diesem Wort und dem Wort Ahabs über Ben-Hadad: "Er ist mein Bruder"? Die Verbindung mit der Welt, das kann man nicht zu oft wiederholen, macht uns mitverantwortlich für deren Ungerechtigkeit. In den geschichtlichen Büchern des Wortes Gottes begegnen wir immer aufs neue dieser ernsten Wahrheit: wenn man einem System, in welchem das Böse

 geduldet und anerkannt wird, seine Zustimmung gibt, sich mit ihm verbindet oder ihm hilft, so erklärt man sich mit diesem System eins. Man könnte fragen, ob nicht vielleicht die augenblickliche Buße Ahabs die Entschlüsse Josaphats beeinflußt habe. Es wird uns nichts darüber gesagt; aber es würde auch den König in keiner Weise entschuldigen. Der Treue bleibt nicht an irgendeinem Platz, 

weil sich das eine oder andere Gute da finden läßt, sondern er fragt, ob der Platz von Gott gutgeheißen wird. Israel und sein König aber hatten nur das endgültige Gericht zu erwarten, und die Stadt enthielt keine Gerechten mehr, die sie hätten retten können. 

Trotz dieses schlimmen Bündnisses hat Josaphat doch zu viel Gottesfurcht um zu handeln, ohne Jehova und Sein Wort befragt zu haben. Ahab versammelt sofort vierhundert Propheten. Das war viel. Woher kamen sie, als sich kaum noch einige vereinzelte Propheten in den Grenzen Israels vorfanden? Andererseits war es wenig; denn ein einziger Prophet Jehovas hätte genügt, um Seine Gedanken bekanntzumachen. 

Wer sind diese vierhundert Propheten Ahabs? Sind es vielleicht, unter einer Ver­kleidung, die vierhundert Propheten der Aschera (einer weiblichen Gottheit), die am Kison nicht vertilgt worden waren? Es ist sehr wohl möglich. Doch wie dem auch sei, wenn es dieselben waren, so hatten sie mit den Umständen auch die Kleider gewechselt. Sie geben jetzt vor, durch den Geist Gottes zu reden; freilich hatte sich ihrer ein Lügengeist bemächtigt, welcher ihrem eigenen Vorteil diente. 

Man kann die Abzeichen eines Propheten Jehovas tragen und doch lügen. Wie findet man das zu aller Zeit, und heute wohl mehr als je! Ziehe hinauf", rufen sie alle, "und der Herr wird es in die Hand des Königs geben". 

Doch Josaphat fühlt sich nicht wohl dabei. Es gibt einen geistlichen Sinn, der ein wahrhaftiges Herz, vielleicht ohne daß es sich darüber Rechenschaft gibt, darauf aufmerksam macht, daß gewisse Offenbarungen nicht den Geist Gottes zum Urheber haben. Das ist nicht die Gabe zur Unterscheidung der Geister (i. Kor. 12, 10), diese besitzen nicht alle, sondern ein Sinn, der, so schwach das Kind Gottes auch sein mag, ihm nie fehlen sollte. 

Es fühlt sich nicht wohl in einer Umgebung, die Gott entgegen ist, nicht wohl bei gewissen Unterredungen, die Anspruch darauf machen, von religiösen Lippen zu kommen, aber des göttlichen Charakters ermangeln; es fühlt sich nicht wohl bei prahlerischen Reden, wie sie vor dem König von Israel laut wurden. So regte sich auch bei Josaphat ein Gefühl tiefen Unbehagens; und nachdem er Zeuge des Schauspiels gewesen war, welches seine Aufforderung an Ahab: "Befrage doch heute das Wort Jehovas", hervorgerufen hatte, sah er sich gezwun­gen hinzuzufügen: "Ist hier k e i n Prophet Jehovas mehr, daß wir durch ihn fragen?" 

Nur e i n e r würde ihm genügen; e i n wirklich für Gott Abgesonderter würde die vierhundert anderen aufwiegen. Ahab antwortet: "Es ist noch e i n Mann da, um durch ihn Jehova zu befragen; aber i c h h a s s e i h n, denn er weissagt nichts Gutes über mich, sondern nur Böses: Micha, der Sohn Jimlas". Ahab haßte diesen Mann, und er haßte alle, welche das Gericht Jehovas über ihn ankündigten. Er Wollte, daß der Prophet etwas Gutes über ihn weissage. Das wird immer der Charakter der religiösen Welt sein. 

Die, welche zu ihr gehören, wählen sich Lehrer nach ihren eigenen Lüsten, Lehrer, die zu ihnen sagen: "Meine Brüder", wie Ahab zu Ben-Hadad sagte: "Mein Bruder"  Lehrer, welche sie loben und die Welt, in der sie wohnen, erheben und ihnen Erfolg und Wohlfahrt prophezeien. Der rechtschaffene Josaphat kann diese Worte nicht ertragen. Er ist gewohnt, jedes Wort, welches von Jehova kommt, zu achten. Man sieht auch später nicht, daß er gegen das Wort Jehus auftritt trotzdem es ihn verurteilte (2. Chron. 19, 1). "Der König spreche nicht also“' sagt er. 

Ahab hat nur e i n e n Gedanken: er will die boshafte Gesinnung Michas ihm gegenüber beweisen (Vergl. V. 18). Er läßt ihn sogleich holen. Der Mann Gottes hält sich natürlich getrennt von den vierhundert Propheten und ist so ein gutes Beispiel für den König von Juda, der sich mit dem gottlosen Ahab verbunden hatte. 

Die überaus traurige, aber notwendige Folge dieses Bündnisses ist, daß er Ahab folgen wird, statt Micha. Das ist stets die Wirkung des "bösen Verkehrs" auf den Gläubigen. Nie sieht man die umgekehrte Wirkung hervortreten, daß nämlich die Welt dem Beispiel der Kinder Gottes folgte. "In einem Bündnis zwischen der Wahrheit und dem Irrtum gibt es", wie jemand gesagt hat, "keine Gleichheit; denn durch das Bündnis selbst schon hört die Wahrheit auf, die Wahrheit zu sein, und der Irrtum wird niemals zur Wahrheit". 

Micha redet, um das, was er zu sagen hat feierlicher zu machen, anfänglich wie die vierhundert Propheten: "Ziehe hinauf, und es wird dir gelingen; denn Jehova wird es in die Hand des Königs geben".  "Wieviele Male", erwidert Ahab, "muß ich dich beschwören, daß du nichts zu mir reden sollst, als nur Wahrheit im Namen Jehovas?" Man sieht hier, was das Gewissen, selbst in verhärtetem Zustande, ist. Es redet im Innern des Herzens; es sagt zu Ahab: 

Was Micha sagt, kann nicht der Ausdruck seiner Gedanken sein. Und obwohl Ahab die Lüge begehrt zwingt sein Gewissen ihn doch, die Wahrheit wissen zu wollen. Er wird ihr nicht folgen, noch ihr gehorchen; aber das durch sein Gewissen hervorgerufene Unbehagen läßt ihm keine Ruhe, bis er hört, weiß und sieht; ähnlich wie ein Mörder, mag er wollen oder nicht, an den Ort seines Verbrechens zurückgeführt wird. Dann tönen die niederschmetternden Worte an seine Ohren: 

"Ich sah ganz Israel auf den Bergen zerstreut, wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und Jehova sprach. Diese haben keinen Herrn; sie sollen ein jeder nach seinem Hause zurückkehren in Frieden" (V. 17).

Der Prophet bleibt dabei nicht stehen. Er enthüllt den satanischen Lügengeist der sich aller Propheten bemächtigt hat, um Ahab dahin zu bringen, daß er nach Ramoth hinaufziehe. 

Jehova hatte gesagt: "Wer will Ahab bereden, daß, er hinaufziehe und zu Ramoth=Gilead falle?" Es war das vorher gegen Ahab bereitete Gericht Gottes, ein Gericht, das mittels der dämonischen Geister, die Ahab angebetet hatte, zum Verderben ihres Opfers ausgeführt werden sollte. 

Zedekia, der in dieser Szene bis dahin die Hauptrolle gespielt hatte, indem er sich eiserne Hörner machte und zu dem König sagte: "Mit diesen wirst du die Syrer stoßen, bis du sie vernichtet hast", schlägt Micha auf den Backen und sagt: "w wäre der Geist Jehovas von mir gewichen, um mit dir zu reden? Er machte Anspruch darauf, durch den Heiligen Geist geleitet zu werden, und braucht Gewalt, um dies zu beweisen; aber er beweist damit gerade, welcher Geist ihn beseelt. Auch er wird dem Gericht verfallen, "wenn er ins innerste Gemach gehen wird, um sich zu verstecken" (V. 25). 

Micha wird, wie so viele Propheten und treue Knechte Jehovas, ins Gefängnis geworfen und für die von ihm verkündigte Wahrheit grausam verfolgt. Doch sein Zeugnis breitet sich aus, wird dadurch zu einem öffentlichen, wie später das Zeugnis des Paulus. Er hat die Ehre, a ll e n die Gedanken Gottes über die Zukunft zuzurufen: "Höret es, ihr Völker alle!" 

Der arme Josaphat sieht diesem allen stumm zu. Da er sich auf dem Gebiet seines Verbündeten befindet, hat er keine Macht, um dessen Befehlen entgegenzutreten. Haben seine schwachen Einwendungen etwas an den Plänen und Entschlüssen Ahabs geändert? Findet er den Mut, dieses unglückselige Bündnis aufzulösen? Nichts von alledem. Und wozu dient der Bund? Nur zur Untreue gegen Gott. Er zieht mit dem König von Israel nach Ramoth=Gilead hinauf. 

Doch siehe da, das zudringliche Gewissen belästigt Ahab aufs neue. Wie nun, wenn Micha doch wahr geredet hätte? Wenn er wirklich seinen Tod bei diesem Kriegszuge vorhergesagt hätte? Ahab forscht nach einem sichern Mittel, um dem Gericht, welches ihn sucht und verfolgt, zu entfliehen, und meint, es gefunden zu haben. 

Er verkleidet sich, und, von selbstsüchtiger Furcht beherrscht hat er nicht einmal Edelmut genug im Herzen, um seinen Verbündeten nicht bloßzustellen; gegen diesen müssen sich wegen seiner königlichen Kleidung die Angriffe in der Schlacht richten. Die Obersten der Wagen wenden sich gegen Josaphat, in der Meinung, es sei Ahab. In diesem Augenblick "schrie Josaphat". 2. Chron. 18, 31 zeigt uns, zu wem Josaphat in dieser äußersten Not seine Zuflucht nahm: "Josaphat schrie, und J e h o v a half ihm". Gott verläßt die Seinen nicht in der Bedrängnis.

Ahab wird von einem "aufs Geratewohl" abgeschossenen Pfeile getroffen. Das hatte er nicht erwartet. Er stirbt heldenhaft, wie die Welt sagen würde, indem er, tödlich verwundet, auf seinem Wagen den Syrern gegenüber aufrecht stehen bleibt. Er stirbt am Abend, und sein Blut fließt in den Boden des Wagens. "Und als man den Wagen am Teiche von Samaria abspülte, da leckten die Hunde sein Blut (da wo die Huren badeten), nach dem Worte Jehovas, das er geredet hatte" (V. 38). So wurde das Gericht an ihm vollzogen; seine völlige Ausführung sollte es freilich erst später durch die Hand Jehus finden. 

Wie ganz anders würde diese Geschichte lauten, wenn Menschen sie geschrieben hätten! Wie ganz anders würden sie geschrieben haben, als Gott es getan hat! Die Regierung Ahabs währte lange und war verhältnismäßig ruhmreich. Die Siege über die Syrer sind für den Menschen, der die göttliche Offenbarung nicht besitzt, Taten von hohem Wert und beweisen Mut und Unerschrockenheit; sein Bündnis mit Ben-Hadad zeugt von edler Milde und weiser Politik; dasjenige mit Josaphat ist noch viel klüger. Der Feldzug gegen Ramoth wurde ihm durch die Ehre seines Reiches aufgezwungen. 

Die Jahrbücher seiner Regierungszeit, die wohl für immer verloren gegangen sind, zählten alle Städte auf, die er gebaut und befestigt hatte, das elfenbeinerne Haus, das er wahrscheinlich nach der Art des Hauses Salomos errichtet und manch andere Dinge, die er

getan hatte (V. 39). Aber von alledem ist nichts übriggeblieben als das schreckliche Beispiel eines Mannes, der verantwortlich war, Gott zu dienen, der aber, obwohl er Ihn kannte, den Götzen und seinen Begierden den Vorzug gab, während er die treuen Zeugen des Gottes Israels haßte. 

Einige Worte beschließen dieses Buch und erfrischen ein wenig das Herz inmitten eines solch großen Verfalls. Josaphat war treu, obwohl nicht tadellos; denn er zeigte nicht genug Eifer, um die Höhen, die Überreste des in Juda eingerissenen Götzendienstes, zu zerstören. Er beseitigte die schändlichen Menschen, die sich mit dem kanaanitischen Götzendienst im Lande eingenistet hatten. 

Aber mit Bedauern sieht man, daß er nicht sogleich die Unterweisung verstand, welche Jehu ihm bei seiner Rückkehr von Ramoth gab. Er verband sich mit Ahasja, dem Sohne Ahabs, der gesetzlos handelte (2. Chron. 20, 3537), und vereinigte sich mit ihm, um Schiffe zu bauen und gemeinschaftlich Gold von Ophir zu holen. Das Verlangen nach den durch den Bund mit Ahasja zu gewinnenden Schätzen ist ein niedrigerer Beweggrund als das Verlangen nach dem durch den Bund mit Ahab erzielten Einfluß. 

Aber der Herr tadelt ihn: "Elieser, der Sohn Dodawas, von Marescha, weissagte wider Josaphat und sprach: Weil du dich mit Ahasja verbunden hast, so hat Jehova dein Werk zerstört. Und die Schiffe wurden zertrümmert und vermochten nicht nach Tarsis zu fahren" (2. Chron. 20, 37). 

Gott sei Dank! nach den Worten des Propheten und der Zerstörung seiner Flotte lernte Josaphat endlich, was die große Schwäche seines Lebens war: daß nämlich ein Bündnis mit der Welt, zu welchem Zweck es auch errichtet werden mag, etwas ist, das Gott mißbilligt und das ein Gericht über Seine Kinder herbeiführt. "Damals sprach Ahasja, der Sohn Ahabs, zu Josaphat Laß meine Knechte mit deinen Knechten auf den Schiffen fahren; aber Josaphat wollte nicht". 

Diesem, nach allem Vorangegangenen, erfreulichen Bilde folgen einige Worte, welche in Kürze die Regierung Ahasjas, des Sohnes Ahabs, beschreiben. Sie war nur kurz, aber mit allem erfüllt, was imstande war, den Zorn Jehovas herabzurufen; nicht nur lebte der Baalsdienst in Israel wieder auf, sondern der König selbst warf sich auch nie vor dem Greuel der Zidonier.