wird uns am Schluß ein schöner Abschnitt aus dem Leben Abrahams gezeigt — ein Ereignis, das uns die treue Fürsorge Gottes für die Seinigen ebenso deutlich als herrlich vor Augen stellt. Abraham hatte einen großen Sieg errungen. Mit einem kleinen Heer hatte er fünf kanaanitische Könige überwunden.
Es war ihm geglückt, Lot und dessen Hausgesinde aus der Hand dieser Könige zu befreien. Im Triumph kehrte er mit einer großen Zahl von Gefangenen und mit beträchtlicher Beute aus dem Kampf zurück. Der König von Sodom, dessen Volk ebenfalls befreit worden war, kam ihm voll Dankbarkeit und Freude entgegen. Sicher, das war ein glücklicher Tag im Leben Abrahams. Der Herr hatte ihm geholfen; der Herr hatte die Feinde in seine Hand gegeben; und das Herz des Patriarchen hatte allen Grund, sich zu freuen.
In solchen Umständen vergißt die Seele oft so leicht ihre Abhängigkeit von Gott. In der Freude der Befreiung und des davongetragenen Sieges beachtet man oft so wenig die eigene Schwachheit und die Notwendigkeit einer fortdauernden Bewahrung Gottes.
Man räumt zwar diese Notwendigkeit ein; aber man vergißt sie, weil man zu sehr von dem Siege erfüllt ist, den man über den Feind errungen hat. Und der Teufel, der dieses sehr gut weiß, bedient sich gerade solcher Umstände und solcher Gemütsverfassungen, um mit seinen Versuchungen die Seele zu überfallen.
Wir sehen dies bei Abraham. Kaum ist der eine Kampf vorüber, so 'steht schon der andere vor der Tür. Zwar bestand zwischen beiden ein großer Unterschied; aber beide kamen vom Teufel; und sicher war unter diesen Umständen der zweite Kampf gefährlicher, als der erste. Nachdem Abraham den Sieg über die fünf Könige davongetragen hatte, näherte sich der König von Sodom, um ihm die Beute anzubieten. Der Teufel dachte: „Kann ich dich auf dem einen Wege nicht überwinden, so werde lieh dich auf dem zweiten zu Boden werfein".
Und in der Tat, der Faden dieser Versuchung war fein gesponnen. Wem gehörte die Beute von rechtswegen? Natürlich dem Überwinder. Und es würde daher nach menschlichem Urteil ganz in der Ordnung gewesen sein, wenn Abraham die Beute für sich genommen hätte. Doch die Gedanken Gottes unterscheiden sich von den Gedanken des Menschen. Nicht von Sodom aus durften Abraham Reichtümer zufließen, sondern von Jehova, Seinem Gott.
Die Schätze Sodom's waren für ihn unrein; und mochte auch Lot in Sodom wohnen, so wollte Abraham sich doch fern halten von der gottlosen Stadt und von allem, was ihr angehörte. Um dies jedoch in einem solchen Augenblicke zu erkennen, war Gnade und göttliches Licht nötig. Doch Abraham wandelte mit Jehova, und darum gab Er ihm auch Licht und stärkte ihn in der Versuchung, die über ihn hereinbrach.
Melchisedek, ein Priester Gottes des Höchsten, kam Abraham entgegen, brachte Brot und Wein und segnete Abraham, indem er sagte: „Gesegnet sei Abraham von Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt"!
Es war Jehova, der Melchisedek sandte, um den Patriarchen mit diesen herrlichen Worten anzureden. Bis zu diesem Augenblick kannte Abraham Gott als den Allmächtigen; aber als der Höchste, Der Himmel und Erde besitzt, war Er ihm noch nicht geoffenbart worden. Aber hier offenbart Sich Gott Seinem Knechte in dieser Weise, um ihn zu stärken gegen die Versuchung, die über ihn kommen sollte. Der Höchste, Der Himmel und Erde besitzt, konnte sicher den Patriarchen reich machen, ohne der Schätze Sodoms zu bedürfen. Und Abraham verstand die Stimme des Herrn.
Denn als der König von Sodom etliche Augeinblicke später sich näherte, um ihm die Beute anzubieten, antwortete er: „Ich hebe meine Hand auf zu Jehova, zu Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt: Wenn ich vom Faden bis zum Schuhriemen, ja, wenn ich von allem, was dein ist, etwas nehme . . .! auf daß du nicht sagest: Ich habe Abraham reich gemacht". — Wie beachtenswert ist dies! Melchisedek hatte ihn hingewiesen zu dem Höchsten,
Der Himmel und Erde besitzt; und Abraham verstand so gut die Absicht des Herrn, daß er, als die Versuchung des Königs von Sodom kam, augenblicklich Gebrauch machte von der ihm gegebenen Unterweisung und im Vertrauen des Glaubens das verführerische Angebot ausschlug. „Ich hebe meine Hände auf zu Jehova, dem Höchsten, Der Himmel und Erde besitzt; und darum nehme ich von dir, du König von Sodom, nichts an; ich will nicht durch dich, sondern durch diesen Gott reich gemacht werden.
Er besitzt alles; Er hat alles unter Seiner Verwaltung; und darum erwarte ich von Ihm, und nur von Ihm jegliche Art von Segnung". — Beschämt mußte der Teufel weichen. Der Überwinder von fünf Königen hatte auch hier den Sieg davon getragen. Der Herr war Seinem Knechte entgegengekommen und hatte Sich ihm in einer Weise geoffenbart, die Abraham fähig machte, der Versuchung zu widerstehen.
Und also handelt der Herr noch immer. Er ist und bleibt treu bis in alle Ewigkeit. Er weiß, was wir bedürfen. Er kennt unsern Kampf und unsere Versuchungen. Wie zu Abraham, so kommt Er auch zu uns, um uns zu stärken. Möchten wir doch allezeit Seine Stimme verstehen, sicher, dann würden wir nicht so oft straucheln und den Versuchungen unterliegen! Wir denken oft, daß uns dies oder jenes der Herr geschickt habe, während vielleicht der Teufel der Ursprung ist.
Die Umstände sind nicht immer der richtige Maßstab. Dies sehen wir bei Abraham. Die Beute kam ihm von rechtswegen zu, und die Dankbarkeit des Königs von Sodom bot sie ihm an. Dennoch verweigerte er die Annahme, weil er nicht auf die Umstände, sondern auf den Herrn sah und seine Hand zu dem Höchsten erhob. 0 möchten wir doch mehr mit dem Herrn in Gemeinschaft wandeln und uns an den Klang Seiner Stimme gewöhnen, — sicher, dann werden wir auch den Willen Gottes zu unterscheiden wissen und uns nicht durch den Teufel gefangennehmen lassen. Wenn unser Auge einfältig ist, dann wird unser ganzer Leib Licht sein. Der Herr gebe uns das richtige Verständnis!