1. Mose 37-48 Joseph ein Vorbild auf Jesum 1855 BdH

01/03/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Joseph ein Vorbild auf Jesum 1.Mose Kap 37 bis 48

Wir finden im Alten Testament wohl keine Geschichte, die als Vorbild auf Jesum so reich und so ausgedehnt ist, als die Geschichte Josephs. Die Verwandtschaft derselben, selbst in den verschiedenen Einzelheiten, mit dem, was den Herrn offenbart, ist so sehr in die Augen fallend, daß selbst der einfachste Christ  sie mit leichter Mühe bald herausfindet. 

Zugleich ist es aber auch für das einfältig gläubige Herz eine höchst angenehme und erquickende Beschäftigung, in so vielen innerlichen Schönheiten dieser Geschichte den Herrn selbst, und das, was Ihn offenbart, gleichsam in einem Bilde zu schauen; überall findet es Gelegen­heit, die mannigfaltige Weisheit Gottes zu bewundern und Seinen Namen zu preisen. 

Der Heilige Geist wolle uns denn bei dieser Betrachtung leiten, daß unsere Herzen durch dieselbe reichlich genährt und erquickt werden, und wir immer tiefer hinein­schauen in Seine wunderbaren und herrlichen Wege, worin sich stets Seine Weisheit und Liebe, Seine Gnade, Macht und Gerech­tigkeit offenbaren.
Nach den Ratschlüssen Gottes war Joseph der Erbe der Herrlichkeit und das Oberhaupt seiner ganzen Familie. Im An­fang seiner Geschichte haben wir die Offenbarung dieser Rat­schlüsse an Israel (Jakob) und seine Söhne durch Josephs Träu­me (Kap. 37, 5—11) und am Ende die Erfüllung derselben (Kap. 41-46). 

Zwischen beiden aber die wunderbaren Wege Gottes. Die Brüder Josephs verstehen nichts von diesen Ratschlüssen, weil alles das, was uns Gott mitteilt, von unserer Seite Glauben for­dert, und dieser war nicht in ihnen. Nur bei der Erfüllung der­selben müssen sie mit tiefer Beschämung erkennen, daß Gott treu und wahrhaftig ist, und alles erfüllt, was Er verheißen hat. 

Jakob aber, ihr Vater, obwohl ihm auch der Ausgang dunkel war, bewahrte doch die Sache (Kap. 37, 11). Er hatte etwas von den unbegreiflichen Wegen Gottes, sowie von der Wahrhaftigkeit Seines Wortes erfahren. — Werfen wir unseren Blick auf die Person des Joseph, so finden wir auch hier die V/orte des Apostels bestätigt: „Gott hat das Törichte der Welt auserwählt, auf daß er die Weisen zu schanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, auf daß er das Starke zu schanden mache; und das Unedle der Welt, und das Verachtete hat Gott auserwählt, und das, was nicht ist, auf daß er das, was ist, zu­nichte mache, daß sich vor ihm kein Fleisch rühme" (1. Kor. 1, 27—29).

Betrachten wir die Führungen des Joseph, so sind diese in der Tat sehr wunderbar, und scheinen oft den Ratschlüssen Gottes nicht zu entsprechen, und ihr Ziel ganz und gar zu verfehlen. Doch am Ende sehen wir den Zweck Gottes völlig erreicht; — und, seien es die Führungen einer einzelnen Seele, seien es die Seines ganzen Volkes, immer werden wir genötigt sein, in den Ausspruch des Apostels, einzustimmen:
„O Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte, und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt? Oder wer ist sein Mitarbeiter gewesen? Oder wer hat ihm zuvor­gegeben, und es wird ihm vergolten werden?" (Röm. 11, 33. 34). — Wenn wir aber glauben, daß die Wege Gottes, die Er uns  führt, unausspürbar und unbegreiflich sind, und der Ausgang köstlich ist, wie ruhig und getrost sollten wir denn in solchen Wegen sein, die wir nicht begreifen. 

Ist der Zweck Gottes er­füllt, ist das herrliche Ziel erreicht, so wird uns nichts anderes übrig bleiben, als Anbetung und Bewunderung Seiner Weisheit und Liebe, Seiner Macht und Gnade.
Die Ratschlüsse Gottes in Betreff des Joseph sind vorbildlich und im kleinen Maßstabe diejenigen, welche auf unseren Herrn Jesum Christum Bezug haben. 

Er ist nach diesen Ratschlüssen der wahrhaftige Herr der Herrlichkeit, der Erbe aller Dinge, das Haupt der ganzen Schöpfung, und das Ober­haupt oder der König Seines Volkes, des Volkes Israel. Die Gemeine, Seine Miterbin und die Genossin Seiner Herrlichkeit, kommt hier nicht in Betracht. 

Sie nimmt eine besondere Stel­lung in den Ratschlüssen Gottes ein; als himmlisches Volk, jetzt vor Gott i n Christo, aber bei Seiner Erscheinung mit Ihm in Herrlichkeit, genießt sie in Seiner persönlichen Gemeinschaft alles, was Ihm von dem Vater übergeben ist.

Das jüdische Volk verstand weder die Ratschlüsse Gottes in den Weissagungen der Propheten, noch erkannte es Den, welcher der Mittelpunkt derselben und der Träger aller Verheißungen war, nämlich Jesum, der in Niedrigkeit unter ihnen wohnte, und dessen Herrlichkeit, als die eines Eingebornen vom Vater, stets sichtbar war. Wie wenig sie ihn aber kannten, sagen uns die prophetischen Worte des Jesaias Kapitel 53, 2. 3: „Und er schoß vor ihm auf, wie ein Reis, und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. 

Er hatte keine Gestalt und Schöne; wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste unter den Menschen, voller Schmerzen und Krankheit, und wie ein das Antlitz vor uns Ver­hüllender war er verachtet, und wir haben ihn nicht geachtet." — Nur wenige, obgleich in vielen Stücken noch unwissend, glaubten Ihm in Seiner Niedrigkeit und bewahrten Seine Worte. (Joh. 17, 6).
Wir haben gesehen, daß die Brüder Josephs die Ratschlüsse Gottes weder verstanden noch glaubten. Die Offenbarung der­selben durch die Mitteilung der beiden Träume erregte nur Eifersucht, Neid und Haß in ihren Herzen. 

Schon hatte die zärt­liche Liebe des Vaters zu Joseph diese Neigungen in ihnen auf­geweckt, und als sie nun vollends von letzterem dessen Träume hörten, sagten sie zu ihm: "Willst du etwa König über uns wer­den; willst du etwa über uns herrschen? Und sie haßten ihn noch mehr um seiner Träume und um seiner Rede willen" (Kap. 37, 8). So fiel denn der Haß der Brüder ganz und gar auf den, welcher der Gegenstand der Liebe des Vaters und der Ratschlüsse Gottes war, und sie ruhten nicht eher, als bis sie durch eine böse und grausame Tat ihren Haß an ihm befriedigt  hatten.

Als sie nämlich einst fern vom Vaterhause die Herden weideten, sandte Jakob seinen Sohn Joseph zu ihnen, indem er zu diesem sagte: „Gehe doch, siehe, ob es um deine Brüder und um die Herden wohl steht, und bringe mir Nachricht" (V. 14). Joseph ging hin, und suchte, bis er sie fand. „Und sie sahen ihn von ferne; und bevor er ihnen nahte, machten sie gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten.

 Und sie sprachen einer zu dem anderen: „Siehe, der Träumer kommt da! Und nun wohlan, laßt uns ihn erwürgen, und ihn in eine Grube werfen, und dann sprechen wir: Ein böses Tier hat ihn gefressen; da wollen wir sehen, was aus seinen Träumen wird"(V.18—20). 

So gedachten sie die Ratschlüsse Gottes, die nichts anderes als ihren Segen bezweckten, zunichte zu machen. Und welch einen Unterschied finden wir hier in der Gesinnung des Vaters und der seiner Kinder. Jener ist besorgt, und schickt zu ihnen, um zu erfahren, Wie es um sie steht; diese dagegen, sobald sie seinen Gesandten, sein geliebtes Kind, ihren Bruder, sehen, denken sie gleich daran, ihn zu töten. Bei ihnen ist keine Besorgnis um das Wohl­ergehen des Vaters; sie sind sogar bereit, sein Herz mit dem tiefsten Schmerz zu durchbohren. 

Es gewährt ihnen keine Freude, wenn sie mit guter Botschaft das Herz des Vaters er­quicken, und mit einem freien, kindlichen Bewußtsein vor sein Angesicht zurückkehren können. Sie wollen ihm vielmehr mit der häßlichsten Lüge nahen, und ihm den grausamen Tod seines Geliebten melden. 

So sehr herrschte die Sünde in ihren Herzen, daß selbst aller kindliche Gehorsam und alle natürliche Liebe sowohl zu dem Vater als zu dem Sohn darin erstickt war. — Ruben, der älteste Sohn Jakobs, erkannte wohl dieses Unrecht, und dachte auch daran, den Joseph zu retten, und ihn dem Vater zurückzugeben; allein er war zu schwach, seinen Ent­schluß vor den entarteten Brüdern entschieden auszuführen (V. 21—24). — 

Besonders finden wir hier den Juda wirksam; er rät zwar den Brüdern von ihrem Mordanschlag ab, allein er be­stimmt sie, den Joseph an vorüberziehende Ismaeliter zu ver­kaufen. Und also wurde dieser von seinen Brüdern für zwanzig Silberlinge verkauft und den Heiden übergeben (V. 26—28). — Doch sehen wir in diesem allem die verborgene Hand Gottes, der immer beschäftigt ist, alle Umstände zum besten der Sei­nigen und zur Verherrlichung Seines Namens zu leiten; und gerade da ist Seine unsichtbare Macht besonders tätig, wo Satan seine volle Wirksamkeit entwickelt, und Triumphe zu feiern glaubt. 

Diese denkt nur daran, die weisen und segens­reichen Ratschlüsse Gottes zu vereiteln, und dennoch muß sein finsteres Treiben stets dazu dienen, dieselben herbeizuführen. O wie ruhig und getrost, macht es uns, wenn wir überall den Herrn sehen und uns stets in Seiner Gegenwart wissen; wenn wir in allen Wegen, die Er uns leitet, die feste Überzeugung haben, daß Er mit uns ist, und in Seiner Macht und Liebe immerdar für uns wirkt. 

Den Gottlosen aber begleiten nur seine Sünden und sein böses Gewissen; er ist in der Gegenwart ohne Trost und für die Zukunft ohne Hoffnung; will er seinen Blick:
nach oben richten, so fühlt er nur die Furcht vor dem Gericht Gottes. Die Söhne Jakobs senden ihrem Vater den Rock Josephs, nachdem sie ihn in das Blut eines geschlachteten Ziegenbocks getaucht haben, und sagen herzlos: „Dies haben wir gefunden, erkenne doch, ob es der Rock deines Sohnes ist, oder nicht?" (V. 31. 32). Und als der Vater in tiefem Herzeleid über den Ge­liebten jammert, da machen sie sich alle auf, um ihn zu trösten. 

0 schreckliche Verstellung des menschlichen Herzen! Doch keine Reue und kein Schmerz über die böse Tat. Wie überschwenglich muß aber die Gnade sein, die solch überströmende Sünde noch weit überströmt.
Doch noch in einem viel tieferen und ausgeprägteren Sinne tritt uns die Wahrheit des Gesagten entgegen, wenn wir unse­ren Blick auf den wahren Joseph, auf Jesum und das jüdische Volk richten. Kennen wir einigermaßen die Geschichte dieses Volkes, und seine Führungen vom Herrn, so begreifen wir so­wohl die Frage des letzteren in dem Propheten Jesaia 5, 3. 4:

„Und nun, Bewohner Jerusalems und Männer Judas, richtet doch zwischen mir und meinem Weinberge! Was war noch zu tun an meinem Weinberge, das ich nicht getan hätte?" als auch dessen Ausruf in Amos 5, 25. 26: „Habt ihr mir Schlacht- und Speise­opfer gebracht in der Wüste vierzig Jahre, Haus Israels? Ihr trüget ja die Hütte eures Molochs, und das Gestell eurer Bilder, den Stern eures Gottes, den ihr euch gemacht hattet." — Es wurde stets offenbar, daß Israel ein halsstarriges Volk war. Dennoch hatte die Langmut Gottes ihr Ziel nicht erreicht. 

So groß auch die Sünde war, so war doch die Gnade noch überschwenglicher. Er sandte Seinen Sohn, den Geliebten. Jesus sollte in Niedrig­keit unter ihnen, die Gesinnung Gottes zu Seinem Volke offen­baren: allein die Weingärtner, die bisher alle vom Herrn des Weinberges gesandten Knechte beschimpft, geschlagen und gar getötet hatten, stießen auch Ihn, den alleinigen Erben des Wein­berges, hinaus und töteten Ihn. „Er kam in sein Eigentum, aber die seinigen nahmen ihn nicht auf" (Joh. 1. 11). 

In Ihm begeg­nete ihnen Gott selbst voll Gnade und Liebe, voll Freundlich­keit und Sanftmut, voll Geduld und Erbarmen; aber dies Volk begegnete in Jesu Seinem Gott mit Neid und Haß, mit allerlei Schmähung und Verfolgung, mit Bosheit und Mordlust, und es ruhte nicht eher, als bis sie den Gerechten, ihren verheißenen König vor Pilatus verleugnet und ans Kreuz geheftet hatten. Doch auch jetzt hatten Liebe und Gnade ihr Ziel noch nicht er­reicht. Am Kreuze ertönen die erbarmungsreichen Worte aus  Jesu Munde: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun." 

Allein ihr verhärtetes Herz verstand es nicht; sie lästerten fort und fort. Dies Volk wollte die Zeit seiner Heim­suchung nicht erkennen. Trotz der Niedrigkeit, welche den Herrn umgab, konnte man in Ihm den König Israels nicht verkennen; nur Israel selbst sah es nicht. Bei Seiner Geburt ward Er von den Magieren als König der Juden begrüßt; als solcher hielt Er in Jerusalem Seinen Einzug; als solcher ward Er gekrönt, und als solcher gekreuzigt. Er genehmigte das Lob Seiner Jünger, welche riefen: „Gesegnet, der König, der da kommt im Namen des Herrn!" indem Er sagte: „Ich sage euch: Wenn diese schwei­gen würden, so würden sofort die Steine schreien" (Matth. 19, 38—40).

Allein alles blieb vor ihren Augen verborgen; sie wollten nicht, daß dieser über sie herrsche. Befreite Er selbst durch die Kraft des Heiligen Geistes die Besessenen von den Teufeln, sie sagten: „Er treibt den Teufel aus durch Belzebub, den Obersten der Teufel." Sie wollten das erbarnaungsreiche Herz Gottes nicht erkennen; sie stießen selbst Seinen geliebten Sohn, in dem alle Verheißungen Ja und Amen sind, und der, geboren in ihrer Mitte, aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, gekommen war, die verlorenen Schafe vom Hause Israel zu suchen und selig zu machen, hartherzig, und grausam von sich.
Mannigfache Gefühle durchdringen uns, wenn wir daran denken, daß die Geschichte Israels die Geschichte unserer eigenen Herzen von Natur ist. 

Dies Bewußtsein läßt uns erst recht die große Gnade, die uns widerfahren ist, schätzen. Wir werden voll Dank und Freude bekennen müssen, daß uns ein lieblich Los und ein köstlich Heil zuteil geworden ist. — Doch welch ein unermeßlicher Kontrast zwischen Gott und dem Sünder! Aber welch unzertrennliche Vereinigung in Christo zwischen Ihm und dem Begnadigten und Gerechtfertigten! 

Dort ein gerechter Rich­ter und ein in allem schuldiger Sünder; hier der Vater voll Liebe und Gnade und Seine geliebten Kinder; dort ewige Trennung und hier ewige Gemeinschaft. Gott war durch uns entehrt, aber nun ist Er durch das Kreuz Christi für uns völlig geehrt; Seine Gerechtigkeit war durch uns schmählich beleidigt, aber durch das Opfer Christi für uns ist sie nun vollkommen befriedigt. Er ist nun völlig treu und gerecht, wenn Er uns keine Sünde zurechnet. Handelt Er nach Gnade, so handelt Er auch nach Gerechtigkeit. 

Dies gibt uns große Zuversicht, stets mit Freimütigkeit und ohne Furcht zu nahen; es läßt uns er­kennen, wie sicher und köstlich unser Heil in Christo ist, daß wir in Ihm nach allen Seiten geborgen sind. Jeder Feind muß weichen, jede Anklage verstummen, denn Gott selbst ist es, der uns rechtfertigt. Möge Er durch Seinen Geist, doch all den Seinen reiche Erkenntnis des unermeßlichen Heils in Christo geben.

 Nach der Abwesenheit des Joseph sehen wir in Kapitel 38, wie Juda in allerlei Elend und Schande verfällt. Er hat die Rat­schlüsse Gottes verachtet, und ist jetzt den Sünden und der Blindheit seines Herzens preisgegeben. Doch Gott verstößt ihn nicht ganz; Er handelt mit ihm in Gnade. Er bleibt in der Reihe des königlichen Geschlechts, und selbst sein Sohn, den er mit seiner Schwiegertochter Thamar zeugte, durfte die Linie dieses Geschlechtes fortsetzen.
Viel schrecklicher und ausgedehnter ist jedoch der Verfall des jüdischen Volkes, seit Jesus durch dasselbe verworfen ist. Auf die greuliche Tat, welche sie durch die Kreuzigung Christi verübt hatten, antwortete ihnen Gott noch einmal mit Gnade. 

Er sandte Seinen Heiligen Geist, und erfüllte also auch diese segensreiche Verheißung. Der Heilige Geist überführte sie von ihrer schrecklichen Sünde und gab Zeugnis von der Gerechtig­keit und von dem Gericht Gottes; allein Er fügte auch durch den Mund des Apostels Petri hinzu: „Und nun, Brüder, ich weiß, daß ihr es aus Unwissenheit getan habt, gleich­wie auch eure Obersten . . . 

Tut denn Buße und bekehrt euch, daß euere Sünden getilgt werden, damit die Zeiten der Er­quickung kommen vom Angesicht des Herrn, und er euch Jesum Christum sende, der euch zuvor gepredigt ist (Apg. 3, 17—20). Auch jetzt noch sollte ihrer blutroten Schuld nicht gedacht wer­den; Gott wollte noch einmal die Zeit ihrer Unwissenheit über­sehen, weil der Gerechte für sie am Kreuz gebetet hatte. 

Jesus sollte wieder zurückkehren, und durch Seine Gegenwart dem Volke Zeiten der Erquickung bringen. Doch Israel hatte auch für diese erbarmungsreiche Stimme kein Ohr; es kehrte nicht um, und tat keine Buße; es antwortete vielmehr mit Wut und Zähneknirschen auf das Zeugnis des Heiligen Geistes, und stei­nigte Stephanus (Apg. 7, 54—58).

Von jetzt an verfiel Israel von Sünde zu Sünde, bis endlich die schreckliche Zerstörung Jerusa­lems durch die Römer seiner Existenz als Volk ganz und gar ein Ende machte. Seit Jahrhunderten wandeln sie jetzt unstet und zerstreut unter allen Nationen einher, als ein Zeugnis der Lang­mut und Gerechtigkeit Gottes.
Sie, welche die Ratschlüsse Gottes verwarfen und zunichte machen wollten, könnten jetzt schon, wenn sie anders Augen dafür hätten, das Wort des Propheten Hosea Kapitel 3, 4 über sich erfüllt sehen: „Lange Zeit werden die Söhne Israels ohne König, und ohne Obersten, und ohne Opfer, und ohne Bildsäule, und ohne Schulterkleid und ohne Theraphim bleiben." 

Doch Israel ist der Blindheit anheimgefallen, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist; allein es ist nicht ganz verstoßen, weil Gottes Gnadengaben und Berufung unbereubar sind (Röm. 11).

Wenn wir jetzt die Geschichte Josephs weiter verfolgen, so treten uns besonders die wunderbaren und unbegreiflichen Wege Gottes in dessen Führungen entgegen. Die Ismaeliter verkauf­ten ihn nach Ägypten in das Haus des Potiphar. Wenn auch jetzt von all den Seinigen verlassen, so begleitete ihn doch der Herr, und war in allem, was er tat, mit ihm; und er segnete auch um seinetwillen Potiphar und sein ganzes Haus (Kap. 39, 5. 5). 

So versäumt der Herr die Seinigen nie, auch nicht den einzelnen in der Wüste. Er ist ihnen immer nahe, und ist stets bereit, sie zu bewahren und zu segnen. Wie gut ist es, wenn wir dieses Be­wußtsein haben, wenn wir Ihn in allen unseren Versuchungen finden. 

Joseph kannte und liebte seinen Gott und wandelte in Seiner Gegenwart. In seinem Herzen lebte die Furcht des Herrn; denn selbst in der Stunde der Versuchung, als das Weib des Potiphar ihn zum Bösen verleiten wollte, gab er zu erkennen, daß er Gott mehr liebte, als die vergängliche Lust des Fleisches. Er sagte: „Wie sollte ich ein so großes Übel tun und wider Gott sündigen!" (V. 9). 

Der Herr ist in jeder Versuchung unsere Kraft und Stärke, wenn wir unser Vertrauen allein auf Ihn setzen. Potiphars Weib aber, durch Josephs Gottesfurcht gestraft, erhob eine falsche Anklage wider ihn, und er wurde infolgedessen ins Gefängnis geworfen. Das war also der Lohn seiner Treue, und Gott schweigt dazu; er hatte den Herrn vor den Menschen be­kannt, aber der Herr scheint ihn zu vergessen; seine Gottes­furcht wird für ihn ein Weg zum Gefängnis. Also prüft Gott den Glauben der Seinigen. 

Er läßt sie Unrecht leiden, damit sie den Gehorsam lernen; aber Seine Liebe finden sie in allen Umstän­den und selbst in den größten Trübsalen wirksam. Er erzieht die Seinigen in der Schule der Leiden, und bereitet sie vor und macht sie tüchtig zu dem Zwecke, wozu Er sie bestimmt hat. Das Ende aber zeigt uns stets die herrlichen Resultate Seiner Führungen. 

Durch Seine Wege macht Er die Seele stille, ernst und besonnen, und lehrt sie ausharren und auf Ihn in jeder Lage zu vertrauen. Doch zu seiner Zeit erhöht Er die Erniedrig­ten; Er offenbart alsdann Seinen starken Arm und verherrlicht Seinen Namen. — Auch im Gefängnis ward Joseph nicht ver­lassen noch versäumt; Jehova war mit ihm, und ließ alles ge­lingen, was er tat. Wohin uns niemand begleitet, da ist Er uns nahe, und weiß unsere Herzen durch Seine Gemeinschaft und Gegenwart zu trösten und zu stärken-
In seiner Niedrigkeit offenbart Joseph die Gedanken und Ratschlüsse Gottes, und wir sehen auch hier, daß der Herr bei der Wahl Seiner Werkzeuge zu solchen Offenbarungen sich nicht an das bindet, was hoch und angesehen ist vor der Welt. Selbst der Inhalt Seiner Offenbarungen ist in den Augen der Menschen nur Torheit und Schwachheit, auf daß sich vor Ihm kein Fleisch rühme. — 

Zunächst deutet Joseph den beiden königlichen Die­nern ihre Träume im Gefängnis, welche sich nach seiner Deutung erfüllen — der eine wird nach drei Tagen wieder in sein Amt  eingesetzt; der andere aber nach ebensoviel Zeit hingerichtet. Zugleich mußte Joseph jetzt erfahren, wie schnell die Welt das ihr erwiesene Gute vergißt. 

Sie denkt nur an sich, und selbst wenn sie an andere denkt und anderen hilft, so ist dies im Grunde nichts anderes als Selbstsucht und Eigenliebe. Gott aber dachte an Joseph. Sobald die Zeit seiner Prüfung und seines Wartens vollendet war, da wußte Er auch Mittel und Wege zu finden, ihn zu befreien, und ihn die Stellung einnehmen zu lassen, welche er nach Seinen Ratschlüssen einnehmen sollte. 

Ein Traum des Königs Pharao, den alle Zeichendeuter und alle Weisen Ägyptens nicht deuten konnten, weil er eine göttliche Offenbarung enthielt, erinnerte den Ober-Mundschenk an seine Sünden und an Joseph. 

Dieser wurde aus dem Gefängnis ge­holt, und wie er früher in demselben bei der Deutung der Träume der beiden königlichen Diener Gott die Ehre gab, indem er sagte: „Gott gehören die Deutungen an", so tat er es auch jetzt vor Pharao. Er sprach: „Die Deutung steht nicht bei mir; Gott möge dem Pharao Heil verkündigen" (Kap. 41, 16). — Nachdem nun Joseph dem König durch die Auslegung seines Traumes die Gedanken Gottes offenbart, und ihm in Bezug auf diese Ge­danken und das Wohl des Landes den Rat erteilt hatte, sich nach einem weisen und verständigen Manne umzusehen, und ihn über das Land Ägypten zu setzen, da sprach Pharao zu seinen Knechten: „Werden wir einen Mann wie diesen finden, in welchem der Geist Gottes wohnt?" Und er sprach zu Joseph:
„Da dir Gott dies alles kund getan, so ist keiner so einsichtsvoll und weise wie du. 

Du sollst über mein Haus gesetzt sein, und nach deinem Mund soll mein ganzes Volk sich richten, nur um den Thron will ich höher sein als du." Dann bekleidete er den Joseph mit Schmuck und Ehre, und alles mußte sich vor ihm beugen. Seinen Namen nannte er: „Zaphnathphaneach" (d. h. Retter der Welt).
Gleich dem Joseph wurde auch Jesus infolge falscher An­klagen durch die Heiden erniedrigt. Die Juden verleugneten Ihn vor Pilatus und übergaben Ihn seinen Händen, den Händen der Gesetzlosen, auf daß Er gekreuzigt würde (Apg. 2, 23). „Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn gernacht, und die Welt kannte ihn nicht" (Joh. 1, 10). 

Sie verstand weder die Liebe Got­tes, die den eingebornen Sohn zur Erlösung derer gab, die an Ihn glauben würden, noch fühlte sie die Notwendigkeit ihrer Er­rettung und Versöhnung mit Gott durch Ihn; sie kannte weder Den, der gekommen war, das Verlorene zu suchen und selig zu machen, noch die Ratschlüsse Dessen, der alles Seinen Füßen unterworfen hat. Sie verwarf und kreuzigte Ihn. 

Der Prophet Jesaias führt ein lebendiges Bild Seiner Erniedrigung und Seiner Leiden vor unsere Seele; und wer Ihn unter die Missetäter ge­rechnet, und geschmäht und gelästert am Kreuze hangen sah,  wer Ihn durch den Mund Davids ausrufen hörte: „Ich bin ein Wurm und kein Mensch! ein Hohn der Leute und verachtet vom Volke. Wer mich sieht, der spottet mein, verzieht die Lippen, schüttelt das Haupt: Befehl er seine Sache Jehova, der helfe ihm, wenn er ihn liebt" (ps. 22, 7—9). — 

Wer hätte da noch daran denken können, daß Er der Mittelpunkt aller Ver­heißungen und Ratschlüsse Gottes wäre, und daß Ihm das pro­phetische Wort des Psalmisten gelte: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeuget! Fordere von mir, so gebe ich dir die Völker zum Besitztum, und zum Eigentum die Enden der Erde. Du sollst sie zerschmettern mit eisernem Szepter, wie Töpfer-gefäße sie zertrümmern"; und wiederum: „Küsset den Sohn, daß er nicht zürne, und ihr auf eurem Wege umkommt" (ps. 2, 7—12). 

Gott hat Den, der Sich Selbst zu nichts machte, und gehorsam war bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze, erhöht, und hat Ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist: daß in dem Namen Jesu sich beugen sollen alle Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, und alle Zungen beken­nen sollen, daß Jesus Christus der Herr sei zur Ehre Gottes, des Vaters (Phil. 2, 8—11). 

Jetzt ist diese Unterwerfung und Verehrung noch nicht völlig verwirklicht, doch Er ist schon zum Voraus zur Rechten Gottes mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Er hat Ihn gesetzt über Seiner Hände Werk, und alles Seinen Füßen unterworfen (Hebr. 2, 8). 

Ist Er und Seine Herrlichkeit auch jetzt noch vor den Augen der Welt verborgen, so wird Er doch offenbart werden, und sie wird Ihn dann in dem völligen Besitz alles Dessen sehen, was Ihm vom Vater übergeben ist. Er, der in Seiner Niedrigkeit nichts hatte, wird dann in Herr­lichkeit als Haupt über alles dargestellt werden.
Wir sehen in Kapitel 41, 45, daß Pharao dem Joseph Asnath, die Tochter Potipheras, des Priesters zu On, zum Weibe gab. Diese, obgleich dem Joseph als ihrem Haupte untergeordnet, hatte doch an dessen hohen Stellung und Ehre völligen Anteil, und wir finden in diesem Verhältnis ein Bild der Gemeine in ihrem Verhältnis zu Christo, als ihrem Haupte. Die Gemeine ist Ihm zugesellt, nicht als das Erbe, sondern als Seine Miterbin. 

Sie teilt in jeder Beziehung Seine Herrlichkeit; nur ist sie nicht Gott, wenn sie auch im gewissen Sinne der göttlichen Natur teilhaftig geworden ist. Sie ist aus der Welt erwählt und ist jetzt priesterlichen Geschlechts, versöhnt und erlöst durch das Blut Christi. Ihr Wesen ist himmlisch, wie auch ihre Berufung. Sie ist gesegnet in geistlichen Gütern in den himmlischen Örtern in und mit Christo. 

Es kann nur ihre Freude sein, immer mehr von der Fülle Christi zu erfahren, weil ja Seine Fülle die ihrige ist, und wenn Seine Stellung in Herrlichkeit völlig verwirklicht ist, so wird sie bei Ihm sein, und alles mit Ihm genießen. Als­dann wird Offbg. 19, 7. 8 erfüllt sein.
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 Nach der Erhöhung Josephs nimmt besonders das Zusam­mentreffen mit seinen Brüdern unsere Aufmerksamkeit in An­spruch. Die Not führte die Söhne Jakobs hinab nach Ägypten zu Joseph. Sie erkannten ihn nicht, aber er erkannte sie. Sie beugten sich vor ihm mit dem Antlitz zur Erde, und dies er­innerte den Joseph, der sich gegen sie verstellte und hart mit ihnen redete, an seine Träume (Kap. 42, 6—9).

 Einst von seinen Brüdern verkannt, verachtet und verworfen, wird er jetzt von ihnen hoch geehrt. Die Ratschlüsse Gottes finden ihre Erfüllung. Die Brüder Josephs, welche es böse zu machen gedachten, hatten diese Erfüllung nicht verhindern können. Wir sehen, wie eitel und nichtig jeder Anschlag, jede Macht des Feindes ist, wenn Gott in Seiner Weisheit und Kraft wirksam ist, und daß Seinem Willen nichts widerstehen kann. — 

Die Bedrängnisse, in welche jetzt die Söhne Jakobs durch die scheinbare Härte des Joseph kommen, demütigen sie und bringen sie zum Bewußtsein ihrer Sünden. Jetzt heißt es: „Fürwahr! das haben wir verschuldet an unserem Bruder, dessen Seelenangst wir sahen, als er uns um Erbarmen bat, und wir hörten nicht; darum ist sie über uns gekommen diese Not" (Kap. 42, 21). 

Das in Sünden so lange ver-härtete Herz fängt an, weich zu werden und seine Missetaten zu erkennen. Weder die Liebe und der Kummer des Vaters, noch die mannigfachen Wege Gottes hatten dieses Gefühl, das sich jetzt in der Bedrängnis und in der nicht geahnten Gegenwart Josephs kund gab, zu erwecken vermocht. 

So muß der Herr oft durch harte Wege die Seelen zu sich führen. Joseph verstand seine Brüder; er wandte sich von ihnen und weinte. Seine Tränen wurden durch ihr Geständnis erweckt; es waren Tränen der Liebe und der Freude.
Auf ihrer zweiten Reise brachten die Söhne Jakobs dem Joseph viele Geschenke mit, und sich vor ihm zur Erde beugend legten sie ihm dieselben dar. Also huldigten sie dem Joseph. Dieser erkundigte sich nach dem Wohlbefinden ihres Vaters, und als er Benjamin sah, da entbrannte sein Herz und er ging ins innere Gemach, um zu weinen. Dann wusch er sein Ange­sicht und ging wieder zu ihnen hinaus und hielt die Tränen zu­rück. 

Er ist sehr weit von Rache entfernt; er kann nicht Böses mit Bösem vergelten, denn sein Herz ist voll Liebe und Erbar­men gegen seine Brüder. Er gibt sich noch nicht zu erkennen, um sie zu prüfen; allein dieses Verborgenbleiben und dieses Ver­stellen wird fast für ihn eine Prüfung. 

Es folgen noch einige schwere Versuchungen für die Söhne Jakobs, worin sie sich aber als solche beweisen, die ihre Sünden erkannt und ihren Sinn geändert haben. Besonders fällt uns in Kapitel 44 die Sinnes­änderung des Juda auf, der früher seinen Brüdern den Rat gab, den Joseph zu verkaufen. Er war bei seinem Vater für die Rückkehr des Benjamin Bürge geworden, und als Joseph diesen  zurückhalten will, da denkt er nicht daran wie früher, mit Lügen vor das Angesicht des Vaters zurückzukehren. 

Er stellt sich wirklich für den Bruder in den Riß; er offenbart dem Joseph seine Bürgschaft, und seine Bereitwilligkeit anstatt des Knaben zu bleiben; er befürchtet, was er früher nicht befürchtete, daß der Vater, wenn Benjamin nicht zurückkehre, sterbe, und also seine grauen Haare mit Herzeleid in die Grube hinabführen, und fügte hinzu: „Wie könnte ich zu meinem Vater hinaufziehen, ohne daß der Knabe bei mir wäre? Ich müßte das Unglück mit ansehen, das meinen Vater träfe" (V. 34). Wir sehen hier, wie sehr seine Gesinnung umgewandelt ist. 

Joseph aber kann sich jetzt nicht länger enthalten. Nachdem er alle, die bei ihm stan­den, hatte hinausgehen lassen, gibt er sich seinen Brüdern zu erkennen, und weint laut vor ihnen. Die Bestürzung und die Freude der Söhne Jakobs über dieses unerwartete Wiedersehen war groß, doch sei es jedem Leser überlassen, sich unter dem Einnuß des Heiligen Geistes in die Gefühle ihrer Herzen zu versetzen.
Jakob und seine Söhne ziehen jetzt auf den Rat des Joseph mit allem, was sie haben, nach Ägypten, um in G o s e n , im besten Teil des Landes Ramses, zu wohnen. Ehe Jakob mit den Seinigen hinkommt, wird Juda vorausgesandt zu Joseph, um gleichsam den Weg in das bezeichnete Land zu eröffnen, und als sie alle daselbst angekommen sind, und sich wohnend niederge­lassen haben, da versorgt Joseph seinen Vater und seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters mit Brot, nach Verhältnis der Kinder (Kap. 47, 12). 

Die Ratschlüsse Gottes in Betreff des Joseph und seiner Familie sind jetzt erfüllt. Joseph, bezeichnet als Ret­ter der Welt, ist das Haupt und der Versorger seiner Familie, und er leitet und regiert ganz Ägyptenland, welches jeden Segen durch seine Hand empfängt. Besonders wird uns in 

Kap. 47 seine Weisheit dargestellt, mit welcher er während seiner Er­höhung alles ordnet und leitet; es geschieht mit derselben Weis­heit, die er schon in seiner Niedrigkeit an den Tag gelegt hatte.
Jakob wurde auch durch Joseph dem König Pharao vorge­stellt. Er erkennt vor diesem an, daß seine Tage, im Vergleich mit dem Leben seiner Väter, traurig gewesen sind, indem er sagt: „Der Tage meiner Wallfahrt sind hundert und dreißig Jahre; wenig und böse waren die Tage meines Lebens, und er­reichen nicht die Lebenstage meiner Väter in ihrer Wallfahrt" (Kap. 47, 9). 

Trotz dieses Bewußtseins fühlt sich dennoch der verachtete Hirte imstande, den Monarchen zu segnen, und es ist unstreitig, daß der Segnende größer ist als der, welcher von ihm gesegnet wird. Selbst das schwächste und am meisten strauchelnde Kind ist sich in Christo seiner Überlegenheit selbst vor den Großen dieser Welt bewußt.
Dieser letzte Teil der Geschichte Josephs, betreffend seiner  Vereinigung mit seinen Brüdern, ist besonders und selbst in seinen Einzelheiten reich an Vorbildern auf Jesum und der Wie­derherstellung Israels.
Wir sehen nach Matth. 24 und vielen anderen Stellen, daß Israel noch eine große Trübsal bevorsteht. Es werden Tage der Drangsale kommen, wie sie nie gewesen sind, und auch nie mehr sein werden. In dieser Zeit der Läuterung und des Gerichts, auf dessen einzelne Umstände wir hier nicht näher eingehen können, wird Israel seinen Gott suchen, und es werden sich als­dann die Worte des Propheten Sacharia Kap. 12, 10 erfüllen:

„Dann gieße ich über das Haus Davids und über Jerusalems Be­wohner den Geist der Gnade und des Flehens, und sie blicken hin auf mich, den sie durchbohrt haben, und beklagen ihn, wie man den einzigen Sohn beklaget, und weinen bitterlich über ihn, wie man bitterlich weinet über den Erstgeborenen." — Israel erkennt und beweint seine vielen Sünden und Missetaten, wo­mit es gegen seinen Gott gesündigt hat. 

Die Einzelheiten der Wiederherstellung Israels und seiner Glückseligkeit im. Lande der Verheißung nach dieser Wiederherstellung unter Christo, als dem König der Gerechtigkeit und des Friedens, finden wir na­mentlich in den Propheten mitgeteilt, und einen wohltuenden und lieblichen Eindruck auf unsere Herzen, diese zu erforschen. 

Wir sehen Jesum, einst von Seinem Volke erniedrigt, verschmä­het und verworfen, jetzt durch dasselbe hoch verherrlicht und verehrt und von Ihm mit großer Weisheit und Kraft regiert und geleitet. Als Folge der Wiedereinsetzung der Juden und der Gegenwart des Herrn wird auch der Segen über die Heiden kommen.
Der Herr aber lehre uns durch die Erkenntnis der Wahrheit und vor allem Seiner Selbst immer mehr Seinen Namen zu preisen und zu verherrlichen.