2. das Evangelium Gottes als verheißen durch die Propheten 1868 BdH

01/13/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Es wird indes nützlich sein, den Unterschied in den Ausdrük­ken: das „Evangelium Gottes" und die „Kirche Gottes" näher zu beleuchten. Die Unterscheidung dieser Begriffe, wie wichtig sie auch ist, wird gar zu oft aus den Augen verloren. Wie eng diese beiden Begriffe auch miteinander verbunden sind, sie sind doch völlig verschieden. 

Die Kirche Gottes, wie sie uns im Neuen Testament dargestellt ist, war kein Gegenstand der Offenbarung oder der Verheißung Gottes im Alten Testament, während das Evangelium schon von Anfang an verheißen war, wenn auch die Fülle der Gnade erst dann verkündigt worden ist, als das Werk Christi vollbracht war. Die Kirche als eine Tatsache nahm am Pfingsttage ihren Anfang. Die Wahrheit über sie wurde dem Apostel Paulus geoffenbart; die anderen Apostel berühren diesen Gegenstand kaum. Paulus spricht oft davon als von „einem Geheimnis" (z. B. Eph 5). Doch hat das Wort „Geheimnis" im Neuen Testament nicht Bezug auf etwas,

was schwer zu verstehen ist oder was gar nicht verstanden werden kann, sondern auf etwas, das bis dahin noch nicht geoffenbart, sondern verborgen geblieben war. Es war ein Geheimnis, welches, wie der Apostel sagt, „in anderen Ge­schlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden war". Das Evangelium Gottes dagegen war nie ein Geheimnis, nie eine verborgene Sache. Wir dürfen sagen, daß es schon im Garten Eden geoffenbart worden ist; das Verderben des Men­schen und die Gnade Gottes bildeten seine Grundlage. Des Weibes Samen sollte der Schlange den Kopf zertreten.

Wenn wir unsere Blicke auf die Propheten richten, so finden wir die große Wahrheit des Evangeliums in den verschieden­artigsten Formen als einen Gegenstand der Verheißung und als nahe bevorstehend angekündigt. „Ich habe meine Gerech­tigkeit nahe gebracht; sie ist nicht fern und mein Heil zögert nicht; denn ich gebe in Zion Heil, und Israel meine Herrlich­keit" (Jes 46, 15). 

Wiederum: „So spricht Jehova: Wahret das Recht und übet Gerechtigkeit! Denn mein Heil steht im Be­griff zu kommen, und meine Gerechtigkeit, geoffenbart zu werden" (Jes 56, 1). In dem Propheten Daniel finden wir eine vollständige Darstellung und die gesegneten Folgen des Wer­kes Christi: „Siebenzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um die Übertretung zum Ab­schluß zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen, und die Ungerechtigkeit zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen, und Gesicht und Propheten zu versiegeln, und ein Allerheiligstes zu salben" (Dan 9, 24).

Wir sehen also, daß das Evangelium schon in den Zeiten des Alten Testaments verheißen, nirgends aber gepredigt worden ist; denn das geschah erst im Neuen Testament. Der Apostel Paulus war, wie er sagt, „abgesondert zum Evangelium Gottes, welches er durch seine Propheten in heiligen Schriften zuvor verheißen hat" (Röm 1,1.2). Hier sehen wir also den Unter­schied zwischen den Zeiten des Alten und des Neuen Testa­ments in bezug auf das Evangelium. Damals wurde es als eine kommende große Segnung Gottes angekündigt; jetzt wird es gepredigt als gekommen in die Welt in seiner ganzen Fülle und Freigebigkeit. Zu gleicher Zeit werden wir versichert, daß Gott

zu allen Zeiten Zeugnis von Sich, ein Zeugnis von Seiner Gnade, abgelegt hat, und daß alle, die glaubten nach der Offen­barung, die Er von Sich Selbst gegeben hatte, errettet wurden:

„Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden", ist eine Stelle aus dem Propheten Joel. Und keine Darstellung des Evangeliums könnte deutlicher sein, als diese; aber die Größe der Errettung wurde erst erkannt, als Christus kam. „Das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden" (Joh 1. 17).

Jetzt eröffnet das Evangelium eine herrliche Aussicht vor un­seren Blicken. Die von altersher verheißene Gerechtigkeit Got­tes ist eingeführt und das vollkommene Heil Gottes wird ge­predigt. „Die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesum Christum, unseren Herrn" (Röm. 5, 2l). Der Gläubige ist jetzt, kraft der Autorität des Wortes Gottes, gewiß, daß er im Besitz des ewigen Lebens und der göttlichen Gerechtigkeit ist. Ohne Zweifel hatten auch die Heiligen des Alten Testaments ewiges Leben; jedoch scheinen sie kein Be­wußtsein davon gehabt zu haben. 

Die Gnade, die jetzt hervor­leuchtet unter dem Titel: „Das Evangelium Gottes", begegnet dem Glaubenden mit den reichsten Segnungen des Himmels. Nicht eine einzige fehlt. Und welch ein Trost liegt für uns darin, zu wissen, daß es von jeher die Absicht Gottes war, uns so zu segnen. Ewiges Leben war verheißen in Christo Jesu, bevor die Welt gegründet war; und die Gerechtigkeit Gottes war bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Das Herz Gottes war stets die Quelle der Gnade Gottes. 

Gott ist die Liebe und die Gnade ist die freie Gabe, die aus der Liebe segnend hervorströmt. Ihre Ströme mögen sich nach verschie­denen Richtungen ergießen, ihre Wirkung mag tausendfältig sein; ihre Quelle ist nur eine Quelle. Als die Zeit herannahte, wo der Weg durch den Tod und die Auferstehung Christi er­öffnet werden sollte, kündete sich die Gnade im voraus durch die Worte an: „Ich habe meine Gerechtigkeit nahegebracht, sie ist nicht fern; und mein Heil zögert nicht; denn ich gebe in Zion Heil und Israel meine Herrlichkeit". 

Doch jetzt, da Chri­stus gekommen ist, und Er Sein Werk, das Ihm der Vater zu tun gegeben hatte, vollbracht hat, ist Gottes Gerechtigkeit geoffenbart und Sein Heil völlig gekommen. Jede Segnung ist enthüllt in dem „Evangelium Gottes". Durch das Kreuz wurde jede Schranke niedergerissen und jedes Hindernis beseitigt. Die höchsten Anforderungen des Himmels fanden völlige Befriedi­gung, die Sünde wurde getilgt und der Vorhang im Tempel zerriß von oben bis unten. Auch dient das Kreuz zur Erweisung der Gerechtigkeit Gottes in betreff der Vergebung der Sünden des Gläubigen, bevor Christus erschien. Es ist der große Mittel­punkt aller Wege Gottes (Röm 5, 19—26).

Unter dem Gesetz war es eine Frage der Gerechtigkeit von selten des Menschen; unter dem Evangelium ist göttliche Ge­rechtigkeit von selten Gottes geoffenbart; es ist „Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden". Unter dem Gesetz hatte der Mensch zu wirken. „Tue das, so wirst du leben". Gott war, als Er das Gesetz gab, hinter der Wolke und wohnte in dichter Finsternis. „Und das Volk stand von ferne, und Mose nahte sich zum Dunkel, wo Gott war" (2. Mo 20, 21). In dem Evan­gelium dagegen ist Gott der wirkende Teil; und der Mensch hat nur zu glauben. Aber nachdem er durch Glauben ewiges Leben und göttliche Gerechtigkeit empfangen hat, ist er nicht nur befreit von toten Werken, sondern auch befähigt, dem lebendigen Gott zu dienen; und jetzt erst beginnt sein Tun, sein Wirken.

So hat also, wie wir gesehen haben, der Tod Christi alles ver­ändert. Der Charakter des Verhältnisses des Menschen zu Gott ist ein anderer geworden. Sogar der Himmel ist seit dem Tode Jesu verändert. Jetzt befindet sich Christus dort als der aufer­standene Mensch und als der große Hohepriester Seinesvolkes;

und auch Sein Volk genießt jetzt das Vorrecht, dort mit Ihm anbeten zu dürfen. Die Anbetung im Vorhofe ist gänzlich auf­gehoben; alle Christen sind Priester; und die Stätte ihrer An­betung ist im Allerheiligsten.

Eine erweckte Seele wird oft durch die Versicherung in Ver­legenheit gebracht, daß die Sündenfrage in betreff derer, die im Vertrauen auf Christum zu Gott zurückkehren, nie mehr aufgeworfen werde. Das bereits Gesagte zeigt den Grund dieser wunderbaren Gnade. Die Sündenfrage ist auf dem Kreuz zwischen Gott und dem Menschen in Ordnung gebracht

worden; sie kann nie wieder erhoben werden zwischen Gott und dem, der an Jesum glaubt. Wählen wir ein Beispiel. Setzen wir voraus, daß der schreck­lichste Sünder von seinen Sünden überführt und unter dem Gefühl ihrer Größe und Menge voll Furcht und Zittern zu Gott geführt wurde. Er naht im Glauben; er ist überzeugt, daß Christus für Sünder starb, und daß Sein Blut völlig genügend ist, ihn von seinen Sünden zu reinigen. Vielleicht mag er nicht fähig sein, diese Dinge so aufzustellen, wie sie niedergeschrie­ben sind; aber ihrem Wesen nach sind sie in seiner Seele. Wohlan, was begegnet ihm? Wie wird er empfangen? 

Soweit wir die Wege Gottes in Gnade gegen den Sünder verstehen, sollten wir sagen, daß er angenommen, anerkannt, geehrt und gesegnet werde nach dem Maße dessen, was Christo als dem Heiland der Sünder zukommt. Aber nein, weit mehr, er wird empfangen wie Christus Selbst, „begnadigt in dem Geliebten". Das Wort Sünde wird nie wieder erwähnt. Würde Gott diese Frage dem Sünder gegenüber aufwerfen, so würde dieser auf tausend nicht eins antworten können: er würde unbedingt in die Verdammnis gehen müssen. Aber gepriesen sei der Gott aller Gnade, der Vater unseres Herrn! 

Der Verlorene wird mit offenen Armen empfangen und mit dem Kuß des völligen Friedens bewillkommt. Offenbar ist das Werk Christi der Grund, und der Reichtum göttlicher Gnade der Maßstab aller Segnungen. „In welchem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen nach dem Reichtum sei­ner Gnade" (Eph 1. 7). Würde der Sünder empfangen, was ihm gebührt, so würde sein unvermeidliches Los die unmittelbare Verdammnis sein. Gott würde in der Verdammnis des Sünders seine Gerechtigkeit erweisen; aber auf dem Grunde des Wer­kes Christi ist Er „gerecht und rechtfertigt den, der des Glau­bens an Jesum ist" (Römer 5,19—26). 

Jetzt unter der Gnade, — der Mensch glaubt und Gott handelt. Dies ist es, was wir verstehen unter dem Ausdruck: „das Evangelium Gottes", oder, was dasselbe ist: „die Gerechtigkeit Gottes". Es ist die Offenbarung Gottes Selbst in Seinen gna­denreichen Handlungen gegen den Menschen nach der Größe Seiner eigenen Güte und der Ansprüche Christi — des aufer­standenen Menschen in Herrlichkeit.

Der hochgelobte Herr hat Gott so verherrlicht und unsere Sünde am Kreuze so völlig getilgt, daß Gott dem zurückkehren­den Sünder wie Christo Selbst begegnen kann; dies ist die Darstellung des „Evangeliums Gottes". Und wir glauben be­stimmt behaupten zu können, daß das Evangelium erst dann wirklich verstanden wird, wenn es als das „Evangelium Gottes" erkannt ist. Welch herrliches Evangelium! Welch eine köstliche Botschaft für den schuldigen Menschen! Welche Gnade! Welche wunderbare Gnade!

Und gerade dieses Zeugnis der Gnade Gottes macht die Folgen für den Hörer so ernst und bedeutungsvoll. Wie groß wird die Schuld derer sein, die solch ein Evangelium vernachlässigen oder gar verachten! Und ach, wie bitter muß die Angst einer Seele sein, wenn sie in den Tiefen eines unaussprechlichen Wehes die schrecklichen Erfolge ihrer selbst erwählten Wege erblickt. Alle Hoffnung ist dann dahin, der Tag der Gnade ist vorübergegangen, die Gnadentür ist verschlossen, und kein Ohr lauscht mitleidig auf dein verzweiflungsvolles Gestöhn. 

Und ach! schmerzliche Erinnerungen quälen dein Herz. Jeder Tag, jede Stunde der Vergangenheit, alles erhebt seine Ankla­gen gegen dich! Alle blendenden Täuschungen des Unglaubens machen einer schrecklichen Wirklichkeit Platz. Alle auf der Erde so gewöhnlichen Dinge finden keinen Raum in der Hölle. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft — alle zeigen sich in ihrer wahren, entsetzlichen Gestalt. Schlummer, Rast und Ruhe sind für immer geflohen; Angst, Entsetzen und Ver­zweiflung füllen dann deine unsterbliche Seele. Ach, in welchem Jammer wird sich eine Seele befinden, die in dieser Weise dem Verderben anheimgegeben ist, zumal, wenn sie einst Gelegen­heit gehabt hatte, das Evangelium zu hören. 0 Sünder! Sünder! höre, glaube! 

Deine Tage sind gezählt, deine letzte Stunde wird bald schlagen, täusche dich nicht! Wende dich heute noch zu Jesu, dem Heilande der Sünder! Wo die Sünde überströmend ist, da ist die Gnade noch über­schwenglicher. An diesem Tage der wunderbaren Gnade sind deine Sünden, wie groß ihre Menge auch sein mag, alle von dem Augenblicke an vergeben, wo du im Glauben zu Jesu nahst. Viele verlorene Söhne, welche die Bitterkeit der Sünde fühlen, nachdem der Reiz der Sünde verschwunden ist, würden gern

in ihr irdisches Vaterhaus zurückkehren; aber sie fürchten die Vorwürfe ihres Vaters und die Schmach und Schande, die ihr Los sein würde, und sie können nicht zurückkehren. Wären sie gewiß, daß der Vater sie fröhlich willkommen heißen und ihnen ihre Vergehungen vergeben würde, so würden sie sicher wie auf Flügeln des Windes zu ihm eilen. Aber ach! der Ge­danke an das zürnende Auge des Vaters und an seine strengen Worte rauben dem Herzen allen Mut; und unter so trostlosen Aussichten möchte der unglückliche Sohn lieber in seinem Elend umkommen, als sich einer solchen Erniedrigung preiszugeben. 

Doch jetzt, du beunruhigte Seele, lausche auf die Worte von jemanden, der wie du die Bitterkeit der Sünde, aber auch die Süßigkeit der vergebenden Gnade kennengelernt hat. Bei Gott, der gern in Christo dein Vater sein möchte, stehen die Dinge anders. Nicht nur wirst du willkommen sein, sondern Gott wird dir mit offenen Armen entgegeneilen, und kein Vorwurf in betreff deines vergangenen Lebens wird dir begegnen. Die Vergangenheit des Glaubenden ist nicht nur vergeben, sondern auch vergessen. 

Welch eine Gnade! Welch ein Trost, dies zu wissen! Die Freude, die das Herz des Vaters bei der Rückkehr des verlorenen Sohnes füllt, füllt auch die Herzen aller, die Ihn umgeben. Kein tadelnder Blick wird dir dort je begegnen;

nicht ein Platz in einem fernen Winkel des Hauses wird dir angewiesen werden. Du bist so nahe gebracht und so geliebt, wie Christus Selbst, du wirst dargestellt sein in Seiner Herr­lichkeit und Schönheit und wirst als Sohn des Vaters bewill­kommnet und mit allen Würden und Ehren empfangen werden, womit Seine Liebe dich zu zieren vermag. 0 welche Feder kann imstande sein, die Herrlichkeiten eines Kindes Gottes, eines durch die unumschränkte Gnade Gottes geretteten Sünders zu schildern?

Und dennoch, ach, wie viele Tausende verkaufen, gleich Esau, die Glückseligkeit des Himmels für ein Linsengericht dieser Erde! Wieviele ziehen ein gegenwärtiges, schnell vorübergehen­des Glück der künftigen Herrlichkeit vor! Ein gegenwärtiges Glück hat mehr Macht über ihr armes Herz, als das sichere Anrecht auf eine himmlische Erbschaft. Ist dies auch bei dir der Fall, mein Leser? Hast du keine Wünsche für deine kostbare Seele? 0 bedenke doch! deine unsterbliche Seele wird entweder

für immer glücklich, oder für immer elend sein. Vielleicht in gar kurzer Zeit wird sie entweder im Himmel oder in der Hölle sein. 0 mein Leser, es ist deine eigene Seele, ruiniere sie nicht, ich bitte dich! Sie ist fähig, sich Gottes und einer ewigen Herrlichkeit zu erfreuen; darum stürze sie nicht in die Tiefen der Hölle, in die bodenlosen Abgründe des Verderbens! 

Es ist deine Seele; und sie sollte für dich ein Gegenstand der zärt­lichsten Besorgnis auf Erden sein. Wird es nicht entsetzlich bitter sein, einst sagen zu müssen: „Ich habe das ganze Ver­derben und das ganze Elend durch eigene Schuld über mich gebracht, und kein Entrinnen ist mehr möglich"? Ach! dann gibt es keine Hoffnung. Schreckliche Verzweiflung wird dein Herz zu Boden drücken, und du wirst fern sein von allen, die einst Mitgefühl für dich hatten, die einst dich warnten, für dich beteten und vielleicht Tränen über dich vergossen. Dann wird die Erinnerung ihren verwundenden Stachel fühlen lassen, Ge­wissensbisse werden dich quälen und deine bebenden Lippen werden sich zu der Klage öffnen: „Ach! daß ich einst die Ge­legenheit vorübergehen ließ, die Warnungen verachtete, dem Licht aus dem Wege ging, und die Stimme des Gewissens zum Schweigen brachte! Wehe, wehe mir"!

Aber warum sollte der Schreiber dieser Zeilen bei so entsetz­lichen Szenen noch länger verweilen? Gewiß liebt er nicht ein solches Thema, aber er möchte aus Liebe gern die warnen, die in Gefahr sind, sich hoffnungslos in das entsetzliche Elend zu stürzen. Hast du, mein Leser, dein Herz zu Jesu gewandt, dann schließe ich gern diesen Abschnitt und wende mich mit dir zum Herrn, um mit dir zu trinken aus dem Born einer grenzenlosen Gnade, geoffenbart in Christo Jesu, unserem hochgepriesenen Herrn! Ihm allein gebührt Ehre, Lob und Anbetung!

3. Das Evangelium Gottes, (1) als gepredigt durch die Apostel 1868 BdH

01/13/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Nicht der Gehorsam unter dem Gesetz

Es ist wichtig zu beobachten, daß der Apostel das Evangelium genau so übernimmt, wie es durch die Propheten verkündigt ist. Wenn wir in Jes 56, 1 lesen: „Mein Heil steht im Begriff zu kommen, und meine Gerechtigkeit, geoffenbart zu werden", so ist es klar, daß sich diese und ähnliche Stellen nicht auf den Bund Sinais beziehen. 

Diese Stellen verraten auf den ersten Blick den Geist der Gnade, welche die Gerechtigkeit Gottes in der Rettung des Sünders durch Glauben ankündigt. Sowohl die Gerechtigkeit, als auch das Heil kommen direkt aus Gott. Der Apostel versichert uns, daß er sich des Evangeli­ums von Christo nicht schäme: „denn" — sagt er — „es ist Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst, als auch dem Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte aber wird aus Glauben leben (Röm 1. 16.17). Hier finden wir die Gerechtigkeit und das Heil geoffen­bart, wovon in den prophetischen Schriften gesprochen ist; und dieser auf den Tod und die Auferstehung Christi gegründeten Wahrheit begegnen wir überall in den Schriften Pauli und besonders im Brief an die Römer.

Durch den Ausdruck „aus Glauben zu Glauben" wird uns der Grundsatz des Glaubens im Gegensatz zum Grundsatz des Gesetzes bezeichnet. Dies charakterisiert die Mission des Apo­stels; denn er sagt in Röm 1, 5: „durch welchen wir Gnade und Apostelamt empfangen haben für Seinen Namen zum Glaubensgehorsam unter allen Nationen".

Nicht der Gehorsam unter dem Gesetz, sondern der Glaubensgehorsam ist hier der Segensweg. Der Name Christi ist jetzt der große Gegenstand des Glaubens und die Lebensregel des Glaubenden. Auch bil­den die Macht, der Wert und die Autorität des Namens Jesu den hervorragenden Teil der Predigt des Petrus in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte. Auch hier sind der Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt Jesu der Schwerpunkt. Jeder Glaubende ist vereinigt mit dem auferstandenen Christus und der Segnungen des Evangeliums Gottes teilhaftig. Aber andererseits wird der Zorn Gottes allen angekündigt, die dem Namen Jesu den Gehorsam verweigern. Wir werden bei Gott, und nicht nur vor Ihm als Gerechtfertigte betrachtet. „Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage erheben"? Und:



Was ist einfacher, als dem Menschen zu sagen: „Du bist ver­loren; aber die Liebe Gottes ist so groß, daß Er Seinen Sohn gab, um für uns zu sterben, damit wir gerettet würden"? Wer an Ihn glaubt, hat das ewige Leben. Von den Lippen des Herrn Jesu Selbst vernahm man einst die Worte: „Glaubst Du an den Sohn Gottes"? 

Und nichts konnte deutlicher sein, als die Worte Petrus am Pfingsttage, oder als die Worte Paulus in der Synagoge zu Antiochien. Wir vergessen, wie unwissend der natürliche Mensch in geistlichen Dingen ist, und wie schwierig es ist, ihm die klarsten Dinge in betreff der Gefahr, in der seine Seele schwebt, klarzumachen. Wer kennt nicht die Schwierigkeit für das arme Herz, zu glauben an das all-genugsame Werk Christi? Dennoch ist es der Mühe wert, das Evangelium den Seelen nahezubringen. Wer die Botschaft der unendlichen Gnade vernimmt, kann unmöglich lange auf beiden Seiten hinken. Er ist verantwortlich; und an dem großen Tage wird es sich herausstellen, ob er Christum angenommen oder verworfen hat.

Wie ernst ist diese Betrachtung sowohl für den Prediger, als auch für den Zuhörer. Möge der Prediger in Treue sein Werk treiben, damit er rein sei von dem Blute aller; und möge der Zuhörer nicht die dargebotene große Errettung Gottes vernach­lässigen. Denn sicher, im Verhältnis zu der Größe der Erret­tung, die vernachlässigt wird, muß auch die Größe der Ver­dammnis sein in betreff derer, die sie vernachlässigt haben. Gewiß wird das Bewußtsein, aus Leichtsinn oder aus Mutwillen die Gnadenstunde versäumt zu haben, das Nagen des Wurms an dem Gewissen sehr vermehren.

0 teurer Leser! Wenn Du Dich der Errettung noch nicht er­freuen kannst, warum säumst Du, nachdem Dir diese Errettung aus freier Gnade angeboten ist? Warum willst Du sterben, den zweiten Tod sterben? Siehe! es .ist ewiges Leben für Dich in Christo! Warum ergreifst Du diese vom Himmel geschenkte Gabe nicht? Warum nimmst Du diesen kostbaren Schatz, die Rettung Deiner Seele, nicht aus der Hand der Liebe an? Jesus starb für Sünder; und die Liebe, die Ihn ans Kreuz trieb, ist noch immer tätig. Noch immer wartet Er; noch immer ruft 

Er: „Kommet her zu mir ... ich will euch Ruhe geben". 0 möchtest Du Ihm entgegenrufen: „Siehe, Herr, ich komme"! 0 bedenke doch, daß das Wort Gottes nur von zwei Wegen spricht. Einen Mittelweg gibt es nicht. Der eine führt hinauf gen Himmel, und der andere hinunter in die Hölle.

Das Wort Gottes entscheidet die Frage in betreff jedes Hörers des Evangeliums jetzt. Wir brauchen nicht zu warten bis zum Richterstuhl. „Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Dies aber ist das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt, als das Licht;

denn ihre Werke waren böse" (Joh 5, i8. 19). Und ebenso wendet der Apostel, indem er das Evangelium predigt, auf die ungläubigen Juden die Warnung des Propheten an: „Sehet, ihr Verächter, und verwundert euch und verschwindet; denn ich wirke ein Werk in euren Tagen, ein Werk, das ihr nicht glauben werdet, wenn es euch jemand erzählt" (Apg 15, 40. 41).

0 wie ernst! Noch einmal, mein Leser, auf welchem Pfade wandelst Du? Bist Du Deiner Rettung nicht gewiß? Nun, dann blicke jetzt auf Jesum, glaube jetzt an Ihn, fliehe jetzt zu Ihm, vertraue jetzt dem Blute Jesu, wirf jetzt alle Deine Bürden auf die Person Jesu; und Christus wird ganz der Deinige sein. Ja, glaube nur; und der Christus Gottes, das Heil Gottes, die Herrlichkeit Gottes, alles wird Dein sein in den Tagen Deiner Pilgrimschaft und in den Zeitaltern der Zeitalter. —