1. Mose 24, Die Berufung der Braut 1854 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Berufung der Braut Gedanken über 1 Mose 24

Nachdem das herrliche Geheimnis der Kirche und ihrer Einheit mit Christo, dem himmlischen Haupte, offenbart worden, sehen wir, wie schon das Alte Testament bewunderungswürdige Vorbilder dieser verborgenen Gedanken Gottes enthielt. Doch wer vermochte diese Bilder zu enthüllen, solange die Kirche ein Geheimnis in den Tiefen der Ratschlüsse Gottes blieb? 

Sie wur­den erst dann verstanden, als Gott den unausforschlichen Reich­tum Seiner Gnade in Güte über uns in Christo Jesu durch Seine heiligen Apostel und Propheten an das Licht brachte. Wir lesen Eph. 5, 30—32: „Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleische und von Seinem Gebein. Um deswillen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weibe anhangen und werden die zwei ein Fleisch sein. Dies Geheimnis ist groß, ich sage es aber auf Christum und auf die Gemeine." Diese Worte finden wir schon im 

1. Buche Mose 2, 23 und 24 angewandt auf Adam und Eva. Also in dem ersten Menschenpaar legte Gott in einem Vorbilde sehr deutlich Seine herrlichen Gedanken in Be­treff der Kirche und ihrer Einheit mit Christo nieder, deren völlige Verwirklichung für die Fülle der Zeiten aufbewahrt wird. 

Adam war der Herr der Schöpfung, ein Bild des, der kommen sollte, und Eva seine Gefährtin und Genossin aller seiner Rechte. 'Christus ist das Haupt der Schöpfung und das Erbe aller Dinge und die Kirche, Seine Gefährtin und Miterbin, hat, als Sein Leib und Seine Braut, völligen Anteil an Seinem herrlichen Erbe. 

Die Erfüllung dieser verborgenen Weisheit Gottes, niedergelegt in so einfachen Bildern, erregt unsere Bewunderung und erfüllt das Herz mit Liebe und Anbetung, ja mit unaussprechlicher Freude, da wir Mitgenossen dieses köstlichen Geheimnisses, selbst sind. In dem Kapitel, welches hier unserer Betrachtung vorliegt, tritt uns in Isaak und Rebekka ebenfalls ein herrliches Vorbild gut Christum und der Gemeine entgegen.

In Hebräer 11, 17—19 lesen wir: „Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, da er versucht ward, und gab dahin den Ein­gebornen", da er schon die Verheißungen empfangen hatte, von welchem gesagt ward: „In Isaak wird dir der Same genannt wer­den"; und dachte: „Gott kann auch wohl von den Toten aufer­wecken; woher er ihn auch zum Vorbilde wieder­nahm." Nicht nur der Gehorsam, sondern auch der Glaube Abrahams wurde hier auf das Stärkste geprüft. 

Der e i n g e b o r n e Sohn, der Sohn, auf welchem die Verheißungen Gottes ruhten, sollte durch den Vater zum Opfer dargebracht werden. Nach menschlicher Einsicht wurden durch diesen Tod alle Ver­heißungen zunichte gemacht. Wer wird von einem Gestorbenen sagen: „Deine Nachkommen werden sein wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Meere? 

Aber für den Glauben Abrahams blieb der wahrhaftige und lebendige Gott, und seine Hoffnung gründete sich auf den Gott, der die Toten auferweckt. Dieser Glaube hatte schon sein Herz erfüllt, ehe der Knabe geboren war, also, daß er nicht angesehen seinen fast hundertjährigen Leib, noch den erstorbenen Mutterleib der Sarah, die Über die Zeit ihres Alters den Verheißenen gebar. 

Er wußte auf das Allergewisseste, daß das, was Gott verheißen hat, Er auch tun kann (Röm. 4, 18—22). Auch jetzt dachte er: Gott kann auch wohl von den Toten auferwecken." Dieser Glaube lebte nicht in den Herzen jener Jünger, die auf dem Wege nach Emmaus, über den Gekreuzigten und gestorbenen Messias trauerten, indem sie sagten: „Wir aber hofften, er sollte Israel erlösen" (Luk. 24, 21). Sie hielten ihre Verheißungen für ver­nichtet, weil sie ihre Hoffnungen nicht auf den Gott setzten, der die Toten auferwecket.

Abraham nahm seinen Sohn zum Vorbilde auf Christum, dem Auferstandenen, wieder, und setzte ihn nachher zum Erben all seiner Güter ein. Abraham besaß einen großen Reichtum, denn der Herr hatte ihn allenthalben reichlich gesegnet.
Als Christus von der Erde verworfen und gekreuzigt wunde, nahm Ihn Gott durch die Auferstehung von den Toten wieder zu Sich in den Himmel auf. Er erhöhte Ihn zur Rechten Seiner Majestät, krönte Ihn mit Preis und Ehre und setzte Ihn zum Erben aller Dinge ein. 

Er ist das Haupt der ganzen Schöpfung. Nicht nur hat Er als Gott Alles geschaffen, sondern auch .als Mensch Alles durch Sein Blut erkauft. Alle Dinge sind „durch Ihn" und „für Ihn" geschaffen.
Der erste Adam hatte durch den Sündenfall seine Herrschaft über die Erde verloren, und dieselbe der Vergänglichkeit und dem Verderben preisgegeben. Christus, als der zweite Adam, kam vom Himmel und gab Sein Blut zum Lösegeld zur Be­freiung der Schöpfung dar, die bei der Offenbarung der Kinder Gottes verwirklicht werden wird (Röm. 8, 19—21). 

Er nahm ganz und gar die Stellung des ersten Adams in der verlorenen Schöp­fung ein und brachte durch Seine freiwillige Unterwerfung und Gehorsam alle Dinge wieder, die durch Hochmut und Unge­horsam verloren waren. Sünde, Fluch und Tod lasteten auf dem ersten Adam; aber Jesus trat für ihn ein und brachte durch Seinen Tod am Kreuze eine ewige Erlösung für Alle, die da glauben.

Nun ist Er als der verherrlichte Mensch das Haupt der gan­zen Schöpfung. „Alle Dinge sind unter seine Füße getan" (1. Kor. 15, 27). In der Fülle der Zeiten sollen in Ihm alle Dinge im Himmel und auf Erden vereinigt, und als unter ein Haupt zusammengefaßt werden. „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, indem er Frieden machte durch das Blut seines Kreuzes,  durch ihn, es seien die Dinge auf Erden oder in den Himmeln" (Kol. 1. 19 und 20). 

Sein Blut ist also auch das Lösegeld für die ganze Schöpfung, und es werden alle Dinge im Himmel und auf Erden durch dasselbe gereinigt werden. So ist nun Alles für Ihn geschaffen; der Vater hat Ihm alle Dinge zum Erbteil übergeben. Er ist der eingeborne Sohn und der alleinige Erbe. Untersuchen wir jetzt das angeführte Kapitel weiter.
Als nun Abraham alt und wohl betagt war, rief er Elieser, seinen ältesten Knecht und Verwalter aller seiner Güter, zu sich, und beauftragte ihn, seinem Sohne Isaak ein Weib aus dem Lande zu holen, wovon er ausgezogen war. Er fügte die ernsten Worte hinzu: „Hüte dich, daß du meinen Sohn nie wie­der dahin bringest." 

Das Weib sollte aus dem Lande geholt und dahin geführt werden, wo Isaak wohnte und das Erbteil vom Vater empfing. — Begleiten wir nun den Elieser auf seinem Wege, so sehen wir besonders die Treue und die Eile, womit er seinen Auftrag ausrichtete, und zugleich seinen steten Ver­kehr mit dem Gott Abrahams. Rebekka war die Berufene, welche Gott für Isaak auserkoren hatte.
Das geforderte Zeichen, woran er die Auserwählte erkennen wollte, war die unaufgeforderte Bereitwilligkeit Rebekkas, seine Kamele zu tränken. Er beschenkte sie mit einer goldenen Spange und zwei goldenen Armbändern. 

Darnach wurde er durch ihre Bemühung in das Haus ihres Vaters Bethuel aufgenommen, und. durch ihren Bruder Laban mit den Worten eingeführt: „Komm herein, du Gesegneter des Herrn; warum stehst du draußen?" 

Bevor er sich aber zum Essen niedersetzen wollte, entledigte er sich seines Auftrages. Er sprach: „Ich bin Abrahams Knecht. Und der Herr hat meinen Herrn reichlich gesegnet, und ist groß worden, und hat ihm Schafe und Ochsen, Silber und Gold, Knechte und Mägde, Kamele und Esel gegeben. Dazu hat Sara, meines Herrn Weib, einen Sohn geboren meinem Herrn in seinem Alter, d e m  h a t  er Alles  g e g e b e n, was er hat" (V. 34—36). Dann erzählte er den Auftrag Abrahams, und daß der Herr Gnade zu seiner Reise gegeben habe. 

Als Rebekkas Vater und Bruder erkannten, daß dieser Ruf vom Herrn kam, willigten sie ein, Rebekka mit ihm ziehen zu lassen. „Und Elieser zog hervor silberne und goldene Kleinodien und Kleider, und gab sie der Rebekka" (V. 53). Er beschenkte sie schon zum voraus mit den Gütern ihres Bräutigams.
In Elieser sehen wir ein Vorbild der Sendung des Heiligen Geistes. 

Derselbige ist vom Himmel auf die Erde hernieder­gesandt, um die Braut, wofür Christus Sich Selbst dargegeben hat, zu sammeln, von der Welt abzusondern und dem Bräutigam entgegen zu führen. Nicht soll Jesus, der von der Welt ver­worfen ist, dahin zurückkehren, um daselbst zu wohnen, — Seine Erscheinung wird für die Welt das Gericht sein —, sondern die Braut soll von derselben abgesondert und zu Ihm in die himm­lische Herrlichkeit geführt werden. 

Der Heilige Geist überzeugt die Welt von der Sünde, von der Gerechtigkeit und von dem Gericht; aber die Berufenen hören durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes die gute Botschaft von Christo, dem auferstandenen, und von dem herrlichen Reichtum Seines Erbes. 

Diese Botschaft redet nur von Gnade und Liebe und erfreut und erquickt die gehorsamen und bereitwilligen Herzen, Der Heilige Geist überzeugt uns, daß wir in Jesu angenehm und geliebt sind, vor Grundlegung der Welt zur Kindschaft verord­net, und auserwählt zur Braut Christi, um mit Ihm alle himm­lischen Segnungen zu genießen.
Der Heilige Geist Ist persönlich in unserer Mitte; obgleich wir Ihn nicht sehen, so vernehmen doch unsere Herzen Seine wirksame Kraft. Die Welt kann Ihn nicht empfangen; aber bei der Braut Christi, bei der Auserkornen Gottes hat Er Wohnung gemacht. Sie war in den Ratschlüssen Gottes schon vor der Gründung der Welt bekannt und auserwählt; aber sie wurde erst offenbar durch die Absonderung von der Welt und durch die Innewohnung des Heiligen Geistes. 

Die Braut Christi ist sich selbst bewußt, daß sie Christi ist, und daß sie Ihm ganz angehört, da sie schon zum voraus durch den Heiligen Geist mit Seinen köstlichen Kleinodien und dem heiligen Kleide Seiner Gerech­tigkeit geschmückt ist. 

Der Geist Gottes ist das Siegel ihrer Berufung an dem Tage, wo sie Ihn sehen wird; Er ist ihr bis zur Erlösung des Erbes als Unterpfand gegeben. Nach dem Reichtum Seiner Gnade werden ihr jetzt schon die verborgenen Ratschlüsse offenbart, nach welchen sie auserwählt und herrlich gemacht ist. Es werden ihr die unaussprechlichen Reichtümer Seiner Gnade und Seiner Herrlichkeit verkündigt, und daß Christus, ihr himmlischer Bräutigam, zum Erben aller Dinge eingesetzt ist. 

Was kann das Herz der Braut mehr erfreuen, als wenn sie von der Verherrlichung und dem unermeßlichen Erb­teil Ihres Bräutigams hört, da sie weiß, daß sie Seine auser­wählte Gefährtin ist und in vollem Maße Alles mit Ihm ge­nießen wird, was Sein ist. „Christus in euch die Hoffnung der Herrlichkeit" (Kol. 1, 27). Sein Reichtum und Seine Herrlichkeit ist der Reichtum und die Herrlichkeit Seiner Braut. Die Liebe des Vaters kann die so teuer erkaufte Braut des geliebten Sohnes nicht weniger segnen, als ihren Bräutigam; weil sie Alle von Einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden (Hebr. 2, 11). 

Jesus selbst bekennt: „Die Herr­lichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben." „Wir sind mit Christo gesegnet im Himmel, in geistlichen Gütern" (Eph. 1, 3). Je mehr die Kirche durch die Gnade in die Erkennt­nis des Geheimnisses Gottes eingeweiht ist, desto mehr wird sie den Wert ihrer Berufung zu schätzen wissen. Diese Erkennt­nis bildet ihren Charakter und heiligt ihren Wandel.

 Paulus achtete, um der überschwenglichen Erkenntnis Christi willen, alles für Schaden und Kot. Sie allein kann unser Herz wahrhaft befriedigen und erfreuen, da sie uns in der Gegenwart eine Gnade und in der Zukunft eine Herrlichkeit zusichert, die alle menschlichen Gedanken übersteigt.
Am anderen Morgen sagte Elieser: „Laßt mich zu meinem Herrn ziehen" (V. 64); und als sie ihn baten, die Rebekka noch etwa zehn Tage dort zu lassen, erwiderte er: „Haltet mich nicht auf, denn der Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben. Laßt mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe" (V. 56). 

Es wurde auch Rebekka gefragt: „Willst du mit diesem Manne ziehen?" Und sie rief: „Ja, ich will mit ihm." Da ließen sie Rebekka unter vielen Segenswünschen von sich. 

Und also machte sich Rebekka auf mit ihren Dirnen, und setzten sich auf die Kamele und zogen dem Manne nach. „Und der Knecht nahm Rebekka an und zog hin." Hier tritt uns besonders die Eile entgegen, womit Elieser sich auf den Weg macht. 

Der Herr hat Gnade zu seiner Reise gegeben, und nun will er auch nicht länger säumen, die Auserkorene dem harrenden Bräutigam entgegen zu führen. Ebenso finden wir Rebekka bereitwillig, ihr bisheriges Vater­haus, sowie ihre Heimat und ihre Freundschaft zu verlassen, um in einem anderen Vaterlande, in dem Zelte Saras, die Ge­fährtin dessen zu sein, welcher der Erbe aller Reichtümer Abra­hams war. 

Diese Erwartung hat für ihr Herz einen kräftigeren Zug, als die Wünsche der Ihrigen, die sie noch gern etwa zehn Tage in ihrer Mitte zu haben wünschten. Sie verläßt Vater und Mutter, um ihrem Manne anzuhangen. Sie zieht hin, nicht achtend die Beschwerden der Reise durch die Wüste, die noch zwischen ihr und dem entfernten Bräutigam lagen. Ihre Freude in Hoffnung erweckt ausharrende Geduld. Sie traut sich dem Elieser an, der den Weg kennt und der sie auch immer mehr über die Gesinnung Abrahams und Isaaks, wie über das große Erbteil des Letzteren unterhalten konnte.
Der Heilige Geist wirbt um die Seelen und sondert sie von der Welt ab. Wir haben gehört, daß die überschwengliche Er­kenntnis Christi uns die Bereitwilligkeit und die Kraft gibt, Alles für Schaden und Kot zu achten. Sobald wir durch! den Geist der Weisheit, am Verstand erleuchtet, die Hoffnung un­seres Berufes und den herrlichen Reichtum des Erbes an den Heiligen erkennen, sind wir bereit. Alles zu verlassen. 

Die Welt und ihre vergänglichen Reize verlieren ganz ihren Wert, sobald uns die Herrlichkeit offenbar wird, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz ge­kommen ist. Die Gewißheit, daß wir Mitgenossen der himm­lischen Berufung Gottes in Christo Jesu sind, macht, daß wir alles Sichtbare gering schätzen. 

„Durch den Glauben wollte Moses, da er groß ward, nicht mehr ein Sohn der Tochter Pharao heißen und erwählte viel lieber, mit dem Volke Gottes Unge­mach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben; und achtete die Schmach Christi für größeren Reichtum, als die Schätze Ägyptens, denn er sah an die Beloh­nung" (Hebr. 11, 24—26). 

Die himmlische Herrlichkeit ist das Erbteil der Braut; doch was noch viel köstlicher ist, sie besitzt den Bräutigam selbst; sie ist ganz Sein und darf in Seiner per­sönlichen Gegenwart und sichtbaren Gemeinschaft Alles das ge­nießen, was Er besitzt. „Wir werden ihm gleich sein, denn wir werden ihn sehen, wie er ist" (1. Joh. 3, 3). Die Hoff­nung, Ihm gleich zu sein, macht, daß wir bereit sind, uns zu reinigen, wie Er rein ist. „In den zukünftigen Zeiten wird Gott den überschwenglichen Reichtum seiner Gnade in Güte über uns in Christo Jesus offenbaren" (Eph. 2, 7).

Schon jetzt weiß sich die Braut Eins mit ihrem himm­lischen Bräutigam, obgleich sie noch in der Wüste, umgeben von mannigfacher Versuchung, pilgert. Sie ist Sein; sie ist durch den Geist mit Ihm auf ewig vereinigt und vom Vater auserwählt, vor Gründung der Welt. Sie gehört ebensowenig dieser Welt an, wie Er; sie ist Mitgenossin einer himmlischen Herrlich­keit. 

Dies Bewußtsein wird ihr Kraft und Bereitwilligkeit geben, auszugehen aus einer Welt, die nicht ihre Heimat ist. Sie wird durch Wort und Wandel bekennen, daß sie auf dieser Erde nur ein Gast und Fremdling ist, und dem himmlischen Vaterlande, wo Jesus, ihr Bräutigam, die Stätte für sie bereitet hat, mit großem Verlangen entgegen zu eilen. Sein Gott ist ihr Gott, und Sein Vater ist ihr Vater. 

Sie erkennt anders kein Vater­haus und keine Heimat mehr, als da, wo Jesus ist. Sie weiß, daß sie erlöst und auserwählt ist, und daß nur noch der glück­selige Augenblick der sichtbaren Vereinigung mit ihrem himm­lischen Haupte übrig ist. Auf diesen Augenblick wartet sie mit Sehnsucht, und verläßt in Eile Alles, was sie in ihrem fröh­lichen Laufe hemmen will.

 Ihr Herz ist erfüllt von Hoffnung der himmlischen Herrlichkeit, und diese macht, daß sie die vielen Drangsale dieser Zeit mit ausharrender Geduld trägt und den Kampf des Glaubens bis zum Ende kämpft.
Der Heilige Geist, der Wohnung bei der Braut gemacht hat, bleibt auch stets ihr Begleiter. Sein Werk ist es, dieselbe durch die gefahrvolle Wüste hindurch zu leiten und sie dem verherr­lichten Bräutigam im Himmel entgegen zu führen. Er allein weiß, was in Gott ist, und Er ist es auch, der die Gesinnungen des Vaters und Seines Sohnes und die Fülle des herrlichen Erbes der teuren Miterbin offenbart. Durch Ihn wird sie immer tiefer in die Erkenntnis Gottes und ihrer köstlichen Erwartung eingeführt. 

Er unterhält in ihr die Gefühle des Himmels und beschäftigt sie mit den Dingen, die droben sind, wo Christus zur Rechten des Vaters mit Preis und Herrlichkeit gekrönt ist. Er kräftigt den Glauben, macht völlig die Liebe und befestigt die Hoffnung. Stets ist Er bereit, das Bewußtsein wacker zu er­halten, daß wir dem Himmel angehören, und eine himmlische Herrlichkeit mit Christo zu erwarten haben, damit unsere Blicke nicht durch die sichtbaren Dinge dieser Welt gefesselt werden.

 Jeder Blick auf diese Dinge, mag der Eindruck auch noch so verschieden sein, schwächt unseren Glauben und unseren freu­digen Lauf. Nur die stete Erwartung Christi und unsere Ver­einigung mit Ihm gibt Mut und Kraft im Kampf, Trost im Trüb­sal und Beharrung in der Geduld.
Die Braut, oder die Kirche, muß sich stets der Führung des Heiligen Geistes überlassen. Sobald sie selbstgefällig ihre eige­nen Wege geht, wird sie irren und ermatten. 

Blicken wir auf den bisherigen Weg, den die Braut in der Wüste seit ihrem Ausgange gemacht hat, so erkennen wir bald, daß sie in dieser Beziehung sehr gefehlt hat. Sie hat den Heiligen Geist, ihren treuen Führer, betrübt und sich mancher und großer Untreue gegen die Treue und zärtliche Liebe ihres Bräutigams schuldig gemacht. 

Sie vergaß zum Teil ihre himmlische Berufung und beschäftigte sich mit irdischen Hoffnungen; sie verkannte ihre innige Verbindung mit Christo und wurde verweltlicht; sie hörte auf, die Wiederkunft Christi und ihre Vereinigung mit dem himmlischen Bräutigam zu erwarten und suchte Ge­nüsse auf dieser Erde. Ihre Wartezeit auf dieser feindlichen Ende hat große Ähnlichkeit mit dem Durchzuge der Kinder Israels durch die Wüste, und obgleich sie von dem Apostel in 

1. Kor. 10 so ernstlich ermahnt und gewarnt war, .diesem hals­starrigen und untreuen Volke nicht zu folgen, so hat sie doch nicht hierauf geachtet. Ihr weltlicher Sinn fand sogar oft eine, Beruhigung in den Gedanken: „Mein Herr kommt noch lange nicht!" Möchte doch die Braut mit Beschämung ihre Untreue erkennen und in Eintalt durch den Heiligen Geist zu der über­schwenglichen Erkenntnis Christi und zu der freudigen Erwar­tung der nahen und herrlichen Zukunft ihres geliebten Bräuti­gams zurückkehren.
Im obigen Kapitel lesen wir von Vers 62 weiter: „Isaak aber kam vom Brunnen des Lebendigen und Sehenden, (denn er wohnte im Lande gegen Mittag), und war ausgegangen zu beten auf dem Felde um den Abend, und hob seine Augen auf und sah, daß Kamele daher kamen. Und Rebekka hob ihre Augen auf und sah Isaak, da stieg sie vom Kamel und sprach zu dem Knecht: 

Wer ist der Mann, der uns entgegen kommt, auf dem Felde? Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Mantel und verhüllte sich. Und der Knecht erzählte Isaak alle Sachen, die er ausgerichtet hatte. Da führte sie Isaak in die Hütte seiner Mutter Sara, und nahm die Rebekka, und sie ward sein Weib, und er hatte sie lieb."

Ein feierlicher Augenblick, ein Augenblick der tiefsten und seligsten Freude, wird die Vereinigung der Braut mit Christo sein. Ihre Pilgerschaft auf einer feindlichen Erde ist alsdann beendet, die mannigfachen Drangsale sind überstanden, und das herrliche Kleinod der himmlischen Berufung ist erreicht. Die Braut, welche aus Liebe zu Dem, den sie nicht gesehen, die Welt verließ und eine beschwerliche Wüste durchwanderte, ge­nießt jetzt das süßeste Glück in Seiner persönlichen Gegenwart. 

Sie erfreut sich der innigsten Gemeinschaft Dessen, dem sie all ihr Glück und ihre Seligkeit zu verdanken hat. Dann erst wird sie die Gesinnungen des Vaters und des Sohnes recht verstehen; sie wird erkennen, daß der Gegenstand der zärtlichsten Zu­neigung und der innigsten Liebe Gottes und des Lammes ist. Was sie hienieden nur stückweise durch Offenbarung begreifen konnte, weil sie mit Schwachheit umgeben war, wird sie in der "Herrlichkeit vollkommen verwirklicht sehen. Nicht nur wird sie diese Herrlichkeit, die Ihm vom Vater gegeben ist, rühmen und preisen, sondern sie wird als Sein Weib Alles mit Ihm genießen, was Er besitzt. 

Zu dieser unaussprechlichen Seligkeit konnte sie nichts erheben, als die freie Wahl einer unbe­grenzten Liebe und einer unbeschränkten Gnade. „Ihr habt nicht mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt." 

Die Kirche ver­einigt mit Christo in der Herrlichkeit ist die Verwirklichung der verborgenen Ratschlüsse und Gedanken Gottes. Sie wird als der Abglanz .des göttlichen Wesens und der himmlischen Herr­lichkeit ein Gegenstand der Bewunderung Aller sein, die im Himmel und auf Erden sind, zum Lob und Preis der Gnade und Herrlichkeit Gottes. Wie sehr sind solche Gedanken geeignet, unsere Herzen über alles Sichtbare zu erheben, und sie in Hoffnung fröhlich zu machen. 

Es gibt kein wirksameres Mittel für .die Heiligung unseres Wandels, für die Ausdauer im Kampf des Glaubens, als die Erwartung Christi und Seiner Herrlichkeit. 

Wenn die Apostel auf das Wohl der Kirche einwirken wollten, so redeten sie von der herrlichen Zukunft Christi und von dem unaus­forschlichen Reichtum Seines Erbes in den Heiligen. „Seid ge­duldig und stärket eure Herzen, denn die Ankunft des Herrn ist nahe" (Jak. 5, 8). „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch! Eure Lindigkeit lasset kund sein allen Menschen. Der Herr ist nahe" (Phil. 4, 4 und 5). 

Das Gefühl, daß der Herr nahe ist, gibt Geduld in allen Anfechtungen, und macht, daß sie selbst für eitel Freude geachtet werden.
So wie Isaak der Rebekka entgegen kam, so wird auch Christus bei Seiner Ankunft der Kirche, Seiner Braut, entgegen kommen. „Denn er selbst, der Herr, wird mit einem Feldge­schrei und Stimme des Erzengels und mit 'der Posaune Gottes:
hernieder kommen vom Himmel, und die Toten in Christo wer­den auferstehen zuerst. Darnach wir, die wir leben und über­bleiben, zugleich mit denselbigen hingerückt werden in Wolken, dem Herrn entgegen in die Luft, und werden also bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten unterein­ander" (1. Thess. 4, 16—18). 

Diese Vereinigung wird der erste Gegenstand der Zukunft Christi sein. Die Kirche muß mit Ihm vereinigt sein, ehe Er in der Herrlichkeit erscheint, weil sie Ihn bei dieser Erscheinung begleiten wird. Sie hat Ihn jeden Augen­blick zu erwarten; Er kann heute noch aus dem Heiligtum zu­rückkehren und die harrende Braut abholen. Darum gebe der Herr, daß wir uns stets bereit halten, Ihn würdiglich zu emp­fangen, um so mehr, da die süße Hoffnung uns belebt, daß Er nahe ist.

1. Mose 35, Das Endziel Gottes und die Mittel Jakobs 1857 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Das Endziel Gottes und die Mittel Jakobs (1. Mose 35)

Im 13. Kapitel des 1. B. Mose sehen wir, daß Abraham, nachdem sich Lot von ihm getrennt hatte, dem Herrn einen Altar baute. Gott erschien ihm; aber nicht wie das erste Mal, um ihn auf den Weg des Glaubens zu b r i n g e n. Er ist auf dem Weg des Glaubens; die Verheißungen sind ihm gemacht.

 Gott gibt ihm jetzt eine genauere Kenntnis von der Tragweite dieser Verheißungen. „Hebe deine Augen auf, und siehe von der Stätte, da du stehest, gegen Mitter­nacht, gegen Mittag, gegen Morgen und gegen Abend. Denn alles Land, das du siehst, will ich dir geben, und deinem Samen ewiglich ....

 Mache dich auf und ziehe durch das Land, in die Länge und in die Breite; denn dir will ich's geben (1. Mos.13,14-17). Hier haben wir einen großen Grund­satz in Betreff der Trennung von aller Welt.
Wir wollen jedoch jetzt einen anderen Altar betrachten, den, welchen Jakob bei seiner Zurückberufung bei Bethel er­richtete, und diesen ein wenig mit dem Ringkampf Gottes mit Jakob, als er aus Mesopotamien zurückkehrte, verglei­chen. In der Fremde hatte dieser keinen Altar. —

Die Geschichte Jakobs ist die Geschichte eines solchen, der in der Gunst Gottes steht; der aber auf einem hin- und herschwankenden Weg und in vielen Fehltritten erzogen ist. Die Treue Gottes erwies sich in allen seinen Mängeln und Wanderungen, selbst in seinen Versuchen, die Segnung auf einem fleischlichen Weg zu erlangen. Dieses Ergebnis drückt er selbst in seiner Unterredung mit Pharao aus (Kap. 47). 

Er naht dem großen Beherrscher der Welt und segnet ihn, ohne im geringsten zu stocken, während er zu gleicher Zeit eine sehr traurige Mitteilung über sein eigenes Leben macht. Wir sehen seine augenscheinliche Überlegenheit in der Gegen­wart der Welt; aber im Vergleich mit anderen Heiligen ist sein Leben ein trauriges gewesen. „W e n i g und böse waren die Tage meines Lebens." 

Wenn der geringste Hei­lige dem höchsten Herrscher der Welt gegenüber gestellt wird, so ist er doch immer der größte. Es ist aber sehr lieb­lich, in Jakob diese Niedrigkeit, als ein Ergebnis seiner we­nigen und bösen Tage, zu sehen. Der Heilige mag zu seiner eigenen Beschämung manche Fehler vor der Welt zu bekennen haben; seine Seele aber ist in Gemeinschaft mit Gott und im Bewußtsein Seiner Segnungen.
Was den Charakter Jakobs betrifft, so war er gewiß ein Gläubiger, der Gottes Verheißungen schätzte. Esau tat es nicht; die Schrift redet von ihm, als einer „unheiligen Per­son". Während Jakob die Verheißungen schätzte, verkaufte Esau seine Erstgeburt für ein Linsengericht. 

Doch finden wir in Jakob nicht diesen Charakter des Glaubens — das Vertrauen auf Gott, daß Er die Verheißungen auch ausführe. Er schätzte sie wirklich; aber er gebrauchte fleischliche Mit­tel, um sie zu erlangen; er verließ sich auf menschliche Klugheit, anstatt auf Gott. Am Ende sehen wir ihn gesegnet; aber sein Betragen konnte Gott nicht billigen. Auf sei­nen Wegen wurde ihm mit demselben Maß gemessen, mit welchem auch er gemessen hatte. Er wurde selbst stets der Gegenstand eines ähnlichen Betruges. Er sagt zu Laban:
„Des Tages verschmachtete ich vor Hitze und des Nachts vor Frost; und es floh der Schlaf von meinen Augen. Also habe ich diese zwanzig Jahre in deinem Hause zugebracht; habe dir gedient vierzehn Jahre um deine beiden Töchter, und sechs um deine Herde, und du hast mir meinen Lohn zehn Mal verändert" (Kap. 31, 40. 41). 

Betrogen mit seinem Weibe, übervorteilt in seinem Lohn, fern vom Hause seines Vaters und ein Sklave Labans, ging er auf einem betrüge­rischen Wege einher, anstatt sich auf die Erfüllung der Seg­nungen Gottes zu verlassen. In diesem allem sehen wir tat­sächliche Züchtigungen für seine Unlauterkeiten. Gott ließ ihn die Ruhe fühlen; aber zu gleicher Zeit unterstützte Er ihn auch. Und in dieser Weise verfährt der „Vater der Gei­ster" immer mit den Seinigen.

Als sich Jakob auf seiner Flucht vor Esau am Abend niedergelegt und einen der umherliegenden Steine als Kopf­kissen benutzt hatte, träumte er: „Und siehe, eine Leiter war gestellt auf die Erde, die rührte mit der Spitze an den Himmel; und siehe! die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder, und siehe! der Herr stand über ihr und sprach: Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines Vaters, und der Gott Isaaks; das Land worauf du liegst will ich dir und dei­nem Samen geben; und dein Same soll werden wie der Staub auf Erden, und du sollst dich ausbreiten gegen Abend, Morgen, Mitternacht und Mittag; und durch dich und dei­nen Samen sollen die Geschlechter auf Erden gesegnet wer­den. 

Und siehe! ich bin mit dir, und will dich behüten über­all, wo du hinziehest, und will dich wieder herbringen in dies Land; denn ich will dich nicht lassen, bis daß ich tue, was ich dir geredet habe" (Kap. 28, 12-15). Aber trotz dieser köstlichen Verheißung und dieser trostreichen Zusage ge­brauchte Jakob immer List und menschliche Mittel, um sein Ziel zu erreichen, sowohl in Betreff des Geburtsrechtes und des Segens, als auch der Herde Labans (Kap. 30).

Nach einer gewissen Zeit sieht er ein, daß er nicht länger bei Laban bleiben kann; und er stiehlt sich heimlich von dort weg, obgleich Gott ihm geboten hatte, in das Land sei­ner Verwandtschaft zurückzukehren. Laban verfolgte ihn; aber Gott tritt dazwischen, und wenn jener auch wollte, er durfte ihm keinen Schaden zufügen. Jakob richtet zum Zeugnis einen Steinhaufen auf (Kap. 31).

Als er zum ersten Mal vor Esau floh, sah er ein Gesicht von Engeln, und es wurde ihm offenbart, daß er ein Gegenstand der Gunst Gottes sei. Ebenso jetzt. — Zu Bethel hatte er den Stein, welchen er zu seinen Häuptern gesetzt, als ein Denkmal aufgerichtet; er hatte öl darauf gegossen und ein Gelübde getan. Und darnach sehen wir, daß er durch eine Reihe von Züchtigungen geht. 

Nicht länger fähig bei Laban zu bleiben, erschien ihm der Herr wieder, und indem Er ihm gebot, in das Land sei­ner Väter zurückzukehren, sagte Er ihm: „Ich will mit dir sein!" Und es begegneten ihm die Heere Gottes auf dem Wege, und er nennt diesen Ort: „Mahanaim", d.h. Zwei-Lager (Kap.32,1. 2).

Jetzt aber hat sich Esau aufgemacht, um ihm zu begeg­nen, und wiederum offenbart sich in Jakob derselbe Cha­rakter des Unglaubens. Anstatt sich der Worte Gottes zu erinnern: „Ich will mit dir sein!" und der Tatsache zu ge­denken, daß Gottes Heere ihm begegnet sind, nimmt er aufs neue seine Zuflucht zu fleischlichen Auswegen, um Gnade zu finden „vor den Augen Esau's", und um „zu versöhnen meinen Herrn Esau." Wären viertausend Mann anstatt vier­hundert bei Esau gewesen, was lag daran? — „Wenn Gott für uns ist, wer wider uns?" 

Und dann auch: Welches Recht und welcher Titel gebührt Esau? Wir erniedrigen uns immer unter die Kinder der Welt, wenn wir menschliche, hinter­listige Wege in unserem Handeln mit ihnen einschlagen.

Doch der Herr begegnet dem Jakob in Barmherzigkeit! — Dieser sendet einen Haufen Vieh nach dem andern und auch Knechte. Nach diesen folgen die Kinder und die Weiber; und ganz am Ende er selbst. „Und Jakob blieb allein übrig" (Kap. 32, 24).—Trauriges Bild eines Menschen, der nicht mit Gott wandelt! Befreit von der Verfolgung Labans, ermutigt durch die Verheißung Gottes: „Ich will mit dir sein!" und durch das Gesicht der Heere Gottes zu Mahanaim, — und doch gab dies alles ihm keinen Mut, und warum nicht? 

Sein Herz war nicht mit Gott. Und Gott mußte Selbst die Sache in Seine Hand nehmen; aber wenn Er den Jakob von der Hand Esau's befreien sollte, so mußte Er zuvor mit Jakob selbst zu tun haben.
Auf seiner Flucht nach Mesopotamien hatte Jakob dem Herrn ein Gelübde getan und gesagt: „So Gott mit mir sein wird und mich behütet auf diesem Wege, den ich reise, und mir Brot zu essen geben wird und Kleider anzuziehen, und ich mit Frieden wiederkehre zu meines Vaters Haus, so soll der Herr mein Gott sein" (Kap. 28, 20. 21); und jetzt sagt er:
„Gott meines Vaters Abraham, und Gott meines Vaters Isaak, Herr, der du mir gesagt hast: Ziehe wieder in dein Land und in deine Heimat, ich will dir wohltun. Ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Knechte getan hast; denn mit meinem Stab ging ich über diesen Jordan, und nun bin ich zwei Heere geworden. 

0, errette mich von der Hand meines Bruders, von der Hand Esau's! Denn ich fürchte mich vor ihm, daß er nicht komme und schlage mich, die Mutter samt den Kindern. Du hast ja gesagt: Ich will dir wohltun, und deinen Samen machen wie den Sand am Meere, den man nicht zählen kann vor Menge" (Kap. 32, 9-12). So sprach er; aber er verstand nicht auf Gott zu vertrauen.
Wir sehen in Jakob einen Menschen, welcher den Herrn liebt und Seine Verheißungen schätzt; aber einen Heiligen Gottes, welcher fortwährend gezüchtigt, und dessen Herz dennoch nicht gebrochen ist. Gott Selbst mußte sogar mit ihm ringen. — Ähnlich finden wir es bei dem Petrus. 

Dieser liebte auch wirklich den Herrn; aber er hatte nicht den ge­ringsten Begriff von dem, was das Fleisch ist, und deshalb mußte er durch Läuterungen gehen. „Simon, Simon! siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten, wie den Wei­zen. 

Ich aber habe für dich gebetet, auf daß dein Glaube nicht aufhöre, und bist du einst zurückgekehrt, so stärke deine Brüder" (Luk. 22, 31. 32). Auf dem Weg der Läuterung wurde er bewahrt. „Ich habe für dich gebetet!" An der Furt Jabbok begegnete der Herr dem Jakob allein. „Da rang ein Mann mit ihm bis die Morgenröte anbrach." Dies ist aber nicht das Ringen Jakobs im Glauben mit Gott, wie oft gesagt wird.

„Und da er sah, daß er ihn nicht über­mochte, berührte er das Gelenk seiner Hüfte, und das Ge­lenk der Hüfte Jakobs ward über dem Ringen mit ihm ver­renkt" (Kap. 32, 24. 25). Es ist kein Ringen, in welchem alle Kräfte Jakobs sich zeigen; und in der Folge, während er fühlte, was es heißt, ein gebrochenes Herz und ein verwelk­tes Fleisch zu haben, konnte zu ihm gesagt werden: „Du hast mit Gott und mit Menschen gekämpft und bist ob­gelegen." — Er empfängt einen Segen: Gott nennt ihn „Is­rael"1; aber Er weigert Sich, Seinen Namen zu offenbaren. 

Und konnte Er als ein Ringender, Seinen Namen kundtun? — eine Stellung, wozu Er sozusagen durch Jakob genötigt worden war. „Warum", sagt Er, „fragst du wie ich heiße? Und Er segnete ihn daselbst." Hier gibt es keine friedliche und ruhige Kenntnis der wunderbaren Gnade Gottes.

 Durch das Ringen ist Jakob der starke Mann Gottes; aber Gott muß das Fleisch schwächen. Er wird immer die Seele früher oder später durch Seine Züchtigungen heimsuchen, wenn das Fleisch nicht geschwächt ist.
Es war ein Segen, solch einen Namen wie „Israel" zu er­halten — ein Segen, der einem hinkenden Heiligen zukam. Er hinkte jetzt alle Tage seines Lebens, und Gott hatte Sich geweigert, Seinen Namen zu offenbaren. Nicht so bei Abra­ham. 

Der Herr sprach zu diesem: „Ich bin Gott, der All­mächtige, wandle vor mir und sei vollkommen!" ..Und als Er Seine Rede mit ihm geendigt, stieg Gott auf von Abra­ham." Hier finden wir eine friedliche Gemeinschaft; und Abraham kann sich für andere verwenden, anstatt für sich selbst zu ringen (Kap. 17. 18). 

Nach diesem sagte Gott zu Jakob: „Mache dich auf und ziehe gen Bethel, und wohne daselbst und mache daselbst einen Altar dem Gott, der dir erschien, da du flohest vor deinem Bruder Esau" (Kap. 35, l). Es scheint in diesem Kapitel, als wenn Gott hier mit Jakob zuerst anfinge, und gleichsam alles Vorhergehende übersähe, als wenn noch nichts vorgefallen wäre.

„Da sprach Jakob zu seinem Hause und zu allen, die mit ihm waren: Tut von euch die fremden Götter, so unter euch sind, und reinigt euch und wechselt eure Kleider; und lasset uns auf sein und gen Bethel ziehen, daß ich daselbst einen Altar mache dem Gott, der mich erhöret hat zur Zeit meiner Trübsal und ist mit mir gewesen auf dem Wege, den ich ge­zogen b i n " (V. 2. 3). Rahel hatte ihres Vaters fremde Götter lange mit sich umhergetragen (Kap. 31,19. 30-35). 

Ja­kob gedenkt jetzt daran, aber früher hatte er es nicht be­achtet. In welch einem geteilten Zustand befand sich sein Herz! Und so ist es immer, wenn wir nicht auf Gott ver­trauen. Jetzt aber, da Jakob in die Gegenwart Gottes treten will, fühlt er, was sich in dieser Gegenwart geziemt oder nicht; sein Unterscheidungsvermögen zwischen rein und un­rein ist erwacht. 

Nach allen den Züchtigungen erinnert er sich jetzt der Liebe und Treue Gottes, die ihm in all seinen Wegen gefolgt ist. „Da gaben sie Jakob alle fremden Götter, die unter ihren Händen waren" (V. 4. 5).
Jetzt wird Gott wieder geehrt, und zwar als der treue Gott, der dem Jakob in den Tagen seiner Trübsal geantwor­tet hatte, und der auf dem ganzen Wege mit ihm gewesen war. 

Zu der Zeit, als Gott den Jakob unter Seine Zucht brachte, sagte Er: „Ich bin mit dir und will dich erhalten in allen Orten, wohin du gehst!" — Jetzt sagt Jakob: „Er ist mit mir gewesen!" — Ja, Er ist der Gott, der, während wir auf dem Wege fehlen, dennoch auf dem ganzen Wege stets mit uns ist.

„Und Gott erschien Jakob abermals, nachdem er aus Me­sopotamien gekommen war und segnete ihn und sprach zu ihm: „Du heißest Jakob; aber du sollst nicht mehr Jakob heißen, sondern Israel sollst du heißen. Und also heißt man ihn Israel" (Vers 9. 10). 

Dies ist eine lange Zeit nach dem Ringkampf. Jakob hatte alle seine fremden Götter abgeschafft und begegnet Gott da, wo Er Sich ihm offenbaren kann, und wo Er ihm den neuen Namen „Israel" gibt. Er tut es jetzt, als wenn Er es nie zuvor getan hätte, und gedenkt nicht sei­ner früheren Übertretungen. Gott betrachtet ihn als einen, der stark bei Ihm ist.
„Und Gott sprach zu ihm: Ich bin der allmächtige Gott! sei fruchtbar, mehre dich: Völker und Völkerhaufen sollen von dir kommen, und Könige sollen aus deinen Len­den hervorgehen. 

Und das Land, das ich Abraham und Isaak gegeben habe, will ich dir geben; und will deinem Sa­men nach dir dies Land geben. Und Gott fuhr auf von ihm, an dem Orte, da er mit ihm geredet hatte" (V. 11-13). Das ist es gerade, was Er auch bei Abra­ham getan hatte. Er macht ihn jetzt nicht hinkend, noch ringt Er mit ihm, noch verbirgt Er jetzt Seinen Namen. 

Vielmehr offenbart Er ihm diesen in allem friedlichen Ver­trauen. „Und er geht auf von ihm." Früher hatte Gott von der Spitze der Leiter zu ihm geredet; jetzt aber kommt Er zu ihm hernieder. „Und Jakob richtete ein Mal auf, an dem Ort, da er mit ihm geredet hatte, ein steinernes Mal, und goß Trankopfer darauf, und begoß es mit Öl. Und Jakob hieß den Ort, da Gott mit ihm geredet hatte, „Bethel", d. 1. Haus Gottes (V. 14.15). Da ist kein Fürchten, kein halbes Verehren. „Wie heilig ist diese Stätte! usw." (Kap. 28, 17). Sein Name war Jakob, d. 1. „Über­treter".

Gott aber kann ihm diesen Namen nicht geben; Er nennt ihn Israel. Er offenbarte sich ihm als Gott, der Allmächtige; und Jakob ist fähig, den Ort zu nennen: „das Haus Gottes."
Hier haben wir die köstliche Belehrung, daß, wenn Gott mit uns handelt, es nicht nur darum ist, uns die Segnung des Landes Kanaan zu geben, und die damit verbundene Freude, sondern daß Er uns züchtigt, um das Fleisch zu de­mütigen, damit Er Sich uns in friedlicher Gemeinschaft of­fenbaren kann. 

Wir mögen, wie Petrus, wirkliche Liebe für den Herrn haben, oder wie Jakob die Verheißungen in Wahrheit schätzen; wenn aber das Fleisch nicht gerichtet ist, so ist dessen Erniedrigung zuerst nötig. Dies mag oft im Anfang, oft durch Umstände auf dem Wege, oft erst auf dem Sterbebett geschehen; aber früher oder später muß das Fleisch, entweder auf eine friedliche oder eine peinliche Weise gerichtet werden. 

In Jakob sehen wir das Vertrauen auf das Fleisch; er stützt sich auf dasselbe zur Erlangung der Verheißungen Gottes; deshalb gibt es auf seinem ganzen Weg allerlei Züchtigungen; aber am Ende ist die Segnung. 

Es kann ein gewisses Trauen auf die Treue Gottes, verbun­den mit Glauben an Seine Verheißungen und mit Freude darin, vorhanden sein, und dennoch, anstatt sich auf die Macht Gottes in Betreff ihrer Erfüllung zu verlassen, zu solchen unheiligen Mitteln Zuflucht genommen werden, die nur Züchtigung und Sorge zur Folge haben. „Irret euch nicht" sagt der Apostel, „Gott läßt sich nicht spotten! denn was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten. Denn wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleische Verderben ernten" (Gal. 6. 7. 8).
„Ich bin mit dir und will dich behüten überall, wo du hinziehest!" (Kap. 28, 15). 

Dies war das Teil Jakobs beim Be­ginn; —am Anfang und am Ende fand er die Treue Gottes; aber er verstand nicht, sich auf dem Wege darauf zu ver­lassen. An Gott genug zu haben, und nicht auf die Nichtig­keit des Fleisches zu vertrauen, muß gelernt werden; ent­weder auf eine friedliche Weise, wenn wir mit Gott wandeln, oder auf eine schmerzliche, wenn wir ein­undzwanzig Jahre auf einem fleischlichen Weg einhergehen. Jakob konnte erst dann im Frieden in Bethel sein, nachdem er gelernt hatte: „kein Vertrauen auf das Fleisch zu haben.

" Er liebte zwar nicht die fremden Götter; aber nie war er zu Hause durch sein Gewissen genötigt worden, sie hinwegzu­tun. Jetzt aber war es geschehen, und wir finden ihn im friedlichsten und überaus glücklichen Selbstgericht vor Gott. 

Dahin muß es stets mit uns kommen; mögen auch die Mittel Gottes, uns dahin zu bringen, noch so verschieden sein; Gott kann nicht eher mit Seinem Kinde in Bethel sein, bis Er es von seinem Vertrauen auf das Fleisch entwöhnt hat.
Der Herr gebe uns, auf Ihn allein zu vertrauen, — nicht allein am Ende, sondern auf dem ganzen Wege!     (Übersetzt)