1.) Mose Der Anfang (Genesis) ab.ca.1450.v.Chr.

12/24/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Geschichte beginnt Das erste Buch Mose (auch Genesis - Urbeginn genannt)
Die Bibel ist weder ein Bericht über die ganze Geschichte der Welt, noch ein Bericht über die ganze Geschichte der Menschheit. Der Inhalt der Heiligen Schrift wurde von Gott selber ausgewählt - er
soll Gottes Ziel und die Entwicklung seines Heilsplans für den Menschen aufzeigen. 

Darum werden viele geschichtliche Ereignisse gar nicht erwähnt, während kleine, scheinbar unbedeutende Vorfälle in den Vordergrund rücken, weil sie für den göttlichen Heils plan wichtig sind. Das erste Buch der Bibel behandelt folgende Hauptthemen: die Schöpfung, den Sündenfall, die Sintflut, den Turmbau zu Babel, das Leben Abrahams, Isaaks, Jakobs und Josephs.

GENESIS = Ursprung

SCHLÜSSELWORT: Der Anfang. DAS ERSTE BUCH MOSE LEITGEDANKE: Dem Versagen des Menschen begegnet Gott in Gnade.
VERFASSER UND URSPRUNG:
1. Das Buch wurde von Moses geschrieben. Aber woher bekam er seinen Stoff? Ist es nur eine blosse Sammlung alter Urkunden? Vergleiche die alten Überbleibsel anderer Schriften mit dem 1. Buch Mose, und du wirst die Unmöglichkeit einer solchen Annahme ohne weiteres einsehen.
2. Ist es eine Niederschrift mündlicher Überlieferungen ? Viele glauben es und es ist nicht so unmöglich wie manche meinen. In seinem «Verlorenen Paradies» schildert Milton wie Gabriel dem Adam die Wunder der Schöpfung erzählt. Das ist reine Dichtung. Aber ohne Zweifel wird Gott dem Adam dieses begehrte Wissen mitgeteilt haben und durch dessen Nachkommen wird die Wiedergabe dieser lebendigen Schilderung aller Vorgänge möglich gewesen sein.
3. Apostelgeschichte 7, 37. 38 lässt uns in keinem Zweifel über den Ursprung des Buches. Moses empfing es von Gott auf dem Berge Sinai.
4. Dr. Adam Clark schreibt: «Die Erzählung ist so einfach, so glaubwürdig, ohne alle Widersprüche, so genau in ihren Angaben, so unbefangen in ihrer Geschichtsschreibung, so sorgfältig in ihren naturwissenschaftlichen Einzelheiten, von solch sittlicher Reinheit und so wohlwollend in ihrer Zeichnung, dass das Buch niemals irdischen Ursprungs sein konnte.
Stil: Das Buch ist in Prosa, nicht in Gedichtform geschrieben und zwar nicht in einem sagenhaften, sondern geschichtlichen Stil, denn sein Inhalt ist Geschichte und Tatsache, nicht Fabel.
Der Hass des Feindes:
1. Zwei Bücher der Bibel hasst der grosse Feind der Menschheit ganz besonders und er wendet seine ganze Kraft an, sie unglaubhaft zu machen: Das 1. Buch Mose und die Offenbarung.
2. Er hat versucht, das 1. Buch Mose durch Angriffe von Wissenschaftlern und Kritikern zu vernichten und die Offenbarung dadurch zu stürzen, dass er sich bemüht, die Menschen zu überreden, sie sei zu geheimnisvoll.
3. Warum dieses Missfallen? Weil beide Bücher Satans Sturz prophezeien. Das 1. Buch Mose sagt uns, wer ihn zustande bringt (Kap. 3) und die Offenbarung wie es geschehen wird (Kap. 12; 19 und 20).
SEIN GROSSER WERT:
1. In vieler Hinsicht ist das 1. Buch der Bibel auch das wichtigste. Alle Tatsachen von grundsätzlicher Bedeutung, Wahrheit und Offenbarung werden hier im Keim gefunden - wie die Eiche in der Eichel. Melanchthon stellt fest: «Das
ganze 1. Buch Mose übertrifft an Lieblichkeit alle anderen Bücher und Geschichten» und «Es gibt kein schöneres und gediegeneres Büchlein».
2. Dr. Bullinger sagt: «Das 1. Buch Mose ist der Ausgangspunkt der ganzen Bibel und ist wesentlich für das Verständnis eines jeden ihrer Teile. Es ist die Grundfeste, auf der die göttliche Offenbarung ruht und auf der sie aufgebaut
ist. Es ist nicht nur die Grundlage der Wahrheit, sondern es durchdringt alle folgenden göttlichen Eingebungen und bildet einen Teil davon. Gleichzeitig ist es «Kette und Einschlag» der Heiligen Schrift.» Das 1. Buch Mose ist das
Buch der Anfänge.
GLIEDERUNG:
Um eine leicht verständliche Gliederung zu erhalten, nehmen wir den «Anfang» als Schlüsselwort und erhalten dann neun Abschnitte, die wir wie folgt zusammenfassen:
3. Anfang der Sünde (Kap. 3,1-7)
ZUSAMMENFASSUNG
1. Der hervorstechende Leitgedanke des 1. Buches Mose ist: Gott begegnet dem gefallenen Menschen, der selbst unter den günstigsten Lebensbedingungen versagt hat, in Gnaden durch die Erlösung.
2. Es war für den Menschen nötig, durch den Fall seine eigene Schwachheit und Unzulänglichkeit kennen zu lernen, ehe er freiwillig Gott suchen würde.
3. In diesem Buche sehen wir, wie der Mensch verschiedentlich versagt hat: 1. In idealer Umgebung (Paradies); 2. Unter der Herrschaft des Gewissens (vom Sündenfall bis zur Sündflut); 3. Unter patriarchalischer Herrschaft (von Noah
bis Joseph). Beachte, das Buch beginnt mit Gott und endigt mit einem Sarge.
4. Die Summe des ganzen Buches: «Wo die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überschwänglicher geworden.*
A. Urgeschichte - Sie erstreckt sich über einen Zeitabschnitt von etwa 2000 Jahren. B. Geschichte der Patriarchen - Zeitraum von etwa 300 Jahren.
1. Anfang des materiellen Weltalls
2. Anfang des Menschengeschlechtes
3. Anfang der Sünde 4. Anfang der Offenbarungen von der Erlösung
5. Anfang des menschlichen Familienlebens
6. Anfang der gottlosen Zivilisation
7. Anfang der Nationen der Welt
8. Anfang der Sprachenverwirmng
9. Anfang des Geschlechtes der Hebräer (Kap. 12-50)
(Kap. l, 1-25) (Kap. l, 26 bis Kap. 2) (Kap. 3,1-7) Kap. 3,8-24 (Kap. 4, l-15) (Kap. 4,16 bis Kap. 9) (Kap. 10) (Kap. 11) Kap 12 bis Kap 50
a) Vers l stellt die Tatsache, den Ursprung der anfänglichen Schöpfung fest.
b) Jesaja 45, 18 erzählt uns, dass Gott die Erde nicht so schuf, wie wir sie in Vers 2 finden.
c) Die sechs Tage waren Tage des Wiederaufbaues, bezw. der Neuschöpfung.
a) Der Mensch wurde erschaffen, er hat sich nicht «entwickelt». Er wurde auch nicht Kraft des Wortes Gottes geschaffen, sondern von Gott als das Werk Seiner Hand gebildet.
b) Der Mensch wurde mitten in das wiederhergestellte Chaos gestellt, denn «Eden» ist das Gegenteil von Chaos oder Wüste.
a) Beachte: Satan begründet seine Verführung mit dem Worte Gottes. Eva nahm vom Worte weg und fügte hinzu. (Vergl. Offb. 22,19.)
b) Sie «sah», «nahm» und «gab».
a) Die erste Verheissung eines Erlösers, der Anfang aller späteren Offenbarungen.
b) Wenn wir später den Cherubim begegnen, finden wir sie ohne Schwert, weil das
Blut Jesu Christi geflossen (2.Mose 25,20).
a) Erste Familie. \
b) Erster Bruderstreit, und zwar über religiöse Dinge. ‚
6. Anfang der gottlosen Zivilisation (Kap. 4,16 bis Kap. 9)
a) Die erste Stadt wird durch Kain gebaut (Kap. 4,17).
Das Stadtleben verdankt somit seinen Ursprung einem Mörder.
b) Beachte Vers 23 und 26 in Kap. 4: Gewalttat einerseits - Anbetung andererseits.
a) Gott unterscheidet Semiten, Hamiten und Japhetiten.
b) Er hat ihnen die Länder zugeteilt. Ein erster Versuch zur Einigung ohne Gott. Dieser Versuch, die
Menschheit zu einigen, wird vom Antichristen und vom Haupt des wiedererstehenden Römischen
Reiches, wiederholt werden (Offb. 17).
a) Dieser Abschnitt ist hauptsächlich biographisch.
b) Wir haben hier die Geschichte Abrahams, Isaaks und Jakobs:
1. Abraham: Auserwählung und Berufung aus Glauben (Kap. 12 bis 25, 11).
2. Isaak: Sohnschaft nach Verheissung (Kap. 21. 24. 25, 12 bis 27, 46).
3. Jakob: Zucht oder Erziehung des Sohnes (Kap. 28-36). Frucht derselben. (Kap. 46-49).
Joseph. Ein Vorbild von Christus (Kap. 37-45).

 Verlag Müller Kersting Zürich 1945

1. Mose 4 Kain und Abel BdH 1884

06/27/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Kain und Abel.

Zwischen den äußeren Charakteren und Umständen Kains und Abels gab es keinen nennenswerten Unterschied. Beide standen unter dem Gericht der Verbannung aus der Gegenwart Gottes. Beide hatten eine ehrliche Hantierung, die sie, wie es scheint, mit Fleiß und Eifer betrieben. Beide kamen auch, um anzubeten, und Kain brachte das, was ihn am meisten kostete, das, was Er erarbeitet hatte.

Gott hatte dem Menschen geboten, den Erdboden zu bauen, und Kain war ein Ackerbauer. Soweit war alles in Ordnung, und es war auch richtig für ihn, ein Opfer zu bringen. Der Unterschied zwischen den beiden Brüdern bestand in diesen Dingen durchaus nicht. Auch in seinem äußern Charakter unterschied sich Kain nicht von Abel; wir hören von nichts Verkehrtem bis zu dem Augenblick, da er seinen Bruder erschlug. Was war es nun, das ihn nicht wohlgefällig vor Gott erscheinen ließ? 

Sein Herz hatte kein Gefühl davon, daß er aus dem Paradiese vertrieben war, weil er es verdiente. Wahrscheinlich war es ihm noch nie zum Bewußtsein gekommen, daß die Sünde den Menschen aus der Nähe Gottes verbannt hatte, und daß sie zwischen ihm und dem heiligen Gott stand. Er glaubte, einfach vor Gott hintreten zu können, als wenn nichts geschehen und mit ihm alles in Ordnung sei.
Genau dasselbe thun dieMenschen auch heutigen Tages noch. Sie sind aus der Gegenwart und Gunst Gottes vertrieben, aber sie gehen in ihren Beschäftigungen voran, bauen den Erdboden, treiben Handel und dergleichen, und wenn die Zeit kommt, treten sie vor Gott hin, um
auzubeten. Sie thun, als wenn es gar nichts zwischen Gott und ihnen zu ordnen gebe. Doch was würde ein  Vater fühlen, wenn sein Kind heute ungehorsam gegen ihn wäre und morgen zu ihm käme, als wenn gar nichts geschehen sei, und erwartete, von ihm ausgenommen zu werden, wie früher? Und so gerade machen es die Menschen mit Gott. O, mein lieber, unbekehrter Leser, bedenke doch, daß du aus dem Paradiese, aus der Gegenwart Gottes vertrieben bist! Glaubst du, als solcher kommen und anbeten zu können, wie wenn nichts vorgefallen wäre?

Glaubst du, in den Himmel eingehen zu können in einem Zustande, der nicht um das geringste besser ist, als derjenige Adams war, als er aus dem Paradiese ausgewiesen wurde? Wenn du wirklich in den Himmel eingehen könntest, so würdest du ihn nur verunreinigen. Aber in Wahrheit willst du auch gar nicht in den Himmel eingehen, sondern möchtest dir vielmehr einen eigenen Himmel hier auf Erden machen.

Abel war, was seine Stellung und seine Natur betraf, um nichts besser als Kain; aber es gab dennoch einen großen Unterschied zwischen den Brüdern. Abel erkannte völlig an, daß er ein Sünder und gerechterweise von Gott getrennt war, und er erlangte das Zeugnis, daß er gerecht war. „Durch Glauben brachte er Gott ein vorzüglicheres Opfer dar als Kain w." (Hebr. 11.)

Alan Hütte vielleicht in einem natürlichen Sinne sagen können, daß er sich im Blick auf seinen Beruf in einer weniger richtigen Stellung befunden habe, als Kain; denn Gott hatte den Menschen nicht dazu bestimmt, Schafherden zn halten, sondern den Erdboden zu bauen. Aber Abel brachte ein Opfer von der Herde, ein blutiges Schlachtopfer. Er hatte ein Bewußtsein davon, daß er außerhalb des Paradieses stand, ja mehr als das, er hatte das Bewußtsein, um der Sünde willen ausgetrieben zu sein. Er fühlte, daß er ein Sünder war. Er hatte das Bewußtsein, daß er mit Gott und Gott mit ihm gebrochen habe, und er kannte Ihn als Den, der zu rein von Augen ist, um das Böse zu sehen. Er erkannte an, daß Gott vollkommen gerecht gehandelt hatte, als Er Adam aus dem Paradiese vertrieb, und daß Er ungerecht handeln würde, wenn Er ihn wieder einlassen wollte. Er erkannte an, daß der Tod über ihm schwebte als eine Folge des gerechten Gerichts Gottes.

Diese Dinge hatten eine solche Wirklichkeit für seine Seele, daß er überzeugt war, es würde eine freche Anmaßung seinerseits gewesen sein, wenn er zu Gott hätte gehen wollen, als wenn gar nichts vorgefallen wäre. Zugleich aber war er durch den Geist GotteS unterwiesen, daß etwas nötig war zwischen ihm und Gott, und daß dieses „Etwas" vorhanden war. Ein blutiges Opfer war der einzige Weg, auf welchem er Gott nahen konnte. Gott sagt gleichsam: „Ich kann die Sünde nicht ansehen, aber es giebt etwas, das ich ansehen kann, nämlich ein Opfer für die Sünde, und dieses vollkommene Sündopfer ist mein eingeborner, geliebter Sohn." Der Glaube, welcher in Abel wirksam war, erfaßte dieses, und er dachte nicht daran, Gott auf einem andern Wege nahen zu wollen. 

„Daselbst werde ich mit dir zusammenkommen," sagte Gott zu Mose, nachdem Er ihm die Einrichtung des Allerheiligsten beschrieben hatte. Doch was stand an dem Eingang der Stiftshütte? Der Brandopferaltar, auf welchem das Sündopfer verbrannt wurde. Hierin ruht der Glaube, als dem einzigen Wege, auf welchem eine Annäherung zu Gott möglich ist.
Nur diese Thüre giebt cs, durch welche man eingehen kann, und nur das Opfer Christi ist es, durch welches die Heiligkeit Gottes völlig aufrecht erhalten und zugleich Seine Liebe in der vollkommensten Weise erwiesen worden ist. So wie ich zuerst meine Sünden vor den
Augen Gottes ans Licht gestellt sehe, so muß ich sie auch vor diesen Augen hinweggethan sehen. Und was finde ich vor dem Angesicht Gottes? 

Ein vollkommenes Sündopfer. An dem Kreuze Christi ist die Frage zwischen Gut und Böse entschieden worden. Sein Opfer hat eine vollkommene Annahme gefunden. Er hat den ganzen Zorn Gottes wider die Sünde getragen und hinweggethan. Er rief aus auf dem Kreuze: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!" In Ihm fand sich ein vollkommener
Gehorsam bis in den Tod des Kreuzes und eine vollkommene Liebe. Er war ein vollkommenes Sündopfer, und jetzt sitzt Er zur rechten Hand des Vaters. „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott ist verherrlicht in Ihm." Seine Opferung für die Sünde hat die Frage der Sünde für immer geordnet. Er hat im Blick auf meine Sünde und für meine Sünde Frieden gemacht; und hat Er es nur teilweise gethan? 

Würde das Gott ähnlich sein? Nein; Sein Werk war vollkommen. „Nachdem Er durch sich selbst die Reinigung der Sünden gemacht, hat Er sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe." (Hebr. 1, 3.) Wenn ich das erkenne und verstehe, so kann ich nicht Gott nahen, so wie ich bin, wie Kain es that; und doch muß ich zu Ihm, wenn ich anders Glück und Segen finden will. Was ist nun zu thun?
Gott sei Dank! Er hat sich selbst ein Brandopfer ersehen, und Er nimmt dasselbe gleichsam als eine Gabe aus unsrer Hand an. Es ist Gottes eignes vollkommnes Werk, Er hat die Frage der Sünde geordnet in Christo, und ich kann jetzt in den Folgen Seines Werkes ruhen.

Das ist Glaube. Wir nahen jetzt Gott durch Christum, und wir opfern auf diese Weise gleichsam Christum. In Ihm giebt uns Gott einen vollkommenen Ruheplatz. Der überführte Sünder kann nicht zu Christo kommen, ohne die Entdeckung zu machen, daß seine Sünden für immer hinweggethan sind. In Ihm findet er das vollkommene Sünd- und Brandopfer, und sobald er mit diesem Opfer Gott naht, kann er in Seiner Gegenwart ruhig und glücklich sein, trotzdem er Seine Heiligkeit völlig kennt.
„Abel erlangte Zeugnis, daß er gerecht war, indem Gott Zeugnis gab zu seinen Gaben.

" Er hatte nicht nur das Zeugnis, daß sein Opfer vollkommen, sondern daß er selbst gerecht war. Und nicht nur war er gerecht, sondern er hatte auch das Zeugnis davon, und das gab ihm Frieden. Die Auferweckung und Erhöhung des Herrn, sowie die Thatsache, daß Gott dem Sünder die frohe Botschaft verkündigen läßt, ist Sein Zeugnis von der Annehmlichkeit und der Annahme Christi. Bringt der Sünder das Lamm Gottes in seinen Händen, so giebt Gott Zeugnis zu dieser Gabe und nimmt ihn auf nach dem ganzen Wert, den dieses Lamm in Seinen Augen hatt Wirklichkeit.

1. Mose 3, Das verlorene Paradies des Menschen 1866 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Das verlorene Paradies des Menschen und das gefundene Paradies Gottes

(Man lese 1. Mose 3; Lukas 23, 39—43)

Es gibt wohl wenige Bezeichnungen, mit denen ein großer Teil der Leser so vertraut ist, wie mit dem eines „verlorenen Para­dieses" und eines „wiedererlangten Paradieses". Und in der Tat sind die so bezeichneten Gegenstände von hoher Bedeu­tung. 

Für eine unsterbliche Seele gibt es nichts wichtigeres. Allein die ungefärbte Wahrheit Gottes stellt diese Dinge in ein Licht, das viel klarer und einfacher ist, als alle die geschmückten Darstellungen des Menschen. Die Geschichte des Falles und der Wiederherstellung des Menschen ist höchst einfach. Durch Unglauben an das Wort Gottes und Mißtrauen gegen Seine Güte ging das Paradies des Menschen verloren; durch Glauben an das Wort Gottes und Vertrauen zu Seiner Güte wurde das Paradies Gottes gefunden. 

Statt sich an die Treue Gottes fest zu klammern und Seiner unwandelbaren Gunst zu vertrauen, lieh Eva ihr Ohr der Lüge Satans. Statt die gottlosen Ein­flüsterungen des Feindes augenblicklich von sich zu weisen, lauschte sie darauf und nahm sie an. 

Das war der Beginn alles Unheils.
Satan täuschte Eva so sehr, daß sie sowohl an der Güte als auch an dem Worte Gottes zu zweifeln begann. Sie verließ den Boden der Abhängigkeit, sie riß sich selbst aus den Händen Gottes los. Der Unglaube trennt von dem lebendigen Gott und führt also zum Tode; der Glaube vereinigt mit Ihm und führt da­durch ins ewige Leben. Sobald Eva dem Zweifel des Vaters der Lüge in ihrem Herzen Raum gab, war ihr Weg ein trauriger und abschüssiger Weg. Sie glaubte nicht, sie gehorchte nicht, sie sündigte, sie fiel, und alle ihre Nachkommen mit ihr. Die Blume Edens war für immer vernichtet; und die ganze Schöp­fung lag in Trümmern.

Der Verführer suchte vor allem zuerst durch eine niederträch­tige Einsduneichelung ihr Vertrauen zu der Güte Gottes zu erschüttern. „Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baume des Gartens" (1. Mo 3, l)? Jedenfalls hegt er hier die Absicht, durch diese Frage einen Zweifel anzuregen. Das ist ganz der Schlange ähnlich; und das gleicht ganz den Kunstgriffen, die er auch heutzutage anwendet. Es war, als hätte er gesagt: „Kann das Liebe sein? Ist das Güte, euch die Frucht des Baumes vorzuenthalten, wovon der Schöpfer weiß, daß sie euch wie Götter machen würde? 

Aber sollte Er auch wirklich so gesprochen haben? Sollte das wohl Seine Meinung sein?" — Und ach! Eva wurde wankend. Es war ein folgen­schwerer Augenblick. Statt zu bezeugen, daß Gott das schone und liebliche Paradies um ihretwegen gemacht habe, ließ sie die Einflüsterungen des Feindes in ihrem Herzen wirken; sie riß sich los von der Wahrheit Gottes und umklammerte die Lüge Satans.

 Gott hatte gesprochen; sie besaß Sein Wort; und das hätte genug für sie sein sollen. Es führte Jesum zum S^ege, als Er in der Wüste versucht wurde. „Es steht geschrieben", sagte Er, und dieses Wort war der feste Boden, auf dem Er den Feind überwand. Aber der Same des Mißtrauens gegen Gott und der Nachlässigkeit in betreff Seines Wortes war jetzt in das Herz Evas gestreut; und dieser Same hat in ihren Nach­kommen die schrecklichsten Früchte getragen.

Und die Aufmerksamkeit, die Eva dem Feinde schenkte/machte ihn kühner. Er widersprach geradezu dem Worte Gottes. „Mit nichten werdet ihr sterben" (V. 4). Welch eine freche Lüge! Es ist nicht mehr ein schönes Einflüstern. Woran hätte sich Eva erinnern sollen? Hatte Gott nicht deutlich gesagt: „Welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben"? Aber fragen wir vielmehr: 

Befinden wir uns nicht oft in derselben traurigen Lage, wenn wir unsere eigenen Meinungen über das klare Wort Gottes setzen? Und haben diese unsere Meinungen nicht denselben Ursprung? Die Einflüsterungen Satans sind mancherlei Art und bewirken nur zu oft eine Vernachlässigung oder die praktische Beiseitesetzung der Wahrheit Gottes. — Indes erhebt Satan nicht nur Widerspruch gegen Gott, sondern er erfindet auch eine furchtbare, anlockende Lüge, indem er sagt: „Gott weiß, daß welches Tages ihr davon esset, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, er­kennend Gutes und Böses" (V. 5). Diese Versuchung war zu stark für die arme Eva; der Hochmut schwellte ihren Busen;
sie verlangte zu sein wie Gott. „Und das Weib sah, daß der Baum gut zur Speise, und daß er eine Lust für die Augen, und daß er begehrenswert wäre, um Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und gab auch ihrem Manne mit ihr, und er aß. Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, daß sie nackt waren; und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen" (V. 6. 7).

Die entsetzliche Tat war jetzt geschehen. Adam lauschte auf sein Weib, nachdem diese auf die Schlange gelauscht hatte. Alles, was je eine Kreatur verlieren konnte, war verloren. Die Freundschaft Gottes, die Unschuld, die Herrschaft, die Würde, die Glückseligkeit, alles war mit einem Schlage ver­nichtet. Das unglückliche Paar hatte ein böses Gewissen; sie flohen aus der Gegenwart Gottes und trachteten, eine eigene Gerechtigkeit zusammenzuflicken. Welche traurigen Früchte des Falles und der gefallenen Natur in allen Zeitaltern!

Jetzt aber tritt Gott auf den Schauplatz. Adam ist erschrocken und verbirgt sich hinter den Bäumen des Gartens. Die aus Feigenblättern gemachte Schürze ist, statt ihn zu bedecken, nur ein Zeugnis seiner Schuld und Schande. „Und Jehova rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du?" (V. 9). Das war Gnade, freie Gnade. Adam war verloren und Gott suchte ihn. Das ist der herrliche Grundsatz der Erlösung. Der Mensch ist ein verlorener Sünder, und Gott sucht ihn in Liebe. „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist" (Lk 19, 10).

Im Garten Eden offenbart jetzt Gott, wenn auch noch in Dunkel gehüllt, den Plan der Erlösung. Des Weibes Samen soll der Schlange den Kopf zermalmen. Das Heilmittel Gottes gegen das Verderben der Menschen ist bei der Hand. Wir zweifeln nicht daran, daß das Wort der Gnade die Herzen des schul­digen Paares erreicht hat. Gott geht bei den gefallenen Engeln vorüber; 

Er erbarmt Sich des gefallenen Menschen. Kostbare Gnade! Der Mensch war von einem mächtigen, ränkevollen Feind betrogen worden. Mit einem Blick des zärtlichsten Er­barmens schaut Gott auf ihn in seinem gefallenen, verderbten, elenden und hilflosen Zustande herab. Aber während Sein Auge voll Mitleid auf ihn herabblickt, ist Sein mächtiger Arm zur Rettung ausgestreckt. 

Er versieht den Nackten gnädig mit einem Gewände, das dem Tode eines anderen sein Dasein verdankt, so daß die Gefallenen nicht länger nackt sind, weder in ihren eigenen Augen, noch in den Augen anderer. Die Be­kleidung Gottes ist eine wahrhaftige. Er verfolgt Satan als die Wurzel des Unheils. Er sagt: „Weil du solches getan hast usw." (V. 14). Aber dem Menschen in seinem gefallenen Zu­stande darf nicht gestattet werden, zu essen von dem Baume des Lebens und dadurch ein Leben voller Elend auf Erden zu verewigen. „

Und Gott trieb den Menschen aus und ließ lagern gegen Osten vom Garten Eden die Cherubim, und die Flamme des kreisenden Schwertes, um den Weg zum Baume des Lebens zu bewahren" (V. 24).
Jetzt befindet sich der Mensch außerhalb Edens. Die Sünde hat ihn über die Grenze des irdischen Paradieses hinausgetrieben. Die Welt ist für ihn eine Wüste geworden, in der er für sein tägliches Brot sich abmühen muß. Der Gläubige wird dort nicht zurückgelassen. Gott führt ihn durch sie gerade dem Himmel zu; aber das irdische Paradies kann nie wieder er­reicht werden. 

Es ist für den Menschen in seinem gefallenen Zustande unzugänglich. Die Cherubim und die Flamme des kreisenden Schwertes bewahren den Weg zum Baum des Lebens. Der Mensch kann seine Unschuld nie wieder erlangen. Wohl lesen wir in ps 26: „Ich wasche in Unschuld meine Hände und umgehe Deinen Altar, Jehova!" Jedoch bezieht sich dieses ohne Zweifel auf die geweihten Priester Gottes unter dem Gesetz, die ihre Hände und Füße in dem Waschbecken der Reinigung wuschen, bevor sie die heilige Stätte betraten.

Die einzige Quelle des Lebens und der Segnung für den mit Sünde bedeckten Menschen ist jetzt Christus in Auferstehung. Er ist von Seiten Gottes das einzige Mittel zur Befreiung von der gefallenen menschlichen Natur und all ihren bitteren Früchten.
Jetzt könnte, angesichts dessen, was wir in Eden gesehen haben/ die wichtige Frage erhoben werden: Wie konnte der heilige und gerechte Gott in solcher Gnade dem Menschen, einem Sünder/ begegnen, der Ihm nicht gehorcht und Ihn verunehrt hatte. Das ist in der Tat eine Frage, die persönlich jedes Kind Adams betrifft. 

In der Weissagung: „Er wird dir den Kopf zermalmen und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen" liegt die Antwort. In diesen Worten ist, obwohl sie noch dunkel sind, das große Werk der Erlösung, das auf Golgatha vollbracht wurde, vorbildlich dargestellt. Der Heiland Jesus Christus, Er, der Gerechte für die Ungerechten, litt und starb am Kreuze, damit Er uns zu Gott führe. 

Das Gewicht des Zornes Gottes fiel an unserer Statt auf Ihn, Christus starb für Sünder. Auf Grund des Werkes Christi, das, wie Gott voraussah, auf Golgatha vollbracht werden sollte, wirkte Er durch Seine Gnade in den Herzen des ersten gefallenen Paares. Er vergab ihnen ihre Sünde und segnete sie mit Seinem Heil kraft der zuvor erkannten Blutvergießung Jesu, Seines eingeborenen Sohnes.

Das Kreuz ist sowohl der Ausdruck der Gerechtigkeit Gottes, als auch, von Adam bis zu uns, der Ausdruck der Rechtferti­gung aller Wege Gottes in betreff der vergebenden Liebe und Barmherzigkeit. „ ,.. zur Erweisung seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes; zur Erweisung seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, daß er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesum ist" (Röm 3, 25, 26). 

Dieses ist der einzige Boden, auf dem Gott dem Sünder in Frieden, in Gnade und in Liebe begegnen kann. Aber hier kann Er ihm begegnen über­einstimmend mit Sich Selbst. Christus hat am Kreuze Gott so vollkommen verherrlicht und die Sünde so völlig ausgelöscht, daß es nun eine gerechte Sache ist, wenn Gott dem Sünder, der glaubt, in vollkommener Gnade begegnet und ihm das ge­währt, was Er Christo schuldig ist. Fern von dem Garten Eden wohnte Gott. 

Was Er auf Golgatha zu vollbringen beabsichtigte, vor die Seele des Menschen: alle, die während jener Periode Gott glaubten, gemäß der Offenbarung, die Gott von Sich Selbst gegeben hatte, wurden gerechtfertigt auf Erden und hatten, kraft des Opfers Christi, Anspruch auf das Paradies Gottes im Himmel.
Aber die förmliche Darstellung dieser herrlichen Wahrheit blieb der feierlichen Szene auf Golgatha selbst vorbehalten. Dort finden wir die vollständige Umänderung des in Eden ge­fällten Urteils, und zwar in den Worten, die der Herr an den bußfertigen Schacher richtete: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." 

Dort finden wir auch den völligen Wider­spruch aller falschen Darstellungen Satans. Er flüsterte den Menschen zu, daß Gott sie nicht wirklich liebe und daß Er ihnen eine Frucht ihres eigenen Gartens mißgönne; aber die Antwort Gottes vom Kreuze her lautete: „Ich gebe freiwillig meinen geliebten Sohn hin, daß er für meine Feinde sterbe." 

An dem Platz, wo der Same des Weibes in schrecklichem Kampfe dem Verleumder Gottes und dem Verführer des Men­schen begegnete, wurde die Verheißung Gottes erfüllt und Sein hier gefällter ernster Urteilsspruch förmlich umgeändert in be­treff derer, welche glauben. 

Dort wurde das Haupt der Schlange zertreten und seine ganze Macht vollständig und für immer vernichtet. Und dort wurde ein neuer und lebendiger Weg auf­geschlossen, auf dem Gott zu dem Menschen mit den reichsten Segnungen herniedersteigen und auf dem der Mensch zu Gott emporsteigen kann in der Freiheit, Vollkommenheit und An­nahme Christi Selbst.

Die Bekehrung des Räubers am Kreuz war die Veranlassung einer völligeren Offenbarung dieser herrlichen Wahrheiten. Der Herr bezeugt dem Unglücklichen in den klarsten Aus­drücken, daß er noch an demselben Tage mit Ihm im Paradiese sein würde. 

In dem Augenblick, als der Herr Jesus das Gericht Gottes über die Sünde für uns ertrug und den Weg zum Para­dies droben öffnete, wurden auch die Augen dieses Mannes erleuchtet, damit er sich als einen verlorenen Sünder und Jesum als den Erretter sehen konnte. Sein Herz war jetzt für Christum aufgeschlossen und seine ganze Seele mit dem Gedanken an den heiligen Dulder neben ihm erfüllt.

 Was den Räuber betrifft, so haben wir ein leuchtendes und wahres Beispiel des Gnadenwerkes Gottes in uns; während wir in der Person Jesu an seiner Seite das große Gnadenwerk Gottes für uns erblicken. Aber obwohl diese Wahrheiten neben­einander zur Schau gestellt werden, so sind sie doch völlig von­einander verschieden. Und dennoch sind sie unzertrennlich mit­einander verbunden. 

Das Gnadenwerk in dem Herzen eines Sünders ist gegründet auf das Werk Christi für den Sünder. Der Geist ist es, welcher der Seele die Herrlichkeit der Person und die Vollkommenheit des Werkes Christi offenbart. Die Bekehrung des armen Räubers ist ein bewundernswertes Bei­spiel dieser Wahrheit. Kurz bevor der Wechsel stattfand, legte er ein kräftiges Zeugnis für Jesum ab, verurteilte sich selbst und seinen Gefährten und strafte die ganze Welt Lügen. „Dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan." 

Aber es scheint auf den ersten Blick bemerkenswert, daß, obwohl er ein solches Zeugnis von dem sündlosen Dulder und von sich, dem vor­nehmsten der Sünder, ablegt, er nicht um Vergebung seiner Sünden bittet. Wie können wir das erwarten? 

Ohne Zweifel nahm Ihn die Fülle und Herrlichkeit der Person Christi gänzlich in Anspruch. Nur für Christum und für nichts anderes hatte er ein Auge. Augenscheinlich war sein Gewissen erwacht und aufrichtig. „Auch du fürchtest Gott nicht", ruft er seinem un­bußfertigen Gefährten zu, „da du in demselben Gericht bist. Und wir zwar mit Recht; denn wir empfangen, was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan." Er hat jetzt nur einen Gedanken, nur einen Wunsch, nämlich, daß sein Teil mit Christo sein möchte.
0 welch eine Szene stellt in diesem Augenblick Golgatha vor unsere Augen! Die Stätte ist umringt von einer Menschen­masse jeglichen Schlages. Die Welt ist dort repräsentiert und wird durch ihren Fürsten angeregt, den sterbenden Heiland zu schmähen und zu lästern. 

Auch die beiden Übeltäter stimmen, als ihr Ohr die Lästerung vernimmt, zu Anfang dieser schreck­lichen Szene mit in das Urteil der Menge ein. Aber einer von ihnen wird bekehrt. — Ein Herz ist gebrochen. — Er zeugt von Ihm und sucht Seine Segnung. Welch ein Labsal für das lei­dende Herz Jesu. 

Der Himmel hat dieses Labsal gesandt. Die Erwähnung des „Paradieses" erinnert den von Gott verlassenen Dulder an die Stätte, wo Er bald sein wird. Christus hat Sei­nen angemessenen Platz in dem Herzen des Neubekehrten. Alles muß diesem zum Besten dienen. Die Frucht Gottes, als der Weisheit Anfang, ist vor seinen Augen. Das Licht Gottes strahlt in seine Seele hinein. 

Jedes Ding wird jetzt in einem ganz neuen Licht geschaut. Die Sünde, die Heiligkeit, die Ge­rechtigkeit, Gott, er selbst, Christus, sein Mitschuldiger — alles dieses wird in einem Lichte gesehen, das die Dinge so zeigt, wie sie sind. Aber der leidende, sterbende Heiland an seiner Seite ist der eine große Punkt, woran sein Auge hängt, und, o kostbarer Glaube! er wirft sich an das Herz Jesu. „Gedenke meiner, Herr, wenn du in deinem Reiche kommst." Obwohl er in allen Ängsten des Kreuzes war, denkt er dennoch nicht an sich; obwohl er durch den Glauben in Jesu den Herrn erkennt, bittet er dennoch nicht um Milderung seiner körperlichen Leiden. 

Er bittet Ihn nur, sich seiner in Seinem Reiche zu erinnern. 0 welch eine heilige Absonderung im Herzen von dem Ich, von der Sünde, von den Leiden, ja von allem, nur nicht von Jesu, dem Haupt des kommenden Reiches!
Aus der Bitte des sterbenden Übeltäters geht vollkommen klar hervor, daß er glaubte, der Herr werde wiederkommen, und zwar in Macht und Herrlichkeit. Dieses war um so bemerkens­werter, da sich an dem gekreuzigten Jesus nicht die geringste Spur von Macht oder Herrlichkeit kund gab. Doch der Glaube sieht, wie Gott sieht. Seine eigenen Jünger hatten Ihn verlassen und verleugnet; aber der arme Räuber erkannte Ihn an. 

Er glaubte, daß Sein Reich, das ein Gegenstand des Spottes und der Verachtung gewesen war, wiederkommen werde, obschon gerade in diesem Augenblick der König verworfen wurde und sterbend zwischen zwei Räubern hing. Wie bewundernswert ist der Glaube! Doch er war von Gott belehrt; und dieses erklärt alles. In wenigen Augenblicken überschreitet er weit das Maß der Erkenntnis dessen, was die Apostel in betreff der Wahrheit erkannten. Er glaubt an die Auferstehung; er glaubt, daß Jesus auferstehen und in voller, königlicher Herrlichkeit wiederkommen werde.
In der Antwort des Herrn wird sein Glaube vollkommen ge­rechtfertigt. Er hatte sich an das Herz des Heilands geworfen; und die Hilfsquellen dieses Herzens wurden ihm dann und für immer geöffnet. Der Herr offenbart Sich Seinem sterbenden Heiligen mehr, als ein König. Er ist ein König, aber Er ist noch mehr. Er ist ein Heiland; Er ist Jesus, der Erlöser. „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." Welch ein kostbares Zeugnis für das Ohr eines sterbenden Heiligen! Und welche Gnade für den vornehmsten der Sünder. 

Er hatte nicht nötig, bis zu dem Augenblicke zu warten, wo die Herrlichkeit des Königs offen­bart werden und jedes Auge Ihn sehen sollte, sondern „heute" und „mit mir", — das waren die gnadenreichen Worte des Heilandes Jesu. Es war ein gegenwärtiges Heil. Und von diesem schimpflichen Kreuz kam er in ein weit heiligeres, glückse­ligeres und glänzenderes Paradies, als dasjenige war, das unsere Eltern durch Übertretung verloren hatten.

„Aber" — könnte jemand fragen — „ist denn die Seele bei jeder Bekehrung so unmittelbar für den Himmel bereit gemacht, wie dies bei dem bußfertigen Räuber am Kreuze der Fall war?" Gewiß, ohne Zweifel. Der Zustand des Gläubigen in Christo und sein Rechtsanspruch auf den Himmel sind von Anfang an dieselben. Seine Erfahrungen mögen tief unter seiner Stellung stehen; und er mag nicht zu allen Zeiten fähig sein, seine Rechtsansprüche klar zu erkennen; aber dennoch sind sie stets dieselben. „Wer den Sohn hat, hat das Leben." Jeder Gläubige hat Christum; und etwas Höheres gibt es nicht.
In der Predigt des Evangeliums ist der Sünder eingeladen, gerade so wie er ist, zu Christo zu kommen. Er ist, wie auch der Gemütszustand, wie auch die Geschichte seines vergange­nen Lebens sein mag, aufgefordert, wo und wie er ist, dem Zeugnis Gottes bezüglich Seines geliebten Sohnes zu glauben, im Glauben auf Christum zu schauen, mit aufrichtigem Herzen, zu Ihm zu kommen, der gesagt hat: „Wer zu mir kommt, den „ werde ich nicht hinauswerfen." Alle, die kommen, finden Auf­nahme; niemand wird abgewiesen. Sie mögen hernach eine Zeitlang in Gesinnung und Wandel umherirren, so hat dennoch der Herr gesagt: „Ich will niemanden hinausweisen."

Das Evangelium verrät keinen Gedanken, als ob der Sünder, damit er für den Heiland geeignet sei, etwas tun, etwas fühlen, oder etwas sein müsse. Der Sünder ist als verloren bezeichnet. Geringeres gibt es nicht. In diesem schrecklichen Zustand wird er eingeladen, aufgefordert, ja dringend gebeten, auf Jesum zu schauen, um gerettet zu sein. „Wendet euch zu mir und werdet gerettet, alle ihr Enden der Erde; denn ich bin Gott und keiner sonst" (Jes 45, 22). — 

Der Sünder findet Rettung nicht für das Hinaufschauen und nicht nach dem Hinaufschauen, sondern im Hinaufschauen. War es der erste, zweite oder dritte Blick auf die eherne Schlange, wodurch der sterbende Israelit neues Leben empfing? Wir wissen alle, daß es der erste Blick war. Wenn er nur aufblickte, so lebte er. Und gerade so ist es in bezug auf den verlorenen Sünder. 

Wenn er zu Jesu gläubig emporblickt, so ist er gerettet. Und laßt uns wohl beachten, daß das, was ihm begegnet, das „Heil Gottes" ist, das jegliche Segnung einschließt. Hier beginnt der Gläubige seine Ewigkeit mit dem gesegneten Sohne Gottes, wenn er auch nicht gleich an demselben Tage ins Paradies gehen mag. 

Er mag seine hohe Berufung aus dem Auge verlieren und Handlungen begehen, die mit seinem neuen Leben und mit Ihm, der dessen Quelle ist, im Widerspruch stehen; aber dennoch bleibt das Leben unveränderlich dasselbe. Christus ist das Leben des Gläubigen; und nimmer kann das Leben Christi berührt werden. Dies alles ist von dem Augenblick an völlig wahr, wo der Sünder dem Zeugnis Gottes in bezug auf Jesum glaubt. Der Gläubige selbst mag es bezweifeln; „aber das Wort des Herrn bleibt in Ewig­keit. Dies aber ist das Wort, welches euch verkündigt worden ist" (1. Petr 1. 25).

Der bußfertige Räuber am Kreuz liefert uns zu diesen kost­baren Wahrheiten ein schlagendes Beispiel. Was war er? War er ein sittlicher Mann? Nein. Ein religiöser Mann? Nein. Was denn? Soviel wir wissen, war er ein Räuber und erlitt gerade jetzt die letzte Strafe des Gesetzes für seine Verbrechen. Den­noch blickte er, durch die Gnade dazu zubereitet, auf Jesum, indem er rief: „Gedenke meiner, Herr!" — und fand Rettung am Fluchholze. Seinem brechenden Auge begegnete ein Blick vollkommener Liebe, und sein Herz fand die Versicherung eines gegenwärtigen Heils. 

Vor seiner Bekehrung hatte er nichts Gutes getan; und sicher hatte er nachher keine Gelegenheit dazu. Er konnte vor seinem Tode weder getauft werden, noch teilnehmen am Tische des Herrn. Er^war ans Kreuz genagelt. Soviel wir wissen, ging er von der Erde in den Himmel, ohne sich irgendeiner guten Handlung rühmen zu können. Und dennoch war er von dem Augenblick an, wo er an Jesum glaubte, zubereitet. Ihm im Paradiese begegnen zu können. 

Und so handelt die wunderbare Gnade Gottes gegen jeden armen, verlorenen Sünder, der an Jesum glaubt. Gepriesen sei Sein Name dafür! Außer Jesu bedürfen wir nichts; wir haben Alles in Ihm, wir haben Ihn von dem Augenblicke an, wo wir zu glauben beginnen. 

Hätte der Räuber noch hundert Jahre nach seiner Bekehrung gelebt, und hätte er einen Überfluß an guten Werken aufzuweisen gewußt, so würde er allerdings, als Belohnung für die dem Herrn frei geleisteten Dienste eine weit reichere Krone erlangt haben, aber nie würde er fähiger ge­worden sein für das reine Licht des Paradieses Gottes im Himmel.
Schließlich möchte ich fragen: „Ist auch mein Leser also vor­bereitet, so bereit, den gegenwärtigen Schauplatz in irgend­einem Augenblick zu verlassen und emporzusteigen zu dem vollkommenen Lichte der Gegenwart Gottes im Himmel? 

Wenn der Herr Jesus jetzt im Begriff wäre, zu kommen, oder wenn, wie in vorliegendem Fall, das Auge im Tode zu brechen und der Pulsschlag des Herzens zu stocken begönne, würde dann die Stunde des Scheidens eine glückliche oder trostlose sein? Diese Frage ist ernst und wichtig. Es ist eine Frage, die einmal früher oder später vor unsere Seele treten muß. In einem sol­chen Augenblicke ist ein bloßes Bekenntnis geringer als gar nichts. 

Es ist nur ein Blendwerk und ein Zeugnis unserer Heuchelei. Christus Selbst und nur Christus verleiht dem Sünder die Fähigkeit für das Paradies Gottes. Nichts anderes besaß der arme Räuber; und nichts anderes bedurfte er.
Wisse denn, mein Leser, daß in uns durchaus nichts Gutes wohnt, und daß, wenn wir nicht in dem Kleide eines anderen vor Gott erscheinen, unser Platz für immer in der äußersten Finsternis sein wird. Stehen wir nicht in der Fülle Christi vor Gott, so haben wir alles verloren; wir haben den Himmel ver­loren, Christum verloren, die Seele verloren, ja alles und für immer verloren. 

Drum sage mir: Ist Jesus Dein — Dein durch den Glauben? Gibt es noch eine Ungewißheit betreffs dieser Frage in Deiner Seele? 0 dann säume nicht, ruhe nicht, schlafe nicht, bis Du Dich völlig in Sicherheit siehst durch den Glauben an das Blut des Lammes, das reinigt von aller Sünde. Hast Du Dich erkannt und verurteilt als einen durchaus verdammungs­würdigen Sünder? Glaubst Du dem Zeugnis Gottes bezüglich der Person und des Werkes Christi? 

Ist dies der Fall, so bist Du sicher gerettet. Christus Selbst ist dann Dein Eigentum. Er gab für uns Sein Leben hin. Er ist jetzt der vollkommene Ruhe­punkt Deiner Seele. „Glaube nur", und Er wird für immer und ewig Deine Krone, Deine Freude und Herrlichkeit sein. „Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, auf daß er die Welt richte, sondern auf daß die Welt durch ihn gerettet werde" (Joh 3, 16. 17). „Und es geschah eine Stimme aus der Wolke, welche sagte: Dieser ist mein geliebter Sohn, ihn höret" (Lk 9, 35).

1. Mose 12,1-8 Die Berufung Abrahams BdH 1853

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Berufung Abrahams

Im ersten Buch Mose finden wir die große Grundlage der Beziehungen Gottes zu den Menschen In ihrer ganzen Frische von der Schöpfung an. Wir sehen die Sünde und die Ver­heißung des zweiten Adams; wir sehen wie darin die Regierung Gottes geübt worden und wie der Mensch gefallen' ist; das Ge­richt der Sintflut, welches mit der alten Welt ein Ende machte; die Verheißungen, dem Abraham

 gegeben, die beiden Bündnisse von Sarah und Hagar; die Beziehungen des Herrn mit den Juden in der schönen vorbildlichen Geschichte des Josephs, kurz wir finden in diesem Buche nicht nur eine Geschichte, sondern, wie gesagt, die Hauptgrundlage der Beziehungen Gottes zu den Menschen, — Als Aufbewahrer der Verheißungen nimmt Abra­ham eine wichtige Stelle in dieser Beziehung ein. 

Wir begreifen dies, wenn wir Gal. 3, 13. 14 lesen: „Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, da er ward ein Fluch für uns (denn es steht ge­schrieben: „Verflucht ist jedermann, der am Holze hängt"), auf daß der Segen Abrahams auf die Heiden käme in Christo Jesu und wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben."
Man sieht durch dieses Wort, welche Wichtigkeit den Seg­nungen Abrahams beigelegt ist. Wenn wir sie betrachten, so verstehen wir die köstliche Stellung, in welche uns Gott bei der Erfüllung dieser Verheißungen in Seiner Gnade versetzt hat, und erforschen wir ihre Grundlage, so erkennen wir besser die Herrlichkeit Christi als Erbe aller Verheißungen Gottes. 

Die Beziehungen Christi mit der Kirche waren freilich teilweise verborgen, und wurden erst nach Seinem Tode geoffenbaret, (es sei denn vorbildlich); aber die mannigfachen Seiten der Be­ziehungen Gottes in ihrer ganzen Frische und die verschiedenen Fälle, worin sie stattgefunden haben, finden sich im Keime in diesem Buche.
In Kapitel 9 sehen wir, daß nach der Sintflut dem Noah die Regierung der Erde anvertraut wurde; allein er fehlte, indem er von Wein trunken ward. Dann finden wir die Ungerechtigkeit Ham's, der über seinen Vater spottete; weiter bei Babel die Verwirrung der Völker, ein jedes nach seiner Sprache. — 

Die Menschen unter sich einig, erheben sich gegen Gott. Darin er­scheint Nimrod, der gewaltige Mensch auf der Erde; Babel ist der Anfang seines Reiches. Hier sehen wir die falsche Herrlich­keit der Menschen, welche ihre Einheit in Babel suchten, die aber von Gott zerstreut wurden. Die Familie Sem's, gesegnet auf der Erde, ist diejenige, womit Gott besondere Beziehungen zu den Menschen gründete.
Noah hatte gefehlt und darnach die Völker. Die Menschen hatten sich gegen Gott erhoben, anstatt Ihm unertänig zu sein; sie hatten sich vereinigt, um sich einen Namen zu machen, und um nicht zerstreut zu werden; aber gerade ihre Überhebung wurde die Ursache ihrer Zerstreuung. Der Mensch überhebt sich und trennt sich von Gott, aber ohnmächtig, um sich selbst helfen zu können, wird er Sklave. 

Er wird der Macht Satans untertänig, dient ihm und betet ihn an. Indem er Gott ver­lassen hat, nimmt Satan diese Stelle ein. Er erschreckt das Ge­wissen, bemächtigt sich des Herzens und der Willenskraft des Menschen, welcher sich dann der Abgötterei ergibt. Wir finden diese Tatsache in Josua 24, 2. Der Wunsch aller Menschen ist, von Gott unabhängig zu sein. Der Mensch will seinen eigenen Willen tun und fällt in die Hände des Feindes. 

Das war der Zustand der Familie Abraham's, wie auch der übrigen Menschen. Inmitten all dieser Übel kommt Gott und offenbart dem Abra­ham diese drei Grundlagen: die Auswahl, den Beruf und die Verheißungen. Er findet ihn in dem Übel und beruft ihn nach Seiner Wahl und gibt ihm dann die Verheißungen. Gott redet Selbst mit ihm und offenbart Sich ihm sichtbarlich. Immer teilt Er sich dem Glauben mit und erweckt das Vertrauen; Er wirkt auf das Gewissen und zieht das Herz an Sich. 

Das Gewissen sieht sich in der Gegenwart Gottes; es ahnt ein kom­mendes Gericht, und selbst wenn an sichtbarer Offenbarung Mangel ist, so muß es sich dennoch vor Gott stellen und Ihm folgen, während man vorher nur seinem eigenen Willen folgte. Gott redet selbst, "Wenn Er sich sichtbar offenbart, wie bei Saulus. Man vernimmt aber auch Sein Wort, selbst wenn es geschrieben ist, und dies ist ohne Zweifel von gleicher Auto­rität. 

Der Herr kann Paulus, Petrus und Johannes als Gesandte gebrauchen; aber Er will, daß man das Wort als von Ihm Selbst annehme. Wenn man die Stimme Gottes nicht zu unterscheiden und sich ohne die Autorität der Menschen nicht zu beugen weiß, so ist das nicht der Glaube an Gott und sie wird nicht als Gottes Wort aufgenommen.
Abraham glaubte Gott, und wird von Ihm auf die Probe gestellt. Es gibt eine harte Arbeit in dem menschlichen Herzen bis die Autorität Gottes selbst anerkannt wird. Jeden Tag erkenne ich mehr die Wichtigkeit hiervon. 

Eine geübte Seele, welche weiß, daß Gott sich Ihr geoffenbart hat, die ihre Ver­antwortlichkeit erkannt und deren Herz in Gott ruht, hat Sein Wort als Autorität. Es kann aber auch sein, daß eine Seele einen tiefen Eindruck von der Offenbarung Gottes empfangen hat und das Gewissen wach geworden ist, aber sie nimmt das, was Gott gesagt hat, nicht durch einen ruhigen Glauben auf;

 nachdem sie erkannt, daß Gott geredet hat, hält sie sich nicht fest an Seinem Wort, vertraut nicht darauf ohne Wanken und findet sich nicht in dem rechten Frieden. Man darf diese Stellung nicht verachten, aber nicht darin bleiben. Gehöre Ich Gott an, so kann ich meinen Willen nicht mehr tun und das ist, was Gott dem Abraham sagte: „Gehe aus deinem Lande und von deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause, in ein Land, was ich dir zeigen Will." 

Das ist weder angenehm noch leicht; aber laßt uns wohl beachten, was Jesus sagt: „Wer nicht Allem ab­sagt, das er hat, kann nicht mein Jünger sein." Gott will ein Volk, das Ihm eigen sei; Christus hat Sich nicht halb gegeben. Die Umstände können verschieden sein, aber der Grundsatz bleibt immer derselbe; es mögen die Freuden, die Dinge sein, welche sie wollen, die uns aufzuhalten suchen; immer wieder müssen wir darauf zurückkommen: „Gehe aus deinem Vaterlande und von deiner Freundschaft usw.
Dieser Befehl ist dem Fleische schrecklich. Nicht daß wir Vater und Mutter hassen sollen wie das Fleisch hasset; die Kette, die in uns ist, und die uns nicht völlig dem Herrn überlassen will, ist es, welche wir brechen müssen. Mit sich selbst muß man brechen; und Gott, der das Herz kennt, bewegt uns, daß wir uns verleugnen, indem er uns die Bande, die außer uns in der Welt sind, brechen läßt. 

Abraham muß nicht allein sein Vaterland verlassen; Gott geht noch weiter: er soll auch von seiner Verwandtschaft und sogar aus seines Vaters Hause gehen. Weil der Herr sich ihm geoffenbart hatte, so muß er Ihm auch ganz gehören.
Abraham gehorcht, aber nicht vollständig; er hat nicht gleich Alles verlassen, wie er es tun sollte. Er ist zwar im Allgemei­nen aus seinem Vaterland und aus seiner Verwandtschaft ge­gangen, aber nicht von seines Vaters Hause. Im 11. Kapitel, V. 31, sehen wir, daß Tharah den Abraham mitnahm, also ver­ließ er das Haus seines Vaters nicht und kam nur nach Haran. So geht es einem Herzen, das nicht verstanden hat, daß es sich Gott ganz ergeben soll. Er verläßt Vieles aus Pflicht, aber er empfängt nichts. 

Dessen ungeachtet blieb die Gnade wirksam; allein es ist leicht möglich, daß auf diese Weise eine Seele in Zweifel kommt. Abraham hätte denken können: Was wird aus mir? Ich habe nicht das Haus meines Vaters verlassen, was wird mir begegnen? Ich habe nur halb das Gebot des Herrn befolgt; ich habe hier weder die Welt noch die Verheißungen; ich werde in Haran umkommen. Allein Gottes Gedanken waren anders. 

Kapitel 12, 4 lesen wir: „Da zog Abraham aus, wie der Herr zu ihm gesagt hatte, und Lot zog m i t i h m." Nun geht Alles gut; sie kommen nicht nach Haran, um dort zu wohnen, sondern in das Land Kanaan. Sobald wir den Willen Gottes tun, geht Alles gut; Er sorgt für Alles. Nachdem Tharah gestorben war, der keinen Ruf in das Land Kanaan hatte, und Abraham in demselben anlangte,

 empfängt er Segen (V. 7). Wir bemerken hier, wie freundlich Gott ihm begegnet; Er macht ihm keine Vorwürfe. Alle Hindernisse sind nun beseitigt; Abraham ist auf dem Wege des Glaubens.
Im V. 7 erneuert der Herr ihm die Verheißungen in einer deutlicheren Weise: „Dir und deinen Nachkommen will ich dies Land geben." Er hatte ihn dahin ge­bracht, um unter Seiner Abhängigkeit zu leben und zu wandeln. 

Er hatte ihm das Land gezeigt, die Verheißungen erneuert, indem Er ihm die Erfüllung auseinandersetzt. Er will ihm und seinen Nachkommen das Land geben; für uns ist es der Himmel. Gott will, daß auch wir gesegnet seien, wenn wir in der Abhängigkeit Von Ihm wandeln. Vers 2 und 3 sagte der Herr dem Abraham: „Ich will dich zum großen Volke machen, und will dich segnen und dir einen großen Namen machen; und sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen usw. usw." Gott will verherrlicht sein und Er will segnen. Es sind zwei köstliche Dinge: Gott verherrlicht Sich, indem Er segnet.

Wir sind in Jesu gesegnet. Gott führt uns selbst und macht uns Eins mit den Segnungen Christi. Die Versammlung kann versucht werden; sie kann Schwierigkeiten begegnen, aber der Segen ist in Christo gesichert.
Gott führte den Abraham also nach Kanaan, aber er durfte noch nichts in diesem Lande der Verheißung besitzen: es wohn­ten Kanaaniter darin. Er bedurfte Geduld und Glauben, um die Verheißung zu erlangen. So ist es auch mit der Versamm­lung und dem Lande der Verheißung das droben ist. Man findet da die bösen Geister, und ist hienieden ein Fremdling und Pilgrim. 

Es ist für das Fleisch etwas Hartes, Alles verlassen zu haben und nichts zu finden; in die Wüste hinaus zu gehen und nur eine Wüste anzutreffen. Der Mensch muß Alles opfern, was er liebt, und sich erheben bis zur Höhe der Gedanken Gottes. Der Beruf und die Erlösung machen uns zu Fremd­lingen, selbst im Lande der Verheißung, bis zur Ausführung des Gerichts.
In Hebräer 11, 8—10 lesen wir: „Durch den Glauben ward gehorsam Abraham, da er berufen ward auszugehen in das Land, das er ererben sollte, und ging aus und wußte nicht wo er hin käme. Durch den Glauben ist er ein Fremdling ge­wesen in dem verheißenen Lande als in einem fremden und wohnte in Hütten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselbigen Verheißung. Denn er wartete auf eine Stadt die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer Gott ist." Gott führt ihn durch den Weg des Glaubens und der Verleugnung In das Land der Verheißung; Er gibt ihm nichts, aber 

Er stellt Ihn erhaben genug, um die Stadt zu sehen, welche einen Grund hat. Gott sieht uns auch in der Wüste» und wenn wir darin etwas zu besitzen wünschen, so antwortet Er: „Es ist nicht gut genug." Jesus spricht: „Wo ich bin, sollt ihr auch sein." Er will eine vollständige Glückseligkeit für die Seinen und ehe Er sie verläßt, sagt Er: Ich gehe hin euch die Stätte zu bereiten, auf daß ihr seid, wo ich bin." 

Wenn wir aus der Welt herausgegangen sind und aus dem, was unser Herz aufhält, so kann Er uns annehmen.
Zunächst offenbart sich uns Gott, um uns zu sich zu ziehen und um uns von dieser Welt abzusondern, dann aber läßt Er uns die Offenbarung Seiner Selbst und den Segen Seiner Ge­meinschaft genießen. Er will, daß wir vollständig von den Dingen, wodurch das Fleisch uns aufhält, getrennt sein sollen, damit wir auch wandeln als Berufene Gottes, und das Herz Ihn in Ruhe genieße.

Abraham ist mit Gott gegangen, aber er besitzt noch nichts von dem Erbe, in welches Gott ihn geführt hat. Noch sind die Feinde da, aber der Herr erscheint dem treuen Abraham und unterhält Sich mit ihm über die Erfüllung der Verheißungen und in dieser Gemeinschaft und dieser Hoffnung baut Abraham einen Altar Dem, der ihm erschienen ist. Gott gibt uns Ver­heißungen, damit wir Ihn verehren und läßt uns deutlich ver­stehen, wie Er Seine Verheißungen erfüllen werde. 

Wenn aber Christus, euer Leben, offenbar werden wird, so werden wir mit Ihm offenbar werden in Herrlichkeit. Wir werden Alles mit Ihm haben; ja in Jesu sind alle Verheißungen Gottes Ja und Amen zum Lobe und Preise unseres Gottes.

1. Mose 13,1-18 Abraham und Lot 1854 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Abraham und Lot (1. Mose 13, 14)

Der wahre Glaube ist immer mit Verleugnung verbunden. Er schlägt die Dinge so lange aus, bis sie Gott gibt. Mag uns noch so viel dargeboten werden, der Glaube bleibt auf Gott gerichtet und nimmt nur aus Seiner Hand. Er hat allein Gott und ruht in Ihm; aber Er hat auch Alles und darf alle anderen Dinge gering achten und ausschlagen.

Abraham war auf Gottes Geheiß ausgezogen. Seine Wan­derung war die des Glaubens und des Gehorsams. Beides ist immer vereint. Er kam in ein Land, das er nicht kannte, in ein Land, das sogar von Kanaanitern bewohnt war. Allein Gott war mit ihm und das ist genug, selbst inmitten eines verkehr­ten und verachteten Geschlechts. Er baute dem Herrn einen Altar und predigte von Seinem Namen. Der Gläubige weiß sich überall in der Gegenwart Gottes, darum bleibt die Gemeinschaft und der Dienst ununterbrochen. 

Es ist ein köstliches Vorrecht, in einer Welt, die nur sich zu verherrlichen und zu dienen sucht, Gott verherrlichen und dienen zu können. „Wisset ihr nicht, daß ich sein muß, in dem, was meines Vaters ist." Der eingeborne Sohn blieb auch während Seines Wandeins auf Erden stets im Schoß des Vaters (Joh. 1. 18). „Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und seinem Sohne Jesu Christi" (1. Joh. 1. 3).

 Das ist das köstliche Vorrecht aller Kinder Gottes; sie sind von der Welt abgesondert. Der Christ aber hat auf dieser Erde nichts; sein Heiligtum ist droben, er betet im Geiste und in der Wahrheit Gott an; er betet Ihn an, wie Er ist, und was Er f ü r uns ist.

Abraham war auch im Lande Kanaan gesegnet. „Er war sehr reich an Vieh, Silber und Gold" (Kap. 13, 2). Dieser Reich­tum hatte nur darum Wert, weil es eine Gabe Gottes war. Diese Dinge selbst waren irdisch und vergänglich. Der irdische Segen stand in Verbindung mit Kanaan, dem Lande der Verheißung. Die Erben dieses Landes haben an diesen Segnungen Teil. Ob­gleich die Kanaaniter das Land inne hatten, so hinderte dies Gott nicht, den Abraham in der Gegenwart zu segnen, und ihm herrliche Verheißungen zu geben. 

Der Gläubige, in der Gegen­wart gesegnet, erwartet die Erfüllung der göttlichen Verheißun­gen. Er genießt die Kraft und den Segen der Dinge, die er hofft. Die Welt hat keine Verheißung, sondern nur ein schreck­liches Erwarten des Gerichts. Sie sättigt sich von ihren Träbern, die ins Verderben führen; sie haßt Gott und verfolgt Sein Volk, weil es Ihn verherrlicht.

Lot war mit Abraham ausgezogen. Obgleich er gläubig war, so war er auf seinem Wege doch mehr dem Glauben eines Anderen gefolgt. Sein Herz war nicht allein auf Gott und Seine Verheißungen gerichtet, sondern verließ sich zugleich auf den Glauben Abrahams, dem er gefolgt war. Jetzt stellten ihn ein­getretene Umstände auf die Probe und er erwählte die Welt. „Da hob Lot die Augen auf und besah die ganze Gegend am Jordan." 

Denn ehe der Herr Sodom und Gomorra verderbte, war sie wasserreich, bis man gen Zoar kommt, als ein Garten des Herrn, gleich wie Ägyptenland. „Da erwählte sich Lot die ganze Gegend am Jordan und zog gegen Morgen" (V. 10 und 11). Abraham und Lot konnten nicht länger beieinander wohnen; ihre großen Herden überfüllten das Land und machten diese Tren­nung nötig (V. 6). Lot wählte darum die Gegend am Jordan, weil sie so wasserreich und so schön war, und setzte seine Hütten gen Sodom (V. 12). 

Er ahnte nicht die Gerichte Gottes, die ihrer Erfüllung so nahe waren. Mancher erwählt sich diese Welt und ihre Dinge, weil er dies alles für das Fleisch so angenehm findet, und denkt nicht daran, wie der Fluch darauf ruht und die siche­ren Gerichte Gottes so nahe bevorstehen.

In Lot haben wir das Bild eines weltlich gesinnten Gläu­bigen. Er war mit Abraham ausgezogen und in das Land der Verheißung gekommen. Hier richtete er seinen Blick auf die schöne Erde und nicht auf Gott; er liebte die Dinge der Welt und ihre Herrlichkeit, und dachte nicht an die Dinge, die Gott darreicht; er wollte genießen und sich nicht verleugnen; er wollte besitzen, ehe ihm Gott sein Besitztum angewiesen hatte. 

So» denkt und handelt der weltlich gesinnte Gläubige immer. Es ge­fällt ihm nicht, allein seines Glaubens zu leben und in geduldiger Erwartung auszuharren, bis uns Gott durch die Erscheinung Jesu Christi in den Vollgenuß und den Besitz der himmlischen Herrlichkeit einführt. Der Christ soll aber um so mehr die Dinge dieser Welt verleugnen, weil alle seine Segnungen himmlisch sind und er mit Christo gesegnet ist.

Lot hatte seine Augen auf die schöne und wasserreiche Ge­gend am Jordan geworfen und sein Vertrauen darauf gesetzt; aber viel Unannehmlichkeiten verbitterten ihm sein Vertrauen und seinen Genuß. In dem 14. Kapitel lesen wir, wie er von der Ungerechtigkeit und der Zerstörung der Weltmacht leidet. „Sie nahmen auch mit sich Lot, Abrahams Bruders Sohn, und seine Habe, denn er wohnte zu Sodom, und zogen davon" (V. 12). 

Wir lesen auch im 19. Kapitel, wie er von den Bewohnern Sodoms selbst zu leiden hatte, wovon Petrus sagt, daß ihm die schänd­lichen Leute durch ihren unzüchtigen Lebenswandel alles Leid angetan und ihn Tag für Tag mit ihren ungerechten Werken. gequält hätten (2. Petr. 2, 7. 8). Wo blieb vollends die ganze Herrlichkeit der Gegend, als die Gerichte Gottes über sie ge­kommen waren. Nur in großer Eile konnte Lot den Gerichten entfliehen und seine Seele retten. 

Im letzten Augenblicke glaubte er dem ersten Zeugnisse Gottes, und entfloh einer Ge­gend, die er sonst so schön und wasserreich gefunden und wo­rauf er sein Vertrauen gesetzt hatte. Seine Schwiegersöhne glaubten auch jetzt nicht angesichts der Gerichte Gottes und er mußte sie dem Verderben überlassen. 

Sein Weib konnte auf dem Wege die Schönheit der Gegend nicht vergessen; sie sah sich um und wurde zur Salzsäule. Er selbst floh in Angst und Furcht; er war nicht sicher, daß er ohne Unfall den Zu­fluchtsort erreichen würde. Er verlor Alles, was er sich in dieser Welt erwählt und geliebt hatte. Nichts blieb ihm, als seine zwei Töchter, die noch Ursache eines Falles für ihn wurden.

Die Führung Lots ist reich an ernster Ermahnung und War­nung für uns. Buhlen wir mit der Welt, so werden wir durch ihre Sünden und Ungerechtigkeiten immer Schaden leiden. Ihre Gesinnung ist eine Feindschaft wider Gott. Das Wesen der Welt liegt bei manchen Gläubigen tief verborgen; wo aber das Herz davon hingenommen ist, wird sich der Friede Gottes nicht völlig­ offenbaren. Die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit. Alle sichtbaren Dinge verlieren ihren Wert, wenn die Gerichte Gottes darüber kommen. 

Alles, außer Gott, worauf wir unser Vertrauen setzen, kann zum Fall werden und uns viel Not und Kummer bereiten. Die Erfahrungen Lots sind die solcher Gläubigen, die nicht ganz mit sich und der Welt gebrochen haben. Sie kommen oft in peinliche Lagen, wo selbst das Licht ihnen zur Dunkelheit wird; sie gehen einher und sprechen: Gott hat sich uns verborgen! — 

Es verrät aber große Unwissenheit und Arglist des Herzens, wenn man solche Erfahrungen für die eines getreuen Gläubigen ausgibt, der sich unverrückt an Gott und Seinen Verheißungen hält. Sind unsere Herzen auf das Sichtbare gerichtet, so werden wir auch den darauf ruhenden Fluch erfahren; wenn wir nach dem Fleische leben, werden wir sterben müssen. Die Welt, mit Allem, was darinnen ist, ist dem Gericht unterworfen. 

Wer nicht in Gott ruht, ist von der Welt, und wer von der Welt aus­geht, kehrt in Gott ein. Leben wir mit der Welt, so werden uns ihre Plagen treffen. Der weltlich gesinnte Gläubige ist nicht völlig ausgegangen. Allein um den Gerichten zu entfliehen, muß man aus der Welt ganz ausgegangen und in Gott eingekehrt sein. Es ist besser, vor den Gerichten aus der Welt auszugehen, als sie abzuwarten. Wenn wir so lange warten wollen bis sie einbrechen, so werden wir alsdann in große Angst und Ver­wirrung kommen. 

0 möchten wir uns durch Lots Erfahrungen recht warnen lassen; möchte doch jeder Gläubige aus dieser Welt ausgehen und sich unbefleckt von ihrem Wesen halten! Nur wenn unsere Herzen in Gott ruhen und in ausharrender Geduld auf Christum warten, werden wir im Frieden Gottes bleiben und keine Gerichte zu fürchten haben, vielmehr den vollen Reichtum Seiner Herrlichkeit erlangen.

In Abraham finden wir den an die himmlische Berufung Glaubenden, den getreuen Gläubigen, der im Glauben und Ge­duld auf die Verheißung wartete und sie erlebte (Hebr. 6, 12). „Er sprach zu Lot: Laß doch nicht Zank sein zwischen mir und dir, und zwischen meinen und deinen Hirten, denn wir sind Brüder. Steht dir nicht alles Land offen? Trenne dich doch von mir. Willst du zur Linken, so will ich zur Rechten; oder willst du zur Rechten, so will ich zur Linken" (V. 8. 9). 

So konnte nur ein Herz sprechen, welches auf Gott und Seine Verheißungen gerichtet war und sich daran festhielt. Abraham war überzeugt, daß Gott für seine ihm geschenkten Herden überall, wohin Er ihn führen möchte, das nötige Futter darreichen würde. Nur der Unglaube verläßt sich auf das Sichtbare, und wo dies man­gelt, da ist er ungeduldig und voller Sorgen. Lot ließ sich in einer Gegend nieder, die ihm der Herr nicht gegeben hatte. Er hatte sie sieh selbst erwählt, und zwar darum, weil sie schön und wasserreich war. 

Abraham wählte selbst nicht; er ließ sich unterweisen, und unterwarf sich sogar dem Jüngeren, dem dies Land nicht verheißen war. Er wollte das Land nur als ein Erb­teil von Gott dann besitzen, wenn es ihm übergeben wurde. Lot hatte die schönste Gegend in Besitz genommen und gerade, als sich Lot von Abraham geschieden hatte, sprach der Herr zu Abraham: „Hebe deine Augen auf, und siehe von der Stätte an, da du wohnest, gegen Mitternacht, gegen den Mittag, gegen den Morgen und gegen den Abend. 

Denn alles das Land, das du siehest, will ich dir geben, und deinem Samen ewiglich. Und ich will deinen Samen machen, wie den Staub auf Erden. Kann ein Mensch den Staub auf Erden zählen, der wird auch deinen Samen zählen. Darum, so mache dich auf und ziehe durch das Land, in die Länge und Breite; denn dir will ich's geben. Also erhob Abraham seine Hütten, kam und wohnte im Hain Mamre, der zu Hebron ist, und baute daselbst dem Herrn einen Altar" (V. 14—18). 

Der gläubige Pilger und Fremd­ling hat auf der Erde nur ein Zelt und einen Altar und hält dem Herrn Gottesdienst. Lot hatte erwählt, was die Gerichte Gottes verderbten, aber Abraham, der jeglichen Besitz, bevor Gott ihn gab, ausschlug, wurde das ganze Land als Erbteil ver­heißen.

Der Christ ist hienieden ganz und gar Fremdling. Er dient aber Gott und verherrlicht Seinen Namen, darum wird er von der Welt gehaßt und verfolgt. Die Welt denkt nur an ihre Ver­herrlichung. Unsere köstliche Berufung bezieht sich auf eine himmlische Herrlichkeit, die wir mit Christo ererben sollen. Alle unsere Segnungen sind geistlich und himmlisch. 

Wir genießen sie jetzt schon durch den Glauben und warten in Geduld, bis wir durch Christum in die himmlische Herrlichkeit eingeführt werden. Trachtet der Christ nach den Dingen dieser Welt und deren Besitz, so versteht er weder den Charakter seines Erb­teils, noch wartet er, bis Gott ihn in den Besitz seines Erbes einführt. Er will genießen, wo er entsagen und verleugnen soll. Solange der Christ ein Fremdling auf Erden ist, lebt er des Glaubens und besitzt im Glauben die unsichtbaren Dinge, die man hofft; solange er in der Fremde wallt, gilt für ihn die 

Er­mahnung: „Trachtet nach dem, das droben ist, nicht nach dem, das auf Erden ist" (Kol. 3, 2). Die Hoffnung der Herrlichkeit droben gibt uns Kraft und Mut, die Welt und ihre Schönheit zu verleugnen und zu verachten. Die Hebräer erduldeten den Raub ihrer Güter mit Freuden, weil sie wußten, daß sie eine bessere und bleibende Habe im Himmel hatten (Hebr. 10, 34). In Hebrä­er 11 werden uns eine Menge Gläubige aufgezählt, welche bekannten, daß sie Gäste und Fremdlinge auf Erden waren, und eines besseren, nämlich eines himmlischen Vaterlandes warteten.

Abraham siegte über Lots Feinde, er siegte über die Welt. Der Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat; er han­delt stets in der Kraft und Macht Gottes. Der Gläubige scheint der Welt zu unterliegen; aber er ist Sieger indem er duldet und wird einst mit Christo über die Welt herrschen.

 Wo Lot, der sich durch die Schönheit der Welt hatte blenden lassen, unter­lag, da siegte Abraham, der seine Hoffnung allein auf Gott und Seine Verheißung gesetzt hatte. In Verbindung mit der Welt und ihrem Wesen sind wir immer schwach; aber wir siegen in der Kraft Gottes, sobald wir von der Welt ausgegangen sind. In der Gemeinschaft mit Gott handeln wir immer sicher und mit Erfolg, und wir überwinden in Allem weit; verlassen wir uns aber auf das Sichtbare und sehen auf das Fleisch, so sind wir immer unsicher und kraftlos.

Lot hatte auf Abraham keine Rücksicht genommen, als er die wasserreiche Gegend wählte; aber Abraham ist gleich bereit, den Lot zu retten, als er von dessen Gefahr hört. Der Glaube ist stets mit Demut, Liebe und Teilnahme begleitet. Abraham ist nicht allein bereit, sich zu unterwerfen, als das Land beider Herden nicht mehr ernähren konnte; er gibt sich auch in Gefahr, um seinen Bruder und seine Habe zu retten. 

Wer fleischlich gesinnt ist, unterwirft sich nicht mit willigem Herzen; er sucht seine Ehre und er besitzt nicht die Liebe, die Alles hofft und glaubt, trägt und duldet. Wer aber geistlich gesinnt ist, denkt nicht an sich selbst, sondern ist immer bereit, in Demut den Anderen höher zu achten und ihm zu dienen.

Abraham schlug die Dinge aus, welche die Welt gibt. Er sprach zu dem Könige von Sodom, der ihm alle Güter angeboten hatte: „Ich hebe meine Hände auf zu dem Herrn, dem höchsten Gott, der Himmel und Erde besitzt, daß ich von Allem, das dein ist, nicht einen Faden noch einen Schuhriemen nehmen will, daß du nicht sagest, du habest Abraham reich gemacht" (Kapitel 14, 22. 23). 

Es sollte alle Ehre dem Herrn bleiben. Abraham wollte nur besitzen, was der Herr ihm darreichte und sich nicht durch die Welt bereichern. Der Glaube denkt allein an die. Verherr­lichung Gottes. Er Verleugnet alle Dinge, sobald die Ehre Gottes dabei in Frage kommt. Sein Reichtum ist in Gott, geoffenbart in Christo Jesu, der Sein Besitztum mit uns teilt.

Wir haben gesehen, welche Verlegenheit und Verwirrung dem Lot seine Wahl bereitet hat. Abraham blieb von diesem Allem verschont, weil er im Glauben sich an Gott und Seiner Verheißung hielt. Selbst blieb er von dem Gerichte Gottes über Sodom und Gomorra unberührt, weil er sich nicht durch die Schönheit hatte blenden lassen, dort zu wohnen. 

Er wandelte vor Gott und Gott offenbarte ihm, wie nahe Er ihm war. Er sprach: „Wie kann ich Abraham verbergen, was ich tue" (Kap. 18, 17). Er offenbarte ihm das so nahe bevorstehende Gericht über Sodom und Gomorra. Dies brachte ihn aber weder in Ver­wirrung noch in Furcht. Während Lot mit Angst aus Sodom entflieht und seiner Freistatt zueilt, steht Abraham vor dem Herrn und unterhält sich mit Ihm, über die beiden Städte.

Sind wir von der Welt ausgegangen, bevor die Gerichte Gottes kommen, so werden wir nichts fürchten und wir werden auch unberührt von ihnen bleiben. Wer das Wort seiner Geduld bewahrt, soll auch vor der großen Versuchung bewahrt bleiben, die über den ganzen Erdkreis kommen soll. Wandeln wir in der Gegenwart und Gemeinschaft Gottes, so werden wir selbst dann noch ruhig und mit Zuversicht in Seiner Gegenwart sein, wenn die Welt zittert und voll Angst und Verwirrung ist. 

Wenn auch alle Gläubige vor den Gerichten Gottes bewahrt bleiben, so sehen wir in Abraham und Lot, daß es besser ist, nicht in der Welt zu bleiben und die Gerichte abzuwarten, sondern auszugehen, bevor die Offenbarung derselben stattfindet. 

In Gott sind wir zu jeder Zeit und vor jedem Gericht sicher; darum laßt uns durch den gläubigen Abraham ermahnt sein, durch den Glauben an Gott und durch eine lebendige Hoffnung an unserer himm­lischen Berufung festzuhalten, wir werden alsdann als Sieger der Welt immer dastehen; wir werden Gott verherrlichen in einer Welt, die nur sich zu verherrlichen sucht, und werden von den Gerichten Gottes über diese Welt ganz unberührt bleiben. 

Möch­ten wir in Lot gewarnt sein, uns nie durch die Schönheit dieser Welt täuschen zu lassen, welche durch ihr wachsendes Verder­ben, so schnell ihrem nahe bevorstehenden Gerichte entgegen­reist. Gott gebe uns erleuchtete Augen und halte unsere Herzen unverrückt auf Christum und unsere himmlische Berufung ge­richtet.

1. Mose 14, Die abgewiesene Versuchung 1872 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die abgewiesene Versuchung In 1. Mo 14 

wird uns am Schluß ein schöner Abschnitt aus dem Leben Abrahams gezeigt ein Ereignis, das uns die treue Fürsorge Gottes für die Seinigen ebenso deutlich als herrlich vor Augen stellt. Abraham hatte einen großen Sieg errungen. Mit einem kleinen Heer hatte er fünf kanaanitische Könige überwunden. 

Es war ihm geglückt, Lot und dessen Hausgesinde aus der Hand dieser Könige zu befreien. Im Triumph kehrte er mit einer großen Zahl von Gefangenen und mit beträcht­licher Beute aus dem Kampf zurück. Der König von Sodom, dessen Volk ebenfalls befreit worden war, kam ihm voll Dank­barkeit und Freude entgegen. Sicher, das war ein glücklicher Tag im Leben Abrahams. Der Herr hatte ihm geholfen; der Herr hatte die Feinde in seine Hand gegeben; und das Herz des Patriarchen hatte allen Grund, sich zu freuen.

In solchen Umständen vergißt die Seele oft so leicht ihre Ab­hängigkeit von Gott. In der Freude der Befreiung und des da­vongetragenen Sieges beachtet man oft so wenig die eigene Schwachheit und die Notwendigkeit einer fortdauernden Be­wahrung Gottes. 

Man räumt zwar diese Notwendigkeit ein; aber man vergißt sie, weil man zu sehr von dem Siege erfüllt ist, den man über den Feind errungen hat. Und der Teufel, der dieses sehr gut weiß, bedient sich gerade solcher Umstände und solcher Gemütsverfassungen, um mit seinen Versuchungen die Seele zu überfallen.

Wir sehen dies bei Abraham. Kaum ist der eine Kampf vor­über, so 'steht schon der andere vor der Tür. Zwar bestand zwischen beiden ein großer Unterschied; aber beide kamen vom Teufel; und sicher war unter diesen Umständen der zweite Kampf gefährlicher, als der erste. Nachdem Abraham den Sieg über die fünf Könige davongetragen hatte, näherte sich der König von Sodom, um ihm die Beute anzubieten. Der Teufel dachte: „Kann ich dich auf dem einen Wege nicht überwinden, so werde lieh dich auf dem zweiten zu Boden werfein". 

Und in der Tat, der Faden dieser Versuchung war fein gesponnen. Wem gehörte die Beute von rechtswegen? Natürlich dem Über­winder. Und es würde daher nach menschlichem Urteil ganz in der Ordnung gewesen sein, wenn Abraham die Beute für sich genommen hätte. Doch die Gedanken Gottes unterscheiden sich von den Gedanken des Menschen. Nicht von Sodom aus durf­ten Abraham Reichtümer zufließen, sondern von Jehova, Sei­nem Gott. 

Die Schätze Sodom's waren für ihn unrein; und mochte auch Lot in Sodom wohnen, so wollte Abraham sich doch fern halten von der gottlosen Stadt und von allem, was ihr angehörte. Um dies jedoch in einem solchen Augenblicke zu erkennen, war Gnade und göttliches Licht nötig. Doch Abra­ham wandelte mit Jehova, und darum gab Er ihm auch Licht und stärkte ihn in der Versuchung, die über ihn hereinbrach.

Melchisedek, ein Priester Gottes des Höchsten, kam Abraham entgegen, brachte Brot und Wein und segnete Abraham, indem er sagte: „Gesegnet sei Abraham von Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt"! 

Es war Jehova, der Melchisedek sandte, um den Patriarchen mit diesen herrlichen Worten an­zureden. Bis zu diesem Augenblick kannte Abraham Gott als den Allmächtigen; aber als der Höchste, Der Himmel und Erde besitzt, war Er ihm noch nicht geoffenbart worden. Aber hier offenbart Sich Gott Seinem Knechte in dieser Weise, um ihn zu stärken gegen die Versuchung, die über ihn kommen sollte. Der Höchste, Der Himmel und Erde besitzt, konnte sicher den Patriarchen reich machen, ohne der Schätze Sodoms zu bedür­fen. Und Abraham verstand die Stimme des Herrn.

 Denn als der König von Sodom etliche Augeinblicke später sich näherte, um ihm die Beute anzubieten, antwortete er: „Ich hebe meine Hand auf zu Jehova, zu Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt: Wenn ich vom Faden bis zum Schuhriemen, ja, wenn ich von allem, was dein ist, etwas nehme . . .! auf daß du nicht sagest: Ich habe Abraham reich gemacht". — Wie beachtenswert ist dies! Melchisedek hatte ihn hingewiesen zu dem Höchsten, 

Der Himmel und Erde besitzt; und Abraham verstand so gut die Absicht des Herrn, daß er, als die Versu­chung des Königs von Sodom kam, augenblicklich Gebrauch machte von der ihm gegebenen Unterweisung und im Vertrau­en des Glaubens das verführerische Angebot ausschlug. „Ich hebe meine Hände auf zu Jehova, dem Höchsten, Der Himmel und Erde besitzt; und darum nehme ich von dir, du König von Sodom, nichts an; ich will nicht durch dich, sondern durch die­sen Gott reich gemacht werden. 

Er besitzt alles; Er hat alles unter Seiner Verwaltung; und darum erwarte ich von Ihm, und nur von Ihm jegliche Art von Segnung". — Beschämt mußte der Teufel weichen. Der Überwinder von fünf Königen hatte auch hier den Sieg davon getragen. Der Herr war Seinem Knechte entgegengekommen und hatte Sich ihm in einer Weise geoffen­bart, die Abraham fähig machte, der Versuchung zu wider­stehen.

Und also handelt der Herr noch immer. Er ist und bleibt treu bis in alle Ewigkeit. Er weiß, was wir bedürfen. Er kennt unsern Kampf und unsere Versuchungen. Wie zu Abraham, so kommt Er auch zu uns, um uns zu stärken. Möchten wir doch allezeit Seine Stimme verstehen, sicher, dann würden wir nicht so oft straucheln und den Versuchungen unterliegen! Wir denken oft, daß uns dies oder jenes der Herr geschickt habe, während vielleicht der Teufel der Ursprung ist. 

Die Umstände sind nicht immer der richtige Maßstab. Dies sehen wir bei Abraham. Die Beute kam ihm von rechtswegen zu, und die Dankbarkeit des Königs von Sodom bot sie ihm an. Dennoch verweigerte er die Annahme, weil er nicht auf die Umstände, sondern auf den Herrn sah und seine Hand zu dem Höchsten erhob. 0 möchten wir doch mehr mit dem Herrn in Gemein­schaft wandeln und uns an den Klang Seiner Stimme gewöh­nen, — sicher, dann werden wir auch den Willen Gottes zu unterscheiden wissen und uns nicht durch den Teufel gefangen­nehmen lassen. Wenn unser Auge einfältig ist, dann wird unser ganzer Leib Licht sein. Der Herr gebe uns das richtige Verständnis!

1. Mose 19,12 Hast du noch jemand hier? 1865 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Hast du noch jemand hier? (1. Mos. 19, 12)

„Hast du noch jemand hier?" Das ist die Frage des Herrn. Geliebte Brüder, die Gerichte Gottes werden bald über diese Welt hereinbre­chen; — sind in dieser Stadt des Verderbens noch irgendwelche, deren Errettung Euch am Herzen liegt? „Führet sie aus diesem Orte; denn der Herr will diese Stätte verderben!"
Ehe die Flut kam, welche die Ungläubigen überschwemmte, sagte Gott zu Noah: „Gehe in die Arche, du und dein ganzes Haus." — Ehe die schuldbeladenen Einwohner Jerichos — „Mann und Weib, Jung und Alt — gänzlich vernichtet wurden, wurde Rahab, „samt ihrem Vater und Mutter, und Brüdern und allem, was sie hatte," an einen sicheren Ort gebracht (Josua 6, 23); denn Rahab hatte gebeten, daß ihr Vater, ihre Mutter, ihre Brüder und ihre Schwestern und alles, was sie hatten, am Leben bleiben mochte (Kap. 2, 13); und alle wurden unter dem Schütze des „roten Seiles" am Tage des Gerichts gerettet.
Rahab besaß einen einfältigen Glauben. Und es steht geschrieben:
„Bittet, und es wird euch gegeben werden." 

Der Herr ist bereit, den­selben Glauben in uns zu wirken. Rahab war nicht gut von Natur; sie war eine elende Sünderin, vielleicht die größte in Jericho; aber sie glaubte an Gott, und „es wurde ihr zur Gerechtigkeit gerechnet." Das „rote Seil", ein Vorbild des kostbaren Blutes Christi, war ihre Sicher­heit, und die einfache Abhängigkeit von dem Worte der Kundschafter ermutigte sie, diese Sicherheit für alle ihre Verwandten, und für alle, die sie hatte, zu beanspruchen; und es gelang ihr. Welch ein gesegnetes Beispiel eines lebendigen Glaubens an den lebendigen Gott! Möchten unsere Herzen, durch dasselbe zu einer größeren Abhängigkeit und Glauben an den Herrn ermuntert werden!
Es war aber Lot, an den das Wort gerichtet wurde: „Hast du noch Jemanden hier?" 

Es war derselbe Lot, von dem wir lesen: „Da hob Lot seine Augen auf und besah die ganze Gegend am Jordan, wie sie gar wasserreich war", und erwählte sie. Die Engel kündigten ihm jetzt an, daß die Stunde des Untergangs Sodoms vorhanden sei: „Hast du noch jemand hier, einen Eidam, und Söhne und Töchter, und wer dir irgend angehört in der Stadt, den führe aus dieser Stätte, denn wir werden diese Stätte verderben." 

Was könnte verständlicher sein, als diese Worte: „Wer dir irgend angehört?" 0 Lot, gedenke an jene, . die du in Sodom geheiratet, an deine Kinder, die du in Sodom gezeugt, " an deine Schwiegersöhne, denen du in Sodom. deine Töchter geben willst, — gehe zu ihnen, beschwöre sie und sage ihnen, daß dies ihre letzte Gelegenheit sei; wenn sie heute Nacht deine Stimme verwerfen, so werden sie morgen vernichtet werden. Es schien aber den Schwie­gersöhnen Lots, „als triebe er Scherz." Sein Leben war weltlich, und darum hatte er keine Kraft, von dem kommenden Gericht zu zeu­gen. 

Er war wie einer von ihnen — ein Bewohner ihrer Stadt. Er selbst wurde durch die Barmherzigkeit des Herrn gerettet, wie durchs Feuer. Er verließ die Stadt, ohne seine Schwiegersöhne; und bald verlor er auch sein Weib. Sie sah hinter sich, und ist zu einem warnenden Exem-pel für alle Geschlechter geworden, um zu zeigen, daß es ohne Nutzen ist, auf dem Wege zum Himmel zu sein, und Herz und Auge nach der Welt gerichtet zu haben, daß das Heil in nichts wenigerem besteht, als in einem zu Gott gerichteten Herzen. Als der helle Tag erschien, waren alle durch den Schwefel- und Feuerregen verbrannt und vernichtet.
Der Herr gebe, daß wir die Unterweisungen zu Herzen nehmen, die in diesen ernsten Exempeln für uns niedergelegt sind. Jesus kommt — die Welt wird bald gerichtet werden; und wie es war in den Tagen Lots, so wird es an dem Tage sein, wo der Sohn des Menschen offen­bart wird. Für uns aber, die wir dem Herrn in der Luft entgegen ge­rückt werden, ist es nötig, die Worte des Engels zu beherzigen: „Hast du noch jemand hier?"

1. Mose 24, Die Berufung der Braut 1870 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Berufung der Braut (1. Mose 24)

In Abraham, dem Empfänger der den Erzvätern gegebenen Verheißungen Gottes, finden wir die Grundprinzipien des Gläubigen. Als Abraham seinen Sohn opfert und wieder empfängt, gibt er uns das Vorbild der Auferstehung Jesu, Der wie Isaak Erbe aller Güter Seines Vaters ist. Rebekka ist als Vorbild der Versammlung berufen, die Braut des auf­erstandenen Isaak zu werden. Später haben wir in Jakob die vorbildliche Geschichte des jüdischen Volkes.
In Sara stellt uns Gott den Grundsatz der Verbindung des Menschen mit der unvermischten Gnade ohne Gesetz vor Augen, während Hagar als ein Bild des dazwischentretenden Gesetzes eingeführt wird. Isaak, im Gleichnis aus den Toten auferstanden, zeigt uns Christus als das Haupt, Der Sein Werk vollbracht hat und Sich in der Stellung befindet, in der Er alle Ergebnisse der göttlichen Ratschlüsse offenbaren kann. In dem vorliegenden Kapitel sehen wir, wie Abraham seinen

 Knecht Elieser aussendet, um für Isaak eine Braut zu su­chen — ein deutliches Vorbild auf den Heiligen Geist, Der vom Vater ausgesandt ist, um für Jesus die Versammlung, „die Braut, das Weib des Lammes", zu suchen. Nicht Isaak holt sich eine Frau, wie auch Christus nicht noch einmal auf die Erde kommen wird, um Sich eine Versammlung zu er­wählen. Rebekka muß ihre Heimat verlassen und in das Land der Verheißung kommen. 

Dieses Kapitel zeigt uns also die Wirksamkeit des Heiligen Geistes und die Art und Weise, wie eine Seele unter seine Leitung kommt und unter ihr ge­leitet wird. Beides werden wir in Elieser und Rebekka finden. „Und Abraham war alt, wohlbetagt, und Jehova hatte Abra­ham gesegnet in allem. Und Abraham sprach zu seinem Knechte, dem ältesten seines Hauses, der alles verwaltete, was er hatte: Lege doch deine Hand unter meine Hüfte, und ich werde dich schwören, lassen bei Jehova,

 dem Gott des Himmels und dem Gott der Erde, daß du meinem Sohne nicht ein Weib nehmen wirst von den Töchtern der Kanaaniter, in deren Mitte ich wohne, sondern in mein Land und zu, mei­ner Verwandtschaft sollst du gehen und ein Weib nehmen meinem Sohne Isaak" (Verse 1-4).
Wir sehen hier in Elieser den Verwalter aller Güter seines Herrn; aber nicht er, sondern der Sohn ist der Erbe. In glei­cher Weise verfügt der Heilige Geist über alles; 6r nimmt die Dinge Christi und teilt sie uns, d. 1. der Versammlung mit (Joh 16, 13-16).

„Und der Knecht sprach: Vielleicht wird das Weib mir nicht in dieses Land folgen wollen; soll ich dann deinen Sohn in das Land zurückbringen, aus welchem du weggezogen bist? Da sprach Abraham zu ihm: Hüte dich, daß du meinen Sohn nicht dorthin zurückbringest!" (V. 5-6).
Unmöglich kann irgendeine Verbindung zwischen Christus und der Welt bestehen. Isaak holte Rebekka nicht; sie muß kommen, und zu diesem Zweck gibt Abraham dem Knecht seine Befehle. Anstatt weitere Fragen zu stellen, macht sich der Diener bereit und begibt sich auf den Weg nach Meso­potamien, nach der Stadt Nahors, ohne weitere Befehle empfangen zu haben (V. 10 ff). Ebenso müssen auch wir uns vor allem durch das Wort Gottes leiten lassen. 

Der natürliche Verstand kann sich bis auf einen gewissen Punkt ein Urteil bilden, aber auf diese Weise entfernt die Seele sich aus der Gegenwart Gottes, selbst wenn wir Dinge tun, die nach Sei­nem Willen sind. Wenn wir anfangen zu überlegen, kommt Unschlüssigkeit; wir beraten uns mit Fleisch und Blut. Das erste was wir zu tun haben ist, uns in die Gegenwart Gottes zu stellen. Woanders ist weder Weisheit noch Kraft. Wenn wir aber auf diesem Segenspfad wandeln, dann empfangen wir von Gott die nötige Einsicht. 

Das beweist uns die Reise des Knechtes Abrahams. Elieser betet: „Jehova, Gott meines Herrn Abraham" (V. 12)! Das ist bemerkenswert. Er sagt nicht: „Mein Gott!" Die Ver­heißungen waren dem Abraham gegeben, und Gott hatte Sich als der Gott Abrahams geoffenbart. Der Knecht zeigt sich hier in gänzlicher Abhängigkeit; wir finden ihn auf dem We­ge der Verheißungen als einen, der sich nicht erhebt, sondern gemäß den Ratschlüssen Gottes in völliger Abhängigkeit handelnd, nur da seinen Wanderstab ruhen läßt, wo Gott die Segnungen verordnet hatte; denn die Verheißungen waren Abraham gegeben worden. — 

Für uns ist jede Segnung in Christo, dort finden wir Antwort auf unsere Bitten. Daher wünschen wir nicht anderswo etwas zu erlangen als da wo Gott Seine Segnungen verordnet hat, das heißt nur auf dem Wege des Glaubensgehorsams.
Elieser wendet sich an den Gott Abrahams seines Herrn, und bittet Ihn, an seinem Herrn Dankbarkeit zu üben. Er sagt: „Jehova, Gott meines Herrn Abraham, laß es mir doch heute begegnen, und erweise Güte an meinem Herrn Abra­ham! Siehe, ich stehe bei der Wasserquelle, und die Töchter der Leute der Stadt kommen heraus, um Wasser zu schöpfen;
möge es nun geschehen, daß das Mädchen, zu dem ich sagen werde: Neige doch deinen Krug, daß ich trinke, und welches sagen wird: Trinke, und auch die Kamele will ich tränken, diejenige sei, welche du für deinen Knecht, für Isaak, be­stimmt hast; und daran werde ich erkennen, daß du, Güte an meinem Herrn erwiesen hast" (V. 12-14).
 Elieser läßt Gott handeln, und er will sehen, was Er tut. Ein herrliches Beispiel für uns! Gott will handeln, und wir kön­nen zusehen.
„Und es geschah, er hatte noch nicht ausgeredet, siehe, da kam Rebekka heraus, die dem Bethuel geboren worden, dem Sohne der Milka, des Weibes Nahors, des Bruders Abrahams, mit ihrem Kruge auf ihrer Schulter. Und das Mädchen war sehr schön von Ansehen, eine Jungfrau, und kein Mann hatte sie erkannt; und sie stieg zur Quelle hinab und füllte ihren Krug und stieg wieder herauf. Und der Knecht lief ihr entge­gen und sprach: Laß mich doch ein wenig Wasser aus deinem Kruge schlürfen. Und sie sprach: Trinke, mein Herr. 

Und eilends ließ sie ihren Krug auf ihre Hand hernieder und gab ihm zu trinken. Und als sie ihm genug zu trinken gegeben hatte, sprach sie: Ich will auch für deine Kamele schöpfen, bis sie genug getrunken haben. Und sie eilte und goß ihren Krug aus in die Tränke und lief abermals zum Brunnen, um zu schöpfen; und sie schöpfte für alle seine Kamele. Und der Mann sah ihr staunend zu und schwieg" (V. 15-21). Woher kam es, daß Elieser, nachdem sein Gebet eine solche Antwort erhalten hatte, schwieg und nicht alsbald sein Vor­haben ausführte? 

Die Ursache ist für uns alle höchst bemer­kenswert. Wie immer die Hand Gottes sich offenbaren mag, so gibt es doch im Worte Gottes eine ausdrückliche Regel, auf die der Christ immer achten soll und die er auf Grund der Schwachheit, das was Gott ist zu unterscheiden, nicht vernachlässigen darf. Der Glaube sieht auf die Macht Gottes, aber er beurteilt alle Dinge nach dem Wort Gottes, denn Gott kann nicht anders als Seinem Worte gemäß handeln, und der Knecht, der mit Ihm in Gemeinschaft steht, muß die­selben Pfade einschlagen. 

Wenn auch Zeichen vorhanden sein mögen, darf er doch in nichts entscheiden, bevor der Wille Gottes nach Seinem Wort ins Licht getreten ist. Er muß sagen können: „Dies ist wirklich Gott gemäß". „Und es geschah, als die Kamele genug getrunken hatten, da nahm der Mann einen goldenen Ring, ein halber Sekel sein Gewicht, und zwei Spangen für ihre Arme, zehn Sekel Gold ihr Gewicht; und er sprach: Wessen Tochter bist du? 

sage  mir's doch an. Ist im Hause deines Vaters Raum für uns zu herbergen? Und sie sprach zu ihm: Ich bin die Tochter Bethuels, des Sohnes der Milka, den sie dem Nahor geboren hat. Und sie sprach zu ihm: Sowohl Stroh als auch Futter ist bei uns in Menge, auch Raum zu herbergen. Da verneigte sich der Mann und warf sich nieder vor Jehova" (V. 22-26).
Gott hatte dem Wunsch Abrahams völlig entsprochen, und Elieser ist überzeugt, daß er erhört worden ist. Ehe er aber weitergeht, ja, ehe er die Schwelle des Hauses überschreitet, beugt er sich zur Erde nieder und betet an; denn er erkennt, daß Gott in dieser Sache gewirkt hat. Er sagt: „Gepriesen sei Jehova, der Gott meines Herrn Abraham, der von seiner Güte und seiner Wahrheit nicht abgelassen hat gegen meinen Herrn! Mich hat Jehova geleitet auf den Weg zum Hause der Brüder meines Herrn" (V. 27).
Das gleiche sehen wir bei Daniel. Er betet mit seinen Gefähr­ten, und nachdem er die Offenbarung des Traumes empfangen hat, geht er nicht sogleich zum König, wie dieser es befohlen hatte, sondern preist zuerst Gott für die Offenbarung des Traumes, die der König wissen wollte. So ist es immer, wenn wir dem Herrn den Ihm gebührenden Platz in unseren Her­zen eingeräumt haben. Wir fühlen dann, daß Er es ist. 

Der wirkt, und wir danken Ihm. „Und das Mädchen lief und berichtete die Dinge dem Hause ihrer Mutter. Und Rebekka hatte einen Bruder; sein Name war Laban; und Laban lief zu dem Manne hinaus, zur Quelle. Und es geschah, als er den Ring sah und die Spangen an den Armen seiner Schwester, und als er die Worte seiner Schwester Rebekka hörte, welche sagte: Also hat der Mann zu mir geredet, da kam er zu dem Manne; und siehe, er stand bei den Kamelen, an der Quelle. Und er sprach: Komm herein. Gesegneter Jehovas! warum stehst du draußen? denn ich habe das Haus aufgeräumt, und Raum ist für die Kamele" (V. 28-31).

Nachdem der Knecht Abrahams alle Umstände seiner Reise bis zu dem Augenblick seiner Ankunft mitteilte, erkennen Laban und Bethuel, daß die Sache von Jehova ausgegangen
 ist, und sie sind gezwungen zu sagen: „Wir können dir nichts sagen, weder Böses noch Gutes" (V. 50). So wird es immer sein. Wenn wir in den Umständen unseres christlichen Lebens in völliger Abhängigkeit von Gott handeln, wird Er unseren Weg ebnen, und auf Grund dieser Abhängigkeit von Ihm, in der wir leben, wird Er sogar unsere Feinde beschwichtigen.

 „Ich habe Jehova stets vor mich gestellt; weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken" (ps 16, 8). Wenn ich etwas von Gott erbeten habe, dann handle ich mit Zuversicht in der Überzeugung, daß ich mich auf dem Wege Seines Wil­lens befinde. Ich bin glücklich und zufrieden. Begegne ich einer Schwierigkeit, so hält sie mich nicht auf. 

Sie ist nur ein Hindernis, das der Glaube besiegen muß. Fehlt mir aber diese Gewißheit, dann bin ich unentschieden und weiß nicht, was ich tun soll. Dies kann eine Prüfung für meinen Glauben sein oder auch eine Mahnung, das was ich gerade tun will, zu unterlassen. Ich bin unschlüssig; selbst beim Vollbringen des Willens Gottes bin ich ungewiß, ob es der Wille Gottes ist, und wie könnte ich dabei glücklich sein? Bevor ich daher zu handeln beginne, muß ich die Sicherheit haben, daß ich den Willen Gottes tue.
Bemerken wir noch im Vorübergehen, daß Gott alles nach den Wünschen Eliesers geschehen ließ. Das wird auch selbst­verständlich bei allen der Fall sein, die ihre Freude im Herrn finden. Alle Räder der Vorsehung Gottes bewegen sich auf dem Wege Seines Willens, den ich zu tun versuche. Durch das Wort gibt mir der Heilige Geist den Willen Gottes zu erkennen, und das ist alles, was ich brauche. Gott läßt alle Dinge zur Erfüllung Seines Willens mitwirken. 

Wenn wir durch göttliches Verständnis geleitet dem Willen Gottes ge­mäß wandeln, dann hilft Er uns in der Erfüllung Seines Wil­lens und Seiner Absichten. Wir brauchen dieses geistliche Un­terscheidungsvermögen und ein beständiges Zunehmen in aller Weisheit und geistlichem Verständnis. „Wenn nun dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Leib licht sein". Vielleicht weiß ich nicht, wohin mich mein Weg führen wird, aber ich betrete diesen Weg, auf dem ich berufen bin zu wandeln und überlasse Gott das Übrige. 

So machte es der Knecht Abrahams. Als er den Willen Gottes erkannt hatte, überschritt er die Schwelle des Hauses.
„Und der Mann kam in das Haus; . . . und es wurde ihm zu essen vorgesetzt; aber er sprach: Ich will nicht essen, bis ich meine Worte geredet habe. Und er sprach: Rede" (V. 32. 33)! Welche Charakterfestigkeit finden wir bei diesem Diener! Wie ganz anders ist es bei einem unentschlossenen Men­schen! Ein solcher berät sich bald mit dem einen, bald mit dem anderen, um zu wissen, wie er handeln soll. Und wenn er den Wunsch hat, seinen eigenen Willen zu tun, dann wird er diejenigen, die ebenso wenig Glauben haben wie er, um Rat fragen. 

Paulus ging nicht mit Fleisch und Blut zu Rate (Gal 1. 15ff). Er wußte, daß Christus ihn berufen hatte und ging vorwärts. Von seinem Auftrag erfüllt, nimmt Elieser die ihm vorgesetzte Speise nicht an. Er tut, was ihm aufge­tragen worden ist. Eines der Geheimnisse im Leben eines Christen ist, sobald er den Willen Gottes erkennt, den er­haltenen Auftrag auszuführen und dabei keinen Aufschub zu dulden, selbst wenn es sich um die Befriedigung seiner leiblichen Bedürfnisse handelt. Das ist die Wirkung und zu­gleich der Beweis der Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Elieser will sich seines Auftrages entledigen.
Und worum handelte es sich? Um das Interesse und die Ehre Abrahams, seines Herrn. Abraham hatte ihm die Ange­legenheiten seines Sohnes Isaak anvertraut. Ebenso hat Gott uns hier die Verherrlichung Seines Sohnes Jesus anver­traut, und durch den Heiligen Geist, Der uns gegeben wor­den ist, beschäftigen wir uns mit dieser Verherrlichung, d. h. wenn gemäß der Stellung, in die Gott uns versetzt hat, das Auge einfältig und geistliches Verständnis vorhanden ist. 

Wenn es so ist, wird sich bei uns keine Unschlüssigkeit, kein Schwanken zeigen. Wenn wir uns an unserem Platz befinden, dann handeln wir frei und mit freudigem Herzen. Wenn ich mich mit meinen Annehmlichkeiten, mit meinen Interessen, mit meiner Familie, kurz, mit dem was mich betrifft, be­schäftige, dann gehe ich mit Fleisch und Blut zu Rate und werde tausenderlei Dinge entdecken, die einem schnellen Ge­horsam im Wege stehen. 

Wenn ich hingegen nach den Inter­essen Christi frage, ist die Sache bald entschieden. Wenn ich an irgendetwas anderes denke, was es auch sein möge, dann ist mein Herz sicher nicht mit der Verherrlichung Christi be­schäftigt, und ich habe kein Vertrauen zu Dem, Der mich in diese Stellung gesetzt hat.
Elieser denkt immer an Abraham, der alles seinen Händen übergeben hatte. Seine Gedanken nehmen dieselbe Richtung wenn er' mit Rebekka von den Vorrechten und den Reichtü­mern im Hause seines Herrn spricht. Wenn unsere Herzen mit dem Heiligen Geist erfüllt sind, dann wird es auch bei uns so sein. Es ist sehr wichtig und notwendig, daß wir uns immer daran erinnern, daß Gott uns die Verherrlichung Jesu anvertraut hat. Wie können wir das tun? Er wirkt in uns, und wir sollen Ihn ungehindert wirken lassen. 

Es ist Sein Wille, Sich in uns durch die Gegenwart des Heiligen Geistes zu verherrlichen. Wir sehen dies bei den Knechten, denen fünf und zehn Talente anvertraut worden waren. Elieser sagt mit Bestimmtheit: „Ich will nicht essen, bis ich meine Worte geredet habe". Er ist so sehr mit der Ehre seines Herrn be­schäftigt, daß er sich weigert, irgendetwas zu sich zu neh­men, ehe er sich seines Auftrages entledigt hat. Das ist die richtige Art, den Willen Gottes zu erfüllen. 

Elieser teilt Laban alles mit und erzählt ihm, wie Jehova ihn geleitet hat. Alles geschieht ohne vernünftelnde Überlegung. Er ist der Weisung Gottes gefolgt und überläßt Gott den Ausgang der Sache. „Da antworteten Laban und Bethuel und sprachen: Von Je­hova ist diese Sache ausgegangen" (V. 50).
Wenn wir, anstatt unsere Zeit mit allen möglichen Überle­gungen zu verlieren, einfacher und gehorsamer wären und die Dinge so darstellten, wie der Heilige Geist sie uns mit­teilt, dann wäre das Ergebnis gewiß ein besseres. Aber leider stellen wir oft unsere menschliche Weisheit an die Stelle der Gebote Gottes. Die ganz einfach ausgesprochenen Worte ha­ben meistens die größte Wirkung. Petrus sagt im Auftrag Gottes zu den Juden: „Den Urheber des Lebens aber habt ihr getötet" (Apg 3)! Welche Wirkung hatten diese einfachen Worte! 

Wenn wir die Dinge annehmen wie Gott sie sieht, und sie den Menschen in ungeschminkten Worten darstellen, dann begleitet der Heilige Geist dieses Zeugnis, und die Gewissen werden erreicht. Wenn wir uns in solcher Einfachheit mit den Dingen Gottes beschäftigen, dann werden wir mit einem je­den sprechen in Übereinstimmung mit dem Zustand, in dem er sich vor Gott befindet. 

Erkenne ich in dem, mit dem ich mich unterhalte, einen Verlorenen, dann wird es von Nutzen sein, wenn ich ihm dies in der einfachsten Weise sage; und meine im Geiste der Sanftmut ausgesprochenen Worte werden sicher von dem Segen des Herrn begleitet sein.

„Und sie aßen und tranken, er und die Männer, die bei ihm waren, und übernachteten. Und des Morgens standen sie auf, und er sprach: Entlasset mich zu. meinem Herrn! Da sprachen ihr Bruder und ihre Mutter: Laß das Mädchen einige Tage oder zehn bei uns bleiben, danach magst du ziehen. Er aber sprach zu ihnen: Haltet mich nicht auf, da Jehova Glück gege­ben hat zu meiner Reise; entlasset mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe" (V.54-56)!

Wir sehen, daß Elieser zur Abreise drängt; er muß diese Angelegenheit schnell zum Abschluß zu bringen, um Rebekka dem Sohne seines Herrn zuzuführen. Sobald sein Auftrag vollendet ist, sagt er daher: „Haltet mich nicht auf!" Er küm­mert sich nicht um das Haus Labans; er schenkt der Bitte des Bruders keine Aufmerksamkeit; die Interessen des Hau­ses seines Herrn gehen ihm über alles. Die Liebe zu seinem Herrn läßt ihn in allem auf dessen Befehl achten. 

Wie häufig fehlen wir in diesem Punkt! Wir schonen das Fleisch und vernachlässigen das, was wir Gott schuldig sind. Im Grunde wollen wir uns selbst schonen, da wir fürchten, anderen nicht zu gefallen. Und doch haben wir so oft gesehen, wie Gott solche segnet, die mit Einfachheit und ohne Furcht die Wahr­heit verkündigen.
„Und sie sprachen: Laßt uns das Mädchen rufen und ihren Mund befragen. Und sie riefen Rebekka und sprachen zu ihr: Willst du mit diesem Manne gehen? Und sie antwortete: Ich will gehen" (V. 57. 58). Hier gibt es kein Zögern. Welch ein herrliches Bild von der Braut des Lammes! Auch sie sagt durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes: „Ich will gehen!" Sie entschließt sich sofort in der entschiedensten Weise und verläßt alles. „Ich will ge­hen!" sagt sie. Prüfen wir hier die Lage Rebekkas. Sie besaß weder das Haus Labans noch dasjenige Isaaks.

So ist es auch mit uns Christen. Wir besitzen weder die Erde, auf der wir uns befinden, noch den Himmel, wohin wir unterwegs sind. Rebekka hat alles verlassen und gesagt: „Ich will gehen!" Unterwegs beschäftigt Elieser, das Vorbild des Heiligen Gei­stes, Rebekka mit dem was im Hause des Vaters Isaaks ist. 

Welch eine köstliche Unterhaltung für die Seele, die durch den Anblick dieser Dinge ermuntert werden muß, um die Mühen und Schwierigkeiten des Weges ertragen zu können, und deren Gedanken nicht zum Vaterhaus oder zum eben verlassenen Land zurückschweifen sollen! Rebekka reist wie wir durch die Wüste; und Elieser, der treue Knecht und Begleiter, bemüht sich, sie zu trösten, mit ihr von den kost­baren Dingen im Vaterhause Isaaks zu reden und tief in ihren Sinn einzuprägen, wie groß und mächtig der Vater ist, der alles seinem Sohne zum Besitztum gegeben hat (V. 36). 

Wie bereits erwähnt, ist dieser Knecht für uns ein Vorbild des Heiligen Geistes, des Trösters, Der uns auf der Reise durch diese Wüste mit Kleinodien beschenkt und uns Mit­teilungen macht über alles was für die, welche die Braut Christi sind, im Vaterhaus vorhanden ist. Er gibt uns Zeugnis von Jesus; Er nimmt das was Christi ist und verkündet es uns. Er ist es. Der uns in die ganze Wahrheit leitet und uns alles lehrt, während wir die Wüste dieser Welt durchreisen.

Hätte Rebekka gezögert, wäre ihr Herz mit Erinnerungen an das soeben verlassene Land erfüllt gewesen, dann wäre sie unglücklich gewesen bei dem Gedanken, daß sie jetzt weder das Haus Bethuels, ihres Vaters, noch das Haus Isaaks, ihres Bräutigams besaß. Da sie alles verlassen hatte und weder das eine noch das andere besaß, wäre ihr in der Wüste so vereinsamtes Herz in einer unerträglichen Lage gewesen, wenn sie sich mit dem Zurückgelassenen beschäftigt hätte. 

Aber sie hat alles aufgegeben, und indem sie sich mit Elieser unterhält, beschäftigt sie sich mit dem, was wahre Anzie­hungskraft auf ihr Herz hat, und sie steht weit höher als die Dinge, die sie für immer verlassen hat. Von Frieden er­füllt und getrost zieht sie weiter, der Wohnung ihres Bräu­tigams entgegen.
Der Christ, der nicht geistlich sondern weltförmig ist, hat ein trauriges Los. Er kann nicht glücklich sein, wenn er die Welt sucht. Der Weltmensch hat wenigstens etwas; er kostet die schnell dahineilenden Vergnügungen und findet, wie verabscheungswürdig sie auch sein mögen und wie viele neue un­befriedigte Begierden sie auch wecken mögen, einen flüchtigen Genuß darin, während der Christ sich unbehaglich und un­glücklich darin fühlt, weil Er ein durch den Heiligen Geist beschwertes Gewissen hat. 

Wie könnte er glücklich sein, wenn er sein Vergnügen in den Dingen der Erde sucht, sein Herz vom Herrn abwendet und aufhört. Ihm zu folgen! Er kann sein Gewissen, das ihn anklagt, nicht beruhigen, und weil er den Mahnungen des Heiligen Geistes kein Gehör geschenkt hat und Wege des Fleisches gegangen ist, gibt es für ihn kei­ne Freude. Die geistlichen Dinge, die sein Glück hätten aus­machen sollen, treten gleichsam wie die Kläger gegen ihn auf, sobald er mit ihnen in Berührung kommt. 

Doch — Gott sei gepriesen! — wir sind unter der Gnade Dessen, Der uns berufen hat und Der uns, wenn wir geirrt haben, um Seines Namens willen wieder auf die ebene Bahn zurückführt. Wenn wir gesündigt haben, so haben wir einen Sachwalter bei dem Vater, Der für uns bittet; und Gott, Der treu ist, hilft uns wieder zurecht, wenn wir uns an Ihn wenden. „Und was wirst du für deinen großen Namen tun" (Jos 7, 9)? Zudem ist die Herrlichkeit Gottes an unserer Wiederherstellung in­teressiert, und da ist Gnade. 

Ja, wir haben einen Heiland, Der für uns beim Vater bittet, und Der Sich bemüht, uns zu dem Gott aller Gnade zurückzurühren. Der das in uns ange­fangene Werk vollführen wird bis auf den Tag Jesu Christi, in dem Er alles tut, was zu unserem Heil nötig ist.
Elieser führt Rebekka zu ihrem Bräutigam, und ebenso führt uns der Heilige Geist bis ans Ende, bis ans Ziel! Das erste was Rebekka erblickt ist Isaak, und Isaak führt seine Frau in das Zelt seiner Mutter. Rebekka, im Besitz ihres Bräuti­gams, kümmert sich um nichts anderes. 

Sie denkt jetzt nicht mehr an die ihr gehörenden Kleinodien und Schätze, sondern an den Bräutigam selbst. Es war nicht das Wichigste, die Braut den Reichtümern zuzuführen, sondern dem Bräutigam. Wenden wir nun das vorliegende Bild auf uns an, so sehen wir, wie Gott uns durch den Heiligen Geist in dieser Welt gesucht hat. 

Er hat uns gefunden; Er will, daß wir nicht zö­gern, Ihm zu folgen, nachdem wir gesagt haben: „Ich will gehen", und Er bringt uns in die Gegenwart Jesu, Der Heilige Geist begleitet uns auf dem Wege, um unsere Stütze und unser Tröster zu sein, um zu unserer Ermunterung mit uns von den Segnungen und der Herrlichkeit, die unser Teil sein werden, zu reden, und um uns einzuführen in die Gegenwart Jesu, unseres himmlischen Bräutigams. Bald werden wir bei Ihm sein und von Ihm ins Vaterhaus geführt werden.
Die Art und Weise der Wirksamkeit des Heiligen Geistes kann aus mancherlei Gründen ganz verschieden sein, aber die Wirksamkeit Seiner Macht ist in der Tat vorhanden. Der wesentliche Grundsatz unserer Berufung muß sich stets darin zeigen, daß wir uns mit Entschiedenheit entschließen, uns durch den Heiligen Geist führen zu lassen, und daß wir ohne Zögern vorangehen, weil wir wissen, daß wir unter dieser Leitung das ersehnte Ziel erreichen und „also allezeit bei dem Herrn sein werden".
Möge der Herr in Seiner Gnade uns allen diese Entschieden­heit schenken, der Leitung des Heiligen Geistes mit willigem Herzen zu folgen!

1. Mose 37-48 Joseph ein Vorbild auf Jesum 1855 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Joseph ein Vorbild auf Jesum 1.Mose Kap 37 bis 48

Wir finden im Alten Testament wohl keine Geschichte, die als Vorbild auf Jesum so reich und so ausgedehnt ist, als die Geschichte Josephs. Die Verwandtschaft derselben, selbst in den verschiedenen Einzelheiten, mit dem, was den Herrn offenbart, ist so sehr in die Augen fallend, daß selbst der einfachste Christ  sie mit leichter Mühe bald herausfindet. 

Zugleich ist es aber auch für das einfältig gläubige Herz eine höchst angenehme und erquickende Beschäftigung, in so vielen innerlichen Schönheiten dieser Geschichte den Herrn selbst, und das, was Ihn offenbart, gleichsam in einem Bilde zu schauen; überall findet es Gelegen­heit, die mannigfaltige Weisheit Gottes zu bewundern und Seinen Namen zu preisen. 

Der Heilige Geist wolle uns denn bei dieser Betrachtung leiten, daß unsere Herzen durch dieselbe reichlich genährt und erquickt werden, und wir immer tiefer hinein­schauen in Seine wunderbaren und herrlichen Wege, worin sich stets Seine Weisheit und Liebe, Seine Gnade, Macht und Gerech­tigkeit offenbaren.
Nach den Ratschlüssen Gottes war Joseph der Erbe der Herrlichkeit und das Oberhaupt seiner ganzen Familie. Im An­fang seiner Geschichte haben wir die Offenbarung dieser Rat­schlüsse an Israel (Jakob) und seine Söhne durch Josephs Träu­me (Kap. 37, 5—11) und am Ende die Erfüllung derselben (Kap. 41-46). 

Zwischen beiden aber die wunderbaren Wege Gottes. Die Brüder Josephs verstehen nichts von diesen Ratschlüssen, weil alles das, was uns Gott mitteilt, von unserer Seite Glauben for­dert, und dieser war nicht in ihnen. Nur bei der Erfüllung der­selben müssen sie mit tiefer Beschämung erkennen, daß Gott treu und wahrhaftig ist, und alles erfüllt, was Er verheißen hat. 

Jakob aber, ihr Vater, obwohl ihm auch der Ausgang dunkel war, bewahrte doch die Sache (Kap. 37, 11). Er hatte etwas von den unbegreiflichen Wegen Gottes, sowie von der Wahrhaftigkeit Seines Wortes erfahren. — Werfen wir unseren Blick auf die Person des Joseph, so finden wir auch hier die V/orte des Apostels bestätigt: „Gott hat das Törichte der Welt auserwählt, auf daß er die Weisen zu schanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, auf daß er das Starke zu schanden mache; und das Unedle der Welt, und das Verachtete hat Gott auserwählt, und das, was nicht ist, auf daß er das, was ist, zu­nichte mache, daß sich vor ihm kein Fleisch rühme" (1. Kor. 1, 27—29).

Betrachten wir die Führungen des Joseph, so sind diese in der Tat sehr wunderbar, und scheinen oft den Ratschlüssen Gottes nicht zu entsprechen, und ihr Ziel ganz und gar zu verfehlen. Doch am Ende sehen wir den Zweck Gottes völlig erreicht; — und, seien es die Führungen einer einzelnen Seele, seien es die Seines ganzen Volkes, immer werden wir genötigt sein, in den Ausspruch des Apostels, einzustimmen:
„O Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte, und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt? Oder wer ist sein Mitarbeiter gewesen? Oder wer hat ihm zuvor­gegeben, und es wird ihm vergolten werden?" (Röm. 11, 33. 34). — Wenn wir aber glauben, daß die Wege Gottes, die Er uns  führt, unausspürbar und unbegreiflich sind, und der Ausgang köstlich ist, wie ruhig und getrost sollten wir denn in solchen Wegen sein, die wir nicht begreifen. 

Ist der Zweck Gottes er­füllt, ist das herrliche Ziel erreicht, so wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Anbetung und Bewunderung Seiner Weisheit und Liebe, Seiner Macht und Gnade.
Die Ratschlüsse Gottes in Betreff des Joseph sind vorbildlich und im kleinen Maßstabe diejenigen, welche auf unseren Herrn Jesum Christum Bezug haben. 

Er ist nach diesen Ratschlüssen der wahrhaftige Herr der Herrlichkeit, der Erbe aller Dinge, das Haupt der ganzen Schöpfung, und das Ober­haupt oder der König Seines Volkes, des Volkes Israel. Die Gemeine, Seine Miterbin und die Genossin Seiner Herrlichkeit, kommt hier nicht in Betracht. 

Sie nimmt eine besondere Stel­lung in den Ratschlüssen Gottes ein; als himmlisches Volk, jetzt vor Gott i n Christo, aber bei Seiner Erscheinung mit Ihm in Herrlichkeit, genießt sie in Seiner persönlichen Gemeinschaft alles, was Ihm von dem Vater übergeben ist.

Das jüdische Volk verstand weder die Ratschlüsse Gottes in den Weissagungen der Propheten, noch erkannte es Den, welcher der Mittelpunkt derselben und der Träger aller Verheißungen war, nämlich Jesum, der in Niedrigkeit unter ihnen wohnte, und dessen Herrlichkeit, als die eines Eingebornen vom Vater, stets sichtbar war. Wie wenig sie ihn aber kannten, sagen uns die prophetischen Worte des Jesaias Kapitel 53, 2. 3: „Und er schoß vor ihm auf, wie ein Reis, und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. 

Er hatte keine Gestalt und Schöne; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste unter den Menschen, voller Schmerzen und Krankheit, und wie ein das Antlitz vor uns Ver­hüllender war er verachtet, und wir haben ihn nicht geachtet." — Nur wenige, obgleich in vielen Stücken noch unwissend, glaubten Ihm in Seiner Niedrigkeit und bewahrten Seine Worte. (Joh. 17, 6).
Wir haben gesehen, daß die Brüder Josephs die Ratschlüsse Gottes weder verstanden noch glaubten. Die Offenbarung der­selben durch die Mitteilung der beiden Träume erregte nur Eifersucht, Neid und Haß in ihren Herzen. 

Schon hatte die zärt­liche Liebe des Vaters zu Joseph diese Neigungen in ihnen auf­geweckt, und als sie nun vollends von letzterem dessen Träume hörten, sagten sie zu ihm: "Willst du etwa König über uns wer­den; willst du etwa über uns herrschen? Und sie haßten ihn noch mehr um seiner Träume und um seiner Rede willen" (Kap. 37, 8). So fiel denn der Haß der Brüder ganz und gar auf den, welcher der Gegenstand der Liebe des Vaters und der Ratschlüsse Gottes war, und sie ruhten nicht eher, als bis sie durch eine böse und grausame Tat ihren Haß an ihm befriedigt  hatten.

Als sie nämlich einst fern vom Vaterhause die Herden weideten, sandte Jakob seinen Sohn Joseph zu ihnen, indem er zu diesem sagte: „Gehe doch, siehe, ob es um deine Brüder und um die Herden wohl steht, und bringe mir Nachricht" (V. 14). Joseph ging hin, und suchte, bis er sie fand. „Und sie sahen ihn von ferne; und bevor er ihnen nahte, machten sie gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten.

 Und sie sprachen einer zu dem anderen: „Siehe, der Träumer kommt da! Und nun wohlan, laßt uns ihn erwürgen, und ihn in eine Grube werfen, und dann sprechen wir: Ein böses Tier hat ihn gefressen; da wollen wir sehen, was aus seinen Träumen wird"(V.18—20). 

So gedachten sie die Ratschlüsse Gottes, die nichts anderes als ihren Segen bezweckten, zunichte zu machen. Und welch einen Unterschied finden wir hier in der Gesinnung des Vaters und der seiner Kinder. Jener ist besorgt, und schickt zu ihnen, um zu erfahren, Wie es um sie steht; diese dagegen, sobald sie seinen Gesandten, sein geliebtes Kind, ihren Bruder, sehen, denken sie gleich daran, ihn zu töten. Bei ihnen ist keine Besorgnis um das Wohl­ergehen des Vaters; sie sind sogar bereit, sein Herz mit dem tiefsten Schmerz zu durchbohren. 

Es gewährt ihnen keine Freude, wenn sie mit guter Botschaft das Herz des Vaters er­quicken, und mit einem freien, kindlichen Bewußtsein vor sein Angesicht zurückkehren können. Sie wollen ihm vielmehr mit der häßlichsten Lüge nahen, und ihm den grausamen Tod seines Geliebten melden. 

So sehr herrschte die Sünde in ihren Herzen, daß selbst aller kindliche Gehorsam und alle natürliche Liebe sowohl zu dem Vater als zu dem Sohn darin erstickt war. — Ruben, der älteste Sohn Jakobs, erkannte wohl dieses Unrecht, und dachte auch daran, den Joseph zu retten, und ihn dem Vater zurückzugeben; allein er war zu schwach, seinen Ent­schluß vor den entarteten Brüdern entschieden auszuführen (V. 21—24). — 

Besonders finden wir hier den Juda wirksam; er rät zwar den Brüdern von ihrem Mordanschlag ab, allein er be­stimmt sie, den Joseph an vorüberziehende Ismaeliter zu ver­kaufen. Und also wurde dieser von seinen Brüdern für zwanzig Silberlinge verkauft und den Heiden übergeben (V. 26—28). — Doch sehen wir in diesem allem die verborgene Hand Gottes, der immer beschäftigt ist, alle Umstände zum besten der Sei­nigen und zur Verherrlichung Seines Namens zu leiten; und gerade da ist Seine unsichtbare Macht besonders tätig, wo Satan seine volle Wirksamkeit entwickelt, und Triumphe zu feiern glaubt. 

Diese denkt nur daran, die weisen und segens­reichen Ratschlüsse Gottes zu vereiteln, und dennoch muß sein finsteres Treiben stets dazu dienen, dieselben herbeizuführen. O wie ruhig und getrost, macht es uns, wenn wir überall den Herrn sehen und uns stets in Seiner Gegenwart wissen; wenn wir in allen Wegen, die Er uns leitet, die feste Überzeugung haben, daß Er mit uns ist, und in Seiner Macht und Liebe immerdar für uns wirkt. 

Den Gottlosen aber begleiten nur seine Sünden und sein böses Gewissen; er ist in der Gegenwart ohne Trost und für die Zukunft ohne Hoffnung; will er seinen Blick:
nach oben richten, so fühlt er nur die Furcht vor dem Gericht Gottes. Die Söhne Jakobs senden ihrem Vater den Rock Josephs, nachdem sie ihn in das Blut eines geschlachteten Ziegenbocks getaucht haben, und sagen herzlos: „Dies haben wir gefunden, erkenne doch, ob es der Rock deines Sohnes ist, oder nicht?" (V. 31. 32). Und als der Vater in tiefem Herzeleid über den Ge­liebten jammert, da machen sie sich alle auf, um ihn zu trösten. 

0 schreckliche Verstellung des menschlichen Herzen! Doch keine Reue und kein Schmerz über die böse Tat. Wie überschwenglich muß aber die Gnade sein, die solch überströmende Sünde noch weit überströmt.
Doch noch in einem viel tieferen und ausgeprägteren Sinne tritt uns die Wahrheit des Gesagten entgegen, wenn wir unse­ren Blick auf den wahren Joseph, auf Jesum und das jüdische Volk richten. Kennen wir einigermaßen die Geschichte dieses Volkes, und seine Führungen vom Herrn, so begreifen wir so­wohl die Frage des letzteren in dem Propheten Jesaia 5, 3. 4:

„Und nun, Bewohner Jerusalems und Männer Judas, richtet doch zwischen mir und meinem Weinberge! Was war noch zu tun an meinem Weinberge, das ich nicht getan hätte?" als auch dessen Ausruf in Amos 5, 25. 26: „Habt ihr mir Schlacht- und Speise­opfer gebracht in der Wüste vierzig Jahre, Haus Israels? Ihr trüget ja die Hütte eures Molochs, und das Gestell eurer Bilder, den Stern eures Gottes, den ihr euch gemacht hattet." — Es wurde stets offenbar, daß Israel ein halsstarriges Volk war. Dennoch hatte die Langmut Gottes ihr Ziel nicht erreicht. 

So groß auch die Sünde war, so war doch die Gnade noch überschwenglicher. Er sandte Seinen Sohn, den Geliebten. Jesus sollte in Niedrig­keit unter ihnen, die Gesinnung Gottes zu Seinem Volke offen­baren: allein die Weingärtner, die bisher alle vom Herrn des Weinberges gesandten Knechte beschimpft, geschlagen und gar getötet hatten, stießen auch Ihn, den alleinigen Erben des Wein­berges, hinaus und töteten Ihn. „Er kam in sein Eigentum, aber die seinigen nahmen ihn nicht auf" (Joh. 1. 11). 

In Ihm begeg­nete ihnen Gott selbst voll Gnade und Liebe, voll Freundlich­keit und Sanftmut, voll Geduld und Erbarmen; aber dies Volk begegnete in Jesu Seinem Gott mit Neid und Haß, mit allerlei Schmähung und Verfolgung, mit Bosheit und Mordlust, und es ruhte nicht eher, als bis sie den Gerechten, ihren verheißenen König vor Pilatus verleugnet und ans Kreuz geheftet hatten. Doch auch jetzt hatten Liebe und Gnade ihr Ziel noch nicht er­reicht. Am Kreuze ertönen die erbarmungsreichen Worte aus  Jesu Munde: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun." 

Allein ihr verhärtetes Herz verstand es nicht; sie lästerten fort und fort. Dies Volk wollte die Zeit seiner Heim­suchung nicht erkennen. Trotz der Niedrigkeit, welche den Herrn umgab, konnte man in Ihm den König Israels nicht verkennen; nur Israel selbst sah es nicht. Bei Seiner Geburt ward Er von den Magieren als König der Juden begrüßt; als solcher hielt Er in Jerusalem Seinen Einzug; als solcher ward Er gekrönt, und als solcher gekreuzigt. Er genehmigte das Lob Seiner Jünger, welche riefen: „Gesegnet, der König, der da kommt im Namen des Herrn!" indem Er sagte: „Ich sage euch: Wenn diese schwei­gen würden, so würden sofort die Steine schreien" (Matth. 19, 38—40).

Allein alles blieb vor ihren Augen verborgen; sie wollten nicht, daß dieser über sie herrsche. Befreite Er selbst durch die Kraft des Heiligen Geistes die Besessenen von den Teufeln, sie sagten: „Er treibt den Teufel aus durch Belzebub, den Obersten der Teufel." Sie wollten das erbarnaungsreiche Herz Gottes nicht erkennen; sie stießen selbst Seinen geliebten Sohn, in dem alle Verheißungen Ja und Amen sind, und der, geboren in ihrer Mitte, aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, gekommen war, die verlorenen Schafe vom Hause Israel zu suchen und selig zu machen, hartherzig, und grausam von sich.
Mannigfache Gefühle durchdringen uns, wenn wir daran denken, daß die Geschichte Israels die Geschichte unserer eigenen Herzen von Natur ist. 

Dies Bewußtsein läßt uns erst recht die große Gnade, die uns widerfahren ist, schätzen. Wir werden voll Dank und Freude bekennen müssen, daß uns ein lieblich Los und ein köstlich Heil zuteil geworden ist. — Doch welch ein unermeßlicher Kontrast zwischen Gott und dem Sünder! Aber welch unzertrennliche Vereinigung in Christo zwischen Ihm und dem Begnadigten und Gerechtfertigten! 

Dort ein gerechter Rich­ter und ein in allem schuldiger Sünder; hier der Vater voll Liebe und Gnade und Seine geliebten Kinder; dort ewige Trennung und hier ewige Gemeinschaft. Gott war durch uns entehrt, aber nun ist Er durch das Kreuz Christi für uns völlig geehrt; Seine Gerechtigkeit war durch uns schmählich beleidigt, aber durch das Opfer Christi für uns ist sie nun vollkommen befriedigt. Er ist nun völlig treu und gerecht, wenn Er uns keine Sünde zurechnet. Handelt Er nach Gnade, so handelt Er auch nach Gerechtigkeit. 

Dies gibt uns große Zuversicht, stets mit Freimütigkeit und ohne Furcht zu nahen; es läßt uns er­kennen, wie sicher und köstlich unser Heil in Christo ist, daß wir in Ihm nach allen Seiten geborgen sind. Jeder Feind muß weichen, jede Anklage verstummen, denn Gott selbst ist es, der uns rechtfertigt. Möge Er durch Seinen Geist, doch all den Seinen reiche Erkenntnis des unermeßlichen Heils in Christo geben.

 Nach der Abwesenheit des Joseph sehen wir in Kapitel 38, wie Juda in allerlei Elend und Schande verfällt. Er hat die Rat­schlüsse Gottes verachtet, und ist jetzt den Sünden und der Blindheit seines Herzens preisgegeben. Doch Gott verstößt ihn nicht ganz; Er handelt mit ihm in Gnade. Er bleibt in der Reihe des königlichen Geschlechts, und selbst sein Sohn, den er mit seiner Schwiegertochter Thamar zeugte, durfte die Linie dieses Geschlechtes fortsetzen.
Viel schrecklicher und ausgedehnter ist jedoch der Verfall des jüdischen Volkes, seit Jesus durch dasselbe verworfen ist. Auf die greuliche Tat, welche sie durch die Kreuzigung Christi verübt hatten, antwortete ihnen Gott noch einmal mit Gnade. 

Er sandte Seinen Heiligen Geist, und erfüllte also auch diese segensreiche Verheißung. Der Heilige Geist überführte sie von ihrer schrecklichen Sünde und gab Zeugnis von der Gerechtig­keit und von dem Gericht Gottes; allein Er fügte auch durch den Mund des Apostels Petri hinzu: „Und nun, Brüder, ich weiß, daß ihr es aus Unwissenheit getan habt, gleich­wie auch eure Obersten . . . 

Tut denn Buße und bekehrt euch, daß euere Sünden getilgt werden, damit die Zeiten der Er­quickung kommen vom Angesicht des Herrn, und er euch Jesum Christum sende, der euch zuvor gepredigt ist (Apg. 3, 17—20). Auch jetzt noch sollte ihrer blutroten Schuld nicht gedacht wer­den; Gott wollte noch einmal die Zeit ihrer Unwissenheit über­sehen, weil der Gerechte für sie am Kreuz gebetet hatte. 

Jesus sollte wieder zurückkehren, und durch Seine Gegenwart dem Volke Zeiten der Erquickung bringen. Doch Israel hatte auch für diese erbarmungsreiche Stimme kein Ohr; es kehrte nicht um, und tat keine Buße; es antwortete vielmehr mit Wut und Zähneknirschen auf das Zeugnis des Heiligen Geistes, und stei­nigte Stephanus (Apg. 7, 54—58).

Von jetzt an verfiel Israel von Sünde zu Sünde, bis endlich die schreckliche Zerstörung Jerusa­lems durch die Römer seiner Existenz als Volk ganz und gar ein Ende machte. Seit Jahrhunderten wandeln sie jetzt unstet und zerstreut unter allen Nationen einher, als ein Zeugnis der Lang­mut und Gerechtigkeit Gottes.
Sie, welche die Ratschlüsse Gottes verwarfen und zunichte machen wollten, könnten jetzt schon, wenn sie anders Augen dafür hätten, das Wort des Propheten Hosea Kapitel 3, 4 über sich erfüllt sehen: „Lange Zeit werden die Söhne Israels ohne König, und ohne Obersten, und ohne Opfer, und ohne Bildsäule, und ohne Schulterkleid und ohne Theraphim bleiben." 

Doch Israel ist der Blindheit anheimgefallen, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist; allein es ist nicht ganz verstoßen, weil Gottes Gnadengaben und Berufung unbereubar sind (Röm. 11).

Wenn wir jetzt die Geschichte Josephs weiter verfolgen, so treten uns besonders die wunderbaren und unbegreiflichen Wege Gottes in dessen Führungen entgegen. Die Ismaeliter verkauf­ten ihn nach Ägypten in das Haus des Potiphar. Wenn auch jetzt von all den Seinigen verlassen, so begleitete ihn doch der Herr, und war in allem, was er tat, mit ihm; und er segnete auch um seinetwillen Potiphar und sein ganzes Haus (Kap. 39, 5. 5). 

So versäumt der Herr die Seinigen nie, auch nicht den einzelnen in der Wüste. Er ist ihnen immer nahe, und ist stets bereit, sie zu bewahren und zu segnen. Wie gut ist es, wenn wir dieses Be­wußtsein haben, wenn wir Ihn in allen unseren Versuchungen finden. 

Joseph kannte und liebte seinen Gott und wandelte in Seiner Gegenwart. In seinem Herzen lebte die Furcht des Herrn; denn selbst in der Stunde der Versuchung, als das Weib des Potiphar ihn zum Bösen verleiten wollte, gab er zu erkennen, daß er Gott mehr liebte, als die vergängliche Lust des Fleisches. Er sagte: „Wie sollte ich ein so großes Übel tun und wider Gott sündigen!" (V. 9). 

Der Herr ist in jeder Versuchung unsere Kraft und Stärke, wenn wir unser Vertrauen allein auf Ihn setzen. Potiphars Weib aber, durch Josephs Gottesfurcht gestraft, erhob eine falsche Anklage wider ihn, und er wurde infolgedessen ins Gefängnis geworfen. Das war also der Lohn seiner Treue, und Gott schweigt dazu; er hatte den Herrn vor den Menschen be­kannt, aber der Herr scheint ihn zu vergessen; seine Gottes­furcht wird für ihn ein Weg zum Gefängnis. Also prüft Gott den Glauben der Seinigen. 

Er läßt sie Unrecht leiden, damit sie den Gehorsam lernen; aber Seine Liebe finden sie in allen Umstän­den und selbst in den größten Trübsalen wirksam. Er erzieht die Seinigen in der Schule der Leiden, und bereitet sie vor und macht sie tüchtig zu dem Zwecke, wozu Er sie bestimmt hat. Das Ende aber zeigt uns stets die herrlichen Resultate Seiner Führungen. 

Durch Seine Wege macht Er die Seele stille, ernst und besonnen, und lehrt sie ausharren und auf Ihn in jeder Lage zu vertrauen. Doch zu seiner Zeit erhöht Er die Erniedrig­ten; Er offenbart alsdann Seinen starken Arm und verherrlicht Seinen Namen. — Auch im Gefängnis ward Joseph nicht ver­lassen noch versäumt; Jehova war mit ihm, und ließ alles ge­lingen, was er tat. Wohin uns niemand begleitet, da ist Er uns nahe, und weiß unsere Herzen durch Seine Gemeinschaft und Gegenwart zu trösten und zu stärken-
In seiner Niedrigkeit offenbart Joseph die Gedanken und Ratschlüsse Gottes, und wir sehen auch hier, daß der Herr bei der Wahl Seiner Werkzeuge zu solchen Offenbarungen sich nicht an das bindet, was hoch und angesehen ist vor der Welt. Selbst der Inhalt Seiner Offenbarungen ist in den Augen der Menschen nur Torheit und Schwachheit, auf daß sich vor Ihm kein Fleisch rühme. — 

Zunächst deutet Joseph den beiden königlichen Die­nern ihre Träume im Gefängnis, welche sich nach seiner Deutung erfüllen — der eine wird nach drei Tagen wieder in sein Amt  eingesetzt; der andere aber nach ebensoviel Zeit hingerichtet. Zugleich mußte Joseph jetzt erfahren, wie schnell die Welt das ihr erwiesene Gute vergißt. 

Sie denkt nur an sich, und selbst wenn sie an andere denkt und anderen hilft, so ist dies im Grunde nichts anderes als Selbstsucht und Eigenliebe. Gott aber dachte an Joseph. Sobald die Zeit seiner Prüfung und seines Wartens vollendet war, da wußte Er auch Mittel und Wege zu finden, ihn zu befreien, und ihn die Stellung einnehmen zu lassen, welche er nach Seinen Ratschlüssen einnehmen sollte. 

Ein Traum des Königs Pharao, den alle Zeichendeuter und alle Weisen Ägyptens nicht deuten konnten, weil er eine göttliche Offenbarung enthielt, erinnerte den Ober-Mundschenk an seine Sünden und an Joseph. 

Dieser wurde aus dem Gefängnis ge­holt, und wie er früher in demselben bei der Deutung der Träume der beiden königlichen Diener Gott die Ehre gab, indem er sagte: „Gott gehören die Deutungen an", so tat er es auch jetzt vor Pharao. Er sprach: „Die Deutung steht nicht bei mir; Gott möge dem Pharao Heil verkündigen" (Kap. 41, 16). — Nachdem nun Joseph dem König durch die Auslegung seines Traumes die Gedanken Gottes offenbart, und ihm in Bezug auf diese Ge­danken und das Wohl des Landes den Rat erteilt hatte, sich nach einem weisen und verständigen Manne umzusehen, und ihn über das Land Ägypten zu setzen, da sprach Pharao zu seinen Knechten: „Werden wir einen Mann wie diesen finden, in welchem der Geist Gottes wohnt?" Und er sprach zu Joseph:
„Da dir Gott dies alles kund getan, so ist keiner so einsichtsvoll und weise wie du. 

Du sollst über mein Haus gesetzt sein, und nach deinem Mund soll mein ganzes Volk sich richten, nur um den Thron will ich höher sein als du." Dann bekleidete er den Joseph mit Schmuck und Ehre, und alles mußte sich vor ihm beugen. Seinen Namen nannte er: „Zaphnathphaneach" (d. h. Retter der Welt).
Gleich dem Joseph wurde auch Jesus infolge falscher An­klagen durch die Heiden erniedrigt. Die Juden verleugneten Ihn vor Pilatus und übergaben Ihn seinen Händen, den Händen der Gesetzlosen, auf daß Er gekreuzigt würde (Apg. 2, 23). „Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gernacht, und die Welt kannte ihn nicht" (Joh. 1, 10). 

Sie verstand weder die Liebe Got­tes, die den eingebornen Sohn zur Erlösung derer gab, die an Ihn glauben würden, noch fühlte sie die Notwendigkeit ihrer Er­rettung und Versöhnung mit Gott durch Ihn; sie kannte weder Den, der gekommen war, das Verlorene zu suchen und selig zu machen, noch die Ratschlüsse Dessen, der alles Seinen Füßen unterworfen hat. Sie verwarf und kreuzigte Ihn. 

Der Prophet Jesaias führt ein lebendiges Bild Seiner Erniedrigung und Seiner Leiden vor unsere Seele; und wer Ihn unter die Missetäter ge­rechnet, und geschmäht und gelästert am Kreuze hangen sah,  wer Ihn durch den Mund Davids ausrufen hörte: „Ich bin ein Wurm und kein Mensch! ein Hohn der Leute und verachtet vom Volke. Wer mich sieht, der spottet mein, verzieht die Lippen, schüttelt das Haupt: Befehl er seine Sache Jehova, der helfe ihm, wenn er ihn liebt" (ps. 22, 7—9). — 

Wer hätte da noch daran denken können, daß Er der Mittelpunkt aller Ver­heißungen und Ratschlüsse Gottes wäre, und daß Ihm das pro­phetische Wort des Psalmisten gelte: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeuget! Fordere von mir, so gebe ich dir die Völker zum Besitztum, und zum Eigentum die Enden der Erde. Du sollst sie zerschmettern mit eisernem Szepter, wie Töpfer-gefäße sie zertrümmern"; und wiederum: „Küsset den Sohn, daß er nicht zürne, und ihr auf eurem Wege umkommt" (ps. 2, 7—12). 

Gott hat Den, der Sich Selbst zu nichts machte, und gehorsam war bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze, erhöht, und hat Ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist: daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen beken­nen sollen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes, des Vaters (Phil. 2, 8—11). 

Jetzt ist diese Unterwerfung und Verehrung noch nicht völlig verwirklicht, doch Er ist schon zum Voraus zur Rechten Gottes mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Er hat Ihn gesetzt über Seiner Hände Werk, und alles Seinen Füßen unterworfen (Hebr. 2, 8). 

Ist Er und Seine Herrlichkeit auch jetzt noch vor den Augen der Welt verborgen, so wird Er doch offenbart werden, und sie wird Ihn dann in dem völligen Besitz alles Dessen sehen, was Ihm vom Vater übergeben ist. Er, der in Seiner Niedrigkeit nichts hatte, wird dann in Herr­lichkeit als Haupt über alles dargestellt werden.
Wir sehen in Kapitel 41, 45, daß Pharao dem Joseph Asnath, die Tochter Potipheras, des Priesters zu On, zum Weibe gab. Diese, obgleich dem Joseph als ihrem Haupte untergeordnet, hatte doch an dessen hohen Stellung und Ehre völligen Anteil, und wir finden in diesem Verhältnis ein Bild der Gemeine in ihrem Verhältnis zu Christo, als ihrem Haupte. Die Gemeine ist Ihm zugesellt, nicht als das Erbe, sondern als Seine Miterbin. 

Sie teilt in jeder Beziehung Seine Herrlichkeit; nur ist sie nicht Gott, wenn sie auch im gewissen Sinne der göttlichen Natur teilhaftig geworden ist. Sie ist aus der Welt erwählt und ist jetzt priesterlichen Geschlechts, versöhnt und erlöst durch das Blut Christi. Ihr Wesen ist himmlisch, wie auch ihre Berufung. Sie ist gesegnet in geistlichen Gütern in den himmlischen Örtern in und mit Christo. 

Es kann nur ihre Freude sein, immer mehr von der Fülle Christi zu erfahren, weil ja Seine Fülle die ihrige ist, und wenn Seine Stellung in Herrlichkeit völlig verwirklicht ist, so wird sie bei Ihm sein, und alles mit Ihm genießen. Als­dann wird Offbg. 19, 7. 8 erfüllt sein.
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 Nach der Erhöhung Josephs nimmt besonders das Zusam­mentreffen mit seinen Brüdern unsere Aufmerksamkeit in An­spruch. Die Not führte die Söhne Jakobs hinab nach Ägypten zu Joseph. Sie erkannten ihn nicht, aber er erkannte sie. Sie beugten sich vor ihm mit dem Antlitz zur Erde, und dies er­innerte den Joseph, der sich gegen sie verstellte und hart mit ihnen redete, an seine Träume (Kap. 42, 6—9).

 Einst von seinen Brüdern verkannt, verachtet und verworfen, wird er jetzt von ihnen hoch geehrt. Die Ratschlüsse Gottes finden ihre Erfüllung. Die Brüder Josephs, welche es böse zu machen gedachten, hatten diese Erfüllung nicht verhindern können. Wir sehen, wie eitel und nichtig jeder Anschlag, jede Macht des Feindes ist, wenn Gott in Seiner Weisheit und Kraft wirksam ist, und daß Seinem Willen nichts widerstehen kann. — 

Die Bedrängnisse, in welche jetzt die Söhne Jakobs durch die scheinbare Härte des Joseph kommen, demütigen sie und bringen sie zum Bewußtsein ihrer Sünden. Jetzt heißt es: „Fürwahr! das haben wir verschuldet an unserem Bruder, dessen Seelenangst wir sahen, als er uns um Erbarmen bat, und wir hörten nicht; darum ist sie über uns gekommen diese Not" (Kap. 42, 21). 

Das in Sünden so lange ver-härtete Herz fängt an, weich zu werden und seine Missetaten zu erkennen. Weder die Liebe und der Kummer des Vaters, noch die mannigfachen Wege Gottes hatten dieses Gefühl, das sich jetzt in der Bedrängnis und in der nicht geahnten Gegenwart Josephs kund gab, zu erwecken vermocht. 

So muß der Herr oft durch harte Wege die Seelen zu sich führen. Joseph verstand seine Brüder; er wandte sich von ihnen und weinte. Seine Tränen wurden durch ihr Geständnis erweckt; es waren Tränen der Liebe und der Freude.
Auf ihrer zweiten Reise brachten die Söhne Jakobs dem Joseph viele Geschenke mit, und sich vor ihm zur Erde beugend legten sie ihm dieselben dar. Also huldigten sie dem Joseph. Dieser erkundigte sich nach dem Wohlbefinden ihres Vaters, und als er Benjamin sah, da entbrannte sein Herz und er ging ins innere Gemach, um zu weinen. Dann wusch er sein Ange­sicht und ging wieder zu ihnen hinaus und hielt die Tränen zu­rück. 

Er ist sehr weit von Rache entfernt; er kann nicht Böses mit Bösem vergelten, denn sein Herz ist voll Liebe und Erbar­men gegen seine Brüder. Er gibt sich noch nicht zu erkennen, um sie zu prüfen; allein dieses Verborgenbleiben und dieses Ver­stellen wird fast für ihn eine Prüfung. 

Es folgen noch einige schwere Versuchungen für die Söhne Jakobs, worin sie sich aber als solche beweisen, die ihre Sünden erkannt und ihren Sinn geändert haben. Besonders fällt uns in Kapitel 44 die Sinnes­änderung des Juda auf, der früher seinen Brüdern den Rat gab, den Joseph zu verkaufen. Er war bei seinem Vater für die Rückkehr des Benjamin Bürge geworden, und als Joseph diesen  zurückhalten will, da denkt er nicht daran wie früher, mit Lügen vor das Angesicht des Vaters zurückzukehren. 

Er stellt sich wirklich für den Bruder in den Riß; er offenbart dem Joseph seine Bürgschaft, und seine Bereitwilligkeit anstatt des Knaben zu bleiben; er befürchtet, was er früher nicht befürchtete, daß der Vater, wenn Benjamin nicht zurückkehre, sterbe, und also seine grauen Haare mit Herzeleid in die Grube hinabführen, und fügte hinzu: „Wie könnte ich zu meinem Vater hinaufziehen, ohne daß der Knabe bei mir wäre? Ich müßte das Unglück mit ansehen, das meinen Vater träfe" (V. 34). Wir sehen hier, wie sehr seine Gesinnung umgewandelt ist. 

Joseph aber kann sich jetzt nicht länger enthalten. Nachdem er alle, die bei ihm stan­den, hatte hinausgehen lassen, gibt er sich seinen Brüdern zu erkennen, und weint laut vor ihnen. Die Bestürzung und die Freude der Söhne Jakobs über dieses unerwartete Wiedersehen war groß, doch sei es jedem Leser überlassen, sich unter dem Einnuß des Heiligen Geistes in die Gefühle ihrer Herzen zu versetzen.
Jakob und seine Söhne ziehen jetzt auf den Rat des Joseph mit allem, was sie haben, nach Ägypten, um in G o s e n , im besten Teil des Landes Ramses, zu wohnen. Ehe Jakob mit den Seinigen hinkommt, wird Juda vorausgesandt zu Joseph, um gleichsam den Weg in das bezeichnete Land zu eröffnen, und als sie alle daselbst angekommen sind, und sich wohnend niederge­lassen haben, da versorgt Joseph seinen Vater und seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters mit Brot, nach Verhältnis der Kinder (Kap. 47, 12). 

Die Ratschlüsse Gottes in Betreff des Joseph und seiner Familie sind jetzt erfüllt. Joseph, bezeichnet als Ret­ter der Welt, ist das Haupt und der Versorger seiner Familie, und er leitet und regiert ganz Ägyptenland, welches jeden Segen durch seine Hand empfängt. Besonders wird uns in 

Kap. 47 seine Weisheit dargestellt, mit welcher er während seiner Er­höhung alles ordnet und leitet; es geschieht mit derselben Weis­heit, die er schon in seiner Niedrigkeit an den Tag gelegt hatte.
Jakob wurde auch durch Joseph dem König Pharao vorge­stellt. Er erkennt vor diesem an, daß seine Tage, im Vergleich mit dem Leben seiner Väter, traurig gewesen sind, indem er sagt: „Der Tage meiner Wallfahrt sind hundert und dreißig Jahre; wenig und böse waren die Tage meines Lebens, und er­reichen nicht die Lebenstage meiner Väter in ihrer Wallfahrt" (Kap. 47, 9). 

Trotz dieses Bewußtseins fühlt sich dennoch der verachtete Hirte imstande, den Monarchen zu segnen, und es ist unstreitig, daß der Segnende größer ist als der, welcher von ihm gesegnet wird. Selbst das schwächste und am meisten strauchelnde Kind ist sich in Christo seiner Überlegenheit selbst vor den Großen dieser Welt bewußt.
Dieser letzte Teil der Geschichte Josephs, betreffend seiner  Vereinigung mit seinen Brüdern, ist besonders und selbst in seinen Einzelheiten reich an Vorbildern auf Jesum und der Wie­derherstellung Israels.
Wir sehen nach Matth. 24 und vielen anderen Stellen, daß Israel noch eine große Trübsal bevorsteht. Es werden Tage der Drangsale kommen, wie sie nie gewesen sind, und auch nie mehr sein werden. In dieser Zeit der Läuterung und des Gerichts, auf dessen einzelne Umstände wir hier nicht näher eingehen können, wird Israel seinen Gott suchen, und es werden sich als­dann die Worte des Propheten Sacharia Kap. 12, 10 erfüllen:

„Dann gieße ich über das Haus Davids und über Jerusalems Be­wohner den Geist der Gnade und des Flehens, und sie blicken hin auf mich, den sie durchbohrt haben, und beklagen ihn, wie man den einzigen Sohn beklaget, und weinen bitterlich über ihn, wie man bitterlich weinet über den Erstgeborenen." — Israel erkennt und beweint seine vielen Sünden und Missetaten, wo­mit es gegen seinen Gott gesündigt hat. 

Die Einzelheiten der Wiederherstellung Israels und seiner Glückseligkeit im. Lande der Verheißung nach dieser Wiederherstellung unter Christo, als dem König der Gerechtigkeit und des Friedens, finden wir na­mentlich in den Propheten mitgeteilt, und einen wohltuenden und lieblichen Eindruck auf unsere Herzen, diese zu erforschen. 

Wir sehen Jesum, einst von Seinem Volke erniedrigt, verschmä­het und verworfen, jetzt durch dasselbe hoch verherrlicht und verehrt und von Ihm mit großer Weisheit und Kraft regiert und geleitet. Als Folge der Wiedereinsetzung der Juden und der Gegenwart des Herrn wird auch der Segen über die Heiden kommen.
Der Herr aber lehre uns durch die Erkenntnis der Wahrheit und vor allem Seiner Selbst immer mehr Seinen Namen zu preisen und zu verherrlichen.

1. Mose 24, Die Berufung der Braut 1854 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Berufung der Braut Gedanken über 1 Mose 24

Nachdem das herrliche Geheimnis der Kirche und ihrer Einheit mit Christo, dem himmlischen Haupte, offenbart worden, sehen wir, wie schon das Alte Testament bewunderungswürdige Vorbilder dieser verborgenen Gedanken Gottes enthielt. Doch wer vermochte diese Bilder zu enthüllen, solange die Kirche ein Geheimnis in den Tiefen der Ratschlüsse Gottes blieb? 

Sie wur­den erst dann verstanden, als Gott den unausforschlichen Reich­tum Seiner Gnade in Güte über uns in Christo Jesu durch Seine heiligen Apostel und Propheten an das Licht brachte. Wir lesen Eph. 5, 30—32: „Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleische und von Seinem Gebein. Um deswillen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen und werden die zwei ein Fleisch sein. Dies Geheimnis ist groß, ich sage es aber auf Christum und auf die Gemeine." Diese Worte finden wir schon im 

1. Buche Mose 2, 23 und 24 angewandt auf Adam und Eva. Also in dem ersten Menschenpaar legte Gott in einem Vorbilde sehr deutlich Seine herrlichen Gedanken in Be­treff der Kirche und ihrer Einheit mit Christo nieder, deren völlige Verwirklichung für die Fülle der Zeiten aufbewahrt wird. 

Adam war der Herr der Schöpfung, ein Bild des, der kommen sollte, und Eva seine Gefährtin und Genossin aller seiner Rechte. 'Christus ist das Haupt der Schöpfung und das Erbe aller Dinge und die Kirche, Seine Gefährtin und Miterbin, hat, als Sein Leib und Seine Braut, völligen Anteil an Seinem herrlichen Erbe. 

Die Erfüllung dieser verborgenen Weisheit Gottes, niedergelegt in so einfachen Bildern, erregt unsere Bewunderung und erfüllt das Herz mit Liebe und Anbetung, ja mit unaussprechlicher Freude, da wir Mitgenossen dieses köstlichen Geheimnisses, selbst sind. In dem Kapitel, welches hier unserer Betrachtung vorliegt, tritt uns in Isaak und Rebekka ebenfalls ein herrliches Vorbild gut Christum und der Gemeine entgegen.

In Hebräer 11, 17—19 lesen wir: „Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, da er versucht ward, und gab dahin den Ein­gebornen", da er schon die Verheißungen empfangen hatte, von welchem gesagt ward: „In Isaak wird dir der Same genannt wer­den"; und dachte: „Gott kann auch wohl von den Toten aufer­wecken; woher er ihn auch zum Vorbilde wieder­nahm." Nicht nur der Gehorsam, sondern auch der Glaube Abrahams wurde hier auf das Stärkste geprüft. 

Der e i n g e b o r n e Sohn, der Sohn, auf welchem die Verheißungen Gottes ruhten, sollte durch den Vater zum Opfer dargebracht werden. Nach menschlicher Einsicht wurden durch diesen Tod alle Ver­heißungen zunichte gemacht. Wer wird von einem Gestorbenen sagen: „Deine Nachkommen werden sein wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meere? 

Aber für den Glauben Abrahams blieb der wahrhaftige und lebendige Gott, und seine Hoffnung gründete sich auf den Gott, der die Toten auferweckt. Dieser Glaube hatte schon sein Herz erfüllt, ehe der Knabe geboren war, also, daß er nicht angesehen seinen fast hundertjährigen Leib, noch den erstorbenen Mutterleib der Sarah, die Über die Zeit ihres Alters den Verheißenen gebar. 

Er wußte auf das Allergewisseste, daß das, was Gott verheißen hat, Er auch tun kann (Röm. 4, 18—22). Auch jetzt dachte er: Gott kann auch wohl von den Toten auferwecken." Dieser Glaube lebte nicht in den Herzen jener Jünger, die auf dem Wege nach Emmaus, über den Gekreuzigten und gestorbenen Messias trauerten, indem sie sagten: „Wir aber hofften, er sollte Israel erlösen" (Luk. 24, 21). Sie hielten ihre Verheißungen für ver­nichtet, weil sie ihre Hoffnungen nicht auf den Gott setzten, der die Toten auferwecket.

Abraham nahm seinen Sohn zum Vorbilde auf Christum, dem Auferstandenen, wieder, und setzte ihn nachher zum Erben all seiner Güter ein. Abraham besaß einen großen Reichtum, denn der Herr hatte ihn allenthalben reichlich gesegnet.
Als Christus von der Erde verworfen und gekreuzigt wunde, nahm Ihn Gott durch die Auferstehung von den Toten wieder zu Sich in den Himmel auf. Er erhöhte Ihn zur Rechten Seiner Majestät, krönte Ihn mit Preis und Ehre und setzte Ihn zum Erben aller Dinge ein. 

Er ist das Haupt der ganzen Schöpfung. Nicht nur hat Er als Gott Alles geschaffen, sondern auch .als Mensch Alles durch Sein Blut erkauft. Alle Dinge sind „durch Ihn" und „für Ihn" geschaffen.
Der erste Adam hatte durch den Sündenfall seine Herrschaft über die Erde verloren, und dieselbe der Vergänglichkeit und dem Verderben preisgegeben. Christus, als der zweite Adam, kam vom Himmel und gab Sein Blut zum Lösegeld zur Be­freiung der Schöpfung dar, die bei der Offenbarung der Kinder Gottes verwirklicht werden wird (Röm. 8, 19—21). 

Er nahm ganz und gar die Stellung des ersten Adams in der verlorenen Schöp­fung ein und brachte durch Seine freiwillige Unterwerfung und Gehorsam alle Dinge wieder, die durch Hochmut und Unge­horsam verloren waren. Sünde, Fluch und Tod lasteten auf dem ersten Adam; aber Jesus trat für ihn ein und brachte durch Seinen Tod am Kreuze eine ewige Erlösung für Alle, die da glauben.

Nun ist Er als der verherrlichte Mensch das Haupt der gan­zen Schöpfung. „Alle Dinge sind unter seine Füße getan" (1. Kor. 15, 27). In der Fülle der Zeiten sollen in Ihm alle Dinge im Himmel und auf Erden vereinigt, und als unter ein Haupt zusammengefaßt werden. „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, indem er Frieden machte durch das Blut seines Kreuzes,  durch ihn, es seien die Dinge auf Erden oder in den Himmeln" (Kol. 1. 19 und 20). 

Sein Blut ist also auch das Lösegeld für die ganze Schöpfung, und es werden alle Dinge im Himmel und auf Erden durch dasselbe gereinigt werden. So ist nun Alles für Ihn geschaffen; der Vater hat Ihm alle Dinge zum Erbteil übergeben. Er ist der eingeborne Sohn und der alleinige Erbe. Untersuchen wir jetzt das angeführte Kapitel weiter.
Als nun Abraham alt und wohl betagt war, rief er Elieser, seinen ältesten Knecht und Verwalter aller seiner Güter, zu sich, und beauftragte ihn, seinem Sohne Isaak ein Weib aus dem Lande zu holen, wovon er ausgezogen war. Er fügte die ernsten Worte hinzu: „Hüte dich, daß du meinen Sohn nie wie­der dahin bringest." 

Das Weib sollte aus dem Lande geholt und dahin geführt werden, wo Isaak wohnte und das Erbteil vom Vater empfing. — Begleiten wir nun den Elieser auf seinem Wege, so sehen wir besonders die Treue und die Eile, womit er seinen Auftrag ausrichtete, und zugleich seinen steten Ver­kehr mit dem Gott Abrahams. Rebekka war die Berufene, welche Gott für Isaak auserkoren hatte.
Das geforderte Zeichen, woran er die Auserwählte erkennen wollte, war die unaufgeforderte Bereitwilligkeit Rebekkas, seine Kamele zu tränken. Er beschenkte sie mit einer goldenen Spange und zwei goldenen Armbändern. 

Darnach wurde er durch ihre Bemühung in das Haus ihres Vaters Bethuel aufgenommen, und. durch ihren Bruder Laban mit den Worten eingeführt: „Komm herein, du Gesegneter des Herrn; warum stehst du draußen?" 

Bevor er sich aber zum Essen niedersetzen wollte, entledigte er sich seines Auftrages. Er sprach: „Ich bin Abrahams Knecht. Und der Herr hat meinen Herrn reichlich gesegnet, und ist groß worden, und hat ihm Schafe und Ochsen, Silber und Gold, Knechte und Mägde, Kamele und Esel gegeben. Dazu hat Sara, meines Herrn Weib, einen Sohn geboren meinem Herrn in seinem Alter, d e m  h a t  er Alles  g e g e b e n, was er hat" (V. 34—36). Dann erzählte er den Auftrag Abrahams, und daß der Herr Gnade zu seiner Reise gegeben habe. 

Als Rebekkas Vater und Bruder erkannten, daß dieser Ruf vom Herrn kam, willigten sie ein, Rebekka mit ihm ziehen zu lassen. „Und Elieser zog hervor silberne und goldene Kleinodien und Kleider, und gab sie der Rebekka" (V. 53). Er beschenkte sie schon zum voraus mit den Gütern ihres Bräutigams.
In Elieser sehen wir ein Vorbild der Sendung des Heiligen Geistes. 

Derselbige ist vom Himmel auf die Erde hernieder­gesandt, um die Braut, wofür Christus Sich Selbst dargegeben hat, zu sammeln, von der Welt abzusondern und dem Bräutigam entgegen zu führen. Nicht soll Jesus, der von der Welt ver­worfen ist, dahin zurückkehren, um daselbst zu wohnen, — Seine Erscheinung wird für die Welt das Gericht sein —, sondern die Braut soll von derselben abgesondert und zu Ihm in die himm­lische Herrlichkeit geführt werden. 

Der Heilige Geist überzeugt die Welt von der Sünde, von der Gerechtigkeit und von dem Gericht; aber die Berufenen hören durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes die gute Botschaft von Christo, dem auferstandenen, und von dem herrlichen Reichtum Seines Erbes. 

Diese Botschaft redet nur von Gnade und Liebe und erfreut und erquickt die gehorsamen und bereitwilligen Herzen, Der Heilige Geist überzeugt uns, daß wir in Jesu angenehm und geliebt sind, vor Grundlegung der Welt zur Kindschaft verord­net, und auserwählt zur Braut Christi, um mit Ihm alle himm­lischen Segnungen zu genießen.
Der Heilige Geist Ist persönlich in unserer Mitte; obgleich wir Ihn nicht sehen, so vernehmen doch unsere Herzen Seine wirksame Kraft. Die Welt kann Ihn nicht empfangen; aber bei der Braut Christi, bei der Auserkornen Gottes hat Er Wohnung gemacht. Sie war in den Ratschlüssen Gottes schon vor der Gründung der Welt bekannt und auserwählt; aber sie wurde erst offenbar durch die Absonderung von der Welt und durch die Innewohnung des Heiligen Geistes. 

Die Braut Christi ist sich selbst bewußt, daß sie Christi ist, und daß sie Ihm ganz angehört, da sie schon zum voraus durch den Heiligen Geist mit Seinen köstlichen Kleinodien und dem heiligen Kleide Seiner Gerech­tigkeit geschmückt ist. 

Der Geist Gottes ist das Siegel ihrer Berufung an dem Tage, wo sie Ihn sehen wird; Er ist ihr bis zur Erlösung des Erbes als Unterpfand gegeben. Nach dem Reichtum Seiner Gnade werden ihr jetzt schon die verborgenen Ratschlüsse offenbart, nach welchen sie auserwählt und herrlich gemacht ist. Es werden ihr die unaussprechlichen Reichtümer Seiner Gnade und Seiner Herrlichkeit verkündigt, und daß Christus, ihr himmlischer Bräutigam, zum Erben aller Dinge eingesetzt ist. 

Was kann das Herz der Braut mehr erfreuen, als wenn sie von der Verherrlichung und dem unermeßlichen Erb­teil Ihres Bräutigams hört, da sie weiß, daß sie Seine auser­wählte Gefährtin ist und in vollem Maße Alles mit Ihm ge­nießen wird, was Sein ist. „Christus in euch die Hoffnung der Herrlichkeit" (Kol. 1, 27). Sein Reichtum und Seine Herrlichkeit ist der Reichtum und die Herrlichkeit Seiner Braut. Die Liebe des Vaters kann die so teuer erkaufte Braut des geliebten Sohnes nicht weniger segnen, als ihren Bräutigam; weil sie Alle von Einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden (Hebr. 2, 11). 

Jesus selbst bekennt: „Die Herr­lichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben." „Wir sind mit Christo gesegnet im Himmel, in geistlichen Gütern" (Eph. 1, 3). Je mehr die Kirche durch die Gnade in die Erkennt­nis des Geheimnisses Gottes eingeweiht ist, desto mehr wird sie den Wert ihrer Berufung zu schätzen wissen. Diese Erkennt­nis bildet ihren Charakter und heiligt ihren Wandel.

 Paulus achtete, um der überschwenglichen Erkenntnis Christi willen, alles für Schaden und Kot. Sie allein kann unser Herz wahrhaft befriedigen und erfreuen, da sie uns in der Gegenwart eine Gnade und in der Zukunft eine Herrlichkeit zusichert, die alle menschlichen Gedanken übersteigt.
Am anderen Morgen sagte Elieser: „Laßt mich zu meinem Herrn ziehen" (V. 64); und als sie ihn baten, die Rebekka noch etwa zehn Tage dort zu lassen, erwiderte er: „Haltet mich nicht auf, denn der Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben. Laßt mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe" (V. 56). 

Es wurde auch Rebekka gefragt: „Willst du mit diesem Manne ziehen?" Und sie rief: „Ja, ich will mit ihm." Da ließen sie Rebekka unter vielen Segenswünschen von sich. 

Und also machte sich Rebekka auf mit ihren Dirnen, und setzten sich auf die Kamele und zogen dem Manne nach. „Und der Knecht nahm Rebekka an und zog hin." Hier tritt uns besonders die Eile entgegen, womit Elieser sich auf den Weg macht. 

Der Herr hat Gnade zu seiner Reise gegeben, und nun will er auch nicht länger säumen, die Auserkorene dem harrenden Bräutigam entgegen zu führen. Ebenso finden wir Rebekka bereitwillig, ihr bisheriges Vater­haus, sowie ihre Heimat und ihre Freundschaft zu verlassen, um in einem anderen Vaterlande, in dem Zelte Saras, die Ge­fährtin dessen zu sein, welcher der Erbe aller Reichtümer Abra­hams war. 

Diese Erwartung hat für ihr Herz einen kräftigeren Zug, als die Wünsche der Ihrigen, die sie noch gern etwa zehn Tage in ihrer Mitte zu haben wünschten. Sie verläßt Vater und Mutter, um ihrem Manne anzuhangen. Sie zieht hin, nicht achtend die Beschwerden der Reise durch die Wüste, die noch zwischen ihr und dem entfernten Bräutigam lagen. Ihre Freude in Hoffnung erweckt ausharrende Geduld. Sie traut sich dem Elieser an, der den Weg kennt und der sie auch immer mehr über die Gesinnung Abrahams und Isaaks, wie über das große Erbteil des Letzteren unterhalten konnte.
Der Heilige Geist wirbt um die Seelen und sondert sie von der Welt ab. Wir haben gehört, daß die überschwengliche Er­kenntnis Christi uns die Bereitwilligkeit und die Kraft gibt, Alles für Schaden und Kot zu achten. Sobald wir durch! den Geist der Weisheit, am Verstand erleuchtet, die Hoffnung un­seres Berufes und den herrlichen Reichtum des Erbes an den Heiligen erkennen, sind wir bereit. Alles zu verlassen. 

Die Welt und ihre vergänglichen Reize verlieren ganz ihren Wert, sobald uns die Herrlichkeit offenbar wird, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz ge­kommen ist. Die Gewißheit, daß wir Mitgenossen der himm­lischen Berufung Gottes in Christo Jesu sind, macht, daß wir alles Sichtbare gering schätzen. 

„Durch den Glauben wollte Moses, da er groß ward, nicht mehr ein Sohn der Tochter Pharao heißen und erwählte viel lieber, mit dem Volke Gottes Unge­mach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben; und achtete die Schmach Christi für größeren Reichtum, als die Schätze Ägyptens, denn er sah an die Beloh­nung" (Hebr. 11, 24—26). 

Die himmlische Herrlichkeit ist das Erbteil der Braut; doch was noch viel köstlicher ist, sie besitzt den Bräutigam selbst; sie ist ganz Sein und darf in Seiner per­sönlichen Gegenwart und sichtbaren Gemeinschaft Alles das ge­nießen, was Er besitzt. „Wir werden ihm gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist" (1. Joh. 3, 3). Die Hoff­nung, Ihm gleich zu sein, macht, daß wir bereit sind, uns zu reinigen, wie Er rein ist. „In den zukünftigen Zeiten wird Gott den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte über uns in Christo Jesus offenbaren" (Eph. 2, 7).

Schon jetzt weiß sich die Braut Eins mit ihrem himm­lischen Bräutigam, obgleich sie noch in der Wüste, umgeben von mannigfacher Versuchung, pilgert. Sie ist Sein; sie ist durch den Geist mit Ihm auf ewig vereinigt und vom Vater auserwählt, vor Gründung der Welt. Sie gehört ebensowenig dieser Welt an, wie Er; sie ist Mitgenossin einer himmlischen Herrlich­keit. 

Dies Bewußtsein wird ihr Kraft und Bereitwilligkeit geben, auszugehen aus einer Welt, die nicht ihre Heimat ist. Sie wird durch Wort und Wandel bekennen, daß sie auf dieser Erde nur ein Gast und Fremdling ist, und dem himmlischen Vaterlande, wo Jesus, ihr Bräutigam, die Stätte für sie bereitet hat, mit großem Verlangen entgegen zu eilen. Sein Gott ist ihr Gott, und Sein Vater ist ihr Vater. 

Sie erkennt anders kein Vater­haus und keine Heimat mehr, als da, wo Jesus ist. Sie weiß, daß sie erlöst und auserwählt ist, und daß nur noch der glück­selige Augenblick der sichtbaren Vereinigung mit ihrem himm­lischen Haupte übrig ist. Auf diesen Augenblick wartet sie mit Sehnsucht, und verläßt in Eile Alles, was sie in ihrem fröh­lichen Laufe hemmen will.

 Ihr Herz ist erfüllt von Hoffnung der himmlischen Herrlichkeit, und diese macht, daß sie die vielen Drangsale dieser Zeit mit ausharrender Geduld trägt und den Kampf des Glaubens bis zum Ende kämpft.
Der Heilige Geist, der Wohnung bei der Braut gemacht hat, bleibt auch stets ihr Begleiter. Sein Werk ist es, dieselbe durch die gefahrvolle Wüste hindurch zu leiten und sie dem verherr­lichten Bräutigam im Himmel entgegen zu führen. Er allein weiß, was in Gott ist, und Er ist es auch, der die Gesinnungen des Vaters und Seines Sohnes und die Fülle des herrlichen Erbes der teuren Miterbin offenbart. Durch Ihn wird sie immer tiefer in die Erkenntnis Gottes und ihrer köstlichen Erwartung eingeführt. 

Er unterhält in ihr die Gefühle des Himmels und beschäftigt sie mit den Dingen, die droben sind, wo Christus zur Rechten des Vaters mit Preis und Herrlichkeit gekrönt ist. Er kräftigt den Glauben, macht völlig die Liebe und befestigt die Hoffnung. Stets ist Er bereit, das Bewußtsein wacker zu er­halten, daß wir dem Himmel angehören, und eine himmlische Herrlichkeit mit Christo zu erwarten haben, damit unsere Blicke nicht durch die sichtbaren Dinge dieser Welt gefesselt werden.

 Jeder Blick auf diese Dinge, mag der Eindruck auch noch so verschieden sein, schwächt unseren Glauben und unseren freu­digen Lauf. Nur die stete Erwartung Christi und unsere Ver­einigung mit Ihm gibt Mut und Kraft im Kampf, Trost im Trüb­sal und Beharrung in der Geduld.
Die Braut, oder die Kirche, muß sich stets der Führung des Heiligen Geistes überlassen. Sobald sie selbstgefällig ihre eige­nen Wege geht, wird sie irren und ermatten. 

Blicken wir auf den bisherigen Weg, den die Braut in der Wüste seit ihrem Ausgange gemacht hat, so erkennen wir bald, daß sie in dieser Beziehung sehr gefehlt hat. Sie hat den Heiligen Geist, ihren treuen Führer, betrübt und sich mancher und großer Untreue gegen die Treue und zärtliche Liebe ihres Bräutigams schuldig gemacht. 

Sie vergaß zum Teil ihre himmlische Berufung und beschäftigte sich mit irdischen Hoffnungen; sie verkannte ihre innige Verbindung mit Christo und wurde verweltlicht; sie hörte auf, die Wiederkunft Christi und ihre Vereinigung mit dem himmlischen Bräutigam zu erwarten und suchte Ge­nüsse auf dieser Erde. Ihre Wartezeit auf dieser feindlichen Ende hat große Ähnlichkeit mit dem Durchzuge der Kinder Israels durch die Wüste, und obgleich sie von dem Apostel in 

1. Kor. 10 so ernstlich ermahnt und gewarnt war, .diesem hals­starrigen und untreuen Volke nicht zu folgen, so hat sie doch nicht hierauf geachtet. Ihr weltlicher Sinn fand sogar oft eine, Beruhigung in den Gedanken: „Mein Herr kommt noch lange nicht!" Möchte doch die Braut mit Beschämung ihre Untreue erkennen und in Eintalt durch den Heiligen Geist zu der über­schwenglichen Erkenntnis Christi und zu der freudigen Erwar­tung der nahen und herrlichen Zukunft ihres geliebten Bräuti­gams zurückkehren.
Im obigen Kapitel lesen wir von Vers 62 weiter: „Isaak aber kam vom Brunnen des Lebendigen und Sehenden, (denn er wohnte im Lande gegen Mittag), und war ausgegangen zu beten auf dem Felde um den Abend, und hob seine Augen auf und sah, daß Kamele daher kamen. Und Rebekka hob ihre Augen auf und sah Isaak, da stieg sie vom Kamel und sprach zu dem Knecht: 

Wer ist der Mann, der uns entgegen kommt, auf dem Felde? Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Mantel und verhüllte sich. Und der Knecht erzählte Isaak alle Sachen, die er ausgerichtet hatte. Da führte sie Isaak in die Hütte seiner Mutter Sara, und nahm die Rebekka, und sie ward sein Weib, und er hatte sie lieb."

Ein feierlicher Augenblick, ein Augenblick der tiefsten und seligsten Freude, wird die Vereinigung der Braut mit Christo sein. Ihre Pilgerschaft auf einer feindlichen Erde ist alsdann beendet, die mannigfachen Drangsale sind überstanden, und das herrliche Kleinod der himmlischen Berufung ist erreicht. Die Braut, welche aus Liebe zu Dem, den sie nicht gesehen, die Welt verließ und eine beschwerliche Wüste durchwanderte, ge­nießt jetzt das süßeste Glück in Seiner persönlichen Gegenwart. 

Sie erfreut sich der innigsten Gemeinschaft Dessen, dem sie all ihr Glück und ihre Seligkeit zu verdanken hat. Dann erst wird sie die Gesinnungen des Vaters und des Sohnes recht verstehen; sie wird erkennen, daß der Gegenstand der zärtlichsten Zu­neigung und der innigsten Liebe Gottes und des Lammes ist. Was sie hienieden nur stückweise durch Offenbarung begreifen konnte, weil sie mit Schwachheit umgeben war, wird sie in der "Herrlichkeit vollkommen verwirklicht sehen. Nicht nur wird sie diese Herrlichkeit, die Ihm vom Vater gegeben ist, rühmen und preisen, sondern sie wird als Sein Weib Alles mit Ihm genießen, was Er besitzt. 

Zu dieser unaussprechlichen Seligkeit konnte sie nichts erheben, als die freie Wahl einer unbe­grenzten Liebe und einer unbeschränkten Gnade. „Ihr habt nicht mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt." 

Die Kirche ver­einigt mit Christo in der Herrlichkeit ist die Verwirklichung der verborgenen Ratschlüsse und Gedanken Gottes. Sie wird als der Abglanz .des göttlichen Wesens und der himmlischen Herr­lichkeit ein Gegenstand der Bewunderung Aller sein, die im Himmel und auf Erden sind, zum Lob und Preis der Gnade und Herrlichkeit Gottes. Wie sehr sind solche Gedanken geeignet, unsere Herzen über alles Sichtbare zu erheben, und sie in Hoffnung fröhlich zu machen. 

Es gibt kein wirksameres Mittel für .die Heiligung unseres Wandels, für die Ausdauer im Kampf des Glaubens, als die Erwartung Christi und Seiner Herrlichkeit. 

Wenn die Apostel auf das Wohl der Kirche einwirken wollten, so redeten sie von der herrlichen Zukunft Christi und von dem unaus­forschlichen Reichtum Seines Erbes in den Heiligen. „Seid ge­duldig und stärket eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahe" (Jak. 5, 8). „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Eure Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen. Der Herr ist nahe" (Phil. 4, 4 und 5). 

Das Gefühl, daß der Herr nahe ist, gibt Geduld in allen Anfechtungen, und macht, daß sie selbst für eitel Freude geachtet werden.
So wie Isaak der Rebekka entgegen kam, so wird auch Christus bei Seiner Ankunft der Kirche, Seiner Braut, entgegen kommen. „Denn er selbst, der Herr, wird mit einem Feldge­schrei und Stimme des Erzengels und mit 'der Posaune Gottes:
hernieder kommen vom Himmel, und die Toten in Christo wer­den auferstehen zuerst. Darnach wir, die wir leben und über­bleiben, zugleich mit denselbigen hingerückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft, und werden also bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten unterein­ander" (1. Thess. 4, 16—18). 

Diese Vereinigung wird der erste Gegenstand der Zukunft Christi sein. Die Kirche muß mit Ihm vereinigt sein, ehe Er in der Herrlichkeit erscheint, weil sie Ihn bei dieser Erscheinung begleiten wird. Sie hat Ihn jeden Augen­blick zu erwarten; Er kann heute noch aus dem Heiligtum zu­rückkehren und die harrende Braut abholen. Darum gebe der Herr, daß wir uns stets bereit halten, Ihn würdiglich zu emp­fangen, um so mehr, da die süße Hoffnung uns belebt, daß Er nahe ist.

1. Mose 1, Betrachtungen über das Wort Gottes. J.N.Darby

01/01/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

J.N.Darby, Betrachtungen über das Wort Gottes.1.Mose 1

Das erste Buch Mose hat seinen eigenen Charakter, und als der Anfang des Heiligen Buches stellt es uns alle die großen elementarsten Grundsätze dar, die in der Geschichte der Beziehungen Gottes mit dem Menschen ihre Entwicklung finden, worüber in den folgenden Büchern berichtet wird. Der Keim eines jeden dieser Grundsätze wird hier gefunden werden, wenn wir das Gesetz ausschließen. Und doch gab es ein Gesetz, das Adam in seiner Unschuld gegeben wurde; und wir wissen, daß Hagar letztlich Sinai im Vorbilde darstellt. 

Es wurde späterhin kaum etwas erfüllt, was nicht in diesem Buche in der einen oder der anderen Gestalt seinen Ausdruck gefunden hätte. Obwohl die traurige Geschichte des Falles des Menschen darin enthalten ist, findet sich in diesem Buche eine Frische in den Beziehungen der Menschen mit Gott, welche später bei den Menschen kaum anzutreffen ist, die gewöhnt sind, sie zu mißbrauchen und in einer von sich selbst erfüllten Gesellschaft zu leben. 

Sei es aber die Schöpfung, der Mensch und sein Fall, die Sünde, die Macht Satans, die Verheißungen, die Berufung Gottes, Sein Gericht über die Welt, die Erlösung, die Bündnisse, die Absonderung des Volkes Gottes, ihr Zustand als Fremdlinge auf Erden, die Auferstehung, die Einführung Israels im Lande Kanaan, die Segnung der Nationen, der Same der Verheißung, die Erhöhung eines verworfenen Herrn auf den Thron der Welt - alles dieses wird hier tatsächlich oder im Vorbilde gefunden - wo wir jetzt den Schlüssel haben, ist selbst die Kirche im Vorbilde zu finden.

Laßt uns also den Inhalt dieses Buches der Reihe nach betrachten. Zuerst haben wir die Schöpfung, in die der Mensch als Mittelpunkt und Haupt auf Erden eingesetzt gefunden wird. Wir haben zuerst das Werk Gottes und dann die Ruhe Gottes: zum Schluß Seines Werkes Ruhe vom Wirken, ohne den Gedanken, daß irgend jemand an ihr teilnahm. Gott Selbst ruhte von Seinem Werk. Dann kommt der Mensch, um glückselig seinen Platz als Haupt desselben einzunehmen.

Hier verdienen aber einige kurze allgemeine Bemerkungen einen Platz. Diese Offenbarung Gottes ist nicht eine von Ihm verfaßte Geschichte von allem, was Er getan hat, sondern davon, was dem Menschen zu seinem Nutzen gegeben wurde, die Wahrheit über das, was er dazu zu sagen hat. Ihr Zweck ist, dem Menschen alles das mitzuteilen, was seine Beziehung zu Gott betrifft. In Verbindung mit dem zweiten Adam wird er erkennen, wie er erkannt worden ist, und mittels des Werkes Christi hat er schon jene Salbung von dem Heiligen, durch den er alles weiß.

Historisch aber ist diese Offenbarung nur teilweise. Sie übermittelt das, was dem Gewissen und den geistlichen Zuneigungen des Menschen dient. Deshalb wird die erschaffene Welt so aufgenommen, wie sie vor den Augen des Menschen besteht, indem er mitten drin steht, und bei solch einer Schilderung gibt das erste Buch Mose das Werk Gottes als ihren Ursprung an. 

Das hier Gesagte trifft auf die ganze Bibel zu. Hier ist das daraus ersichtlich, daß über die Schöpfung nichts gesagt wird, außer dem, was den Menschen in die Lage versetzt, die Gott für ihn in der Schöpfung selbst gemacht hat, oder was ihm dieses Gebiet seines Daseins als das Werk Gottes darstellt. So werden himmlische Wesen gar nicht erwähnt. 

Es wird über ihre Erschaffung nichts gesagt. Wir finden sie, sobald sie zu dem Menschen in Beziehung stehen, obwohl späterhin selbstverständlich als Wahrheit völlig anerkannt wird, daß sie also erschaffen worden sind. Betreffs dieser Erde wird also auch über ihre Erschaffung nichts weiter gesagt, als das, was sich auf ihre gegenwärtige Gestalt bezieht. Die Tatsache wird festgestellt, daß Gott alle Dinge erschaffen hat, alles was der Mensch sieht, das ganze materielle Weltall. 

„Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.“ Was sich zwischen jener Zeit und dem Augenblick ereignet haben mag, als die Erde wüst und leer war (denn sie wird erst dann erwähnt), wird in völliger Dunkelheit belassen. Damals war Finsternis über der Tiefe, von der Finsternis wird aber nur gesagt, daß sie auf der Fläche der Tiefe ruhte.

Aus diesem Zustande des Chaos und der Finsternis, in dem die Erde damals lag, brachte Gott sie hervor, indem Er zuerst durch Sein Wort Licht auf ihr einführte, dann Meere und trockenes Land bildete und sie mit Pflanzen und Lebewesen ausstattete. 

Auf diese also zubereitete und ausgestattete Erde wurde der im Bilde Gottes gemachte Mensch als Herr von allem, was sich auf ihr befand, hingestellt. Ihre Frucht wurde ihm zur Speise gegeben, und Gott ruht von Seinem Werk, und Er zeichnet den Tag, an dem Er Sein Werk beendet sah, durch Seinen Segen aus. Der Mensch genoß eher die Frucht des Werkes Gottes, als daß er in Seine Ruhe einging, denn er hatte an dem Werke überhaupt nicht teilgenommen.

In den ersten vier Tagen bringt Gott Licht und Ordnung aus Finsternis und Verwirrung: Licht am ersten Tage; die Ausdehnung als ein Schauplatz der himmlischen Macht über die Erde, am zweiten Tage; dann schied Er einerseits das, was gestaltet und geordnet war, von der sich regenden, mächtigen, aber unförmigen Masse der Wasser andererseits, und am dritten Tage schmückte und ordnete er dann den bewohnten Schauplatz mit Schönheit und Fruchtbarkeit. Am vierten Tage wurden die Zeichen der beherrschenden Macht sichtbar an ihre Stellen gesetzt.

Der Schauplatz der Entfaltung und Herrschaft des Menschen war gestaltet, der Mensch war aber noch nicht da. Bevor Er aber den Menschen bildete, schuf Gott in den Meeren und auf der Erde und in der Luft lebendige Kräfte, welche, voller Leben, sich fortpflanzen und sich mehren sollten - der Beweis der lebenspendenden Kraft Gottes, daß Er der Materie (dem Stofflichen) Lebenskraft

 verleihen konnte; auf diese Weise wurde nicht nur ein Schauplatz gestaltet, wo Seine Vorsätze im Menschen entfaltet werden sollten, sondern dieses Dasein sollte der Mensch so beherrschen, um seine Lebenskraft und seine Rechte dem Willen Gottes gemäß zu entfalten, und um seine Stellung als Statthalter über die Erde innezuhalten, gesondert und unterschiedlich von allem, der Mittelpunkt von allem, der Herrscher über allem, an allem als ihm gehörend interessiert;

 in seiner eigenen Sphäre der Glückseligkeit sollte er seiner Natur gemäß leben, was aber das andere anbetrifft, sollte er alles in Segnung und in Unterwürfigkeit ordnen. Mit einem Wort - der Mensch wird in die Mitte der bereiteten Schöpfung hineingestellt.

Das war aber nicht alles. Er sollte nicht, wie das Vieh, der Materie entspringen durch jene Macht, welche die nichtseienden Dinge ruft, als seien sie, und sie sind. Gott bildete den Menschen aus dem Staube, und als Er ihn gebildet hatte, hauchte Er von Sich in seine Nase den Odem des Lebens, und so wurde der Mensch in unmittelbarer Verbindung mit Gott Selbst eine lebendige Seele. An anderer Stelle stellte der Apostel fest: Wir sind auch Sein Geschlecht. 

Es ist nicht gesagt: „Die Erde bringe hervor“, sondern: „Lasset uns ... machen“. Und Er machte den Menschen in Seinem Gleichnis, fürwahr Er schuf ihn, um sich zu mehren wie die anderen Lebewesen, Er gab ihm aber die Herrschaft über sie und machte ihn zum Mittelpunkt und Haupt der Schöpfung Gottes auf Erden. Alles samenbringende Kraut wurde ihm gegeben, dem Getier aber alles grüne Kraut und ihr Gewächs. Tod und Gewalttat waren noch nicht*1).

In Kapitel 2 werden wir noch einen äußerst wichtigen Grundsatz in bezug auf den Menschen sehen, wo die Frage seiner Beziehung zu Gott hervorgehoben wird. Hier unterscheidet sich seine Erschaffung von allem anderen; er wird einfach von jedem anderen Gedanken gesondert, als Gottes Werk und Geschöpf, dargestellt, das Haupt und der Mittelpunkt der Ruhe, der Herrscher über dieses alles. Wir können aber dies bemerken: während er Gott darstellt und Ihm ähnlich ist, wird hier über Gerechtigkeit und Heiligkeit nichts gesagt. Dieses kam durch die Erlösung und durch das Teilhaben an der göttlichen Natur zustande. 

Gewiß fehlte das Böse, und insofern besteht das Gleichnis Gottes, es war aber nur die Unwissenheit um das Böse, nicht das, was Gott betreffs des Bösen ist. Es geht hier viel mehr um den Platz, den der Mensch innehat, als um seine Natur, obwohl das Böse nicht da war, und die Quelle herablassender Zuneigungen als Mittelpunkt des Daseins müßte, wenn er nicht gefallen wäre, bei ihm gefunden werden. Diese letzteren sind mehr das Gleichnis, sein Platz ist eher das Bild. 

Er war die zentrale Autorität aller Dinge, und alle Dinge bezogen sich auf ihn als auf ihr Haupt. Alle Autorität und alle Zuneigungen standen in Beziehung zu ihm als ihrem Mittelpunkt und Haupt, und es waren keine Sünde, keine Trauer noch Böses noch ungehorsame Selbstsucht da. Eine nicht gefallene moralische Ordnung wäre seine Freude gewesen. 

Anmerkungen
*1 Nichts kann ausgeprägter sein als die Auszeichnung des Menschen - des Wesens, in dem die Vorsätze Gottes sich auch erfüllen sollten; Sein Wohlgefallen war bei den Menschensöhnen; Sein Wohlgefallen an (nicht bloß Sein guter Wille zu) den Menschen wurde dadurch bewiesen, daß Sein gepriesener Sohn Mensch wurde. 

Hier geht es zweifellos um den verantwortlichen Menschen, doch ist der Unterschied von allen anderen Geschöpfen so stark wie nur möglich ausgeprägt. Die Schöpfung des sechsten Tages endet mit der gewöhnlichen Formel: „Und Gott sah, daß es gut war“ 1.Mo 1, 25, und zwar, bevor vom Menschen die Rede ist. Dann kommt eine feierliche Beratung, um ihm einen besonderen Platz zu geben, und Gott stellt das Bild und das Gleichnis Gottes als das hin, wonach Er ihn erschafft. 

Und es wird wiederholt: „Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde“. Ich muß sagen, daß es ungeheuerlich ist, aus ihm bloß ein Tier zu machen, und es ist eine Geringschätzung dieser Schriftstelle, der ausdrücklichen Erklärung Gottes. 

Als eine Art Wesen, ist er offensichtlich das Gegenbild der Wege Gottes, obwohl das nach Ps 8 nur in Christo völlig zustande kommt, wo das ans Licht gebracht wird; man vergleiche Röm 5, 14 und Heb 2.-1

1.Mose 1,1 Im Anfang schuf Gott, Alfred Christlieb

12/23/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

1.Mose 1,1 W.MacDonald Im Anfang schuf Gott

Wenn wir die ersten vier Worte von 1. Mose 1,1 vom Rest des Verses trennen, dann bilden sie eine Art Wahlspruch für das ganze Leben. Sie sagen: »Gott zuerst.« Wir finden dieses Motto schon im ersten Gebot angedeutet: »Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.« Niemand und nichts darf den Platz des wahren und lebendigen Gottes einnehmen. Wir finden den Grundsatz in der Geschichte Elias und der Witwe, die nur noch soviel Mehl und Öl übrighatte, um einen letzten Laib für ihren Sohn und sich selbst zu machen (1. Könige 17,12).

Überraschenderweise sagte Elia zu ihr: »Bereite mir zuerst einen kleinen Kuchen davon.« Obwohl das vielleicht wie ungeheuerlicher Egoismus klingt, lag die Sache doch anders. Elia war ein Stellvertreter Gottes. 

Er meinte damit: »Setze einfach Gott an die erste Stelle, und du wirst nie Mangel an lebensnotwendigen Dingen haben.« Jahrhunderte später lehrte der Herr Jesus das Gleiche in der Bergpredigt, als Er sagte: »Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden« (Matthäus 6,33). 

Der erste Platz im Leben gebührt dem Reich Gottes und Seiner Gerechtigkeit. Diese Aussage unseres Herrn wird in Lukas 14,26 bestätigt: »Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater und seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein.« Christus muß den ersten Platz einnehmen. Aber wie setzen wir Gott an die erste Stelle? 

Wir müssen doch unsere Familie versorgen. Wir müssen an unsere weltliche Arbeit denken. Wir haben zahllose Pflichten, die unsere Zeit und Kraft in Anspruch nehmen. Nun, wir setzen Gott an die erste Stelle, indem wir Ihn mit einer solchen Liebe lieben, daß jede andere Liebe im Vergleich dazu wie Haß wirkt. Wir tun es, indem wir alle materiellen Dinge als von Ihm anvertrautes Gut betrachten und nur diese Dinge festhalten, die in Verbindung mit Seinem Reich gebraucht werden können. 

Wir tun es, indem wir Dingen mit Ewigkeitsbezug den ersten Platz einräumen und daran denken, daß selbst gute Dinge manchmal Feinde der besten sein können. Eine richtige Beziehung zu Gott liegt im höchsten Interesse des Menschen. Und die richtige Beziehung zu Gott besteht darin, daß Ihm der erste Platz gegeben wird. Wenn wir Gott an die erste Stelle setzen, werden wir zwar nicht ohne Probleme existieren, aber wir finden Erfüllung in unserem Leben. Doch wenn wir Gott eine zweitrangige Position zuweisen, haben wir nichts als Probleme - und eine elende Existenz obendrein. 

1.Mose 1,1 A.Christlieb Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.  

Mit diesen Worten beginnt die Heilige Schrift, die Bibel, das Wort Gottes. G o t t e s Wort heißt sie nicht, weil die Vokabel Gott oft in ihr vorkommt, auch nicht, weil Worte darin stehen, die durch den Mund Gottes gegangen sind. G o t t e s Wort heißt sie, weil man durch das Wort hindurch G o t t schauen kann, wie er mit der Welt und mit der Menschheit umgeht.  

 Bis in sein Herz hinein kann man ihn schauen, wie es für uns schlägt. Und bei seinem Wort können wir ihn fassen und so Gemeinschaft mit ihm finden. - Wir armen Erdenmenschen bleiben so gern hängen mit unserem Blick bei dem, was hier auf der Erde zu sehen ist. Gottes Wort hebt unsere Blicke empor zu Gottes Tun und Gottes Werk.  Die Schöpfungsgeschichte offenbart die Allgewalt seines Wortes. Gott sprach - und - es geschah also. Psalm 33, 9: ,,So er spricht, so geschieht es, und so er gebietet, so steht es da." Von allen Werken Gottes heißt es zuletzt: ,,Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut" (1. Mose 1, 31). Von dem ,,Sehr guten" aber war der Mensch das allerbeste, war Gottes Ebenbild und Gottes Stellvertreter hier auf Erden. 

Ach, wäre es so geblieben!  Der Mensch aber ist - durch die Sünde - von seiner Höhe gestürzt. In seinem Herzen sieht es so aus, wie es Vers 3 von der Erde heißt: ,,Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe." Ja: wüst, leer und finster! So hat die Sünde das Ebenbild Gottes verderbt, verunstaltet, ins Gegenteil verkehrt. Die Heilige Schrift zeigt uns aber, daß Gott alles, was er begonnen hat, auch zum guten Ende führt. Er läßt sein Volk nicht liegen. Was er angefangen, das führt er herrlich hinaus. 

1.Mose 1,1 Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde. J.Kroeker 

Es ist für die Gottestätigkeit überaus bezeichnend, dass sämtliche dem Begriff "schaffen" verwandten Wortwurzeln im Hebräischen "ein Hinausstreben und Heraustreten aus der Innerlichkeit und Gebundenheit" ausdrücken. Durch den Begriff "schuf" wird daher auch hier bestimmt, dass es im Uranfang Gottes Schöpfergedanken waren, die zu einem Schöpfungsakt wurden. Denn vor der Schöpfung des Weltganzen war alles zu Schaffende zunächst nur innerlich, nur in den Gedanken des Schöpfers vorhanden. 

Erst Gottes Schaffen setzte in die Äußerlichkeit und stoffliche Wirklichkeit, was zuvor allein in Gottes Gedanken ruhte. Dieses sein Schaffen war jedoch stets getragen von einem freien göttlichen Wollen. Nicht weil Gott Himmel und Erde, Licht und Leben dachte, sondern als Er sprach: "Es werde!" wurden die Himmel und die Erde: das gesamte Universum mit seinem unzähligen Heer von Leben. Alles Bestehende und Webende ist daher das Ergebnis seines freiwilligen Handelns und die lebendige Bildersprache seiner ewigen Weisheit und Majestät.  

 Im Schöpfungshandeln wurde mithin sichtbar die Schöpferseele und zwar in ihrer schaffenden Kraft und unendlichen Lebensfülle. So verschieden an sich das Reich der Natur und das des Geistes begrifflich auch immer sein mögen, sie entspringen beide der gleichen Wurzel. Sie haben in Gott ihre Entstehungs- und Daseinsquelle. Auch die Naturgebilde in ihrer unendlichen Fülle und in ihren mannigfaltigsten Formen zeugen daher von den ewigen Gesetzen jenes Reiches, in dem der Schöpfer einheitlich waltet und regiert. Ihr Dasein und ihre Kundgebungen sind die verstofflichten Gedanken und Worte seines Geistes. 

So zwingt uns die Schöpfungsgeschichte bereits mit ihrem ersten Satz "Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde" in erster Linie, Gott nicht aus der Schöpfung, sondern die Schöpfung aus Gott zu verstehen. Ihrem Dasein und Fortbestand sind durch das "sprach" für immer die rein freiwillige Gedankenverwirklichung ihres Schöpfers aufgeprägt. "

Nicht Gott als Schöpfer Himmels und der Erde, sondern Himmel und Erde als Schöpfung Gottes mit allen Konsequenzen dieses Verhältnisses zu erkennen und zu beherzigen", das ist die große Offenbarung, mit der uns die Urgeschichte dienen will. "Einfach und machtvoll", sagt tief und treffend H. Gunkel, stellt der Schöpfungsbericht zunächst das Dogma fest, dass Gott die Welt geschaffen hat; kein Wort gibt es in den Kosmogonien anderer Völker, das diesem ersten Wort der Bibel gleichkäme."

1. Mose 2,3 Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, C.O.Rosenius

12/23/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

C.O.Rosenius Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, darum, daß Er an demselben geruht hatte von allen Seinen Werken, die Gott schuf und machte. 1.Mos. 2, 3.

Wenn wir an die Betrachtung dessen gehen, was der große Gott mit Seiner ersten Stiftung für die Menschen beabsichtigte, dann werden wir abermals in die bodenlose Tiefe der Liebe und Treue Gottes, in Seinen hohen Ewigkeitsrat über sein Ebenbild und seinen Erben, den Menschen, hineinblicken. Dieser war für ein ewiges Leben im Himmel erschaffen, sollte dafür aber hier auf Erden erzogen werden. 

Darum hat der gnadenreiche Gott für diese Erziehung zur Ewigkeit ein gewisses Maß seiner Zeit, nämlich jeden siebenten Tag, absondern wollen. ,,Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn," auf daß Sein Volk bis ans Ende der Tage durch diesen Tag zur Verehrung Gottes, zur Vorbereitung auf das ewige Leben gerufen und erweckt werden sollte. 

Das Leben in Gott und mit Gott ist das einzige wahre Leben des Menschengeistes, ist das ewige Leben, das im Himmel fortgesetzt und vollendet werden soll. Dieses ewige Leben, das das Ziel des Menschen ist, kann weder erlangt noch erhalten werden, wenn der Sinn des Menschen nur auf das Irdische zielt; er ist dann unfähig, das Himmelsleben zu führen. Darum hat Gottes treue Fürsorge um dieses höchste Gut des Menschen den Ruhetag ausgesondert, um in dieser Weise eine sich immer wiederholende Gelegenheit zur Erweckung und Ernährung des himmlischen Lebens zu bieten. 

Die Sabbattage sind darum für die Kinder Gottes Ewigkeitstage auf Erden. Und wer keine Ewigkeitstage hat, wer nie in der Zeit auf den Himmel vorbereitet wird, kann auch nie in der Ewigkeit das Himmelsleben genießen. Der Sabbat ist sowohl eine Vorbereitung als auch ein Vorgeschmack, ein Vorbild auf das ewige Leben, wie Hebr. 4 zeigt, wo der Apostel diese ,,Ruhe, die dem Volke Gottes vorhanden ist"' mit einem Wort im Grundtext ausdrückt, das Sabbatruhe oder Sabbatfeier bezeichnet.

Außer für diesen Hauptzweck des Sabbats, unsere Vorbereitung auf das ewige Leben, haben wir dem Herrn noch für einige besondere Wohltaten dieser Stiftung zu danken. Da Gott uns diese wichtige Fürsorge nicht nur in allgemeinen Worten empfahl, sondern auch eine gewisse Zeit festsetzte, die zu unserem ewigen Wohle angewendet werden soll, so ist Er nicht nur im allgemeinen unserer gefallenen, irdisch gesinnten Natur zu Hilfe gekommen, sondern Er hat dabei besonders auch an die unter uns gedacht, die unter der Gewalt anderer stehen, wie z. B. Kinder, Diener und Untergebene, und hat über ihr Recht an der Nahrung ihrer Seele mit dem Worte Gottes gewacht, indem Er im dritten Gebot jedem Hausvater oder jeder Hausmutter verbietet, ihre Dienstboten am Ruhetag durch gewöhnliche Alltagsarbeiten vom Wort Gottes abzuhalten. 

Welche Wohltat liegt allein schon darin! Denn hätte der Herr nicht dem irdischen Sinn diese Grenze abgesteckt, so wäre wohl das ganze Menschengeschlecht, vor allem Diener und Untergebene, sowohl dem Geist als auch der Seele nach ganz und gar unter der Sklaverei im Dienste des Mammons unterdrückt worden. - Gelobt sei die Güte des himmlischen Vaters, die alles so wohl gemacht hat! - Nach der entgegengesetzten Seite aber würde eine verblendete, sich selbst vergötternde Mönchsgeistlichkeit ebenso übertrieben vom rechten Wege abgewichen sein, um, den irdischen Beruf gänzlich hintenansetzend, ausschließlich und beständig in geistlichen Übungen zu leben.

Um nun dem einen wie dem anderen Abwege vorzubeugen, hat der Herr uns durch das dritte Gebot Grenzen angewiesen, innerhalb deren sich die Fürsorge des himmlischen und des irdischen Berufes bewegen soll: ,,Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Dinge
beschicken; aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes." - Das muß nicht so verstanden werden, als sollte man sich
nicht öfter als an jedem siebenten Tag mit dem Herrn und Seinem

1. Mose 1,1 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Alfred Christlieb

12/21/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Mit diesen Worten beginnt die Heilige Schrift, die Bibel, das Wort Gottes. G o t t e s Wort heißt sie nicht, weil die Vokabel Gott oft in ihr vorkommt, auch nicht, weil Worte darin stehen, die durch den

Mund Gottes gegangen sind. G o t t e s Wort heißt sie, weil man durch das Wort hindurch G o t t schauen kann, wie er mit der Welt und mit der Menschheit umgeht. Bis in sein Herz hinein kann man ihn schauen, wie es für uns schlägt. Und bei seinem Wort können wir ihn fassen und so Gemeinschaft mit ihm finden.

Wir armen Erdenmenschen bleiben so gern hängen mit unserem Blick bei dem, was hier auf der Erde zu sehen ist. Gottes Wort hebt unsere Blicke empor zu Gottes Tun und Gottes Werk. Die Schöpfungsgeschichte offenbart die Allgewalt seines Wortes. Gott sprach - und - es geschah also. Psalm 33, 9: ,,So er spricht, so geschieht es, und so

er gebietet, so steht es da." Von allen Werken Gottes heißt es zuletzt: ,,Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut" (1. Mose 1, 31). Von dem ,,Sehr guten" aber war der
Mensch das allerbeste, war Gottes Ebenbild und Gottes Stellvertreter hier auf Erden. Ach, wäre es so geblieben! 

Der Mensch aber ist - durch die Sünde - von seiner Höhe gestürzt. In seinem Herzen sieht es so aus, wie es Vers 3 von der Erde heißt: ,,Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe."

Ja: wüst, leer und finster! So hat die Sünde das Ebenbild Gottes verderbt, verunstaltet, ins Gegenteil verkehrt. Die Heilige Schrift zeigt uns aber, daß Gott alles, was er begonnen hat, auch
zum guten Ende führt. Er läßt sein Volk nicht liegen. Was er angefangen, das führt er herrlich hinaus.

1. Mose 3, Die Opfer Heijkoop Hendrik Leendert

10/10/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Einleitende Bemerkungen über die Notwendigkeit der Opfer,

"Dies ist das Buch von Adams Geschlechtern. An dem Tage, da Gott Adam schuf, machte er ihn im Gleichnis Gottes. Mann und Weib schuf er sie, und er segnete sie und gab ihnen den Namen Mensch, an dem Tage, da sie geschaffen wurden. ‑Und Adam lebte hundert und dreißig Jahre und zeugte einen Sohn in seinem Gleichnis, nach seinem Bilde, und gab ihm den Namen Seth" (i. Mo 5, 1‑3).

  "Und der Mensch erkannte Eva, sein Weib, und sie ward schwanger und gebar Kain; und sie sprach: Ich habe einen Mann erworben mit Jehova. Und sie gebar ferner seinen Bruder, den Abel. Und Abel wurde ein Schafhirt, und Kain wurde ein Ackerbauer. Und es geschah nach Verlauf einer Zeit, da brachte Kain dem Jehova eine Opfergabe von der Frucht des Erdbo­dens; und Abel, auch er brachte

 von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und Jehova blickte auf Abel und seine Opfergabe; aber auf Kain und auf seine Opfergabe blickte er nicht" (1. Mo 4, 1‑5a). "Und Jehova Gott machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fell und bekleidete sie" (1. Mo 3, 21). 

1. Mose 1, Mackintosh Charles Henry

10/07/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Gedanken zum 1. Buch Mose

C. H. MACKINTOSH

Charles Henry Mackintosh, dessen Initialen "C. H. M." vielen Christen in aller Welt wohlbekannt sind, wurde im Oktober 1820 in der Kaserne von Glenmalure in der Grafschaft Wicklow in Irland geboren. Sein Vater war Hauptmann im "Highlanders' Regiment" und hatte während des Aufstandes in Irland gedient. Seine Mutter war eine Tochter von Lady Weldon und entstammte einer alteingesessenen irischen Familie. Im Alter von achtzehn Jahren erlebte der junge Mann eine geistliche Er­weckung durch Briefe, die seine Schwester ihm nach ihrer Bekehrung schrieb. 

Er empfing Frieden durch die Lektüre der Schrift von J. N. Darby: "Die Wirksamkeit des Heiligen Geistes", wobei ihm besonders die Worte halfen, daß das Werk Christi für uns, nicht Sein Werk in uns Frieden gibt.

Als junger Christ nahm er eine Stelle in einem Geschäft in Limerick an. Er las viel in Gottes Wort und beschäftigte sich eifrig mit ver­schiedenen Studien. Im Jahre 1844 eröffnete er eine Schule in West­port und wandte sich mit großem Eifer der Erziehungsarbeit zu. Seine geistliche Haltung in dieser Zeit zeigt sich darin, daß es sein Ziel war, Christus den unangetasteten ersten Platz in seinem Leben einzuräumen und Sein Werk als die Hauptsache zu betrachten. Als er 1853 jedoch be­fürchtete, daß die Schularbeit sein Hauptinteresse wurde, gab er diesen Dienst auf.

In der Zwischenzeit hatte er bereits begonnen, seine Gedanken zu den fünf Büchern Mose niederzuschreiben. In Abständen erschienen danach je eine Betrachtung über das erste bis vierte, und zwei über das fünfte Buch Mose. Diese Bücher, die von einem starken evangelistischen Geist geprägt sind, erlebten in der Folge verschiedene hohe Auflagen. 

Das Vorwort dazu schrieb Andrew Miller, der auch den Druck weitgehend finanzierte. Mit Recht sagt er von diesen Betrachtungen: "Die vollkom­mene Verderbtheit des Menschen durch die Sünde und Gottes vollkom­mene Rettung in Christus werden ausführlich, deutlich und oftmals sehr treffend dargestellt".

Als Ausleger besaß C. 1‑1. M." einen leicht verständlichen Stil. Er ver­stand es, seine Ansichten kraftvoll darzustellen. Manche seiner Deu­tungen mochten vielen Gläubigen zunächst eigenartig erscheinen, aber in bezug auf Treue zu Gottes Wort und Vertrauen auf Christus sind sie immer wieder eine große Hilfe.

Nachdem er seinen Schuldienst aufgegeben hatte, ging "C. H. M." nach Dublin, wo er öffentlich zu predigen begann. Viele Jahre verkündigte und verteidigte er nun das Evangelium und die christliche Wahrheit, und Gott bekannte sich deutlich zu seinem Dienst. 

Als in den Jahren 1859‑60 die Erweckung Irland ergriff, war auch er aktiv dabei, und die ersten Bände der Zeitschrift "Things New and Old" ("Neues und Altes") zeugen von seiner Tätigkeit. Er war ein großer Glaubensmann, der im­mer gerne bezeugte, daß Gott ihn zwar oft in Prüfungen brachte, aber ihn nie Mangel leiden ließ, während er im Evangeliumsdienst stand und ohne Einkünfte aus materieller Arbeit war.

Seine letzten vier Lebensjahre verbrachte er in Cheltenham, wo er seinen schriftlichen Dienst fortsetzte, als er wegen seines Alters die mündliche Verkündigungsarbeit aufgeben mußte.

Es ist schwer, den Einfluß seiner Schriften zu schätzen. Aus aller Welt erreichten ihn Briefe, in denen Dank und Anerkennung für seine Er­klärungen zu den fünf Büchern Mose zum Ausdruck kamen. Seine erste Schrift aus dem Jahre 1843 trug den Titel: "Der Friede Gottes". Wenige Monate vor seinem Heimgang im Jahre 1896 übersandte er seinem Verleger ein Manuskript mit der Überschrift "

Der Gott des Friedens". Seine "Miscellaneous Writings" (Gemischte Schriften) sind in sechs Bänden erschienen, ebenso seine Gedanken zu den fünf Büchern Mose. Er ging am 2. November 1896 in Frieden heim. Vier Tage später wurde er unter großer Anteilnahme neben seiner geliebten Frau beigesetzt. Bruder Dr. Wolston aus Edinburgh sprach über das Begräbnis Abrahams unter Zugrundelegung von 1. Mose 25, 8‑10 und Hebräer 8, 10. Zum Abschluß sangen die Versammelten das schöne Lied von J. N. Darby:

0 bright and blessed scenes, Where sin can never come; Whose sight our longing spirits weans From earth where yet we roam.

Kapitel 1

IM ANFANG SCHUF GOTT DIE HIMMEL UND DIE ERDE‑.

Überraschend ist die Art und Weise, wie der Heilige Geist dieses ein­zigartige Buch beginnt. Er führt uns sofort in die Gegenwart Gottes, und zwar in die wesentliche Fülle Seines Seins und die Einsamkeit Seines Wirkens. Jede Einleitung wird ausgelassen. Wir werden unmittelbar zu Gott geführt. Wir hören Ihn gleichsam das Schweigen der Erde brechen und sehen, wie Er in ihre Finsternis mit Licht eindringt, um einen Be­reich zu schaffen, in dem Er Seine ewige Kraft und Göttlichkeit entfalten kann (Röm. 1, 20). 

Hier gibt es nichts, woran müßige Neugierde Nah­rung finden könnte, nichts für die Spekulationen des menschlichen Geistes. Wir finden hier die Erhabenheit und Wirklichkeit der göttlichen Wahrheit, wie sie in ihrer sittlichen Kraft auf Herz und Verständnis wirkt. Mögen die Geologen das Innere der Erde erforschen und von dort Ergebnisse zu Tage fördern, welche die göttliche Urkunde zu ver­vollständigen oder ihr auch zu widersprechen scheinen; mögen sie ihre Forschungen über versteinerte Körper anstellen ‑ der jünger des Herrn beugt sich mit heiliger Freude über das göttlich eingegebene Wort. 

Er liest, glaubt und betet an. Mögen auch wir in diesem Geist unsere Be­trachtung über das vor uns liegende inhaltsreiche Buch beginnen. Mögen wir verstehen, was es heißt, "zu forschen in seinem Tempel" (Ps. 27), und unsere Erforschungen des kostbaren Inhalts der Heiligen Schrift stets in einem Geist wahrer Anbetung fortsetzen.

„Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde" (V. '1). Dieser erste Ausspruch der Heiligen Schrift versetzt uns in die Gegenwart dessen, der die unerschöpfliche Quelle aller wahren Segnung ist. Man findet hier keine ausführlichen Beweise für das Dasein Gottes. Wie könnte der Heilige Geist sich auf so etwas einlassen? Gott offenbart sich selbst.

Er macht sich bekannt durch Seine Werke. "Die Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung verkündet seiner Hände Werk" (Ps. 19, 1). 55 werden dich preisen alle deine Werke". ‑ "Groß und wunderbar sind deine Werke, Herr, Gott, Allmächtiger!" (Offb. 15, 3). Nur ein Ungläubiger oder ein Gottesleugner kann nach Beweisen für das Dasein dessen suchen, der Welten schuf durch das Wort Seines Mundes, und der sich selbst als der Allwissende, der Allmächtige, der ewige Gott zu erkennen gegeben hat. Wer außer "Gott" vermochte etwas zu erschaffen?" "

Hebet zur Höhe eure Augen empor und sehet: Wer hat diese da geschaffen? Er, der ihr Heer herausführt nach der Zahl, ruft sie alle mit Namen: wegen der Größe seiner Macht und der Stärke seiner Kraft bleibt keines aus" (Jes. 40, 26). "Alle Götter der Völker sind Nichtigkeiten! der HERR aber hat die Himmel gemacht". 

Im Buch Hiob (Kap. 38 bis 41) finden wir in erhabenen Worten, wie der HERR sich selbst auf das Werk der Schöpfung beruft, als einen un­widerleglichen Beweis für Seine unumschränkte Oberhoheit, und wäh­rend dies einerseits dem Verständnis die gewaltige und lebendige Dar­stellung der Allmacht Gottes zeigt, berührt sie andererseits unsere Her­zen durch die Herablassung, die sich in ihr offenbart. Die Majestät und die Liebe, die Macht und die zärtliche Güte ‑ alles ist göttlich.

"Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe" (V. 2). Das war in Wahrheit ein Ort, wo allein Gott wirken konnte. Da hatte der Mensch noch keinen Platz, bis auch er wie alles andere ein Gegenstand der schöpferischen Macht wurde. 

Gott war allein in der Schöpfung. Er schaute aus Seiner ewigen Wohnstätte des Lichts herab auf die Wüstenei und erblickte hier die Stätte, wo Seine wunderbaren Pläne und Ratschlüsse zur Ausführung kommen sollten, und wo der Ewige Sohn leben, wirken, zeugen, bluten und sterben sollte, um staunenden Welten die herrlichen Vollkommenheiten der Gottheit zu offenbaren. Überall herrschten Finsternis und Unordnung, aber Gott ist ein Gott des Lichts und der Ordnung (l. Joh. 1, 5). 

Finsternis und Unordnung, mögen wir sie von einem natürlichen, sittlichen, geistigen oder geistlichen Gesichtspunkt aus betrachten, können in Seiner Gegen­wart nicht bestehen.

"Und der Geist Gottes schwebte über den Wassern". Er schwebte gleichsam brütend über dem Ort Seines zukünftigen Wirkens. Wahrlich, ein finsterer Ort ‑ ein Ort, der dem Gott des Lichts und des Lebens einen unbegrenzten Raum zum Wirken bot. Er allein konnte die Finsternis erleuchten, Leben hervorbringen, Ordnung an die Stelle des Chaos setzen und zwischen den Wassern eine Ausdehnung schaffen, in der das Leben sich ohne Todesfurcht ausbreiten konnte. Das waren in der Tat Unternehmungen, die Gottes würdig waren.

"Und Gott sprach.‑ Es werde Licht! und es ward Licht" (V. 3). Wie einfach, und doch göttlich! "Denn er sprach, und es war; er gebot, und es stand da" (Ps. 33, 9). Der Unglaube mag fragen: "Wie und wann?" Die Antwort lautet: "Durch Glauben verstehen wir, daß die Welten durch Gottes Wort bereitet worden sind, so daß das, was man sieht, nicht aus Erscheinendem geworden ist" (Hebr. 11, 3). 

Das befriedigt eine Seele, die sich belehren lassen will. Die Weltweisheit mag verächt­lich darüber lächeln und es Unwissenheit oder Leichtgläubigkeit nennen, die zwar einem barbarischen Zeitalter angemessen, aber unwürdig für Menschen sind, die in einem aufgeklärten Jahrhundert der Weltge­schichte leben, wo uns die Wissenschaft mit Tatsachen vertraut gemacht hat, von denen jene inspirierten Schreiber nichts wußten. Welche Weis­heit! Welche Gelehrsamkeit! 

Nein, lieber welche Torheit! Welch ein Unsinn! Welche Unfähigkeit, den Zweck und die Absicht der Heiligen Schrift zu verstehen! Sicher ist es nicht die Absicht Gottes, uns zu Wissenschaftlern auszubilden. Seine Absicht ist es, uns in Seine Gegen­wart zu führen, und zwar als Anbeter, deren Herz und Verständnis durch Sein heiliges Wort belehrt und richtig geleitet werden. Doch das genügt dem sogenannten Philosophen nicht. 

Nein, er verachtet die nach seiner Meinung gewöhnlichen und engherzigen Vorurteile des frommen Jüngers des Wortes und greift vertrauensvoll zum Fernrohr und entdeckt damit ferne Welten. Oder er steigt hinab in die Tiefen der Erde, um ihre Schichten, Bildungen, Versteinerungen usw. zu er­forschen, die, wie er meint, die inspirierten Mitteilungen der Heiligen Schrift vervollständigen, wenn sie nicht gar im Widerspruch dazu stehen.

Mit solchen "Widersprüchen der fälschlich sogenannten Kenntnis" haben wir nichts zu schaffen. Wir glauben, daß alle wahren Entdeckungen, sei es im All oder auf der Erde, mit den Mitteilungen des Wortes Gottes stets in Einklang stehen werden. Tun sie es nicht, so sind sie nach dem Urteil eines jeden Freundes der Schrift zurückzuweisen. 

Das gibt dem Herzen große Ruhe in einer Zeit, die so reich ist an gelehrten Spekulationen und hochtrabenden Theorien, die leider nur zu oft Rationalismus und ausgeprägten Unglauben verraten. Es ist sehr nötig, daß das Herz bezüglich der Autorität, der Vollkommenheit und der göttlichen Eingebung des heiligen Buches fest gegründet ist, denn darin beruht die einzige wirksame Schutzwehr gegen Rationalismus einerseits und Aberglauben andererseits. 

Genaue Bekanntschaft mit dem Wort und völlige Unterwerfung unter das Wort sind gegenwärtig die wichtigsten Erfordernisse. Möge der Herr in Seiner großen Gnade das eine wie das andere in unserer Mitte reichlich vermehren.

"Und Gott sah das Licht daß es gut war; und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte er Nacht" (V. 4. 5). Hier haben wir die beiden großen Sinnbilder, die im ganzen Wort so häufig Anwendung finden. Die Gegenwart des Lichts macht den Tag aus, seine Abwesenheit die Nacht. In der Ge­schichte der Seelen finden wir dasselbe. 

Es gibt "Söhne des Lichts" und "Söhne der Finsternis". Das ist eine scharf bezeichnete, ernste Unter­scheidung. Alle, auf die das Licht des Lebens geschienen hat, alle, die wirklich besucht worden sind von "dem Aufgang aus der Höhe" (Luk. 1, 78), alle, die den "Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi" (2. Kor. 4,6) geschaut haben ‑ alle diese, wer und wo sie auch sein mögen, gehören der ersten Klasse an: sie sind "Söhne des Lichts" und "Söhne des Tages".

 Alle aber, die sich noch von Natur in Finsternis, Blindheit und Unglauben befinden, alle, die in ihren Herzen noch nicht die Strahlen der Sonne der Gerechtigkeit aufgenom­men haben ‑ diese alle sind noch in die Schalten geistlicher Nacht ge­hüllt. Sie sind "Söhne der Finsternis" und "Söhne der Nacht".

Lieber Leser! Denke einen Augenblick nach und frage dich in der Ge­genwart dessen, der die Herzen erforscht, welcher von diesen beiden Klassen du angehörst. Daß du entweder auf der einen oder auf der anderen Seite deinen Platz hast, bedarf keiner Frage. 

Du magst arm, verachtet und ungelehrt sein, aber wenn die Gnade ein Band gewirkt hat, das dich mit dem Sohn Gottes, dem "Licht der Welt", verbindet, dann bist du in Wahrheit ein Sohn des Tages und wirst bald für immer wie ein Stern in der himmlischen Herrlichkeit glänzen, in dem Bereich, deren Zentralsonne das "geschlachtete Lamm" in Ewigkeit sein wird. Das ist nicht dein eigenes Werk.

 Es ist das Ergebnis des Ratschlusses ‑und der Wirksamkeit Gottes selbst, der in Jesu und in Seinem vollkommenen Opfer dir Licht und Leben, Freude und Frieden geschenkt hat ' Aber wenn du die heilige Wirkung und den Einfluß des göttlichen Li noch nicht kennst und deine Augen noch nicht geöffnet worden sind, irgendwelche Schönheit in dem Sohne Gottes zu erblicken, dann bist du ‑ auch wenn du große Intelligenz und alle Schätze der Philosophie besitzt, und alle Ströme menschlicher Weisheit getrunken hast und dein Name alle Gelehrtentitel trägt, die Schulen und Universitäten verleihen können ‑ so bist du dennoch ein "Sohn der Nacht", ein "Sohn der Finsternis".

 Und überrascht dich der Tod in deinem gegenwärtigen Zustand, so fällst du in Finsternis und Schrecken einer ewigen Nacht. Darum lies keine Seite weiter, bevor du völlig befriedigt bist in bezug auf die Frage, ob du dem "Tage" oder der "Nacht" angehörst.

Der nächste Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist die Erschaffung der Lichter. "Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Ausdehnung des Himmels, um den Tag von der Nacht zu scheiden, und sie seien zu Zeichen und zur Bestimmung von Zeiten und Tagen und Jahren; und Sie seien zu Lichtern an der Ausdehnung des Himmels, um auf die Erde zu leuchten! Und es war also. Und Gott machte die zwei großen Lichter: das große Licht zur Beherrschung des Tages, und das kleine Licht zur Beherrschung der Nacht, und die Sterne" (V. 14‑16).

Die Sonne ist der große Mittelpunkt des Lichts und der Mittelpunkt unseres Systems. Rings um sie her kreisen die kleineren Himmelskörper, und von ihr empfangen sie Licht. Daher kann sie mit Recht als ein passendes Sinnbild dessen betrachtet werden, der als die "Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln" aufgehen wird, um die Herzen derer zu erfreuen, die den Herrn fürchten. 

Das Passende und Schöne dieses Sinnbildes wird aber erst dem vollkommen klar, der nach durchwachter Nacht die aufgehende Sonne mit ihren glänzenden Strahlen den östlichen Himmel vergolden sieht. Die Nebel und Schatten der Nacht verschwinden, und die ganze Schöpfung scheint das wieder­kehrende Licht zu begrüßen. So wird es sein, wenn einst die Sonne der Gerechtigkeit aufgeht. Die Schatten der Nacht werden entfliehen, und die ganze Schöpfung wird erfreut sein über das Dämmern eines "Mor­gens ohne Wolken", über das Anbrechen eines glänzenden und nie endenden Tages der Herrlichkeit.

Der Mond, dunkel in sich selbst, läßt stets das Licht der Sonne wider­strahlen.*) Wenn die Sonne hinter dem Horizont versunken ist, so ist der Mond da, um die von ihr aufgefangenen Strahlen auf eine dunkle

 *) Es ist interessant, daß der Mond durch ein gutes Fernrohr den Anblick eines ruinierten Naturzustandes bietet.

Welt zurückzuwerfen. Sollte er aber während des Tages sichtbar sein, so zeigt er stets ein bleiches Licht ‑ die notwendige Folge seines Erscheinens in Gegenwart eines höheren Glanzes. Allerdings treten auch manchmal die Erde und ihre Einflüsse störend dazwischen und verber­gen durch Wolken und Nebel vor unseren Blicken sein silbernes Licht.

Wie nun die Sonne ein schönes und passendes Sinnbild von Christus ist, so erinnert uns der Mond in auffallender Weise an die Kirche oder Versammlung. Christus, die Quelle ihres Lichtes, ist dem natürlichen Auge verborgen. Die Welt sieht Ihn nicht, sie aber sieht Ihn und ist verantwortlich, Seine Strahlen auf eine umnachtete Welt zurückzuwer­fen. Die Kirche Gottes bietet der Welt einen Weg, um etwas von Christus zu lernen. Der Apostel sagt: "Ihr seid unser Brief ... gekannt und gelesen von allen Menschen; die ihr offenbar geworden, daß ihr ein Brief Christi seid"( 2. Kor. 3, 2. 3).

Welch eine verantwortliche Stellung! Wie ernst sollte die Kirche in allen ihren Wegen gegen alles wachen, was den Widerschein des himmlischen Lichtes Christi verhindern könnte! Wie aber soll sie dieses Licht zu­rückstrahlen lassen? Dadurch, daß sie es in seinem ungetrübten Glanz auf sich scheinen läßt. Würde die Kirche nur im Licht Christi wandeln, so ließe sie auch ohne Zweifel Sein Licht reflektieren, und dies würde sie stets in der ihr geziemenden Stellung erhalten. 

Der Mond hat kein eigenes Licht. Ebenso verhält es sich mit der Kirche. Sie ist nicht be­rufen, sich selbst in den Blickpunkt der Welt zu stellen. Sie ist nur schuldig, das Licht widerstrahlen zu lassen, das sie selbst empfängt. Sie hat die Verpflichtung, mit heiligem Fleiß den Weg, den Er ging, zu erforschen und durch die Energie des in ihr wohnenden Heiligen Geistes Ihm auf diesem Weg zu folgen. 

Aber ach! Die Welt mit ihren Nebeln und Wolken tritt oft störend dazwischen und verbirgt das Licht und befleckt den Brief. Man kann oft nur wenig von den Zügen des Charakters Christi bei denen entdecken, die sich nach Seinem Namen nennen; ja, bei manchen Gelegenheiten zeigen sie eher einen demütigen­den Gegensatz als eine Ähnlichkeit. Möchten wir Christus mehr unter Gebet betrachten, damit wir ein treueres Bild von Ihm darstellen können!

Die Sterne sind ferne Lichter. Sie leuchten in anderen Welten und stehen nicht in unmittelbarer Verbindung mit unserem Sonnensystem, außer daß ihr Flimmern gesehen werden kann. Es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit". 

So wird es in dem kommenden Reich des Sohnes sein. Er wird in lebendigem und ewigem Glanz strahlen, Sein Leib, die Kirche, wird Seine Strahlen auf ihre Umgebung zurückfallen lassen, und die einzelnen Gläubigen werden in der Sphäre scheinen, den der gerechte Richter ihnen zum Lohn für treuen Dienst in der Nacht Seiner Abwesenheit zuweist. Dieser Gedanke sollte uns ermuntern, unserem abwesenden Herrn ähnlicher zu werden (Luk. 19,12‑19).

Nun treten die niedrigen Ordnungen der Schöpfung in Erscheinung. Das Meer und die Erde sollen von lebendigen Wesen wimmeln. Einige glauben, in den Verrichtungen jedes Schöpfungstages ein Vorbild der verschiedenen Haushalte und ihrer großen charakteristischen Grund­sätze erblicken zu müssen.

 Ich möchte dazu nur bemerken, daß es not­wendig ist, wenn man die Schrift in dieser Weise behandeln will, über die Einbildungskraft zu wachen, sowie streng die Aufmerksamkeit auf die allgemeine Übereinstimmung der Schrift zu richten, denn sonst liegt die Gefahr nahe, in traurige Irrtümer zu verfallen. Ich jedenfalls möchte mich nicht auf diese Art der Auslegung einlassen und werde mich daher nur auf das beschränken, was ich als den klaren Sinn des Textes zu erkennen glaube.

Wir kommen jetzt zu dem Platz des Menschen, als gesetzt über die Werke der Hand Gottes. Nachdem alles geordnet war, brauchte die Schöpfung ein Haupt. "Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde, nach unserem Gleichnis; und sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt! Und Gott schuf den Menschen in seinem Bilde, im Bilde Gottes schuf er ihn; Mann und Weib schuf er sie. 

Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan; und herrschet über die Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über alles Getier, das sich auf der Erde regt" (V. 26‑28). Auffallend ist die Ab­wechslung in den Ausdrücken: "Er schuf ihn" und "Er schuf sie". Zwar wird uns erst im nächsten Kapitel die Erschaffung der Frau mit­geteilt, jedoch finden wir hier, daß Gott "sie" segnet und ihnen ge­meinschaftlich den Platz der Regierung über die Erde einräumt. Alle niedrigeren Ordnungen der Schöpfung werden unter ihre vereinte Herr­schaft gestellt. 

Eva empfing alle ihre Segnungen in Adam. In ihm er­ langt sie auch ihre Würde. Obwohl sie noch nicht tatsächlich ins Dasein gerufen war, wurde sie doch in dem Ratschluß Gottes als ein Teil des Mannes betrachtet. "Meinen Keim sahen deine Augen, und in dein Buch waren sie alle eingeschrieben; während vieler Tage wurden sie gebildet, als nicht eines von ihnen war" (Ps. 139, 16).

Ebenso ist es mit der Kirche, der Braut des zweiten Menschen. Sie wurde von Ewigkeit her in Christo, ihrem Haupt und Herrn, gesehen, wie wir in Eph. 1, 4 lesen: "Wie er uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und tadellos seien vor ihm in Liebe". Bevor noch ein einziges Glied der Versammlung lebte, waren alle schon nach Gottes ewigem Willen "zuvorbestimmt dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein". 

Nach den Ratschlüssen Gottes ist die Kirche notwendig zur Vollendung des geheimnisvollen Menschen. Darum ist sie berufen, "die Fülle dessen zu sein, der alles in allem erfüllt". Das ist ein wun­derbarer Titel. Er enthält die Würde, die Wichtigkeit und 2.ic Herrlich­keit der Versammlung.

Man hat sich vielfach daran gewöhnt, die Segnung und Sicherheit einzel­ner Seelen als das einzige Ziel der Erlösung zu betrachten, aber wie gering und unvollständig ist eine solche Meinung von der Erlösung! Daß wir auch individuell vollkommen sichergestellt sind, unterliegt keinem Zweifel. Dennoch ist da‑, der kleinste Teil der Erlösung. Die Herrlichkeit Christi ist in die Existenz der Kirche oder Versammlung eingeschlossen und damit verbunden, und das ist eine Tatsache von weit höherer Würde und Kraft. 

Wenn ich nach den Worten der Heiligen Schrift berechtigt bin, mich als einen Bestandteil von dem zu betrachten, was Christus unumgänglich bedarf, so kann ich an der völligen Vor­sorge bezüglich meiner persönlichen Bedürfnisse nicht länger zweifeln. Und ist die Kirche für Christus nicht unumgänglich nötig? Ohne Zwei­fel. "Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, seines Gleichen". Und wiederum: "

Denn der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib vom Manne; denn der Mann wurde auch nicht um des Weibes willen geschaffen, sondern das Weib um des Mannes willen ... Dennoch ist weder das Weib ohne den Mann, noch der Mann ohne das Weib im Herrn. Denn gleichwie das Weib vom Manne ist, also ist auch der Mann durch das Weib; alles aber von Gott" (l. Kor. 11, 8‑12). Wie ohne Eva eine Lücke in der Schöpfung gewesen wäre, so wäre ohne die Braut, die Kirche, eine Lücke in der neuen Schöpfung.

Laßt uns jetzt untersuchen, in welcher Weise Eva ins Dasein gerufen wurde. Wir müssen dabei auf den Inhalt des nächsten Kapitels vor­greifen. In der ganzen Schöpfung wurde keine Hilfe für Adam ge­funden. Ein "tiefer Schlaf" mußte auf ihn fallen und eine Gefährtin aus ihm selbst gebildet werden, um seine Herrschaft und Segnung zu teilen. "Und Gott der HERR ließ einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, und er entschlief. 

Und er nahm eine von seinen Rippen und verschloß ihre Stelle mit Fleisch; und Gott der HERR baute*) aus der Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, ein Weib, und er brachte sie zu dem Menschen. Und der Mensch sprach: Diese ist einmal Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Männin heißen, denn vom Manne ist diese genommen" (Kap. 2,21‑23).

*) Das hebräische Wort, das hier mit "baute" übersetzt ist, wird in der Septuaginta mit okodomesen wiedergegeben. In Eph. 2, 20. 22 sind die Worte "aufgebaut" und "mitaufgebaut" Ableitungen desselben griechischen Wortes.

Wenn wir nun Adam und Eva als ein Vorbild von Christus und der Kirche betrachten, wozu uns die Schrift völlig berechtigt, so sehen wir, daß der Tod Christi eine vollendete Tatsache sein mußte, bevor die Kirche gebildet werden konnte, obwohl sie nach dem Vorsatz Gottes vor Grundlegung der Welt in Christus gesehen und auserwählt wurde. Zwischen dem verborgenen Ratschluß Gottes und seiner Offenbarung und Ausführung, besteht ein großer Unterschied. 

Bevor der Ratschluß Gottes in bezug auf die Kirche verwirklicht werden konnte, mußte der Sohn verworfen und gekreuzigt werden. Er mußte Seinen Platz im Himmel einnehmen und, um die Gläubigen zu einem Leibe zu taufen, den Heiligen Geist herniedersenden. Das heißt natürlich nicht, daß einzelne Seelen nicht schon vor dem Tod Christi lebendig gemacht und errettet worden waren. Ohne Zweifel war das der Fall. Adam und viele tausend andere im Lauf der Zeiten wurden durch das Opfer Christi errettet, obwohl dieses Opfer noch nicht vollbracht war. 

Aber die Er­rettung einzelner Seelen und die Bildung der Kirche durch den Heiligen Geist sind zwei verschiedene Dinge. Leider wird dieser Unterschied nicht genug beachtet, und selbst da, wo er der Lehre nach verteidigt wird, findet man nur selten die praktischen Ergebnisse, die aus einer so hohen Wahrheit hervorgehen sollten. Der einzigartige Platz der Kirche, ihr besonderes Verhältnis zu dem "zweiten Menschen, dem Herrn vom Himmel", ihre besonderen Vorrechte und Würden ‑ alles das würde, wenn es durch die Kraft des Heiligen Geistes aufgenommen und erfaßt würde, reiche 'und liebliche Früchte hervorbringen (Siehe Eph. 5, 23‑32).

Wenn wir nun das vorliegende Bild betrachten, können wir uns eine ge­wisse Vorstellung von den Ergebnissen machen, die aus dem Ver­ständnis über die Stellung der Kirche hervorgehen sollten. Wieviel Liebe schuldete Eva dem Adam! Welche Nähe genoß sie! Wie eng war die Gemeinschaft! Wie nahm sie teil an allen seinen Gedanken! In all seiner Würde, in all seiner Herrlichkeit war sie vollständig eins mit ihm. Er herrschte nicht über sie, sondern mit ihr. 

Er war Herr der ganzen Schöpfung, und sie war eins mit ihm, ja, sie wurde, wie bereits be­merkt, in ihm gesehen und gesegnet. Um des "Mannes" willen wurde sie ins Dasein gerufen. Zuerst wurde der Mann geschaffen, dann das Weib in ihm gesehen und aus ihm gebildet.

In Psalm 8 finden wir eine schöne Darstellung des Menschen, den Gott über das Werk Seiner Hände gesetzt hat: "Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, daß du sein gedenkst, und des Men­schen Sohn, daß du auf ihn acht hast? 

Denn ein wenig hast du ihn unter die Engel erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn ge­krönt. Du hast ihn zum Herrscher gemacht über die Werke deiner Hände; alles hast du unter seine Füße gestellt: Schafe und Rinder alle­samt und auch die Tiere des Feldes, das Gevögel des Himmels und die Fische des Meeres, was die Pfade der Meere durchwandert" (Ps. 8, 3‑8). Hier wird uns der Mensch ohne Erwähnung des Weibes vorgestellt. Das ist durchaus richtig, denn das Weib wird im Mann gesehen.

In keinem Teil des Alten Testaments finden wir eine direkte Offen­barung des Geheimnisses der Kirche. Der Apostel sagt ausdrücklich: "Welches in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden, wie es jetzt geoffenbart worden ist seinen heiligen Aposteln und Propheten (des Neuen Testaments) im Geiste" (Eph. 3, 5). 

Aus diesem Grund wird in Psalm 8 nur der "Mann" vor unsere Augen gestellt, aber wir wissen, daß Mann und Weib gleichsam unter einer Überschrift betrachtet werden. Dies alles wird in den zukünftigen Zeitaltern sein vollkommenes Gegenbild finden. Dann wird der wahre Mensch, der Herr vom Himmel, Seinen Platz auf dem Thron einnehmen und in Gemeinschaft mit Seiner Braut, der Kirche, über eine wiederhergestellte Schöpfung herrschen. 

Die Kirche, die lebendig aus dem Grab Christi hervorging, ist ein Teil von seinem Leibe, von seinem Fleische und von seinen Gebeinen". Der Herr Jesus als das Haupt und die Kirche als der Leib machen einen Menschen aus, wie wir in Kapi­tel 4 des Epheserbriefes lesen: "Bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachse­nen Manne, zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus". 

Da die Kirche einen Teil von Christus bildet, wird sie in der Herrlichkeit einen besonderen, nur für sie allein bestimmten Platz einnehmen. Kein anderes Geschöpf stand Adam so nahe wie Eva, denn keins war ein Teil von ihn. Ebenso wird die Kirche in der zukünftigen Herrlichkeit den allernächsten Platz bei Christus einnehmen.

Doch nicht nur, was die Kirche sein wird, sondern auch was sie ist, ruft unsere Bewunderung hervor. Sie ist jetzt der Leib Christi. Sie ist jetzt der Tempel, in dem Gott selbst Wohnung gemacht hat. Wenn aber das die gegenwärtige und die zukünftige Würde der Versammlung ist, von der wir durch Gottes Gnade einen Teil bilden, dann geziemt uns ein heiliger, unterwürfiger und abgesonderter Lebensweg.

Möge der Heilige Geist diese Dinge unseren Herzen deutlicher offen­baren, damit sich unser Verantwortungsgefühl immer mehr vertieft, unserer hohen Berufung durch würdiges Verhalten zu entsprechen. "

Damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisset, welches die Hoffnung seiner Berufung ist, und welches der Reichtum der Herrlich­keit seines Erbes in den Heiligen, und welches die überschwengliche Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, in welcher er gewirkt hat in dem Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte; und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede

 Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird, nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch in dem zukünftigen, und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versamm­lung gegeben, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt" (Eph. 1, 18‑23).