Botschafter des Heils in Christo 1927

02/06/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger
Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1927Seite
Was ist das in deiner Hand?"1
Das Zeugnis Gottes10
Fragen16
Aus alten Briefen24
In nächt'ger Stunde (Gebicht)28
Jesus selbst29
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über Eph.47
4, 17-6
Um nichts besorgt54
Das Gebet nach Gottes Wille und die Kenntnis Seiner Wege57
Jüngerschaft63
„Aber alle!"79
Das Radio82
Das liebliche Los (Gedicht)84
Was ist Anbetung?85
Das Bauen der Mauer und der Lore (Neh. 3).98
Noch einmal das Radio111
Frucht zu seiner Zeit113
Der Sänger im Heiligtum125
Jakobus 3, 1-12137
Die Überwinder von Offenbarung 15.138
Kinder, die in der Wahrheit wandeln"141
Ist die Versorgungsfrage der Diener des Herrn in148
der Schrift geregelt?
Epaphras159
Vierfältiger Segen166
Leidenssegen (Gedicht)167
Fragen aus dem Leserkreise168
Einige Kennzeichen eines wahren Dieners Gottes176
Die Königin von Scheba und der Athiopier.189
Hat nicht Gott die weltlich Armen auserwählt?"194
Ein sehnjähriges Leidensjubiläum.196
Du bist schöner als die Menschensöhne".197
Selbstbeherrschung207
Die Liebe, die Gott zu uns hat"216
Gott in allen Dingen.253
Manasse und Ephraim262
In Seiner Flügel Schatten269
Mephiboseth und wir221
Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten"234
Befreiung241
Schändlich für ein Weib246
Last uns mit Ausharren laufen den vor uns liegen- den Wettlauf!"276
Gebenke nun..."281
Eine Schrift von Elia, dem Propheten289
Nicht von der Welt"293
Der Gott dieser Welt298
Lust, abzuscheiden307
Gleich förmig308
Wie kurz ist doch die Lebenszeit! (Gedicht)309
Vergebung und Befreiung319
Gedanke331
Gott macht nie Fehler! (Gedicht)332


Botschafter
des
Heils in Lhristo
„Der Herr ist nahe" (Phil. 4, 5)
Fünfundsiebzigster Jahrgang
Merfeld
Verlag von R. Brockhauö
19 2 7
Gedruckt bel u. W. Brockhaus, Komm.-Gef., Elberfeld
Inhaltsverzeichnis
Seil«
„Was ist das in deiner Hand?" ...... 1
Das Zeugnis Gottes ........ 70. 37
Fragen . ............ 76
Aus alten Briefen ..... 24. 433. 304. 327
In nächt'ger Stunde (Gedicht) ...... 28
Jesus selbst.............................................................................29
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über Eph.
4, 77—6 ... 47. 69. 706. 720. 752. 782
Um nichts besorgt ........... 54
Das Gebet nach Gottes Wille und die Kenntnis Sei­
ner Wege ........... 57
Jüngerschaft......................................................................... 63
„Aber alle!".........................................................................79
Das Radio ..............................................................................82
Das liebliche Los (Gedicht) ................................... 84
Was ist Anbetung? .......... 85
Das Bauen der Mauer und der Tore (Neh. 3) . 98
Noch einmal das Radio .........777
Frucht zu seiner Zeit......................................... 773
Der Sänger im Heiligtum ........ 725
Jakobus 3, 7—72 ....................................................... 737
Die Überwinder von Offenbarung 75 .... . 738
„Kinder, die in der Wahrheit wandeln" . . 747. 769
Ist die Bersorgungsfrage der Diener des Herrn in
der Schrift geregelt? ........ 748
Epaphras ............................................. 759
Seit«
Vielfältiger Segen .......... 1,66
Leidenösegen (Gedicht) ......... 167
Fragen aus dem Leserkreise ..... 168. 280
Einige Kennzeichen eines wahren Dieners Gottes. 176
Die Königin von Scheda und der Äthiopier . . . 189
„Har nicht Gott die weltlich Armen auserwählt?" . 194
Ein zehnjähriges Leidensjudiläum ...... 196
„Du bist schöner als die Menschensöhne" . . 197. 225
Selbstbeherrschung .......... 207
„Die Liebe, die Gott zu uns hat" ...... 216
Mephiboseth und wir . . . . . . . . . 221
„Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten" 234
Befreiung ............. 241
Schändlich für ein Weib ........ 246
Gott in allen Dingen. ......... 253
Manasse und Ephraim . ................................................262
An Seiner Flügel Schatten........................................ 269
„Laßt uns mit Ausharren laufen den vor uns liegenden
Wettlauf!".......................................................... 276
„Gedenke nun..."...........................................................281
Eine Schrift von Elia, dem Propheten .... 289
„Nicht von der Welt" ......... 293
Der Gott dieser Welt ......... 298
Lust, abzuscheiden .......... 307
Wie kurz ist doch die Lebenszeit! (Gedicht) . . . 308
Gleichförmig ........... 309
Vergebung und Befreiung ....... 319
Gedanke................................................................................331
Gott macht nie Fehler! (Gedicht) ..... 332
„V>as Ist das in deiner Hand?"
>2. Mos« 4, 2I
Jeder, der den Herrn lieb hat und sich von Ihn:
geliebt weiß, trägt auch den Wunsch in seinem Herzen,
Ihm in der einen oder anderen Weise zu dienen. Und für
solchen Wunsch hat der Herr uns manches ermutigende
Wort gegeben. In ü. Kor. ü, 27—29 sehen wir freilich,
daß Er nicht solche in Seinen Dienst beruft, deren die
Welt sich am meisten rühmt, sondern daß Er sich das Einfache
und Geringe erwählt, um Seine Vorsätze auszuführen.
Ein Herz für Ihn und persönliche Hingabe
und Treue sind die Dinge, die Er wünscht. Je geringer
und untauglicher wir in unseren eigenen Augen sind, um
so brauchbarer werden wir Ihm sein. Es ist ermunternd,
diesem göttlichen Grundsatz in einigen Beispielen der
Schrift nachzuspüren.
„Da sprach Jehova zu ihm (Mose): Was ist das
in deiner Hand? Und er sprach: Ein Stab." Hier stand
Mose nach vierzigjährigem Schafehüten vor Jehova. Gerade
ist ihm der Auftrag geworden, zu dem Pharao zu
gehen; aber er ist nicht willig dazu. Er ist voll von Entschuldigungen
und Beweisen seiner Untauglichkeit. Aber
Gott belehrt ihn, daß auch das Geringste an Kraft für
Seinen Dienst von Ihm selbst kommen muß. Er gebietet
ihm, seinen Stab zu nehmen und damit die Zeichen Seiner
Macht zu tun. Der Stab an sich war unbedeutend
2
genug, aber Gott wählte das, was in Menschenaugen nichts
ist, um damit Wunder Seiner Macht zur Befreiung Seines
Volkes zu wirken. (2. Mose 4, 2. 47. 20.)
David, was ist in deiner Hand? — „Ein Stab, eine
Schleuder und fünf glatte Steine." Welchen Wert hatten
die Waffen des jungen Hirten in den Augen Sauls und
der kampferprobten Streiter Israels? Wie verächtlich
waren sie erst in den Augen Goliaths, des Riesen! „Bin
ich ein Hund, daß du mit Stöcken zu mir kommst?" Dock-
Gott gefiel es, das, was David in seiner Hand hatte,
zu gebrauchen, und wir kennen den Ausgang: „So war
David, mit der Schleuder und mit dem Steine, stärker
als der Philister, und er schlug den Philister und tötete
ihn; und David hatte kein Schwert in der Hand."
(4. Sam. 47, 50.)
Was ist das in deiner Hand, kleiner Knabe? „Fünf
Brote und zwei Fische." Aber was ist das unter so viele?
— Gewiß, wenig genug zur Speisung von fünftausend
Männern, ohne Weiber und Kinder. Aber der Herr nimmt
daö Wenige in Seine Hand, und von Ihm aus wird cs
so gesegnet und vermehrt, daß cs zur Fülle und zum Überfluß
für alle wird. (Joh. 6, d.)
Und du, Witwe, was ist in deiner Hand? Nur „zwei
Scherflein, daö ist ein Pfennig". Das ist alles, was
sie hat, aber sie weiht es mit ganzen: Herzen dem Hause
Jehovas. Und was hat eS gewirkt? Diese Tat der Selbstlosigkeit
und Hcrzenshingabe hat Frucht getragen bei reich
und arm durch die Jahrhunderte hindurch. Reiche sind
durch sic veranlaßt worden, ihre Gaben vor dem Herrn
als Opfer (nicht nur als Almosen) niedcrzulegcn, und
Arme wurden ermutigt, ihr Geringes dein Herrn zu brin-
gen, wissend, daß Er die Dinge anders wertet als der
Mensch. (Mark. 42, 42.)
Mehr Beispiele könnten erwähnt werden; wir könnten
an die Philipper erinnern (Phil. 4) und an die Brüder
aus Makedonien, die den Mangel des Apostels erstatteten,
als er der reichen Versammlung in Korinth diente. Aber
es seien genug! Wie ernst reden diese zu unseren Herzen!
Wie geneigt sind wir, auf andere zu blicken und zu denken,
wieviel wir tun würden, wenn wir ihre Gaben, ihre
Fähigkeiten, ihre Mittel hätten! Aber der Herr fragt dich
nicht, was dieser oder jener hat, sondern: „Was hast du
in deiner Hand?" Er will das gebrauchen, was du hast,
nicht das, was du nichtha st. Wie gern suchen wir Gelegenheiten,
Ihm zu dienen, in der Ferne, sehen aber nicht
auf das, was uns so nahe, was in unserer Hand ist. —
Da klagt eine Mutter: Ich weiß vor lauter Arbeit
nicht, was ich für den Herrn tun kann. — Was du
für den Herrn tun kannst? Wie ist es denn mit deinen
Kindern? Mütter wie Sara und Hanna werden Söhne
haben wie Isaak und Samuel! O Mutter, was ist in
deiner Hand? Ein kostbares Vorrecht, verbunden mit einer
ernsten Verantwortlichkeit! Führe deine Haushaltung mit
Treue, diene deinen Kindern, lebe ihnen Christum vor,
und sie werden dich segnen, wenn sie später dein gedenken.
(4. Tim. 5, 44; 2. Tim. 4, 5.)
Da fragt der Kaufmann, der Fabrikant, der Arbeiter:
Was kann ich tun? Nichts als Arbeit, Geschäft,
Sorgen früh und spät! Und Tag für Tag das gleiche,
nichts brauchbar für den Herrn. — Weißt du nicht, daß
deine Treue, deine Gewissenbaftigkeit, dein ganzes Verhalten
mehr zeugen als Worte? Man sagt, daß man wahr-
4
haft „christliche" Geschäftsleute selten finde. Schade,
sehr schade, wenn es so ist! Aber ob der Prozentsatz wahrhaft
„christlicher" Angestellter und Arbeiter größer ist?
Gar oft wird eine Trennung gemacht zwischen Geschäft,
Arbeit und Christentum. Bruder, lebe dem Herrn im Kontor,
auf dem Lager, in der Fabrik, im Laden, wo es sei!
Sei da, wo du stehst, ein treuer Zeuge des Herrn. Ein
Bruder sagte mir einst: „Sei, was du bist!"
Aber du Kranker und Schwacher, was hast du in deiner
Hand? Du seufzest: Nichts! Mein Los ist, untätig zu
liegen und anderen lästig zu sein. Aber ist das wirklich so?
Kannst du nicht den Herrn verherrlichen durch Geduld?
Kannst du nicht beten? Gewiß! Darum gebrauche was
du hast! — Vielleicht denkst du: Der hat gut reden; er
sollte nur einmal in meiner Lage sein! Aber der Schreiber
dieser Zeilen weiß aus Erfahrung, was es heißt, stillgelegt
zu sein, Schmerzen zu haben, Tag und Nacht im Sessel
sitzen zu müssen. Mein lieber kranker und schwacher Mitpilger,
laß uns beten! Der Zweck unseres Hierseins ist,
daß der Herr verherrlicht wird. Und wie manches Werk
des Herrn hat seinen Anfang genommen in einem Gebet
vom Krankenbett aus! Sieh dein Vorrecht an! Bete ohne
Unterlaß! Zuweilen sind wir dem Herrn nützlicher in Zeiten
der Krankheit, als in Tagen der Kraft.
Mein lieber Leser, was ist indeiner Hand? Überall
schlummern verborgene Kräfte, sie mögen klein sein, aber
sie sind da. Nur etwas mehr Hingebung für den Herrn,
und sie kommen hervor! Benutze deine Gelegenheit, deine
Zeit, deinen Besitz. Führe Seelen unter den Schall des
Evangeliums. Bringe Erleichterung und Hilfe denen, die
in Elend und Not sind, besonders den Hausgenossen des
s
Glaubens. Nimm teil an den Bedürfnissen des Werkes
des Herrn im In- und Ausland. Lebe in Christo und für
Christum allein. Er ist es wert, Ihm alles zu weihen, was
wir sind und haben. Was auch der Herr in deine Hand
gelegt haben mag, weihe es Ihm mit ganzem Herzen,
mache vollen Gebrauch davon, damit Er auch dir einmal
sagen kann: „Wohl, du guter und treuer Knecht! über
weniges warst dutreu, über vieles werde ich dich setzen".
Der vorstehenden kurzen Betrachtung, die mir von
lieber Hand für den „Botschafter" eingesandt wurde,
möchte ich noch einige Gedanken hinzufügen:
Gelegentlich einer größeren Zusammenkunft zu Gebet
und gemeinsamer Wortbetrachtung, die kürzlich stattfand,
kam die Rede auf die gegenwärtigen Zeitverhältnisse und
den vermeintlich dadurch bewirkten Rückgang in den Ergebnissen
der Sammlungen oder Zuwendungen für das
Werk des Herrn, für die Bedürfnisse der Heiligen usw.
Es wurde gefragt, ob die vermehrten Abgaben und vielfach
verringerten Einnahmen wirklich die Ursache der bedauerlichen
Erscheinung sei, und festgestellt, daß an manchen
Orten nach wie vor eine freudige Opferwilligkeit vorherrsche,
während an anderen eine stetige Abnahme des
Eifers zu bemerken sei, und ferner, daß dieser Unterschied
nicht etwa auf größere oder geringere Wohlhabenheit zurückgeführt
werden könne; im Gegenteil seien zuweilen äußerlich
wenig bemittelte Versammlungen in dieser Beziehung
treuer und eifriger als andere, wohlhabendere.
Bei der Prüfung des „Warum" dieser Erscheinung
wurde geltend gemacht, daß es an manchen Orten wohl
an der notwendigen Aufklärung über die Mannigfaltig
b
keit der Bedürfnisse, und in Verbindung damit an der liebenden,
fortgesetzten Ermunterung zum Wohltun und Mitteilen
fehle. Es wurde, abgesehen von Sammlungen für
Arme, erinnert an das große, stets wachsende Werk unter
Gläubigen und Nichtgläubigen im Inland, an die gesegnete
Arbeit in: Ausland, die der Herr uns anvertraut hat,
an das Werk der unentgeltlichen Bibel- und Schriften-
verbreitung, an die so wichtige Sonntagschulsache, auch
an den stetig zunehmenden Bedarf an größeren Versammlungsräumen,
an die verschiedenen Heime für Alte,
Schwachsinnige und Kinder usw. Es wurde auch darauf
hingewiescn, daß erfahrungsgemäß allgemeine Sammlungen
bei weitem nicht das Herz der Geber so anregen und
erfreuen wie solche für irgend einen bestimmt ausgesprochenen
Zweck. Es geht damit ähnlich wie mit dem gemeinsamen
Beten. Gebete für einzelne, klar und ungekünstelt
dargebrachte, dem Betenden auf dem Herzen liegende Gegenstände
regen in der Regel weit mehr zu herzlichem Mitbeten
und Auftun des eigenen Mundes an, als ein noch
so warmes, allgemein gehaltenes Gebet. Im allgemeinen
ging die Meinung dahin, daß die persönliche Herzen
sstellung maßgebend sei für äußere Offenbarungen
der Liebe und des Interesses. Es wurde an die bekannte
Tatsache erinnert, daß ein warmes, im Herrn glückliches
Herz und eine für Seine Sache offene Hand immer
miteinander gehen, auch in Zeiten der Not und Bedrängnis.
Mit dem Hinweis auf manche ermunternde Beispiele,
die uns Gottes Wort in dieser Beziehung gibt, wurde auch
an die interessante Verordnung über den Zehnten des dritten
Jahres in 5. Mose 44, 28. 29 und 2b, 42—45 erinnert.
Hierüber noch ein kurzes Wort:
7
Es ist bekannt, daß das Volk Israel allen Ertrag
seiner Saat, Getreide, Most und Dl, getreulich verzehnten
und alle Erstgeburt seines Rind« und Kleinviehs Jehova
als Opfergabe darbringen mußte. Weniger beachtet oder
bekannt dürste der Umstand sein, daß dieser Zehnte usw.
an den Ort zu bringen war, wo Gott Seinen Namen
wohnen lassen würde, um dort von dem Israeliten und
seinem Hause „vor Jehova, seinem Gott", verzehrt zu werden,
und ferner, daß in jedem dritten Jahre der Zehnte
ausgesondert und in den Toren des Wohnortes der Darbringer
niedergelegt werden mußte, zur Verteilung an den
Leviten, den Fremdling, die Witwe und die Waise. Auch
in den ersten zwei Jahren durfte der Levit nicht vergessen
werden, „denn er hatte kein Teil noch Erbe im Lande",
aber im dritten Jahre mußte das Ganze für ihn und
die Bedürftigen in Israel ausgesondert werden. Im ersten
Falle empfingen die Darbringer des Zehnten also wohl den
größten Teil desselben aus Gottes gütiger Hand zu eigenem
Gebrauch zurück, im zweiten durften sie nichts davon
für sich verwenden.
Das ist wohl der Grund, weshalb wir in S. Mose 26
in unmittelbarem Anschluß an die liebliche Verordnung
über den „Korb der Erstlingsfrüchte" die Worte lesen:
„Wenn du fertig bist mit dem Abtragen alles Zehnten
deines Ertrages im dritten Jahre, dem Jahre des
Zehnten, und du ihn dem Leviten, dem Fremdling, der
Waise und der Witwe gegeben hast, damit sie in deinen
Toren essen und sich sättigen, so sollst du vor Jehova, deinem
Gott, sprechen: Ich habe das Heilige aus dem
Hause weggeschafft.. .Ich habe nicht davon gegessen in
meiner Trauer, und habe nicht davon weggeschafft alo
r
ein Unreiner, und habe nicht davon für einen Toten gegeben;
ich habe der Stimme Jehovas, meines Gottes, gehorcht,
ich habe getan nach allem, was du mir geboten
hast." (V. 72—44.)
Manche Erklärer nehmen an, daß im dritten Jahre
neben dem gewöhnlichen noch ein zweiter Zehnte für
den Leviten, den Fremdling usw. zu entrichten gewesen sei,
aber die Bezeichnung „Jahr des Zehnten" widerspricht,
neben der ganzen Darstellungsweise in 5. Mose 44, dieser
Annahme. Wie dem aber auch sei, jedenfalls ist der Unterschied
für den uns beschäftigenden Gedanken unwichtig.
„Ich habe das Heilige aus dem Hause weggeschafft",
sagt der Israelit zu Jehova. Was war „das Heilige"?
Das dem Herrn Gehörende von allen seinen Einkünften.
Gott hatte Seinem auf dem Boden des Gesetzes
stehenden Volke genaue Vorschriften darüber gegeben, was
Er als Ihm gehörend betrachte. Heute ist es anders. In
Seiner Gnade überläßt Gott es den Seinigen, das Heilige
selbst zu bestimmen: „Ein jeder, wie er sich in
seinem Herzen vorsetzt: nicht mit Verdruß oder
aus Zwang, denn einen fröhlichen Geber hat Gott
lieb". (2. Kor. y, 7.) Aber wollen wir, die so hoch Begnadigten,
hinter den vom Gesetz Geleiteten zurückstehen?
Soll nicht vielmehr „das Recht des Gesetzes erfüllt werden
in uns, die nicht nach dem Fleische, sondern nach dem
Geiste wandeln"? (Röm. 8, 4.) Das Gesetz war für den
Menschen im Fleische gegeben, wir sind aber nicht mehr im
Fleische, sondern im Geiste, „Menschen in Christo", berufen,
Ihm nachzuahmen, der um unsertwillen arm wurde,
auf daß wir durch Seine Armut reich würden. Dabei
ist unser Gott nicht ein strenger Förderer; nein, der Apostel
y
sagt: „Wenn die Geneigtheit vorliegt, so ist einer
annehmlich nach dem er hat, nicht nach dem er nicht
hat". (2. Kor. 8.) Gott kennt und berücksichtigt unsere
Verhältnisse, aber Er kennt auch unsere Herzen, und der
Herr sitzt am Schatzkasten.
Der Israelit sagt weiter: Ich habe von dem Heiligen
„nicht gegessen in meiner Trauer, nicht davon weggeschafft
als ein Unreiner und nicht davon für einen
Toten gegeben". Trauer, Unreinheit, Tod — die Folgen
der Sünde, unentrinnbare Folgen! Wäre es deshalb nicht
zu entschuldigen gewesen, wenn er in der einen oder anderen
Lage es nicht so genau mit dem Gebot Gottes genommen
und von dem Heiligen etwas für sich benutzt
hätte? Wie liegen derartige Überlegungen unseren eigen-
liebigen, selbstsüchtigen Herzen so nahe! Wissen wir nicht
davon, daß wir zuweilen so und so viel für die Sache des
Herrn bestimmt hatten, und nachher fingen wir an zu
markten und Abstriche zu machen für dies und das, das uns
in den Weg kam? Wird nicht auch manches für Zwecke
auögegeben, die des Herrn Wohlgefallen kaum haben?
Der Israelit in unserem Kapitel hatte nicht so gehandelt.
Er hatte weder selbst von dem Zehnten gegessen,
noch anderen davon gegeben, noch als ein Unreiner davon
weggeschafft! Über die Bedeutung dieser drei
Dinge und ihre Anwendung auf uns mögen die Meinungen
verschieden sein, aber jedenfalls beweisen sie die Entschiedenheit
und Treue des Redenden, und damit erhebt sich
wiederum für uns die Frage: Wollen wir hinter ihm zurückbleiben?
Wie schön ist dann auch der Schluß! Das Gewissen
ist ohne Anstoß in der Gegenwart Gottes und das Herz
10
glücklich und weit. „Blicke hernieder", so bctct der Mann
mit voller Freimütigkeit, „von deiner heiligen Wohnung,
vom Himmel, und segne" — nicht „mich und mein Haus",
nein: „dcin Volk Israel und das Land, das du uns gegeben,
wie du unseren Vätern geschworen hast, ein Land, das
von Milch und Honig fließt!"
Nachahmungswert, nicht wahr? Darum, mein Leser,
noch einmal: Was hast du in deiner Hand? Und wie
verwendest du eö?
Das «Zeugnis Gottes
lNsch einer Ansprache über i. Lor.
Als der Apostel Paulus die eben verlesenen Worte
an die Gläubigen in Korinth schrieb, waren nur wenige
Jahre seit seinem Besuch vergangen. Mit Furcht und
Zittern war er in die reiche Handels- und Hafenstadt cin-
gezogen, um den Bewohnern die frohe Botschaft von
Christo zu bringen. Der Träger des „Zeugnisses Gottes",
das auserwählte Rüstzeug des Herrn, hatte sich schwach
und unfähig gefühlt, seiner Aufgabe zu genügen.
Nicht immer war er so schwach gewesen. Nein, einst
war er ein „starker" Mann. Im Bewußtsein seiner Kraft,
seiner gesetzlichen Gerechtigkeit und seines Wissens war
er furchtlos jedem Gegner entgcgengetreten. Aber damals
hatte er nicht nach oben geblickt. Stolz auf die Religion
seiner Väter, blind über sich selbst und Gott nicht kennend,
hatte er wie ein wildes, blutgieriges Raubtier die Anhänger
des verachteten Nazareners verfolgt. Ihnen nachspürend
bis in die ausländischen Städte, war er in die Nähe von
Damaskus gekommen. Dort aber war ihm Gott entgegen
— —
getreten. Der von ihin so glühend gehaßte „Jesus" hatte
ihm in der Sprache seiner Väter zugerufen: „Saul,
Saul, waS verfolgst du mich?"
ES ist schon manclnnal darauf hingewiesen worden,
daß eS nicht von ungefähr ist, wenn Gott einen Menschen
zweimal bei seinem Namen ruft. So war eö auch in diesem
Falle. Der gewaltige Zuruf, verbunden mit der Herrlichkeit,
die vom Himmel her die Reisenden umstrahlte,
warf den starken Mann zu Boden. Die Frage: „Was
verfolgst du m i ch?" mit der darauf folgenden Erklärung:
„Ich bin Jesus, den du verfolgst", erhellte wie ein
Blitzstrahl sein finsteres Herz, zerstörte mit einem Schlage
daö stolze Gebäude seiner Gerechtigkeit und versetzte seinem
Hochmut als gesetzeötreucr Jude den Todesstoß. Sein
Wille war gebrochen, seine Kraft dahin. Bis dahin hatte
er seinen Weg selbst bestimmt, nunmehr fragt er demütig:
„WaS soll ich tun, Herr?"
Gott wollte aus diesem Manne ein Werkzeug machen,
durch daö Er sich in einer ganz besonderen Weise verherrlichen
konnte. Nie ist ein solches Werkzeug in des Herrn
Hand unter den Menschen gewesen. Aber wie wunderbar!
Bevor Gott es gebrauchen konnte, mußte Er cö zerbrechen.
Alles was von Saul war, mußte verschwinden,
damit daö, was von Gott war, gesehen werde. Gottes
Kraft sollte sich in Schwachheit offenbaren. Der Wolf
mußte zu einem Lamm, der von Gott gerufene Saulus
zu einen: Paulus (klein) werden.
So also war der Apostel der Nationen in die Stadt
Korinth eingezogen. Hören wir, wie er selbst darüber redet:
„Und ich, als ich zu euch kam, Brüder, kam nicht nach
Vortrefflichkeit der Rede oder Weisheit, euch daö Zeug
— t2 —
ms Gottes verkündigend. Denn ich hielt nicht dafür, etwas
unter euch zu wissen, als nur Jesum Christum, und Ihn
als gekreuzigt. Und ich war bei euch in Schwachheit und in
Furcht und in vielem Jittern; und meine Rede und meine
Predigt war nicht in überredenden Worten der Weisheit,
sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, auf daß
euer Glaube nicht beruhe auf Menschen-Weisheit, sondern
auf Gottes-Kraft." (V. t—5.)
Wie schön ist das alles! „Ich kam nicht nach Vortrefflichkeit
der Rede oder Weisheit." Von welchem Wert
würden solche Worte und solche Weisheit auch gewesen
sein bei der Verkündigung von „Gottes Zeugnis"? Wie
hätte dieses in vortreffliche Worte menschlicher Weisheit
gefaßt werden können? Sie hätten es nur verdorben!
Gottes Geist allein konnte dem Träger und Verkündiger
von Gottes Zeugnis Worte geben, um es den Menschen
zu überbringen. Überlegen wir nur einen Augenblick:
ein armes, schwaches Geschöpf, ein irrender, fehlender
Mensch wird von Gott berufen. Sein Zeugnis zu überbringen,
wird erwählt, Jesum so vor die Menschen zu
stellen, wie Gott über Ihn denkt und redet! Und bedenken
wir dann weiter, daß dieser Träger des Zeugnisses Gottes
in eine Stadt gesandt wird, die so voll Unsittlichkeit und
weltlicher Weisheit war wie Korinth! Dorthin mußte Paulus
gehen. Da hatte Gott „ein großes Volk". Denn mit
diesem Wort hatte der verherrlichte Herr Seinen Knecht
in einem Nachtgesicht getröstet, als er sich schwach und entmutigt
fühlte. „Fürchte dich nicht, sondern rede und
schweige nicht! Denn ich bin mit dir, und niemand soll
dich angreifen, dir Übles zu tun; denn ich habe ein großes
Volk in dieser Stadt." (Apstgsch. t8, y. tv.)
— rz —
Nun, dieser Mann hatte in Korinth gepredigt. Er
hatte den Korinthern das Zeugnis Gottes verkündigt; und
zwar so, daß ihr Glaube nicht beruhte auf Menschen-
Weisheit, sondern auf Gottes-Kraft. Seine Predigt war
in Erweisung des Geistes und der Kraft gewesen. Mit dem
Zeugnis Gottes ist dieKraft Gottes aufs innigste verbunden.
Gottes Kraft kann allein Seelen erretten. Das Wort
vom Kreuz ist denen, die errettet werden, „Gottes Kraft".
(Kap. r, ^8; vergl. Röm. r, rs.) Wenn es sich um
ewige Dinge handelt, wenn die Seele aufschreit in Sündennot,
und die Last geheimer und offenbarer Schuld schwerer
und schwerer auf das Gewissen drückt, was helfen dann
Worte menschlicher Weisheit? Dann gibt es nur eine
Hilfe, nur ein Mittel: Jesus Christus muß vorgestellt
werden, die Seele muß das Zeugnis Gottes über Seinen
Sohn hören. Dann schwindet die unerträgliche Last, dann
zieht Friede ins Herz.
Aber wie hatte Paulus Christum unter den Korinthern
gepredigt? So wie Er einst auf dieser Erde gewandelt
hat, als Sohn des Menschen unter den Menschen?
Nein! Oder so wie Er jetzt als der Verherrlichte im Himmel
thront zur Rechten der Majestät in der Höhe, als
Richter der Lebendigen und der Toten? Auch nicht! Paulus
hatte unter den Korinthern nichts anderes gewußt „als
nur Jesum Christum, und Ihn als gekreuzigt".
Daö Wort vom Kreuz war den Juden ein „Ärgernis",
und doch verkündigte Paulus unermüdlich ihnen „zuerst"
die verhaßte Botschaft von Jesu. Das Wort vom Kreuz
war den Griechen eine „Torheit", und doch wußte Paulus
in einem der Brennpunkte griechischer Bildung und
14
Weltweiöheit nichts anderes als Jesum Christum, den Gekreuzigten.
Denn dasselbe Wort, an dem die einen sich
heute noch stoßen, das die anderen für Torheit halten,
ist „Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden". Christus,
der Gekreuzigte, den Juden ein Ärgernis und den Heiden
eine Torheit, ist den Berufenen selbst Gottes Kraft und
Gottes Weisheit. (Kap. 1, 23. 24.)
Sieh da den Grund, weshalb Paulus dafür gehalten
hatte, nichts anderes unter den Korinthern zu wissen, als
nur „Jesum Christum, und Ihn als gekreu-
z i g t".
„Das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen,
und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen."
(Kap. 1, 25.) In den Augen der sich weise dünkenden
Menschen war und ist es in der Tat töricht, daß ein ans
Fluchholz Gehängter anderen Heil bringen soll, und es
kommt ihnen arm und schwach vor, daß Einer, der ein
mächtiger Erretter sein will, am Schandpfahl stirbt. Aber
gerade dieses Törichte, dieses Schwache ist der Weg Gottes
zur Errettung. In ihm erweist sich Seine göttliche Weisheit
und Kraft. Wie anders hätte Seine Gerechtigkeit befriedigt,
die Sünde abgcschafft und Leben und Unverweslichkeit
ans Licht gebracht werden können? Auf welch anderem
Wege hätte „die Gnade herrschen können durch Gerechtigkeit
zu ewigem Leben"? Wie anders wäre die Verherrlichung
Gottes möglich gewesen? Zugleich aber hätte
auch auf keinem anderen Wege der Stolz des Menschen
so empfindlich getroffen und sein ganzer Jammer so ans
Licht gestellt werden können, wie durch das Kreuz.
Sollte der schuldige, sündige Mensch errettet werden,
so mußte das schonungslose Gericht Gottes den Reinen,
— IS —
Heiligen treffen, der an seine Stelle trat. Schon im Alten
Testament hatte Gott daö in vielen Bildern klar zur Darstellung
gebracht. Im Vorbeigehen nur einige Beispiele. An:
Versöhnungötage »rußte einer der beiden Böcke, die vor
Jehova gestellt wurden, als Sündopfer für das Volk geschlachtet
werden, und nachdem sein Blut im Heiligtum auf
und vor den Sühndeckel gesprengt worden war, mußte daö
ganze Tier, seine Haut, sein Fleisch, sein Mist, außerhalb
des Lagers verbrannt werden. (Z. Mose 1.6.) — Während
der Wüstenwanderung mußte ferner auf jeden, der
sich durch die Berührung mit einem Toten verunreinigt
hatte, daö Entsündigungswasser gesprengt werden. Jur
Herstellung desselben wurde eine rote junge Küh außerhalb
des Lagers geschlachtet, und nachdem das Blut derselben
gegen die Vorderseite der Stiftshütte hin gesprengt
worden war, mußte wiederum das ganze Tier, Haut,
Fleisch, Blut und Mist, zu Asche verbrannt werden.
(4. Mose Id.) Gott will Sühnung und Reinigung bewirken,
aber Er kann es nur dadurch, daß Sein unerbittliches
Gericht über die Sünde ergeht. Alles was von dem Menscher,
ist, muß dem Gericht, der Vernichtung anheimsallen.
Sieh da die Weisheit und die Kraft Gottes! Auf
diesem Wege kann Er dein verlorenen Menschen Leben und
Unverweslichkeit, Freude und Heil bringen. Der Mensch
muß in den Tod! Daö hatte einst auch Saulus zu tiefsten,
Ärgernis gedient. Aber auf dem Wege nach Damaskus
hatte er gelernt, daß der Mensch in Christo zu seinen, Ende
kommen muß und gekommen ist. M i t Christo gekreuzigt!
„Denn was Er gestorben ist, ist Er ein für allemal
der Sünde gestorben, was Er aber lebt, lebt ErGvt t^,
lesen wir in Röm. 6, io, und in unmittelbarer Verbindung
— rb —
damit: „Also auch ihr, haltet euch der Sünde für
tot, Gott aber lebend in Christo" Der Gläubige ist nicht
mehr „im Fleische", sondern „im Geiste", ein „Mensch
in Christo", heilig und tadellos vor Gott in Liebe (Röm. 8;
Eph. t, 4), und dann berufen, „sich selbst Gott darzustellen
als ein Lebender aus den Toten, und seine Glieder
Gott zu Werkzeugen der Gerechtigkeit". Welch eine süße
Frucht des Kreuzes! Welch ein Zeugnis Gottes über Seinen
Sohn!
Ist es ein Wunder, daß der Apostel gegenüber dem
Hochmut der jüdischen Gesetzgelehrten und den Torheiten
der heidnischen Philosophie nichts anderes hatte wissen wollen,
als nur Jesum Christum, und Ihn als gekreuzigt?
(Schluß folgt.)
Kragen
Das Haupt der Familie ist heimgegangen! Der liebende
Gatte und sorgende Vater ist nicht mehr. Viele Jahre
hat er der Familie in Treue und Gottesfurcht vorgestanden;
nun hat das starke Herz den letzten Schlag getan, der
Mund ist für immer verstummt. In tiefem, stillem
Schmerz umstehen Mutter und Kinder die Bahre. Warum
hat der Tod den teuren Mann, der doch noch so nötig war
und so gut noch etliche Jahre hätte leben können, so plötzlich
hinweggerafft? Warum hat Gott das zugelassen? „Hat
Er vergessen, gnädig zu sein?"
Die Mutter, die Hüterin des Hauses, die nie ermüdende,
selbstverleugnende Gehilfin des Mannes, der
Mittelpunkt des ganzen Familienlebens, die Vertraute der
Kinder, die in all ihren kleinen und großen Schwierigkeiten
immer so guten Rat und Trost wußte, hat das Auge
— r? —
geschlossen! Nie mehr wird es treu und liebevoll zu dem
Gatten aufblicken, nie mehr ermunternd, mahnend, warnend
auf den Kindern ruhen. Warum? Andere, nach
menschlichem Urteil ganz überflüssige Personen, einsame
Alre und Schwache, die sich sehnen heimzugehen und nur
sich und anderen eine Last sind, bleiben — jahraus, jahrein.
Warum? Wärmn? „Hat Gott im Zorn verschlossen Seine
Erbarmungen?"
„Gott ist erhabener als ein Mensch", antwortet Elihu
dem mit dem Allmächtigen hadernden Hiob. „Uber all Sein
Tun gibt Er keine Antwort." (Hiob 33, 72. 73.) „Gott!
dein Weg ist im Heiligtum", sagt Asaph, nachdem er zur
Einsicht über „sein Kranksein" gekommen ist; „wer ist
ein großer Gott wie Gott?" Der Allweise und Allgütige
macht keine Fehler, wenn auch Sein Weg durch tiefe Wasser
führt und Seine Fußstapfen nicht bekannt sind.
(Ps. 77.) „Wir wisse n", schreibt Paulus an die Römer,
„daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten
mitwirken, denen, die mach Vorsatz berufen sind."
(Röm. 8, 28.) Der Glaube ergreift das, und wenn schon
Hiob Gott „nichts Ungereimtes" zuschrieb, sollte unser
Glaube heute an dem Vater irre werden?
Aber es gibt noch andere Fragen, auch wenn es sich
nicht gerade um Vater oder Mutter, Bräutigam oder
Braut, das einzige geliebte Kind usw. handelt. Wenn
der Tod solch innige Bande gewaltsam und für immer
zerrissen hat, wenn die Hinterbliebenen die ewigen Dinge
sich mit einemmale so nahegerückt sehen und sich mit dem
Gedanken vertraut machen müssen, daß das bisherige Verhältnis
zu bestehen aufgehört hat, dann ist es verständlich,
daß das arme, schmerzzerrissene Herz gern etwas Nähe
— t8 —
res wissen nröcbte über den Instand nnd die Beschäftigung
der Abgeschiedenen, ob sie sich wohl noch an die irdischen
Verhältnisse erinnern, ob sie einander kennen, sich miteinander
verständigen können, ob sie noch irgendwelche Kenntnis
und geistige Verbindung mit Personen und Geschehnissen
auf dieser Erde haben, ob der Vater, die Mutter,
der Bräutigam, die Braut auch fernerhin von oben auf
ihre noch im irdischen Leben stehenden Geliebten herabzublicken,
an ihrer Freude und ihrem Leid teilzunehmcn vermögen
usw. usw.
Ich wiederhole, inan kann verstehen, daß solche Fragen
im Herzen laut werden, wenn Zeit und Ewigkeit einander so
unmittelbar berühren. Man möchte gern einmal hinter den
Vorhang schauen und in die Geheimnisse der Gcisterwelt
eindringcn, nicht nur aus Neugier, sondern zur Linderung
des Schmerzes, zur Beruhigung der tiefcrregten Gefühle.
Man möchte, nachdem alle äußeren Beziehungen gelöst,
alle sichtbaren Verbindungen und Zusammenhänge abgebrochen
sind, sich doch noch in irgend einer Weise in innerer,
geistiger Verbindung mit den Entschlafenen wissen.
Diese Wünsche und Fragen sind, wenn auch in verschiedener
Form, wohl so alt wie das Menschengeschlecht
selbst; sie bestehen, seitdem der Tod als Folge der Sünde
cingetrctcn ist. Darum finden wir auch schon im Alten
Testament ernste Warnungen vor der Beschäftigung mit
dem Übersinnlichen und feierliche Drohungen im Blick auf
Wahrsagen, Totenbeschwören, Geisterbanncn, diese bösen
Endergebnisse der menschlichen Neigung, Dinge zu ergrü-
bcln, die Gott seinem Wissen vorenthalten hat.
Ist uns denn über den Zustand nach dem Tode nichts
milgeteilt? Sicherlich. Zunächst wissen wir aus den Worten
— ty —
des Herr» Jesus an den bußscrtigcn Räuber und aus dein
Briefe des Apostels Paulus an die Phüippcr, das? die
„durch Jesum Entschlafenen" im Paradiese und bei Christo
sind und so ein weitaus besseres Teil besitzen, als die noeb
hicnieden lebenden Gläubigen. Weiter dürfen wir aus der
Gesclu'chtc des reichen Mannes und des armen Lazarus
entnehmen, daß die Abgeschiedenen einander kennen und
sich der Vergangenheit klar erinnern — Menschen, die sie in
ihrem Erdenleben gekannt, Beziehungen, in denen sie gestanden,
Ereignisse, die sie erlebt haben, sind ihnen gegenwärtig.
Der reiche Mann erinnert sich ganz genau seiner
fünf Brüder und ihrer Gesinnung, rind Abraham weist ihn
auf sein eigenes sorgloses Leben hin. Aber es ist weder
ihm noch Lazarus gestattet, in Verbindung mit der Zeitlichkeit
zu treten. Er bittet: „Sende Lazarus in das Haus
meines Vaters", aber er empfängt eine abschlägige Antwort.
Vorher schon ist ihm gesagt worden, daß ein Verkehr
zwischen den Seligen und Unseligen unmöglich sei: „Zwischen
uns und euch ist eine große Kluft befestigt, damit die,
welche von hier zu euch hinübergehen wollen, nicht können,
noch die, welche von dort zu uns herüberkommen wollen".
(Luk. l6.) Das Los beider Klassen ist für ewig unabänderlich
feftgestellt.
Beiläufig sei hier bemerkt, daß es auch mehr als
töricht ist, an em Wachstum der durch Jesum Entschlafenen
in praktischer Heiligung *) zu denken und so, wie manche
*) Daß wir während unseres Lebens hienieden „der Heiligung
uachjagcn" sollen (Hebr. !2, 24), ist sclbstverständlicb, und Kott
gebe, daß es allgemein unter uns mehr und ernster geschehe!
Aber mit dein Tode hört das alles auf. Hier sollen wir „die
Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes", indem wir uns
reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes. (2. Kor.
20
es getan haben, von einem allmählichen Neifwerden für
die Auferstehung zu reden. Es ist kaum glaublich, zu welchen
Verirrungen der menschliche Geist kommt, wenn er
die eigenen Gedanken, seine inneren Regungen und Erfahrungen
zum Gegenstand seines Sinnens macht, anstatt
in aller Einfalt, sich selbst aufgebend, „das gute Teil" zu
erwählen und, zu den Füßen Jesu sitzend, auf S e in Wort
zu lauschen. Jesus Christus, unser Heiland, ist es, der „den
Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans
Licht gebracht hat durch das Evangelium". (2. Tim. st, st0.)
Er sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer
an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben
ist", ja, mehr noch: „wer da leb t und an m ieh g laubt,
wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du dies?"
Ach ja, wenn wir nur mehr glaubend Ihm die Ehre geben
und nicht, wie Martha, ungläubig grübeln und zweifeln
wollten, wieviel mehr würden auch wir heute die Herrlichkeit
Gottes sehen! Aber ach! der Mensch, das arme
7, r.) Die Entschlafenen haben das Fleisch abgelegt, und der
Geist ist bei Jesu im Licht. Wie könnte es dort noch Befleckungen
oder irgendwelche Unreinheit geben? Nicht unser Tun gibt
uns ein Anrecht auf das Weilen in Gottes Gegenwart, oder auf
die Teilnahme an der ersten Auferstcbung. Wenn irgend etwas
von uns dazu nötig wäre, dann würde niemals ein Mensch
dort sein können, nicht einmal ein Paulus. Nein, das Werk
Christi allein. Sein Opfertod auf Golgatha, wo Er ein Fluch
für uns wurde und mit uns und unserem alten Zustand ein für
allemal ein Ende machte, ist die Grundlage unseres Heils für Zeit
und Ewigkeit.
Wenn wir in Hebr. 72, 23 von „Geistern der vollendeten
Gerechten" hören, so will das einfach sagen: der Gläubigen,
die ihren Weg vollendet, ihr Tagewerk vollbracht haben und nun
als Geister, in dem Zwischenzustand der Trennung von Seele und
Leib, bei ihrem Herrn ruhen und auf den Auferstehungsmorgen
warten, wo sie dann „tadellos" nach Leib, Seele und Geist
(7. Thess. 5, 23), „mit Frohlocken vor Seiner Herrlichkeit dargestellt"
werden sollen. (Iud. 24.)
— 21 —
eigene Ich mit seinem Denken, Meinen, Fühlen steht im
Kreise der Betrachtung, und da muß denn das Ergebnis
dem törichten Beginnen entsprechen.
Hierher gehören auch die Unterredungen mit Geistern
der Entschlafenen, die Erscheinungen, Visionen usw., welche
Männer wie Oberlin, Blumhardt und viele andere gehabt
haben wollen. Hinter sie alle setzt der nüchterne Christ ein
großes Fragezeichen. Nicht daß jene Männer bewußt Unwahres
gesagt hätten. Auch nicht, daß bei dem, was sie
gesehen oder gehört zu haben meinen, unbedingt dämonische
Einflüsse mitgewirkt haben müssen, wie es bei den Sitzungen
der heutigen Spiritisten, Okkultisten usw. der Fall
ist. Aber, unter dem Einfluß überschwänglicher Gefühle
und vielleicht auch einer überreizten Einbildungskraft stehend,
haben sie Sinnestäuschungen erlebt, die sie für Wirklichkeiten
hielten. Gott ermahnt uns in Seinem Wort
immer wieder zur Besonnenheit und Nüchternheit und
warnt uns davor, „auf Dinge einzugehen, die der Mensch
nicht gesehen" (Kol. 2, 18), bezw. deren Kenntnis Gott
dem Menschen vorenthalten hat. Aber gerade deshalb
möchte er sie so brennend gern wissen!
Ist es denn überhaupt unrichtig, sich mit dem Jenseits
und den Abgeschiedenen zu beschäftigen? Im Gegenteil.
Wir dürfen uns nicht nur mit dankbarer Freude als dessen
erinnern, was sie für uns waren und was Gott an ihnen
und durch sie getan hat, den Ausgang ihres Wandels anschauen
und ihren Glauben nachahmen, sondern wir dürfen
auch daran gedenken, daß sie nun „bei Christo" sind,
und daß alles, was sie während ihres Erdenwallens je an
Stunden inniger Gemeinschaft und seligen Genusses Seiner
Liebe erlebt haben, nur ein ganz kleiner Vorgeschmack
22
von dem war, was jetzt ihr Teil ist. Wir dürfen uns restlos
darüber freuen, daß sie ihren vielleicht schwierigen Lauf
vollendet haben, allem ä^ampf und Leid auf ewig enthoben
sind und mit den übrigen Geistern der vollendeten Gerechten
bei Ihm weilen, an den sie geglaubt haben, und den
wir alle so sehnlich erwarten.
Wenn wir unsere lieben Entschlafenen wirklich liebhaben,
werden wir sogar gern über diese Dinge sinnen.
Wir werden uns aber vornehmlich mit dem beschäftigen,
was s i c jetzt bei Jesu haben und genießen, weniger mit
dem, was w i r möglicherweise noch von ihnen haben oder
genießen könnten, umsomehr als Gott uns über das erste
Mitteilungen gemacht hat, während wir über das zweite
nur Vermutungen anstellen können, die in jeden: Falle bedenklich
sind und je nach Veranlagung, Gemüt, Stärke
der Phantasie usw. ganz verschieden ausfallen müssen. Der
Herr sagt: „Wenn ihr mich liebtet, so würdet ihr euch
freuen, daß ich zum Vater gehe, denn mein Vater ist größer
als ich". (Joh. 14, 28.) Er gewann durch Sein Hin-
gchen, die Jünger verloren. Wahre Liebe denkt aber
nicht an den eigenen Verlust, sondern an den Gewinn des
andere::. So gibt eS auch in allen solchen Fragen, wie:
Können, die Abgeschiedenen unö sehen? Haben sie Kenntnis
von unseren: Ergehen? Nehmen sic teil an unseren
Erlebnissen? usw. viel mehr Eigenliebe, als man
gewöhnlich denkt. Oder meint man wirklich, ihr Glück
und ihre Freude dadurch erhöhen zu können, daß man sie
in die Verhältnisse hienieden, die sie verlassen haben, nur
bei Christo zu sein, wieder hincinzuziehen sucht? Gott sei gepriesen,
daß das nicht möglich ist, aber wir, in unserer Torheit,
möchten cS so gern.
22
Wie beachtenswert sind auch die Mitteilungen und
das Verhalten des großen Apostels! Er hat Offenbarungen
empfangen, er hat Gesichte gesehen, ist bis in den
dritten Himmel, bis ins Paradies entrückt worden; aber
niemals redet er von Geistern der Entschlafenen als Mittelspersonen
oder Zeugen, nie lenkt er den Blick auf sich
oder andere Menschen. Für ihn ist nur eine Person und
deren Verherrlichung von Wichtigkeit. Er sagt: Ich habe
von dem Herrn empfangen, was ich auch euch überliefert
habe". Oder: „Dieses sagen nur euch im Worte
des Herrn". Oder: „Es geschah mir aber, als ich in
dem Tempel betete,... daß ich in eine Entzückung geriet
und Ihn sah, der zu mir sprach". Oder: „Zu rühmen
nützt mir wahrlich nicht, denn ich will auf Gesichte und
Offenbarungen des H errn kommen" usw. Selbst wenn
er in den dritten Himmel entrückt worden war, redet er
nachher kein Wort von dem, was er dort gesehen habe,
sondern nur von dem Hören unaussprechlicher Worte,
die der Mensch nicht sagen darf. (2. Kor. ^2.) So oft er auch
von übersinnlichen Dingen, von Gesichten usw. reden mag,
nirgendwo spricht er ein Wort zur Befriedigung der Neugier
des Menschen oder von dessen Wichtigkeit. Christus
ist sein Ein und Alles, bei Christo zu sein das sehnliche
Verlangen seines Herzens, Christus und Seine
Verherrlichung sein einziger Gedanke, die genügende Antwort
auf alle Fragen.
Würden nicht auch wohl viele unserer Fragen verstummen,
wenn wir mehr seine Nachahmer wären?
24
Aus alten Briefen
Elberfeld, y. Juni 4860.
Im Herrn geliebte Brüder!
Sehr gern möchte ich wieder einmal von Euch hören,
wie es Euch geht, ob es dem Versucher nicht gelungen ist,
Euch mutlos zu machen. Ich weiß ja, wie sehr er bemüht
ist, wie er alle List und Bosheit aufwendet, um in unseren
Herzen Mutlosigkeit und Verzagtheit zu erwecken, und wie
er das besonders bei Euch zu bewirken trachtet. Doch daö
Wörtchen, das der Herr einst Seinen Jüngern so oft zurief:
„Fürchtet euch nicht!" gilt auch uns. Er kennt unsere
Versuchungen, sieht unsere Kämpfe und wird uns niemals
versäumen, denn Er ist Liebe. Er weiß ja auch, daß wir
um Seines Namens willen geschmäht werden, und weil
wir uns allein durch Sein Wort und nicht durch Menschensatzungen
leiten lassen wollen. Daß manche wahre
Gläubige so wenig Achtung vor dem Worte Gottes haben,
sich ihm so wenig unterwerfen, ist gewiß betrübend. Es ist
in unseren Tagen ja nicht selten, daß selbst Kinder Gottes
unsere Gegner sind, weil wir einfach nach dem Worte
Gottes wandeln möchten. Doch eins kann und wird uns
dann immer trösten, daö Bewußtsein nämlich, daß wir nach
dem Wohlgefallen Gottes einhergehen. Der Herr Jesus
hat gesagt: „Wenn jemand mich li.bt, so wird er mein
Wort halten, und mein Vater wird chn lieben, und wir
werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen".
Geliebte Brüder! Ist diese Liebe nicht köstlicher als
alles in der Welt? Wenn auch alle gegen uns wären, und
Gott bleibt für uns, und Vater und Sohn machen Woh
25
nung bei uns, ersetzt das nicht alles andere? Darum laßt
uns getrost in den gegenwärtigen Versuchungen auöharren!
Wenn wir den Weg des Herrn hienieden betrachten oder
unseren Blick auf den Dienst der Apostel richten, so sehen
wir auch nichts anderes als Schmach und Verfolgung.
Paulus sagt von sich und seinen Gefährten: „Wir sind
ein Auökchricht der Welt geworden, ein Auswurf aller bis
jetzt", (4. Kor. 4, 43.) Und er ruft dem Timotheus zu:
„So schämedich nun nicht des Zeugnisses unseres Herrn,
noch meiner. Seines Gefangenen, sondern leide Trübsal
mit dem Evangelium, nach der Kraft Gottes"; und
wiederum: „Nimm teil an den Trüb s al e n als ein guter
Kriegsmann Jesu Christi". (2. Tim. 4,8; 2, 3.) Schlagen
wir die Apostelgeschichte auf, so finden wir, daß die treuen
Knechte Christi überall Schmach und Verfolgung fanden.
Den Weg, welchen sie wandelten, wollte niemand anerkennen.
Sie waren „eine Sekte, der überall widersprochen
wurde". Wenn also auch uns Widerspruch und Schmach
begegnen, so ist das nichts Neues. Darum laßt uns gutes
Mutes sein und ausharren; der Herr wird uns beistehen
und unö nicht vergessen.
Sehet nicht auf die Umstände und Schwierigkeiten,
das macht mutlos, sondern auf den Gott, der unsere Kraft
ist. Ohne Seinen Willen fällt ja kein Haar von unserem
Haupte, und Er legt nicht mehr auf, als wir tragen können.
Laßt Euch denn nicht verzagt und irre machen, sondern
harret aus im Gebet und Vertrauen auf Gott! Fürchtet
Euch nicht! Bald ist der Kampf beendet, und wir werden
dann für immer bei unserem geliebten Herrn ausruhen.
Wir können in der Wüste ja nichts anderes erwarten als
Verleugnung und Kampf; unser Ruhort ist bei Jesu dro-
26
den, und glücklich alle, die bis ans Ende ausharren! Des
Herrn Gnade sei mit Euch, geliebte Brüder, aber schreibe!
mir auch recht bald wieder, damit ich höre, wie es um
Euch sieht. Ich und andere nehmen innigsten Anteil an -
Euren Drangsalen und beten oft für Euch.
T—, 44. November 4865.
.... Wie Du weißt, befinde ich mich hier in einem
Lande, wo es besonders viele Sekten und Irrtümer gibt,
und die meisten Gläubigen hier sind mehr oder weniger
von bösen Lehren angesteckt. In S. habe ich an drei Abenden
im Saal der Baptisten gesprochen. Es waren ziemlich
viele gekommen, trotzdem der Feind es nicht unterlassen
hatte, uns in derselben Zeitung, welche die Einladung enthielt,
durch allerlei Bemerkungen zu verdächtigen. Heute
und morgen werde ich auch hier in einem größeren Saale
reden, wozu viele «ungeladen worden sind. Ain Montag
gedenken wir nach S. zurückzukehren, wo am Abend eine
Versammlung in einer alten Judensynagoge stattfinden
soll, die von einem Prediger aus Amerika gemietet ist und
mm für solche Zwecke benutzt wird. Ich wünsche sehr,
daß der Herr auch für dieses Land mehr Arbeiter erwecken
möchte. Es gibt hier viel Christentum, aber die Wahrheit
ist wenig bekannt. Ich fühle mich nicht sehr glücklich hier,
freue mich aber, daß der Herr mir erlaubt hat, an verschiedenen
Orten und vor vielen von Seiner freien Gnade
in Christo und von der nahen Ankunft unseres geliebten
Herrn zu zeugen. Obwohl ich nicht ohne Furcht war, habe
ich es dennoch mit großer Freimütigkeit und Freudigkeit
des Geistes tun können. Sein heiliger Name sei dafür
gepriesen!
27
G—, 7b. Juni 7865.
.... Die Versammlungen hier sind klein und
schwach. Wie fühlt man da, wie reich bevorzugt wir daheim
sind! Die Sprache ist auch ein Hindernis. Man hat hier
im Oberelsaß alle Mühe, selbst die Deutschredenden zu
verstehen.
Das Reisen ist augenblicklich wegen des entsetzlichen
Staubes sehr unangenehm. Man sieht immer aus wie
lauter Asche. Doch weiß ich, daß ich nach dem wohlgefälligen
Willen des Herrn hier bin, und das macht das Herz
glücklich. Ich weiß ja auch aus Erfahrung, wie notwendig
die Besuche sind, mögen die weiten, anstrengenden Reisen
für die Natur auch mit vielen Verleugnungen verbunden
sein. Für Dich sind sie, wenn auch in anderem Sinne,
nicht weniger verleugnungsvoll. Wenn ich an unsere große
Familie denke, weiß ich oft nicht, was dem Herrn wohlgefälliger
ist, noch länger zu bleiben oder heimzukehren,
obwohl mein Herz im Werke draußen meist glücklicher ist,
als wenn ich zu Hause am Schreibpult stehe. Der Verkehr
mit den Seelen macht und erhält frisch, und man
sieht und hört weit mehr, was zu Gebet und Flehen an-
treibt, als im gewöhnlichen Gleise daheim. Doch der unü
bis heute geholfen und Dir Kraft verliehen hat, das Hauö
zu besorgen, wird es auch ferner tun. Wir haben hier ja
nichts zu suchen. Ruhe und Heimat sind droben.
Nicht wahr? wir haben auch keine Ursache, uns zu
beklagen. Auf unserem ganzen Pfade erblicken wir die reichen
Spuren Seiner Gnade und Liebe. Darum laß uns
auöharren mit dankerfülltem Herzen!
28
In nächtiger Stunde
In nächt'ger Stunde wachend steht die Braut,
Erwartet sehnend ihres Bräut'gamö Kommen.
„Ich komme bald!" das Wort hat sie vernommen;
„Ja, komm, Herr Jesus, komm!" so ruft sie laut.
Die Nacht vergeht, und schon der Morgen graut;
Der Morgenröte Schein, erst sanft verschwommen,
Ist hell und licht am Himmelsrand erglommen.
Das Sehnen wächst; und siehe, plötzlich schaut
Sie ihren Herrn in hoher Himmelsferne;
Und mit den Heil'gen, die aus stiller Gruft
Erwacht, schwebt sie verwandelt in die Luft
Zu Ihm, dem langersehnten Morgensterne —
So wie zum Himmel sich erhebt der Tau,
Der sonnerwartend glänzte auf der Au.
Desus selbst
Was war es, das die beiden Emmaus-Jünger so
traurig stimmte? Niemand achtete auf ihre betrübten Herzen.
Nur Einer, und dieser Eine nahte sich ihnen mit der
Frage: „Was sind das für Reden, die ihr wandelnd miteinander
wechselt, und seid niedergeschlagen?" (Luk.
24, 47.) Und nachher begegnen wir drei deutlich voneinander
unterschiedenen Herzenszuständen, einem trauernden,
einem brennenden und einem mit ChrPv beschäftigten
Herzen.
„Und es geschah, indem sie sich unterhielten..., daß
Jesus selbst nahte und mit ihnen ging. Aber ihre Augen
wurden gehalten, damit sie Ihn nicht erkennten." Jesus
selbst, Gott, geoffenbart im Fleische, aber nicht mehr so,
wie Er noch wenige Tage zuvor von ihnen gesehen worden
war, sondern als der aus den Toten Auferstandene.
Er nimmt den innigsten Anteil an der Traurigkeit der
beiden einsamen Wanderer. Und was Er damals tat, tut Er
heute noch. Bielleicht will Er durch diese Zeilen auch zu
deinem Herzen reden, teurer Leser. Es ist nicht eine neue
Lehre oder eine besondere Wahrheit, die wir dir bringen
möchten, sondern Jesum selbst. Und findest du Ihn in diesen
Zeilen, so wirst du die Wahrheit finden, denn Er ist di c
Wahrheit.
Die beiden Männer waren Jünger Jesu, aber sic
hatten bis dahin weder die Notwendigkeit Seines Todes
noch die Seiner Auferstehung erkannt. Wir mögen das
30
sonderbar finden; aber sagen wir zu viel, wenn wir behaupten,
daß der Seelenzustand der meisten sogenannten
„Christen" von heute in großen: Maße den: der beiden
Jünger gleicht? Man nennt sich Christ, ist auf den Namen
Christi getauft, geht zu Predigt und Abendmahl, und doch
hat man von der Notwendigkeit des Todes und der Auferstehung
Christi kein Verständnis, kaum eine Ahnung.
Es gab zwei Ursachen für die Traurigkeit der beiden
Jünger. Zunächst eine Tatsache: Jesus war zu einen:
schimpflichen, grausamen Tode verurteilt worden, und das
gerade von den geistlichen Führern, den Hohenpriestern
und Obersten des Volkes. Das hatte ihre bisherige religiöse
Überzeugung aufs tiefste erschüttert und die Welt zu einer
öden Leere für sie gemacht. Alle ihre Hoffnungen waren
vernichtet. Die Welt freute sich, wie der Herr es vorhergesagt
hatte, aber ihre Herzen waren mit Traurigkeit erfüllt.
(Joh. rtz, 20—22.)
WaS für eine Welt muß daö sein, deren religiöse Leiter
dem einzig Sündlosen und Heiligen einen Platz am
Schandpfahl gegeben haben! — Wie stehst du zu dieser
Welt, mein Leser? Die beiden Jünger trauerten in ihr. Sic
entbehrten Jesum. Aber glückselig die Trau ernt'
en, denn sie werden getröstet werden! So sollten auch
sic eS erfahren.
Aber es gab noch einen zweiten Grund ihrer Traurigkeit.
Die Jünger waren in einem Irrtum befangen; und
doch war es eigentlich kein Irrtum — er lag nur in der
Art ihrer Anschauung. Sie sagen: „Wir aber hofften,
daß Er Der sei, der Israel erlösen solle. Doch auch bei
alledem ist es heute der dritte Tag, seitdem dies geschehen
ist." Hatten sic sich in Ihm geirrt? War Er nicht das
— Zt —
Fleisch gewordene Wort, der Sohn Gottes? Der Eine,
von dem ihre Propheten geweissagt hatten: „Ein Kind
ist uns geboren"? Der „Erlöser, der für Zion kommen"
sollte? (Jes. y, 6; 5d, 20.) War Er nicht der so lang und
so sehnlich erwartete Messias? Ja, Er war daö alles und
noch mehr; aber sie irrten und irrten gröblich im Blick aus
die Frage, w i e die verheißene Erlösung in Erfüllung gehen
sollte.
Genau so irren die Menschen heute. Man redet davon,
daß durch die heilige Fleischwerdung Christi die menschliche
Natur erlöst worden sei, indem daü Fleisch Christi
der Menschheit Leben eingcflößt habe; man erwartet ferner,
wie einst Nikodemus, von Christo als einem „Lehrer" sittliche
Anweisungen, besonders hinsichtlich der religiösen Satzungen
und Gebräuche, von denen man meint, daß sie durch
Ihn zu unserem Heil eingesetzt seien. Viele auch, die die genannten
Dinge als menschliche Erfindungen erkannt haben,
vertrauen auf Christum als eine Hilfe, durch welche sie
das Gesetz so vollkommen halten zu können hoffen, daß
Gott ihnen am Ende doch ein Plätzchen im Himmel geben
werde. Aber welche Irrtümer! Christus war der Messias
Israels, sein „Heiland", aber wie ganz anders sollte die
Erlösung des Volkes kommen, als sie es meinten! So
i st Jesus auch der Heiland der Welt, der einzige und wahrhaftige
Erretter von Sünde und Tod, aber die Menschen
irren hinsichtlich der Art, in welcher sie dieser Errettung
teilhaftig werden können. Der Weg, auf welchem sie vollbracht
wurde, ist ihnen ein Rätsel, trotzdem daß sie ihn
kennen und mit ihrem Munde bekennen.
Die beiden Jünger waren aber nicht nur niedergeschlagen,
sie waren auch ganz verwirrt. Der Bericht, der ihnen
32
betreffs der Auferstehung Jesu zugegangen war, konnte
nicht geleugnet werden. Menschen und Engel bezeugten ihn.
Aber sie verstanden ihn nicht. So hat auch die heutige
Christenheit die Botschaft von Seiner Auferstehung vernommen,
aber man versteht nicht — und sehr oft gehören
wahre Gläubige zu diesen Unverständigen — was
diese Auferstehung mit uns zu tun, was Gott uns durch
sie zu sagen hat.
„Dann sprach Er zu ihnen." Jesus sprach! O welch
eine Gnade, wenn Er selbst zu uns redet! Mögen dann
Seine Worte auch hart klingen, in Wirklichkeit atmen sie
nur Seine liebende, tiefe Anteilnahme an uns und unserer
Lage. „O ihr Unverständigen und trägen Herzens, zu glauben
analleö, was die Propheten geredet haben! Mußte
nicht der Christus dies leiden und in Seine Herrlichkeit
eingehen? Und von Moses und von allen Propheten anfangend,
erklärte Er ihnen in allen Schriften das, was
Ihn betraf."
Ihr Unverständigen! Hörst du es, mein Leser? Mit
all jenen Schriftstellen des Alten Testaments in der Hand,
denen sich inzwischen die neutestamentlichen Berichte und
Zeugnisse in überwältigender Kraft und Fülle angeschlossen
haben, meint man doch immer noch, daß das Heil in der
Menschwerdung Christi, in dem Beobachten kirchlicher Gebräuche,
in dem Halten des Gesetzes usw. usw. zu finden
sei! Aber, ihr Unverständigen! „mußte nicht der Christus
leiden?"
„Und trägen Herzens, zu glauben." Man liest, aber
man glaubt nicht, oder beachtet nur das, was einem zusagt.
D i e Stellen, welche von einem herrlichen Friedenö-
reich des Messias, von einer Wiedereinführung Israels in
33
seine bevorzugte Stellung als Haupt der Völker der Erde
und ähnlichen Dingen redeten, hatten die Jünger gern beachtet,
aber über die vielen, vielen Hinweise auf das Leiden
und Sterben des Messias, auf den einzigen Weg, der zur
Herrlichkeit führen konnte, hatten sie hinweggelesen. Warum?
Ach! sie waren so ernst, so demütigend für sie. Aber
sie mußten lernen, analleszu glauben, was die Propheten
geredet hatten; auch an jene Stellen, die davon redeten,
daß Er an unserer Statt „zerschlagen", um unserer Sünden
und Missetaten willen „von Gott verlassen" werden
mußte. Jesaja hatte gesagt: „Er wurde abgeschnitten aus
dem Lande der Lebendigen: wegen der Übertretung meines
Volkes hat Ihn Strafe getroffen". (Vergl. Ps. 22; Jes.
53.) Und im Neuen Testament lesen wir: „Er selbst
hat unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze getragen"
(4. Petr. 2, 24); ja, mehr noch: Gott hat „Den,
der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht,
auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm".
(2. Kor. 5,. 24.) Das große Werk ist vollbracht. Gott
ist durch den Tod Seines Geliebten am Kreuze in einer
Weise verherrlicht worden, wie es auf einem anderen Wege
nie hätte geschehen können.
Und nun höre diesen Jesus so ernstlich zu den beiden
Jüngern reden! Es ist Jesus selbst, der spricht, der Sohn
Gottes von Ewigkeit her, und doch zugleich „das Lamm
Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt". (Joh.
t, 29.) Er selbst war ihrer Übertretungen wegen dahingegeben
und ihrer Rechtfertigung wegen auferweckt worden.
(Röm. 4, 25.) Hatte Er ihnen nicht gesagt, daß Er von
der Erde erhöht werden müsse und dann alle zu sich ziehen
werde? (Joh. 42, 32.) Ja, so und ähnlich hatte Er wie
24
derholt gesprochen; sie hatten es gehört, aber nicht verstanden.
Hast du es wirklich verstanden, mein Leser, daß
der Christus leiden und am dritten Tage aus den Toten
auferstehen mußte? (Vergl. Luk. 24, 46.) Daß es ohne
Blutvergießen keine Vergebung gibt? Jesus selbst hat gesagt:
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und
stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt
es viel Frucht". (Joh. 42, 24.) Er war das Weizenkorn,
aber wenn Er nicht gestorben wäre, so wäre Er, der einzig
Heilige und Gerechte, für ewig allein geblieben.
Als der Herr den beiden Jüngern das Verständnis
über diese ernsten und doch so wunderbaren Dinge auftat,
begannen ihre Herzen warm zu werden. Sie sagen nachher:
„Brannte nicht unser Herz in uns, als Er aus dem
Wege zu uns redete, und als Er uns die Schriften öffnete?"
Haben wir nicht auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht?
O die Schriften zu nehmen und in Gemeinschaft mit Ihm
zu lesen, Ihn selbst durch den Geist in Seinem Worte zu
uns reden zu hören, wie wenn Er wirklich gegenwärtig wäre
und wir die Worte unendlicher Liebe von Seinen eigenen
Lippen hörten — das ist wahrlich Freude, die das Herz
brennen macht, eine Freude, die sich nicht in Worte kleiden
läßt. Die beiden Jünger lernten etwas kennen von
jenem „Frohlocken mit unaussprechlicher und verherrlichter
Freude", wovon Petrus in seinem ersten Briefe redet.
(Kap. 4, 8.)
Aber es gibt hier noch mehr. Die beiden glücklichen
Menschen sagen jetzt: „Bleibe bei uns". Niemals hatten
sie so etwas gehört, und der Gedanke, sich von dem wunderbaren
Fremdling trennen zu müssen, war ihnen uner­
träglich. Bleibe bei uns! Sie wurden angezogen von dem
35
unbekannten Manne, wie die Magnetnadel von dem unbekannten
Nordpol. Jetzt erst begann in ihren Herzen ein
Licht über die Notwendigkeit und Bedeutung des Todes
und der Auferstehung Jesu zu dämmern. Eine Stunde vorher
waren sie in ihrer Niedergeschlagenheit und Bestürzung
einem Schiffe gleich gewesen, das im Sturm mit den
Wogen kämpft, obgleich ihre Herzen auch da schon mit
Christo beschäftigt waren. Aber nun war Ruhe eingetreten,
wunderbare Ruhe, und das Gehörte weckte den Wunsch
nach mehr, nach weiteren Offenbarungen.
Bleibe bei uns! Sie können sich nicht trennen, sie
nötigen Ihn, mit ihnen ins Haus einzutreten. „Und Er
ging hinein, um bei ihnen zu bleiben." Wiederum möchte
ich fragen: Machen wir es auch so? Nötigen wir den
Herrn, zu uns einzukehren, um jedes Wort, das von Seinen
ernsten, liebenden Lippen kommt, aufzufangen?
„Und es geschah, als Er mit ihnen zu Tische lag,
nahm Er das Brot und segnete es; und als Er es gebrochen
hatte, reichte Er es ihnen. Ihre Augen aber wurden
aufgetan, und sie erkannten Ihn; und Er wurde ihnen
unsichtbar." (V. 30. 3"t.) Welch ein Augenblick! „Sie
erkannten Ihn." Erst trauernde Herzen, dann brennende
Herzen, und jetzt Herzen, die sich der Gemeinschaft mit
Ihm selbst erfreuen. Das war in der Tat ein beneidens­
wertes Fortschreiten, eine Aufwärtübewegung, nach der
wir alle begehren sollten, etwas, das das Herz unseres
Herrn erfreut und Ihn selbst uns näher bringt.
Welch eine Ruhe und Kraft gab es den Jüngern, als
ihre Augen aufgetan wurden und sie nun ihren geliebten
Herrn und Heiland an dem Brechen des Brotes erkannten!
Sie hatten Ihn selbst gesehen, und Sein Mund hatte zu
— Zb —
ihnen geredet! Er war wirklich auferstanden! Das große,
ihnen unverständliche Rätsel war gelöst, und wie gelöst!
Groß war die Freude eines Simeon, einer Anna und
„aller derer, die in Jerusalem auf Erlösung warteten",
als Jesus geboren wurde; aber unvergleichlich größer
war die Freude dieser Männer, als sie den Gestorbenen
und Auferstandenen erkannten und durch Sein
Brechen des Brotes an die Bedeutung Seines Todes erinnert
wurden.
„Sie standen zur selbigen Stunde auf und kehrten
nach Jerusalem zurück", den weiten, 2 Vs stündigen Weg
nicht achtend, um den anderen Jüngern die frohe Botschaft
des von ihnen Erlebten zu bringen.
Aber auch Er, der ihnen unsichtbar Gewordene, gedachte
an die Elfe, welche versammelt waren. Während
sie noch miteinander redeten und staunend das Geschehene
besprachen, „stand Er selbst in ihrer Mitte und spricht
zu ihnen: Friede euch!"
Und so wie Er an jenem Abend zu den Jüngern
sprach, so spricht Er heute noch zu uns, vor allem wenn
wir um Ihn, zu Seinem Namen hin, versammelt sind.
Die Jünger erschraken und fürchteten sich und meinten,
sie sähen einen Geist. Trotz allem, was sie bereits gesehen
und gehört hatten, erfüllte Mißtrauen ihr Herz. Ach, was
ist der Mensch! Er aber sprach zu ihnen: „Sehet meine
Hände und meine Füße, daßich es selbstbi n". Und
um ihre Zweifel ganz zu beheben, forderte Er etwas zu
essen, und „Er nahm und aß vor ihnen".
Anbetungswürdiger Heiland! — Wie wenig verstehen
wir noch Seine zärtliche Liebe und Seine Anteilnahme an
uns, wenn wir allein oder mit anderen auf dem Wege
37
wandeln, oder uns um Ihn scharen, um Seines Todes und
Seiner Liebe zu gedenken! Erselbst naht sich dann uns,
Er selbst steht in der Mitte und spricht: „Friede euch!"
Wie oft möchte Er wohl Ursache haben, auch uns zuzurufen:
„O ihr Unverständigen und trägen Herzens!" Aber
voll langmütiger Liebe und nie endender Gnade trägt und
segnet Er uns. Und noch über ein gar Kleines, dann wird
„Er selbst mit gebietendem Zuruf... herniederkommen
vom Himmel" und uns dahin führen, wo Er ist, „und
also werden wir allezeit bei dem Herrn sein"
und „Ihn sehen, wie Er ist", (4. Thess. 4, 46. 47;
1. Ioh. 3, 2; vergl. Hiob 49, 27.)
Sas Aeugnls Gottes
(Schluß)
Der Apostel war also nicht „nach Vortrefflichkeit
der Rede oder Weisheit" nach Korinth gekommen. Dennoch
konnte er sagen: „Wir reden aber Weisheit" — und
zwar „Weisheit unter den Vollkommenen". (V. 6.)
Daraus folgt nicht nur, daß die Predigt Pauli an sich voll
Weisheit war, sondern auch, daß man, um diese Weisheit
verstehen zu können, zu den Vollkommenen gehören mußte.
Selbstverständlich denkt der Apostel hier nicht an Vollkommenheit
in praktischem Sinne: vollkommen in Gedanken,
Worten und Werken; denn dann würde sich keiner von
uns zu diesen Vollkommenen zählen können. Das Wort
ist auch nicht in dem Sinne von „Vollendeten" aufzufassen,
weil uns diese Weisheit dann wiederum auf Erden stets
verborgen bleiben würde. Das griechische Wort bedeutet hier
wie in Phil. 3, 45 (so viele nun „vollkommen" sind),
38
Eph. 4, 13 (zu dem „erwachsenen" Manne), Hebr. 5, 14
(die feste Speise ist für „Erwachsene") und an anderen
Stellen: vollkommen in geistiger Hinsicht, gereift am Verstände,
zum vollen Manneswuchse gelangt, im Gegensatz
zu unmündig und unerfahren.
Die Vollkommenen, an die der Apostel denkt, waren
also Gläubige, die imstande waren, die Gedanken Gottes
zu verstehen, Erwachsene, deren geistliche Sinne durch die
Gewohnheit geübt waren. Leider muß er schon im nächsten
Kapitel den Korinthern den Vorwurf machen, daß sie noch
„Unmündige in Christo" waren, daß er ihnen „Milch"
statt „fester Speise" hatte geben müssen. (Vergl. Hebr.
5, 12—14.) Zu seinem tiefen Schmerz konnte er auch
jetzt noch nicht zu ihnen reden als zu „Geistlichen", sie
waren immer noch „fleischlich". Wie gern hätte er sie
in das wunderbare Geheimnis der Gedanken Gottes weiter
eingeführt, aber der Tiefstand ihres geistlichen Lebens
machte es ihm unmöglich.
Doch hören wir, was er ihnen zu sagen hat.
„Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen,
nicht aber Weisheit dieses Zeitkaufs, noch der Fürsten dieses
Zeitkaufs, die zunichte werden, sondern wir reden Gottes
Weisheit in einem Geheimnis, die verborgene, welche
Gott zuvorbestimmt hat, vor den Zeitaltern, zu unserer
Herrlichkeit." (V. b. 7.) Im Alten Bunde waren die
Dinge, die der Träger des Zeugnisses Gottes jetzt den
Kindern Gottes mitteilte, nicht bekannt gewesen. Gottes
Weisheit war in diesem Sinne verborgen geblieben, nun
aber war „das Geheimnis, welches von den Zeitaltern
her verborgen war, Seinen Heiligen geoffenbart worden".
Nicht länger sollte „der Reichtum der Herrlichkeit dieses
39
Geheimnisses, in welchem alle Schätze der Weisheit und
der Erkenntnis verborgen sind", unbekannt bleiben. (Vergl.
Kol. 1, 26. 27; 2, 3.) Es hatte dem Vater im Himmel
gefallen, Seinen Kindern auf dieser Erde Sein ganzes
Herz zu offenbaren, zur Verherrlichung Seines geliebten
Sohnes und zur tiefen, anbetenden Freude ihrer Herzen.
„Gottes Weisheit in einem Geheimnis." Nicht als
ob der Apostel etwas Unverständliches, Dunkles oder Unbestimmtes
gebracht hätte. Nein, er redete so klar und
verständlich wie möglich; aber so wie diese Weisheit inhaltlich
nie vorher geoffenbart worden war, so konnte sie
auch nicht durch die Klugheit des Menschen erfaßt werden.
„Der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes
Gottes ist", lesen wir einige Verse später. Keiner der
Fürsten dieses Zeitlaufs hatte die in jenem Geheimnis geoffenbarte
Weisheit Gottes erkannt, „denn wenn sie dieselbe
erkannt hätten, so würden sie wohl den Herrn der
Herrlichkeit nicht gekreuzigt haben". (V. 8.) Was man
auch unter den Fürsten des damaligen Zeitkaufs verstehen
mag, ob die politischen Machthaber oder die geistesmächtigen
Führer auf religiösem und wissenschaftlichem Gebiet,
oder beide zusammen — jedenfalls haben sie, in ihrer Blindheit
und in ihrem Haß vereint, nicht geruht, bis sie den
Herrn der Herrlichkeit aus dem Wege geräumt hatten.
„Den Herrn der Herrlichkeit!" Warum nennt der
Apostel den Herrn hier wohl so? Weil er die Gedanken
des Himmels über Ihn mitteilen will, und zwar nicht so,
wie Christus hienieden in Niedrigkeit dem Volke Israel
geoffenbart war, auch nicht als der Gekreuzigte, wie in
den ersten Versen unseres Kapitels, noch endlich so, wie
Er einmal als Sohn des Menschen in Seinem Reiche er
40
scheinen wird — nein, es ist der zur Rechten der Majestät
droben erhöhte und mit einer ganz neuen Herrlichkeit bekleidete
Christus und Gottes Gedanken in Verbindung mit
Ihm. Diese Gedanken hatten im Alten Bunde nie geoffenbart
werden können, weil sie sich auf das am Kreuze vollbrachte
Werk gründen. Dort hatte die Welt unter der Leitung
ihres Fürsten den Mann der Schmerzen verworfen.
Gott aber hatte Ihn anerkannt und Ihn nach vollendetem
Werke „als Haupt über alles der Versammlung gegeben,
welche Sein Leib ist". (Eph. 4, 20—23.) Deshalb redet
der Apostel auch von der „verborgenen" Weisheit Gottes.
Sie ist weder in der Schöpfung noch in den Wegen
der Vorsehung Gottes, noch in der Haushaltung des Gesetzes
ans Licht getreten, „sondern wie geschrieben steht:
„Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in
keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet
hat denen, die Ihn lieben"." (V. 9.)
Gewöhnlich führt man diese Stelle an im Blick auf
„die zukünftige Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden
soll". Daß diese unbeschreiblich groß sein wird, sagen
uns Röm. 8, 48; 2. Kor. 4, 47 und andere Stellen.
Aber der Geist Gottes will uns hier mit Dingen beschäftigen,
die jene Herrlichkeit wohl einschließen, aber weit
umfassender sind als sie.
„Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat
und in keines Menschen Herz gekommen ist." Alles, was
ein Mensch sieht oder hört, kann er anderen weitergeben.
Was in einem Menschenherzen aufkommt, kann mitgeteilt
und durch andere Menschen verstanden und mitempfunden
werden. Aber hier handelt es sich um Gedanken und Ratschlüsse,
die vor den Zeiten der Zeitalter in Gott vcr-
44
borgen waren, und die nun, nachdem das Kreuz das
ganze Verderben des Menschen und Gottes Gnade und
Weisheit ans Licht gestellt hat, in Christo geoffenbart werden
konnten „zu unserer Herrlichkeit". Es sind die
Dinge, die „Gott bereitet hat denen, die Ihn liebe n".
Ein beachtenswerter Ausdruck! Man würde erwarten: „denen,
die Er liebt", aber es heißt: „denen, die Ihn
lieben", d. h. den Menschen in dieser Welt, die der
Natur Gottes teilhaftig geworden sind und, so schwach es
sein mag, Ihn wiederlieben, der sie zuerst geliebt hat. Wenn
Gottes Auge auf diese Erde herabschaut, so erblickt es
inmitten der feindseligen, Ihn hassenden Millionen Menschen,
die mit dankbaren Kinderherzen zu Ihm aufschauen,
Ihn als ihren himmlischen Vater fürchten und den Namen
Seines Sohnes ehren. Das ist kostbar für Sein Herz.
Gott legt hohen Wert darauf, daß es Menschen gibt, die
Ihn lieben, obwohl dieses Winzige an Liebe — dürften
wir davon reden? — nur in Ihm und Seiner Gnade seinen
Ursprung hat. Für sie, Seine geliebten Kinder,
hat Er jene wunderbaren Dinge, die kein Menschenherz
je hätte ersinnen können, bestimmt und bereitet.
Wie aber sind sie uns bekannt geworden? Hören
und bewahren wir es mit unserem ganzen Herzen! „Uns
— d. h. den Aposteln — aber hat Gott es geoffenbart
durch Seinen Geist, denn der Geist erforscht alles, auch
die Tiefen Gottes." (V. 40.) Wer anders als Gott selbst
kannte die innersten Gedanken Seines Herzens? Wer hätte
Seine Tiefen erforschen und offenbaren können, als
nur der Geist Gottes? Die Erklärung oder Begründung,
die der Apostel an diese Worte knüpft, ist sehr einfach.
„Denn", sagt er, „wer von den Menschen weiß, was im
42
(oder des) Menschen ist, als nur der Geist des Menschen,
der in ihm ist?" Kein Mensch weiß, was in dem Innern
eines anderen vorgeht. Er mag mehr oder weniger zutreffende
Vermutungen aufstellen, aber wissen kann er
nichts, es sei denn daß es dem anderen gefällt, seine Geitanken
kundzugeben.
Mehr noch. Ein Geschöpf, das unter dem Menschen
steht, ist gar nicht imstande, in die Gedanken des Menschen
einzugehen. Das gelehrigste Haustier, ein treuer Hund
z. B., vermag wohl zu erkennen, ob sein Herr froh und
glücklich ist, oder ob er trauert, unter einem Druck liegt
und dergl.; er kann auch seinem Mitempfinden durch
Schweifwedeln und lustige Sprünge, oder durch Winseln
und stilles Niederkauern Ausdruck geben. Aber warum
sein Herr sich freut oder Schmerz empfindet, daö versteht
er nicht, kann es nicht verstehen. Er hat den Geist
des Menschen nicht. Er legt ihm vielleicht leise klagend die
Pfote aufs Knie, blickt ihm hilflos trauernd ins Auge,
aber weiter kann er nicht gehen. Und wenn der Mensch
ihm auch in den beweglichsten Ausdrücken sagen wollte,
was ihn so tief bewegt, es wäre nuzlos. Das innere Verstehen,
die geistige Verbindung fehlt.
Ähnlich ist es mit dem Menschen Gott gegenüber.
„Also weiß auch niemand, was in Gott ist, als nur der
Geist Gottes", denn Er ist Gott. Der Mensch kann sich
nicht zu Gottes Gedanken erheben, kann Sein Wort nicht
verstehen, wenn er nicht den Geist empfängt, der aus
Gott ist, und durch den Gott Seine Gedanken offenbart.
Und nun fügt der Apostel hinzu: „Wir aber haben nicht
den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der
aus Gott ist, auf daß wir die Dinge kennen, die uns
43
von Gott geschenkt sind". (V. 42.) Gott hat sie den
Aposteln durch Seinen Geist geoffenbart. So hat es Ihm
gefallen. Sein Name sei ewig dafür gepriesen!
Diese von Gott empfangenen Dinge haben die Apostel,
vornehmlich Paulus, dann weitergegeben: „welche wir auch
verkündige n". Durch die von Gott erwählten Kanäle
sind die Mitteilungen uns zugeflossen. Ihre Sache war es,
sie genau so, wie sie ihnen geworden waren, ungetrübt
durch jede menschliche Mitwirkung oder gar Beimischung,
den Gläubigen zu überliefern. Aber wie war das möglich?
Wiederum nur durch die unmittelbare Leitung und Wirkung
des Heiligen Geistes. „Worte, gelehrt durch menschliche
Weisheit", wären hier nicht nur unzulänglich, sondern sogar
ganz verderbenbringend gewesen. Gott selbst mußte
durch Seinen Geist die Mitteilungen auch in die Formen
gießen, in welchen sie zu uns gelangen konnten: „in Worten,
gelehrt durch den Geist". Geistliches kann
nur durch Geistliches, d. h. durch geistliche Mittel oder
auf geistlichem Wege, weitergegeben werden: „mitteilend
geistliche Dinge durch geistliche Mittel". (V. 43.)
So ist denn alles von Gott, aus Gott und d u r ch
Gott. Er selbst ist die Quelle, und der Geist schöpft aus
Seinen „Tiefen" und gebraucht die von Ihm erwählten
Werkzeuge nicht als gcist- und leblose Maschinen, sondern
indem Er die Eigenart eines jeden Werkzeuges beachtet
und dessen besondere Fähigkeiten und Gaben in
wunderbarer Weise benutzt. Aber bei alledem ist Er es,
der die Worte, mit denen das Empfangene weitergegeben
wird, lehrt und eingibt. Die Weisheit des Menschen ist
also selbst in der A r t der Weitergabe völlig ausgeschaltet.
Darum ermahnt Paulus sein Kind Timotheus und damit
44
uns alle so eindringlich, „das Bild (oder die Form, das
Muster) gesunder Worte" genau so festzuhalten, wie er
es von ihm empfangen hatte. (2. Tim. t, 43.) Nichts ist
von dem Menschen, wenn der Mensch auch zur Weitergabe
des Anvertrauten an den Menschen benutzt wird.
Wer könnte die Wichtigkeit dieser Tatsache gebührend
schätzen und beschreiben? Wir besitzen so die unmittelbaren
„Aussprüche Gottes", Sein „durch den Geist eingegebeneö
Wort", und damit eine unerschütterliche Grundlage für
unsere Füße. Ist es ein Wunder, daß der Feind mit allen
Mitteln die wörtliche Eingebung der Heiligen Schriften
zu leugnen und das Vertrauen auf ihre göttliche Autorität
zu erschüttern sucht? Aber, Gott sei gepriesen! wir haben,
gleich den Thessalonichern vor alters, „das Wort der Kun­
de Gottes" nicht als Menschenwort ausgenommen,
sondern, „wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort",
das auch in uns, den Glaubenden, wirkt. (Vergl.
t. Thess. 2, 43.) Gott will, daß wir die Dinge kennen,
die uns von Ihm geschenkt sind, und wie hätten sie uns
verkündigt werden können, wenn es Ihm nicht gefallen
hätte, den von dem Apostel beschriebenen Weg zu
gehen?
Aber nicht allein konnten geistliche Dinge nur durch
geistliche Mittel mitgeteilt werden, es bedurfte und bedarf
auch heute noch zu ihrer verständnisvollen Aufnahme der
Wirksamkeit des Heiligen Geistes. „Der natürliche Mensch
(eigentlich der seelische Mensch, d. i. der Mensch, so wie
er in dieser Welt lebt) aber nimmt nicht an, tvas des
Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er
kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird."
(V. 44.) Niederschmetterndes Urteil für den Stolz des
45
Mensche«! Er kann nicht! Der schärfste, durchdringendste
Verstand, die meistentwickelten Geisteskräfte, das tiefgründige
Denken und Wissen — nichts reicht hier aus;
im Gegenteil, alles ist zunächst ein Hindernis, indem eö
dem Besitzer die göttlichen Mitteilungen nur umsomehr
als „Torheit" erscheinen läßt. Der natürliche Mensch ist
völlig außerstande, die geistlichen Dinge zu erfassen; eö
fehlt ihm dazu die Grundlage, das Auffassungö- und
Urteilsvermögen. Er ist, wie die Schrift eö nennt, geistlich
„t o t", d. h. ohne jede innere Verbindung mit Gott,
alles geistlichen Lebens (in dem wahren und eigentlichen
Sinne des Wortes) bar. Wie dem Tiere dem Menschen
gegenüber, so fehlt ihm Gott gegenüber das, was
ihn allein befähigen kann, in Gottes Gedanken einzugehen:
der Geist. Mit dem Unterschiede natürlich, daß es sich
im ersten Falle um den Geist des Menschen, im zweiten
um den Geist Gottes handelt.
„Der geistliche — d. h. der aus Gott geborene
und so Seiner Natur und Seines Geistes teilhaftig gewordene
Mensch — aber b e u r t e ilt a l l e s, er selbst aber
wird von niemand beurteilt." (V. 45.) Die in ihm wirkende
Kraft des Geistes Gottes verleiht ihm einerseits
ein klares und richtiges Urteil über alles, und schafft anderseits
Interessen und Beweggründe in ihm, die für jeden,
der diesen Geist nicht hat, unverständlich sind.
Dennoch gibt es hier eine Einschränkung. Die Korinther
waren „geistliche" Menschen. Sie hätten deshalb imstande
sein sollen, die Mitteilungen des Apostels in sich
aufzunehmen und sich in ihren wunderbaren Inhalt zu
vertiefen. Aber sie waren, wie wir schon hörten, in ihrem
geistlichen Wachstum zurückgeblieben. Aus Gründen, die
4b
in den späteren Kapiteln näher entwickelt werden, hatte
Paulus nicht zu ihnen reden können „als zu Geistlichen,
sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christo".
(Kap. Z, k.) Sie hatten, gleich den gläubigen Hebräern,
die „feste Speise" nicht ertragen können und konnten es
auch jetzt noch nicht. „Milch", die Nahrung der Kinder,
mußte ihnen gereicht werden. Ihr Neiden und Streiten,
ihr Prahlen mit den ihnen verliehenen Gaben, ihr Trachten
nach menschlicher Weisheit und andere Dinge hatten
sie ihre Einfalt gegen Christum verlieren lassen.
„Natürliche" Menschen waren sie ja nicht mehr. Das
waren sie früher gewesen und würden es nie wieder werden.
Aber — sie waren fleischlich, und darum vermochten sie
nur Speise der Unmündigen zu ertragen. Welch eine Demütigung
für die sich so weise dünkenden Korinther! Aber
wie ernst reden die Worte auch zu uns! Es ist heute nicht
anders wie damals. Gewinnt das Fleisch in irgend einer
Weise die Oberhand, so leidet das Wachstum des inneren
Menschen. Stillstand tritt ein, und Stillstand bedeutet
bekanntlich Rückgang. Anstatt heranzuwachsen „zu dein
Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus", verkümmert
der neue Mensch. Statt „Vollkommene" zu werden,
bleiben wir „Unmündige", Abc-Schützen, denen
die Anfangsgründe des Christentums immer wieder beigebracht
werden müssen.
Gottes Wille ist, daß wir als geistliche Menschen vor
Ihm wandeln, als fröhlich gedeihende Kinder Seiner Familie,
die Er immer tiefer einführen kann in die Geheimnisse
Seiner Gedanken. Der Geist der Wahrheit
möchte uns in die „ganze Wahrheit" leiten. Satan tut
begreiflicherweise alles, um die Absicht des Geistes zu
47
durchkreuzen. Wer soll den Sieg haben? Gott und Sein
guter Geist? Oder Satan und das Fleisch?
„Niemand betrüge sich selbst! Wenn jemand unter
euch sich dünkt weise zu sein in diesem Zeitkauf, so werde
er töricht, auf daß er weise werde!" (Kap. 3, 48.)
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung
über Eph. 4, 17-6
i.
Wir lasen im 45. Verse unseres Kapitels, daß wir
alle, „die Wahrheit festhaltend in Liebe", heranwachscn
sollen zu Christo, dem Haupte Seines Leibes, und daß
ein jeder berufen ist, nach seinem Maße beizutragen zu
den: Wachstum des ganzen Leibes zu seiner Selbstauferbauung
in Liebe. Sicherlich gibt es Glieder, die unter
einer besonderen Verantwortlichkeit stehen wegen der besonderen
Gaben und Fähigkeiten, die ihnen anvertraut sind
— es gibt Hirten, Lehrer, Aufseher, Diener usw. — aber
jedes einzelne Glied ist notwendig an seinem Platze,
soll und kann mitbeitragen zu dem Wohle des Ganzen.
Aber dazu ist vor allem Liebe nötig. Die Liebe ist geduldig
und langmütig, sie läßt sich nicht erbittern. Ihr vollkommenes
Muster sehen wir in Christo. Deshalb ermahnt Barnabas
die Gläubigen in Antiochien, in denen Gottes Gnade
wunderbar gewirkt hatte, „mit Herzensentschluß beidem
Herrn zu verharren". (Apstgsch. 44, 23; vergl.
Kap. 43, 43.) Folgen wir dieser Ermahnung, so werden
wir nicht mit der Wahrheit „um unö schlagen" (eö geschieht
das wohl mehr, als wir denken) und so nur verwunden
und verletzen, sondern die Liebe läßt uns die ge
48
ziemende Weise und die passenden Worte finden, um den
anderen zu gewinnen oder zu überführen.
Kein Bruder, keine Schwester an irgend einem Ort,
in irgend einer Versammlung sollte untätig sein. Im Kolosserbrief
wächst der ganze Leib gleichsam aus demHaupre
heraus, „durch die Gelenke und Bande Darreichung
empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes".
(Kol. 2, 4d.) Es ist im Epheserbrief nicht anders,
kann ja nicht anders sein, da vom Haupte aller
Segen ausfließt, aber doch wird hier mehr betont, was
jedes einzelne Glied ist und sein kann, wenn es seinen
Platz in Einfalt und Demut einnimmt. *) Und hier haben
die Schwestern genau so gut ihren Platz wie die Brüder.
— In einer Versammlung gab es keine oder doch nur
sehr geringe Gaben. Da vereinigte sich eine Anzahl Schwestern
zum Gebet und flehte anhaltend zum Herrn, daß Er
doch das Fehlende schenken möge. Die Folge war, daß nach
einiger Zeit vier Brüder Mut faßten und fortan in harmonischer
und gesegneter Weise den Dienst versahen.
*) Bei den Kolossern war die Verbindung mit dem Haupte
ein wenig verloren gegangen, deshalb redet der Apostel vornehmlich
von diesem und von Seiner Herrlichkeit. Im Cpbeserbrief finden
wir mehr Gottes Gedanken über den Leib in seiner Verbindung
mit dem Haupte.
Mit dem 47. Verse beginnen dann persönliche Ermahnungen
im Blick auf das praktische Leben und die verschiedenen
Beziehungen, in welchen der Gläubige hienieden
stehen kann. Von Menschen umringt, die, „verfinstert am
Verstände, dem Leben Gottes entfremdet waren" und
„ohne Gott" in der Verstockung ihres Herzens dahinlebten,
sollten die Epheser nicht mehr „in Eitelkeit ihres Sinnes"
wandeln, wie jene es taten. Ihre Herzen waren er
49
leuchtet. Sie hatten das wahrhaftige Licht erkannt, das in
der Person des Sohnes Gottes erschienen war. Alle Lichter,
die der Mensch auf diesem Gebiet anzündet, sind nur
Irrlichter. Wer Jesum nicht annimmt, bleibt in der Finsternis.
Wir stehen hier gleichsam im Brennpunkt der Briefe
an die Versammlungen. Der Epheserbrief entwickelt die
höchsten Gedanken Gottes über uns. Zeigt uns der Kolosserbrief
Christum in uns als die Hoffnung der
Herrlichkeit, so sind wir im Epheserbrief in Christo bereits
mitversetzt in die himmlischen Orter. Sollten solche
Menschen noch wandeln, wie die Nationen oder Heiden
wandeln?
Man sollte meinen, eine solche Ermahnung und die,
welche in den späteren Versen folgen, wären für so geförderte
Christen, wie die Epheser waren, nicht notwendig
gewesen. Aber wir bleiben Menschen und sind im allgemeinen
sehr empfänglich für den Ton, der in unserer Umgebung
herrscht. Die Erfahrung lehrt, daß die herrschenden
Tagesströmungen uns leicht mit fortreißen, wenn wir nichl
auf unserer Hut sind und „die Wahrheit, wie sie in dein
Jesus ist", vergessen. Freilich, wir haben „den Christus
nicht also gelernt" (V. 20. 21), aber es erfordert viel
Wachsamkeit, um in keiner Weise wieder in den frühe­
ren Lebenswandel zurückzufallen.
Gott bewahre uns in Gnaden vor geteilten Zuneigungen,
vor jedem Versuch, Christum und die Welt
miteinander zu verbinden! Wenn die Gefahr dazu nicht
vorläge, würde der Geist Gottes uns nicht vor denselben
schrecklichen Dingen warnen, die in dem Leben des Ungläubigen
den Zorn Gottes erregen. (V. 19.) Wie ganz an-
so
derö war es bei unserem hochgelobten Herrn! Er tat allezeit
das vor Gott Wohlgefällige. Er wandelte nicht nur im Licht,
sondern auch stets diesem Licht gemäß. Da war kein Wanken
und Schwanken. S o haben wir Ihn gelernt. Wie bei
den Heiden all das Böse aus ihrer Unkenntnis Gottes
hervorging, so entspringt bei den Gläubigen ihre Befreiung
von dem Bösen und alles Gute aus ihrer Kenntnis
Christi. Alles ist in Ihm.
Beachtenswert ist der Wechsel des Namens. Heißt
es zunächst: „Ihr habt den Christus nicht also gelernt",
so lesen wir gleich nachher von „der Wahrheit,
wie sie in dem Iesus ist". Freilich, Christus ist Jesus,
und Jesus ist Christus, aber im Worte Gottes ist nichts
von ungefähr, nichts bedeutungslos. So auch hier nicht.
Der Name oder Titel „Christus" erinnert uns an den
ganzen Umfang der Segnungen und Vorrechte, die uns in
Ihm, dem auferstandenen und verherrlichten Menschen,
geschenkt sind. „Jesus" ist dagegen mehr der persönliche
Name, den Er auf Erden getragen hat, „Jesus von Nazareth".
In diesem Menschen Jesus ist das Leben Gottes,
dem der natürliche Mensch völlig entfremdet ist, geoffenbart
worden. Alles was wir in Christo besitzen, sehen
wir in diesem hochgelobten Menschen, in allen Seinen
Worten und Wegen, dargestellt. Nicht nur war Er „voller
Gnade und Wahrheit", sondern die Gnade und die Wahrheit
sind durch Ihn „geworden". (Joh. r, 74. 47.)
Und nun sind wir berufen, in Seinen Fußstapfen zu
wandeln. Aber wie ist das möglich? Kann die alte Natur
in uns verbessert werden? Kann aus dem Fleische je etwas
anderes werden, als was es ist: völlig verderbt und in
seiner Gesinnung Feindschaft gegen Gott? Rein, wie ha
51
ben wir Ihn gehört und sind in Ihm gelehrt worden?
„Daß ihr 1., was den früheren Lebenswandel betrifft, ab­
gelegt habt den alten Menschen... und 2. angezogen
habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist
in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit." (Vers 22
bis 24.)
Der Apostel redet hier von zwei vollendeten Tatsachen.
(Vergl. Kol. 3, 9. 10.) Am Kreuz, im Tode Christi,
hat der alte Mensch mit all seinen betrügerischen Lüsten
und bösen Handlungen sein Urteil empfangen. Das hatten
die gläubigen Epheser verstanden und im Glauben die praktische
Folgerung daraus gezogen. Viele Christen der Gegenwart
folgen leider ihrem Beispiel nicht; wer aber noch
meint, sein Fleisch verbessern und in eigener Kraft Gott
dienen zu können, kommt nach Röm. 7 und endet mir
dem verzweiflungsvollen Ausruf: „Ich elender Mensch!
wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes?" —
So stand es also nicht bei den Ephesern. So waren sie
nicht gelehrt worden. Nein, die kostbare Wahrheit erkennend,
daß im Kreuze Christi die Geschichte des alten Menschen
zu ihrem endgültigen Abschluß gekommen ist, hatten
sie den alten Menschen, „der nach den betrügerischen Lüsten
verdorben wird", ausgezogen und den neuen angezogen.
Schon in der Taufe bekennen wir ja, daß wir mit Christo
gestorben, begraben und auferweckt sind. Aber freilich, Bekenntnis
und Verwirklichung sind zwei verschiedene Dinge.
Der neue Mensch ist „nach Gott geschaffen in wahrhaftiger
Gerechtigkeit und Heiligkeit", der göttlichen Natur
entsprechend. Die Gnade hat uns gleichsam entkleidet
und bekleidet, und wir sind nun berufen, als Bekleidete,
ja, als „Teilhaber der göttlichen Natur" (2. Petr. 1, 4),
52
in Gerechtigkeit und Heiligkeit zu wandeln. Der neue
Mensch hat aber auch eine praktische Entwicklung.
Er wird erneuert (Kol. Z, 1.0), oder, wie der Apostel
es hier auödrückt: wir werden erneuert in dem Geiste
unserer Gesinnung. (Vergl. auch 2. Kor. 4, 1b.) Es gibt
ein Wachstum im geistlichen Leben, eine fortwährende
Er n e u e run g der Gesinnung, und muß es gebön, sonst
tritt Verkümmerung ein. Zwischen Stellung und Zustand
muß eine Übereinstimmung bestehen, sonst stimmt es nicht.
Wir alle wissen das, aber wie steht es mit der praktischen
Ausführung?
Dabei muß es notwendigerweise durch ein fortwährendes
„Ablegen" und „Anlegen" gehen. (V. 25 ff.) „Ihr
habt die Lüge abgelegt", und nun gilt es anzulegen:
„redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten". — „Wer
gestohlen hat, stehle nicht mehr", d. h. lege ab, „sondern
arbeite vielmehr und wirke das Gute", lege an! warum?
„auf daß er dem Dürftigen mitzuteilen habe",
also genau das Gegenteil von dem Früheren. „Kein faules
Wort gehe aus eurem Munde", leget ab! „sondern
das irgend gut ist zur notwendigen Erbauung", leget an!
„Alle Bitterkeit und Zorn... sei von euch weggetan, samt
aller Bosheit", leget ab! „Seid aber gegeneinander gütig,
mitleidig, einander vergebend", leget an!
Paulus selbst ist diesen Weg mit einer Treue gegangen,
die ihn den Gläubigen zurüfen ließ: „Seid meine
Nachahmer, gleichwie auch ich Christi". Wie wahr und
lauter war sein ganzes Wesen! Wie hat er mit seinen eigenen
Händen gearbeitet! Welch eine Gnade haben seine
Worte den Hörenden dargereicht, und wie gütig, mitleidig
und zum Vergeben bereit war er allezeit!
53
„Zürnet, und sündiget nicht." (V. 2b.) Es heißt
nicht: „Zürnet nicht und sündiget nicht". Nein, ein heiliger
Zorn ist erlaubt, ja, kann unter Umständen geboten
sein. Eli zürnte leider nicht über die Schandtaten seiner
Söhne. Von dem Herrn Jesus lesen wir in Mark. 3, 5:
„Und Er blickte auf sie umher mit Zorn, betrübt über
die Verstockung ihres Herzens". Aber wir müssen sehr auf
unserer Hut sein, daß unser Zorn nicht zur Sünde wird.
Jeder rein menschliche Zorn ist vom Übel. „Eines Mannes
Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit." (Jak. 1, 20.)
Darum sollen wir, selbst in dem Falle eines gerechten
Zürnens, die Sonne nicht untergehen lassen über unserem
Zorn und dem Teufel nicht Raum geben. Wie leicht kann
er, die Schwachheit unseres Fleisches benutzend- Raum in
uns gewinnen, und dann wandelt sich der gerechte Zorn
in fleischliche Erregung und endet in der Sünde.
„Betrübet nicht den Heiligen Geist Gottes, durch welchen
ihr versiegelt worden seid auf den Tag der Erlösung."
(V. 30.) Der Gläubige besitzt nicht nur die göttliche Natur,
sondern der Geist Gottes wohnt auch in ihm, während
er diese Welt, das Reich Satans, durchschreitet. Und Er
bleibt bei uns (Joh. 44, 47), aber als einzelne Gläubige
können wir Ihn betrüben, und als Versammlung
Ihn dämpfen oder auslöschen, d. h. Seine Wirksamkeit
unterdrücken. (Vergl. 4. Thess. 5, 4y ff.) Er
bleibt bei uns bis zum Tage der Erlösung. Der „erworbene
Besitz" ist noch nicht erlöst, die Schöpfung seufzt
noch, aber das die Erlösung verbürgende Werk ist geschehen,
und gleichsam als Angeld auf das Erworbene,
als „Unterpfand unseres Erbes" (Kap. 4, 44), ist uns der
Heilige Geist gegeben worden. Wie sollten wir diesen
54
himmlischen Gast ehren und uns gewissenhaft vor jeder
Betrübung desselben hüten!
Aber noch mehr: Wir lesen von Personen, die mit
dem Heiligen Geist erfüllt waren, und werden im nächsten
Kapitel (V. 48) ermahnt, selbst mit dem Geiste erfüllt
zu werden. Im Alten Bunde weilte der Heilige Geist nicht
auf der Erde. Er war wohl in mannigfaltiger Weise wirksam,
wohnte aber nicht in den Gläubigen.
Wie ernst ist im Gegensatz zu der eben besprochenen
Ermahnung das Wort des Stephanus an die religiösen
Führer Israels: „Ihr widerstreitet allezeit dem
Heiligen Geiste; wie eure Väter, so auch ihr!" (Apstgsch.
7, 54.) ___________
Um nichts besorgt
„Seid um nichts besorgt, sondern
in allem lasset dnrch Gebet und Flehen mit
Danksagung eure Anliegen vor Gott kund»
werden!" (Phil. 4, 6.)
Wie reich und tröstlich sind doch die Stellen des Wortes
Gottes, die uns auffordern, nicht besorgt oder gar
bestürzt zu sein! Woher kommt eö nun, daß wir trotz
solcher Ermunterungen so wenig still und froh sind? Weil
wir ihnen und damit unserem Gott und Vater ein so geringes
Vertrauen entgegenbringen. Durch die Gnade, die
uns in unserem Herrn Jesus Christus begegnet ist, sind
wir in eine solch wunderbare Stellung versetzt worden,
vaß der Apostel Johannes im Anschauen derselben auö-
rust: „Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben
hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen!"
(4. Joh. 3, 4.) Diese überaus große Wahrheit, die mit
unserem Verstände gar nicht zu erfassen ist, sollte mit
SS
gläubigem Herzen mehr von uns betrachtet werden. Glücklich
alle, die sich ihrer Wirklichkeit erfreuen und kindlich-
einfältig die Liebe ihres himmlischen Vaters genießen!
Wie innig, vertraulich, zärtlich und fürsorglich ist
schon das irdische Verhältnis zwischen Vater und Kind,
wenn es anders gut und richtig ist! Und nun hat Gott
sich als Vater geoffenbart! Sollte daö Verhältnis zwischen
Ihm und uns minder köstlich sein? Im Gegenteil!
wir wissen, daß das irdische Verhältnis nur ein Schatten
von dem himmlischen ist; denn „hierin ist die Liebe Gottes
zu uns geoffenbart worden, daß Gott Seinen eingeborenen
Sohn in die Welt gesandt hat, auf daß wir durch
Ihn leben möchten. Hierin ist die Liebe: nicht daß wir
Gott geliebt haben, sondern daß Er uns geliebt und Seinen
Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden."
(4. Joh. 4, 9. 40.) Wo ist eine Liebe wie Seine
Liebe, und wo eine Liebe, wie sie sich in den Kapiteln 44
bis 47 des Evangeliums Johannes gegen uns offenbart?
„Was sollen wir nun hierzu sagen? Wenn Gott für
unö ist, wer wider uns?" (Nöm. 8, 34.) Wenn Er unö
daö Höchste, Seinen eingeborenen Sohn, nicht vorenthalten
hat, sollte Er unö im täglichen Leben das verweigern,
was wir zu unserem Unterhalt usw. bedürfen? Wahrlich,
wir haben keinen Grund, besorgt zu sein, mag auch die
Zukunft vor unseren Augen dunkel erscheinen. Wie hat
unser Gott und Vater unö durch die hinter unö liegenden
schweren Jahre so wunderbar hindurchgetragen! Ob unser
Weg durch tiefe Leiden ging, ob er an Tod und Grab
vorbeiführte — nie waren wir vergessen! Er hat uns versorgt
nach Leib und Seele und Seine Güte an uns groß
gemacht.
56
Wenn der Herr in Matth. 6 von den täglichen Bedürfnissen
des Lebens, Nahrung und Kleidung, redet, sagt
Er: „Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr dies alles
bedürfet". Wenn aber „unser himmlischer Vater" weiß,
was uns not ist, so dürfen „wir" unbesorgt sein und mögen
„kühn" sagen: „Der Herr ist mein Helfer". (Hebr.
13, 6.) Seine Liebe zu uns ist vollkommen; und sollten
auch schwere Zeiten kommen, so wissen wir doch, „daß
die Haare unseres Hauptes alle gezählt sind". (Matth.
10, 30.) „Er ist treu und wird nicht zulassen, daß wir
über unser Vermögen versucht werden, sondern wird mit
der Versuchung auch den Ausgang schaffen, sodaß wir sie
ertragen können." (1. Kor. 10,-13.)
Auch wollen wir uns daran erinnern, daß Röm.
8, 28 heute wie immer zu Recht besteht: „Wir wissen
aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum
Guten mitwirken". (Röm. 8, 28.) Welch eine Liebe und
Treue spricht doch aus solchen Schriftstellen! Wie töricht
und undankbar ist deshalb all unser Sorgen. Nur um
eins dürfen und sollten wir besorgt sein, nämlich um
einen Gott wohlgefälligen Wandel und um die Interessen
Seines Werkes. Da heißt es immer wieder: „Sehet nun
zu — befleißiget euch usw.". (Vergl. z. B. Eph. 5,15 bis
17; 1. Thess. 5, 15; Hebr. 4, 11; 2. Petr. 1, 10.)
Wird es sich im Jahre 1927 erweisen, daß wir Seinem
Worte mehr Glauben und kindliches Vertrauen entgegenbringen
als bisher und uns nicht verunreinigen lassen
durch den Geist der Welt, der sich in Sorgen, Unruhe
und Eigenliebe kundgibt? Gott gebe es! Seine Gnade genügt
uns. (2. Kor. 12, 9.)
Vas Gebet nach Gottes VL>tlle
und die Kenntnis Seiner Vpege
(Siehe Jcremia 41 —4Z)
Trost- und hoffnungslos waren die Zustände im
Lande der Verheißung. König, Priester und Volk waren
gefangen nach Babel weggeführt. Nur ein elender Rest
war zurückgelassen worden. Darunter freilich ein Mann,
den Jehova zu
einer Festen Stadt,
einer Eisernen Säule
und einer Ehernen Mauer
gemacht hatte. (Jer. 1, 18.) Wiederholt hatte man ihn
ins Gefängnis geworfen, weil er die Herzen der Männer
verzagt mache, ja, als „Landesverräter" war er zum Tode
verurteilt worden. Aber Gottes Auge hatte über ihn gewacht,
Gottes starker Arm ihn immer wieder befreit.
Jeremia selbst fühlte die Bürde seiner Gerichtsbotschaft
an das Volk bis zur völligen Verzweiflung am Leben.
Fern hatte er sich von der Nation gewünscht und gesagt:
„O daß ich in der Wüste eine Wanderer-Herberge
hätte, so wollte ich mein Volk verlassen und von ihnen
wegziehen." (Kap. y, 2.)
Welch ergreifendes Zwiegespräch zwischen dem Propheten
und seinem Gott lesen wir ferner in Kap. rs,
58
Vers "tv bis 2^! Ieremia wünscht nie geboren zu sein,
und Gott verheißt ihm besondere Kraft am Tage der Bedrängnis.
Und wie wunderbar: Die Worte Jehovas, sonst
so schrecklich für den Propheten, so voll von Strafe und
Gericht, du Vernichtung alles dessen, was der Jude auf
Erden schätzte, ankündigend, diese Worte werden dem von
allem Bösen abgesonderten Propheten „zur Wonne rind
zur Freude seines Herzens"! (V. 16.)
Genau wie heute in der Christenheit falsche Propheten
die Rettung der Welt durch die Ausbreitung des Christentums
verkündigen und die gegenwärtige Verwerfung
Christi leugnen, auch nicht an das über die abtrünnige
Christenheit verhängte Gericht glauben, genau so war es
in den Tagen Jeremias. Falsche Propheten verkündigten
Befreiung ohne innere Umkehr, lügnerische Träumer verhießen
Rettung ohne Selbstgericht. Wie es immer geht,
glaubten die Menschen auch damals lieber das, was sie
wünschten, als die demütigende Wahrheit, die Gott ihnen
verkündigen ließ. Aber mit welcher Sanftmut der Weisheit,
und doch zugleich mit welcher Bestimmtheit war
Ieremia einem Hananja entgegengetreten, und wie hatte
Gott diesen Lügenpropheten gestraft! (S. Kap. 28.)
Alles das ist interessant und belehrend, aber das,
worauf ich den Leser hauptsächlich Hinweisen möchte, ist
ein späterer Abschnitt des inhaltreichen Lebens unseres Propheten
— die Zeit nämlich, wo seine Prophezeiungen vor
aller Augen zur Geschichte geworden waren. Der Mann
und seine Botschaft, sein Ernst und seine Geisteskraft
waren nicht nur dem jüdischen Volke, sondern auch den
Feinden Israels bekannt geworden. Nebusaradan, der
Oberste der Leibwache, löste auf Befehl Nebukadnezars,
59
des Königs der Chaldäer, seine Ketten und gab ihm völlige
Bewegungsfreiheit, während Jedekia und alle seine übrigen
Widersacher in ehernen Fesseln nach Babel geführt wurden.
So finden wir denn Jeremia unter den im Lande
Zurückgebliebenen. (Vergl. Kap. 29, 44—40, 6.)
Merkwürdig ist auch im Leben Jeremias, daß sogar
die ihm feindlich gesinnten Machthaber, die seine Warnungen
fortgesetzt in den Wind schlugen, wiederholt bei
ihm um Fürbitte anhielten. (Kap. 2t, 4—42; 27, 2.)
Auch in unseren Tagen sind die Menschen in Zeiten der
Not schnell bei der Hand, um Fürbitte anzuhalten, auch
wenn sie sonst nicht viel nach Gottes Wort und Wille
fragen. Wie groß aber der Abstand zwischen dem Lippenbekenntnis
des Menschen und dem wirklichen Zustand seines
Herzens sein kann, sehen wir in erschreckender Weise
in den Kapiteln 44—42.
König und Volk waren gefangen nach Babel weggeführt,
der von den Chaldäern eingesetzte Statthalter Gedal-
ja war mit vielen anderen grausam und hinterlistig ermordet
worden, und nun wußten die zurückgebliebenen Juden
weder aus noch ein. Blieben sie, wo sie waren, so fürchteten
sie, von den Chaldäern der Mitschuld an der von
Ismael verübten Bluttat bezichtigt zu werden; anderseits
hatten sie keine Weisung von Gott, nach Ägypten
zu fliehen. In diesem Zwiespalt wenden sie sich an Jere-
mia, den Propheten, dessen Weissagungen sich immer als
zuverlässig erwiesen hatten. Mit feierlichen Worten, unter
Anrufung Jehovas als eines wahrhaftigen und zuverlässigen
Zeugen, versprechen sie, zu tun was Gott in Beantwortung
des Gebets Seines Knechtes irgend gebieten
werde.
— bv —
Zehn Tage mußten sie auf die Antwort warten: Gott
gab ihnen Zeit, ihr Herz auf ihre Wege zu richten. Dann
werden sie mit deutlichen Worten vor dem Hinab -
ziehen nach Ägypten gewarnt.
„Ihr habt um den Preis eurer Seelen geirrt", wird
ihnen zugerufen. Warum dieser scharfe Vorwurf, da sie
doch nur gefragt hatten? Wollten sie nicht den Willen
Gottes erfahren und tun?
Nach außen hin schien es ja so, aber es ist der Her-
zenskündiger, der hier spricht. Gott wußte, welch „freche
Männer" die Führung an sich gerissen hatten. Das
Befragen des Willens Gottes durch den Propheten war
nur ein Versuch, den Eigenwillen ihrer Herzen unter dem
Schein eines göttlichen Siegels zu verbergen.
Wie töricht! sagen wir. Und doch: Findet man nicht
auch heute noch, selbst unter wohlunterrichteten Kindern
Gottes, ähnliche törichte Versuche, Eigenwille und Ungehorsam
durch Gebet und scheinbare Wortbefragung als
Gottes Wille erscheinen zu lassen? Was kann es aber
nützen, für das Gelingen einer Sache zu beten, die so
schnurstracks dem Willen Gottes entgegen ist wie das
Hinabziehen nach Ägypten? Kein wahrer Gläubiger wird
bezüglich der Beantwortung dieser Frage verlegen sein,
llnd doch bitten Gläubige nicht selten um Gottes Beistand
in Geschäften, bei denen sie sich „dieser Welt gleichförmig"
machen, und in der Ausübung von Handlungen, bei
denen sie Gottes Gebote unbeachtet lassen. Und sie entschuldigen
sich dann damit, daß das eben allgemeiner
Brauch sei. O wie mancher hat da, wenigstens soweit sein
Zeugnis in der Welt und gegenüber der Welt in Frage
kommt, „um den Preis seiner Seele geirrt"!
— sr —
„Wenn wir nach Seinem Willen bitten", sagt daö
Wort. Aber w i e kann man den Willen Gottes erkennen,
um ihm entsprechend dann bitten zu können?
Wir haben für die Beantwortung dieser uns so ost
beschäftigenden und, leider, so selten befriedigend beantworteten
Frage unseren hochgelobten Herrn als vollkommenes
Vorbild. Als Seine Jünger (Nachfolger und Nachahmer),
und nur als solche können wir sie beantworten.
Er entäußerte sich selbst, erniedrigte sich bis zum Tode,
ja, zum Tode am Kreuze, nicht weil Er Seinen Willen
tat, sondern den Willen Dessen, der Ihn gesandt hatte.
Er kam mit den Worten in die Welt: „Siehe, ich komme,
um deinen Willen, o Gott, zu tun". (Hebr. ro, 7.)
Dieser Wille konnte Ihm freilich den Kelch des Gerichts
für die Sünde nicht ersparen, und gehorsam sprach Er:
„Nicht mein Wille, sondern der Deine geschehe!" Durch
diesen Willen sind die Gläubigen „geheiligt", geheiligt
„zum Gehorsam Jesu Christi", d. h. zu gehorchen,
wie Er gehorcht hat. (7. Petr, t, 2.) Darum sagt Er
auch: „Wenn jemand mir nachkommen will, der verleugne
sich selbst". (Matth, tb, 24.) Wir sind mit
Christo gestorben und auferweckt und nun berufen, „in
Neuheit des Lebens zu wandeln". Der alte Mensch ist
mitgekreuzigt, und was wir nun leben, leben wir im Glauben.
Das aber bedeutet Abhängigkeit, Unterwürfigkeit des
Willens. Indem der Eigenwille gekreuzigt ist, stellen wir
im Glaubensgehorsam, als „Lebende aus den Toten", unsere
Leiber Gott dar als „lebendige Schlachtopfer". Daö
ist der „vernünftige Dienst" der von der Nachfolge und
Abhängigkeit Satans, des „Fürsten der Welt", Erlösten.
Auf dieser Grundlage nur ist der Gläubige befähigt, zu
62
prüfen, was der „gute und wohlgefällige und vollkommene
Wille Gottes" ist. (Röm. 1.2, 1. 2.) Jeder Entschluß,
jede Handlung und jeder eingeschlagene Weg, der nicht
im Glauben, nicht im Gehorsam gegen Gottes Wille unternommen
wird, ist Sünde. (Röm. 14, 23.)
Mit anderen Worten ausgedrückt: Es ist eitel Selbstbetrug
von dem Willen Gottes zu reden, wenn das Fleisch
auf dem Plane ist. Geht jemand nicht in Erneuerung des
Sinnes voran und begehrt er nicht, seinen Leib als lebendiges
Schlachtopfer Gott darzustellen, so kann er ebensowenig
den Willen Gottes prüfen, wie Jochanan und alle
jene „frechen Männer" zur Zeit Jeremias.
Das ist ein ernstes, aber wahres Wort. Darum, ehe
man um Licht betreffs eines Planes oder Weges bittet
und um Kraft und Leitung zur Ausführung des Geplanten,
sollte man ehrlich die Frage an sich stellen: Wer
kommt dabei auf seine Rechnung? Das „alte Ich" oder
der „Mensch in Christo"? Die Ehre bei Menschen oder
die Ehre bei Gott? Der eigene Wille und Vorsatz oder
Gottes Wille, Ratschluß und Verherrlichung?
Möge der Herr uns allezeit offene Ohren für Sein
Wort, sowie „ein redliches und gutes Herz" (Luk.
8, 15) zur Aufnahme desselben und offene Augen für
Seine Herrlichkeit schenken I
Wir sind durch die Armut unseres hochgelcbten Herrn reich gemacht.
Niemals können wir die Tiefe der Leiden, in welche unsere
Sünden Ilm gebracht kaben, ergründen; aber das wissen wir, daß
Gott Ibn zu unserem ewigen Teil gemacht bat. Und mit Ihm als
unserem Srbatz können wir steir danach trachten, in unserem geringen
Maße alles zu verwenden und selbst verwendet zu werden,
ohne befürchten zu müssen, daß wir verarmen. Viel eher bewahrheitet
sich das Wort: „Da ist einer, der ausstrcut, und er bekommt noch
mehr". (Sprüche l l, 24.)
63
Jüngerschaft
Christo Nachfolgen ist eine ernste Sache. Als einst
eine große Volksmenge mit Ihm ging, wandte Er sich um
und sagte zu ihnen: „Wenn jemand zu mir kommt und
haßt nicht seinen Vater und seine Mutter und sein Weib
und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern,
dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht
mein Jünger sein". (Luk. 44, 25. 26.) Das sind
feierliche Worte. Nichts auf der Erde ist uns so teuer
wie Vater und Mutter, Weib und Kind. Und das mit
Recht. Aber wenn diese Seinen Platz in unserem Herzen
einnehmen, so bilden sie ein Hindernis in Seiner Nachfolge.
„Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder
wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er
wird einem anhangen und den anderen verachten." (Matth.
6, 24.) Einer von den beiden muß zurückstehen. Schon
sehr bald wird sich zeigen, daß wir den einen mehr schätzen,
daß er uns höher steht als der andere. Darum,
der Herr sagt es offen: Wer etwas, und sei es das Teu­
erste auf Erden, Ihm vorzieht, der kann nicht Sein
Jünger sein.
Auch in unseren Tagen bekennen viele, dem Herrn
anzugehören, und gehen, wie die Volksmenge damals,
m i t Ihm, aber was es heißt, Iüng er und Nach fol -
ger Jesu zu sein, davon wissen sie wenig oder gar nichts.
Sie verstehen nicht, dckß dies ein Gebundensein an die
Person und das Wort des Herrn und eine wirkliche Abhängigkeit
von Ihm bedeutet. Manche fühlen sich sogar
frei, zu handeln und zu wandeln, wie es recht ist in
64
ihren Augen. Trotzdem meinen sie, wirkliche Jünger und
Nachfolger Christi zu sein.
Was ist wohl die Ursache davon? Liegt eö nicht zum
Teil daran, daß bei der Auslegung des Wortes oft zu leicht
über die Bedingungen der Nachfolge Christi hinweggegangen
wird? Man möchte gern Erfolge sehen und Zahlen
angeben können. So war es nicht beim Herrn. Wer zu
Ihm kam und sich Ihm anschließen wollte, der sollte die
ganze Wahrheit wissen und klar verstehen, daß eö keine gemächliche
Sache sei, Ihm nachzufolgen; daß dazu ein
Bruch mit allem Bisherigen und Eigenen, dem eigenen
Willen und Können, ein Sichselbstverleugnen und ein Aufsichnehmen
des Kreuzes gehöre. Jeder wurde angehalten,
mit Ernst „die Kosten" zu überschlagen (Luk. 44, 28),
und diese Kosten sind „Vater und Mutter, Weib und
Kind", „das eigene Leben", ja, das eigene Leben Tag
für Tag, im Blick auf alle Beziehungen in dieser Welt.
Wir sind oft ängstlich, mit den Menschen so zu reden,
wie der Herr es tat. Aus solch falschem Zartgefühl gehen
dann vielfach jene Gefühls- und Gemüts christen
hervor, die sich für sehr geistlich halten und es doch nicht
sind. Auch „Unmündige", die, hin und her getrieben von
jedem Winde der Lehre, von einer Person zur anderen
laufen (vergl. 4. Kor. 4, 42), die immerdar lernen und
doch niemals zu einer wirklichen Erkenntnis der Wahrheit
kommen. Unentschiedene auch, die Jesu Jünger sein
und es doch nicht mit dem „Hohen Rat" verderben möchten.
Wollen wir ihnen nicht die Liebe und Treue erweisen, daß
wir ihnen sagen, was es heißt, ein Jünger Jesu zu sein?
Als der Herr Seine Jünger auösandte, sagte Er
ihnen: „Siehe, ich sende euch wie Schafe inmitten von
65
Wölfen". (Matth. 10, 16.) Damit wollte Er ihnen doch
sagen, daß sie darauf gefaßt sein müßten, von ihnen zerrissen
zu werden. (Vergl. V. 17. 18.) Solche Worte wirken
wie eine Sichtmaschine. Die Mitläufer scheiden aus
und bleiben zurück. „Von da an gingen viele Seiner Jünger
zurück und wandelten nicht mehr mit Ihm." (Joh.
6, 66.) Aber die wahren Jünger schließen sich umso inniger
mit ungeteiltem Herzen Ihm an. — In den Tagen
Gideons wurde das große Heer durch solche Sichtung auf
dreihundert Mann verringert. Auch heute noch muß Gott
ähnliche Sichtungen vornehmen, ehe Er Gideons Schar
gebrauchen kann.
Erinnern wir uns auch jenes Mannes, der zu Jesu
kam und sagte: „Ich will dir nachfolgen, wohin irgend du
gehst, Herr". (Luk. y, 57.) Was antwortet ihm der Herr?
Er veranlaßt ihn in ernster Weise, die Kosten zu überschlagen.
Anstatt sich über einen neu gewonnenen Jünger zu
freuen, sagt Er zu ihm: „Die Füchse haben Höhlen und
die Vögel des Himmels Nester; aber der Sohn des Menschen
hat nicht, wo Er Sein Haupt hinlege".
Der Mann war wohl nur ein „rechtgläubiger" Jude,
der durch die Nachfolge Jesu einen guten Platz bei dem
Messias finden wollte. Aber der Herr läßt ihn verstehen,
daß Er einen solchen Platz nicht zu vergeben habe. Der
Messias hatte nicht einmal ein Nest! Wollte aber der
Mann Ihm folgen, so mußte er auch Sein Los teilen. Das
war aber unmöglich für die Natur, denn nur zu bald würde
er erfahren, daß er von allen gemieden werden und nichts
kn dieser Welt finden würde, als Schmach und Leiden. Wir
lesen in der Schrift auch nichts davon, daß der Mann
Jesu daraufhin nachgefolgt wäre.
66
Scheinbar verlor der Herr also einen Nachfolger, aber
Er begehrt nicht Jünger, die in Augenblicksbegeisierung
Ihm folgen wollen. Sie sollendie Kosten überschlagen,
daß sie mit dem „Ich" und dem „eigenen Leben" ein für
allemal Abschluß machen müssen. Der Herr wünscht, daß
sie erfassen, mit wem sie sich verbinden wollen. Scheinbare
Nachfolger hemmen und schädigen nur Sein Werk.
Haben wir nicht auch schon solche kennen gelernt? Begeistert
traten sie in die Nachfolge des Herrn ein und folgten
dem Worte der Wahrheit, aber kaum hatten sie einige
Schritte getan auf dem Wege der Schmach „zu Ihm hinaus,
außerhalb des Lagers", da standen sie bestürzt da.
Die Verachtung der Welt und, was noch viel schmerzlicher
ist, das Verlassenwerden von Brüdern erschreckte sie
derart, daß sie dahin zurückkehrten, wo sie zuvor gewesen
waren, und das wieder aufgriffen, dem sie abgesagt hatten.
Daö Opfer war zu groß! So wurde der Weg der
Wahrheit verlästert, und daö empfangene Lieht verwandelte
sich in Finsternis, wie der Herr sagt: „Siehe zu,
daß das Licht, welches in dir ist, nicht Finsternis ist".
Oder an einer anderen Stelle: „Wandelt, während ihr
das Licht habt, auf daß nicht Finsternis euch ergreife".
Hinsichtlich des Mannes, den der Herr bei derselben
Gelegenheit in Seine Nachfolge berief, lagen die Dinge
etwas anders. Dennoch bleibt der Grundsatz bestehen. Wenn
das religiöse Fleisch sich anbietet, dem Herrn nachzufolgen,
so begegnet es einer ernsten Zurecht- und Zurückweisung.
Wenn aber einer, den der Herr zum Jünger b e -
ruft mit den Worten: „Folge mir nach!" (vergl. Matth.
8, 2t mit Luk. 9, 59. 60) Ihm antwortet: „Herr, erlaube
mir, zuvor hinzugehen und meinen Vater zu begraben",
67
so muß er hören: „Folge mir nach- und laß die Toten
ihre Toten begraben", oder, wie Lukas erzählt, „du aber
gehe hin und verkündige das Reich Gottes". Bei einem
Menschen, der, begeistert durch die Kostbarkeit deö Evangeliums,
sich entschließt, dem Herrn zu folgen, finden sich
solche Hindernisse und Rückhalte nicht. Er nimmt die Botschaft
mit Freuden auf und sieht alles im schönsten Licht,
bis die Umstände ihn eines anderen belehren. Der Same
ist aus daö Steinichte gefallen; ein solcher Mensch hat keine
Wurzel in sich, sondern ist nur für eine Zeit, und „wenn
Drangsal entsteht oder Verfolgung um des Wortes willen,
alsbald ärgert er sich". (Matth, 13, 20. 21.) Seine
Seele ist nicht wirklich von der Wahrheit ergriffen. Wenn
aber der Herr sagt: „Folge mir nach!" so setzt das ein
Werk in der Seele voraus. Das Gewissen ist aufgewacht,
die Seele erkennt in Christo die einzige Rettung und will
Ihm folgen; aber siehe da, natürliche Beziehungen und
Verhältnisse stellen sich hindernd in den Weg.
Die Menschen sagen: Die Beerdigung eines Vaters
ist eine Sache, vor der alles andere in den Hintergrund
treten muß. Nein, sagt der Herr, wenn ich rufe, mag
selbst der Vater auf der Totenbahre liegen und der Bestattung
harren — mein Ruf muß zuerst gehört werden.
Die Welt wird das freilich nicht verstehen und dein Tun
verurteilen; aber darauf mußt du vorbereitet sein und
darfst ihren Tadel nicht scheuen. Wir werden immer wieder
erfahren, daß Familienbande und gesellschaftliche Beziehungen
ihre Ansprüche an uns geltend machen wollen, aber
es kann einmal nicht anders sein: „wenn jemand zu mir
kommt und haßt nicht seinen Vater und seine Mutter...,
so kann er nicht mein Jünger sein".
68
Es ist heute noch genau wie damals. Das „Ärgernis
des Kreuzes" ist nicht hinweggetan. Möchten deshalb alle,
die sich irgend in dem Werke des Herrn bemühen, dem
Beispiel des Meisters folgen! Mag dann die Zahl der
Nachfolger auch klein sein und das Werk nach außen hin
wenig Ansehen haben, aber das Licht und die Kraft des
Herrn werden in der Mitte der Jünger gefunden werden.
Ermuntern wir auch einander, „zu Ihm hinauszugehen,
außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend"!
(Hebr. 13, 13.) Der Herr genoß auf dem einsamen Pfade
Seiner Verwerfung die Freude des Wohlgefallens und
der Liebe Seines Vaters, und Er hinterließ uns die Freude,
auf demselben Pfade Sein Wohlgefallen und Seine Liebe
zu genießen. „Wenn ihr meine Gebote haltet, so werdet
ihr in meiner Liebe bleiben, gleichwie ich die Gebote meines
Vaters gehalten habe und in Seiner Liebe bleibe."
(Joh. 15, 10.) Und bald kommt Er und Sein Lohn mit
Ihm. Welche Freude für den Jünger, von Seiner Kraft
getragen, auf dem Wege Seiner Schmach Ihm nach und
Ihm entgegen zu gehen!
Du, mein Jesus in der Hohe,
Bist's, auf den ich wartend sehe,
Bis Du kommst entgegen mir;
Dem die Heimat Du bereitet,
Den Dein Auge hat geleitet
Durch die öde, weite Wüste hier.
Bis dahin auf allen Tritten
Ist der Pfad, den Du geschritten,
Stets mein Trost und meine Freud'!
Bin mit Deinem Stab zufrieden,
Bis, von diesem Staub geschieden,
Ich Dich droben schau' in Herrlichkeit.
69
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung
über Eph. 4,17-6
ii.
Kapitel 5. — Das Kapitel beginnt mit den Worten:
„Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder".
Welch eine Aufforderung, Nachahmer Gottes zu sein!
Wie unendlich hoch steht sie über der Verpflichtung des
Menschen als Geschöpf Gottes, Seine heiligen Gebote
zu halten! Um ein Nachahmer Gottes sein zu können,
muß man Seiner Natur teilhaftig, ein geliebtes Kind
GotteS geworden sein. Anders ist es unmöglich. Und wie
könnten wir Ihm nachahmen, wenn es Ihm nicht gefallen
hätte, „in Liebe" zu uns herabzusteigen und sich in Christe
Jesu, Seinem Sohne, uns zu offenbaren? Scho:,
die Aufforderung an sich erinnert uns an den ganzen Reichtum
der Gnade, die Er gegen uns hat überströmen lassen
und die wir in den ersten Kapiteln unseres Briefes be
trachtet haben.
„Und wandelt in Liebe, gleichwie auch der Christus
uns geliebt und sich selbst für uns hingegebcn hat als
Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden
Wohlgeruch!" (V. 2.) In dem letzten Verse des vorigen
Kapitels wurden wir ermahnt, „einander zu vergeben,
gleichwie auch Gott in Christo uns vergeben hat".
Gleichwie 'Christus, gleichwie Gott! Wie hat Gott uns
denn vergeben, und wie hat der Christus uns geliebt?
Vollkomm en. Vermögen wir das denn überhaupt?
möchte gefragt werden. Werden wir uns je zu solchen
Höhen erheben können? Wir möchten dem gegenüber fragen:
Könnte Gott uns geringere Ziele stecken? Sollten wir
70
mit weniger zufrieden sein? Ob wir sie hienieden erreichen
oder nicht — daö sind die Ziele, nach denen wir
streben sollen.
Im 3. Verse tritt ein drittes „gleichwie" hinzu:
„Hurerei aber und alle Unreinigkeit oder Habsucht werde
nicht einmal unter euch genannt, gleichwie es Heiligen
geziemt". Alle diese Lüste und Leidenschaften des Fleisches,
an welche die Epheser in ihrem früheren Zustande gebunden
gewesen waren, sollten nicht nur nicht mehr unter ihnen
geduldet, sondern nicht einmal genannt werden. Es
sollte nie nötig werden, auch nur von ihnen zu reden; denn
sie waren Heilige Gottes, und es handelte sich für sie nicht
darum, was ehrbaren Menschen, sondern was Heiligen
geziemt, die um einen so hohen Preis für Gott erkauft
und von allem Bösen abgesondert waren.
Wir staunen darüber, daß die hohen Ziele der beiden
ersten Verse unmittelbar mit solch groben Ausschreitungen
wie Hurerei und Habsucht zusammengestellt werden. Aber
ist es nicht immer so? Je schöner und lieblicher eine Sache
ist, umso eher kann sie verdorben und ins Gegenteil verkehrt
werden. Was am Morgen im Geiste begonnen wird,
kann am Abend im Fleische enden. >
Das hohe und einzige Ziel unseres geliebten Herrn
war die Verherrlichung Gottes. Er hat „sich hingegeben
als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden
Wohlgeruch". Wir sind berufen, in Seinen Fuß-
tapsen zu wandeln, wie Er uns ein Beispiel gelassen hat.
Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, daß wir in Seinen
sühnenden Leiden Ihm nicht folgen können. Nicht als
Sündopfer tritt Christus hier vor uns, sondern als
Der, der „uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben
— 71 —
hat", zur höchsten Freude und Verherrlichung Gottes. Ihm
sollen wir folgen, wie Johannes sagt: „Hieran haben wir
die Liebe erkannt, daß Er für uns Sein Leben dargelegt
hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben
darzulegen", (1. Joh. Z, 16.) Dreimal hören wir, daß der
Himmel sich über Christo öffnete, um dem Wohlgefallen
des Vaters an Ihm Ausdruck zu geben, und in Joh. 10,17
sagt der Herr selbst: „Darum liebt mich der Vater, weil
ich mein Leben lasse, auf daß ich es wiedernehme".
In diesem Sinne können auch wir uns Gott zu einem
Wohlgeruch darstellen, indem wir „in Liebe", d. h. in
der Ausübung und praktischen Darstellung Seiner Natur,
wandeln, Ihm nachahmend als geliebte Kinder. Natürliche,
menschliche Liebe ist immer selbstsüchtig, göttliche
Liebe liebt um ihrer selbst willen, da wo nichts Liebenswürdiges
ist. Sie hat Gott geleitet. Seinen eingeborenen
Sohn für Seine Feinde dahinzugeben; sie hat Christum
getrieben, den Pfad selbstverleugnenden Gehorsams zu
wandeln bis in den Tod am Kreuze; sie treibt uns, in
der Kraft des Heiligen Geistes die Eigenschaften der neuen
Natur in vergebender, helfender, Leiden und selbst den Tod
nicht scheuender Liebe zu offenbaren inmitten der Geschwister
sowohl als auch gegenüber einer feindseligen Welt.
Nachahmer Gottes! — Unwillkürlich fragen
wir mit dein Apostel: „Wer ist dazu tüchtig?" Abcr.wür-
den wir aufgefordert werden, Nachahmer Gottes zu sein
als geliebte Kinder, wenn das nicht möglich wäre?
Beachtenswert ist der Unterschied zwischen dem Epheser-
und Philipperbrief. In dem ersten wird der Gläubige
gesehen als schon sitzend in den himmlischen Ortern und
auf dieser Erde als Nachahmer Gottes. Im Philipper-
72
brief ist er ein Fremdling hienieden, der zu dem Kampf-
preis der Berufung Gottes nach oben hinjagt. Ein
Himmelöbürger in dem einen Falle, der für eine Zeit auf
die Erde gesandt ist, um hier in Liebe zu wandeln, ein
himmlischer Pilgrim in dem anderen, der sich auf der
Reise befindet zur ewigen Heimat und nun mit Furcht und
Zittern seine eigene Seligkeit bewirkt. Anscheinend unvereinbare
Gegensätze, und doch welch herrliche Harmonien für
das geistliche Verständnis!
Im 4. Verse wird vor einem weitverbreiteten Übel
gewarnt, das wir alle gut kennen. „Schändlichkeit und albernes
Geschwätz oder Witzelei" sollten ebensowenig unter
Heiligen gefunden werden, wie die groben Ausbrüche der
alten Natur im 3. Verse. „Kein faules Wort gehe aus
eurem Munde", lasen wir bereits in Kap. 4, 29. Aber
wie leicht ist ein „unnützes" Wort gesprochen! „Unnütz"
will mehr sagen als „unnötig". Alte Gewohnheiten schleppen
sich leicht mit hinüber in unser Leben als Christen.
Seien wir deshalb auf der Hut, besonders auch in der Familie,
im Kreise der Kinder! Geben wir den jungen Gliedern
der Familie Gottes kein Ärgernis! Als der Herr das
Töchterlein des Jairuö auferweckt hatte, gebot Er, ihm
zu essen zu geben. Laßt auch uns daran denken, den Lämmern
der Herde Christi gute Nahrung zu geben und sie
nicht gar zu ärgern durch unbedachtes Reden, Witzelei und
dergleichen, das sich nicht geziemt, „sondern vielmehr
Danksagung".
„Denn dieses wisset und erkennet ihr, daß kein Hurer
oder Unreiner oder Habsüchtiger (welcher ein Götzendiener
ist) ein Erbteil hat in dem Reiche Christi und Gottes."
(V. 5.) Ernste Worte! So unumschränkt Gottes Gnade
73
auch ist, und so bedingungslos sie sich den Unreinsten und
Verworfensten zuwendet — Gottes Regierungswege werden
dadurch nicht verändert. „Er bleibt treu, denn Er kann sich
selbst nicht verleugnen." (2. Tim. 2, 13.) Er kann und
wird sich unserer Untreue niemals anpassen. Er haßt die
Sünde und kann das Böse nicht ertragen. Wenn Er
auch in dem Kreuze Christi eine herrliche Lösung der Frage
der Sünde gefunden hat, können Gott und Sünde doch
niemals miteinander gehen, niemals beieinander wohnen.
Darum, wenn irgend jemand, der Christ zu sein bekennt,
in derartigen Sünden lebt, so wissen wir und dürfen
es ihm auf Grund des Wortes Gottes sagen, daß solche
Menschen kein Erbteil haben in dem Reiche Christi und
Gottes. Paulus ruft den Gläubigen in Rom zu: „Wenn
ihr nach dem Fleische lebet, so werdetihr sterbe n".
(Röm. 8, 13.)
Deshalb: „Niemand verführe euch mit eitlen Worten,
denn dieser Dinge wegen kommt der Zorn Gottes
über die Söhne des Ungehorsams". (V. 6.) Wir begegnen
der letzten Bezeichnung schon im zweiten Kapitel. Dort
werden die unter Satans Einwirkung stehenden Ungläubigen
„Söhne des Ungehorsams" und „Kinder des Zorns"
genannt. Warum „Söhne des Ungehorsams"? Sie stammen
ab von dem ersten Adam, der durch Ungehorsam fiel,
und dessen Nachkommen sich seitdem immer wieder durch
Ungehorsam gekennzeichnet haben. Ungehorsam ist ihr Wesen,
durchdringt ihr ganzes Sein, und deshalb ruht Gottes
heiliger Zorn auf ihnen und wird über sie kommen. (Vergl.
Kol. 3, 6; Röm. 1, 18.) Wie ganz anders der zweite
Adam, der gehorsam ward bis zum Tode am Kreuze, der
lieber starb, als daö Gott Wohlgefällige nicht zu tun. Alle,
74
die Ihm angehören und nun auch als neue Menschen in
Seinen Fußtapfen zu wandeln begehren, werden deshalb
„Kinder des Gehorsams" genannt, (1. Petr, 1, 14.) So
wie die alte Natur stets ihren eigenen Willen tun will
in Auflehnung gegen Gott, so ist es das Verlangen der
neuen Natur, Gottes Willen zu tun, in Verleugnung des
eigenen Willens und der Lüste des Fleisches.
„Seid nun nicht ihre Mitgenossen." (V. 7.) Diese Ermahnung
bedarf keiner Erklärung. Es ist ernst und verhängnisvoll
für einen Gläubigen, wenn er in irgend einer
Weise die alten Wege wieder einschlägt oder seine früheren
Freunde wieder aufsucht.
Der nächste Vers zeigt uns, wie wir wandeln sollen:
„Wandelt als Kinder des Lichts". Also nicht nur
der Berufung würdig, mit welcher wir berufen worden
sind (Kap. 4, 1), oder getrennt von jener „Eitelkeit des
Sinnes", in welcher die Nationen wandeln (Küp. 4,17),
auch nicht nur „in Liebe" (V. 2), sondern als „Kinder
des Lichts". Mit anderen Worten: wir sollen das sein,
was wir sind. „Denn einst wäret ihr Finsternis, jetzt
aber seid ihr Licht in dem Herr n." In der alten
Natur findet sich nicht der schwächste Strahl von Licht.
Gott ist Licht und Liebe. Wie dürften deshalb Seine
Kinder anders als in Liebe und als Kinder des Lichts
wandeln? „Ihr seid Licht in dem Herrn." Dieses kurze
Wort zeigt uns einerseits unsere neue, heilige Stellung
in Christo, anderseits den Charakter und den Maßstab
unseres Wandels. Wenn aber Gott so spricht, sollten wir
dann nicht dem Ruse Seiner Gnade folgen und als Kinder
des Lichts in Liebe wandeln? „Ja!" antworten unsere
Herzen. Gott gebe uns Kraft zur Verwirklichung!
75
„Die Frucht des Lichts besteht in aller Gütigkeit und
Gerechtigkeit und Wahrheit." (V. 9.) Der Frucht des
Lichts stehen im 77. Verse die Werke der Finsternis
gegenüber, ähnlich wie in Gal. 5, 79 u. 22 die
Werke des Fleisches der Frucht des Geistes.
Das Licht, in dem wir stehen, der Geist, der in uns wohnt
und wirkt, bringen eine ihnen entsprechende Frucht hervor.
Wenn ein Weinstock am richtigen Platze steht und die nötige
Nahrung empfängt, bringt er ganz naturgemäß Frucht.
So auch wir. Ein Ruhm kommt deshalb keinem von uns
zu. „Aus mir wird deine Frucht gefunden", sagt Gott
zu Ephraim in Hos. 74, 8, aber die Frucht ist kostbar
für Ihn. Er wird durch sie verherrlicht. (Joh. 75, 8.)
„Indem ihr prüfet, was dem Herrn wohlgefällig
ist." (V. 70.) Zum Prüfen bedarf es eines entwickelten
geistlichen Verständnisses, „durch die Gewohnheit geübter
Sinne". (Hebr. 5, 74.) Ein Kindlein in Christo vermag
nicht zu prüfen. Nur ein durch die Erneuerung seines Sinnes
verwandelter Christ kann den „guten und wohlgefälligen
und vollkommenen Willen Gottes" erkennen. (Röm.
72, 2.) Nur wenn die Liebe überströmt in Erkenntnis
und aller Einsicht, ist man fähig, „das Vorzüglichere" zu
unterscheiden. (Phil. 7, 9. 70.) Und wie werden diese Erkenntnis
und Einsicht vermehrt? Sie wachsen in demselben
Maße, wie wir in dem Lichte wandeln.
In Gal. 5, 22 werden dreimal drei Früchte des Geistes
aufgezählt, drei Gott gegenüber, drei Menschen gegenüber
und drei im Blick auf uns selbst, in Verbindung mit
unserem inneren Menschen. An unserer Stelle finden wir
drei Früchte des Lichts: Gütigkeit, Gerechtigkeit und Wahrheit
— Dinge, die zu den unfruchtbaren Werken der Fin
7b
stemis in unmittelbarem Gegensatz stehen, und durch die
wir sie am wirksamsten zu „strafen" vermögen. Sind sie
bei uns vorhanden, so ist eine Gemeinschaft mit jenen
Werken ausgeschlossen. „Denn welche Genossenschaft hat
Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? oder welche Gemeinschaft
Licht mit Finsternis?" (2. Kor. b, 44.) „Ihr alle seid
Söhne des Lichtes und Söhne des Tages; wir sind nicht
von der Nacht noch von der Finsternis." (1. Thess. s, 5.)
„Also lasset euer Licht leuchten vor den Menschen, damit
sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in
den Himmeln ist, verherrlichen." (Matth. 5, 46.)
Wenn wir so als Kinder des Lichts wandeln und
mit Menschen in Berührung kommen, die schlechte Dinge
reden, so werden wir die geistliche Kraft besitzen, auch mit
Worten sie zu strafen. Es ist nicht immer leicht, das zu
tun; viel leichter ist es, still zu schweigen oder gar zu den
Reden zu lächeln, als die Redenden auf Gottes Gedanken
aufmerksam zu machen. Das Licht aber macht alles offenbar,
stellt alles bloß. (V. 43.) Kein Wunder, daß die Täter
der schändlichen Werke der Finsternis heute schon die Kinder
des Lichts meiden. „Jeder, der Arges tut, haßt das
Licht und kommt nicht zu dem Lichte, auf daß seine Werke
nicht bloßgestellt werden." (Joh. 3, 20.) Das Licht bescheint
aber nicht nur jene, sondern durchleuchtet auch
unser eigenes Innere und legt da alles bloß. Doch der
aus Gott Geborene liebt das. Er „kommt zu dem Lichte,
auf daß seine Werke offenbar werden, daß sie
in Gott gewirkt sind". Die Sache liegt also genau umge­
kehrt wie bei dem, der Böses tut. Ein Kind des Lichts
haßt alles Unwahre, Unaufrichtige, Heuchlerische. Die göttliche
Natur ist in ihm.
77
Wollen wir aber alle diese Segnungen mit glücklichem
Herzen genießen, so dürfen wir nicht ein sch lasen.
(V. 14.) Ein Schlafender ist nicht tot, aber er liegt da
wie ein Toter und schlummert sorglos inmitten einer
Umgebung, die tot ist und den Tod bringt. Er hat Leben,
ist ein Sohn des Tages, ein Kind des Lichts, aber er hat
scheinbar alles vergessen. Darum „wache auf, der du
schläfst, und steh e auf aus den Toten, und der Christus
wird dir leuchten"! Es handelt sich hier nicht um Bekehrung,
um den Empfang des Lebens, nein, der Aufgeweckte,
lebendig Gemachte gibt sich von neuem dem Schlafe hin
und würde wohl darin bleiben, wenn nicht die wachsame
Liebe Christi seiner gedächte und den Schlafenden aufrüttelte,
damit er aufstehe und Christi Licht ihm wieder leuchte.
Wie nötig ist es daher, „sorgfältig zu wandeln,
nicht als Unweise, sondern als Weise, die gelegene Zeit
auskaufend, denn die Tage sind böse"! (V. IS. 16.) Gottes
Güte hat uns alles geschenkt, was wir „betreffs des
Lebens und der Gottseligkeit bedürfen", aber Wachsamkeit
und Ausharren tun uns not. Zugleich muß „die telegene
Zeit auögekauft werden". Ohne Frage ko^.'t
uns das etwas, aber als „Weise" werden wir nicht davor
zurückschrecken, sondern erwägen, „was der Wille des
Herrn ist", und ihn tun. (V. 17.) In einem Sinne ist
die „gelegene Zeit" unser ganzes Leben. In der Ewigkeit
gibt es keine Gelegenheit mehr, für den Herrn zu zeugen
„Berauschet euch nicht mit Wein, in welchem Our-
schweifung ist." (V. 18.) Die Ermahnung ist gew!) zunächst
wörtlich zu verstehen, denn die Heiden waren d.rran
gewöhnt, viel Wein zu trinken; aber wir sollen un. auch
hüten vor allem, was wie Wein berauschend ans '. wir
78
ken kgnn, vor jeder Erregung der Natur und des Fleisches,
dagegen trachten, mit jener Kraft erfüllt zu werden, die
uns über die Natur und alles Irdische erhebt: „sondern
werdet mit dem Geiste erfüllt, redend zueinander in Psalmen
und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und
spielend dem Herrn in eurem Herzen". (B. 7d.) Der Heilige
Geist, der in uns wohnt, lenkt unsere Blicke auf Ihn
hin, an welchem „alles sehr köstlich ist", und unwillkürlich
macht sich das von Dank und Anbetung erfüllte Herz
Luft in Psalmen und Lobliedern. Es „wallt von gutem
Worte". (Ps. 45.) Em glückliches Herz singt, singt gern.
Wie schön und erhebend muß es gewesen sein in jenen
Tagen der ersten Frische und der ungehinderten Wirksamkeit
des Heiligen Geistes, als man „Liedersammlungen" noch
nicht kannte, auch nicht bedurfte, wenn dem einen ein
Psalm, dem anderen ein Loblied, dem dritten ein geistliches
Lied geschenkt wurde, und so aus der Fülle des Herzens
heraus in ursprünglicher Kraft das Lob des Herrn ertönte!
(vergl. Kol. 3, 46; auch 4. Kor. 74, 26) wenn die
Geschwister einander zusangen oder zueinander redeten unter
der unmittelbaren Anleitung des Geistes, der gekommen
ist, um Jesum zu verherrlichen!
Drei kostbare Dinge werden uns hier genannt als
Folgen des Erfülltseinö mit dem Heiligen Geiste: das Singen
und Spielen dem Herrn, das Danksagen Gott, dem
Vater, gegenüber „allezeit für alles" und die Unterwürfigkeit
untereinander in der Furcht Christi. (V. 20. 27.)
Auch ist die ganze Dreieinheit hier beteiligt: der Geist
als die treibende Kraft, der Herr als der Gegenstand
des Lobes, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus
Christus als die Urquelle von allem.
79
Mer das „Danksagen" noch ein kurzes Wort. Kann
auch nicht alles, was uns nach dem guten und vollkommenen
Willen unseres Gottes und Vaters begegnet, Gegenstand
der Freudesein (Hebr. 1.2,11), so dürfen und
können wir doch allezeit für alles Ihm danken, der uns
so unaussprechlich liebt. Zugleich werden wir bei aller persönlichen
Erwärmung und heiligen Freude nicht die Rücksicht
auf unsere Brüder vergessen. Die Furcht Christi wird
uns einerseits vor Schwärmerei und Merhebung bewahren
und uns anderseits anleiten, dankbar alles das anzuerkennen,
was der Geist Gottes in anderen und durch andere
wirkt. Die Korinther hatten das vergessen. (Bergl. 1. Kor.
14, 2b—ZZ.)
„Aber alle!"
Er saß in seinem alten Lehnstuhl. Seit einigen Tagen
litt er an einer Lungenentzündung. So unmerklich war sie
gekommen, daß zunächst niemand an eine ernstliche Erkrankung
gedacht hatte. Aber schon am ersten Tage traf
er einige Anordnungen, die uns vermuten ließen, daß er
sich auf den Heimgang rüste. Und so war es. Während er
bei einer schweren Erkrankung zwei Jahre früher, als w i r
bestimmt meinten, es gehe zu Ende, kein Wort vom Heimgehen
geredet hatte, sprach er jetzt nur noch von seinem
baldigen Abscheiden, um bei Christo zu sein. Damals war
er wieder gesund geworden, sein Tagewerk war noch nicht
vollendet; jetzt stand er am Ziel.
Ich saß viel bei ihm. Liegen konnte er nicht. Tag und
Nacht mußte er in dem Lehnstuhl zubringen, den ihm viele
Jahre vorher ein lieber gläubiger Schreinermeister und
80
treuer „Jochgenosse" mit eigenen Händen gearbeitet hatte.
Schwer ruhte der Kopf auf der Brust. Wir hatten eine
Vorrichtung angebracht, wodurch der Kopf gehalten wurde
und der ganze Körper eine Stütze hatte.
Am Tage vor seinem Heimgang — die letzten Stunden
war er bewußtlos — sprach er nur selten ein Wort.
Der sonst so rege Geist des Kranken arbeitete zwar noch
ungestört, aber viel langsamer als sonst, und das Sprechen
machte dem Kranken offenbar viel Mühe. Gegen Abend
hob er langsam den Kopf und flüsterte:
„Rudolf!"
„Ja, Vater?"
„Ich — möchte — I e s um — se h en!"
Allmählich lauter werdend waren die Worte langsam
über die Lippen gekommen.
„Ja, Vater", erwiderte ich, „noch eine kleine Weile,
und du wirst Ihn sehen, an den du geglaubt bast."
„Ja!"
Es wurde wieder still im Zimmer. Nach vielleicht
fünf Minuten hob sich der Kopf von neuem, und wieder
kam der Ruf:
„Rudolf!"
„Ja, Vater, was wünschest du?"
„Und — Ihm — gleich — sein!"
Mühsam, stoßweise nur kamen die Worte diesmal
hervor. Sie zeigten aber, wie der Geist den ersten Gedanken
festgehalten und weiter verfolgt hatte.
„Ja, Vater, auch das wird dein Teil sein, wenn
unser geliebter Herr erscheint, und wir mit Ihm, alle
Ihm gleichgestaltet. Sein Bild tragend. Du weißt ja, der
Apostel Johannes sagt: „Wir wissen, daß, wenn Er ge
— ge­
offenbart wird, wir Ihm gleich sein werden, denn wir
werden Ihn sehen, wie Er ist"."
„Ja!"
Wieder sank der Kopf auf die Brust herab, um sich
nach einer längeren Weile zum drittenmal zu heben.
„Rudolf!"
„Ja, Vater?"
„Aber — alle!"
Alle? Was meinte er? Alle Gläubigen? Das
konnte wohl nicht sein, wußte er doch zu gut, daß an jenem
herrlichen Tage keiner der Erlösten fehlen würde. Plötzlich
fuhr es mir durch den Kopf: „Er denkt an Karl!" Karl
war mein zweitältester Bruder, der im Jünglingsalter bekehrt
worden war, aber in seiner Studienzeit am Glauben
Schiffbruch gelitten hatte und nun schon seit mehr als
dreißig Jahren ein Gegenstand anhaltenden Flehens für
die Eltern und die Familie gewesen war. Ich fragte:
„Vater, denkst du an Karl?"
„Ja!"
„Sei getrost, Vater! Nicht eins deiner Kinder wird
dort fehlen. Auch Karl nicht! Er ist des Herrn, und Gott
wird die vielen Gebete erhören und ihn wieder zurechtbringen."
„Ja!"
Diesmal klang das „Ja" fast frohlockend. Wenige
Stunden später verließ der glückliche Geist die zerbrechende
Hütte, und etwa 1.4 Jahre später saß ich an dem Sterbebett
Karls, der nach langen, schweren Kämpfen den einfältigen,
kindlichen Glauben an Jesum wiedergefunden
hatte und nun, die Hand aufs Herz legend, mir sagen
konnte: „Hier — ist — alles — wieder — in Ordnung!"
82
Jur Ermunterung für manche betende Eltern sei hin-
zugefügt: Beide Eltern (die Mutter ging zwölf Jahre später
heim) haben die Erhörung ihrer vielen und heißen
Gebete nicht erlebt. Aber es kann von ihnen, wenn auch
in einem anderen Sinne als an der bekannten Stelle, gesagt
werden: Sie „sind im Glauben gestorben und haben
die Verheißung nicht empfangen", aber „sie sahensie
von ferne und begrüßten sie".
Sas Radio
Ein Leser des „Botschafter" möchte gern etwas über
die Nützlichkeit oder Schädlichkeit des Radio wissen. Da
er selbst einige Gedanken darüber äußert, die Beachtung
verdienen, möchte ich sie kurzerhand mit einigen kleinen
Erweiterungen hierher setzen.
Wie ein Wellenschlag geht das Radio durch unser
Land. Dieser Wellenschlag berührt auch die Kinder Gottes.
Ich habe mich nun in der letzten Zeit viel mit der
Frage beschäftigt: Ist es in Übereinstimmung mit dem
Worte und Willen Gottes, und dient es zur Förderung des
inneren Menschen, wenn Kinder Gottes sich mit dieser
Sache einlassen? Ist das Radio im Hause nicht eine fortwährende
Versuchung, dies und das zu hören, was das
Herz mit der Welt und ihrem Geist in Verbindung bringt?
Daß viele Menschen, besonders junge Leute, für die staunenswerte
Erfindung eingenommen sind, ist verständlich;
es sei auch zugegeben, daß sie das eine und andere Gute
bringen kann und bringen mag. Aber überwiegen die Nachteile
die Vorteile nicht bei weitem? Vor allen Dingen
für Gläubige, die doch nicht „von der Welt" sind und stets
83
auf der Hut sein müssen, sich nicht in sie und ihre Dinge
zu verlieren?
Man klagt mit Recht darüber, daß in dem geschäftigen
Hasten der gegenwärtigen Zeit so wenig Zeit bleibe
zum stillen Lesen des Wortes Gottes. Wie aber nun, wenn
man die wenigen noch bleibenden Mußestunden oder halben
Stunden am Hörapparat des Radio zubringt? Wenn gar
Kinder Gottes sich schon bald nach dem Besuch einer vielleicht
reichgesegneten Versammlung ans Radio setzen? Daß
so etwas vorgekommen ist und vorkommt, werden nicht
wenige, besonders jüngere Leser des „Botschafter" zugeben,
ich hoffe, mit innerer Beschämung. Ist nicht mancher
ernste Eindruck, den man empfangen, mancher Segen,
den man gehabt hatte, dadurch schon nach ganz kurzer
Zeit wieder verloren, unwiederbringlich verloren gegangen?
Nun, wenn wir bemüht sind, unserem äußeren Menschen
nur gesunde Speise zuzuführen, und jede schädliche
Nahrung zurückweisen, sollten wir im Blick auf den viel
wertvolleren inneren Menschen weniger besorgt sein?
Ium Schluß: Man mag für das Radio einbringen
was man will, jedenfalls bleibt das eine bestehen: eö gehört
nicht zu den Dingen, die dem Leben aus Gott nützlich
sind, die das Herz Christo näher bringen, nicht zu den
Dingen, die „erbauen", noch weniger zu denen, auf die
wir „sinnen" sollten. (Kol. 3, 2.) Wohl aber birgt es Gefahren
in sich, die unter Umständen dem „Menschen Gottes"
verhängnisvoll werden können. Und sollte es wohl
e i n Kind Gottes geben, das durch das Radio schon wirklichen
Segen empfangen hat? Es sei denn diesen, daß es zu
der Erkenntnis gekommen ist: „Das Radio ist nichts für
dich; darum Schluß damit!"
84
Das liebliche Los
Ein lieblich Los ist uns gefallen,
Ein schönes Erbteil uns beschert;
Laßt Lob und Preis dem Herrn erschallen,
Er ist es wert, daß man Ihn ehrt!
Aus Gnaden hat Er uns erwählt
Und uns zu Seinem Volk gezählt.
Er hat sich unser angenommen,
Ihn jammert' unser gar zu sehr;
Weil wir zu Ihm nicht konnten kommen,
Kam Er zu uns von oben her;
Cs war die wundervollste Lieb',
Die Ihn zu uns ins Elend trieb.
Er sah an uns nichts Ehrenwertes,
Nicht Tugend und nicht Würdigkeit,
Nein, nur Entstelltes und Verkehrtes,
Nur Sünde, Krankheit, Schmach und Leid,
Und keinen, der in solcher Not
Uns Hilfe und Erlösung bot.
Da nahm der Leiden unsers Falles
Er selbst, der Herr, sich hilfreich an,
Gab selbst sich uns und damit alles,
Was sich ein Herz nur wünschen kann,
Die Kindschaft und das Kindesteil,
Im ew'gen Leben ew'ges Heil.
O Herr, wir sind viel zu geringe
Der Güte, die Du uns getan,
Wir stehn und schauen solche Dinge
Beschämt und mit Erstaunen an.
Die Liebe, die mit Gnade krönt,
Hat ewig uns mit Gott versöhnt.
Wir hoffen nichts als lauter Gutes
Aus Deiner reichen Licbesband,
Und gehen nun getrosten Mutes
Durch dieses trübe Nebclland
Als Kinder hier, als Erben einst
Dort, wo Du uns mit Dir vereinst.
Spitta
Vstas Ist Anbetung?
Anbetung ist die Beschäftigung des Himmels und
seiner Bewohner, seien es Engel oder Erlöste, aber schon
hienieden als ein kostbares, gesegnetes Vorrecht von unö
gekannt, so oft und so weit die Gnade es uns gewährt.
Anbetung ist die ehrfurchtsvolle Erhebung Gottes, dargebracht
aus Grund dessen, was Er in sich selbst oder für
die ist, die Ihn anbeten — das dankbare Ausströmen von
Herzen, die Gott, den Vater, kennen gelernt haben
als einen Geber, die den Sohn kennen, in dem und
durch den Gottes unaussprechliche Gabe ihnen geworden
ist, und die von den lebendigen Wassern des Heiligen
Geistes getrunken und in Ihm eine Quelle lebendigen
Wassers gefunden haben, das ins ewige Leben quillt und
so zu seiner Quelle zurückfließt in kindlichem Loben und
Danken. (Vergl. Ioh. 4, 40. 44. 24.)
Mit anderen Worten: Wahre Anbetung ist die Herzensantwort
von Menschen, die erkannt und erfahren haben,
daß sie durch Gottes Willen errettet und geheiligt
sind, daß dieser Wille durch den Sohn Gottes ausgeführt
wurde, mittelst eines Opfers, daö alle ihre Sünden
hinweggetan und ihnen ein vollkommenes Gewissen
gegeben hat, während derHeilige Geist ihnen Zeugnis
gibt mit den Worten: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten
werde ich nie mehr gedenken". (Hebr.
40, 7—40. 42—47.)
Es werden im Neuen Testament zwei Wörter zur
Bezeichnung der Anbetung gebraucht. Das eine bedeutet:
86
durch Niederwerfen seine Ehrfurcht bezeugen, jemand göttliche
Ehre erweisen, und wird gewöhnlich durch „anbeten,
huldigen" übersetzt. (Vergl. Matth. 2, 2. 44; 4, 40;
Joh. 4, 20. 24; Offbg. 4, 40.) Das andere steht mehr
in Verbindung mit dem Dienst in der Stiftshütte oder
dem Tempel, kommt wiederholt in Hebr. d und 40 vor,
und ist durch „dienen" oder „Dienst" wiedergegeben.
(Vergl. auch Luk. 4, 74; 2, 37; Apstgsch. 26, 7; Phil.
3, 3; 2. Tim. 4, 3 u. a. St.) Der allgemeine Sinn der
beiden Ausdrücke ist, wie bereits gesagt: Gott Dank und
Ehre geben. Ihm dienen in der Erkenntnis dessen, was Er
ist, oder was Er für alle diejenigen ist, welche Ihm nahen.
Wir ersehen daraus, daß Anbetung nicht mit Gebet oder
Flehen verwechselt werden darf, sie steht eher im Gegensatz
dazu; denn während wir beim Gebet etwas von Gott
erbitten, bringen wir in der Anbetung Gott etwas
dar. Ohne Zweifel ist wahre Anbetung immer mit Gebet
verbunden; allein ich kann anderseits zu Gott beten, ohne
daß mein Gebet irgendwie den Charakter der Anbetung
trägt, außer in dem Sinne, daß ich Gott als das was
Er ist anerkenne und meinem Vertrauen zu Ihm Ausdruck
gebe.
Es ist auch nicht Anbetung oder, wie man es gewöhnlich
nennt, „Gottesdienst", wenn ich gehe, um die
Predigt eines Evangelisten zu hören. Der Evangelist wendet
sich mit der ihm anvertrauten Botschaft an die Welt,
an verlorene, gottentfremdete Sünder, während die Anbetung
aus Kinderherzen zu Gott emporsteigt. Die
beiden Dinge miteinander zu vermischen ist verderblich.
Es schwächt, ja, zerstört das Bewußtsein der Trennung,
die Gott zwischen der Welt und der Kirche ge-
87
machr hat. Ebensowenig ist es Anbetung, wenn ich micb
mit anderen Gläubigen versammle, um das Wort Gottes
zu betrachten, obwohl eine solche Betrachtung, geradeso wie
die Predigt des Evangeliums, Anbetung Hervorrufen mag.
Der Dienst, der bei diesen beiden Arten von Zusammenkünften
ausgeübt wird, fließt von Gott herab, den Hörenden
zu, während Anbetung gerade umgekehrt von den
Versammelten zu Gott emporsteigt.
Ich sage: von den Versammelten, denn wenn
auch ein einzelner Gläubiger Gott dienen und Ihn anbeten
kann, bedingt eine wahre Anbetung doch eigentlich das Zusammensein
einer größeren oder kleineren Anzahl von Personen;
denn gerade die Offenbarung des Vaters in dem
Sohne, der am Kreuze starb, um die zerstreuten Kinder
Gottes in eins zu versammeln, und die Wirksamkeit des
Heiligen Geistes, der die Gläubigen alle zu einem Leibe
getauft hat, bilden die Grundlage der Anbetung. Der Vater
sucht heute solche, die Ihn in Geist und Wahrheit anbeten,
d. h. die das tun in der Kraft und unter der Leitung
des Heiligen Geistes, der in ihnen persönlich und als
Gesamtheit wohnt, sowie in der Erkenntnis dessen, was
Gott, als geoffenbart in Christo Jesu, für diejenigen ist,
die Ihm so Anbetung darbringen. Wohl standen auch schon
die Israeliten in einem besonderen Verhältnis zu Gott,
sie beteten Ihn an, ja, Er selbst wohnte in ihrer Mitte;
aber die Umstände, welche den jüdischen Gottesdienst kennzeichneten,
beweisen klar, daß die Israeliten nicht imstande
waren Gott zu nahen. Gott wohnte im Dunkel. Der Weg
ins Heiligtum war noch nicht geoffenbart, Gnade und
Wahrheit waren noch nicht in Christo geworden, der Vorhang
noch nicht zerrissen.
88
Wir sagten uns schon, daß Anbetung im eigentlichen
Sinne eine gemeinsame Handlung ist. Ja, wir können hinzufügen:
Gemeinschaft gehört unmittelbar zu dem
Wesen der Anbetung, weil die Segnung, in welche die Anbeter
eingeführt sind, gemeinsam ist: die Freude, die man
an der Segnung der anderen hat, bildet einen Teil der eigenen
Freude. Mein Herz antwortet auf die Gnade, die
nicht nur mir, sondern auch meinen Mitgläubigen zuteil geworden
ist. Die Liebe, welche die Quelle und Triebfeder
von allem ist, wäre ohne das nicht befriedigt. Es
ist ein gemeinsames Teil, das wir in der Offenbarung
Gottes besitzen, das die Herzen miteinander verbindet
und nach oben lenkt, wo wir das Haupt der himmlischen
Familie erblicken, Ihn, der selbst gesagt hat: „Ich will
deinen Namen kundtun meinen Brüdern; inmitten
der Versammlung will ich dir lob sing en".
(Hebr. 2, 1,2.)
Leider ist der Begriff einer wahren Anbetung, eines
wahren Gottesdienstes, in der Christenheit nahezu verloren
gegangen. Die Welt wird eingeladen, Gott anzubeten.
Christen treten im Verein mit Unbekehrten, mit der Welt,
vor Gott hin, um Ihm zu dienen, und nicht selten wird
bei derselben Zusammenkunft den Unbekehrten daö
Evangelium gepredigt. Während das Wort Gottes diese
beiden Dinge scharf voneinander scheidet, hat der Mensch
alles miteinander vermengt; es ist Satan gelungen, selbst
die Herzen vieler Kinder Gottes im Blick auf diesen Punkt
so zu verblenden, daß sie diese Vermengung sogar als gut
und Gott wohlgefällig verteidigen. Ach! wenn sie dem
Worte Gottes unterworfen wären und sich in einfältigem
Gehorsam unter dasselbe beugten, so würden sie bald er
89
kennen, wie sehr ein solches Tun zur Verunehrung des
Herrn gereicht. Es steht geschrieben: „Das Opfer der Gesetzlosen
ist ein Greuel". (Spr. 21, 27; vergl. auch Jes.
1, 10—15; Ps. 50, 14—21.) Wie ganz anders sind die
Beispiele von wahrer Anbetung, die uns das Wort Gottes
gibt! Laßt unS einige derselben in Kürze betrachten, und
der Heilige Geist wolle sie mit Macht auf unsere Herzen
und Gewissen anwenden!
Werfen wir zunächst einen Blick auf 5. Mose 2b.
Wir hören dort, daß die Israeliten angewiesen werden,
nachdem sie in das verheißene Land gekommen seien, die
Erstlingsfrüchte jenes Landes an den Ort zu bringen, den
Jehova erwählen würde, Seinen Namen daselbst wohnen
zu lassen, und sie an diesem Orte Jehova darzubringen.
Der Israelit mußte zu dem Priester gehen, den Korb
mit den Früchten vor dem Altar Jehovas niedersetzen lassen
und dann bekennen, daß er in das Land gekommen sei, das
der Herr seinen Vätern verheißen habe. Wie schön und
bezeichnend ist das! Er kam als ein Mann, der sich bereits
in dem Lande der Verheißung befand, der dies wußte
und bekannte; als solcher brachte er Jehova seinen Korb
mit den Erstlingsfrüchten dar. Dann, nachdem der Korb
vor Jehova niedergesetzt war, mußte er sagen: „Ein umherirrender
Aramäer war mein Vater, und er zog nach
Ägypten hinab und hielt sich daselbst auf als ein geringes
Häuflein; und er wurde daselbst zu einer großen, starken
und zahlreichen Nation. Und die Ägypter mißhandelten
uns und bedrückten uns und legten uns einen harten Dienst
auf. Da schrieen wir zu Jehova, dem Gott unserer Väter;
und Jehova hörte unsere Stimme und sah unser Elend
und unsere Mühsal und unseren Druck. Und Jehova führte
yo
uns aus Ägypten heraus mit starker Hand und mit aus-
gestrecktem Arm und mit großem Schrecken, und mit Zeichen
und mit Wundern; und Er brachte uns an diesen Ort
und gab uns dieses Land, ein Land, das von Milch undHonig
fließt. Und nun siche, ich habe die Erstlinge der Frucht
des Landes gebracht, das du, Jehova, mir gegeben hast. —
Und du sollst sie vor Jehova, deinem Gott, niederlegen und
anbeten vor Jehova, deinem Gott; und du sollst dich freuen
all des Guten, das Jehova, dein Gott, dir und deinem
Hause gegeben hat." (V. 5—tt.)
Sieh, mein Leser, in dieser Verordnung ein liebliches
Bild wahrer Anbetung. Der Israelit kam in der vollen,
unumstößlichen Gewißheit seiner Errettung aus der Hand
aller seiner Feinde, in der völligen Gewißheit, daß er sich
mit allen seinen Volksgenossen bereits in Kanaan befand,
in einem Lande, das von Milch und Honig floß. Er kam mit
den Erstlingsfrüchten dieses gesegneten Landes in seinem
Korbe, und mit dem Bekenntnis auf den Lippen: Ich war
einst elend und arm, aber du, o Gott, hast nach deiner
großen Gnade und Barmherzigkeit mich unendlich reich
und glücklich ge-iuacht. Ja, er kam als ein Erretteter, als
ein Befreiter, als ein reich gesegneter Bürger Kanaans,
und betete an vor Jehova, seinem Gott. Er pries die
Gnade und Güte Gottes und freute sich vor dem Angesicht
des Herrn all des Guten, das Jehova ihm gegeben hatte.
Das ist Anbetung. Und nun möchte ich fragen: Hat
sich dieselbe im Laufe der Jahrhunderte verändert? Dem
Charakter nach wohl, ihrem Grundsatz nach nicht. An die
Stelle der jüdischen ist die ch ri st l i ch e Anbetung getreten.
Alles, was der Israelit besaß, war irdisch, alles, was der
Christ besitzt, ist himmlisch. Auch der Ort der Anbetung ist
91
jetzt nicht ein irdisches Heiligtum, sondern das Heiligtum
droben. Der christliche Anbeter ist in Christo in das himmlische
Kanaan versetzt und gesegnet mit jeder geistlichen
Segnung in den himmlischen Ortern. Er ist aus der Macht
Satans befreit, von der Sklaverei der Sünde erlöst, er ist
errettet, gereinigt, gerechtfertigt und geheiligt. Und als solcher
bringt er dem Herrn die kostbaren Früchte des Lobes
und der Anbetung dar, die aus einem Herzen hervorquellen,
das mit Christo erfüllt ist. Auf Grund der Gnade,
die ihm widerfahren ist, und in dem bewußten und gekannten
Besitz all seiner herrlichen Segnungen tritt er in die
Gegenwart Gottes und gibt dem Herrn gleichsam daö zurück,
was er von Ihm empfangen hat, während sein Herz
zu gleicher Zeit mit tiefer, überströmender Freude all daö
Gute genießt, das Gott über ihn ausgeschüttet hat. Der
Christ kennt Gott nicht nur als den „Allmächtigen", wie
Abraham, oder als „Jehova", wie Israel, sondern als den
„G o t t und Bater unseres Herrn Jesus Christus". So
hört er Ihn immer wieder von den Aposteln und Propheten
des Neuen Testamentes frohlockend nennen.
Einem schönen Beispiel von Anbetung begegnen wir
auch in Matth. 2, 1—11. Nachdem die aus weiter Ferne
gekommenen Weisen den Christus gefunden haben, den
sie suchten, und zwar in einer Krippe liegend in dem Stall
zu Bethlehem, weit entfernt von dem religiösen Mittelpunkt
jüdischer Anbetung in Jerusalem, fallen sie nieder
und beten Ihn an, indem sie ihre besten Schätze, Gold,
Weihrauch und Myrrhen, Ihm als Gaben darbringen.
Fanden wir in den beiden betrachteten Fällen kostbare
Beispiele von dem, was Anbetung überhaupt ist, so
laßt uns jetzt einen Blick auf Offenbarung 4 und 5 wer
Y2
fen. In diesen beiden Kapiteln sehen wir, welcher Art die
Anbetung der Erlösten im Himmel sein wird; und wahrlich,
wir sollten diese Szenen mit tiefer Aufmerksamkeit betrachten
und jetzt schon, in unserem geringen Maße, eine
ähnliche Anbetung darzubringen bemüht sein. In Offbg.
4, 11 handelt es sich um die Anbetung des Schöpfers:
„Du bist würdig, o unser Herr und unser Gott, zu nehmen
die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht; denn du
hast alle Dinge erschaffen, und deines Willens wegen waren
sie und sind sie erschaffen worden". In diesen Worten
findet sich keine Spur von Gebet und Flehen. Es ist ausschließlich
Preis und Dank für das, was Gott ist und was
Er getan hat. Im 5. Kapitel folgt dann die Anbetung um
der Erlösung willen. Die vierundzwanzig Ältesten, das
Bild der Erlösten, fallen nieder vor dem Lamme und
singen ein neues Lied, das also lautet: „Du bist würdig,
daö Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du
bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch
dein Blut, aus jedem Stamm und Sprache und Volk
und Nation, und hast sie unserem Gott zu Königen und
Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen!"
(V. 9. 40.) Und wenn dann schließlich alles, was
im Himmel und auf Erden und unter der Erde und auf
dem Meere ist, „Dem, der auf dem Throne sitzt, und dem
Lamme" Herrlichkeit und Ehre geben, lesen wir: „Und
die vier lebendigen Wesen sprachen: Amen! Und die Ältesten
fielenniederundbetetena n." (V. 43.14.)
Unwillkürlich lenken diese wunderbaren Dinge unsere
Aufmerksamkeit auf unser Zusammenkommen am Tage
des Herrn, an Seinem Tische. So oft wir da versammelt
sind mit glücklichen, dankbaren Herzen, empfangen wir
yz
einen Vorgeschmack von dem, was wir dereinst in der Herrlichkeit
vollkommen genießen werden. Abgesondert von der
Welt, geschart um das geschlachtete Lamm, das uns durch
Sein Blut für Gott erkauft hat, Glieder eines Leibes,
durch einen Geist auf ewig miteinander verbunden, mit
dem Haupte des Leibes selbst in unserer Mitte, vor
dem Angesicht des Vaters versammelt, die Zeichen des
Todes unseres Herrn und Heilandes vor unseren Blicken,
an Ihn gedenkend und Seinen Tod verkündigend — wer
könnte den Wert, die Lieblichkeit und zugleich den Ernst
eines solchen Zusammenseins gebührend beschreiben? Mit
Recht ist deshalb auch der Tisch des Herrn immer wieder
als der Mittelpunkt aller christlichen Anbetung auf
Erden bezeichnet worden, und groß, überschwänglich groß
war die Freude, als es Gott vor ungefähr hundert Jahren
gefiel, die Augen und Herzen einiger der Seinigen auf
diese Wahrheit, die so viele Jahrhunderte vergessen war,
wieder hinzulenken, und damit naturgemäß auch auf Seine
Gedanken und Ratschlüsse über Christum und die Versammlung
(Gemeinde). Kostbare Anbetungslieder zu Ehren
des Vaters und des Sohnes entquollen unter der Wirkung
des Geistes den glücklichen Herzen, Lieder, wie man
sie in den Zeiten der Reformation, so herrlich und gesegnet
diese auch waren, nicht gekannt hatte. Sie antworteten auf
jene Liebe, die Anbeter sucht, und die das tut unter dem
lieblichen Vater namen. Sie entsprachen dem Herzen des
Sohnes, der als „der Erstgeborene unter vielen Brüdern"
in der Mitte der Versammlung dem Vater lobsingen will,
und sie ließen das Wirken des Geistes der Sohnschaft erkennen,
den Gott in unsere Herzen gesandt hat, und der in
uns ruft: „Abba! Vater!" Wie kostbar ist dabei der Ge
— 94 —
danke, daß auch der jüngste Gläubige und schwächste Christ
fähig gemacht ist, den Vater anzubeten! „Ich schreibe
euch", sagt der Apostel Johannes zu den Kindlein in
Christo, „weil ihr den Vater erkannt hab t".
(4. Joh. 2, bZ.)
Freilich sind es infolge des allgemeinen Verfalls der
Christenheit immer nur kleinere oder größere Häuflein, die
sich so im Namen Jesu zusammenfinden, manchmal vielleicht
nur „zwei oder drei". Aber sie dürfen es tun im
Bewußtsein der unwandelbaren Treue und unveränderlichen
Wahrheit Gottes, indem sie im Glauben und nach
Gottes Gedanken „alle Heiligen" umfassen, mögen diese
auch in all den verschiedenen christlichen Kirchen und Gemeinschaften
zerstreut sein, vielleicht gar sie verurteilen.
Im Vergleich mit dem, was einmal im Himmel geschehen
wird, oder was selbst „im Anfang" gesehen wurde, ist
alles ja überaus schwach und arm. Aber wenn wir wirklich
zu dem Namen Jesu hin versammelt sind, ist Er, der
den Mittelpunkt und das einigende Band aller Glieder bildet,
in unserer Mitte (Matth. 48, 20), und wir betrachten
uns, so klein die Zahl auch sein mag, in Liebe verbunden
mit all den übrigen Gliedern des einen Leibes. „Da
ist ein Leib und e i n Geist." (Eph. 4, 4.)
Aber, möchte eingewandt werden, wird auf diese
Weise das Opfer unseres hochgelobten Herrn nicht ein wenig
in den Hintergrund gedrängt? Wie wäre das möglich?
Es bildet ja die G r u n d l a g e, den A u ö g a n g sp u nk 1
aller Anbetung! Wie könnten wir in Frieden Gott nahen
und anbeten, wie unsere Ldb- und Dankeslieder singen,
ohne an Ihn zu denken, der uns geliebt und sich selbst für
unö hingegeben hat? An Ihn, der in Seinem Tode Gott
95
verherrlichte i»r Blick auf die Sünde, und der nun droben
verherrlicht zur Rechten des Vaters thront, und dessen
Tod wir verkündigen, bis Er kommt?
Doch noch einö: Wenn der Apostel in t. Kor. tv
von dem Tische des Herrn redet, erinnert er an die im
Alten Bunde dargebrachten Friedens- oder Dankopfer.
(V. t8.) Zn Verbindung mit dem Passah ist das Friedenö-
opfer eines der lieblichsten Bilder von dem wahren Charakter
des Tisches des Herrn. Zeigt uns das Passah das
Lamm, dessen Blut Israel vor dem Gericht sicherstellte,
und von dem das Volk in Frieden sich nährte, so erblicken
wir in dem Friedensopfer ein Fest, das der Darbringung
des Opfers folgte. Gott, der opfernde Priester, die priesterliche
Familie, der Opfernde und die mit ihm waren —
alle hatten ihr Teil daran. Das auf dem Altar geräucherte
Fett hieß „die Speise (oder das Brot) Gottes". Es erinnert
uns an die tiefe Befriedigung, die Gott in dem
lieblichen Wohlgeruch des Werkes Christi findet. Der
Priester, der das Fett räucherte und das Blut sprengte, bekam
den rechten Schenkel des Opfertieres, die übrigen
Priester die Brust. Der Rest des Opfers wurde dann von
dem Opfernden und denen, die mit ihm waren, verzehrt.
Der handelnde Priester ein Bild von Christo, der an der
Freude der Seinigen teilnimmt, die priesterliche Familie
ein Bild von der Versammlung im allgemeinen, und der
Opfernde mit seinen Gästen ein Bild von den jeweilig versammelten
Gläubigen. So hatten alle ihr Teil, und zwar
alle an demselben Opfer.
Welch ein liebliches Gemälde von der gemeinsamen
Freude, wenn wir, mit Jesu in der Mitte, vor dem Angesicht
Gottes versammelt sind, um unseres hochgelobten
Y6
Herrn anbetend zu gedenken und uns von Ihm zu nähren!
Wie sollten die Gläubigen alle ein solches Zusammensein
schätzen! Aber ach! wie wenig gottesdienstliche Zusammenkünfte
in dem weiten Bereich der Christenheit entsprechen
diesem Gemälde! Wie völlig hat man vergessen, was wahre
Anbetung ist! Wie klein ist die Zahl derer, die ein Auge
und ein Ohr für diese Dinge haben! Wie wird der Name
Gottes verunehrt durch die sogenannten „Gottesdienste",
bei denen der Mensch einen höheren Platz einnimmt als
Gott!
Mein Leser! verstehst du, was wahre Anbetung bedeutet?
Und bringst du sie Gott dar in Gemeinschaft mit
anderen Gläubigen? Kennst du deinen Platz als ein Glied
am Leibe Christi? Und wenn du ihn kennst, nimmst du
ihn ein in Treue und Einfalt des Herzens, dankbar dafür,
eines solchen Vorrechts gewürdigt zu sein? Bringst du
Gott, deinem Vater, und Jesu Christo, deinem Herrn, die
Opfer des Lobes dar, die sich für dich geziemen, sowohl in
deinem Kämmerlein daheim, als auch in Gemeinschaft mit
den Gläubigen am Tische des Herrn? Man kann diese
kostbaren Dinge verstanden haben und doch durch persönliche
Untreue sich des Genusses derselben verlustig machen.
Es gibt auch eine Gefahr, das empfangene Licht wieder
zu verlieren. Der Feind der Seelen ist heute, wie im Anfang,
eifrig bemüht, durch trügerische Überlegungen die
erkannte Wahrheit in den Herzen wieder zu verdunkeln und
sie schließlich dem einen und anderen wieder zu rauben.
Mehr als je wehen die „Winde der Lehre", vor denen man
auf der Hut sein muß, um nicht von ihnen „hin und her
geworfen und umhergetrieben zu werden". Darum „halte
fest, was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme!"
97
Ja, Gott schenke uns allen Gnade, „die Wahrheit festzuhalten
in Liebe", bis „die kleine Herde" diesen Schauplatz
verlassen und dahin versetzt werden wird, wo es keine Gefahr
und keine Feinde mehr gibt! Der Herr ist nahe!
(Vergl. Eph. 4, 44. 75; Offbg. Z, 71.)
Er, der Kommende, ist allen Gläubigen geworden
zur Weisheit von Gott, zur Gerechtigkeit und Heiligkeit
und Erlösung. Er ist das Maß ihrer Absonderung für Gott,
sowohl hinsichtlich ihrer Stellung als auch ihres Zeugnisses.
Wie Er abgesondert ist für Gott, so sind auch wir geheiligt
durch das ein für allemal geschehene Opfer Seines Leibes;
wir haben Freimütigkeit, in das Allerheiligste einzutreten
durch Sein Blut. Wir sind, wie bereits gesagt, in Ihm
schon mitversetzt in die himmlischen Orter. Laßt uns deshalb
gemeinschaftlich unserem Herrn die Früchte dieses
Landes, in welchem unsere Herzen allezeit weilen dürfen,
als unsere Opfergabe darbringen. Laßt uns den Herrn
Jesus als den einzigen Mittelpunkt unserer Anbetung anerkennen,
so wie es einst alle Erlösten im Himmel tun werden.
Ja, laßt uns treu bewahren, was Gottes Güte uns
in diesen letzten Tagen wieder geschenkt hat, und allezeit
„hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewißheit
des Glaubens", und das „auf dem neuen und lebendigen
Wege, welchen Er uns eingeweiht hat durch den Vorhang
hin, das ist Sein Fleisch", und so „durch Ihn Gott
stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der
Lippen, die Seinen Namen bekennen"! (Hebr. 10, 19
bis 22; 13, 15.)
Y8
Vas Bauen der Mauer und der Tore
lNehemia 3>
Es gibt Kapitel in der Bibel, die wenig gelesen werden.
Sie kommen dem Leser fast überflüssig vor. Zu ihnen
gehören z. B. die ersten neun Kapitel des ersten Buches
der Chronica, die fast nur Namenverzeichnisse enthalten.
Mit Nehemia Z ist es ähnlich. Der natürliche Mensch,
vor allem der Gebildete oder gar Gelehrte dieses Zeitkaufs,
möchte finden, der Schreiber von Nehemia 3 hätte kurz
sagen können: „Die Juden richteten mit vereinten Kräften
die Mauern und Tore Jerusalems wieder auf". Doch
dem natürlichen Menschen fehlt das Verständnis in geistlichen
Dingen, er „nimmt nicht an was des Geistes Gottes
ist", (1. Kor. 2, 1,4.) Der Glaubende dagegen, der
die ganze Schrift als Gottes Wort empfängt, von Gott
eingegeben, tritt von vornherein an das Wort heran mit
der Überzeugung, daß nichts darin von ungefähr,
nichts bedeutungslos ist. Er weiß, wenn Gott die Namen
derer nennt, die an dem Werke teilnahmen, daß eö
dann auch Seine bestimmte Absicht war, ihm diese Namen
zu überliefern. Ob er das „Warum" ergründen oder
nicht ergründen kann, ist zunächst für ihn unwichtig. Er
forscht danach und ist dankbar, wenn er weitere Unterweisung
empfängt, aber er betrachtet das Wort als eine
Autorität, vor der er sich zu beugen hat.
Wenn wir in diesem Geiste der Unterwürfigkeit und
Demut Nehemia 3 betrachten und in seine Einzelheiten eingehen,
so werden wir überrascht sein von der Fülle köstlicher
Belehrungen, die dieses Kapitel enthält. Wir wer
yy
den auch ein wenig davon verstehen, warum es uns geschenkt
worden ist, und von neuem merken: „A l l e Schrift
ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre usw."
Bon der Rückkehr des jüdischen Überrestes aus Babylon,
von der Wiederaufrichtung des Altars und dem
Bau des Tempels berichtet das Buch Esra. Der Zweck des
Werkes in Neh. 3 war, die Mauer wiederherzustcllen
und die Tore wieder aufzurichten, um so die heilige Stadt
von den Unbeschnittenen und ihren Verunreinigungen zu
trennen und allem Unreinen den Eintritt in die Stadt zu
verwehren. Es ist wichtig, dies zunächst klar zu erfassen.
Betrachten wir dann die Einzelheiten näher, so fällt
uns zunächst auf, daß alle, ohne Unterschied, bei diesem
Werke tätig waren. Es ging alle an. Alle, Priester,
Vorsteher, Kaufleute und Handwerker, hatten ein Interesse
daran. Die Priester sagten nicht: „Diese Arbeit ist
unter unserer Würde; sie paßt für das gemeine Volk,
aber wir sind zu heilig, um dabei Hand mit anzulegen".
Die anderen fanden umgekehrt nicht, daß daö Werk allein
Sache der Priester, der Leviten und Vorsteher sei, indem
sie überlegten: „Wir haben unsere Geschäfte und müssen
unseren Unterhalt verdienen; wir können keine Zeit darauf
verwenden". Nein, sie waren alle „in demselben Sinn
und in derselben Meinung fest zusammengefügt", zwischen
ihnen herrschte volle Übereinstimmung. Alle wußten:
die Trennung war notwendig. Alle hatten sich von
den Nationen abzusondern, sich gegen sie durch Mauer
und sichere Tore zu verwahren. Nicht alle beteiligten sich
in der gleichen Weise an der Arbeit, aber alle arbeiteten
an dein gemeinsamen Werk; selbst Frauen, wie die Töchter
des Schallum. (V. 12.) Geradeso richtet sich heute
— Ivo —
die Aufforderung zur Absonderung an alle Christen ohne
Ausnahme: „Sondert euch ab, spricht der Herr, und rühret
Unreines nicht an,...und ihr werdet mir zu Söhnen
und Töchtern sein". (2. Kor. 6, 17. 18.)
Aber obgleich alle arbeiteten, sehen wir doch Unterschiede
im Werk und in der Anerkennung Gottes. An der
Spitze des Verzeichnisses steht Eljaschib, der Hohepriester,
mit seinen Brüdern, den Priestern. Es ist gewiß nicht
ohne Ursache, wenn er zuerst genannt wird. Gott erkennt
die Stellungen an, in welche Er die einzelnen gesetzt hat,
und wir werden ermahnt, sie zu ehren. (1. Petr. 2, 17.)
Aber Gott richtet auch ohne Ansehen der Person nach eines
jeden Werk. (1. Petr. 1, 17.)
Eljaschib und seine Brüder machten sich auf und bauten
das Schaftor; sie arbeiteten bis an den Turm Mea
und bis an den Turm Hananel und heiligten ihr Werk.
Das alles war gut und zeugte von gutem Willen und
von Arbeitslust. Doch dürfen wir hier eine kleine Einzelheit
nicht übersehen, da sie geeignet erscheint, uns den
wahren Wert dieser Arbeit zu zeigen. Das Tor ist gebaut,
seine Flügel sind eingesetzt, aber der Verschluß fehlt! Von
S ch l ö s s er n u n d R ieg eln, wie die Söhne Senaas sie
an das Fischtor (V. 3), Jojada und Meschullam an das alte
Tor (V. b), und noch andere an weitere Tore setzten
(V. 13. 14. 15), hören wir hier nichts. Was nützt aber
ein Tor, auch wenn es geheiligt ist, ohne Verschluß ? Es
ist letzten Endes nur ein Scheinwerk. Mögen auch die
Pfosten und Flügel fest und dauerhaft sein, die Möglichkeit
zum Eintritt in die Stadt ist jederzeit gegeben. E i n
Druck, e i n Stoß genügt, um die Flügel so weit zu öffnen,
daß ein Mensch durch sie hineingelangen kann.
— ror —
Doch warum handelte Eljaschib so? Nehemias weitere
Mitteilungen können uns die Sache erklären. Eljaschib
hatte Verbindungen mit Tobija, dem Ammoniter, und mit
Sanballat, dem Horoniter, die beide Feinde des Volkes
Gottes waren. Wie Nehemia uns erzählt, hatte eö sie
„gar sehr verdrossen, daß ein Mensch gekommen war, um
das Wohl der Kinder Israel zu suchen". (Vergl. Kap. 1.Z, 4.
28; 2, 40.) Sollte Eljaschib seinen Verwandten daö Tor
völlig verschließen? So war denn, trotz des schönen Äußeren,
das Werk unvollkommen und verriet was im Her­
zen war.
Brüder, achten wir wohl auf diese Belehrung! Jemand
mag einen hervorragenden Platz in der Versammlung
einnehmen, mag allgemein geachtet sein und erhabene
Lehren lehren, aber das alles ist noch kein Beweis dafür,
daß es in seiner Arbeit nichts gibt, was Gott nicht tadeln
muß, oder daß wir seinem Beispiel in jeder Beziehung
folgen müßten. Prüfen wir, ob er auch einen guten Verschluß
am Tore angebracht, ob er nicht ein Türchen aufgelassen
hat für falsche Lehrer und verderbliche Lehren.
Vielleicht hat er es sich angelegen sein lassen, die Mauer
der Absonderung aufzurichten; er mag selbst mit Kraft
und Beredsamkeit über die Notwendigkeit des Getrenntseins
von der Welt und den religiösen Systemen reden;
aber das genügt noch nicht. Bietet er die Hand zu irgend
etwas in Wandel oder Lehre, was den Herrn vcrunehrt?
Liebe Brüder, solche „Weitherzigkeit" kann Gott nicht gutheißen.
Laßt uns Eljaschib und seinen Brüdern nicht nachahmen,
sondern folgen wir dem Beispiel derer, welche
Sorge trugen, ihre Tore mit festen Verschlüssen, mit Riegeln
und Schlössern zu versehen! Möchten wir gewurzelt
— ro2 —
sein und auscrbaut werden in Christo, indem wir fesi-
stehen und die Überlieferungen halten, die wir gelehrt worden
sind! (Kol. 2, 6. 7; 2. Thess. 2, 75.) Mit einem
Wort, laßt uns vor allem, was nicht von Gott ist, das
Tor verschließen!
Interessant ist es auch, zu sehen, in welchem Geiste
daö Werk getrieben wurde. Baruk besserte mit einem Eifer
aus, den zu kennzeichnen dem Heiligen Geist gefallen hat.
(V. 20.) Sein ganzes Herz war bei der Arbeit. Nichts war
ihm zu viel, um die Mauer errichten zu helfen. Es geschah
ja zur Ehre Gottes und zum Wohle des Volkes. Wie Baruk,
so war Epaphraü, der „allezeit rang" für die Heiligen
in den Gebeten, der „viel für sie arbeitete", auf daß
sie daständen „vollkommen und völlig überzeugt in allem
Willen Gottes". (Kol. 4, 72. 73.) Wollen wir nicht auch
der Ermahnung des Apostels folgen: „im Fleiß nicht säumig,
inbrünstig im Geist, dem Herrn dienend"?
Von Baruk, der mit Herzensfreude „eifrig" am
Werke des Herrn arbeitete, heben sich in betrübender Weise
die Vornehmen unter den Tekoitern ab, die „ihren Nacken
nicht beugten unter den Dienst ihres Herrn". (V. 5.) Was
mag wohl der Grund für dieses Verhalten gewesen sein?
War es Hang zur Bequemlichkeit, oder gar Hochmut, der
es sie als unter ihrer Würde betrachten ließ, sich mit einem
solchen Werke einszumachen? Als wenn es jemals erniedrigend
sein könnte, wenn wir für „unseren Herrn" arbeiten,
welcher Art auch das Werk sein mag, das Er
uns zu tun gibt! Kann es etwas Ehrenvolleres für uns
geben, als Ihm zu dienen? Darum, was auch unsere äußere
Stellung in der Welt sein mag, scheuen wir uns
nicht, uns einszumachen mit denen, welche die Mauer der
— 703 —
Absonderung zwischen der Welt und sich aufzurichten begehren.
Mose wählte lieber, mit dem Volke Gottes Ungemach
zu leiden, als die zeitliche Ergötzung der Sünde
zu haben. Er hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum
als die Schätze Ägyptens. (Hebr. 77, 25. 26.) Wie
schön ist auch das Verhalten der übrigen Tekoiter! Anstatt
dem Beispiel ihrer Führer zu folgen, treibt sie ihr
Eifer, nicht nur an der Seite Zadoks auszubessern (V. 5),
sondern auch noch „eine andere Strecke, dem großen vorspringenden
Turm gegenüber". (V. 27.) Sie verwirklichten
so das Wort: „Laßt uns aber im Gutestun nicht
müde werden, denn zu seiner Zeit werden wir ernten,
wenn wir nicht ermatten". (Gal. 6, 9.)
Nicht alle Obersten machten es so wie die Vornehmen
unter den Tekoitern; es werden im Gegenteil viele erwähnt,
die tätigen Anteil an dem Werke nahmen. (Veral.
die Verse 9. 72. 74. 75 usw.) Es ist ja auch heute noch
so, wie der Apostel sagt: „Nicht viele Weise nach dem
Fleische, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle" (7. Kor.
7, 26), aber doch gibt es, gepriesen sei Gott, wie damals
„vortreffliche Theophile" (Luk. 7, 3), „vornehme Weiber
und Männer" (Apstgsch. 77, 72), die glücklich sind,
mithelfen zu dürfen am Werke des Herrn, an: Ausrichten
der Mauer der Absonderung.
Auch die Menge und die Natur der Arbeit findet Erwähnung.
Während die einen einfach die Mauer ausbessern,
stellen andere die Tore wieder her und versehen sie
mit festen Verschlüssen, Klammern und Riegeln. Einige,
wie Malkija und Haschub, bessern mit der Mauer auch
den „Ofenturm" aus, eines der Verteidigungswerke der
Stadt. Hanun baut nicht nur „das Taltor", sondern, noch
— 404 —
„tausend Ellen an der Mauer" usw. So gefällt eö Gott,
das anzuerkennen, was fürIhn getan wird. Sein Auge
ruht auf jedem Seiner Arbeiter. Wie ermutigt uns das!
Unsere Arbeit ist nicht vergeblich in dem Herrn. Wenn auch
nicht alle dieselbe Menge der Arbeit leisten, so rechnet
Gott doch einem jeden das, was er vollführt hat, hoch an.
Er sieht das Herz an. Gewiß ist die Kraft verschieden, die
Fähigkeit ungleich. Zeit und Gelegenheit bieten sich dem
einen nicht so dar wie dem anderen. Einer hat fünf Talente,
der andere nur zwei. Aber der Herr erwartet, daß
wir sie in Treue für Ihn verwenden. So machte Dorkas
Röcke für die Armen, Lydia nahm die Apostel auf, Phöbe
war eine Dienerin der Versammlung und war vielen ein
Beistand gewesen, auch dem Apostel (Röm. 46, 2), und
Rhode, die Magd der Maria (Apstgsch. 42, 42. 43), erfüllte
fleißig das, was ihrer bescheidenen Stellung zukam.
Manche haben „im Herrn" gearbeitet, andere haben „viel
im Herrn" gearbeitet. Aber jeder hat, nach seinen Fähigkeiten,
demselben Herrn gedient, und mag der Dienst noch
so gering sein, der Her r erkennt ihn an und belohnt ihn.
Von mehreren wird in unserem Kapitel gesagt,
daß sie „ihrem Hause gegenüber" ausbesserten. (V. 40.
23. 2d. 30.) War es Zufall oder gar das Ergebnis einer
selbstsüchtigen Regung? Wollen und dürfen wir nicht lieber
annehmen, daß ihrem Tun ein höherer Beweggrund zu
Grunde lag? Jedenfalls ist auch dies zu unserer Belehrung
geschrieben. Jene Juden, die „ihrem Hause gegenüber"
ausbesserten, hatten gewiß, bei allem Arbeiten am gemeinsamen
Werk, das Herz in besonderer Weise bei der Arbeit.
Hatten sie doch dabei ihre und ihrer Familien Wohnung vor
Augen, und um diese ganz besonders gut zu verwahren,
— ros —
ließen sie es an keiner Sorgfalt fehlen, die Mauer stark zu
machen. Sicher verwendeten sie gute und haltbare Steine
und dauerhaften Mörtel. Es war ja die Mauer ihrem
Hause gegenüber!
Teure Geschwister! haben wir nicht auch Häuser und
Familien? Wir errichten gemeinsam die Mauer der Absonderung
zwischen uns und der Welt; aber haben wir sie
auch unseren Häusern gegenüber errichtet? — Manche unter
uns, die sich persönlich fernhalten von der Welt und von
dem, was in der Welt ist, wenden in dieser Beziehung
nicht dieselbe Sorgfalt an für ihre Häuser, sondern lassen
ihre Kinder sich vermischen mit dem, wovon sie selber sich
trennten. Mose wollte nicht, daß die Kinder der Israeliten
in Ägypten wohnten. Er sagt zu dem Pharao: „M i t u n -
serenSöhnen und mit unseren Töchtern wollen
wir ziehen". (2. Mose to, d.) Und Josua sagte, als
er Israel die Wahl zwischen den falschen Göttern und dem
Herrn vorlegte: „Ich aber und meinHaus, wir wollen
Jehova dienen!" (Jos. 24, 45.) So errichtete er fest und
entschieden die Mauer der Absonderung vor seinem
H ause. Jakob hatte das unterlassen; die falschen Götter
waren mit Rahel in seiner Familie geblieben. Seine Tochter
Dina geht aus zu den Töchtern der Kanaaniter — wir kennen
die traurige Folge davon — und seine Söhne geben
sich den schändlichsten Zügellosigkeiten hin. O vergessen
wir unsere Häuser nicht! Versäumen wir es nicht, die
Mauer fest und dauerhaft zu machen, die sie gegen die
überall sich breit machenden, verderblichen Einflüsse der
Welt und gegen die steigende Flut des Unglaubens schützt!
Sichern wir die Tore mit Schlössern und Riegeln gegen
alles, was verführt und verdirbt!
— 106 —
Die Mauer wurde vollendet. Vom Schaftor an, das
durch den Hohenpriester und seine Brüder gebaut worden
war, wird das Werk vollführt und durch die Arbeit der
Goldschmiede und Krämer beendigt. Welch ein schöner Anblick
muß es gewesen sein, dieses ganze Volk freudig und
von Herzen für den Herrn arbeiten zu sehen! Hohepriester
und Leviten, Oberste und Volk, Männer und Frauen,
Große und Kleine, Männer von Jericho, von Tekoa, von
Gibeon, aus der Ebene wie von Jerusalem, alle beeifern
sich mit einer Seele am gleichen Werke. Ergreifendes
Schauspiel, auf dem Gott mit Wohlgefallen Sein Auge
ruhen lassen konnte, und das Er segnete! Möchte eö
ebenso in den Versammlungen hin und her sein! Möchten
alle, Brüder und Schwestern, recht eins untereinander,
mit voller Herzenshingabe an demselben Werk arbeiten,
an der heiligen Absonderung für Gott, die das Tor vor
allem verschließt, was nicht von Ihm ist!
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung
über Eph. 4,17-6
in.
Kapitel 5, 22. — Wir kommen jetzt zu einem
neuen Kreise von Ermahnungen, und zwar in Verbindung
mit den irdischen Beziehungen, in welchen die Gläubigen
stehen können, als Weiber oder Männer, Kinder oder Eltern,
Knechte oder Herren. Wie immer wendet sich das
Wort zunächst an den schwächeren oder untergeordneten
Teil. Für Gott sind die Beziehungen, in welchen Seine
Kinder hienieden stehen, nicht bedeutungslos. Sein Geist
bringt sie alle in Verbindung mit der Person des Herrn
407
selbst und zeigt, daß nicbt etwa menschliche Meinungen
oder Ordnungen hier maßgebend sind, nicht einmal göttliche
Gebote allein, obwohl es ohne Frage solche gibt, sondern
der H er r.
Ihr Weiber, seid euren Männern unterwürfig als
dem Herrn. (V. 22.)
Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie der
Christus die Versammlung geliebt hat. (V. 25.)
Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern im H e r r n.
(Kap. 6, 7.)
Ihr Väter, ziehet eure Kinder auf in der Jucht und
Ermahnung desHerrn. (V. 4.)
Ihr Knechte, gehorchet euren Herren nach dem
Fleische..., indem ihr mit Gutwilligkeit dienet, als dem
Herrn und nicht den Menschen. (V. 5—7.)
Ihr Herren, lasset das Drohen, da ihr wisset, daß
euer Herr in den Himmeln ist. (V. 9.)
Die Grundlage der apostolischen Ermahnungen ist
also nicht so sehr unser Teilhaben an der göttlichen Natur
als geliebte Kinder Gottes und Kinder des Lichts, wie
bisher, sondern mehr unsere Beziehung zum Herrn selbst
und daö Verhältnis zwischen Christo und der Versammlung.
Gott benutzt das ewige Band, das Seine Gnade um
alle Gläubigen geschlungen hat, daö neue Verhältnis, in
das sie gebracht sind, um uns mit einem vollkommenen Beweggrund
auch ein herrliches Vorbild und die nötige Kraft
zu geben, Gott in beiden Beziehungen, der natürlichen und
der geistlichen, verherrlichen zu können. Welch eine Gnade
ist das! Möchte ein feder von uns nur immer bereit sein,
das, was für ihn geschrieben steht, zu beachten! Wir
wissen meist sehr genau, was für den anderen gesagt
— ros —
ist, und haben ein scharfes Auge dafür, ob er dem Gesagten
auch nachkommt; in diesem Falle aber ist es gut, zunächst
an uns selbst zu denken.
Die Aufgabe des Weibes, dem Manne in allem
unterworfen zu sein — daß hier, wie immer, daö ausgeschlossen
ist, was Gottes Geboten zuwiderläuft, bedarf
kaum der Erwähnung — ist unter Umständen sehr schwer.
Es gibt törichte, eigenwillige und verkehrte Männer; noch
schwieriger liegt wohl der Fall, wenn der Mann nicht
gläubig ist. Aber so schwer und schmerzlich die Proben
auch sein, und welche Forderungen an die Selbstverleugnung
und Unterwürfigkeit des Weibes gestellt werden mögen,
eine gottesfürchtige Frau, die trotz allem in ihrem
Manne das Haupt anerkennt, ja, ihn „fürchtet" (V. 33),
und in der ganzen Sache den Herrn sieht, wird den
richtigen Weg finden, und der Herr wird sie segnen und ihr
Helsen. Viele Frauen haben in dieser Beziehung herrliche
Erfahrungen machen dürfen.
Dem Manne wird geboten, sein Weib zu lieben.
Dem Weibe braucht als Regel nicht gesagt zu werden, daß
sie den Mann lieben solle; ihre Gefahren liegen auf einem
anderen Gebiet. Wohl aber umgekehrt dem Manne. Nach
dem Sündenfall wird dem Weibe gesagt: „Nach deinem
Manne wird dein Verlangen sein, er aber wird überdich
herrsche n". (1.. Mose 3, 76.) Das war nicht nach Gottes
Ordnung, es ist die Folge der Sünde. Der Mann ist
geneigt, den ihm von Gott gegebenen Platz als Haupt in
einer Weise zu betonen und einzunehmen, die Gottes Gedanken
nicht entspricht. Er ist nicht der Herr seines Weibes,
sondern er soll sie lieben und ihr als dem schwächeren
Gefäß Ehre geben, (t. Petr. 3, 7.) Und das
— roy —
Vorbild für ihn ist, wir auch in all den übrigen Fällen,
der Herr — Er, der die Versammlung geliebt und sich
selbst für sie hingegeben hat.
Wenn der Apostel im weiteren Verlauf des Kapitels
in umgekehrter Weise das natürliche Verhältnis als ein
Bild des geistlichen hinstellt, so führt er das Wort an:
„Deswegen wird ein Mensch seinen Vater und seine Mutter
verlassen und seinem Weibe anhangen". (V. 3b.) So
hat der Herr es in unendlich höherem Sinne getan. Wir
kennen ja Seine Gnade, daß Er, da Er reich war, um unsertwillen
arm wurde. Er verkaufte alles, was Er hatte,
um die eine kostbare Perle zu erwerben, die in Seinen
Augen einen so unschätzbaren Wert besaß, obwohl sie in
sich nichts weniger als wertvoll war und erst der Heiligung
und Reinigung bedurfte. Ja, Er hat sich selbst für die Versammlung
hingegeben, „auf daß Er sie heiligte, sie reinigend
durch die Waschung mit Wasser durch das Wort".
Welch eine Liebe! Wie wahre Liebe jeder Ehe zum Ausgangspunkt
dienen und sie, immerfort wachsend, kennzeichnen
sollte — denn das allein macht sie zu einem glücklichen
Verhältnis — so erweist sich die Liebe Christi in unserer
Stelle als ein nie unterbrochenes Ganzes, von Anfang bis
zu Ende während. Er hat geliebt und Er liebt die Versammlung
mit stets vollkommener, nie fehlender Liebe.
Das Werk der Reinigung, das so viel dienende Liebe nötig
macht, hört nicht auf, solang sie sich hienieden befindet.
Es handelt sich hier nicht um die göttliche Liebe im
allgemeinen, sondern um die ganz besondere Liebe Christi
zu der Versammlung. Gott hat die Welt geliebt — das
wird von Christo nie gesagt — Jehova hat Israel geliebt,
der Vater liebt die Kinder, aber Christus hat
— rio —
die Versammlung geliebt. Paulus sagt in persönlichem
Sinne in Gal. 2, 20 von Christo: „der mich geliebt und
sich selbst für m i ch hingegeben hat", und an anderen Stellen
lesen wir von der Hingabe Christi für uns oder für
unsere Sünden; hier aber steht „die Versammlung"
als solche vor den Augen des Apostels, der besondere Gegenstand
seines Dienstes und der ihm anvertrauten Verwaltung,
der Inhalt des Geheimnisses, das von den Zeitaltern
her verborgen war in Gott. Es wird das wohl nicht
immer genügend beachtet. ES erinnert unö mit besonderer
Kraft an die kostbare Vereinigung aller aus Welt und
Sünde herausgeführten Kinder Gottes, um nun als Seine
„Versammlung" dazustehen, und zeigt uns, wie überaus
wichtig es ist, die Gedanken Gottes auch in dieser Hinsicht
zu erkennen und zu verwirklichen, nicht aber menschlichen
Meinungen und Eingebungen zu folgen. Der Heilige Geist
hatalle Erlösten zum Preise Gottes heute schon zu einer
Körperschaft vereinigt, und Christus betrachtet alle, die zu
dieser Vereinigung gehören, mit einer ganz besonderen
Liebe. Das Verständnis darüber erfüllt das Herz mit tiefer
Freude, verbannt die uns so eigenen sektiererischen Gedanken
und Neigungen und treibt uns an, alle Glieder des
Leibes Christi mit der gleichen Liebe zu umfassen und ihnen,
soweit es möglich ist, zu dienen.
Für diese Versammlung gab Christus sich selbst
dahin, nicht nur alles, was Er von Ewigkeit her hatte,
nicht nur Seine rechtmäßigen Ansprüche als Messias, als
der Erstgeborene aller Schöpfung usw., nein, sichselbst!
Da war nichts in Ihm, was Er nicht gegeben hätte. Die
vollkommenste Selbstverleugnung in Liebe für den unwürdigen
Gegenstand Seiner Wahl tritt uns hier entgegen.
— zzz —
Und so sollen die Männer ihre Weiber lieben! Daß ein
Mann dieseö Vorbild niemals erreichen wird, in einem
Sinne niemals erreichen kann, selbst wenn er in die
Lage käme, sein Leben für sein Weib zu lassen, ist selbstverständlich.
Wie könnten wir den Inhalt des 26. Verses je
auf uns anwenden? Es soll eben nur die ganze herrliche
Größe und Vollkommenheit der Liebe Christi gezeigt werden,
um uns einen Maßstab für unsere Liebe zu geben.
Wohlan denn, ihr Männer, betrachtet diese Liebe
eifrig und ahmet ihr nach!
Noch einmal das Radio
Ein Leser des „Botschafter" äußert sich brieflich über
die kurzen Ausführungen hinsichtlich des Radio im März-
Heft in scharf verurteilender Weise, ein anderer meint,
man dürfe das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.
Es sei darauf erwidert, daß der Schreiber jener Ausführungen
von vornherein zugegeben hat, daß „das Radio
das eine und andere Gute bringen kann und bringen
mag", daran allerdings die Frage knüpfend, ob die Nachteile
die Vorteile nicht bei weitem überwiegen. Er
sagt ferner, daß das Radio Gefahren in sich berge, die
unterUmständen dem „Menschen Gottes" verhäng-
nisvollwerdenkönnten, und fragt zum Schluß, ob es
wohl ein Kind Gottes gebe, das durch das Radio schon
wirklichen Segen empfangen habe. Daraus gehr
hervor, daß er weder selbst das Radio als unbedingt
schädlich betrachtet, noch es von anderen so betrachtet sehen
will. Er hat nur seine Stimme warnend erheben wollen,
— U2 —
und daß eine solche Warnung nicht unbegründet ist, werden
wohl die meisten gläubigen Radio-Besitzer, wenn sie
anders die Frage ernstlich prüfen wollen, zugeben.
Doch möge hier, in Verbindung mit der zuletzt erwähnten
Frage, ob es wohl ein Kind Gottes gebe usw.,
eine Äußerung aus dem erhaltenen Briefe eine Stelle
finden. Der Schreiber sagt, daß es einen Sender gebe,
durch den man „teilweise ganz ausgezeichnete Predigten
hören könne, die ein so klares Evangelium bezeugten, wie
eö nirgendwo anders klarer bezeugt werden könne", und
fragt dann: „Warum sollte ein Gotteskind nicht Segen
davon haben?... Warum sollte ein vielleicht an den Rollstuhl
gefesseltes Gotteskind durch das Anhören einer solchen
Wortverkündigung nicht einen reichen, inneren Gewinn
haben?"
Das ist allerdings ein Fall, wo Gläubige durch das
Radio einen Segen haben können, wenn auch die Verkündigung
des Evangeliums wohl nicht den Kindern Gottes,
sondern der Welt gilt. Die gestellte Frage wäre also im
bejahenden Sinne zu beantworten. Weiter macht der
Schreiber darauf aufmerksam, daß durch wissenschaftliche
und pädagogische Vorträge manchem einsam Wohnenden
Gelegenheit geboten würde, Sprachkurse und dergleichen
mitzumachen. Auch das sei rückhaltlos zugegeben. Es
ist ja auch nicht behauptet worden, daß das Radio überhaupt
nichts Gutes bringen könne. Aber man darf doch
ganz gewiß sagen, daß es in den weitaus meisten Fällen
nicht zu solchen, sondern zu anderen Zwecken benutzt wird
und dann eben Un fegen bringt, und das hat dem
Warner vor Augen gestanden.
Zeucht zu seiner Kett
„Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen,
der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und dessen Blatt
nicht verwelkt." (Ps. b, Z.) So heißt es von dem Manne,
der, abgesondert von Gesetzlosen, Sündern und Spöttern,
„seine Lust hat am Gesetz Jehovas und über Sein
Gesetz sinnt Tag und Nacht". Und von dem Manne, „der
auf Jehova vertraut, und dessen Vertrauen Jehova ist",
lesen wir: „Er hört nicht auf, Frucht zu tragen".
(Jer. t7, 8.) — Frucht ist der Nachweis von Leben, und
jegliches Leben hat seine Quelle in Gott.
Lieblich sind die Berichte des Wortes Gottes, die uns
echte Frucht sehen lassen. Sie sind ausgezeichnet zu unserer
Belehrung und Ermunterung. Bon besonderer Lieblichkeit
sind die Früchte, die wir Jesu persönlich entgegenreifen
sehen, die gleichsam unmittelbar Ihm zugute kommen,
den unsere Seele liebt. Unter allen Fruchtträgern,
die uns aus der Zeit des Erdenwallens unseres Herrn gezeigt
werden, erscheinen drei annähernd gleichzeitig, sind
von gleicher oder ähnlicher Wesensart und haben vor allem
ein gemeinsames Ziel: die Huldigung, Anerkennung und
Ehrung Jesu. Gemeinsam ist ihnen auch, daß sie die Ehrung
dem Leibedes Herrn erweisen. Es handelt sich um
Maria von Bethanien, Joseph von Arimathia und Niko­
demus.
Der Herr war sechs Tage vor dem Passah nach Bethanien
gekommen. Er wußte: „M eineZeitist nahe".
— ll4 —
Die „Gewalt der Finsternis" war zur vollen Entladung
ihrer Bosheit bereit, und Er war ihr Opfer. Der Mensch
hatte das Maß seiner Gottesfeindschaft gefüllt, um es
über den Gesalbten Gottes auszuschütten. Und Er, der
Sohn der Liebe Gottes, stand vor dem Werke, bei dessen
Durchführung Er auch von Gott verlassen werden
mußte. So war die Lage, als Er mit einem kleinen Kreise
in Bethanien zu Tische lag und Maria herzutrat und Ihn
salbte.
Ganz gewiß war es der Vater, der Seinem Geliebten
diese Herzenserquickung in den Tagen vor der Trübsal bereitete.
Gott hatte dieses „gute Werk an Ihm" hervorgebracht.
Maria aber tat es; sie brachte die von Gott
gewirkte Frucht. Wie weit sie verstand was sie tat, wird
nicht gesagt. Aber sie tat das Passende, der Stunde Angemessene.
Daß sie den Tod ihres Herrn so nahe glaubte,
wie er wirklich war, ist wohl nicht anzunehmen, denn die
Feinde Jesu werden ihre Vorkehrungen geheim gehalten
haben. Zudem wollten sie Ihn „n icht an dem Feste"
töten. Der Herr aber wußte Seine Stunde, und Er sagte:
„Sie hat zum voraus meinen Leib zum Begräbnis gesalbt".
Wir sehen hier, wie ein schwaches Weib, das weniger
Gelegenheit zum Lernen gehabt hatte als die Jünger
(aber sie hatte ihre Gelegenheiten benutzt), zur rechten Zeit
dem „von aller Welt Verachteten" durch Darbringung der
kostbaren Salbe ihre Huldigung darbringt und Sein Herz
dadurch erquickt in den Tagen und Stunden der Bedrängnis.
Der Kreis, in welchem der Herr sich in Bethanien befand,
bestand sicher nur aus solchen, die Ihn liebten (Judas
ausgenommen). Aber von allen diesen war nur eine
Person fähig, das „gute Werk an Ihm" zu tun und über
— 115 —
Seinen heiligen Leib die „echte, sehr kostbare"
Salbe auszuschütten, die einzig passende, zu Seinem Begräbnis.
Einige Tage später. — Der „Herr der Herrlichkeit"
ist gekreuzigt, der „Urheber des Lebens" getötet worden.
„Er ist des Todes schuldig", lautete das Urteil. Gemeinsam
mit zwei Räubern wurde Er dem Tode überliefert.
Schon war auch „Sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt"
Es war kein Wunder; denn mußte der Herr wie ein Gesetzloser
und Übeltäter sterben, so lag für die Gewalthaber
nichts näher, als auch Seinem Leib einen Platz an der
Begräbnisstätte solcher Menschen zu bestimmen. Aber zum
zweiten Male mußten sie erfahren, daß ihre Gewalt Grenzen
hatte. S i e hatten Jesum „n ichtan dem Feste" töten
wollen, Gottes Plan war anders. Sie hatten das
Grab für den Leib Jesu bei Gesetzlosen bestimmt, aber
es war Gottes Sache, Seinem Christus eine würdige
Stätte „in Seinem Tode" zu beschaffen. (Jes. 53, 4.)
Joseph von Arimathia war das Werkzeug Gottes.
Bis dahin hatte er aus Furcht vor den Juden sich als Jünger
Jesu verborgen gehalten. Wohl lesen wir von ihm,
daß er nicht e in g ew i l lig t hatte in Rat und Tat
der Juden, aber für Jesum eingetreten war er
nicht. Dazu war wohl seine Menschcnsurcht zu groß gewesen.
Nun aber war er ein anderer geworden. Vielleicht
war er, wie jener Hauptmann und manche andere, „die
zu diesem Schauspiel zusammengckommen waren", überwältigt
worden durch die Geschehnisse beim Tode Jesu
und hatte erkannt: „Wahrhaftig, dieser war Gottes
Sohn!"
Kühn ging er jetzt zu Pilatus und bat um den Leib
— Hb —
Jesu. Der reiche, ehrbare, gute und gerechte Jude bittet
um den Leib eines Menschen, der nach dem Urteil seines
Volkes des Todes schuldig befunden und soeben am Fluchholze
hingerichtet worden war! War Joseph bis dahin
nicht öffentlich für Jesum eingetreten, jetzt tut er es und
bringt sich dadurch in Gegensatz zu dem ganzen Volke.
Der Furchtsame wird ein Held. Denn wenn es je Mut
erforderte, auf feiten Jesu zu stehen, so war es jetzt der
Fall, nachdem Er eben kraft jüdischen und römischen Urteils
getötet worden war. Welch ein Werk der Gnade
Gottes in diesem von Natur furchtsamen Manne! Die
Jünger waren alle geflohen, „alle Seine Bekannten standen
von ferne", aber der aus Furcht bis dahin „v erborgens
Jünger" hat Mut, um Gottes Willen hinsichtlich
des Leibes Christi zur Ausführung zu bringen; und wenn
auch unbewußt, bewirkt er durch sein Handeln, daß „die
Schriften erfüllt" wurden.
Gott führt dem kühn Gewordenen einen Genossen
zu. „Eö kam aber auch Nikodemus, der zuerst bei
Nacht zu Jesu gekommen war, und brachte eine Mischung
von Myrrhe und Aloe, bei hundert Pfund." Vielleicht
diente das Kommen des Nikodemus dem Joseph
zur Stärkung des Mutes. Vielleicht auch hat Gott ihn gesandt,
um innerhalb des jüdischen Volkes zwei anerkannt
zuverlässige Zeugen dafür zu setzen, daß Sein Christus
wirklich gestorben war. Gegen das Zeugnis eines ehrbaren
Ratsherrn und eines angesehenen Pharisäers waren Einwände
nicht wohl denkbar. Doch wie dem auch sei, Nikodemus
kam, wie Joseph, zur rechten Stunde, um den
Leib des Herrn würdig zu bestatten. — Ob sich die beiden
Männer nicht einander gestanden haben, daß sie besser
— U7 —
auch früher schon für Jesum eingetreten wären?
Man möchte annehmen, daß sie sich voreinander geschämt
haben, als sie sich am Grabe Jesu erst als Seine Jünger
kennen lernten, und einer des anderen Liebe zu dem Gekreuzigten
wahrnahm.
Die Schrift sagt darüber nichts, aber sie sagt, wie
diese Männer ihrer Liebe zu Jesu Ausdruck gegeben haben,
indem sie Seinen kostbaren Leib in „reine, feine Leinwand"
hüllten und mit allen Ehren zum Begräbnis zubereiteten,
um Ihn dann in eine neue Gruft zu legen,
„wo noch nie jemand gelegen hatte".
So wurden die Schriften erfüllt nach Gottes
Willen, des Menschen Bestimmen entgegen. Und Gott
benutzte zur Ausführung Seines Willens Menschen, die
ihrem Wesen nach zu einen: solchen Zeugnis sich bis dahin
unbrauchbar gezeigt hatten. Aber während der zeugnis-
freudige Petrus sehr kläglich versagt hatte und alle Jünger
geflohen waren, treten diese beiden Männer, nachdem
jede Hoffnung der Gläubigen Israels scheinbar zerstört
war, furchtlos auf den Schauplatz. Was bewog sie, ihrer
ganzen Veranlagung entgegen, zu diesem kraftvollen Zeugnis
ohne Worte, und das zu einer Zeit, da alles dahin zu
sein schien und ein Eintreten für den getöteten Jesus nur
Gefahren, im günstigsten Falle Verachtung einbringen
konnte? Es wird uns nicht gesagt, so wenig wie uns die
Gründe mitgeteilt werden, die Maria bei ihrem Tun leiteten.
Aber daß und wie sie handelten, ist uns gezeigt:
Maria bringt Salbe von echter, sehr kostbarer Narde.
Joseph bringt ebenfalls Echtes, sehr Seltenes dar,
indem er kühn um den Leib Jesu bittet bei dem Manne,
der Ihn zum Tode verurteilt hatte; und Nikodemus, auch
— UL —
er überwindet seine Furcht, kommt, um den Leib des getöteten
IcsuS zu bestatten, und bringt einen Zentner kostbaren
Balsams mit.
„Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen,
der seine Frucht bringt zu seiner Z e i t." Ist
das nicht die Antwort auf unsere Frage: „Was bewog
usw. ?" Das Wirken und die Vorsorge Gottes zur Erfüllung
der Schriften ist eine Sache, die Liebe und Zuneigung der
handelnden Männer eine andere. Und die liebliche Fürsorge
des Joseph und Nikodemus um den Leib des gekreuzigten
Herrn zeigt uns angesehene Menschen, die jetzt nicht
länger nur innerlich von einem durch sein Tun verurteilten
Volke getrennt waren, sondern die auch Mut
gewonnen hatten, sich durch ihr Bekenntnis zu dem getöteten
Christus auch in offenbaren Gegensatz zu bringen
zu dem ganzen Volk samt seinen Obersten und Führern.
Die Zeit der Frucht für den Herrn war auch der
Zeitpunkt der Trennung von denen, die Ihn getötet
Hatten. Ihr Handeln trennte sie von ihrem Volke;
sie offenbarten Liebe zu Dem, den das Volk gekreuzigt
hatte. Waren sie bis dahin nicht entschieden gewesen, hatten
vielleicht neben Furcht auch Zweifel sie am klaren
Zeugnis gehindert, jetzt waren sie überzeugt, daß sie zu
Jesu gehörten, wenn sie mit dem Gekreuzigten auch „außerhalb
des Lagers" sein mußten. Sein Tod hatte ihnen
die Augen geöffnet, sodaß sie den Platz bei dem gestorbenen
Christus dem Aufenthalt unter ihren fest feiernden
Volksgenossen vorzogen.
Kann es schönere Frucht geben als die, welche in diesen
Tagen tiefster Erniedrigung dem Herrn Jesus gleichsam
auch „aus dürrem Erdreich" erwuchs? Nur der
— Hy —
Glaube konnte Kühnheit und Kraft geben zu solchem Tun
in solcher Stunde. Dem natürlichen Auge war nur ein
am Schänd- und Fluchholz Gestorbener sichtbar; der
Glaube erkannte durch Gottes Gnade: „Dieser war Gottes
Sohn". Und mochten Verständnis und Erkennen gering
und dürftig sein, diese Herzen brachten zu ihrer Zeit
sehr kostbare Frucht.
Ist es nicht sehr bezeichnend, daß in diesen Stunden
nur zwei furchtsame Männer und einige-Weiber auf dem
Plane sind? Alle anderen sind verschwunden. Der Geist
Gottes zeigt uns dies gewiß nicht umsonst. ES gibt zu
allen Zeiten Umstände und Augenblicke, die Stellungnahme
und Entscheidung in besonderer Weise erfordern. Es
kann sein, daß zu einem kraftvollen Zeugnis in Wor-
t e n und zum Hcrvortreten in öffentlichem Bekenntnis
Mut oder Kraft fehlen. Aber das ZcugniS ohne Worte,
die Beweise der Liebe und Zuneigung zu Jesu, werden
vorhanden sein, wenn anders daö Herz, in praktischem
Verbundensein mit seinem Herrn lebend, aus Ahm sich
nährt, gleich dem Baum, der „am Wasser g pflanzt" ist
und „am Bache seine Wurzeln ausstreckt". Er bringt zu
seiner Zeit Frucht für Jesum und „hörtnicht auf,
Frucht zu tragen".
Und wie damals die, welche Jesum liebten, den
Herrn an Seinem Auferstehungsmorgen mit Staunen erblickten
und Ihm gehuldigt haben, so kommt bald die
Stunde, in der alle, die Ihn lieben, Ihn mit seliger Freude
kommen sehen werden, um dann Ihm gleich und für immer
bei Ihm zu sein. — Bis dahin aber, vergessen wir
es nicht, sind wir in einer Welt, die Ihn gekreuzigt
h a t. ___________
— r2v —
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung
über Eph. 4, 17—6
IV.
Christus hat die Versammlung geliebt und sich selbst
für sie hingegeben, auf daßEr sie heiligte. Nicht
nur war der Gegenstand Seiner Liebe unrein und unheilig,
als Er ihn fand, nein, auch nachdem Er die Versammlung
für sich erworben hat, muß Er sich mit ihr beschäftigen,
um sie praktisch sich gleich zu gestalten, und dieses
Werk der Liebe dauert, wie bereits gesagt wurde, fort,
bis das Ziel, die Herrlichkeit, erreicht ist. Es kann nicht
aufhören, eben weil die Versammlung sich noch in dieser
unreinen Welt befindet, und die Sünde noch in den einzelnen
Gläubigen wohnt. Unaufhörlich und unermüdlich
ist die Liebe beschäftigt, um die Versammlung so darzustellen,
wie sie sie haben möchte, passend für Christum,
heilig und rein, abgesondert von allem, was nicht zu der
himmlischen Stellung paßt, zu welcher sie berufen ist.
Das Mittel zu dieser Heiligung ist dasW 0 rt, der
vollkommene Ausdruck der Wege und Gedanken Gottes
und der wahren Beziehungen aller Dinge zu Ihm —
das Wort, welches einerseits alles an seinen richtigen
Platz stellt und anderseits alles verurteilt, was dem Gott,
der Licht und Liebe ist, nicht entspricht. In Christo, dem
lebendigen Wort, der Wahrheit selbst, sehen wir die
vollkommene Darstellung dieser Dinge, und wenn Er die
Versammlung sich selbst darstellen will, so kann Er es
nur dadurch tun, daß Er alles, was in ihr der himmlischen
Reinheit und Liebe entgegengesetzt ist, entfernt, daß Er sie
reinigt in Übereinstimmung mit der Offenbarung Got
— k2k —
tes selbst, und sie in Liebe mit den Dingen erfüllt, die
droben sind. Nur so können wir auch Seine Liebe und das,
was sie für uns erworben hat, wirklich genießen.
Fürwahr, es ist ein kostbares, aber auch mühevolles
Werk, das uns hier schon dem entsprechend gestalten will,
wie Christus uns droben sehen will und einmal sehen
wird: verherrlicht, ohne Flecken oder Runzel oder etwas
dergleichen — jede Spur unseres Aufenthalts auf der Erde
für ewig verwischt! Die Quelle dieses Werkes ist die
Liebe, deren vollgültigen Beweis unser hochgelobter
Herr uns gegeben hat, indem Er sich selbst für uns dahingab.
Mehr konnte Er nicht geben. „Hieran haben wir
die Liebe erkannt, daß Er für uns Sein Leben dargelegt
hat." (k. Joh. 3, kö.)
Mit dem Werke der Reinigung ist die Liebe aber noch
nicht erschöpft; sie „nährt und pflegt" auch die Versammlung,
gleichwie ein Mensch sein eigenes Fleisch
nährt und pflegt. (V. 29.) Der Apostel kommt zu diesen:
Vergleich in Verbindung mit dein Inhalt des 28. Verses:
„Also sind auch die Männer schuldig, ihre Weiber zu
lieben wie ihre eigenen Leiber. Wer sein Weib liebt, liebt
sich selbst." Denn Mann und Weib sind eins, ein Fleisch.
(V. 3l.) Es ist gut, dieses Wort auf unö wirke«: zu
lassen. So wie ein Mensch seinen Leib liebt, ihn nährt und
pflegt, für seine Bedürfnisse und Bequemlichkeiten sorgt,
so sind die Männer schuldig, ihre Weiber zu lieben.
Sie alle sollten sich deshalb fragen, inwieweit sie diese
Schuld abgetragen haben und täglich abtragen. In manchen
Familien hören die Unstimmigkeiten und Schwierigkeiten
fast nicht auf. Sicher, viele von diesen würden für immer
verschwinden, wenn der Mann sein Weib liebte w i e
122
sich selbst, wenn er mit ihren Eigenheiten Geduld haben
wollte wie mit seinen eigenen, wenn er sie nährte und
pflegte, nicht nur leiblich, sondern auch geistig und geistlich,
wie er seinen eigenen Leib pflegt. Die Frau, besonders
in einem größeren Hausstand mit vielleicht geringen
Einnahmen, hat den längsten Tag, die meiste Mühe und
das schwerste Los. Wie oft reicht der Tag nicht auö, die
so dringend notige Nachtruhe muß noch geopfert werden!
Mancher Mann sagt zu seiner Frau: „Ich habe dich
lieb", meint eS auch durchaus aufrichtig; und doch könnte
die Frau wohl fragen: „Wo ist der Beweis deiner
Liebe?" Wenn wir unsere Liebe beweisen, brauchen
wir ihr Dasein nicht zu beteuern.
Dabei ist die Frau der schwächere Teil; und wenn
nun gar Krankheiten, besondere Beschwerden, Arbeitslosigkeit
und dergl. eintreten, wenn Zeiten kommen, die
ein großes Maß von selbstverleugnender Liebe und Geduld
beanspruchen, wie leicht ist der Mann dann verdrießlich,
mürrisch, hart, erwartet, wenn er von der Arbeit heimkommt,
neben einer reichlichen Mahlzeit ein freundliches
Gesicht und ermunternde Worte und ist verstimmt, wenn
er das nicht findet. Wo steht — wir reden jetzt natürlich
zu gläubigen Männern — in der Bibel irgend etwas von
solchen Dingen? Der Mann ist schuldig, sein Weib zu
lieben, gleichwie der Christus die Versammlung.
Er stellt sich selbst die Versammlung verherrlicht
dar. Ist eö nicht beachtenswert, daß das Kleid,
welches der Braut Christi an ihrem Hochzeitstage gegeben
wird, auö feiner, glänzend reiner Leinwand besteht, und
daß erklärend hinzugefügt wird: „Denn die feine Lein-
— 123 —
wand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen"?
(Offbg. Id, 8.) Das, worauf das Auge des himmlischen
Bräutigams bei diesem Feste mit besonderer Freude und
Wonne ruht, ist das, was die Geliebte hienieden, während
ihres Aufenthalts in einer feindseligen Welt, für Ihn
getan und gelitten hat, das Werk des Glaubens, die Bemühung
der Liebe. Und wer hat dieses Werk, diese Bemühung
in ihr hervorgebracht? Seine Gnade, die unermüdliche
Tätigkeit Seiner Liebe!
Wenn in Offbg. 21, 2 „die heilige Stadt, das neue
Jerusalem", mit anderen Worten „die Braut, das Weib
des Lammes" (V. d. 10), aus dem Himmel herniederkommt
von Gott, so erscheint sie „bereitet wie eine für
ihren Mann geschmückteBrau t". Mehr als tausend
Jahre sind verflossen, seitdem sie von dieser Erde in den
Himmel entrückt wurde, aber an ihrer strahlenden, jugendlichen
Schöne und Herrlichkeit sind die Jahrhunderte spurlos
vorübergegangen. Ohne Flecken und Runzel oder etwas
dergleichen betritt sie den ewigen Schauplatz, wo das
Erste vergangen und alles neu gemacht sein wird.
(V. 4. 5.)
Was sollte unsere Antwort auf eine Liebe sein, die
nicht ruht, bis sie ihren Gegenstand sich selbst verherrlicht
dargestellt hat, als die Frucht und zugleich den Beweis
ihrer Vollkommenheit!?
Doch es gibt noch mehr. Mann und Weib, in dem
von Gott für sie verordneten Verhältnis, sind ein Bild
von Christo und der Versammlung. „Dieses Geheimnis
ist groß", aber ausdrücklich fügt der Apostel hinzu: „ich
sage es in Bezug auf Christum und die Versammlung".
r24
Indem er uns an die Geschichte des ersten Menschenpaares
erinnert, läßt er uns verstehen, daß Gott in Seinen Wegen
mit ihm damals schon ein Vorbild von dem hinstellen
wollte, was nach Seinem ewigen Ratschluß in
Christo und der Versammlung verwirklicht werden sollte.
Adam empfing aus der Hand Gottes eine den göttlichen
Gedanken und zugleich der Natur Adams entsprechende
Gehilfin, die um ihn sein und, alles mit ihm teilend,
seine Freude und Wonne bilden sollte: Gebein von seinen
Gebeinen und Fleisch von seinem Fleische. (4. Mose 2, 23.)
Aus der Seite Adams, „vom Manne genommen", bildete
sie gleichsam einen Teil von Adam, sein zweites Ich. So
sind auch wir aus Christo genommen und bilden nun einen
Teil von Ihm, sind „Glieder Seines Leibes, von Seinem
Fleisch und von Seinen Gebeinen". (V. 30.) Und gerade
weil das so ist, nährt und pflegt Christus uns mit solch
zärtlicher Liebe. — Welch wunderbare Wechselbeziehungen
zwischen Christo und der Versammlung! Noch einmal
denn: So wie Gott auö der Seite des schlafenden Adam
eine Nippe nahm und daraus ein Weib für ihn baute,
gerade so hat Er uns aus Christo genommen und uns dann
Ihm geschenkt. Das ist nicht etwa dadurch geschehen, wie
inan unbegreiflicher Weise zuweilen erklären hört, daß
der Sohn Gottes Mensch wurde, an Blut und Fleisch
teilnahm — der Heilige hätte ja für ewig allein bleiben
müssen — sondern auf Grund Seines Todes und Seiner
Auferstehung. Es handelt sich um unser gegenwärtiges
Verhältnis zu Ihm, dem zur Rechten Gottes verherrlichten
Menschensohn, um die Frage, wie wir Glieder-
Seines Leibes, von Seinem Fleisch und von Sei-
n e n Gebeinen, geworden sind. Aus Ihm, dem Gestorbe
— r25 —
nen und Auferstandenen, genommen, sind wir jetzt mit
Ihm vereinigt, so wie Er in der Gegenwart Gottes weilt.
Fürwahr, ein großes, wunderbares Geheimnis!
In Vers Z3 faßt der Apostel dann noch einmal den
ganzen Gegenstand zusammen in der praktischen Ermahnung:
„Doch auch ihr, ein jeder von euch liebe sein Weib
also wie sich selbst; das Weib aber, daß sie den Mann
fürchte". Daß hier nicht an eine knechtische Furcht gedacht
wird, bedarf kaum der Erwähnung. (Vgl. d. Petr. 3, 6.)
Ser Sänger im Heiligtum
Zu den Sängern des Alten Bundes, deren Lieder in
innigen, vollen Tönen das Lob Jehovas erhöhten, ist Asaph
zu zählen, der vom Geiste Gottes inspirierte Dichter der
Psalmen 50 und 73—83. Seine Lobgesänge geben uns ein
Verständnis über seine bevorzugte Stellung im Dienste
Jehovas und lassen uns auch verstehen, weshalb er in
besonderer Weise gewürdigt worden ist, Lieder des Dankes
und der Anbetung zur Ehre des Höchsten im Heiligtum
anzustimmen. Seine persönliche Treue, seine Aufrichtigkeit
in der Anwendung seiner Erfahrungen auf sich und sein
Leben befähigten ihn, diese geheiligte und zugleich führende
Stellung unter den für den Dienst im Hause Gottes
erwählten Leviten und Sängern einzunehmen.
„Opfere Gott Lob, und bezahle dem Höchsten deine
Gelübde!" Mit diesen Worten fordert Asaph in Psalm 50
die „Frommen" auf, den Höchsten zu preisen. Erfüllt
von der Größe Gottes, von Seiner Güte und Huld denen
gegenüber, die sich zu Ihm bekennen, fühlt er sich gedrungen,
auch andere zu Seiner Erhebung zu ermuntern.
126
Es wird immer so sein. Ein anbetendes Herz sucht
Teilnehmer an seiner Freude. Der Platz, den Gott uns
heute gegeben hat, ist mit weit höheren Segnungen verbunden,
als derjenige Asaphs war. Auf Grund der Offenbarung
Gottes in Christo berufen, Ihm als „wahrhaftige
Anbeter" im Heiligtum droben zu nahen, in das volle
Licht Seines Vaterantlitzes gestellt, in die Gemeinschaft
des Vaters und des Sohnes eingeführt, „ein geistliches
Haus, ein heiliges Priestertum", vermögen wir „geistliche
Opfer darzubringen, wohlannehmlich durch Jesum Christum".
Und wenn wir die süße Lieblichkeit und zugleich
erhebende Weihe einer solchen Anbetung genossen haben,
können wir dann anders, als auch anderen Gläubigen über
die tiefen, innigen Empfindungen zu berichten, die in solchen
Stunden vom Herrn selbst durch Seinen Geist in uns
gewirkt werden? Drängt uns nicht die Liebe, die Gott in
unsere Herzen ausgegossen hat, das „Band der Vollkommenheit",
das „alle Heiligen" umschlingt, unseren Brüdern
und Schwestern zu sagen, was unsere Herzen genossen
haben? Fühlt diese Liebe nicht schmerzlich die Zerrissenheit
und das Fehlen so vieler treuer Glieder in der
Gegenwart des Hauptes, der Seinem Leibe Seine sorgende
Liebe allezeit zuwendet, der sich aber in besonderer Weise
zu den Seinigen gesellt und sie segnet, wenn sie, in Seinem
Namen versammelt, vor den Vater hintreten, um
„die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen",
anbetend darzubringen?
Der Psalmist hatte, wie jeder Gläubige hienieden,
Erfahrungen mancherlei Art zu machen. Die seinigen gipfelten
in der Erkenntnis, daß es gut für ihn war, Gott
zu nahen. O daß auch wir mehr und mehr unser liebliches
127
und hohes Vorrecht darin erblicken möchten, dem Herrn
nahen zu dürfen! Die gesegnete Folge dieses Nahens ist
ein wachsendes Erkennen Seiner Person, ein zunehmendes
Vertrauen zu Ihm und ein stetes Rühmen Seiner Güte
in Lied und Gebet. Asaph erfuhr das, wie wir durch
Psalm 7Z, 28 belehrt werden. Im 80. Psalm darf er
sogar prophetisch Hinweisen auf den Mann der Rech-
t e n Jehovas, auf den Menschensohn, den Er sich
gestärkt hat. (V. 17.)
In seinem Leben gab es jedoch auch Tage, vielleicht
selbst längere Zeitspannen, in denen sein Auge umflort
war und er seinen Blick nicht auf Jehova, sondern auf
die Umstände dieses Lebens richtete. Ein solches Beschauen
und Sinnen brachte ihm keinen Segen, es trug ihm vielmehr
Zwiespältigkeit seiner Gefühle ein. Indem er das
Wohlleben der Gottlosen beobachtete, wurde er irre an
Gottes Gerechtigkeit und wähnte sich im Vergleich mit
jenen benachteiligt. Gottes Wege erschienen ihm wie ein
unlösliches Rätsel.
Der Blick auf die Erdendinge, verbunden mit dem
Begehren nach Annehmlichkeit und Ruhe hienieden, wird
auch für uns die gleichen entmutigenden Ergebnisse haben.
Doch der Herr in Seiner Langmut und Treue führte
den Psalmisten dahin, das Ende der Gottlosen und das
Ziel Gottes mit dem Gläubigen in Vergleich zu ziehen.
Zwecklos verrinnen die Lebenstage jener, und ihr Ende ist
schrecklich, aber der Weg der Gerechten an der „rechten
Hand" Gottes ist gesegnet und endet in ewiger Glückseligkeit.
Gott führte Asaph, um ihn dies erkennen zu lassen,
in Seine Heiligtümer, an den Ort, wo er sich der großen
Treue und Liebe Jehovas bewußt wurde. Es gibt keinen
128
gesegneteren Platz als den, wo wir uns dem Herrn nahe,
ganz nahe fühlen. Dort wird der Wille des Menschen
zerbrochen, und Gottes Weisheit und Gnade wird erkannt.
Dort sah auch das Auge Asaphs klar und erkannte, wie
groß das Teil des Glaubens ist. Im Heiligtum lernt der
Gläubige aber auch, das ihm von feiten der Welt widerfahrene
Böse in Langmut und Geduld zu tragen und still
auf Gott zu warten. Fürwahr, der Platz vor Gott im
Heiligtum ist gesegnet. Man vernimmt die Stimme des
Höchsten und kann es gut verstehen, wenn Asaph die Segnungen
des Gläubigen in den Worten zum Ausdruck bringt:
„Vergeht mein Fleisch und mein Herz — meines
Herzens Fels und mein Teil ist Gott auf
e w i g." Einer mühevollen Arbeit hatte sich Asaph unterzogen,
ehe er zu dieser Höhe des Glaubens gelangte. Er
wollte das Tun Gottes „begreifen"; sein Herz erbitterte
sich, und es stach ihn in seinen Nieren, wenn er sah, wie
gut es den Gottlosen ging, wie sie in Bosheit und Sorglosigkeit
„Vermögen erwarben", während er den ganzen
Tag geplagt wurde und jeden Morgen seine Züchtigung
da war. Der Weg zur Erkenntnis führte ihn in die Heiligtümer
Gottes. Dort lag die Quelle der Segnungen für
ihn, dort liegt sie auch für uns. In ihrem untrüglichen
Licht gelangen wir zur Erkenntnis dessen, was uns im
Herrn geschenkt ist, und hören auf, die nichtigen irdischen
Dinge als begehrenswert zu betrachten. Dort wird das
Herz auch ganz still, wenn die Führungen Gottes mit
uns seltsam und unverständlich werden, wenn die Seele
sich nicht trösten lassen und der Geist ermatten will; denn
Gottes Weg ist „im Heiligtum; wer ist ein großer
Gott wie Gott?" (Ps. 77.)
42Y
Asaph stand in seinem Dienst als Sänger in Verbindung
mit David, seinem König. Wir preisen Gott,
den Vater, durch unseren Herrn Jesus Christus. Das
Wort enthält nur wenige Stellen, die auf den Schreiber
des 7Z. Psalms bezugnehmen. Doch das, was uns mitgeteilt
wird, ist kostbar und beachtenswert. So oft wir
etwas über Asaph lesen, stets sehen wir ihn im Heiligtum,
am Orte der Anbetung Jehovas. Er gehörte nicht
zu den waffentragenden Helden seines Königs, nicht zu
denen, die in 2. Samuel 23 rühmliche Erwähnung finden.
Sein Dienst war im Heiligtum, mit Heman und Ethan,
an der Spitze der Tempelmusik.
In 1. Chron. 45 wird uns berichtet, daß David in
seiner Stadt einen Ort für die Lade Gottes bereitete und
ein Zelt für sie aufschlug. Nach seinen Anordnungen muß?
ten Priester und Leviten sich heiligen, um die Lade Jehovas,
des Gottes Israels, hinaufzubringen an den Ort,
den er für sie bereitet hatte. Das war bekanntlich das
erste Mal nicht geschehen, und Mißlingen und Trauer waren
das Ergebnis gewesen. Gott hatte einen Bruch unter
dem Volke machen müssen, weil man Ihn nicht gesucht
hatte nach der Vorschrift. Jetzt war es anders. Auch die
Sänger erhielten den Auftrag, mit Musikinstrumenten,
Harfen und Lauten und Zimbeln laut zu spielen, indem
sie die Stimme mit Freude erhoben. Unter diesen, dem
Lobe Jehovas geweihten Stimmen war auch diejenige
Asaphs vernehmbar.
In Kapitel 46, 4 bestellt David nach beendetem
Brand- und Friedensopfer, und nachdem er das Volk
im Namen Jehovas gesegnet hat, vor die Lade Jehovas
einige von den Leviten als Diener, damit sie des Gottes
130
Israels gedächten und Ihn priesen und rühmten. Daö
Haupt der für diesen Dienst bestimmten Leviten war
Asaph. Während andere mit Harfinstrumenten und mit
Lauten spielten, ließ Asaph die Zimbeln erklingen. Des
weiteren schildert uns das Kapitel, wie ein herrlicher Auftrag
an Asaph erging. Er wurde berufen, mit seinen Brüdern
Jehova zu preisen und täglich vor der Lade des Bundes
Jehovas zu dienen. (B. 7 u. 37.) Mit der Aufforderung
beginnend, Jehova Psalmen zu singen und über alle
Seine Wunderwerke zu sinnen, schließt der Lobgesang mit
den Worten: „Gepriesen sei Jehova, der Gott Israels,
von Ewigkeit zu Ewigkeit!" — Und alles Volk sprach:
Amen! und lobte Jehova.
Wenn nachher, in Kapitel 25, die vom König eingesetzten
Leviten ihren Dienst vor Jehova ausführen, geschieht
es wieder unter der Leitung Asaphs, Jeduthuns
und Hemans, die nach der Anweisung Davids weissagten
mit Zimbeln, Harfen und Lauten, zum Dienste des Hauses
Gottes. Und als die Leviten Lose über ihr Amt warfen,
der Kleine wie der Große, der Kundige mit dem Lehrling,
kam das erste Los für Asaph heraus.
Wieder sehen wir den begnadeten Sänger in
2. Chrom 5,12, nach vollendetem Tempelbau, unter Salomo
an der Spitze der in Byssus gekleideten Sänger mit
ihren Musikinstrumenten an der Ostseite des Altars stehen,
um Jehova zu preisen, „weil Er gütig ist, weil Seine
Güte ewiglich währt". Und nun durfte er es miterleben,
wie das Haus Jehovas mit einer Wolke erfüllt wurde —
mit derselben Wolke, die einst vor dem Volke Herzog
und sich auf die Stiftshütte herniederließ — sodaß die
Priester nicht in ihrem Dienst zu stehen vermochten, weil
— rzi. —
die Herrlichkeit JehovaS das Haus Gottes erfüllte. Wo
immer wir also von Asaph lesen, finden wir ihn im Heiligtum
Gottes. Wenn wir die verschiedenen Stellen miteinander
vergleichen, so müssen wir unwillkürlich sagen:
Gott hat Seinen Diener von Höhe zu Höhe, von Herrlichkeit
zu Herrlichkeit geführt. So möchte Er auch uns
gern zu immer höheren Segnungen führen. Wollen wir
uns nicht führen lassen?
Selbst als der Psalmist lang schon die Erde, deren
Nichtigkeit er so tief empfunden, verlassen hatte, blieb
seine Treue im Gedächtnis. „Und der König Jehiskia und
die Obersten sagten zu den Leviten, daß sie Jehova lob-
singen sollten mit den Worten Davids und Asaphs,
des Sehers. Und sie lobsangen mit Freude und neigten
sich und beteten an." (2. Chron. 24, 30.)
In noch weit späteren Tagen der Geschichte des Volkes
Gottes wird Asaph wieder in Verbindung mit David
erwähnt. Jur Zeit Nehemias erinnern sich die aus der babylonischen
Gefangenschaft Iurückgekehrten an die herrliche
Blütezeit des Volkes unter David und Salomo, als
„es Häupter der Sänger gab, und Preis- und Lobgesänge
für Gott". Sinnend gedenkt hier der Überrest der Zeiten
vergangener Herrlichkeit unter David und Asaph, als
noch die Weisen danksagender Sänger zu Gott, dem Höchsten,
empordrangen. Ach! in einem Zeitraum von mehr als
500 Jahren war infolge der Untreue des Volkes und seiner
Könige das Lob des Namens Jehovas völlig verstummt.
— Seliges Dienen, kostbares Danksagen vor Jehova, wie
Asaph und seinen Brüdern es einst vergönnt war unter
Davids gesegnetem Königtum!
— r32 —
Wir haben uns schon daran erinnert, daß auch wir
dazu ausersehen sind, in der Gegenwart unseres auferstandenen
und verherrlichten Herrn Gott, dem Vater, Dank
zu sagen. Bald werden wir es droben in Vollkommenheit
tun. Welch eine Zukunft für alle, die des Herrn sind! Vereint
mit dem Geliebten, fern von allen Störungen dieser
Zeit, wird dann das Ihm geweihte Lob ein volles sein.
Tiefe Wehmut beschleicht das Herz bei dem Gedanken
an so viele Gläubige unserer Tage, die die Stellung eines
wahren Anbeters nicht verstehen. Wie die Juden Jahrhunderte
lang die Loblieder der Sänger im Hause Gottes
nicht mehr vernahmen, so überschauen auch wir trauernd
die lange, lange Zeit seit den Tagen der Apostel bis zu dem
Wiedererwachen, das Gottes Gnade im Anfang des vorigen
Jahrhunderts schenkte. Eine schier endlose Periode des
Vergessens, bewirkt durch die Untreue des Menschen! O
welch eine Ursache des Dankes, daß Gott die Augen vieler
Gläubigen über diese Dinge geöffnet und vielerorts eine
Umkehr geschenkt hat zu dem, „was von Anfang war"!
Und nicht lange mehr, so werden nicht nur die Gläubigen
der Jetztzeit, die Kirche Christi, die Braut des Lammes,
nicht nur die Gläubigen des Alten Bundes, sondern
auch die aus der großen Drangsal Kommenden, samt den
Kindern des Reiches und dem Überrest des irdischen Volkes
Gottes dem Gekreuzigten ihre Huldigung darbringcn.
Aller Augen werden die über alle Begriffe gehende Herrlichkeit
sehen, die Ihm zum Ruhme entfaltet werden wird,
und jubelnd wird der gemeinsame Ruf ertönen: „Du
bist würdig, du allein!"
Aber sollten wir nicht heute schon, wie einst Asaph,
der trem Sänger, stets im Heiligtum vor Gott gefunden
— rzz —
werden? Wir werden dann, Seinen geliebten Sohn verlangenden
Herzens erwartend, noch in höherem Sinne als
er allezeit sagen können: „Wen habe ich im Himmel? und
neben dir habe ich an nichts Lust auf der Erde!"
Aus alten Briefen
I., 22. Juni t86S.
...Der Herr hat mich in Seiner Treue bisher geleitet
und, ich glaube auch, meinen Pfad gesegnet. Der allgemeine
Zustand unter den Gläubigen hier ist, wie an so
manchen Orten, schwach, aber man hat mich überall
freundlich empfangen, und das Band der Liebe ist befestigt
worden... Es war mir eine große Freude zu hören, daß
der liebe Fritz von seinem langen Leiden erlöst worden ist.
Wie wohl wird ihm die Ruhe tun! Und wie tröstlich ist der
Gedanke, daß wir bald alle dort sein werden! Der Herr
ist nahe, und es ist der Mühe wert, auf Ihn zu warten
und für Ihn zu leben, bis Er kommt. Darum mutig
voran! Seine Gnade geleitet, und Seine Liebe tröstet uns.
Er ist auch für Dich genug unter den vielen Kindern, deren
natürliche Herzen so geneigt sind, den eigenen Willen
zu tun. Aber, nicht wahr? wir sind in einem Sinne auch
Kinder und entdecken in unseren Kindern oft ein getreues
Spiegelbild von unö. Der Herr mache uns zum Lernen
bereit! Er kann und will uns Weisheit und Kraft darreichen,
um unsere Kinder für Ihn zu erziehen, und es ruht
sicher ein besonderer Segen darauf, wenn gläubige Mütter
recht oft Gelegenheit nehmen, mit ihren Kindern unter
vier Augen vom Herrn zu reden und nicht nur für sie,
sondern auch mit ihnen zu beten. In einer großen Ver
— rZ4 —
sammlung haben vor einiger Zeit mehr als zwei Drittel der
Anwesenden bezeugt, daß sie durch die liebevollen Ermahnungen
ihrer gläubigen Mütter zur Erkenntnis des Heils
gelangt seien. Welch ein gesegnetes Arbeitsfeld also für
Dich und alle gläubigen Mütter! Die Gnade sei mit Dir
in allem!
W., Z. Juni 1867.
... Ich habe reichlich erfahren dürfen, daß der Herr
es ist, der mich in diese Gegend geführt hat. Von Bekehrungen
kann ich zwar nichts mitteilen, nur daß einige
Seelen in Unruhe gekommen sind. Aber eö gab manches
unter den Geschwistern zu ordnen. Der Feind war bemüht
gewesen, Unfrieden zu säen und Zwietracht anzurichten.
Der Herr aber hat Gnade gegeben, daß alles aus dem
Wege geräumt werden konnte. Seine Gegenwart und Gemeinschaft
haben mich auf dieser Reise besonders erquickt.
Ihm sei tausendmal Dank dafür! Wie groß ist doch Seine
Geduld und Langmut bei allen unseren Mängeln und Gebrechen!
Wenn ich auf mich blicke, sehe ich nur Unwürdigkeit
und Untüchtigkeit; aber in Ihm ist alles, was ein
solch Unwürdiger und Untüchtiger bedarf. Darum will
ich nicht bei mir stehen bleiben und bedaure, daß ich eö
schon zu viel getan habe.
Er mache uns auch immer stiller in Ihm, um so Seine
Liebe immer mehr genießen zu können! Seine Gemeinschaft
ersetzt alles und geht über alles. Niemand sieht,
kennt und versteht uns wie Er. Es ist gesegnet, das im
täglichen Leben erfahren zu dürfen. Nicht das Wissen
macht uns wahrhaft glücklich, sondern das Verwirk-
l i ch e n. Ist der Glaube wahr und wirksam, so verwirklichen
wir das, was wir hoffen, und sind überzeugt von
— 135 —
dem, was wir nicht sehen. (Hebr. 11, 1.) So können wir
dann mit glücklichem Herzen unseren Pilgerweg fortsetzen
und Seinen Dienst erfüllen. Auch wir, die wir in dem
Werke des Herrn arbeiten, sind nur Maschinen, kalt und
leblos, wenn wir nicht in Seiner gesegneten Gemeinschaft
wandeln, „in Ihm bleiben". Alles wird dann schwer, und
das Herz wird so leicht mißmutig. Aber im Lichte Seiner
Gegenwart ist alles einfach und wird leicht.
Wenn ich draußen unter den Geschwistern bin, sehe
und fühle ich immer, wie nötig es ist, sie viel zu besuchen.
Oft werden durch eine einzige Unterhaltung, ja, durch ein
einzelnes Wort, wenn der Herr es segnet, ganze Bürden
abgenommen und die Betrügereien Satans vereitelt. Ich
hoffe also, daß Du mich in Zukunft recht ermuntern wirst,
fleißig cmözugehen.
Der Herr bewahre uns alle im Bande des Friedens!
Heute war es mir ein ernstes Anliegen, daß Er auch um
sere Söhne später in Seinem Werke gebrauchen möge.
Welch ein Vorrecht ist eö doch, Sein Evangelium verkündigen
oder den Heiligen dienen zu dürfen! Ich werde hier
sehr in Anspruch genommen; des Tages über mache ich
Besuche, jeden Abend ist Versammlung, Sonntags und
an den sogenannten Festtagen dreimal. Dabei ist die Hitze
groß, und an einzelnen Stellen sind der Wanzen viele.
So werde ich am Ende der Reise wohl etwas der Ruhe
bedürfen.
A., 21. August 1867.
... Seit vorgestern bin ich hier. Von T. fuhr ich Freitagabend
mit dem Postwagen nach dem hochgelegenen M.
und kam des Morgens um 7 Uhr dort an. Die äußeren
Verhältnisse sind ganz ähnlich den hessischen, die Dir zur
— rZ6 —
Genüge bekannt sind. An Ungeziefer ist kein Mangel, und
ein tüchtiger Schnupfen ist dort auch nicht so übel, man
kann dann wenigstens nicht riechen und schmecken. In der
Versammlung aber war es schön, und die Geschwister
waren sehr dankbar, daß ich bis zu ihnen hinaufgekommen
war. Am Sonntagabend bin ich wieder abgereist und kam
Montagnachmittag, sehr müde und abgespannt, hier an.
Doch dem Herrn sei Dank, daß ich noch etwas aushalten
kann! Am Abend fand schon eine Versammlung statt.
Der Herr hat mir gestern auch eine rechte Erquickung
geschenkt. Hier im Hause weilt nämlich eine junge
Nürnbergerin, die Tochter einer gläubigen Witwe, zu Besuch.
Sie wurde durch das Wort, das sie vorgestern abend
hörte, so ergriffen, daß sie die ganze Nacht schlaflos, in
großer Unruhe, zubrachte und gestern noch Frieden fand.
Eine andere angesehene Frau, mit der ich eine längere Unterredung
hatte, ist dadurch ebenfalls sehr beunruhigt worden.
Sie sagt, ich sei ein harter Mann, der ihr alles genommen
habe, und läuft nun angsterfüllt im Hause umher.
Ein Bruder G. aus P. meint auch, ich müsse es doch
wohl ein wenig zu arg gemacht haben, sie sei eine so gute
Frau. Aber ich bin anderer Meinung. Ich weiß, daß ich
den wunden Fleck getroffen habe. Das Weitere wird der
Herr tun...
Ich gedenke viel an Euch vor dem Herrn und freue
mich sehr, daß Ihr dasselbe für mich tut. Der Herr wird
auch unser Flehen erhören und unseren Lauf weiter segnen
zu Seiner Verherrlichung.
— rZ7 —
Hakokus 3, 1-12
O die Sünden der Zunge! Wie unzählig sind sie! Betrachten
wir sie im Lichte dieses Kapitels, so verstehen wir,
daß Jesaja angesichts der Herrlichkeit Jehovas ausruft:
„Wehe mir! denn ich bin verloren; denn ich bin ein Mann
von unreinen Lippen!" (Jes. 6, S.) Beschäftigen wir uns
einen Augenblick mit den Zungensünden
1. in Bezug auf uns selbst.
Wir sind alle geneigt, uns selbst zu rühmen und so
unwillkürlich zu übertreiben. Wir erzählen Geschichten,
die zu unserem eigenen Lob ausschlagen sollen. Es gelingt
uns auch, die Aufmerksamkeit anderer auf unsere Worte
und Taten zu lenken. Ja, sogar bei der Verkündigung
der Heilsbotschaft Gottes verstehen wir es, zu zeigen, daß
wir einen tieferen Einblick in die Wahrheit haben, in engerer
Verbindung mit Gott stehen als unsere Brüder.
2. in Bezug auf andere.
Wir verfehlen uns gegen die Höflichkeit und werden
schroff, herausfordernd, hart; oder gegen die Reinheit, indem
wir etwas erzählen, das einen Flecken zurückläßt;
oder gegen die Wahrheit — durch Unaufrichtigkeit, Zweideutigkeit
oder gar Verstellung; oder gegen die Liebe —
wir sind streng und unversöhnlich gegen unsere Brüder
und Mitmenschen. Vielleicht machen wir uns auch, um
uns mit anderen gut zu stellen, der Schmeichelei und
Augendienerei schuldig.
3. in Verbindung mit unserer Arbeit für den Herrn.
Wir sind in Gefahr, andere Diener Gottes herabzusetzen.
Vielleicht rühmen wir in ihrer Hörweite die guten
Ansprachen, die sie gehalten haben, während wir hinter
138
ihren: Rücken eine Kritik an ihren Worten üben, die deren
Wirkung auf andere abschwächt oder gar vereitelt.
Wie notwendig ist uns doch die Bitte des Psalmisten:
„Setze, Jehova, eine Wache meinem Munde; behüte die
Tür meiner Lippen!" (Ps. 141, 3.)
dir llZerwlnöer von Offenbarung 15
In Offbg. 15 sehen wir die Überwinder über das
Tier ihren Sieg feiern. Sie stehen da, wie einst Israel
an: anderen Ufer des Roten Meeres. (2. Mose 15.) Triumphierend
stehen sie an dem gläsernen Meere, und aus
der Art, wie sie ihren Sieg besingen, können wir erkennen,
wie sie ihn errangen. In dem Loblied am Noten Meer
verkündeten Moses und die Kinder Israel nicht nur die
Tatsache des Sieges, sondern auch dessen Charak-
t e r. Sie sangen von Roß und Reiter, die ins Meer gestürzt
wurden, und verherrlichten Gott als Den, der mächtig
ist in: Streit, der Seine Feinde wie einen Stein in die
Tiefe sinken ließ, sodaß die Wasser sie bedeckten. Israel
selbst hatte nicht gestritten. Wie das Lied besagt, war der
Streit ganz des Herrn gewesen. So zeigt uns, wie nur
scheint, das Lied in Offbg. 15 gleicherweise, in welcher
Kraft und mit welchen Waffen der heiße, jetzt zum siegreichen
Ende geführte Kampf gckämpft worden ist.
Die ganze Erde hatte sich über das Tier „verwundert"
und es „angebetet". (Kap. 13.) Seine Macht schien so
groß und seine Geschichte so wunderbar, daß alles sich
vor ihm beugte, ausgenommen dieser Überrest. Diese
Wenigen allein hatten dem Tier die Anbetung verweigert,
und sie hatten ihre Treue gegen Gott mit dem Leben be
— rzy —
zahlen müssen. Den Kampf selbst beschreibt das Lied
nicht, wohl aber deutet es an, in welcher Kraft und mit
welchen Waffen sie gekämpft hatten. Was war nun daö
Geheimnis ihres Sieges? Einfach dies, daß ihre Verehrung
und ihre Anbetung ihrem Herrn und Gott galt,
während die Welt sie dem Tiere zollte und sich verwunderte
über dessen Größe und wunderbare Gewalt. Sie dagegen
waren voll heiliger und bewundernder Anbetung
gegen den allmächtigen Gott, den Gott der Herrlichkeit,
gewesen. Sie hatten Seine Werke bewundert, hatten
Seine Kraft erfahren, und aus der Fülle ihres Herzens
redet auch hier ihr Mund. Die Welt hatte das Tier gefürchtet,
d. h. denjenigen, der wohl den Leib töten konnte,
sie dagegen hatten Ihn gefürchtet, dessen Gerichte, wie
sie wohl wußten, bald hereinbrechen würden. Sie hatten
gelebt im Glauben an das Wort des Engels, das sie vernommen
hatten. (Vergl. Kap. 44, 7 mit Kap. t5, 4.)
Der kurze, aber schöne Gesang am gläsernen Meere
verkündet also, gleich dem Liede Moses' am Roten Meere,
w i e die Überwinder zum Sieg gelangten. Nur wurde der
Sieg gegen den Pharao und seine Heeresmacht allein
durch Jehova für Israel erstritten, während der Kampf
gegen das Tier durch Seine treuen Knechte geführt werden
wird, obwohl in der Kraft des Heiligen Geistes, der
sie in ihrem Zeugnis stärkt und sie leitet.
Haben diese Ausblicke in die Zukunft nicht auch uns
etwas zu sagen, lieber gläubiger Leser? Sollten wir uns
nicht warnen lassen durch den Charakter der bevorstehenden
Niederlage der ganzen Welt und ermutigen durch den
Sieg jener Märtyrer? Wie wir hörten, wird die ganze
Welt sich zu einer schamlosen Anbetung des Tieres ver
— r4o —
führen lassen durch ihre Verwunderung und ihr Staunen
über seine großen und wunderbaren Taten. Ist das nicht
ein ernster Hinweis für uns, nicht der Menge zu folgen
in ihrer abgöttischen Bewunderung all der großartigen
Werke der heutigen Zeit? Sicherlich stehen auch wir in Gefahr,
uns von dem Geist der Zeit anstecken zu lassen. Was
aber stellt uns sicher gegen diese Gefahr? Das Wachsen
in der Bewunderung unseres Herrn
Jesus Christus. Unsere Sprache sollte allezeit sein:
„Groß und wunderbar sind Deine Werke!" Praktischerweise
sollten wir bekennen, daß E r auf dem Throne sitzt,
während die ganze Welt auf dem Wege ist, daö Tier als
König anzuerkennen.
Und wenn nun diese Dinge anfangen zu geschehen,
wenn die Bewunderung der großen und wunderbaren
Werke des Menschen unsere Tage kennzeichnet, so
sollen wir daran erkennen, daß die Dinge ihrem Ende
entgegenreifen und die Gerichte des Herrn in kurzem hereinbrechen
werden.
Cs geht in unsern Tagen ein Rauschen durch die Welt,
Als stürmten heft'ge Winde durchs dürre Ahrenfeld.
Cs rauscht, als sei gekommen der Erde Erntezeit;
Cs rauscht, als wollt' cs sagen: Macht, Schnitter, euch bereit
Cs rauscht, als schäume zornig ringsum das Völkermecr,
Es rauscht, als zögen Wetter mit Sturmgebraus einher.
Cs rauscht so ernst und düster und zeigt vernehmlich an,
Daß die Gerichte Gottes mit Blitzcseile nahn.
Geliebte! laßt uns wachen und Ihm entgegen gehn;
Cs ist die letzte Stunde, in der wir wartend stehn.
Bald ist der Kampf beendet, durchlaufen bald die Bahn,
Dann will der Herr belohnen, was wir für Ihn getan.
„Linder, die in der Wahrheit
wandeln"
(I. Joh. r und z, I -z.)
In dem Briefe an die Römer werden die Gläubigen
gleichsam als angenommene Söhne betrachtet. Von
Natur fern von Gott, gottlose Sünder und Feinde, sind
sie jetzt durch Gottes Gnade freigemacht und durch den
Tod Seines Sohnes mit Ihm versöhnt, und indem sie
durch den Geist Gottes geleitet werden, „in welchem sie
rufen: Abba, Vater!" erweisen sie sich als Söhne. (Kap.
8, rs.)
Der Apostel Johannes geht in seinem ersten Brief
einen bedeutsamen Schritt weiter. Wir sind hier nicht nur
angenommene Söhne, sondern stehen, als aus Gott geboren,
in dem innigsten Kindesverhältnis zu Ihm.
Während uns der Römerbrief daher auch mehr unsere
Verantwortlichkeit vor Gott vorstellt, werden nur von Johannes
mit all den Vorrechten bekannt gemacht, die eine
wahre Kindesstellung mit sich bringt. Wir sind aus
Gott geboren und darum Seine eigenen, vielgeliebten
Kinder. Wohl werden wir auch im Römerbrief „Kinder"
genannt, aber wir fühlen doch unwillkürlich, daß der
Brief des Johannes uns weiterführt, ähnlich wie in dem
Herzen eines angenommenen Kindes nicht dasselbe Glück
oder dieselben Gefühle sein können, wie in dem eines
eigenen.
Der Apostel beginnt seinen Brief mit den Worten:
„Was von Anfang war, was wir gehört, was wir mit
r42
unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere
Hände betastet haben, betreffend das Wort des Lebens;
(und das Leben ist geoffenbart worden, und wir haben
gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige
Leben, welches bei dem Vater war und uns geoffenbart
worden ist)". Dieses ewige Leben, das bei dem Vater war,
und durch welches wir nun Gemeinschaft haben mit dem
Vater und dem Sohne, ist eö, womit der Heilige Geist
unsere Gedanken beschäftigen möchte, und zwar in der
Absicht, „daß unsere Freude völlig sei". Dieses Leben ist
uns geoffenbart worden, hat uns seinen Stempel aufgedrückt,
verbindet uns mit Gott und stellt uns in dasselbe
Verhältnis zu Ihm, in welchem Christus selbst als Mensch
zu Gott steht.
Wie außerordentlich kostbar ist das! Es ist ein
Mensch, den die Apostel „gehört, gesehen, angeschaut
und mit ihren Händen betastet", und den sie uns dann
„bezeugt und verkündigt" haben. Es ist ein Mensch,
erhöht zur rechten Hand Gottes, der unser Leben
i st. Mit Ihm und in Ihm sind wir mit Gott verbunden
für Zeit und Ewigkeit, indem wir durch Sein Blut von
aller Sünde, die vordem eine solche Verbindung unmöglich
machte, gereinigt sind.
Zu Anfang des 2. Kapitels lesen wir dann die Worte:
„Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, auf daß ihr nicht
sündiget". Der Apostel gebraucht hier nicht das Wort
„Kindlein" (kleine Kinder), sondern er wendet sich ganz
allgemein an seine Kinder, an- die, welche er zu Gott hatte
führen dürfen. Wer aus Gott geboren ist, sollte nicht mehr
sündigen. Die Erkenntnis Christi bewahrt uns vor der
Sünde. Wenn wir mit Christo in wahrer, inniger Her
— 143 —
zensbekanntschaft stehen, so lernen wir die Sünde in jeder
Form verabscheuen. Manche Gläubige meinen, man
müsse unter dem Gesetz stehen, um vor dem Fallen in die
Sünde bewahrt zu bleiben; das sei dec einzige Weg, um
nicht in die Sünde verstrickt zu werden. Aber ihre Worte
beweisen, daß sie wenig oder gar nichts davon verstehen,
was es heißt, mit Christo verbunden zu sein und in Ihm
zu bleiben. Die Jünger mußten ein Stück hinter Jesu zurückbleiben,
wenn sie darüber streiten wollten, wer von
ihnen der Größte sei. Wenn sie unter dem Eindruck gestanden
hätten, daß ihre Worte Sein Ohr erreichten, dürften
sie wohl nicht miteinander gestritten haben. Geradeso
ist es mit uns. Entfernen wir uns von Ihm, so werden
wir bald in einer Weise handeln, die Seiner unwürdig ist.
Halten wir uns nahe bei Jesu, so ist das unmöglich.
Wie könnten wir in Seinen Händen und Füßen die Zeichen
Seiner tiefsten Erniedrigung übersehen, die durch unsere
Sünde verursacht worden ist? Nein, in alle Ewigkeit
werden wir diese Merkmale sehen. „Ich sah inmitten
des Thrones und der vier lebendigen Wesen und inmitten
der Ältesten ein Lamm stehen wie geschlachtet." (Offbg.
S, 6.) In der Nähe des geschlachteten Lammes können
wir nicht sündigen.
Aber wenn ein Gläubiger sich nun doch einmal von
Ihm entfernt und sündigt, gibt es dann kein Heilmittel
für ihn? Doch, Gott sei dafür gepriesen! Gäbe es ein solches
Heilmittel nicht, wo würden wir alle heute sein? Höre,
was Johannes sagt: „Und wenn jemand gesündigt hat —
wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum,
den Gerechten". „Wenn jemand", beachten wir
es wohl, eö heißt nicht: „wenn ihr". Daraus geht her
444
vor, daß ein solcher Fall gar nicht als allgemein angenommen
wird. „Wenn jemand", d. i. wenn das einmal
vorkommen sollte — es sollte nicht geschehen — so gibt
es Einen, der zur Rechten Gottes erhöht ist, der sich dort
befindet als unsere Gerechtigkeit und uns deshalb in Gnaden
vertreten und sich für unö beim Vater verwenden
kann. „Er ist die Sühnung für unsere Sünden." Welch
ein Segen für uns zu aller Zeit! Iemehr ich mich selbst
kennen lerne und erfahren darf, wie meine Seele wiederhergestellt
wird, falls ich gesündigt habe, destomehr lerne
ich die wunderbare Tatsache schätzen, daß „Er die Sühnung
ist für unsere Sünden".
„Fünfzehn Jahre", sagte einst ein Evangelist, „bin
ich nun schon, das Heil Gottes verkündigend, durch die
Welt gezogen, aber heute sind Botschaft und Arbeit süßer
für mich, als sie es im Anfang waren." Warum wohl?
Das Erlösungswerk war umso wertvoller für ihn geworden,
jemehr er sich selbst kennen gelernt hatte. Je tiefer
die Wurzeln eines Baumes sich in die Erde graben, destomehr
breiten sich seine Aste gen Himmel aus. Je tiefer
eine Seele in die Erkenntnis der Sünde und des eigenen
Ichs eindringt, desto höher erhebt sie sich in die Erkenntnis
und Gemeinschaft Dessen, der sie von dem sündigen
Ich freigemacht hat.
Ein anderes Bild: Der Ballast eines Schiffes muß
vermehrt werden, wenn mit mehr Segeln gefahren werden
soll. Die Gefahr für das Schiff liegt nicht in den vielen
Segeln, sondern in dem Fehlen des für die Zahl der Segel
nötigen Ballastes. Mit anderen Worten: die Gefahr besteht
für unö nicht so sehr darin, daß wir viele hohe und
himmlische Wahrheiten besitzen, als vielmehr darin, daß
— 445 —
diesem Besitz in uns nicht das entsprechende Gefühl von
dem gegenübersteht, was wir in uns selbst sind. Wenn
unser Bekenntnis über das hinausgeht, was wir wirklich
besitzen und praktisch darstellen, so müssen wir dafür büßen.
Wir öffnen dem Feinde dadurch die Tür, und er
dringt ein, raubt und zerstört.
In Kain haben wir das Bild eines natürlich religiösen
Menschen. Er erweist sich in der Schrift überall als
völlig wertlos, einem Baume gleich, der nur Blätter hervorbringt
und deshalb umgehauen wird. Gott gibt den ersten
Menschen völlig auf und führt Christum ein. Alle, die
jetzt in Christo sind, wurden durch Seinen Tod von ihrer
alten Abstammung befreit. Auf dem Kreuze fand der erste
Mensch vor Gott sein Ende. Christi Tod hat mich von
dem ersten Menschen getrennt, nicht dem Leibe, aber dem
Zustande nach. Alles, was in unserer Natur mit Sünde
zusammenhängt, hat für den Gläubigen ein Ende gefunden
am Kreuze von Golgatha. Die Sünde im Fleische
wurde dort verurteilt, und unsere Beziehungen zu dem
alten Adam wurden gelöst. Wir sind jetzt Menschen
„in Christo", und „wenn jemand in Christo ist, da ist eine
neue Schöpfung". (2. Kor. 5, 47.) Bald wird unser geliebter
Herr wiederkommen, um dann der Sünde in jeder
Form ein Ziel zu setzen. Einmal wird die Sünde „abgeschafft"
sein. (Hebr. 9, 26.) Aber bis dahin sind wir,
die wir jetzt noch diesen sündigen Leib an uns tragen,
mit Ihm, dem zweiten Adam, verbunden und haben, was
unsere Stellung vor Gott betrifft, nichts mehr mit dem
ersten Menschen zu tun. Der Tod Christi hat diesem Verhältnis
ein Ende gemacht, und wir gehören jetzt dem zweiten
Menschen an und folgen Ihm nach. Mit der Braut
— 44b —
im Hohenliede dürfen wir sagen: „Mein Geliebter ist
mein, und ich bin Sein", und: „Ich bin meines Geliebten,
und mein Geliebter ist mein", und: „Ich bin meines
Geliebten, und nach mir ist Sein Verlangen" — gleichsam
eine dreifache Kette der innigsten Verbindung zwischen
Ihm und uns.
Damit entsteht ganz von selbst die Frage: Wie verhalten
wir unö dieser Verbindung gegenüber? Schämen
wir uns ihrer? Er schämt sich nicht, uns „Brüder" zu
nennen. Er schämt sich unser nicht vor den Engeln Gottes.
Manche Menschen lieben es nicht, Leute, die gesellschaftlich
unter ihnen stehen, an ihrem Tische zu haben.
Sie schämen sich ihrer vor ihresgleichen oder vor den
Dienstboten, die um sie her stehen. Der Sohn Gottes aber,
mit allen Engeln um Ihn her, schämt sich nicht, uns dort
bei sich zu haben! O, mein lieber gläubiger Leser, wenn
Er uns auserwählt hat, ja, wenn Er sich danach sehnt, uns
einst an Seinem Tische zu sehen, wenn Er sich nicht
schämt, uns dort in solcher Gesellschaft bei sich zu haben,
wie könnten, wie dürften wir uns dann Seiner hienieden
schämen?
Nein, ein fröhliches Wandeln mit Ihm, nicht widerstrebend,
nicht halbentschlossen, ist das gesegnete Teil des
Gläubigen. Wie manche Frau geht mit ihrem Manne durch
Schwierigkeiten und Entbehrungen aller Art! Sie könnte
es bequemer haben, könnte vielleicht mancherlei Annehmlichkeiten
genießen, wenn sie ihm den Rücken kehrte; aber
die Liebe ihres Mannes steht ihr unendlich höher als alles
andere. Sie zieht seine Gesellschaft allen äußeren Annehmlichkeiten
vor und kann diese um seinetwillen gut entbehren.
Und wir? Wenn Jesus uns Seine wunderbare Liebe
r47
zugewandt hat, sollte unser Herz dann nicht nur für Ihn
schlagen? Wollen wir nicht auch sagen: „Mag kommen
was will, wir gehen mit Ihm"? Fürwahr, in Seiner
Gemeinschaft werden alle bitteren Wasser süß. Der stille,
verborgene Umgang mit Ihm ist ein wunderbares Hilfsmittel
in allen Lagen. Er wirkt wie der günstige Wind,
der die Segel des Schiffleins füllt und eö dem Heimathafen
zutreibt. Er macht unsere Freude in der Hoffnung
der Herrlichkeit völlig.
Und haben wir uns einmal von Ihm entfernt, und
unsere Gemeinschaft mit Ihm ist gestört, die Seele niedergedrückt
und verwundet, so dürfen wir wieder erfahren,
wie schnell Seine Hilfe da ist, ja, wie Er schon längst
für uns tätig war, um uns zurechtzuhelfen und unsere
Herzen wieder froh und glücklich zu machen. Er ist immer
für uns da, bereit, den Schaden zu heilen. Er betet für
uns, damit wir zur Einsicht kommen, und wäscht uns
die Füße, wenn unsere Gewissen aufgewacht sind. Ja, Er
ist in jeder Beziehung unser Trost und Helfer. Wenn die
Winde der Umstände heftig wehen, so ist Er da und kommt
uns auf den hochgehenden Wogen entgegen. Er will mit
uns gehen, aber soll Er das tun, so müssen wir mst
Ihm gehen. Dann leuchtet uns Sein Licht auf dem finsteren
Pfade, und wir gehen niemals fehl. An Seiner
Seite wandeln wir dann den Weg des Gehorsams, in
Seinem vertrauten Umgang lernen wir Weisheit und Verständnis.
Wir wachsen nach dem inneren Menschen und
werden aus „Kindlein" „Jünglinge", aus „Jünglingen"
„Väter". (Schluß folgt.)
448
Ist die Versorgungsfrsge der Steuer
des Herrn in der Schrift geregelt?
Diese Frage kann von vornherein mit „Ja" beantwortet
werden, denn Gott ist nicht nur „ein Gott der
Ordnung", sondern Er liebt auch Seine Knechte und ist
für ihr und der Ihrigen Wohl besorgt. Nur das „Wie"
der Versorgung erfordert ein gewisses Maß von geistlichem
Verständnis. Besonders schwierig ist es für solche
Diener des Herrn, die infolge ihrer Lebenslage von der
Vorsorge Gottes für Seine Diener ausschließlich Gebrauch
machen müssen. Nicht darum ist es schwer, weil sie die
Anordnungen Gottes nicht kannten oder nicht klarzustellen
wüßten, sondern weil die Gläubigen diesen Anordnungen
oft so kühl gegenüberstehen; und selbst bei einer durchaus
schriftgemäßen Auslegung der einschlägigen Stellen
werden so gern eigennützige Beweggründe des Vortragen­
den vermutet.
Ohne Zweifel übernimmt der Herr, wenn Er einen
Diener in die Arbeit stellt, auch die Sorge für sein irdisches
Auskommen. Aber Er hat und benutzt Handlanger
dazu, zuweilen vielleicht die Vögel des Himmels, in der
Regel aber die Seinigen. Deshalb hat Er auch in Seinem
Worte klare Richtlinien niedergelegt für alle, die ein Herz
für Ihn, für Seine Versammlung und für das
weite Feld der A r b e i t im In-und Auslande haben.
In 4. Kor. 9, 4 ff. stellt der Apostel einen Nechts-
grundsatz fest. Jeder vorurteilsfreie Leser wird ihn verstehen.
Doch ist es beachtenswert, daß er selbst den Korinthern
gegenüber von seinem Recht als Diener des Herrn
niemals Gebrauch gemacht hat. (Siehe 4. Kor. 9, 42. 45;
749
2. Kor. 77, 7—72.) Warum nicht? Einen Grund gibt
der Apostel an: er wollte damit den bösen Arbeitern in Korinth
jede Gelegenheit abschneiden, ihn zu verleumden und
sich selbst zu rühmen. Aber es gab noch, einen anderen
Grund. Die Korinther waren nicht in der geistlichen Verfassung,
um dem Apostel mit ihren Gaben dienen zu dürfen.
Vielleicht hätten sie sich dessen in fleischlicher Weise
gerühmt, oder gar, gleich den „betrügerischen Arbeitern",
dem Apostel niedrige Beweggründe untergeschoben, anstatt
Gott dafür zu danken, daß sie wert geachtet wurden,
mit ihren Gaben an der Arbeit des Apostels im Werke
des Herrn teilnehmen zu dürfen.
Fürwahr, ein ernstes Vorbild für alle wahren Diener
Gottes! Man erlebt es heute wohl nicht oft, daß ein Diener
des Herrn aus obigen Gründen eine Gabe verweigert.
Paulus lehnte sie nicht ab, weil die Versammlung arm
war. Korinth war eine der reichsten Versammlungen, aber
sie war sehr arm in geistlicher Hinsicht, und der treue
Mann wünschte, daß ihr das zum Bewußtsein kommen
möchte. Machen wir heute nicht zuweilen den Fehler, durch
sittliche Mittel einen Zwang auf die Geschwister auszuüben,
damit doch eine gewisse, nötig erscheinende Summe
aufgebracht werde, ohne daß die Herzen durch die Liebe
und Gnade des Herrn wirklich zubereitet sind für diese
Gnade des Gebens? (2. Kor. 8 u. 9.) Für Leben und Wirken,
für Dienen und Geben darf nur die Liebe Quelle
und Triebkraft sein. DieAnstellung eines Bruders zu
solchem Dienst gegen Lohn ist darum nicht schriftgemäß,
wie man ja auch niemand anstellen kann, Liebe zu üben.
Jeder wahre Dienst geht hervor aus der Liebe, die der Liebe
Gottes entspringt.
— iso —
Aber redet der Apostel nicht davon, daß er Lohn
empfangen habe zur Bedienung der Heiligen? Und sagt
die Schrift nicht auch, daß „der Arbeiter seines Lohnes
wert ist"? Sicherlich. Und wenn die Schrift in dieser
Beziehung von Lohn redet (vergl. 1. Kor. 9, 17. 18;
2. Kor. 11, 8; 1. Tim. 5, 18), so handelt eö sich um
einen rechtlichen Grundsatz, den der Herr in Gnade
in Seiner Sorge für Seine Diener zu ihrer Ermutigung
niedergelegt hat. Einerseits gibt dieser Rechtsgrundsatz
dem Diener Gottes das Vertrauen, daß der H err,
dessen er ist und dem er dient, für ihn sorgt, und a n -
derseit 6 stellt er jeden, dem der Dienst zugute kommt,
vor die prüfende Frage, ob er diesen Nechtsgrundsatz zum
- Wohl der Diener des Herrn, die Sein Werk treiben, praktisch
zur Ausführung bringt. (1. Kor. 9, 11; Gal. 6,6
u. a. St.)
Wo im Laufe der Zeit von der einen oder der anderen
Seite die göttlichen Vorschriften nicht beachtet wurden,
sei es infolge von Vergeßlichkeit oder Leichtfertigkeit,
offenbarten sich über kurz oder lang traurige Zustände,
durch die der Name des Herrn verunehrt wurde.
So wird uns in 1. Sam. 2, 12—17 ein geradezu
schrecklicher Zustand geschildert, der durch die Söhne Elis
hervorgerufen worden war. Sie werden Söhne Belials
genannt, weil sie in der abscheulichsten Weise Gewalt
anwandten, um sich nicht nur in den Besitz dessen zu bringen,
was ihnen zukam, sondern auch dessen, wonach es sie
gelüstete. Daß einem solchen Zustand das ernste Gericht
Jehovas folgen mußte, bedarf keiner Frage.
In Neh. 13, 10. 11 finden wir einen Zustand, in
dem die Vergeßlichkeit desVolkes Gottes eine Rolle
— k5b —
spielte. Auch er war schlimm. Die TeilederLeviten
waren nicht gegeben worden. Infolge dessen waren die
Leviten und Sänger, „welche das Werk taten", ein jeder
auf sein Feld geflohen; sie hatten Hunger, denn da, wo
sie für ihre Lebensbedürfnisse etwas hätten finden sollen,
am Altar Jehovas, fanden sie nichts. Das Haus
Gottes war verlassen worden. (V. 1U.) Die Verse U
bis zz zeigen dann die wiederhergestellte Ordnung.
Im Gegensatz zu den angeführten Beispielen finden
wir in 2. Chron. Zb, 2—10 einen regelrechten Zustand.
Dort umfloß den Altar Gottes der tiefe, volle Strom
der Hingebung. Die Kinder Israel brachten reichlich
Erstlinge, sie legten Haufen bei Haufen. Jehova
wurde gepriesen, die Priester aßen, wurden satt
und ließen übrig. Dieser regelrechte und gesunde Zustand
erfüllte daö Herz Gottes und das Herz Seiner
Diener mit Freude.
Daö Wort Gottes läßt uns nicht im unklaren darüber,
wie wenig das Zahlen eines Gehalts auö Vereinsoder
gar Staatskassen den Gedanken des Herrn entspricht.
Aber auch das mag daraus ersehen werden, wie ernst
es ist, wenn die Gläubigen auö Vergeßlichkeit, Nachlässigkeit
oder gar auö Geiz den „Altar Gottes" und damit
Seine Diener und Sein Werk vergessen.
Werfen wir in Verbindung mit der behandelten Frage
schließlich noch einen Blick auf den vollkommenen Diener
Gottes, den Herrn Jesus selbst. Luk. 8, Z gibt unö
darüber Aufschluß: „Und gewisse Weiber, die von bösen
Geistern und Krankheiten geheilt worden waren: Maria,
genannt Magdalene, von welcher sieben Dämonen
ausgefahren waren, und Johanna, das Weib Chusas,
152
des Verwalters Herodes', und Susann», und viele
andere (Weiber), die Ihm dienten mit ihrer
Habe".
Glückliche Weiber! Möchten auch wir von Ihm gekannt
sein als solche, die Ihm dienen mit ihrer Habe
in den verschiedenen Zweigen Seines Werkes! Die Philippe«:
bewiesen Teilnahme am Evangelium (Kap. i, 5),
sie waren Mitteilnehmer der Gnade (Kap. 1, 7), Mitkämpfer
(Kap. 1, 27) und Mitteilnehmer an der Drangsal
und Notdurft des Apostels. (Kap. 4, 14—16; 2.
Kor. 8, 1—4.) Mit einem Wort, sie drückten in allem
ihre liebende Gemeinschaft mit dem Apostel Paulus aus.
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung
üver Epheser 17—6
v.
Kapitel 6. — Der Apostel setzt in diesem Kapitel
seine Ermahnungen an die verschiedenen Klassen der
Gläubigen fort. Er wendet sich zunächst an dieKinde r,
dann an die Eltern, weiter an die Knechte oder
Sklaven und schließlich an die Herren. Eö ist die
Weise des Heiligen Geistes, mit den Schwächeren oder
mit denen, deren Stellung durch Unterwürfigkeit gekennzeichnet
ist, zu beginnen. So nennt Er auch hier die Weiber
vor den Männern, die Kinder vor den Eltern, die
Knechte vor den Herren. Er hat auch Worte ernster Ermahnung
für die Männer, Väter und Herren. Aber obwohl
es allen Heiligen geziemt, einander unterwürfig
zu sein in der Furcht Christi (Kap. 5, 21), und alle
— r53 —
zum Gehorsam Jesu Christi berufen sind (1. Petr, t, 2),
wird der Grundsatz des Gehorchens doch den in einem
Abhängigkeits-Verhältnis stehenden Gläubigen ganz besonders
eingeschärft.
„Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern im Herrn,
denn das ist recht." (V. r.) So schön und lieblich die
natürliche Zuneigung zu und die Achtung vor den Eltern
auch ist, genügen beide doch noch nicht für christliche
Kinder. Im Herrn ist für sie Vorbild und Kraft zu
allem. Wie war Jesus selbst Seinen Eltern untertan, als
Er den Platz eines Kindes hienieden einnahm! Wie wußte
Er, in voller Abhängigkeit vom Vater, diesen Platz unter
allen Umständen zu bewahren! Eltern mögen heute unbekehrt
sein, oder sich des Namens Christi unwürdig verhalten;
aber gläubige Kinder haben, unter völliger Anerkennung
ihrer Beziehung zu ihren Eltern, das Vorrecht,
ihnen „im Herrn" zu gehorchen. Das mag unter
Umständen nicht leicht sein, aber tun sie eö, so wird es
ihnen reichen Segen bringen für die Gegenwart sowohl,
als auch für ihr ganzes späteres Leben. Wie sehr sollten
das die Heranwachsenden Kinder unter uns beachten und
sich vor allem vor dem Geist unserer Tage hüten, der
alle Autorität beseitigen möchte und nicht nur das Familienglück
zerstört, sondern auch ganze Völker ins Verderben
stürzt! ES ist „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit",
(2. Thess. 2, 7), das wir in erschreckender Weise um uns
her wirksam sehen.
Wie wichtig und Gott wohlgefällig eö ist, wenn Kinder
ihren Eltern den geziemenden Gehorsam erweisen,
zeigen uns die beiden nächsten Verse. Das Gebot: „Ehre
deinen Vater und deine Mutter", ist das erste Gebot,
rs4
das Verheißung hat. Einem Kinde, das so handelt, soll
es wohlgehen auf der Erde. Das Z5. Kapitel des Propheten
Jeremia berichtet uns von den Rekabitern, die ihren
Vater ehrten, und deren Kinder und Kindeskinder Jahrhunderte
lang sein Gebot hielten. Der Segen Jehovas
kam über sie, und Gott konnte sie dem ganzen Volke
Israel als ein leuchtendes Beispiel kindlichen Gehorsams
vor Augen stellen.
Der Ermahnung an die Kinder folgt die Warnung
für die Väter, ihre Kinder nicht zum Zorn zu reizen,
sondern sie in der Jucht und Ermahnung des Herrn aufzuziehen.
Wie genau kennt Gott unser aller Herzen! Er
weiß, wie aus der Mahnung, den Eltern zu gehorchen,
bei diesen, besonders bei den Vätern, eine übertriebene,
launenhafte Anwendung der ihnen übertragenen Gewalt
hervorgehen könnte, und anderseits ist Ihm die Neigung
unserer natürlichen Herzen bekannt, die Kinder mehr für
diese Erde als für Ihn zu erziehen. Wie ein Christ die erzieherischen
Wege Seines himmlischen Vaters mit sich
selbst und anderen kennen gelernt hat, so soll er sie auch
bei seinen Kindern in Anwendung bringen.
Den Sklaven ruft der Apostel zu, ihren Herren nach
dem Fleische, ob bekehrt oder unbekehrt, mit Furcht und
Zittern und in Herzenseinfalt zu dienen, als wenn der
Dienst Christo selbst dargebracht würde. Es ist beachtenswert,
daß der Geist Gottes die einmal vorhandenen gegenseitigen
Beziehungen bestehen läßt, obwohl die Sklaverei
gewiß nicht nach Gottes Wille war. So fordert Paulus
auch in seinem Brief an Philemon diesen nicht auf, den
Onesimus freizulassen, obwohl er es offenbar erwartet.
Welch ein Trost und eine Erleichterung für einen armen
455
Leibeigenen, in seiner Stellung als ein Sklave Christi
den Willen Gottestun und dem Herrn dienen zu können,
nicht den Menschen! Wie adelt doch das Christentum
alle Verhältnisse und gestaltet sie um ohne irgendwelchen
Umsturz oder Anwendung von Gewalt! Und der
Herr selbst will jeden treuen Dienst, der Ihm getan wird,
alles Gute, belohnen, schon hier und bald droben in Seiner
Herrlichkeit.
Die gläubigen Herren ihrerseits dürfen nicht vergessen,
welche Verpflichtungen auf ihnen ruhen, besonders
gläubigen Knechten gegenüber. Sie sollen ihnen nicht nur
gewähren was recht und billig ist (Kol. 4, 4), sondern
auch stets bedenken, daß sie einen gemeinsamen Herrn im
Himmel haben, bei dem es keinerlei Ansehen der Person
gibt. Wie schön und lieblich ist es, wenn alle, Knechte und
Herren, auf Gottes Wort hören und ihren Platz einnehmen
nach Gottes Gedanken! Die Herzen sind dann glücklich
und zufrieden, und Gott wird verherrlicht.
Zwischen Boas und seinen Schnittern (Ruth 2) bestand
ein solch liebliches Verhältnis. Ähnlich zwischen dem
Hauptmann und seinem Knecht in Luk. 7, t—40.
Mit dem to. Verse beginnt dann eine ganz neue
Belehrung für die Epheser im allgemeinen. Der Apostel
leitet sie mit dem bekannten „Übrigens" ein, daö wir so
manchmal in seinen Briefen finden: „Übrigens, Brüder,
seid stark in dem Herrn und in der Macht Seiner
Stärke". Und dann redet er von dem Kampf, den der
Christ zu bestehen hat, um die Segnungen, die es in den
himmlischen Örtern für ihn gibt, wirklich genießen zu
können. Mächtige Feinde sind dort, die ihm den Besitz
— rsb —
streitig machen wollen, geradeso wie in dem irdischen Kanaan,
in das Israel durch den Jordan (den Todesfluß)
einzog, zahlreiche und mächtige Feinde wohnten, die dem
Volke jeden Fußbreit Boden streitig zu machen suchten.
Damals waren es Menschen von Fleisch und Blut, heute
sind es „geistliche Mächte der Bosheit in den himmlischen
Ortern". Das ganze Land war Israel gegeben; aber
nur die Orte, auf die ihre Fußsohle trat, gingen
wirklich in ihren Besitz über. So mußten sie im Glauben
vorangehen, und wenn sie das taten, hielt kein Feind
vor ihnen stand. Himmelhohe Mauern stürzten von selbst
ein, Wagen und Reiter waren machtlos vor ihnen. Za,
während die Feinde vom Erdboden vernichtet wurden, kam
nicht e i n Mann aus Israel um. — Daß es bei Ai anders
war, wissen wir freilich, wir kennen aber auch die Ursache.
Auch in der Wüste hatte Israel zu kämpfen. Dort
suchten die Amalekiter und Midianiter sie zu schrecken,
indem sie sich ihrem Vordringen entgegenstellten; hier waren
es die Bewohner des Landes, die Kanaaniter, Hethiter
usw., die ihnen nicht erlauben wollten, das ihnen von
Gott geschenkte Erbe in Besitz zu nehmen. Dort handelte
es sich um gelegentliche Streite, hier um einen nie endenden
und nie ruhenden Kampf. Die Wüste ist vornehmlich
die Stätte der Versuchung, wo man zu lernen
hat, was Gott ist, und wo man erprobt wird, das Land
ist die Stätte des Kampfes. Zn die erste führt der
Durchzug durch das Rote Meer, das bekannte Vorbild
von dem Tode Christi füruns, in das zweite der Gang
durch den Jordan, das Bild von unserem Gesiorbensein
mit Christo. In der Wüste aß das Volk das Manna
— Christus als Mensch hienieden; in Kanaan nährte es
157
sich von dem Getreide des Landes — Christus als der verherrlichte
Mensch zur Rechten Gottes.
Für Israel kam zunächst die Wüste, dann das Land;
wir befinden uns gleichzeitig in beiden, in der Welt
(Wüste) und in dem Himmel (Kanaan).
Fünfmal kommt der Ausdruck „himmlische Orter"
im Epheserbrief vor, zweimal im ersten, je einmal im
zweiten, dritten und sechsten Kapitel. Dort sind wir mit
jeder geistlichen Segnung gesegnet in Christo; dort sitzt
der auferstandene und verherrlichte Mensch zur Rechten
Gottes. (Kap. 1.) Dorthin sind wir als Mitauferweckte
schon jetzt mitversetzt in Christo Jesu. (Kap. 2.) Von dort
aus schauen die himmlischen Fürstentümer und Gewalten
in der Versammlung die gar mannigfaltige Weisheit Gottes.
(Kap. 3.) Dort endlich wird der Kampf geführt wider
die Fürstentümer und Gewalten der Finsternis und Bosheit,
denn Satan ist mit feinen Heerscharen noch nicht
aus dem Himmel herabgeworfen. (Vergl. Offbg. 12.)
Alle wahren Gläubigen kennen den Kampf mit Satan,
sie können ihm nicht entgehen. Für sie alle ist Satan
auch ein überwundener Feind, dessen Macht gebrochen
ist. Darum werden sie ermahnt: „Widerstehet dem
Teufel, und er wird von euch fliehen". (Jak. 4, 7; vergl.
1. Petr. 5, 8. 9.) Aber wohl nicht alle kennen den Kampf
so, wie er hier im Epheserbrief beschrieben wird. Nicht
alle haben ihre Vereinigung m i t Christo droben und ihren
Platz in Ihm erfaßt. Nicht alle kennen ihre himmlische
Stellung als solche, die mit Christo gestorben, auferweckt
und in Ihm schon mitversetzt sind in die himmlischen Orter,
und deshalb auch nicht die wunderbaren Segnungen,
die mit dieser Stellung verbunden sind, obwohl sie selbst
158
verständlich allen Gläubigen gehören. Und was ich nicht
kenne und deshalb auch nicht bewußt besitze kann mir
nicht geraubt werden. Ich brauche nicht dafür zu kämpfen
auö dem einfachen Grunde, weil ich es nicht habe. Für
viele Kinder Gottes, so treu und gottesfürchtig sie sein
mögen, redet deshalb der 12. Vers unseres Kapitels eine
geheimnisvolle Sprache. Sie verstehen nicht, was sie aus
dem Kampf in den himmlischen Ortern machen sollen.
Und wir alle mögen uns wohl fragen, inwieweit wir
in bewußter Weise Besitz genommen haben von dem, waö
uns mit und in unserem verherrlichten Haupte droben geschenkt
ist.
Es bedarf kaum der Erwähnung, daß von einem
Kampf mit Satan überhaupt nur geredet werden kann
im Blick auf solche, die aus seiner Sklaverei befreit und
mit dem vornehmsten Kleide aus des Vaters Hause bekleidet
sind. Der natürliche Mensch wandelt ja „nach
dem Fürsten der Gewalt der Luft". (Kap. 2, 2.) Aber
so völlig jenes Kleid vor Gott genügt, reicht es doch nicht
aus dem Teufel gegenüber. Seine Macht ist, wie wir
hörten, durch unseren Herrn und Heiland zunichte gemacht.
Aber seine Listen bleiben, solang wir noch in
diesem Leibe wallen, und ihnen gegenüber bedürfen wir
der „ganzen Waffenrüstung Gottes". (V. 1.3.) Es gab
damals wie heute Leichtbewaffnete und Schwerbewaffnete,
aber das hier gebrauchte griechische Wort bezeichnet die
volle Rüstung des s ch w e r bewaffneten Kriegers. Sie
besteht aus sechs Stücken: aus Gurt, Brustharnisch, Schuhen,
Schild, Helm und Schwert. Als siebentes, alle übrigen
vollendendes und verbindendes Stück kommt daö Gebet
hinzu.
rsy
Sehr beachtenswert ist es von vornherein, daß es bei
diesem Kampfe keine Ruhepausen gibt, kein zeitweiliges-
Lösen oder gar Ablegen der Rüstung oder auch nur eines
Stückes derselben. Der Kampf währt unaufhörlich. Vielleicht
tobt er nicht immer mit derselben Heftigkeit — es
gibt besonders „böse Tage" — aber er währt bis ans
Ende, bis wir unseren Lauf vollendet und das Ziel erreicht
haben. Auch gibt es für den Kämpfer niemals ein Sitzen
oder Auöruhen. „Stehet nun!" heißt die Losung, und:
„Deshalb nehmet die ganze Waffenrüstung Gottes, auf
daß ihr an dem bösen Tage zu widerstehen und, nachdem
ihr alles ausgerichtet habt — nicht etwa zu ruhen,
sondern — zu stehen vermöget". Eine Zeit sorglosen
Ruhens, nachlässigen Sichgehenlassenö gibt eö für den
Streiter Gottes nicht. Satan würde den Augenblick unverzüglich
zu seinem Vorteil ausnützen. Er schläft nie,
und immer wieder ersinnt er neue Listen. Das ist ernst,
und wahrlich, wir müßten verzagen, wenn nicht „der Herr
und die Macht Seiner Stärke" (V. bO) auf unserer Seite
wären und uns allezeit zu Gebote ständen.
Epaphras
(K°l. 4, 2. ir.)
Zwischen den Berichten des Wortes Gottes über den
einen oder anderen Mann des Glaubens und allen menschlichen
Lebensbeschreibungen besteht ein auffallender Unterschied.
Kann von jenen meist gesagt werden: „viel in
wenigem", so muß es von diesen nur zu oft heißen:
„wenig in vielem".
Die Geschichte eines alttestamentlichen Gläubigen,
160
die den immerhin stattlichen Zeitraum von 365 Jahren
umfaßt, besteht aus nur zwei kurzen Sätzen, die also
lauten: „Henoch wandelte mit Gott. Und er war nicht
mehr, denn Gott nahm ihn hinweg". (1. Mose 5, 24.)
Wie kurz, und doch wie gehaltvoll und umfassend! Wie
viele Blätter möchte wohl der Mensch mit der Aufzeichnung
eines solchen Lebens gefüllt haben! Und doch, was
könnte mehr gesagt werden, als das was von Henoch geschrieben
steht? „Mit Gott wandeln" schließt alles ein,
was irgend Gutes von einem Menschen gesagt werden
kann. Ein Mensch mag um die ganze Erde reisen, unter-
allen Himmelsstrichen das Evangelium verkündigen, mag
für die Sache Gottes streiten und leiden, mag Hungrige
speisen, Nackte kleiden, Kranke besuchen, mag unermüdlich
schreiben und die gedruckten Schriften verbreiten —
mit einem Wort, er mag tun, was irgend für den Herrn
getan werden kann, dennoch läßt sich alles in den kurzen
Satz zusammenfassen: „Er wandelt mit Gott". Und welch
ein Glück für ihn, wenn es so zusammengefaßt werden
kann! Denn alles das, was soeben aufgezählt worden ist,
kann jemand tun, ohne wirklich zu verstehen, was es
heißt, mit Gott zu wandeln. Der Gedanke ist ernst und
von hoher praktischer Bedeutung. Er sollte uns anspornen,
jenes verborgene Leben mit Gott zu führen, ohne welches
der eifrigste Dienst sich als wertlos erweisen muß.
Die Art der Einführung des Namens Epaphras in
das Neue Testament ist schon von Belehrung. Viel wird
nicht von ihm gesagt, aber das Gesagte ist bestimmt und
voll Kraft. Seine Arbeiten, soweit der inspirierte Schreiber
sie ausgezeichnet hat, scheinen weder hervorragend noch
auffällig gewesen zu sein. Sie waren nicht darauf berech
— rsr —
net, die Blicke der Menschen auf sich zu ziehen, noch den
menschlichen Geschmack zu befriedigen, aber nichtsdestoweniger
waren sie von unschätzbarem Werte. Es waren
Arbeiten im Kämmerlein, Arbeiten hinter der verschlossenen
Tür, Arbeiten im Heiligtum, Arbeiten, ohne welche
alles übrige unfruchtbar und wertlos bleiben muß. Es
wird uns nicht gesagt, daß Epaphras ein begabter Prediger,
ein fleißiger Schreiber oder ein unermüdlicher Besucher
der Versammlungen hin und her gewesen sei; vielleicht
war er das eine oder gar alles, aber der Heilige
Geist hat uns nichts darüber mitgeteilt. Dieser einfache,
anziehende Charakter wird uns vielmehr in einer Weise
vorgestellt, die unsere Herzen aufs tiefste zu bewegen
vermag. Der Geist beschreibt ihn als einen Mann des
Gebets, und zwar des ernsten, inbrünstigen und ringenden
Gebets, nicht so sehr für sich selbst als für andere.
Betrachten wir aufmerksam das Zeugnis, das ihm ausgestellt
wird in den Worten: „Es grüßt euch Epaphras,
der von euch ist, ein Knecht Christi Jesu, der allezeit
für euch ringt in den Gebeten, auf daß ihr stehet vollkommen
und völlig überzeugt in allem Willen Gottes.
Denn ich gebe ihm Zeugnis, daß er viel arbeitet für euch
und die in Laodicäa und die in HierapoliS."
Das war Epaphras! Möchte er in unseren Tagen
viele Nachahmer finden! Wir sind dankbar für Evangelisten
und Lehrer, für schreibende und umherreisende Brüder,
aber was wir so dringend bedürfen, sind Männer
des Gebets, Männer des verborgenen Umgangs mit Gott,
Männer wie Epaphras. Wir freuen unö über alle, die
Christum in Lauterkeit verkündigen, über alle, die „mit
dem Griffel eines fertigen Schreibers" Sein Lob erzäh
162
len; wir sind glücklich darüber, wenn sie in wahrhaft
evangelischem Geist ihren Weg „über uns weiter hinaus"
nehmen, oder in der Gesinnung eines treuen Hirten hin-
und hergehen, um an jedem Ort ihre Brüder zu besuchen.
Gott erhalte sie und vermehre ihre Zahl! Wir schätzen sic
und ihren Dienst höher, als Worte es auszudrücken vermögen.
Aber dennoch bleiben wir dabei: was uns vor
allem nottut, ist ein Geist des Gebets, des wahren, anhaltenden,
ja, ringenden Gebets. Ohne Gebet kann nichts
gedeihen. Ein gebetloser Christ ist ein kraftloser Christ.
Gebetlose Evangelisten, Prediger und Schreiber werden
nicht viel Gutes stiften, gebetlose Hirten wenig Nahrung
für die Herde haben. Männer des Gebets, Männer
gleich Epaphras, deren Kämmerlein von ihren ringenden
Arbeiten Zeugnis geben, waren stets gesegnete Männer
und sind vor allem die rechten Männer für die gegenwärtige
Zeit.
Besondere Vorteile begleiten auch die Arbeiten im
Kämmerlein, Vorteile sowohl für die, welche sie verrichten,
als auch für die, zu deren Wohl sic geschehen. Zunächst
sind es stille, niemand belästigende Arbeiten. Sie werden
in der Zurückgezogenheit getan, in der heiligen, sich alles
unterwerfenden Einsamkeit der göttlichen Gegenwart,
wohin kein menschliches Auge dringt. Die Kolosser würden
wenig von der eifrigen Liebesarbeit des Epaphras gewußt
haben, wenn der Heilige Geist sie nicht erwähnt
hätte. Möglicherweise haben einige von ihnen gedacht, sie
entspreche nicht ganz seiner eifrigen Sorge für sie. Denn
damals wird eö auch wohl schon Personen gegeben haben,
welche, wie heute, die liebende Sorge und das Mitgefühl
eines Mannes an der Zahl seiner Besuche oder Briefe mes
t6Z
sen. Aber das ist keineswegs ein untrügliches Kennzeichen.
Man müßte jemand auf den Knieen beobachten können,
um einen richtigen Maßstab für seine Sorge und sein
Mitgefühl zu haben. Bloße Reiselust kann mich nach
Amerika oder Australien führen, um die Brüder zu besuchen,
oder Schreiblust mich anleiten, Briefe nach allen
Orten der Welt zu senden. Aber nur die Liebe zu den Seelen,
die Liebe zu Christo bringt mich dahin, in ausharrendem
Gebet für das Volk Gottes zu kämpfen, wie Epa-
phras es tat, damit „sie vollkommen und völlig überzeugt
in allem Willen Gottes stehen" möchten.
Weiter erfordern die wertvollen Arbeiten im Kämmerlein
keine besondere Gabe, keine hervorragenden Anlagen
oder Fähigkeiten. Jeder Christ kann sich damit
beschäftigen. Er mag nicht lehren, noch schreiben, noch
reisen können; aber er kann beten. Man hört oft von einer
Gabe des Gebets reden und versteht darunter die Fähigkeit,
eine Reihe von bekannten Wahrheiten aufzuzählen,
die das Gedächtnis festgehalten hat, als ob man Gott
einen Vortrag halten müsse. Ach! ein solches Reden vor
Gott ist nichts weniger als ein Gebet. Das war nicht die
Weise des Epaphras. Es ist auch nicht das, was wir
heute bedürfen und wonach wir uns sehnen. Was uns
nottut, ist ein wirklicher Geist des Gebets, ein Beten,
das in der Kraft des Heiligen Geistes in die gegenwärtige
Not der Gemeinde Gottes hienieden eintritt, das mit
dieser Not sich einsmacht und sie im Glauben und in
ernster, beharrlicher Fürbitte vor den Thron der Gnade
bringt. Ein solches Arbeiten kann zu allen Zeiten und in
allen Umständen geschehen. Morgen und Mittag, Abend
und Mitternacht sind für den Arbeiter im Kämmerlein
164
passend. Zu jeder Zeit kann das Herz mit Gebet und Flohen
zum Gnadenthron hineilen. Die Gegenwart unseres
Vaters ist uns immer zugänglich, und Sein Ohr uns
immer geöffnet. Wann oder womit wir auch kommen
mögen, Er ist immer bereit zu hören und immer bereit
zu antworten. Und Er ist ein Freund deö zudringliche
n Gebets. Es gibt keine Sprache, die Er mehr liebt
als diese: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn!"
Der Herr selbst hat gesagt: „Bittet — suchet — klopfet
an!" Er ermunterte einst Seine Jünger, „allezeit zu
beten und nicht zu ermatten", und immer wieder dursten
sie hören: „Alles, was irgend ihr im Gebet glaubend begehret,
werdet ihr empfangen"; oder: „Was irgend ihr
den Vater bitten werdet in meinem Namen, wird Er
euch geben"; oder: „Bittet, und ihr werdet empfangen,
auf daß eure Freude völlig sei". Und Jakobus schreibt:
„Wenn jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er
von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und
sie wird ihm gegeben werden". Diese Worte haben eine
allgemeine Anwendung. Sie sind auf alle Gläubigen auszudehnen.
Das schwächste Kind Gottes kann beten, kann
wachen, kann eine Antwort empfangen und dafür danken.
Ferner ist nichts so vorzüglich geeignet, unser Interesse
für das Volk Gottes zu vertiefen, wie die Gewohnheit
des beständigen Gebets für sein Wohl. Epaphras war in
hohenr Grade mit Teilnahme erfüllt für die Christen in
Kolossä, für die in Laodicäa und in Hierapolis. Diese
Teilnahme trieb ihn an zu beten, und seine Gebete weckten
und vermehrten wiederum seine Teilnahme. Jemehr
wir an jemandes Wohl und Wehe teilnehmen, destomehr
werden wir für ihn beten; und jemehr wir für ihn beten.
— rb5 —
destomehr wächst unsere Teilnahme für ihn. Wenn wir
eifrig und anhaltend für das Volk Gottes im Gebet
stehen, werden wir uns nicht nur über sein Wachstum und
seine Wohlfahrt freuen, sondern auch um immer
mehr Gnade für dasselbe flehen. Genau so ist es im
Blick auf die Unbekehrten um uns her. Wenn wir wirklich
in Liebe ihrer gedenken und für sie auf Gott warten,
werden wir ihre Bekehrung mit fleißiger Sorge suchen
und, wenn die Erhörung kommt, mit tiefer Dankbarkeit
sie begrüßen. Wie sollte uns das alles anreizen, dem
Epaphras nachzuahmen, dem der Heilige Geist in Verbindung
mit seinen Gebeten für das Volk Gottes den
ehrenvollen Titel beigelegt hat: „ein treuer Diener des
Christus für euch". (Kol. r, 7.)
Der höchste Beweggrund endlich, den Geist ernsten
Gebets in uns wachzurufen, liegt in der Tatsache, daß er
in Übereinstimmung ist mit dem Geiste Christi selbst.
Dieser Beweggrund ist in der Tat der erhabenste. Christus
ist allezeit für Seine Erlösten tätig, damit sie, wie
der Apostel sagt, „vollkommen und völlig überzeugt in
. allem Willen Gottes stehen" möchten; und wer nun in
dieser Hinsicht im Gebet beharrt, hat das hohe Vorrecht,
darin Gemeinschaft zu haben mit unserem großen Mittler,
Sachwalter und Hohenpriester. Wie wunderbar, daß
eö armen, schwachen Geschöpfen auf Erden erlaubt ist,
betreffs der gleichen Sache zu beten, welche die Gedanken
und das Interesse des Herrn der Herrlichkeit so
völlig in Anspruch nimmt! Welch ein mächtiges und zugleich
inniges Band bestand zwischen dem Herzen Christi
und dem Herzen des Epaphras, wenn dieser für seine
Brüder in Kolossä im Gebet rang!
— 166 —
Geliebte Brüder, laßt uns über Epaphras sinnen und
sein Beispiel nachahmen, indem auch wir für unsere Mitgläubigen
im Gebet beschäftigt sind! Wir leben in einer
Zeit, in welcher wir, wie schon wiederholt gesagt, Männer
bedürfen, die bereit sind, im verborgenen für das Werk
Gottes auf ihren Knieen zu arbeiten und, wenn eö so sein
sollte, selbst die edlen Bande des Evangeliums zu tragen.
Ein solcher Mann war Epaphras. Die erste Kunde, die
wir von ihm empfangen, zeigt uns ihn als einen Mann
des Gebets, und die letzte als einen Mitgefangenen des
großen Apostels der Nationen. (Philem. 23.)
Wir dürfen überzeugt sein, daß der Herr gern einen
Geist ernsten Gebets und anhaltender Fürbitte unter unö
wachrufen will. Möchten wir Ihm nur als Werkzeuge
zur Verfügung stehen, die Er im Geiste eines Epaphras
in Seinem Dienst gebrauchen kann!
Vierfälliger Segen
1. Mose 28, 15: „Siehe, ich b i n mit dir" — gegenwärtiger
Segen.
1. Mose 31, 3: „Ich will mit dir sein" — zukünftiger
Segen.
1. Mose 31, 5; 35, 3: „Der Gott meines Vaters
i st mit mir gewesen" — erfahrener Segen.
1. Mose 48, 15. 21: „Der Gott, der mich geweidet
hat..., wird mit e u ch sein" — übertragener Segen.
„Dieser Gott ist unser Gott immer und ewiglich! Er
wird uns leiten bis an den Tod." (Ps. 48, 14.)
767
Leldenssegen
Warum nullst du töricht klagen,
Wenn auf deiner Lebensbahn
Nach des Glückes Sonnentagen
Dunkle Leidenswolken nahn?
Schau hinein in Gottes Walten
Um dich her und merke wohl:
Wechselvoll muß sich gestalten
Alles, tuns gedeihen soll.
Mochten wir die Tage missen,
Sonnenlos im Graugewand,
Wo in sanften Regengüssen
Gottes Segen strömt aufs Land?
Pranget nicht im gleichen Feuer
Ihrer Liehtesfüll' und klar
Hinterm dichten Wolkenschleier
Doch die Sonne immerdar?
Wisse denn, daß auch dein Leben
Reiche Frucht nicht bringen kann.
Würde Gott nicht Regen geben
Auf der kurzen Pilgcrbahn
Singe drum nicht nur in Tagen
Reichen Glücks ein Dankeslied,
Auch im Leide laß das Klagen
Und erhebe dein Gemüt.
Bist du einst dein Land der Schmerzen
Hier entrückt zur Herrlichkeit,
Wirst du Gott aus tiefstem Herzen
Danken für die Lsidenszeit. G. H.
stb8
Kragen aus dem Leserkreise
Nach Apstgsch. 15, 2Y sollen wir uns enthalten von Blut
und Ersticktem. Nun wird demgegenüber oft cingewandt, daß der
Herr Jesus in Matth. 15, 11 sage: „Nicht was in den Mund ein -
geht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Munde
a u s g e h t". — Ist der Einwand berechtigt?
Nein, denn es handelt sich hier gar nicht um die Fragg, ob
das Essen von Blut usw. einen Menschen verunreinigt oder nicht
verunreinigt, sondern um die ernste Tatsache, daß Gott dadurch in
Seinen heiligen Rechten beeinträchtigt wird. In dem Blute ist
das Leben, und das Leben gehört Gott. Darum sagt Gott
auch: „Ich habe es euch auf den Altar gegeben, um Sühnung
zu tun für eure Seelen", und: „Darum habe ich zu
den Kindern Israel gesagt: Niemand von euch soll Blut essen;
auch der Fremdling, der in eurer Mitte weilt, soll nicht Blut
essen". (3. Mose 17, 11. 12; vergl. Kap. 7, 2b. 27; 5. Mose
12, 23—25.)
Der Einwurf, das gelte nur für die Juden, ist nicht stichhaltig,
denn Gott hat bekanntlich schon zu Noah gesagt, als Er
den Menschen neben dem Kraut des Feldes auch die Tiere der
Erde und die Fische des Meeres, „alles was sich regt, w as da
lebt", zu essen gab: „Nur das Fleisch mit seinem Blute,
seiner Seele, sollt ihr n i ch t essen". (1. Mose d, 2—4.) Dieses
Verbot ist also viel älter als das Gesetz und gilt allen Menschen.
Wie die Verbindung mit dem Götzendienst ein Aufgeben des
allein wahren Gottes bedeutet, so verrät das Essen von Blut
ein Mißachten Gottes als Schöpfer. Diese Erwägung wird jedem
gewissenhaften Gläubigen genügen, sich von Blut zu enthalten,
ganz abgesehen von der Liebespflicht, die auf ihm ruht, „dem
Bruder nicht einen Anstoß oder ein Ärgernis zu geben". (Röm.
14, 12. 13.)
„Linder, die in der Wahrheit
wandeln"
(i. Joh. r und i-z.)
(Schluß)
Im t2. Verse wendet sich der Apostel noch einmal
an alle Gläubige: „Ich schreibe euch, Kinder, weil euch
die Sünden vergeben sind um Seines Namens willen".
Dann schreibt er der Reihe nach an die Väter, an die
Jünglinge und an die Kindlein. Alle sind Kinder, aus
Gott geboren, Kinder eines Vaters. Alle drei zusammenfassend
kann er sagen: „Kinder, eure Sünden sind
euch vergeben". Doch für jede Altersstufe hat er eine besondere
Botschaft.
„Ich schreibe euch, Väter, weil ihr Den erkannt
habt, der von Anfang ist." (V. tZ.) Während wir im
christlichen Leben voranschreiten, machen wir Erfahrungen
aller Art. Die Seele wird geübt, und es mag sein, daß
wir, wie Petrus, vor Wind und Wellen uns fürchten.
Aber das gibt dem Herrn nur Gelegenheit, uns Seine
Liebe, Seine Helfermacht und Herrlichkeit kundzutun. Er
streckt uns Seine Hand entgegen, und in der persönlichen
Begegnung mit Ihm dürfen wir Ihn besser kennen lernen.
Auf solchem Wege wachsen wir zu „Vätern" heran.
Wir werden durch die Erfahrungen belehrt, daß außer
Christo alles hohl und wertlos ist. Ein Jüngerer mag sich
zum Worte wenden, um Trost darin zu finden, und
er tut recht; die „Väter" suchen vornehmlich Christum
darin. „Kindlein" mögen an ihre Herrlichkeit und ihre
— 170 —
Kronen im Himmel denken; „Väter" sind nur mit dem
Gedanken befriedigt, Christum dort zu haben. Nur Er
genügt für ihr Herz. Sie begehren, zu Seinen Füßen
zu sitzen. Seine Nähe zu genießen. O wie gut, daß alle
die Leiden des Weges, die Prüfungen und Schwierigkeiten
dieser Zeit uns gesandt werden, damit wir zu Ihm
eilen, dessen Gegenwart allein uns befriedigen und glücklich
machen kann, und der unveränderlich derselbe bleibt!
Wir alle sollen zu Vätern heranwachsen.
Im 14. Verse richtet der Apostel nochmals das
gleiche Wort an die Väter: „Ich habe euch, Väter, geschrieben,
weil ihr Den erkannt habt, der von Anfang ist".
Er kann ihnen nur wiederholen, was er ihnen schon vorher
gesagt hatte. Etwas Höheres als Christum gibt es
nicht. Vor Ihm erbleicht und verschwindet alles.
Dann wendet er sich an die Jünglinge: „Ich
schreibe euch, Jünglinge, weil ihr den Bösen überwunden
habt". Und gleich nachher: „Ich habe euch, Jünglinge,
geschrieben, weil ihr stark seid und das Wort Gottes in
euch bleibt und ihr den Bösen überwunden habt". (V. 13.
14.) Viele Gläubige kennen anscheinend den Unterschied
zwischen Fckisch und Teufel gar nicht. Sie schreiben dem
Teufel zu, was aus dem Fleische kommt, und dem Fleische,
was vom Teufel ist. Das Fleisch ist eine Quelle des
Bösen in uns, während der Teufel eine schlaue, listige
Persönlichkeit außer uns ist. Das Fleisch sucht die Befriedigung
seiner Leidenschaften und Lüste, dient den Sinnen
und gibt der Eigenliebe in allen ihren Ansprüchen
Raum. Satans Ziele und Zwecke liegen auf anderem Gebiet.
Er möchte am liebsten den Thron Gottes selbst umstürzen.
Der Teufel kennt auch Gottes Wort sehr wohl
— 777 —
und bedient sich seiner, allerdings nur, indem er eö falsch
anwendet oder es verdreht. Man kann immer Satan da
vermuten, wo die Schrift zur Unterstützung eines verkehrten
Weges oder Grundsatzes angeführt wird. Satan
benutzt die Schrift nur, um niederzureißen, zu verneinen
und zu zerstören. Wohl bedient er sich auch des Fleisches,
um ein Kind Gottes zum Bösen zu verführen, sodaß der
Name Christi verunehrt und geschmäht wird; aber sehr
ost schreibt man seiner Tätigkeit etwas zu, was nur in
unserer bösen Natur seine Quelle hat und nicht hervorkommen
würde, wenn wir wachsamer wären. Satan haßt
nichts und niemand so wie Christum, und nichts Geringeres
ist sein Ziel, als Seine Ehre in den Staub zu ziehen.
Das Fleisch kennt nichts Höheres als sich selbst und seine
Befriedigung.
Wie kann ich nun diese böse Quelle in mir, die immerfort
sprudeln und sich befriedigen will, praktisch verstopfen?
Nur dadurch, daß ich im Glauben die gesegnete
Tatsache erfasse und verwirkliche, daß ich mit Christo gestorben
bin. Das Fleisch hat kein Betätigungsfeld mehr,
solang und insoweit ich mein Gestorbensein mit Christo
verwirkliche. Satans Interessengebiet liegt dagegen stets
da, wo Christus am Werke ist. Allen seinen Anläufen
vermögen wir nur in der Kraft des Glaubens zu widerstehen,
indem wir das Wort Gottes, gegenüber den falschen
Anwendungen des Feindes, in der rechten Weise als
„Schwert des Geistes" gebrauchen. Darum werden wir im
Blick auf das Fleisch ermahnt: „Haltet euch der Sünde
für tot", oder: „Du aber, o Mensch Gottes, fliehe
diese Dinge" (Röm. 6, 77; 7. Tim. 6, 77; 2. Tim.
2, 22), aber im Blick auf Satan: „W iderstehet dem
— r72 —
Teufel, und er wird von euch fliehen". (Jak. 4, 7; vergl.
1. Petr, s, 9.)
Die „Väter" sind sozusagen fertig mit Satan. Sie
„kennen Den, der von Anfang ist". Satan kennt Ihn
auch und weiß wohl, daß es zwecklos ist, Pfeile gegen
Menschen abzuschießen, die in Ihm geborgen sind. Die
Väter wissen auch aus Erfahrung, „daß in ihnen, das
ist in ihrem Fleische, nichts Gutes wohnt". Ferner haben
sie die ganze Leere der Welt und der Dinge, die in der
Welt sind, kennen gelernt.
Die „Jünglinge" *) haben das noch nicht alles gelernt,
aber sie lernen es. Das Wort Gottes bleibt in
ihnen, und darin liegt ihre Stärke in der Besiegung Satans.
Sie stehen noch i n dem Kampf. Doch es gibt eine
große Gefahr für sie, nämlich die Welt und die Dinge,
die in der Welt sind. „Liebet nicht die Welt, noch was
in der Welt ist", lautet darum die Ermahnung an sie.
Im Kampf mit Satan kann die Gefahr, die aus jenem
Lager droht, leicht übersehen werden. Die Annehmlichkeiten
wie die Bedürfnisse des Lebens, die Familie und
ihre Versorgung, Beruf und Stellung, Besitz und Geschäft
und tausend andere Dinge üben ihre starken Einflüsse
aus. Darum hüte dich, Jüngling, hüte dich! Das Herz
ist arglistig und hoffnungslos verderbt, und fängst du einmal
an, Fuß zu fassen in dieser armen, elenden Welt, wo
dein Herr nicht einmal ein Kopfkissen besaß, um darauf
auözuruhen, dann wird dein Herz nicht um eine Ausrede
oder Entschuldigung verlegen sein.
*) Das Wort „Jünglinge" in der Schrift bezeichnet nicht so
sehr dem Knabenalter entwachsene junge Leute, als vielmehr junge
Männer, die in der Blüte und Vollkraft ihrer Jahre stehen.
— r7Z —
An die „Kindlein", die den Vater erkannt haben
— welch ein liebliches Wort! sie kennen den großen Gott,
der sie liebt, und in dessen Vaterliebe sie ruhen, — fügt
der Apostel noch hinzu: „Es ist die letzte Stunde; und
wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind auch
jetzt viele Antichristen geworden; daher wissen wir, daß es
die letzte Stunde ist". Die letzte Stunde? fragst du
vielleicht; seitdem Johannes dies schrieb, sind doch schon
mehr als 7800 Jahre vergangen, wie konnte er also von
der letzten Stunde reden? Die Erklärung ist nicht schwer.
Solang die wunderbare, dem Sündenfall folgende Verheißung,
daß der Same des Weibes der Schlange den Kopf
zertreten solle, nicht in Erfüllung gegangen war, solang
dieses größte und herrlichste Ereignis in dem Weltgeschehen
nicht stattgesunden hatte, war die letzte Stunde
noch nicht da. Aber nachdem der Herr hienieden gelebt
hat, verworfen worden ist und als der verherrlichte Mensch
Seinen Platz zur Rechten Gottes eingenommen hat, erwarten
wir nichts anderes mehr, als daß der Jesus, der
vor den Augen der Jünger in den Himmel ausgenommen
wurde, also wiederkommen wird, wie sie Ihn gen Himmel
haben auffahren sehen. Jeden Tag kann dieses Ereignis
eintreten; deshalb ist es „die letzte Stunde", in
welcher, im Anschluß an jenes Ereignis, der Antichrist
erscheinen wird. Wenn die Gläubigen bis heute vergeblich
ihren Herrn zurückerwartet haben, so wissen wir, daß sich
darin die Güte und Menschenliebe unseres Heiland-Gottes
kundgibt, der „nicht will, daß irgendwelche verloren gehen,
sondern daß alle zur Buße kommen". Gott sei Dank, daß
Er bis heute gewartet hat! Wäre der Herr Jesus z. B.
vor zehn Jahren wiedergekommen, so wären Tausende
— k74 —
und aber Tausende, die sich heute ihrer Errettung freuen,
verloren gegangen. Unendliche Güte und Liebe veranlassen
Ihn, immer noch zu zögern und die Tür der Gnade offen
zu halten.
Die besondere Gefahr für die „Kindlein" sind, wie.
wir hörten, die Antichristen, d. h. Menschen, die sich den
Anschein geben, Christum zu verkündigen, aber in Wirklichkeit
leugnen, daß Jesus der Christus ist. (Vergl. V. 22. 23.)
Die Kindlein wissen, daß der Antichrist, der Mensch der
Sünde, kommt; aber schon sind viele Antichristen geworden.
Das war damals schon so, wieviel mehr heute! Es gibt
Personen und Dinge, die einen sehr schönen christlichen
Anstrich haben, in Wirklichkeit aber antichristisch sind. Da
werden z. B. Lehren aller Art durch so liebenswürdige
Menschen eingeführt, daß die „Kindlein", die mit dem
Worte Gottes noch nicht vertraut genug sind, die die Bosheit
Satans und die List der Menschen noch wenig kennen,
leicht davon umgarnt werden.
Aber wenn ein „Kindlein", im Bewußtsein seiner
Schwachheit, sich einfältig an des Vaters Hand klammert,
so wird Er selbst es belehren. Darum, mein Leser,
bist du auch noch ein „Kindlein", so hast du doch den
Heiligen Geist genau so gut, wie die „Väter" Ihn haben.
Er ist dein Lehrer. „Die Salbung, die ihr von Ihm empfangen
habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, daß
euch jemand belehre." Nicht daß dir andere nicht helfen
könnten und sollten. Gott gibt Lehrer für Seine Gemeinde
auf dieser Erde. Doch du bist in den Dingen Gottes nicht
aufMenschen angewiesen. Du hast den Heiligen Geist,
die Salbung von Ihm; deshalb darfst du Ihm vertrauen,
daß Er dich in alle Wahrheit leiten werde. Wandle nur
175
treu mit dem Herrn und halte dich ganz nahe an Seiner
Seite. Er wird dich „unterweisen und dich lehren den Weg,
den du wandeln sollst", „wird nicht zulassen, daß dein Fuß
wanke". (Ps. 32, 8; 121, 3.)
Wenn ein unerfahrenes Kind Gottes in eine falsche
Lehre verstrickt wird, so ist das, ungeachtet seiner Jugend,
ein Beweis, daß esnichtnahemitGott gewandelt
hat; denn die Salbung, die in ihm ist, genügt, um
es vor allem Bösen zu bewahren. Jenachdem die Umstände
liegen, werden wir mit einem solchen Kinde Gottes vielleicht
inniges Mitgefühl haben, aber es selbst, so jung es
auch ist, sollte sich vor Gott über seinen Irrweg ernstlich
demütigen. Wie verantwortlich in Bezug auf alles, waö
wir hören, macht uns das Wort, daß wir „eine Salbung
von dem Heiligen haben und alles wissen"! Ein Kind
Gottes hat also die Fähigkeit, alle Dinge zu beurteilen.
Der Geist in ihm belehrt es, zu unterscheiden zwischen
dem, was wahr und dem, was nicht wahr ist.
Ium Schluß: wir alle sind „Väter" oder „Jünglinge"
oder „Kindlein" und wandeln alle auf demselben
Pfade der Herrlichkeit zu. Gott gebe uns Gnade, in der
Kraft des Bandes zu wandeln, das uns alle umschlingt,
indem Er zarte Sorgfalt legt in die Herzen der Väter,
Wachsamkeit gegenüber der Welt und ihren Dingen in die
Herzen der Jünglinge und Wachsamkeit gegenüber den
Antichristen in die Herzen der Kindlein!
„Ich freute mich sehr", schreibt Johannes an die
„auSerwählte Frau", „daß ich einige von deinen Kindern
in der Wahrheit wandelnd gefunden habe, wie wir von
dem Vater ein Gebot empfangen haben." (2. Joh. 4.)
176
Einige Kennzeichen eines wahren
Dieners Gottes
Ein Diener Gottes ist jedenfalls nicht das, was
man in bildlichen Darstellungen aus ihm gemacht hat: ein
Mensch, dessen Haupt mit einem Heiligenschein umgeben
ist, ein „Heiliger" also, der in Vollkommenheit oder gar
Unfehlbarkeit gelebt und gewirkt hat.
Von Elias, dem gewaltigen Propheten und treuen
Knechte Gottes, sagt das Wort: „Elias war ein Mensch
von gleichen Gemütsbewegungen wie wir". (Jak. 5, 17.)
Viele andere Stellen der Schrift belehren uns darüber, daß
alle Diener Gottes, auch die treuesten und erfolgreichsten,
Menschen waren, die nicht nur Schwächen und Gebrechen
hatten, wie alle Nachkommen Adams, sondern auch zu
Zeiten dem Unglauben oder dem Fleische Raum gaben.
Es sei nur erinnert an das Verhalten Moses in 4. Mose 20,
infolge dessen er nicht „in das gute Land hineinkommen"
durfte. (Vergl. 5. Mose 1, 37; 3, 23—28.) Oder an
Samuels eigenmächtiges Einsetzen seiner gewinnsüchtigen
Söhne als Richter über Israel. (1. Sam. 8.) Oder an
den schweren Fall Davids, des Mannes nach dem Herzen
GotteS. (2. Sam. 11.) An Elias Flucht vor Jsebel und
sein Auftreten gegen sein Volk am Horeb (1. Kön. Id),
an Jonas Erbitterung über das gnädige Handeln Jehovas
mit Ninive, und schließlich, im Neuen Testament, an die
Verleugnung des Herrn durch Petrus (Match. 26), oder
an seine Heuchelei in Antiochien. (Gal. 2.) Selbst den
großen Apostel der Nationen, dieses auserwählte Rüstzeug
in deö Herrn Hand, finden wir in Apstgsch. 21 und 23
nicht ganz auf der Höhe seiner Berufung.
177
Alles dieses und manches andere zeugt davon, daß es
eben nureinen Diener gegeben hat, der keine Schwächen
und Unvollkommenheiten hatte, der in jeder Beziehung
und zuallen Zeiten vollkommen den Willen Seines Gottes
tat, und in welchem das alles durchforschende Auge
Gottes nie etwas anderes fand als vollkommene Lauterkeit,
Wahrheit und Ergebenheit. Aber obwohl das so ist,
trägt doch der wahre Diener Gottes sein Gepräge,
d. h. er hat Charakterzüge und Eigenschaften, die ihn von
anderen, und besonders von dem „bösen Arbeiter" unterscheiden.
Eines der ersten Kennzeichen, vielleicht das wichtigste,
ist das u nb e d i n g t e Stehen zum Wort, und zwar ohne
jedes „Wenn" und „Aber". Im Alten Testament hören
wir aus dem Munde der Propheten immer wieder das
klare, unzweideutige: „So spricht Iehov a". Im Gegensatz
dazu beginnt Bileam mehrere seiner Aussprüche mit
dem Wort: „Spruch Bileams, des Sohnes Beors".
Der wahre Prophet stellt den Herrn und Sein Wort in
den Vordergrund, der falsche Prophet sich selbst. So
schreibt im Neuen Testament ein treuer Diener Christi an
die Gläubigen in Korinth: „Wir verfälschen nicht, wie
die vielen, daö Wort Gottes, sondern als aus Lauterkeit,
sondern als aus Gott, vor Gott, reden wir in Christo",
und: „Durch die Offenbarung der Wahrheit empfehlen
wir uns selbst jedem Gewissen der Menschen vor
Gott", und schließlich: „Wir predigen nicht uns selbst,
sondern Christum Jesum als Herrn, uns selbst aber als
eure Knechte um Jesu willen". (2. Kor. 2, 17; 4, 2. 5.)
Von den untreuen Dienern und betrügerischen Arbeitern
aber bezeugt derselbe Apostel, daß sie „verkehrte Dinge
178
reden, um die Jünger abzuziehen hinter sich her"
(Apstgsch. 20, ZV), und daß sie „durch süße Worte
und schöne Reden die Herzen der Arglosen verführen".
(Röm. 16, 18.) Solche „verwirren" die Gläubigen und
„verkehren" das Evangelium (Gal. 1, 7), wollen „im
Fleische wohl angesehen sein" und scheuen die Verfolgung
um des Kreuzes Christi willen (Gal. b, 12), meinen gar,
„die Gottseligkeit sei ein Mittel zum Gewinn" (1. Tim.
b, 5), und „bleiben nicht in der Lehre des Christus".
(2. Joh. 9.)
Ein treuer Diener Christi ist auch unbestechlich;
der untreue ist für Geld zu haben, wie der eben genannte
Bileam oder auch jener Jüngling in Richt. 17, der von
Micha angestellt und geweiht wurde. Sein Lohn war jährlich
zehn Sekel Silber und Ausrüstung an Kleidern und
Versorgung hinsichtlich seines Lebensunterhaltes; darum
zögerte er auch keinen Augenblick, als ihm nicht lang nachher
in Aussicht gestellt wurde, statt Priester eines einzelnen
Mannes Priester eines ganzen Stammes und eines
Geschlechts in Israel zu werden, Micha zu verlassen und
mit den Danitern zu ziehen. Frohen Herzens nahm er
Ephod und Teraphim, samt dem geschnitzten Götzen, und
begab sich mitten unter daö Volk. (Kap. 18, Id. 20.)
Wie ganz anders Jeremia! Er hatte eine eherne
Stirn wider den König, wider die Fürsten und daö ganze
Volk. Und Samuel! Er konnte vor Jehova und Seinem
Gesalbten das Volk fragen: „Wessen Rind habe ich genommen?
oder wessen Esel habe ich genommen? oder wen
habe ich übervorteilt? wem habe ich Gewalt angetan? oder
aus wessen Hand habe ich Lösegeld genommen, daß ich
dadurch meine Augen verhüllt hätte?" (1. Sam. 12, Z.)
— 47Y —
Vergleiche auch 4. Mose 46, 45 im Blick aus Mose, und
Apstgsch. 20, zz oder 2. Kor. 42, 44 und 4. Thess.
2, 5—40 im Blick aus Paulus. Alle diese Männer und
viele andere mit ihnen trachteten nicht nach dem Hab und
Gut, sondern nur nach dem Wohl derer, an die sie gesandt
waren. Der Apostel der Nationen wollte sogar umsomehr
lieben, je weniger er geliebt wurde. Nie ging er mit einschmeichelnder
Rede um, ohne Ansehen der Person diente
er allen in wahrer, treuer Liebe.
Ein weiteres Kennzeichen eines Dieners Gottes ist,
daß er die ganze Wahrheit zu verkündigen sucht, soweit
der Herr sie ihm zu erkennen gegeben hat — nicht nur einzelne
Teile der Wahrheit, unter Hintansetzung anderer, der
Allgemeinheit seiner Zuhörer weniger belieb,r Teile. Er
sucht nicht Ehre und Anerkennung von Menschen, sondern
ist sich seiner ernsten Verantwortlichkeit vor Gott bewußt,
„n ichts zurückzuhalten, sondern den ganzen Ratschluß
Gottes zu verkündigen", auch wenn er auf Widerspruch
und Tadel rechnen muß. Außere Erfolge blenden ihn
nicht, er sucht nach innerer Frucht zur Ehre Gottes und
zur Verherrlichung seines Herrn. Die Förderung der Seelen
in der Erkenntnis des ganzen Willens Gottes ist
sein Ziel. Er „befleißigt sich, sich selbst Gott bewährt
darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu
schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt",
eig. „in gerader Richtung schneidet", d. h. der die Wahrheit
in ihren verschiedenen Teilen nach Gottes Gedanken
darzulegen weiß. Er ringt danach, jeden Menschen
„vollkommen in Christo darzustellen", und wünscht, daß
der Gläubige „m it allen Heiligen zu erfassen vermöge,
welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe
180
sei", und daß er „erkenne die die Erkenntnis übersteigende
Liebe des Christus", um so „erfüllt zu sein zu der ganzen
Fülle Gottes" (Kol. 1, 28; Eph. Z, 18. Id.)
Daß ein Arbeiter, der sich den Meinungen seiner Zuhörer
anzupassen und ihre Wünsche zu befriedigen sucht,
auf größere Erfolge rechnen darf, als ein anderer, der
ungeschminkt und rückhaltlos die Wahrheit Gottes verkündigt,
ist bekannt; aber der treue Arbeiter rechnet nicht
nut Zahlen, sondern legt alles getrost in die Hände Dessen,
dem er dient, und dessen Wort er über alles liebt. Wenn cr
selbst eine ähnliche Erfahrung machen müßte wie sein geliebter
Herr, betreffs dessen wir lesen: „Von da an gingen
viele Seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr
mit Ihm", oder ihm gesagt würde: „Diese Rede ist hart,
wer kann sie hören?" (Joh. 6, 60. 66) — die Anerkennung
seines Herrn geht ihm über alles, und er darf
Ihm ruhig alles Weitere überlassen.
„Erfolge" und „Frucht" sind, wie schon angedeutet,
zwei sehr verschiedene Dinge. Erfolge sind zeitlich und vergänglich,
jede wahre Frucht aber überdauert die Zeit und
reicht ins ewige Leben. Sie wird dort wiedergefunden werden
zur Ehre des Herrn und zur ewigen Freude dessen, der
sie für Ihn bringen oder erwerben durfte, dort, wo „ein
jeder seinen eigenen Lohn empfangen wird".
Ein treuer Diener Gottes wünscht auch als ein geheiligtes
Gefäß dem Hausherrn nützlich zu sein (2. Tim.
2, 21), erkennt Jesum als den alleinigen Herrn und Gebieter
an (Jud. 4), und wo sein Herr ist, da will auch er,
der Diener, sein. Ist der Platz seines Herrn „außerhalb
des Lagers", so geht er zu Ihm hinaus, Seine Schmach
tragend. (Hebr. 13, 13.)
— 484 —
Ein solcher Diener kennzeichnet sich auch dadurch,
daß er sich frei erhält von jener menschlichen, weichlichen
Liebe, die über alles ein Mäntelchen decken möchte. Er
kennt den Inhalt von 4. Kor. 43. Von den acht Dingen,
welche die Liebe nicht tut, und ihren vier kostbaren
Eigenschaften, wie sie alles erträgt, alles glaubt,
alles hofft, alles erduldet (V. 4—7), weiß er sehr
wohl; er weiß aber auch mit diesem Kapitel und seinem
ergreifenden Lied von der Liebe andere Stellen zu verbinden,
wie z. B.: „Predige das Wort, halte darauf in gelegener
und ungelegener Zeit; überführe, strafe,
ermahnemit aller Langmut und Lehre" (2. Tim. 4,2),
oder: „W eiset die Unordentlichen zurecht" (4. Thess.
5, 44), und er ist bemüht, „sowohl mit der gesunden
Lehre zu ermahnen, als auch die Widersprechenden
zu üb er führ en". (Tit. 4, 9; vergl. 4. Tim. 5, 20
u. a. St.) Stellen wie 2. Thess. 3, 6 und Apstgsch.
49, 9 sind ihm ebenfalls gut bekannt, vor allem auch die
ernsten Unterweisungen von 4. Kor. 5 und 6. Indem er
das heilige Gleichgewicht des Wortes Gottes bewahrt und
in der eigenen Tasche nicht zweierlei Gewichtsteine mit sich
trägt, tut er gewisse und feste Tritte.
Würden diese Kennzeichen von den Gläubigen im
allgemeinen mehr beachtet, so wäre ihr Ohr nicht offen
für so manche Personen, die nicht von Gott gesandt sind
und darum so viel Törichtes reden und Verwirrung anrichten.
Herzen und Türen würden sich schließen vor
„fremden" Lehren und Lehrern, vor „überredenden Worten"
menschlicher Weisheit, vor „Philosophie und eitlem
Betrug". ___________
182
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung
üver Epheser 4, 17—6
VI.
„Nehmet die ganze Waffenrüstung Gottes, auf
daß ihr an dem bösen Tage zu widerstehen vermöget."
(V. 13.) Wir sahen schon, daß die ganze Zeit, die unser
Kampf währt, ein böser Tag genannt werden kann, —
vergl. auch den 16. Vers im s. Kapitel:.„die Tage sind
böse" — aber es kommen Gelegenheiten, wo die Macht
des Bösen sich ganz besonders entfaltet und die Gefahr
zu unterliegen dringender wird. Wohl uns, wenn wir dann
die ganze Waffenrüstung genommen haben, denn
dann ist es zu spät, sie anzulegen. Der böse Tag sollte uns
vorbereitet und auf unserer Hut finden, damit wir zu
widerstehen und, nachdem wir alles ausgerichtet haben,
zu stehen vermögen. Selbst ein durch des Herrn Gnade
errungener Sieg birgt Gefahren für uns in sich.
Das erste der sechs Rüstungsstücke ist der „Gurt
derWahrhei t", das zweite der „Brustharnisch der Gere
ch t i g k e i t". Beachten wir von vornherein, von welch
durchaus praktischer Bedeutung diese beiden Stücke sind.
Es handelt sich hier nicht um die uns anvertraute Wahrheit
in lehrhaftem Sinne, oder um die Gerechtigkeit, die
uns in Christo geschenkt ist. Wir müssen freilich beide
kennen, um in Ruhe und Frieden, mit einem guten Gewissen
vor Gott stehen zu können; aber hier handelt es
sich nicht um unsere Stellung vor Gott, sondern um
unseren Kampf mit Satan. Wollen wir seinen Listen
widerstehen, so genügt es nicht, die Wahrheit, wie sie in
r83
Jesu ist, zu kennen, sie muß wie ein fester Gurt unsere
Lenden umschließen.
Die Lenden sind der Sitz der Kraft, vor allem wenn
sie fest umgürtet sind. Wie erhalten und vermehren wir
nun unsere Kraft im Kampfe? Dadurch daß unser eigener
Wille durch die Wahrheit im Zaum gehalten, die Gefühle
und Regungen des Herzens durch das Wort geleitet
und Herz und Geist in der heiligenden Gegenwart Gottes
erhalten werden. Die Wahrheit macht alles offenbar, wie
eö ist, erhält uns in stetem Selbstgericht, sodaß das Fleisch
niedergehalten wird und der innere Mensch erstarkt und
sich nach Gottes Gedanken bildet. Satan findet dann immer
weniger Angriffspunkte, weil das Herz in der Wahrheit
steht und für seine Einflüsterungen kein Ohr hat.
Man ist dann nur zu dankbar, die göttliche Wahrheit als
einzige Autorität zu besitzen, Gottes Willen immer besser
kennen zu lernen und Sein Wohlgefallen zu tun.
Dal zweite Stück, der Brustharnisch der Gerechtigkeit,
lenkt unsere Gedanken von dem Wandel in
der Wahrheit auf die Bewahrung eines guten Gewissens
vor Gott und Menschen. Von dem bösen oder
schlechten Gewissen, das wir einst hatten, sind wir durch
die Gnade befreit. Wir haben „kein Gewissen mehr von
Sünden", was unsere Stellung vor Gott betrifft, das
Blut Christi hat uns vollkommen gereinigt. Aber für den
erfolgreichen Kampf mit Satan bedürfen wir ein Gewissen,
das sich im praktischen Leben rein erhält, ein Gewissen
„ohne Anstoß" vor Gott und Menschen. Die
Fürstentümer und Gewalten, mü denen wir zu kämpfen
haben, werden auch „die Weltbeherrscher dieser Finsternis"
genannt, d. h. sie üben eine betrügerische Herrschaft
r84
in dieser finstern Welt aus, die das Licht haßt, und suchen
auch uns in ihre Gewalt zu bringen. Da gibt es nun
nichts, was einem Gläubigen die geistliche Kraft so völlig
zu rauben vermag, wie ein anklagendes Gewissen. Mag er
auch die Wahrheit kennen und in ihr zu wandeln begehren
— entspricht sein Verhalten nicht seinem Bekenntnis,
so ist sein Zeugnis kraftlos. Nicht nur wird Satan seinen
Vorteil wahrnehmen und die Menschen auf die Verfehlungen
des Gläubigen aufmerksam machen, sondern diesem
nimmt schon das eigene Gewissen den Mut, den Mund
aufzutun. Nur ein gewissenhaftes Wandeln mit Gott „in
den Pfaden der Gerechtigkeit" erhält den Frieden des Herzens
und gibt die nötige Kraft zum Kampf. Der Harnisch
der Gerechtigkeit schließt sich dann schützend um die Brust
des Gläubigen. Indem Zeugnis und Wandel in Übereinstimmung
sind, schließen sich die Fugen des Panzers
eng aneinander und erlauben den Waffen des Feindes
nicht einzudringen.
Aber nicht nur das. Der also wandelnde Gläubige
ist auch ein Kind des Friedens, daö mit anderen in Frieden
lebt, Frieden sucht und Frieden bringt. „An den Füßen
beschuht mit der Bereitschaft des Evangeliums des
Friedens" (V. 45), trägt er die Kunde von dem Gott der
Liebe und deö Friedens überallhin. Selbst in der Liebe
und dem Frieden dieses Gottes ruhend, in dem ungehinderten
Genuß der herrlichen Segnungen, in die er gestellt
ist, beharrend, lebt er in friedlichen Beziehungen mit anderen
Gläubigen (er kann gar nicht anders) und — raubt
Satan seine Scharen. Ein solcher Gläubiger ist ein beachtenswerter
Gegner für den Feind der Seelen, und dieser
wird sicher nicht verfehlen, ihn scharf aufs Korn zu
785
nehmen; aber indem der Christ allem nachstrebt, was
würdig, gerecht, rein und lieblich ist, bewahrt der Friede
Gottes sein Herz und seinen Sinn in Christo Jesu, und
der Gott des Friedens ist mit ihm. (Phil. 4, 7—y.)
Als viertes Stück der Rüstung wird dann „der
Schild des Glaubens" genannt: „Indem ihr über daö
alles ergriffen habt den Schild des Glaubens, mit welchem
ihr imstande sein werdet, alle feurigen Pfeile des Bösen
auszulöschen". (V. 76.) Ohne diese Waffe würden die
vorhergehenden Stücke nicht genügen, umgekehrt aber
kann der Schild auch nur blank erhalten bleiben durch den
treuen Gebrauch jener. Der Schild des Glaubens ist das
vollkommene, unerschütterliche Vertrauen der Seele auf
Gott, das im Herzen bewahrte Bewußtsein: Seine Gnade
und Treue wanken nicht, Er steht unter allen Umständen
zu Seinem Wort. Die feurigen Pfeile, die Satan abschießt,
sind Iweifel. Sollte Gott wohl gesagt haben?
Ist Sein Wort wirklich wahr? Werden Seine Verheißungen
auch nicht trügen? Wird Er mein Rufen hören und
mich durchbringen? Hat Er sich nicht von mir abgewandt?
Das sind einige solcher zweifelnden Fragen, die wie brennende
Pfeile die Seele verwunden, wenn sie den Schild
des Glaubens sinken läßt, die aber abprallen und wirkungslos
zu Boden fallen, wenn das Herz in der Gewißheit
ruht: Gott ist fürmich, und Sein Wort kann
nicht trügen. Anstatt zu verzagen, singt es dann, vertrauensvoll
nach oben blickend:
Ich werde nie versinken.
Eh' sänkst Du selber mit!
Doch es gibt noch mehr. Im 77. Verse lese» wir:
„Nehmet auch den Helm des Heils und das Schwert
- rsb —
des Geistes, welches Gottes Wort ist". Bezeichnet der
Schild dec Glaubens mehr daö Vertrauen in allgemeinem
Sinne, so erblicken wir in dem Helm des Heils daö volle,
freudige Bewußtsein der Errettung, die Gott in Christo
für uns bereitet hat. Der Helm ist gleichsam die Krönung
oder Vervollständigung der Verteidigungswaffen,
dem nur noch als einzige Angriffs Waffe das Schwert
des Geistes folgt. (Beachten wir den Ausdruck „Helm des
Heils", nicht „der Hoffnung der Seligkeit", wie in
t. Thess. 5, 8.) Wenn das Auge unverrückt auf den lebendigen
Gott gerichtet ist, der im Blick auf Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft alles in Ordnung gebracht
hat, als ich noch fern von Ihm und völlig kraftlos war,
wenn das Herz nicht in irgend etwas von mir, sondern
nur in Seinem vollendeten Werke ruht, dann mögen Satans
Hiebe auch hageldicht fallen, sie dringen nicht durch,
der Helm schützt mich. Das bewußte, gekannte Heil macht
mich froh und stark.
„Das Schwert des Geistes, welches Gottes Wort
ist", steht mit Fug und Recht am Schluß des Ganzen,
denn nur dann, wenn die vorher genannten Verteidigungswaffen
unö in unserem Wandel und Vertrauen schützen,
können wir von dem scharfen Schwerte Gebrauch machen,
das Gott in unsere Hände gelegt hat. Er hat uns
nur diese einzige Angriffswaffe gegeben, aber sie genügt
auch, wie der Kampf des Herrn selbst mit Satan in
der Wüste es uns zeigt. Wenn richtig gehandhabt, schlägt
dieses Schwert den Feind aus dem Felde. Aber wie jeder
Soldat seine Waffe genau kennen muß, um sie im gegebenen
Augenblick und in der rechten Weise zu gebrauchen,
so bedürfen auch wir einer genauen Kenntnis des
187
Wortes Gottes, um es in der Kraft des Geistes zur rechten
Zeit anzuwenden. Dann entwaffnet es die Feinde, stellt
Satan bloß und raubt ihm seine Kraft. Vergessen wir
jedoch nicht, daß es das Schwert des Geistes ist, das
dies alles tut. Verstand und natürliche Fähigkeiten kommen
hier nicht in Betracht, können eher hinderlich als nützlich
sein.
Doch alle diese Rüstungsstücke und Waffen sind ungenügend,
wenn nicht eine Sache sie vollendet, eine
Kraftquelle hinter ihnen steht. Diese Quelle ist das Gebet,
der Ausdruck der Schwachheit und der völligen Abhängigkeit
von Gott. Das klingt widerspruchsvoll, ist eö
aber keineswegs. Denn „meine Kraft", sagt der Herr zu
Paulus, „wird in Schwachheit vollbracht". (2. Kor. 12, 9.)
Und wie sollen wir beten? „Zu aller Zeit, mit al-
l e m Gebet und Flehen im Geist e." (V. 18.) Gerade
das Bewußtsein meiner Schwachheit treibt mich an, da
Kraft zu suchen, wo sie allein zu finden ist, bei dem lebendigen
Gott, den ich kenne, und dem ich vertraue. Und
der in mir wohnende und wirkende Geist leitet mich, zu
aller Zeit zu beten mit allem Gebet und Flehen. Indem
Er das Bewußtsein der Abhängigkeit in mir erhält und
vertieft, wird das Gebet zu einem anhaltenden Flehen,
ja, zu einem „Wachen in allem Anhalten und Flehen
für a l l e Heiligen". Das Herz fühlt mit den Gefühlen
Christi, und, über die eigenen Bedürfnisse hinausgehend,
umfaßt es alle, die dem Herzen Gottes teuer sind,
ja, Sein ganzes Werk auf Erden. Die Verherrlichung Seines
Namens in denen, die geglaubt haben, der Fortgang
Seines Zeugnisses, die Ausbreitung Seines Evangeliums,
die Bewahrung Seiner Knechte — alles wird zu einem
188
Gegenstand des Anhaltens und Flehens im Geiste. Für-
wahr, ein kostbarer, begehrenswerter Zustand! Möchten
wir alle mehr in ihm erfunden werden! Daö Feld der Tätigkeit
ist unbegrenzt, und wir bedürfen zur Bestellung
desselben keiner besonderen Gaben oder Fähigkeiten. Es
kommt nur darauf an, inwieweit wir das Vorrecht schätzen,
gemeinsame Interessen mit Gott zu haben, und inwieweit
die Liebe Christi unsere Herzen erfüllt und drängt.
Selbst der große Apostel bittet die gläubigen Epheser,
seiner fürbittend zu gedenken, daß er in seinen Banden
mit Freimütigkeit „das Geheimnis des Christus" kundtun
könne, für welches er ja gerade so viel litt. Man
möchte meinen, ein Mann wie Paulus hätte einer solchen
Fürbitte nicht bedurft. Aber je tiefer die Erkenntnis der
Wahrheit, je höher und ehrenvoller der Auftrag, desto
deutlicher kommt dem Werkzeug, wenn es anders richtig
mit ihm steht, die eigene Unfähigkeit und Unwürdigkeil
zum Bewußtsein. Denn „wer ist dazu tüchtig?" (2. Kor.
2, 1b.) Wie ist doch dieser große Apostel uns ein Vorbild
in jeder Beziehung, würdig unserer eifrigsten Nachahmung!
Nachdem er seine wunderbaren Mitteilungen den
Ephesern gemacht und sich dann selbst ihrer Fürbitte empfohlen
hat, schließt er seinen Brief mit der lieblichen
Kundgebung seines Herzens, das auf die Teilnahme der
Empfänger desselben an seinem persönlichen Befinden
rechnet. TychikuS, „der geliebte Bruder und treue Diener
im Herrn", soll ihnen kundtun, wie es ihm geht, damit
sie seine Umstände wissen, und ihre Herzen getröstet
werden. (V. 21. 22.) So wirkt die göttliche Liebe in
menschlichen Herzen.
— Z89 —
Der Brief klingt aus in die herrlichen und zugleich
so ernsten Worte: „Friede den Brüdern und Liebe mit
Glauben von Gott, dem Vater, und dem Herrn Jesus
Christus! Die Gnade mit allen denen, die unseren
Herrn Jesus Christus lieben
in Unverderblichkeit!"
Sie Königin von Scheba und der
Aelhtopier
(I. Kön. io; 2. Ehron. y; Apstgsch. 8.)
Die beiden zu ganz verschiedenen Zeiten im Worte
Gottes mitgeteilten Erzählungen von der Königin von
Scheba und dem äthiopischen Kämmerer stellen uns in mancher
Hinsicht gleichartige Dinge vor Augen. Sie sind heute
noch für uns so wirklich und wichtig, wie sie es einst für die
Personen waren, von denen die betreffenden Abschnitte berichten.
Bei der Königin von Scheba wie bei dem „Gewaltigen
der Königin Kandace", die möglicherweise (wenn
auch zu weit auseinander liegenden Zeiten) demselben Lande
angchörten- sehen wir, daß die besten Dinge dieser Erde
das Herz unbefriedigt lassen. Außer Christo gibt es eben
keine wahre Ruhe, keine bleibende Freude für das Herz.
Aber in Ihm findet sich alles, was das Herz begehren mag,
ob Er nun in Seiner Herrlichkeit oder in den Offenbarungen
Seiner Gnade geschaut wird.
Alle Ehren, die sich auf dem Haupt der Königin des
Südens vereinigten, die reichen Hilfsquellen, die ihr zu
Gebote standen, Kraft und Gesundheit samt all den Gelegenheiten,
die Freuden der Menschenkinder ausgiebig genießen
zu können — alles hatte ihr Herz leer und unbefrie
— 190 —
digt gelassen. Nach Besserem verlangend, unternahm sie
die weite und mühselige Reise von „den Enden der Erde"
(Match. 12, 42) nach Jerusalem, weil sie „den Ruf Salomos
wegen des Namens Jehovas gehört hatte".
Und als das ferne Ziel erreicht war, da fand sie alles,
ja, weit mehr als was sie gehört oder erwartet hatte. Ihr
Verlangen wurde gestillt. Alles, was ihr Auge sah, erfüllte
auch ihre Seele gewissermaßen mit „unaussprechlicher
und verherrlichter Freude", denn der Herr war
dort. In leuchtendem Glanz trat Er in Seinem Vertreter
und Vorbild Salomo ihr entgegen, und in des großen
Königs Stadt kam die fremde Frau gleichsam mit Christo
in Seiner Herrlichkeit in Verbindung. Die Welt hatte ihr
Her; leer gelassen, aber das Vorbild von Christo füllte es
bis zum Überfließen. Sie hatte weit Besseres gefunden als
Gold und Silber. Und als nun alle ihre Fragen beantwortet
waren, als ihre Augen all die Herrlichkeit geschaut
hatten, die den König umgab, der auf dem „Throne Jehovas"
saß, da legte sie ihr Gold, ihr kostbares Gewürz
und ihre köstlichen Steine, den Reichtum ihres Landes,
zu Seinen Füßen nieder, als ein schwaches Dankopfer.
Ähnlich der Reisende, der auf dem Wege von Jerusalem
nach Gaza wieder seiner Heimat zustrebte. Obwohl
ein „Gewaltiger" der Kandare, der Königin der Äthiopier,
hatte er schon längst erfahren, daß es in dem, was Äthiopien
ihm bieten konnte, keine Ruhe für ihn gab. Er hatte
die Götzen jenes Landes verworfen und sich zu dem Glauben
an den Namen Jehovas bekannt. Seinem neuen Glauben
gehorchend, war er nach Jerusalem gepilgert, um in
der Stadt, die dem Gott Israels zu dienen vorgab, anzu-
— ryr —
beten. Doch unbefriedigt hatte er Jerusalem wieder verlassen.
Er hatte nicht gefunden, wonach sein Herz verlangte.
In seinem Suchen war er, trotzdem daß er in Jerusalem
angebetet hatte, nicht weiter gekommen als die
Königin von Scheba etwa tausend Jahre früher, zur Zeit,
da sie ihr Land verließ, um nach derselben Stadt zu ziehen.
Welch ein Unterschied tritt uns hier entgegen! Damals
hatte Jerusalem den Geist der Königin befriedigt, aber
jetzt war die Seele des Äthiopiers dort hungrig und durstig
geblieben.
Wie kam das? Warum hatte Jerusalem für den
Kämmerer nicht sein können, was es für die Königin von
Scheba gewesen war? Die Frage ist nicht schwer zu beantworten.
Christus war nicht dort in den Tagen des
Äthiopiers, wie Er es in den Tagen der Königin von
Scheba gewesen war. Jerusalem war nicht mehr die Stadt,
wo ein Abglanz des Königs der Herrlichkeit in Seinem
Vorbilde geschaut wurde, wo alles auf Ihn hindeutete,
und wo die Spuren Seiner Gegenwart und Majestät überall
sichtbar waren. Dem Kämmerer war Jerusalem nicht,
wie einst der Königin, zu einem Berge der Verklärung
geworden. Er hatte wohl Religion gefunden, nicht aber
Christum. Die Satzungen und Gebräuche eines äußeren
Gottesdienstes und die Zeremonien eines weltlichen Heiligtums
wurden zwar pünktlich beobachtet, aber es fehlte
die Gegenwart des Gesalbten Gottes. Das machte den
ganzen Unterschied aus, und das läßt uns verstehen, warum
der Anbeter aus Äthiopien dasselbe Jerusalem, welches
die Königin mit überströmender Freude erfüllt hatte,
mit unbefriedigtem Herzen verließ.
Aber auch das Verlangen des Mannes aus Äthiopien
ry2
soll aus der gleichen Quelle — Christus — gestillt werden;
nicht durch die Herrlichkeit Salomos, sondern durch
Worte des Propheten Jesajas. An einsamem Orte wird
ihm aus seiner Rückreise nach dem fernen Süden Philippus,
der Diener und Zeuge Jesu, durch den Heiligen Geist
zugeführt. So tief, alles andere verdrängend, ist das Bedürfnis
der Seele des Kämmerers, daß ihm offenbar daö
Seltsame der Tatsache gar nicht auffällt, auf öder, einsamer
Straße einem Fremden zu begegnen, der ihn ohne
weiteres anspricht. Mit Begierde hatte er, unter der vorbereitenden
Wirksamkeit des Geistes Gottes, den Propheten
Jesajas gelesen. Nun sollte ihm Christus geoffenbart
werden. „Philippus aber tat seinen Mund auf, und, anfangend
von dieser Schrift, verkündigte er ihm das Evangelium
von Jesu." Da frohlockte in der Tat die Einöde,
und das durstige Land wurde zur Wasserquelle, als der
Sucher aus fernem Lande, nachdem er die gute Botschaft
gehört und angenommen hatte, „seinen Weg mit Freuden
zog". Die Freude im Herrn übte jetzt dieselbe Wirkung
auf ihn auö, wie in früheren Tagen auf die Königin von
Scheba. Ihr Herz hatte nach Weisheit verlangt, die sie
höher schätzte als Gold und Silber und köstliche Steine,
und als sie sie gefunden hatte, gab sie willig den Reichtum
ihres Landes für sie hin. Auch der Äthiopier schied von
Philippus in der Freude der Erkenntnis des Christus Gottes,
den die Königin in Seinem Vorbild geschaut hatte.
Die Tatsache, daß er sich taufen ließ, beweist, daß er seinerseits
bereit war, wenn es sein mußte, alles für sie hinzugeben.
Welche Blicke lassen uns diese Dinge in die Gnade
Gottes tun, die den Menschen auf ihren verschiedenen We-
1Y3
gen so verschiedenartig begegnet! Die Welt mit allem
Glanz und Reichtum hatte der Königin Herz arm gelassen,
und das Herz des Kämmerers war arm geblieben trotz
aller Religiosität, die ihm in der Stadt des Tempels Jehovas
begegnet war. Es ist so — ohne Jesum bleibt die
Seele arm und dürr, gleich einer Wüste, die weder die
Herrlichkeit dieser Welt noch ihre Religion umzugestalten
vermag.
Bei aller Gleichartigkeit besteht dennoch ein bemerkenswerter
Unterschied zwischen den beiden Erzählungen.
In dem ersten Fall finden wir Christum in Herrlichkeit geoffenbart,
in dem letzten finden wir Ihn in Seiner Er-
niedrigung und in Gnade. Salomo stellte der Königin
„den König in Seiner Schönheit" dar, während Jesajas
dem Kämmerer „das geschlachtete Lamm" predigte. Aber
die eine wie die andere Seele wurde gesättigt. In Christo
findet der Sünder, der Ihn in der Zeit der Gnade und
des auf Sein Blut gegründeten Heils kennen lernt, Ruhe
und Frieden und alles was er bedarf, und in Christo und
der geoffenbarten Herrlichkeit Seines Reiches werden die
Nationen des kommenden Zeitalters und die ganze Schöpfung
Gottes ihre Befriedigung und Wonne finden. In
jedem Fall aber bleibt Christus immer die alleinige Antwort
auf alles Suchen und Fragen der Seele, ob als
Lamm Gottes auf dem Altar, oder als König der Herrlichkeit
auf Seinem Throne. Der Sünder zieht freudig seinen
Weg, nachdem er von dem für ihn geopferten Lamm
gehört und Jesum im Glauben angenommen hat, und die
ganze Schöpfung Gottes wird einst frohlocken in Ihm,
von dem geschrieben steht: „Majestät und Pracht sind vor
Seinem Angesicht, Stärke und Freude in Seiner Wohn-
ry4
stätte". (1. Chron. 46, 27.) Alle Teile der Schöpfung
werden die heilende Kraft jenes Tages verspüren.
Noch auf einen anderen Unterschied, dem wir hier begegnen,
möchte ich aufmerksam machen. Am Tage der
Herrlichkeit muß der König aufgesucht werden, so wie
die Königin von Scheba kam, um dem König in Zion
zu huldigen. Am Tage der Gnade ist es der Heiland,
der sucht , so wie der äthiopische Gewaltige gesucht und
gefunden wurde durch den Diener Jesu, des Heilands.
Wie schön und vollkommen ist das alles, und wie wunderbar
ergänzen sich die einzelnen Teile und Züge! Für-
wahr, sie gewähren unseren Seelen einen Einblick in die
Vollkommenheit der Wege Dessen, mit dem wir es zu
tun haben. ___________
„Hat nicht Gott
die weltlich Armen auserwählt?"
(Jakobus 2, 5.)
Nichts fürchten die Menschen mehr als Armut. Manche
brechen lieber jedes der zehn Gebote, als daß sie arm
würden. Der Herr aber hat es erwählt, von einem Weibe
geboren zu werden, die so arm war, daß sie bei Seiner
Darstellung im Tempel nur zwei Tauben zu opfern vermochte.
(Luk. 2, 22—24.) Sein ganzes Leben brachte Er
unter den Armen zu. Die Apostel und Freunde, die Er
erwählte, waren, mit wenigen Ausnahmen, alle arm. Andere
dienten Ihm mit ihrer Habe, und als Er Seinen Einzug
in Jerusalem hielt, ritt Er auf einem geliehenen Escls-
füllen. Sein letztes Mahl hielt Er in einem geliehenen
Saal, und in Seinem Tode lag Er in einem geliehenen
Grabe.
— ry5 —
„Hat nicht Gott die weltlich Armen auserwählt, reich
zu sein im Glauben und zu Erben des Reiches?" — War­
um liebt Gott die Armen so sehr? Warum preist Er den
glückselig, der acht hat auf den Armen? Der Weltgcist
brüstet sich mit seinem Überfluß. Die Kinder der Welt
wetteifern miteinander in dem Luxus, den sie zur Schau
tragen. Gott aber erwählt das Törichte, das Schwache,
das Unedle und Verachtete. Er hebt aus dem Staube empor
den Geringen, aus dem Kote erhöht Er den Armen.
(Ps. UZ, 7.) Warum? Weil Er ihn liebt. Gott liebt
den Fremdling, die Witwe, die Waise, kurz alles, was
arm und schwach ist.
Beachten wir auch, daß die Armut zur Abhängigkeit
von Gott nötigt. Der Reiche kann Gott auch vertrauen,
der Arme muß es tun. Wohlhabende Christen stehen in
großer Versuchung, im Blick auf ihre täglichen Bedürfnisse
auf ihren Reichtum zu bauen; der arme Bruder aber
hat keine Burg, in die er fliehen könnte, als nur die
starken Arme Gottes. Von Ihm erwartet er das
tägliche Brot und vertraut Dem, der da weiß, daß er dies
bedarf. (Luk. u, 30.)
Weiter bietet Armut viel Gelegenheit zum Dienst. Die
Reichen können Dienstboten, Helfer und Helferinnen anstellen
zur Pflege für sich und die Ihrigen. Die, Armen
dagegen sind darauf angewiesen, einanderzu dienen in
den täglichen Vorkommnissen des Lebens. Hierbei haben
sie reiche Gelegenheit, Dem ähnlich zu werden, der da
kam, um zu dienen, der arm wurde, damit wir durch
Seine Armut reich würden.
1YÜ
Ein zehnjähriges Letdensjuviläum
Unter dieser Überschrift sendet ein Leser des „Botschafter"
das untenstehende Gedicht ein. Die Verfasserin ist eine Frau, die
früher in guten äußeren Verhältnissen lebte, aber all ihr Hab und
Gut verlor und infolge eines Nervenleidens nun schon zehn Jahre
meist im Sessel sitzend zubringcn mußte. Kopf und Hände kann
sie kaum bewegen und nur mühsam einige schwer verständliche
Worte lallen. Aber ihr Herz ist glücklich und ruht in der Liebe
ihres Herrn und Heilandes. Die schonen Verseh werden gewiß
manchen anderen Leidenden zur Ermunterung und Erquickung dienen.
Herr, Dir will ich trauen,
Immer auf Dich schauen,
Seelenbräutigam!
Der Du mir zum Lohne
Trugst die Dornenkrone,
Jesu, Gottes Lamm!
Du gabst mir den Frieden,
Hast mir stets hienieden
Gutes nur getan.
Ließt für meine Sünden
Mich Vergebung finden.
Nahmst mich gnädig an.
Wenn ich oft verzagte.
Dir mein Leiden klagte,
Alle meine Pein,
Warst Du's, guter Hirte,
Der Sein Schäflein führte
Treulich aus und ein.
Und wie Du geleitet,
Mir den Weg bereitet,
.Herr, wer spricht es aus!
Bald in ew'gen Weisen
Werd' ich neu Dich preisen
Dort im Vaterhaus! C. D.
') Die liebe Kranke wird die Veränderungen, die des Rhythmus und Reimes
«egen nölig waren, nicht übel vermerken.
„Vu Vist schöner als öle Menschensöhne"
lpsslm ,5, 2>
Oft und gern haben wir im Kreise der Geschwister,
wenn der Geist Gottes unsere Blicke auf Jesum lenkte,
das Lied gesungen:
Du bist des Herzens wahre Freude,
Der Seele reinstes Lebenslicht,
Bist, Herr, auch meine Lust und Weide,
Mein Trost und meine Zuversicht.
Denn alles, was das Herz erquickt,
Wird, Jesu, nur in Dir erblickt.
Und was wir sangen, war nicht nur wahr als Lehre,
sondern entsprach auch wohl der augenblicklichen Stimmung
unserer Herzen. Aber oft haben wir es auch erleben
müssen, daß unsere Freude bald wieder nachließ,
daß der lichte Glanz des Augenblicks gar schnell verblaßte.
Warum war das so? Bielleicht weil unsere Herzen nicht
gewohnheitsmäßig die nahe, beglückende Verbindung mit
Jesu kannten — wir hatten nur eine flüchtige, vorübergehende
Aufwallung unserer Gefühle erlebt — vielleicht
auch weil wir nicht wachsam genug waren, um den empfangenen
Segen festzuhalten; andere Eindrücke verwischten
das Erlebte nur zu schnell wieder. Daß es in unserem
Herrn Ursache gibt, uns allezeit zu freuen, bedarf keiner
Erwähnung. Und Er hat uns Seinen guten Geist gegeben,
dessen vornehmstes Bemühen darauf gerichtet ist,
unsere Herzen an Seine hochgelobte Person zu fesseln.
„Er wird mich verherrlichen", sagt der Herr von Ihm,
1Y8
„denn von dem Meinen wird Er empfangen und euch verkündigen."
(Joh. 1b, 1.4.) Und wo Er wirkt und man
auf Ihn achtet, da gibt es eine „unaussprechliche, verherrlichte
Freude".
Psalm 45 gehört zu den Psalmen, welche die Herrlichkeit
des „Tausendjährigen Reiches" und vor allem die
Schönheit des „Königs" (V. 1) beschreiben. Er wird den
Söhnen Korahs in den Mund gelegt, die einst nur durch
unumschränkte Gnade dem furchtbaren Lose ihrer Eltern
entronnen waren. (Vergl. 4. Mose 16, 32; 2b, 11.) Wie
die meisten der Psalmen ist er ein lebendiger Ausdruck
dessen, was in den Herzen der Männer, die sie gedichtet
haben, vorgegangen ist. Wir finden die Schreiber bald
auf den erhabenen Höhen des Glaubens und der Freude,
bald in den finsteren Tälern tiefster Herzensübungen, in
Schmerz und Trauer. Unser Psalm ist in ganz besonderer
Weise ein Freudenpsalm, ein Jubellied. In ihm singt und
klingt alles. Schon die Überschrift bezeichnet ihn als „ein
Lied der Lieblichkeiten" oder, wie andere übersetzen, als
„ein Lied von dem Geliebten". Und muß nicht Kostbares
hervorkommen, wenn es dem Heiligen Geist gelingt, die
Harfe von z eh n Saiten zum Tönen zu bringen und durch
den Mund glücklicher Erlöster von Ihm zu zeugen, dessen
Name „Wunderbarer" ist, mit dem sich nichts im Himmel
und auf Erden vergleichen läßt?
In dem uns allen so gut bekannten 84. Psalm beginnen
dieselben Söhne Korahs ihren Lobgesang mit den
Worten: „Wie lieblich sind deine Wohnungen, Jehova
der Heerscharen! Es sehnt sich, ja, es schmachtet
meine Seele nach den Vorhöfen Jehovas." Sie, deren
Väter nach dem Priestertum getrachtet hatten, waren ja
- 199 —
— so handelt die Gnade — zu „Hütern der Schwelle
des Zeltes" bestellt worden, (1. Chron. 9, 1.9.) Hier, in
Psalm 45, „wallt ihr Herz von gutem Worte". Ihre
Gedichte gelten dem König! (V. 1.) Der Messias selbst,
der „Ausgezeichnete vor Jehntausenden", steht vor den
Blicken der Sänger.
Wenn Wasser vom Feuer erwärmt wird, so gerät es
in Bewegung, eö wallt und brodelt, bis es überfließt. So
auch das von dem Feuer der Liebe erwärmte Herz —
es wallt von gutem Worte. Es kann die in ihm erweckten
Gefühle nicht zurückhalten. Sie sind „wie Wein,
der nicht geöffnet ist". (Hiob 32, 19.) Die innere Erregung
muß sich Luft machen. Es muß heraus, was im
Herzen vorgeht, und was dann unter der Leitung des
Geistes hervorkommt, sind gute, gesegnete Worte. Ach,
wenn auch wir mehr von solchen Wallungen des Herzens
wüßten! Wie gut war der Apostel Paulus damit bekannt,
und vor und nach ihm in ihrem Maße viele treue Männer
und Weiber des Glaubens. Denken wir nur an David,
„den Lieblichen in Gesängen Israels", an Asaph, Jesaja,
an Maria von Bethanien und an so manche andere
gesegnete Diener und Dienerinnen des Herrn in späteren
Zeiten, bis auf unsere Tage hin. Was ihre Herzen belebte
und wallen machte, war die eine Person, von welcher die
Schriften des Alten und Neuen Testamentes zeugen, der
König Israels, der demütige Jesus von Nazareth, der
jetzt verherrlicht zur Rechten Gottes thronende Menschensohn.
„Ich sage: Meine Gedichte dem Könige!" Mit
anderen Worten: Mein Bestes, das, worin meine tiefsten.
200
innigsten Gefühle zum Ausdruck kommen, soll von Ihm
reden, soll Ihm gelten. Er allein ist es wert, besungen zu
werden, denn „Sein Gaumen istlauter Süßigkeit, und
alles an Ihm ist lieblich". (Hohel. 5, rb.)
Teurer Leser! kennst du auch etwas von solchem Übermalten
eines von Liebe durchglühten Herzens? Wenn du
auch nicht dichten kannst, weißt du von Zeiten, wo du
dem Herrn singst und spielst in deinem Herzen? Drängt
es dich zuweilen. Ihm ein Loblied zu singen, der dich so
teuer erkauft hat und „der dich erhält, wie es dir selber
gefällt"? Ist im stillen Anschauen Seiner Herrlichkeit dein
Herz übergeströmt in Worten dankbarer Liebe und seliger
Freude? Ach! wie vieles andere kann das Herz zum Wallen
und Brodeln bringen, oft stunden- und tagelang, zum
eigenen Schaden und zum Unsegen für andere! Denn wovon
das Herz voll ist, davon geht der Mund über. Es
kann nicht verborgen bleiben, was im Herzen vorgeht,
es sei Gutes oder Böses.
Cö ist etwas Besonderes um ein schönes, tiefempfundenes
und gehaltvolles Gedicht. Ein Mensch, der die Gabe
des Dichtens besitzt, kann darin seine Gedanken und Gefühle
in einer Weise zum Ausdruck bringen, die andere
ergreift und mit fortreißt. Zeile reiht sich an Zeile, Vers
an Vers; Freude und Kraft wachsen, der Genuß, die innere
Bewegung steigen, und der Lesende nimmt teil daran.
Und ist der Herr es nicht wert, daß wir unser ganzes
Sinnen und Denken Ihm zuwenden? O wieviel Segen
haben solche Gedichte und Lieder, die Ihn besangen, den
unsere Seele liebt, schon gebracht! Welch einen reichen
Schatz solcher Lieder und Gesänge besitzen wir durch Gottes
Gnade — Anbetungslieder und solche, die des Herrn
201
Treue, Geduld uud Güte besingen! Wahrlich, wir können
nicht dankbar genug dafür sein.
Der Psalmist will hier seine Gedichte dem König
weihen. Unter diesem Titel steht unser Herr, wie wir schon
andeuteten, in Verbindung mit Israel, so wird Er einst
von dem gläubigen Überrest gekannt und gepriesen werden.
Auch wir wissen, daß Er einmal als König herrschen
wird „von Meer zu Meer und vom Strome bis an
die Enden der Erde", daß „alle Könige vor Ihm niederfallen,
alle Nationen Ihm dienen werden" (Ps. 72, 8.
11), und wir freuen uns, daß Ihm einmal alle Feinde zu
Füßen liegen und anerkennen werden, daß Er Herr ist.
Aber unsere Beziehungen zu Ihm sind höher und inniger.
Für uns ist Er der Bräutigam Seiner Braut, daö
Haupt Seines Leibes, der Versammlung (Gemeinde), und
wir erwarten Ihn als Heiland aus den Himmeln, um
„unseren Leib der Niedrigkeit umzugestalten zur Gleichförmigkeit
mit Seinem Leibe der Herrlichkeit". (Phil.
Z, 20. 21.) Der Gegenstand unserer Hoffnung ist nicht
ein Reich auf dieser Erde, sondern ein „unverwesliches,
unbeflecktes und unverwelklicheö Erbteil in den Himmeln"
(1. Petr. 1, 4), das Vaterhaus droben.
„Meine Junge sei (od. ist) der Griffel eines fertigen
Schreibers." Ein fertiger oder geübter Schreiber braucht
sich nicht lange zu besinnen, wenn er seine Gedanken nie-
derschreiben will. Schnell, ohne einen Augenblick zu stocken,
läuft der Griffel über die Tafel, die Feder über das Papier.
Klar und wohldurchdacht reihen sich die Sätze aneinander.
So ist's mit einem Menschen, der daran gewöhnt
ist, sich mit dem höchsten aller Gegenstände, nut
Christo zu beschäftigen, über Ihn zu sinnen. Seine Junge
202
gibt ohne Mühe wieder (wenn er anders überhaupt seine
Gefühle in Worte zu kleiden vermag), was das Herz erfüllt
und belebt. Oder es drängt sich ein Lied auf die Lippen,
das diesen Gefühlen Ausdruck gibt. O daß wir mehr
solche Menschen sein möchten zur Ehre Gottes und zum
Heil unserer Mitmenschen! Die Ewigkeit wird es einmal
offenbar machen, wieviel Segen glückliche, singende
Kinder Gottes in diese arme Welt hineingetragen haben.
„Du bist schöner als die Menschensöhne." So macht
sich das Herz jetzt Luft in bewundernder, anbetender Liebe.
Wer wäre auch mit Ihm zu vergleichen, dem Mittelpunkt
der Freude und Wonne Gottes? Mit Ihm, dessen Haupt
Maria einst mit kostbarer Narde salbte, und dessen Vortrefflichkeit
gegenüber Paulus alles, auch das Begehrenswerteste,
für Verlust und Dreck achtete? Wie wird
Israel einst jubeln, wenn seine „Augen den König in
Seiner Schönheit schauen werden"! (Zes. 33, 1,7.) Treue
Männer Gottes, kostbare Vorbilder von Ihm, sind dagewesen,
aber sie alle haben doch nur einzelne Züge Seiner
Schönheit und Herrlichkeit, und auch diese nur schwach,
zur Darstellung bringen können. Keiner von ihnen war
flecken- oder tadellos. In Ihm aber, und zwar im Gewände
der tiefsten Niedrigkeit, alles äußeren Glanzes, aller
menschlichen Pracht bar, hat das Auge des Glaubens eine
Herrlichkeit angeschaut, „eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen
vom Vater, voller Gnade und Wahrheit". (Joh.
1, 14.) Und dieser Eine, Unvergleichliche, „der Abglanz
der Herrlichkeit Gottes und der Abdruck Seines Wesens"
(Hebr. 1, 3), der den Vater vollkommen verherrlicht hat
von der Krippe bis zum Kreuze, ist uns von Gott ge
20Z
schenkt worden in der ganzen Fülle Seiner Person. In
I h m hat Gott zu uns geredet am Ende der Tage. Darum,
wenn der Himmel sich öffnet und die Stimme Gottes
ertönt: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen
gefunden habe", treten alle anderen: Mose, Elias,
Johannes der Täufer, in den Hintergrund.
Wie könnte es anders sein? Die Sterne verschwinden
vor unseren Blicken, wenn die Sonne aufgeht. Darum
singen wir so gern von dem Namen ohne Gleichen,
voll Gnade, Trost und Lieblichkeit, von Ihm, dem einzigen
Ruhort unserer Seele, der uns alles geworden ist, Erlösung,
Weisheit, Licht und Kraft, dessen Schönheit nimmer
verbleicht noch veraltet. Und bald wird das neue Lied,
das schönste und herrlichste von allen, droben Seinen Ruhm
verkünden und das „Du bist würdig!" in alle Ewigkeit
Ihm gesungen werden, Ihm allein.
„Holdseligkeit ist ausgegossen über deine Lippen."
So klingt die zweite herrliche Note in diesem „Liede der
Lieblichkeiten". Schon hörten wir die Brant im Hohenlieds
vor den Töchtern Jerusalems rühmend von Ihm sagen:
„Sein Gaumen ist lauter Süßigkeit". „Süßer als
Honig und Honigseim" waren Seine Worte dem Psalmisten
(Ps. Id, ro), und „zur Wonne und Freude seines Herzens"
dem Propheten. (Jer. 15, 16.) Als Er dann hienieden
wandelte, ein Mensch unter den Menschen, da „verwunderten
sich alle über die Worte der Gnade, die aus
Seinem Munde hervorgingen". (Luk. 4, 22.) Selbst die
Diener der Pharisäer und Hohenpriester, die auögesandt
waren, um Ihn zu greifen, kehrten, ihrerseits tief ergriffen,
zu ihren Herren zurück und berichteten: „Niemals
204
hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch". (Joh. 7,4b.)
Daö empfanden auch die Jünger, und deshalb konnten sie
nicht von Ihm lassen, wenn auch alle Ihm den Rücken
wandten. Er hatte „Worte ewigen Lebens", Worte, die
nimmer vergehen werden, wenn auch Erde und Himmel
untergehen. Still und dankbar erwählte deshalb auch Maria
„daö gute Teil" und setzte sich zu den Füßen Jesu nieder,
um Seinen Worten zuzuhören.
Auch wir dürfen ähnliche Erfahrungen machen, immer
wieder, einzeln und in Gemeinschaft. Weilt der Geliebte
auch nicht mehr auf dieser Erde, so ist Er doch bei
uns, gesellt sich zu uns, wenn wir von Ihm reden, und
indem wir Seinen Auslegungen lauschen, beginnen unsere
Herzen zu bren n e n. (Luk. 24.) Ja, Sein Wort ist Geist
und Leben, zum Licht und Heile unö gegeben, wie haben
wir'ö so oft verspürt! Die Stimme des guten Hirten ist
rinö nicht fremd. Wir kennen sie, und „Seine Worte sind
unserem Gaumen süß". (Ps. zzy, tvZ.)
Aber wir machen auch gegenteilige Erfahrungen. Nicht
selten müßte der Herr auch unö znrufcn, wenn wir zusammensitzen
oder -gehen: „Waö sind daö für Reden,
die ihr miteinander wechselt, und seid niedergeschlagen" —
oder seid zerstreut — oder beunruhigt um viele Dinge?
Gar nicht solcher Gespräche zu gedenken, deren wir unö
vor Ihm schämen müßten. Und wie scharf sind die Ohren
der Welt, wenn sie Gottes Kinder nachlässig oder gar
leichtfertig reden hört! Wie unberechenbar ist der Schaden,
der dadurch geschieht!
Wie so ganz anders war eö mit unserem Herrn selbst!
Sah das Auge nur Schönes, Liebliches in Ihm, so vernahm
das Ohr nur holdselige Worte, Worte der Rein
205
heit, Huld und Gnade. Die äußere Erscheinung des Herrn,
Sein Wesen, Seine Worte, alles stand in vollkommenstem
Einklang, in reinstem Ebenmaß, gleich dem feinen
weißen Mehl des Speisopfers. „D arum hat Gott dich
gesegnet ewiglich." Mit welch einem Wohlgefallen hat
Gottes Auge auf diesen vollkommenen Menschen herabgeschaut,
mit welcher Freude hat Sein Ohr jedes Seiner
Worte vernommen! Darum ruhte Sein Segen auf Ihm
und wird immerdar auf Ihm ruhen.
Wir werden hier unmittelbar an das wunderbare Geheimnis
Seiner Person erinnert. Mußten auch noch Jahrhunderte
bis zur Menschwerdung des Sohnes Gottes vergehen,
der Geist redet hier von Ihm, als wenn Er Seinen
Weg über diese Erde hin schon vollendet hätte. Er hat
in Wahrheit, Sanftmut und Gerechtigkeit hienieden gewandelt
(V. 4), Er hat Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit
gehaßt (V. 7), darumhat Gott Ihn gesegnet
ewiglich, d a r u m Ihn mit Freudenöl gesalbt, und, geleitet
durch den Geist, ruft der Psalmist Ihm zu:
„Gürte dein Schwert um die Hüfte, du Held, deine
Pracht und deine Majestät! Und in deiner Majestät ziehe
glücklich hin..., und Furchtbares wird dich lehren deine
Rechte." (V. 3. 4.) Alles hat seine Zeit, nicht nur in
dem Tun und Vornehmen der Menschen, sondern auch in
den Wegen Gottes. Es gibt eine Zeit der Gnade und eine
Zeit der Gerechtigkeit, einen Tag des Heils und einen Tag
des Gerichts. Heute ist die Zeit der Gnade, der Tag
des Heils, aber wenn Gottes „Gerichte die Erde treffen,
so lernen Gerechtigkeit die Bewohner des Erdkreises".
(Jes. 26, y.) Der Glaube versteht das Tun
Gottes und rechtfertigt Gott in allen Seinen Wegen.
206
Aus demselben Munde, aus welchem einst holdselige
Worte der Gnade kamen, wird bald ein scharfes, zweischneidiges
Schwert hervorgehen. Derselbe Herr, der heute
die Mühseligen und Beladenen einladet, zu Ihm zu kommen,
um Ruhe zu finden für ihre Seelen, wird binnen
kurzem die Nationen schlagen mit dem Schwerte Seines
Mundes und sie weiden mit eiserner Rute. (Offbg. t, tb;
ty, t5.) Völker werden unter Ihm fallen. Seine Pfeile
sind scharf, sie dringen „den Feinden des Königs ins Herz".
Wie furchtbar wird es sein, wenn Gott Seinem
Geliebten einmal zurufen wird: „Gürte dein Schwert um
die Hüfte, du Held", wenn, wie einst bei Israel, der
Grimm Gottes seinen Höhepunkt erreicht hat und keine
Heilung mehr sein wird! (Vergl. 2. Chr. 36, t6.) Ihm
hat der Vater ja alles Gericht übergeben, weil Er des Menschen
Sohn ist, der Ihn in allem verherrlicht hat und gehorsam
geworden ist bis zum Tode, ja, zum Tode am
Kreuze. Mögen dann auch die Nationen toben und Eitles
sinnen die Völkerschaften, mögen die Fürsten und Könige
der Erde miteinander beratschlagen wider Jehova und Seinen
Gesalbten und in ihrer Feindschaft und Wut einander
zurufen: „Lasset uns zerreißen ihre Bande und von uns
werfen ihre Seile! — der im Himmel thront lacht, der
Herr spottet ihrer". Hat Er doch Seinen König gesalbt
auf Zion, Seinem heiligen Berge! Ihm wird Er zum
Erbteil geben die Nationen, und zum Besitztum die
Enden der Erde; mit eisernem Zepter wird Er sie zerschmettern,
wie ein Töpfergesäß sie zerschmeißen. (Ps. 2.)
Darum: „Küsset den Sohn, daß Er nicht zürne!"
Und: „Glückselig alle, die auf Ihn trauen!"
(Schluß folgt.)
207
Selbstbeherrschung
Von den sieben duftenden Blumen, die der Apostel
Petrus im 7. Kapitel seines zweiten Briefes (V. 5—7)
zu einem herrlichen Strauß vereinigt hat, trägt die dritte
den Namen „Enthaltsamkeit" oder „Selbstbeherrschung".
In Gal. 5, 22 beschließt sie die Reihe der dreimal drei
kostbaren Dinge, welche dort als „die Frucht des Geistes"
bezeichnet werden. Man versteht unter Enthaltsamkeit meist
eine über daö gewöhnliche Maß hinausgehende Mäßigung
im Essen und Trinken und anderen Genüssen. Ohne Frage
sind diese Dinge miteingeschlossen, aber die Bedeutung des
Wortes geht viel weiter. Es läßt unö an einen Menschen
denken, der nicht nur mäßig ist in allem, was er sich erlaubt,
sondern der auch sein eigenes Ich wohl im Jaume
zu halten versteht.
Selbstbeherrschung ist eine seltene Gnade; denn nur
durch Gnade vermögen wir den Sieg über uns selbst
davonzutragen. Sie übt ihre heiligende Wirkung auf die
ganze Lebensweise, das Verhalten und den Charakter eines
Gläubigen aus. Es genügt nicht, eine, zwei oder mehr
selbstsüchtige Eigenschaften zu beherrschen, nein, das
ganze „Ich" mit seinen zahllosen Auswüchsen, in seiner
ganzen häßlichen Ausdehnung, muß im Tode gehalten
werden. Wer noch mit stolzer Geringschätzung auf einen
armen Trinker herabblickt, ist selbst jede Stunde in Gefahr,
in Versuchung zu kommen und zu fallen. Trunkenheit
und Schwelgerei sind sicher eine der niedrigsten Formen
der Selbstsucht und müssen zu den schlechtesten Früchten
des mächtigen, vielästigen Baumes, „Ich" genannt,
gerechnet werden. Aber es genügt nicht, diesen oder jenen
208
Ast, einen oder einige Zweige des Baumes abzuschneiden,
der ganze Baum taugt nichts. Wir sollten daher das Böse
nicht nur richten, wenn es wirkt, sondern uns selbst
beherrschen, damit es nicht zum Wirken kommt.
Aber nun möchte man fragen: „Wie können wir
unö selbst beherrschen?" Wir finden die Antwort in Phil.
4, 43 in dem Worte des Apostels: „Alles vermag ich in
Dem, der mich kräftigt". Haben wir nicht in Christo ein
vollkommenes Heil empfangen? Und wenn das so ist,
wie weit erstreckt sich dieses Heil? Ist es lediglich eine Erlösung
von dem kommenden Zorn, eine Sicherstellung vor
dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt? Von welch
unschätzbarem Wert beides auch ist,-„Heil" oder „Errettung"
bedeutet doch weit mehr als das. Nicht nur sind
unsere Sünden getilgt; wir sind angenommen in Christo
Jesu, der uns geworden ist „Weisheit von Gott", um unö
von dem Irrtum unseres Weges auf den Weg des Lichts
und des Friedens zu führen, und „Gerechtigkeit", um
uns fähig zu machen, in der Gegenwart eines heiligen Gottes
bestehen zu können, und „Heiligkeit", damit wir als
Geheiligte nun auch praktisch, in allen unseren Wegen,
heilig seien, und „Erlösung", um unö schließlich von der
Macht des Todes zu befreien und in Seine ewige Herrlichkeit
einzuführen.
So ist denn die Fähigkeit, in allem enthaltsam zu sein
und unö selbst zu beherrschen, in der Errettung, die wir in
Christo Jesu haben, miteingeschlossen. Sie gründet sich auf
die Heiligkeit, mit der uns die göttliche Gnade auöge-
stattet hat. Hüten wir uns davor, unsere Errettung nur
in einseitigem Lichte zu sehen, wir dürfen und sollen in ihre
ganze Fülle eintreten. Sie erstreckt sich nicht nur von Ewig
209
keit zu Ewigkeit, sondern stellt auch die praktischen Einzelheiten
unseres täglichen Lebens mit unter ihren Segenseinfluß.
Ich sollte niemals von Errettung reden, die meine
Seele für dieIukunft sichergestellt hat, und dabei ihren
praktischen Wert und ihre Wirkung auf mein Verhalten
in der Gegenwart leugnen. Sie hat mich von dem
Gericht, das über die Sünde kommen muß, nicht mehr
errettet, als von der Macht der Sünde über mich und
der Lust zu sündigen in mir. Es ist gut, diese Dinge klar
zu erfassen und in einfältigem Glauben festzuhalten.
„Da Seine göttliche Kraft uns alles in betreff des
Lebens und der Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis
Dessen, der uns berufen hat durch Herrlichkeit
und Tugend..., ebendeshalb reichet aber auch dar, indem
ihr allen Fleiß anwendet, in eurem Glauben die Tugend,
in der Tugend aber die Erkenntnis, in der Erkenntnis
aber die E n th a l t s a m k e i t, in der Enthaltsamkeit aber
das Ausharren, in dem Ausharren aber die Gottseligkeit,
in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe, in der Bruderliebe
aber die Liebe."
Durch göttliche Kraft ist uns alles, was wir zur Darstellung
des neuen Lebens und zu einem gottseligen Wandel
bedürfen, dargereicht. Für uns bleibt nur übrig, uns
diese Darreichung zunutze zu machen, mit anderen Worten,
„allen Fleiß anzuwenden", auf die Unterweisungen
des Wortes zu lauschen, indem wir zugleich „unablässig
beten" und „in allem danksagen". Nur in heiliger Wachsamkeit,
durch die dauernde, ununterbrochene Inanspruchnahme
der Gnade vermögen wir uns selbst zu beherrschen.
Es wird kaum einen Christen geben, der noch nicht
mit bösen Gedanken zu kämpfen gehabt hätte, mit
— 2ro —
jenen lästigen Eindringlingen in unsere stillsten Stunden.
Immer wieder wollen diese Störenfriede unserer inneren
Ruhe die Luft um uns her trüben und uns den vollen,
klaren Ausblick in den Himmel rauben. Der Psalmist sagt:
„Nichtige Gedanken hasse ich". Sie sind in der Tat hassenswürdig
und sollten stets schonungslos verurteilt und
aus dem Herzen entfernt werden. Man hat zuweilen gesagt:
„Wir können den Vögeln nicht verbieten, über uns
hinzufliegen, aber wir können sie wohl daran hindern,
auf unserem Kopf zu nisten. So können wir es nicht
verhindern, daß böse Gedanken in uns aufsteigen wollen,
aber wir haben keine Entschuldigung, wenn wir sie eine
Stätte bei uns finden lassen."
Wie aber können wir über unsere Gedankenwelt herrschen?
Aus uns selbst nicht besser, als wir unsere Sünden
auszutilgen vermochten. Was wir zu tun haben, ist, auf
Christum zu blicken, in Ihm zu bleiben. Hier
liegt das ganze Geheimnis. Er kann unö bewahren, und
zwar nicht nur vor der Aufnahme böser Gedanken,
sondern auch vor ihrem Aufsteigen. Wir selbst vermögen
das eine so wenig wie das andere. Er aber kann
die häßlichen Eindringlinge davon abhalten, auch nur bei
uns anzuklopfen. Jemehr das göttliche Leben bei unö in
Tätigkeit tritt, umso stärker und tiefer fließt der Strom
geistlichen Denkens und Fühlens in uns. Jemehr die Neigungen
des Herzens auf die Person Christi gerichtet sind,
desto weniger belästigen uns nichtige Gedanken. Das ist
ein einfacher, aber ernster Ersahrungssatz. Nur dann, wenn
wir uns geistlicher Trägheit hingeben, schleichen sich die
schlechten Gedanken ein, ja, sie kommen dann über uns
gleich einer Flut. Aber selbst dann ist die einzige Hilfs
— 2rr —
quelle für uns Jesus, das einzige Rettungsmittel der
Bück auf'J h n. Wir könnten ebensogut versuchen, in eigener
Kraft mit den finsteren Mächten der Hölle den Kampf
aufzunehmen, als ein Heer böser Gedanken zu vertreiben,
llnsere einzige Zuflucht ist Christus. Er ist uns zur „Heiligkeit"
geworden. Der Gläubige vermag alles, aber
nur durch Ihn. Wir brauchen nur im Glauben, mit
heiligem Ernst, den Namen Jesu der Flut böser Gedanken
entgegenzustellen, um augenblicklich und restlos von
ihnen befreit zu werden.
Doch das Vortrefflichere ist, vor dem Eindringen des
Bösen dadurch bewahrt zu bleiben, daß wir ihm mit dem
Guten zuvorkommen. Ist der Gedankengang aufwärts gerichtet,
frei von allen Krümmungen und Umwegen, so
wird der aus der Tiefe der Seele hervorkommende Strom
unseres Fühlens und Denkens naturgemäß in seinem Bett
weiterfließen. Das ist unfraglich das weit vortrefflichere
Teil. Möchten wir eö aus persönlicher Erfahrung mehr
kennen! „Übrigens, Brüder, alles was wahr, alles was
würdig, alles was gerecht, alles was rein, alles was lieblich
ist, alles was wohllautet, wenn es irgend eine Tugend
und wenn es irgend ein Lob gibt, dieses erwäget.
Was ihr auch gelernt und empfangen und gehört und an
mir gesehen habt, dieses tut, und der Gott des Friedens
wird mit euch sein." (Phil. 4, 8. 9.) Wenn das Herz
von Christo, der lebendigen Verkörperung all der eben aufgezählten
kostbaren Dinge, erfüllt ist, so fließt der Friede
des Herzens wie ein Strom, der Gott des Friedens ist mit
uns, und die bösen Gedanken belästigen uns nicht.
Wie außerordentlich wichtig ist ferner die Gnade der
Selbstbeherrschung in Bezug auf unsere Junge, dieses
— 2k2 —
einflußreiche Glied, so fruchtbar im Guten wie im Bösen,
dieses merkwürdige Werkzeug, durch das wir ebensowohl
freundliche und wohltuende Laute der Liebe und des Mitgefühls,
wie auch böse und kränkende Worte des Zorns
und des beißenden Spottes hervorzubringen vermögen!
Wie oft wird Unheil, das Jahre nicht wieder gutzumachen
vermögen, in einer Minute durch die Junge
ungerichtet! In einem einzigen unbewachten Augenblick
können wir Worte mit ihr äußern, so böse und verhängnisvoll,
daß wir alles hingeben würden, wenn wir sie
dadurch ungesprochen machen könnten. „Wenn jemand
nicht im Worte strauchelt", sagt Jakobus, „der ist ein
vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib zu zügeln.
Siehe, den Pferden legen wir die Gebisse in die
Mäuler, damit sie uns gehorchen, und lenken ihren ganzen
Leib. Siehe, auch die Schiffe, die so groß sind und
von heftigen Winden getrieben werden, werden durch ein
sehr kleines Steuerruder gelenkt, wohin irgend der Trieb
des Steuermanns will. So ist auch die Junge ein kleines
Glied und rühmt sich großer Dinge. Siehe, ein kleines
Feuer, welch einen großen Wald zündet eö an! und die
Junge ist ein Feuer, die Welt der Ungerechtigkeit. Die
Junge ist unter unseren Gliedern gesetzt, als die den ganzen
Leib befleckt und den Lauf der Natur anzündet und von
der Hölle angezündet wird. Denn jede Natur, sowohl der
Tiere als der Vögel, sowohl der kriechenden als der Meertiere,
wird gebändigt und ist gebändigt worden durch die
menschliche Natur; die Junge aber kam» keiner der Menschen
bändigen: sie ist ein unstetes Übel, voll tödlichen Giftes."
(Jak. 3, 2—8.)
Solchen Worten gegenüber fragt man unwillkürlich:
21Z
Wer kann dann die Junge beherrschen? Kein Mensch.
Nur einer ist'dazu imstande, und das ist Christus. Wiederum
gilt eö, in einfältigem Glauben auf Ihn zu blicken,
und siehe da, unsere völlige Hilflosigkeit begegnet Seiner
Allgenugsamkeit. Es ist unö unmöglich, unsere Junge zu
zügeln. Wir könnten ebensogut versuchen, die Fluten des
Ozeans oder den Sturz einer Lawine aufzuhalten. Wie
oft, wenn wir die Folgen eines nicht wieder gutzumachenden
Vergehens der Junge zu fühlen hatten, haben wir unö
vorgenommen, daö unstete Glied das nächste Mal besser in
der Gewalt zu behalten; doch ach! unser Vornehmen glich
dem Morgenwölkchen vor der aufgehenden Sonne, und es
blieb unö nur übrig, uns zu verbergen und in der Stille
über unser beklagenswertes Jukurzkommen zu weinen.
Doch warum mußte es so kommen? Nur weil wir
in eigener Kraft versuchten, uns zu beherrschen, oder
doch nicht ein genügend tiefes Bewußtsein von unserer
Schwachheit hatten. Hier liegt die Ursache unseres dauernden
Fehlens. Wir sind so ausschließlich auf Jesum angewiesen,
wie der Säugling auf die Mutter. An Ihm müssen
wir hangen. Nur so wird es uns gelingen, die Junge zu
zügeln und sie in der rechten Weise zu gebrauchen. Möchten
uns stets die ernsten Worte des Apostels gegenwärtig
sein: „Wenn jemand sich dünkt, er diene Gott, und zügelt
nicht seine Junge, dessen Gottesdienst ist eitel"! (Jak.
t, 2b.) Daö sind wichtige und heilsame Worte, besonders
für unsere Tage, wo es so viele unbändige Zungen gibt!
Möchte sich ihr heiligender Einfluß in unserem Leben gel­
tend machen!
In innigem Zusammenhang mit Gedanken und Junge
steht daö Temperament, die natürliche Gemütsan-
214
läge. Aber wenn die Quelle unserer Gedanken geistlich
ist, so sinnen wir auf das, was droben ist; die Junge
steht dann im Dienst des Guten, und das Gemüt ist
ruhig und still. Christus, der durch den Glauben in unseren
Herzen wohnt, regiert darin, und alles ist wohlgeordnet.
Ohne Ihn habe ich nur Schaden und Verlust. Ich kann
die Selbstbeherrschung eines Philosophen an den Tag legen
und doch in Bezug auf die Enthaltsamkeit oder Selbstbeherrschung
von 2. Petr. 1, 6 ganz unwissend sein.
Die erstere beruht auf Weltweisheit, die letztere gründet
sich auf den Glauben, zwei durchaus entgegengesetzte
Dinge. Das Wort Gottes fordert uns auf: „Reichet in
eurem Glauben dar!" Es stellt den Glauben voran,
als daö Mittel, welches das Herz mit Christo, der lebendigen
Quelle aller Kraft, verbindet. Besitzen wir Christum,
und bleiben wir in Ihm, so sind wir fähig, „Tugend, Erkenntnis,
Enthaltsamkeit, Ausharren, Gottseligkeit, Bruderliebe
und Liebe darzureichen". Alle diese Dinge sind die
kostbaren Früchte des B l e i b e n s in Christo.
Ich kann mein Temperament ebensowenig beherrschen
wie meine Gedanken und meine Junge. Alle Versuche,
auf diesem Wege zum Ziele zu kommen, wären nur ein
fortgesetztes Zuschandenwerden. Ein Philosoph, der Christum
nicht kennt, kann mehr Selbstbeherrschung in Bezug
auf Junge und Temperament an den Tag legen, als ein
Gläubiger, der nicht in Christo bleibt. Es sollte nicht so
sein. Es ist auch nicht so, solang der Christ einfältig
auf Ies um blickt. Fehlt er hierin, so erlangt der Feind
einen Vorteil über ihn, und wir wissen, daß es die Freude
Satans ist, einen Christen zu Fall zu bringen, um dadurch
Schmach auf den Namen Christi zu laden. Die Selbstbe
215
herrschung eines Weltweisen dient nur dazu, ihm über die
wahre Lage, in der er sich befindet, nur noch mehr
die Augen zu verschließen und ihn umso sicherer ins ewige
Verderben zu stürzen.
Laßt uns deshalb allezeit und unverrückt auf Jesum
blicken, in Ihm bleiben! Ja, laßt uns „allen Fleiß anwenden",
um so unsere Gedanken, unsere Zunge und unser
Temperament zu beherrschen! Viel, unendlich viel hängt
davon ab. „Denn wenn diese Dinge bei euch sind und
reichlich vorhanden, so stellen sie euch nicht träge noch
fruchtleer hin bezüglich der Erkenntnis unseres Herrn Jesus
Christus. Denn bei welchem diese Dinge nicht sind, der
ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung seiner vorigen
Sünden vergessen." (V. 8. y.) Wie ernst! Wir können
leicht in einen Zustand geistlicher Blindheit und Vergeßlichkeit
geraten. Das reichste Wissen, die tiefste Erkenntnis
in den Lehren der Heiligen Schrift vermögen die Seele
nicht zu bewahren. Nur „die Erkenntnis unseres
Herrn Jesus Christus" ist hier von Nutzen. Und
diese Erkenntnis mehrt sich in der Seele in dem Maße,
wie wir Fleiß anwenden, in unserem Glauben die verschiedenen
Gnaden darzureichen, von denen der Apostel hier
redet.
„Darum, Brüder, befleißiget euch umsomehr, eure Berufung
und Erwählung festzumachen; denn wenn ihr diese
Dinge tut, so werdet ihr niemals straucheln. Denn also
wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das
ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus."
(V. 10. 11.)
21b
„Sie Liebe, die Gott zu uns hat"
„Der Herr aber richte eure Herzen zu der Liebe
Gottes und zu dem Ausharren des Christus!"
,2. Tßess- Z. S.1
„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen
durch den Heiligen Geist, welcher unö gegeben worden
ist." So lautet das Zeugnis von Römer 5, 5. Gottes
Liebeist unseren Herzen kundgemacht worden, eine Liebe,
die jede irdische Liebe weit, weit hinter sich zurückläßt.
Die Liebe des Freundes zum Freunde mag wunderbar
und tief sein, wie Jonathans Liebe zu David. Die Liebe
einer Mutter zu ihrem Kinde ist stark, treu und unermüdlich.
Aber die Liebe Gottes, Seine Liebe zu uns, ist nicht
nur unvergleichlich größer, sie ist auch ganz anders geartet,
weil auf unserer Seite gar nichts vorhanden war,
was sie hätte Hervorrufen können. Wir singen mit Recht:
„Du liebst uns, weil Du Liebe bi st". Gott hat uns
geliebt und Seinen Sohn für »ms dahingegeben, als wir
noch kraftlose Sünder, Feinde und Gottlose waren. Wie
könnten wir nun angesichts des Kreuzes jemals an dieser
Liebe zweifeln? Dort schenkte sie sich uns völlig und restlos,
dort gab sie alles für uns dahin.
Wie wunderbar hat das Kreuz von Golgatha auf
die Lüge Satans im Garten Eden geantwortet! Dort war
eö der Schlange gelungen, Eva einzureden, Gott wolle ihr
etwas Gutes und Wünschenswertes vorenthalten. Diese
Aussaat des Unglaubens und Zweifelns an Gottes Liebe
hatte eine schreckliche Ernte von Kummer und Tränen,
v-m Elend, Jammer und Tod zur Folge. Die Liebe
aber, deren Verdächtigung sich die ersten Menschen so
217
schnell und willig gefallen ließen, ist im Kreuz von Golgatha
in hellstem Licht hervorgestrahlt, da, wo Gott Seinen
eigenen Sohn nicht verschonte, sondern Ihn für unü
alle dahingab.
Diese „vollkommene Liebe treibt die Furcht aus".
ES kann nicht anders sein. Wie könnten wir unö vor Ihm
fürchten, der uns mit einer so vollkommenen und zugleich
so heiligen Liebe liebt, wie sie am Kreuz sich geoffenbart
hat? „Hierin ist die Liebe: nicht daß wir Gott geliebt
haben, sondern daß Er uns geliebt und Seinen Sohn
gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden."
(1. Joh. 4, 10.)
Die Menschen in ihrer Oberflächlichkeit und Verblendung
möchten gern, daß Gott es mit ihren Sünden leicht
nehme. Aber ganz abgesehen davon, daß dies für Ihn ganz
unmöglich ist — Er kann nicht anders, als die Sünde
verabscheuen — genügt schon ein Strahl göttlichen Lichtes,
um uns zu zeigen, daß nichts uns Ruhe und Frieden
zu geben vermag, als nur die Erkenntnis, daß Gottes eingeborener
Sohn am Fluchholze für die Sünde gelitten
hat. Dort wurde die Grundlage gelegt, auf welcher die
Sünde auf immerdar hinweggetan werden kann. Hat der
erste Mensch die Sünde in die Welt eingeführt, so ist
der zweite Mensch in der Vollendung der Zeitalter geoffenbart,
um sie durch Sein Opfer ab z u s cha f f e n. (Hebr.
y, 26.) In welch ernster und doch auch wieder so unwiderstehlich
zum Herzen dringender Sprache verkündet uns
also das Kreuz, daß Gott Licht und Liebe ist!
Hat diese Liebe aber an die Bedürfnisse unserer Seele
gedacht und so herrlich für ihre Befriedigung gesorgt, um
sich dann nicht mehr um uns zu bekümmern, bis wir einst
218
die Herrlichkeit erreicht haben? Nein, sie ist nicht nur einmal
in bezug auf uns „geoffenbart" worden, sondern sie
ist auch gegenwärtig in uns „vollendet", sie ist ausgegossen
in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben
worden ist. (1. Joh. 4, y. 12; Röm. 5, 5.) Sie
hat gesorgt, und sie sorgt für alles. „Auch die Haare
eures Hauptes", sagt der Herr Jesus, „sind alle gezählt."
Und wenn kein Sperling zur Erde fällt ohne den Willen
unseres Vaters, wieviel mehr können wir, die wir „vorzüglicher
sind als viele Sperlinge", auf Seine treue Fürsorge
rechnen!
Sind unsere Herzen auf diese Liebe gerichtet, die Gott
jetzt wie allezeit für uns hat, mit der Er Tag für Tag
um uns besorgt ist, so sind sie in vollkommener Ruhe.
Denn „Furcht ist nicht in der Liebe..., wer sich aber
fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe". Blicken wir zurück,
so sehen wir das Kreuz. Schauen wir vorwärts,
so strahlt uns die Herrlichkeit entgegen. Und die Wanderung,
die zwischen diesen beiden Endpunkten liegt, das
„Heute", welches das Gestern von dem Morgen scheidet,
die „Wüste", in welcher uns Beschwerden und Mühseligkeiten
aller Art begegnen, läßt uns nur erfahren, daß die
Macht Gottes genau so unumschränkt ist wie Seine Liebe.
Er kann das Höckerichte für uns eben machen. Eö liegt in
Seiner Macht, den Schmerz von uns fernzuhalten und
die Prüfung abzuwenden. Er tut das freilich nicht immer,
und dann begegnen wir einer feinen, viel angewandten
List Satans, der unsere Kenntnis von der Macht Gottes
so gern benutzen möchte, um in unserer Seele Zweifel
an Gottes Liebe zu erwecken. Wir denken so leicht:
Wenn Gott mich so liebt, wie die Schrift es sagt, warum
— 2ry —
tut Er dann nicht dies oder jenes, was ich doch so sehr
wünsche? Warum bleiben meine Gebete anscheinend so
lang unerhört?
Mein lieber Mitgläubiger! Nicht darum, weil Gott
dich nicht liebt. Er hat uns Dinge zu lehren, die für immer
ungelernt bleiben würden, wenn Er Seine Hand durch
unseren Willen leiten ließe. Hätte der Herr Jesus Lazarus
nicht sterben und ins Grab legen lassen, so hätte die
Familie in Bethanien nichts erfahren von der wunderbaren
Auferstehungsmacht ihres Herrn und Meisters. Maria
und Martha hätten auch die Tränen des Herrn nie gesehen.
Was für ein Verlust wäre es ferner für Paulus
und alle die gewesen, die sich seither an seinem Beispiel
gestärkt und aufgerichtet haben, wenn der Herr auf das
dreimalige Flehen Seines Knechtes gehört und den Dorn
im Fleische weggenommen hätte!
Es gibt viele Dinge, die uns, solang wir hienieden
sind, ein unlösliches Rätsel bleiben. Wie oft wird ein Leben,
das wir für ganz unentbehrlich hielten, plötzlich fortgenommen,
während ein anderes, das zu nichts mehr nütze
zu sein scheint, Jahr für Jahr erhalten bleibt! Gott erklär»
uns nicht alles, was wir nicht verstehen. Er läßt unö
nicht immer Seine Gründe wissen, aber Er wünscht, daß
wir Seiner Weisheit und Liebe vertrauen.
Laßt unö in diesem Vertrauen Geduld lernen! Bald
ist die Nacht vorüber, und in dem Lichte jenes herrlichen,
ewigen Tages werden wir verstehen, was jetzt noch vor unseren
Augen verborgen ist, und werden uns freuen, wenn
„wir Ihm nichts Ungereimtes zugeschrieben haben".
Vielfach dürfen wir aber auch hier schon, wenn wir
still dem weisen, gütigen und liebevollen Handeln unseres
220
Gottes zuschauen, Seine Wege der Liebe erkennen. Und
was bleibt uns da anderes übrig, als zu staunen und zu
bewundern? Manche unter uns sind alt und grau auf
dem Wege geworden. Aber wenn wir unser Leben noch einmal
beginnen könnten und Gott uns die Wahl ließe, entweder
unseren Weg selbst zu bestimmen und nach unserer
besten Meinung einzurichten, oder aber uns Ihm ganz zu
überlassen — würden wir uns da wohl einen Augenblick
besinnen? Wir wissen aus Erfahrung: „Sein Tun ist
stets gesegnet, selbst wenn eö hart uns scheint". Za, Er
wirb alles herrlich hinausführen, wenn wir Ihn nur
durch Abhängigkeit und kindliches Vertrauen ehren.
„Der Herr richte eure Herzen zu der Liebe Gottes
und zu dem Ausharren des Christus", ruft Paulus den
gläubigen Thessalonichern zu. Wenn der Herr auöharrt,
so laßt auch uns ausharren im Blick auf die kostbare
Stunde, wann Er wiederkommen wird, um alle Seine
teuer Erlösten heimzuholen! „Denn noch über ein gar Kleines,
und der Kommende wird kommen und nicht verziehen."
In der Zwischenzeit dürfen wir uns schon freuen
mit einer unaussprechlichen, verherrlichten Freude und uns
im Geist in jene glückliche Stunde versetzen, wo unser
Becher überfließen wird von all der Freude, die uns die
Liebe Gottes bereiten wird. O wir werden Ihn sehen,
der unö geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat, und
dann für immer in Seiner herrlichen, glückseligen Gegenwart
weilen.
Wohin willst du deinen Blick nun richten, geliebter
Leser? Nichte ihn dahin, wo Jesus ist! Bei Ihm wirst du
auch die Heimgegangenen Lieben wiederfinden, um deren
Verlust du jetzt vielleicht noch heiße Tränen weinst. In
22k
Sein herrliches Bild verwandelt. Ihm, dem Erstgeborenen
vieler Brüder, gleichgestaltet, wirst du sie Wiedersehen.
„Und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch
Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn daö Erste
ist vergangen." Von jenen Höhen aus wirst du auch zurückschauen
auf den Weg, den der Herr dich geführt hat,
und erkennen, daß die Hand, die alles für dich ordnete,
eines Vaters Hand war, und daß Er alles unendlich
besser gelenkt hat, als du es hättest tun können. So ruhe
denn jetzt schon in Seiner Liebe und vertraue Ihm, auch
wenn du nicht siehst, bis der Tag anbricht und die Schatten
fliehen.
Mephiboseth und wir
(Lies 2. Ssm. y)
Die Gnade Gottes, die uns in Christo Jesu geschenkt
worden ist, wird uns in der kurzen Geschichte Mephibo-
seths in lieblich-ergreifender Weise vorbildlich dargestellt.
In der Abkunft dieses Mannes von dem gefallenen, ungehorsamen
und deshalb von Gott verworfenen König
Saul sehen wir unsere Verbindung mit dem ersten Menschen,
der fiel und durch seinen Ungehorsam sein ganzes
Geschlecht in Tod und Verderben stürzte. Wie Mephiboseth
lahm war an seinen beiden Füßen, so sind auch wir völlig
hilflos in unserem verlorenen Zustand, in den wir durch
die Sünde geraten sind. Mephiboseth wohnte fern von
Jerusalem, dem Mittelpunkt irdischer Segnungen; so
sind auch wir von Natur, nach Herz und Geist, fern von
Gott, dem einzigen Quell und Mittelpunkt alles Guten.
In diese Finsternis, so groß sie ist, scheint nun das
Licht der Gnade. David, jetzt in Ruhe auf seinem Thron
222
sitzend, unumschränkter Herr von allem, ist ein treffendes
Vorbild des gnadenreichen Gottes, dessen Thron des
Gerichts nunmehr ein Thron der Gnade ist, von dem aus
alles Erbarmen und aller Segen sich ergießen.
David läßt fragen: „Ist noch jemand da, der vom
Haus; Sauls übriggeblieben ist, daß ich Güte an ihm
erweise um Jonathans willen?" Nicht an den Haß Sauls
und das von diesem Mann erfahrene Böse denkt David,
sondern „u mJonathan s", des Vielgeliebten, willen
will er Güte erweisen. So ist Christus, der vielgeliebte
Sohn, die Grundlage und Ursache alles dessen, was
Gott jetzt an uns, den Gläubigen, tut. Wenn wir dies
einmal begriffen haben, so genießen wir einen dauernden
Frieden, und wir sind dann fähig, die Entfaltung
der wunderbaren Gedanken und Ratschlüsse Gottes über
uns zu verstehen.
Auf Befehl des Königs wird Mephiboseth von weit
her, von dem Ort der Verbannung in Lodebar (d. h. ohne
Weide) geholt und geradeso, wie er ist, zu David
gebracht. Alles nämlich, was ihm an Güte erwiesen
wird, gründet sich nicht auf das, was er ist, sondern
auf das, was der Geliebte ist, und wenn Mephiboseth
gesegnet wird, so muß seine Segnung dem königlichen
Wohlgefallen an Jonathan entsprechen. Kein Wunder, daß
der arme Mann, als er sich in des Königs Gegenwart
sieht und die gnädige Anrede Davids vernimmt, in die
Worte ausbricht: „Was ist dein Knecht, daß du dich zu
einem toten Hunde gewandt hast, wie ich einer bin?"
Er hätte nichts Passenderes sagen können. Allerdings ist
es ein niedriger Platz, den Mephiboseth hier für sich in
Anspruch nimmt, aber es ist der einzig richtige.
223
Welch eine Behandlung erfährt nun der Mann, der
sich selbst einen „toten Hund" nennen muß! David
wußte, was Mephiboseth war, vielleicht besser, als dieser
selbst. Aber das war nicht der Ausgangspunkt seiner Handlungsweise,
David handelt mit diesem armen Menschen
nach seinen Gefühlen und nach dem Willen seines
Herzens, denn er ist König und handelt seinen königlichen
Vorrechten entsprechend. Ähnlich handelt der Vater
des verlorenen Sohnes in Luk. 15. Auch in diesem
Falle war es ganz richtig, daß der Sohn alles bekannte,
was er getan hatte, und daß er es tief fühlte, aber an
dem Vater war es, seinen eigenen Gefühlen zu folgen in
der Erweisung seiner Gunst und seines Segens, obwohl
der Gesegnete selbst „nicht mehr würdig war, sein
Sohn zu heißen".
Wahrlich, lauter und eindringlicher, als Worte eö
vermöchten, reden diese Dinge zu unseren Herzen und
zeigen uns, welcher Art die Liebe Gottes zu unö ist, und
wie wunderbar sie segnet.
Die ersten Worte, die David an Mephiboseth richtet,
lauten: „Fürchte dich nicht!" So hat in viel späteren
Jahren oftmals die Begrüßung gelautet, mit welcher
der wahre David die Seelen empfing. „Die Furcht
hat Pein." Und solang die Furcht nicht verbannt ist, ist
die Seele nicht fähig, aufzumerken und das Gehörte in
sich aufzunchmen.
Darauf teilt David ihm den Vorsatz seines Herzens
mit: „Ich will gewißlich Güte an dir erweisen, um deines
Vaters Jonathan willen, und will dir alle Felder deines
Vaters Saul zurückgeben; du aber sollst beständig an meinem
Tische essen."
224
Hier finden sich drei Dinge: Güte, ein Erbteil
und Gemeinschaft. Diese drei Gaben haben in unserer
Zeit in Bezug auf uns ihre gesegneten Gegenstücke.
Wir stehen in der Gunst Gottes. (Röm. 5, 2;
Eph. 4, 6.)
Wir haben ein Erb teil. (Eph. 4, 44; 4.Petr. 4,4.)
Wir haben Gemeinschaft mit Gott. (4. Joh.
4, Z; vergl. 4. Kor. 4, 9.)
Welch eine Stellung, und welch ein Teil!
Mephiboseth wird, als er „fern" war, dem König so
nahe gebracht, daß er beständig an seinem Tisch essen darf
„wie einer von den Königssöhnen". Wie schön ist das,
wieviel köstlicher als der Gedanke an den Besitz des Erbteils!
Auch wir besitzen „in Christo" ein Erbteil, wie gesagt,
und stehen in Ihm in Gottes Gunst. Was aber könnte
höher sein, als das in 4. Joh. 4, Z beschriebene Vorrecht:
„Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Semem
Sohne Jesus Christus"?! Und wie bei Mephiboseth dieses
Vorrecht nicht vorübergehend, sondern sein beständi-
g e s Teil war, so dürfen auch wir in unserem ganzen Leben,
in all seinen Einzelheiten, großen und kleinen, durch
den Heiligen Geist so nahe der Gegenwart Gottes leben,
daß wir diese Gemeinschaft genießen.
Von nicht geringerem Interesse für uns sind auch
die späteren Mitteilungen betreffs Mephiboseth. (Vergl.
2. Sam. 46 und 49.) Sie zeigen uns die Wirkung der
Gnade auf sein Herz, die darin zum Ausdruck kam, daß
er Liebe offenbarte und sich selbst völlig vergaß. Es ist
der Mühe wert, hierüber nachzusinnen, und gesegnet, ihm
hierin zu folgen.
„Su bist schöner als die Menschenlöhne"
(Schluß)
Die Verse Z—5 unseres Psalms erinnern uns an
die richterliche Erscheinung unseres Herrn in Offbg. 1,
deren überwältigender Glanz den Propheten wie tot zu
Boden fallen ließ. Aber für Erlöste gibt eS kein Gericht
mehr. Johannes berichtet: „Und Er legte Seine Rechte
auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin
der Erste und der Letzte und der Lebendige, und ich war
tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit,
und habe die Schlüssel des Todes und des Hades."
(V. 17. 18.) Er, der für unö im Gericht gestanden und
die Macht des Todes gebrochen hat, deckt Seine starke
Rechte über unö, und während Seine gerechten Gerichte
die gottlosen Bewohner der Erde zermalmen, sind wir
wohl verwahrt. Wie könnten wir irgendwelche Ursache haben,
uns zu fürchten? Der da kommt ist ja Der, „der
uns liebt und unö von unseren Sünden gewaschen hat
in Seinem Blute"!
Mit dem 6. Verse beginnt dann ein ganz neuer Gedanke:
„Dein Thron, o Gott , ist immer und ewiglich,
und ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter deines
Reiches". Daß diese Worte sich unmittelbar auf den Herrn
beziehen, beweist der ganze Zusammenhang, vor allein aber
die Anführung der Stelle in Hebr. 1, 8: „In Bezug auf
den Sohn (spricht Er): „Dein Thron, o Gott, usw.""
Immer wieder tritt uns das wunderbare Geheimnis der
226
Person des Sohnes Gottes vor die Seele: Er, der in
Sanftmut und wahrer Herzensdemut als Mensch hienie-
dcn wandelte, ist Gott von Ewigkeit her, ist der Jehova
des Alten Testamentes. Die Herrlichkeit, die Jesaja einst
iin Tempel erblickte und die ihn, wie in späteren Tagen
Johannes, zu Boden warf, war Seine Herrlichkeit.
(Joh. 72, 4t.) Das, was in jenen alten Zeiten die Propheten
ehrfurchtsvoll ahnend in der Ferne schauten, ist uns
als vollendete Tatsache wohlbekannt. Das Evangelium
Gottes, „zuvor verheißen durch Seine Propheten, in heiligen
Schriften", ist uns unverhüllt in Seiner ganzen
Herrlichkeit verkündigt worden. Wir kennen den Inhalt
dieses Evangeliums: Jesum, „der aus dem Samen Davids
gekommen ist dem Fleische nach, und als Sohn Gottes
in Kraft erwiesen dem Geiste der Heiligkeit nach dnrch
Toten-Auferstehung". (Röm. t, 7—4.)
Und dieser Jesus, dessen Thron „immer und ewiglich
ist", hat als Mensch hienieden Gerechtigkeit geliebt
und Gesetzlosigkeit gehaßt, und darum hat Gott, Sein
Gott — Er selbst ist Gott, wird als Gott begrüßt, und
doch wird Gott zugleich Sein Gott genannt — Ihn
mit Freudenöl gesalbt, mehr als Seine Genossen. (V. 7.)
Derselbe gewaltige Herrscher, in dessen weitem Reiche einst
ein Zepter der Aufrichtigkeit walten wird — in geistlichem
Sinne ist es ja heute schon der Fall — wandelte einst auf
dieser Erde in vollkommener Absonderung von allem Bösen.
Indem Er das tat, litt Er unendlich und unaufhörlich.
Wie hätte ein reiner und heiliger Mensch, mit einem Herzen
voll erbarmender Liebe, diesen Schauplatz der Gesetzlosigkeit
und der furchtbaren Folgen der Sünde durchschreiten
können, ohne zu leiden?
227
Aber Er hat nicht nur in dieser Weise gelitten. Der
letzte Adam war gekommen, um die Sünde, die der erste
Mensch in die Schöpfung eingeführt hatte, wieder abzuschaffen.
Dazu war Sein Opfer nötig; auf einem
anderen Wege konnte die Frage der Sünde einem heiligen
Gott gegenüber nicht gelöst werden. Und wenn wir
unö nun vergegenwärtigen, daß diese wunderbare göttliche
Person allein imstande war, das Werk auözuführen, so
fühlen wir, wie unergründlich groß dieses Werk sein muß,
in welchem Gott der Sünde begegnete, und betrachten sinnend
und mit seliger Freude die herrlichen Folgen desselben.
Wir sehen Ihm, der um des Leidens des Todes willen
unter die Engel erniedrigt war, zwar noch nicht alles unterworfen,
wir sehen Ihn aber droben mit Ehre und Herrlichkeit
gekrönt, und obwohl Er noch allein dort weilt,
ist Er doch nicht mehr allein. Er hat „Genossen"! Nachdem
daö Weizenkorn in die Erde gefallen und gestorben
ist, bringt es viel Frucht. Gott hat Den, der „für die
vor Ihm liegende Freude, der Schande nicht achtend, das
Kreuz erduldete", mit Freudenöl gesalbt, m eh r als Seine
Genossen. Sie sind mit Ihm gesalbt, aber Er ist der
Anführer ihres Heils, dem in allen Dingen der Vorrang
gebührt. (Vergl. Kol. 7, 78.)
Wohl mögen wir fragen: Wird nicht der Geist des
Psalmisten, in dem Gedanken an den kommenden Messias,
anbetend über die Bedeutung dieser Worte „nachgeforscht"
haben? (7. Petr. 7, 1,0—72.) Ohne Zweifel
war es so. Aber wir, auf welche das Ende der Zeitalter
gekommen ist, dürfen jetzt, belehrt durch den Heiligen
Geist, diese Dinge in einer Weise genießen, die das Verlangen
der Engel weckt, auch einmal in all die Wunder
228
hineinschauen zu dürfen. Doch die himmlischen Heerscharen
sind nicht „Genossen" des Christus, so hoch und herrlich
ihre Stellung sein mag; sic sind nicht erlöste Sünder,
die, der göttlichen Natur teilhaftig geworden, sich nun
mit ihrem verherrlichten Herrn vor dem Angesicht des
„Vaters" der Ergebnisse Seines Werkes erfreuen können.
Der Überrest aus Israel wird freilich nicht in gleicher
Weise gesegnet und nahe gebracht sein wie wir, dennoch
werden auch die jüdischen Gläubigen in Psalm 22, 22
„Brüder" und hier „Genossen" genannt. Was sollen wir
zu dem allen sagen? Brennt nicht auch unser Herz in uns,
wenn die Schriften sich so vor uns auftun und wir Ihn
darin finden, der in Sach. 1Z, 7 als Mensch der „Genosse"
Jehovas genannt wird? Und wir auf unserem
Pfade des Glaubens und der Hoffnung heißen heute „Genossen
des Christus" (Hebr. 2, 14) und werden bald in
höherem Sinne Seine Genossen in der Herrlichkeit droben
sein. Welch ein wunderbarer Kreis, geschlossen auf Grund
der ewigen Gnadenratschlüsse Gottes!
Beachten wir im Vorbeigehen auch die beiden „darum"
in Vers 2 und 7. Weil Holdseligkeit ausgegossen
war über die Lippen unseres Herrn, hat Gott Ihn gesegnet
ewiglich, weil Er Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit
gehaßt hat bis in Seinen Tod am Fluchholze, hat Gott
Ihn mit Freudenöl gesalbt. Deshalb ist Er auch geschickt,
die Regierung zu übernehmen.
Doch mehr noch: „Myrrhen und Aloe, Kassia sind
alle deine Kleider". (B. 8.) Auch kostbare Wohlgerüche
entströmen Ihm, allesan Ihm ist lieblich. Auge,
Ohr, Nase, Mund, Herz — alles ist beteiligt an diesem
kostbaren Genuß. Durch vier Evangelisten hat Gott unö
22Y
diese eine unvergleichliche Person in stets wechselnder Verschiedenheit
und doch solch wunderbarer Harmonie vor
Auge und Herz stellen lassen, und wo irgend wir einen Teil
dieses vollkommenen „Räucherwerks" betrachten, quillt
uns duftender Wohlgeruch entgegen. Wie wird es erst sein,
wenn einmal das Stückwerk aufhören und das Vollkommene
gekommen sein wird!
„Aus Palästen von Elfenbein erfreut dich Saiten-
spiel." In der Zeit Seiner Erniedrigung das Saitenspiel
spottender Zecher, der Gegenstand verächtlichen Redens seitens
der Führer Seines Volkes (Ps. by, 1.2), wird am Ende
der Tage, wenn Er in Seinem Reiche kommen wird,
das Saitenspiel dankbarer, jubelnder Seelen Sein Herz
erfreuen. Alt und jung, hoch und niedrig wird Ihm dann
zusingen, Ihm, dem der Hohn einst das Herz gebrochen
hat. Erlöste Menschenkinder inmitten einer befreiten Schöpfung
werden einander zurufen: „Singet Jehova ein neues
Lied!... Jauchzet Jehova, ganze Erde! brechet in Jubel
aus und singet Psalmen!" (Ps. 48.) „Kommet in Seine
Tore mit Lob, in Seine Vorhöfe mit Lobgesang!" (Ps. 100.)
Im weiteren Verlauf unseres Psalmes ist von der
Königin, von des Königs Tochter und ihren Gefährtinnen
(Königstöchter) die Rede. Wir glauben nicht fehl zu gehen,
wenn wir unter den beiden ersten bildlichen Bezeichnungen
Jerusalem, den Mittelpunkt der Segnungen des Reiches,
erblicken, während unter den Gefährtinnen wohl die umliegenden
Städte Judas zu verstehen sind. Selbst Tyrus,
die einst so reiche, hochmütige Sündenstadt, wird hier eine
„Tochter" genannt. Sie wird mit den Reichen des Volkes
(oder der Völker) des Königs Gunst suchen mit Geschenken.
(V. 12.) Aus anderen Teilen der prophetischen Schrif-
230
-tetr wissen wir, daß der Kreis des Segens sich weit über
-das Land Juda hinaus bis zu den fernsten Enden der Erde
Hin erstrecken wird, ja, daß „alle Übriggebliebenen von
allen Nationen, welche wider Jerusalem gekommen find,
^vön Jahr zu Jahr hinaufziehen werden, um den König,
Jehova der Heerscharen, anzubeten und das Laubhüttenfest
zu feiern". (Sach. 14, 16.) Einst Feinde Israels und
seines Königs, werden sie dann willig Israel als das erste
'Völk der Erde anerkennen und sich seinem König unterwerfen.
Wie weit die einzelnen Personen wirklich bekehrt
und errettet werden, ist ja eine andere Frage; an zwei
Stellen der Schrift lesen wir aber, daß die Erkenntnis
-des Herrn und Seiner Herrlichkeit die Erde bedecken wird,
wie die Wasser den Meeresgrund. (Jes. 11, 9; Hab.
2, 14.) Kein noch so kleines Fleckchen Erde wird ungeseg-
nct und Unbekannt bleiben mit der Botschaft vom Kreuz.
Trotzdem — o was ist der Mensch! — wird Satan, wenn
er am Ende der tausendjährigen Segensherrschaft Christi
„aus seinem Gefängnis losgelassen wird", wieder willige
Ohren und Herzen finden, und Scharen, „deren Zahl wie
der Sand des Meeres ist", werden ihm folgen in seinem
letzten verzweifelten Kampf wider das Heerlager der Heiligen
und die geliebte Stadt. (Offbg. 20, 7—10.)
„Die Königin steht-zu deiner Rechten in Gold von
. Ophir." (V. 9.) Da ist ihr Ehrenplatz, zur Rechten Dessen,
den sie einst verworfen, in dem sie keine Schönheit,
nichts Begehrenswertes erblickt hat. (Jes. 53, 2.) Einen
geringeren Platz kann die Gnade ihr nicht geben. Aber
die Gnade kann auch nur herrschen durch G e r e ch t i g -
Leit. (Röm. 5, 21.) Nicht im Kleide eigener Gerechtigkeit,
nein, jn „Gold von Ophir" steht die Königin zur
— 231 —
Rechten des Königs. Wo Ophir lag, ist schwer zu bestimmen,
aber aus verschiedenen Stellen der Schrift geht klar
hervor, daß Gold von Ophir im Altertum für das feinste
Gold gehalten wurde. (Vergl. z. B. Hiob 28, 1b; Jes.
13, 12.) Gold ist aber das Bild der Gerechtigkeit Gottes.
„Ganz herrlich ist des Königs Tochter drinnen (in-
den königlichen Gemächern), von Goldwirkerei ihr Gewand;
in buntgewirkten Kleidern wird sie zum König geführt
werden." In Begleitung ihrer Gefährtinnen zieht sie
unter Freude und Jubel ein in den Palast des Königs.
(V. 13—15.) O was für Triumphe wird die Gnade in
jenen Tagen feiern, wie wird sie verherrlicht werden! Nicht
wahr? daö Herz wallt beim Lesen solcher Worte, eingedenk
der überschwenglichen Gnade, die uns selbst widerfahren ist.
Wir können unsere Betrachtung nicht schließen, ohne
noch eines wichtigen Grundsatzes gedacht zu haben, der uns-
in den Versen 10 und 11 entgegentritt. Es heißt dort:
„Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr; und vergiß
deines Volkes und deines Vaters Hauses! UndderKö -
nig wird deine Schönheit begehren, denn er
ist dein Herr: so huldige ihm." In Jes. 62, 4 lesen wir:
„Man wird dich nennen: „meine Lust an ihr", und dein
Land „Vermählte"; denn Jehova wird Lust an dir haben,
und dein Land wird vermählt werden".
Wie ähnlich sind die Worte hier und dort, und doch
wiederum wie verschieden! Jesaja redet von der unumschränkten
Gnade Gottes und von dem, was sie tun wird.
In unserer Stelle aber handelt es sich um eine andere
Seite der Wahrheit. Die Königin wird ausgefordert, zu
hören und zusehen und ihres Volkes und Vaterhauses
zu vergessen, und also werde der König Schönheit
2Z2
in ihr finden und Lust an ihr Hatzen. Niemals dürfen wir
vergessen, daß die Verbindung mit Christo alle früheren,
natürlichen Verbindungen abbricht und ganz neue an deren
Stelle setzt. Wenn Er sich uns schenkt, so fordert Er als
Gegengabe ein Vergessen und Ausgeben alles dessen,
was uns früher leitete oder Ansprüche auf uns machte.
Er muß uns ganz besitzen und alles in uns werden.
So muß auch der Überrest am Ende der Tage sein
beliebtes Rühmen in seinem Volke und seinen Vätern völlig
aufgeben, er darf nur noch einen Gegenstand des
Rühmens kennen: Christum. Nichts weniger als das kann
das Herz des Königs befriedigen, nichts Geringeres kann
heute dem Herzen unseres Herrn genügen. Nicht nur die
früheren Lüste und Begierden, deren wir uns „schämen"
müssen, nein, auch alles das, was uns einst Gewinn
war in eigener Religion und fleischlicher Frömmigkeit usw.,
Dinge, deren wir uns „rühmen" konnten, muß aufgegeben
und als Verlust betrachtet werden. Selbst Familienbc-
ziehungen mit ihren an und für sich berechtigten Ansprüchen
müssen dem Herrn gegenüber in den Hintergrund
treten. Wer die Hand an den Pflug legt und zurückblickt,
ist Seiner nicht wert.
Fordert der Herr, der um unsertwillen arm wurde,
der uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat, zu
viel? Unsere Herzen mögen antworten! Erkenntnis und
Wissen ist gut und begehrenswert, aber Liebe ist besser und
begehrenswerter. Selbst unter den drei großen Faktoren
des Christentums: Glaube, Hoffnung, Liebe, ist die Liebe
der größte. Sie bleibt ewiglich. Sie ist die Natur Gottes.
Darum: „Jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt
Gott", (1. Joh. 4, 7.)
2Z3
Als unser Herr — „Er ist dein Herr: so huldige
Ihm" — kann Er auf alle unsere Kräfte und Fähigkeiten
gerechten Anspruch machen, aber wenn wir sie Ihm alle
treu und gewissenhaft widmeten und hätten der Liebe nicht,
was wäre es für Ihn? O wenn Er klagen muß: „Ich
habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast",
dann ist das Beste für Ihn dahin. Die Braut im Hohen-
liede kann sagen: „Mein Geliebter komme in seinen Garten
rind esse die ihm köstliche Frucht", und darf dann
auch die Antwort vernehmen: „Ich bin in meinen Garten
gekommen, habe meine Myrrhe gepflückt samt meinem
Balsam, habe meine Wabe gegessen samt meinem Honig,
meinen Wein getrunken samt meiner Milch". (Hohe!.
4, 4b; 5, 4.) Der Geliebte war erquickt worden durch die
Ihm köstliche Frucht. Ist es zu viel, wenn Er eine gleiche
Herzensstellung von uns erwartet? Aber sind wir wirklich
imstande. Ihm entgegenzurufen: „Mein Geliebter
komme in Seinen Garten und esse?" Würde Er auch bei
uns die Ihm köstliche Frucht finden?
Unser Psalm endet mit der Versicherung, daß die
Söhne aus Israel an ihrer Väter Statt als Fürsten eingesetzt
werden sollen im ganzen Lande, und daß des Namens
unseres Herrn alle Geschlechter hindurch gedacht
werden soll. Ja, vor Ihm wird sich einmal jedes Knie
beugen, und jede Junge wird bekennen, daß Jesus Herr
ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.
Und wenn wir, nach dieser Aeit,
Dort mit Dir verherrlicht stehen,
Wird doch jeder in uns sehen,
Herr, nur Deine Herrlichkeit.
234
„Selb Menschen gleich,
die auf ihren ^>errn warten"
Die Hoffnung auf das baldige Kommen des Herrn
Jesus, die in den Versuchungen und Schwierigkeiten des
Weges so freundlich und ermunternd zu dem Herzen
des Gläubigen spricht, hat auch eine Stimme für unser
Gewissen, und wir tun gut, uns oft zu fragen: „Erwarte
ich wirklich Gottes Sohn aus den Himmeln? Lebe ich wie
einer, der täglich aus seinen Herrn wartet?"
Nur dann ist die Wahrheit von der Wiederkunft
Christi von praktischem Wert für uns, wenn sie diesen
gesegneten Einfluß auf unseren Wandel und unser Zeugnis
ausübt.
In den Tagen, als der Herr Jesus an die „kleine
Herde" Seiner Jünger die Worte richtete: „Es seien eure
Lenden umgürtet und die Lampen brennend; und ihr, seid
Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten" (Luk.
42, 35. 36), mußten die Lenden umgürtet werden, wenn
man anders ungehindert arbeiten und dienen wollte. Jeder
wahre Dienst für den Herrn fließt aus der Liebe hervor,
die Ihm zu dienen wünscht, und kann nur in Gemeinschaft
mit Ihm getan werden. Die Liebe ist eifrig und
scheut keine Mühe. Nichts ist ihr zu beschwerlich, sie verzehrt
sich in der Bedienung anderer.
Neben den gegürteten Lenden sind aber auch brennende
Lampen erforderlich. Soll eine Lampe nützlich sein und
einen Hellen Schein verbreiten — anders ist sie wertlos
— so muß sie mit dem nötigen Brennstoff versehen
und immer wieder sorgfältig geputzt werden. Gott hat
2Z5
Sein Volk in der Welt zurückgelassen, damit sie als Lichter
inmitten der Finsternis um sie her scheinen. Da gibt
es denn fröhlich brennende, hell scheinende Lampen und
solche, die müde hin und her flackern, ja, selbst solche, die
dem Verlöschen bedenklich nahe sind. Zu welchen gehören
der Schreiber und der Leser dieser Zeilen?
Weiter sagt der Herr: „Und ihr, seid Menschen gleich,
die auf ihren Herrn warten". Das will wiederum nicht
sagen, daß wir Menschen sein sollen, die nur an der Lehre
von der Wiederkunft des Herrn festhalten. Wir mögen
diese Lehre mit aller Entschiedenheit bewahren und sie gegen
jeden, der sie leugnet, verteidigen, und dabei kann das
Herz kalt sein und kein freudiges Amen finden auf den
Ruf des Herrn Jesus: „Ja, ich komme bald".
Sind wir wirklich „Menschen gleich, die auf ihren
Herrn warten", so wird sich dies in unserem ganzen Leben
und Verhalten zeigen.
Wird wohl ein Mensch nach Ehre und Ansehen in
dieser Welt streben, oder Reichtümer aufzuhäufen trachten,
wenn er tatsächlich jeden Augenblick den Herrn erwartet?
Die Hoffnung auf das baldige Kommen Christi
ist eine Herzenssache und wird nur in dem Maße frisch und
lebendig in der Seele sein, wie das Herz dabei beteiligt ist.
Wenn eine Mutter, die ihren Sohn viele Jahre lang nicht
gesehen hat, plötzlich ein Telegramm aus fernem Lande
empfängt, daß er seine Rückreise in die Heimat angetreten
habe, so wird der Gedanke daran sie Tag und
Nacht beschäftigen. Die Erwartung, den geliebten Sohn
bald zu sehen, raubt ihr selbst manche Stunde des Schlafes.
Woher kommt das? Die Antwort ist sehr einfach.
Ihr Herz ist bei der Sache.
236
Darum ist auch diese wachende und wartende Stellung
das, was der Herr so wertschätzt. So möchte Er
unö gern finden, wenn Er zurückkehrt. Den also Wachenden
gilt das Wort: „Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich
umgürten und sie sich zu Tische legen lassen und wird
hinzutreten und sie bedienen". Der Herr Jesus diente uns
in der Vergangenheit, als Er auf Erden wandelte und
für uns am Kreuze litt, Er dient uns in der Gegenwart
droben als unser Hohepriester und Sachwalter, und Er
will uns in der Zukunft dienen. Wenn jener Tag der
Herrlichkeit kommt, will Er uns im Himmel gleichsam
den Tisch decken und dann selbst hinzutreten und uns
mit den himmlischen Segnungen bewirten.
Sollte es uns nicht einen Segen bringen, geliebter
Leser, wenn wir die Stellen, die von dem Kommen des
Herrn reden, noch einmal kurz in ihrem Zusammenhang
betrachten? Es ist schon oft geschehen, aber um unsere
lautere Gesinnung zu wecken, ist Erinnerung nützlich.
(2. Petr, 1, 1,2.13; 3, 1.) Wenden wir uns denn zunächst
zu den unö allen so gut bekannten Worten des Herrn
Jesus in Joh. 14: „Und wenn ich hingehe und euch eine
Stätte bereite, so komme ich wieder usw." Versetzen wir
uns einen Augenblick an die Stelle derer, an die jene Worte
in erster Linie gerichtet wurden. Welch ein niederschmetternder
Schlag muß es für die Jünger gewesen sein, als
sie erfuhren, daß ihr Herr im Begriff stand, sie zu verlassen
und in den Himmel zurückzukehren! Als Juden,
die in jüdischen Hoffnungen erzogen und zu Männern geworden
waren, hatten sie bis dahin nach irdischen Segnungen
ausgeschaut. Sie hatten geglaubt, daß Jesus der
Messias sei, und ihr Sinn stand nach der Herrlichkeit
237
Seines Reiches und Seiner Regierung. Einige von ihnen
hatten sich sogar schon um einen besonderen Platz in diesem
Reiche beworben. Und nun wurden mit einem Schlage
alle ihre Hoffnungen zertrümmert. Konnte doch nur ein
auf dieser Erde lebender Messias ihnen die Erfüllung ihrer
Erwartungen bringen. W i r wissen, wie unerläßlich nötig
es war, daß der Herr Jesus den Weg der Erniedrigung
bis zum Tode am Kreuze ging. Wie hätten wir anders
jemals ein Teil mit Ihm in Seiner Herrlichkeit haben
können?
Ergreifend ist eö, wie die Liebe Christi zu den Seinen
diesen ganzen Teil des Evangeliums Johannes' du chleuch-
tet. Wie sucht Er ihre bekümmerten Herzen zu trösten
mit der Zusicherung: „Wenn ich hingehe und euch eine
Stätte bereite, so komme ich wieder", und zwar
nicht, „um das Reich aufzurichten", sondern „um euch
z u m i r z u n eh m e n"! Da zu sein, wo Er ist, und Seine
Herrlichkeit zu schauen, das ist die gesegnete Verheißung,
auf deren Erfüllung wir warten. Es liegt so viel Persönliches
in diesen Tröstungen, und das erhöht ihre Kostbarkeit
um ein Bedeutendes. „Ich gehe hin", „ich komme
wieder", „ich werde euch zu mir nehmen." Und wenn
wir dann daran denken, daß unser geliebter Herr diese
Worte am Vorabend Seines bitteren Leidens und Sterbens
sprach, so bewegen sie unser Herz bis in seine tiefsten
Gründe. Wie besonders lieblich und eindringlich reden
sie zu- uns, die wir dem Augenblick Seiner Ankunft so
nahe stehen! „Noch über ein gar Kleines, und der Kommende
wird kommen und nicht verziehen!" (Hcbr. kV, 37.)
Wir kommen jetzt zu 7. Thess. 4, 73—48. Die
Thessalonicher waren eine glückliche und ernste Versamm
2Z8
lung von jungen Gläubigen, die noch nicht lang bekehrt
und deshalb über die Wahrheit noch nicht völlig unterrichtet
waren. Als einige aus ihrer Mitte starben, fürchteten
sie, diese würden der Segnungen des kommenden
Reiches verlustig gehen. Doch der Apostel, der nicht wollte,
daß sie sich betrüben möchten wie die übrigen, die keine
Hoffnung haben, belehrt sie eines anderen. Er zeigt ihnen,
daß als nächstes wunderbares Ereignis eine Begegnung des
Herrn mitallen Seinen Erlösten, und zwar in der Luft,
stattfinden wird. Bei dieser Gelegenheit wird keiner, der an
Ihn geglaubt hat, fehlen, mag er noch leben oder schon
gestorben sein. Die einen werden verwandelt, die anderen
aufcrweckt werden. „Denn wenn wir glauben, daß Jesus
gestorben und auferstanden ist, also wird auch Gott
die durch Jesum Entschlafenen mit Ihm bringen."
(V. 1.4.) Wie könnte einer von denen nicht bei Ihm sein,
für die Er die Macht des Todes für ewig zunichte gemacht
hat?
Im weiteren Verlauf seiner Belehrung redet der
Apostel von „Zeiten und Zeitpunkten". Wir müssen wohl
unterscheiden zwischen der „Wiederkunft Christi für die
Seinen" und dem „Tage des Herrn" oder Seinem „Kommen
in diese Welt zum Gericht". Das sind zwei ganz verschiedene
Ereignisse, die zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden
werden.
Weiter spricht der Apostel in 2. Tim. 4, 8 von einer
„Krone der Gerechtigkeit", indem er hinzufügt: „welche
der Herr, der gerechte Richter, mir zur Vergeltung geben
wird an jenem Tage; nicht allein aber mir, sondern
auch allen, die Seine Erscheinung lieb haben". Der
Zusammenhang, in welchem von dieser Krone gesprochen
2ZY
wird, läßt unö deutlich erkennen, daß hier nicht von der
Entrückung der Heiligen, dem Herrn entgegen in die Luft,
die Rede sein kann; es handelt sich vielmehr um die Erscheinung
des Herrn in Herrlichkeit, wenn Ermit Seinen
Heiligen kommt, um vor den Augen aller geschaffenen
Wesen in ihnen verherrlicht und bewundert zu werden.
(2. Thess. z, ro.)
So sehen wir wieder, daß die Wahrheit von dem
Kommen des Herrn eine sehr ernste Seite hat. Wenn Er
für Seine Heiligen kommt, werden alle Erlösten emporgehoben,
entrückt werden, um Ihm in der Luft zu
begegnen. Da ist von Verantwortlichkeit und Lohn keine
Rede. Ganz anders aber ist es mit dem Kommen des
Herrn mit Seinen Heiligen. Diese findet später statt,
nachdem die Gläubigen am Richterstuhl Christi geoffenbart
worden sind und ihren Lohn empfangen haben. Eö
gibt eine Begegnung der Braut mit dem Bräutigam, der
Erlösten mit ihrem Erlöser, und es gibt eine Begegnung
des Herrn mit Seinen Knechten und Mägden. Bei dieser
letzteren wird die ganze Geschichte unseres Lebens an unserem
Auge vorüberziehen, und ein jeder wird seinen Lohn
empfangen nach seiner Arbeit. Diese Tatsache ist ernst und
erinnert uns an unsere heilige Verantwortlichkeit.
Paulus konnte als ein treuer und hingebender Diener
Gottes sagen, daß ihm fortan die Krone der Gerechtigkeit
bereit liege. Er nennt die Belohnung, die seiner
wartet, Krone der „Gerechtigkeit", weil eö eine gerechte
Sache von feiten des Herrn sein wird, ihm diese Krone
zu geben. Er erwartet sie aus den Händen des „gerechten
Richters" und fügt dann hinzu, daß dieselbe Krone allen
denen zuteil werden wird, „die Seine Erscheinung
240
lieb haben". Beachten wir es wohl, teurer Leser: Seine
Erscheinung, nicht Sein Kommen für uns, um uns
ins Vaterhaus zu holen.
Lieben wir diese Erscheinung, d. i. die Aussicht auf
Sein Kommen, bei welchem all die Ergebnisse unseres
Lebens, unseres Dienstes und Verhaltens als Gläubige inmitten
eines verdrehten und verkehrten Geschlechts ans
Licht treten werden? Die Frage ist ernst und bedeutungsvoll.
Wenn wir täglich im Lichte des Richterstuhls Christi
wandeln, so werden wir sie mit dem Apostel in bejahendem
Sinne beantworten können.
So ist denn in verschiedenartiger Weise in der Schrift
von dem „Kommen des Herrn" die Rede. Wie bei allen
Wahrheiten, finden sich auch hier Gnade und Verantwortlichkeit
harmonisch miteinander verbunden, und wir wollen
über der lichten, freundlichen Seite, die nur Freude und
Seligkeit in uns weckt, die andere ernste Seite nicht
vergessen. Sie spornt uns an, „fest, unbeweglich, allezeit
überströmend zu sein in dem Werke des Herrn". Wissen
wir doch, daß unsere Mühe nicht vergeblich ist im Herrn.
(4. Kor. 45, 58.)
Ium Schluß noch zwei ernste und kostbare Worte
aus dem letzten Kapitel der Offenbarung. Sie lauten:
„Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir,
um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird."
Und:
„Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, ich komme
bald! — Amen, komm, Heer Jesus!"
244
Befreiung
„Ich elender Mensch! wer wird mich retten von
diesem Leibe des Todes? — IchdankeGott
durch Jesum Christum, unseren Herrn!"
(Röm. 7, 24.)
Wenn die Seele in Einfalt des Glaubens auf dem
vollbrachten Werke Dessen ruht, der Gott durch Seinen
Tod verherrlicht und sich nun „gesetzt hat zur Rechten der
Majestät in der Höhe", so besitzt sie vollkommene
Vergebung der Sünden und ewiges Leben. Der Christ ist,
da Gottes Geist in ihm wohnt, nicht mehr „im Fleische",
sondern „im Geiste". (Röm. 8, 9.) Er besitzt eine neue
Stellung vor Gott — ist nicht länger in Adam, sondern in
Christo, und für die, welche „in Christo" sind, gibt es
„keine Verdammnis" mehr. „Wenn jemand in Christo ist,
da ist eine n e u e Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe,
alles ist neu geworden." (2. Kor. 5, 47.)
Aber wenn wir auch nicht mehr „im Fleische" sind,
so ist doch die alte Natur, das Fleisch, noch in unö, und
— es ist unverbesserlich. Das ist eine Aufgabe, die jeder
Gläubige zu lernen hat. Manche lernen sie bei ihrer Bekehrung,
die meisten wohl erst später. Gewöhnlich denkt
man, Gott erwarte von uns eine Verbesserung oder gar
Heiligung des Fleisches. Aber, das Fleisch ist und bleibt
unverbesserlich. Darum gibt Gott unö eine neue Natur,
einneues Leben, und damit auch einen neue n Gegenstand
für dieses Leben.
Befreiung kann nur durch Tod bewirkt werden, natürlich
nicht durch den buchstäblichen Tod, durch ein wirkliches
Sterben, sondern dadurch, daß wir mit Christo
gestorben sind. Die Schrift spricht nicht nur davon, daß
242
Christus für unö gestorben ist, sondern auch daß wir m i t
Ihm gestorben sind und infolge dessen auch mit Ihm leben
werden. (Röm. b, 8.) Das erstere wurde im Noten Meer
vorbildlich dargestellt, das letztere im Jordan. Zn Verbindung
damit sagt das Wort von uns, daß wir „der
Sünde gestorben" sind; „unser alter Mensch ist mitgekreuzigt
worden, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei,
daß wir der Sünde nicht mehr dienen". (Röm. 6, 2. 6.)
Die ganze Gewalt und Herrschaft der Sünde ist gebrochen,
vernichtet. Wir haben einen neuen Herrn und Meister bekommen,
sind nicht länger Sklaven der Sünde, um den
Lüsten unseres Leibes zu gehorchen. Nein, „wer gestorben
ist, ist freigesprochen von der Sünde". Er ist ein für
allemal in den Augen Gottes und nach dem Urteil des
Glaubens mit der Sünde zu Ende gekommen. Denn sein
Stellvertreter, mit welchem er im Tode einsgemacht wurde,
ist am Kreuze „zur Sünde gemacht" worden und so
„ein für allemal der Sünde gestorben", und was Er jetzt
lebt, das lebt Er Gott. (V. 40.)
Diese Wahrheit hat natürlich, wie jede andere, ihre
praktischen Folgen für den Gläubigen. Darum wird auch
sofort diese verantwortliche Seite betont: „Also auch ihr,
haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in
Christo Jesu". Wir sollen der Sünde, deren Macht über
uns gebrochen ist, nie wieder das Recht einräumen, in unserem
sterblichen Leibe zu herrschen, noch unsere Glieder
ihr zu Werkzeugen der Ungerechtigkeit darstellen. Wo finden
wir aber die Kraft dazu, da doch in uns nur Ohnmacht
ist?- Hören wir weiter: „Denn die Sünde wird nicht
über euch herrschen, denn ihr seid nicht unter Gesetz, sondern
u n t e r G n a d e". (V. 42—44.)
24Z
Wir sind aber nicht nur §er Sünde, sondern auch
dem Gesetz gestorben. Diesen Gegenstand behandelt der
Apostel in Röm. 7, t—6. Das Gesetz ist für den Menschen
im Fleische gegeben. Der Gläubige aber ist aus diesem
Zustand ausgeschieden, er ist nicht mehr „im Fleische".
Er kann sagen: „Als ich im Fleische war..." Und:
„Jetzt aber sind wir von dem Gesetz losgemacht, da wir
dein gestorben sind, in welchem wir festgehalten wurden".
Nachdem er dem Gesetz getötet worden ist durch den Leib
des Christus, ist er eines Anderen geworden, des aus den
Toten Auferweckten, um nunmehr Gott Frucht zu bringen.
Ferner wird von unö gesagt, daß wir der Welt
gekreuzigt und ihren Elementen gestorben sind. Darum
wollte der Apostel Paulus sich nur des Kreuzes Christi
rühmen, durch welches ihm die Welt und er der Welt
gekreuzigt war (Gal. 6, t4); und an die Kolosser schreibt
er: „Wenn ihr mit Christo den Elementen der Welt gestorben
seid, was unterwerfet ihr euch Satzungen, als lebtet
ihr noch in der Welt?" Und weiter: „Denn ihr seid gestorben,
und euer Leben ist verborgen mit dem Christus
in Gott". (Kol. 2, 20; z, 3.) So ist denn der Christ
nicht nur befreit von der Herrschaft der Sünde und der
Knechtschaft des Gesetzes, sondern auch von der Welt und
von all den Satzungen, welche religiöse Menschen ihm
aufbürden wollen. Sie sind für ihn nichts anderes als
„Elemente der Welt".
Welch eine Befreiung! Wer anders hätte sie ausführen
können als nur Er, der große Sieger über Sünde,
Tod, Welt und Satan! Ja, „für die Freiheit hat
Christus uns freigemacht", nicht für eine Freiheit des
Fleisches, für Gesetzlosigkeit oder Ungebundenheit, nein,
244
sondern für die selige Freiheit des neuen Menschen, Dem
dienen und Frucht bringen zu können, der ihn geschaffen
hat in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit. Laßt uns
denn feftstehen in dieser Freiheit und uns nicht wiederum
in irgend ein Joch der Knechtschaft einspanncn lassen!
Wie ernst wir dabei zu Werke gehen sollen, zeigt uns das
Wort: „Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind",
d. h. sprechet rücksichtslos das Todesurteil aus über alles,
was vom Fleische ist. „Leget auch ihr das alles
ab: Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, schändliches Reden
aus eurem Munde... da ihr den alten Menschen mit seinen
Handlungen auögezogen habt." (Kol. 3, 5—40.)
ES gibt einen Vers im Galaterbrief, der diese Wahrheit
in besonders vollkommener Weise zusammenfaßt. Ein
Befreiter des Herrn sagt dort: „Ich bin mit Christo gekreuzigt,
und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt
in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch
Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt
und sich selbst für mich hingegeben hat". (Gal. 2, 20.)
Was das alte „Ich" betrifft, so ist eö im Kreuze Christi
hinweggetan, „nicht mehr lebe ich"; aber der neue Mensch,
Christus in mir, lebt und wirkt. Dieses neue Leben bedarf
nun auch eines neuen Gegenstandes, und dieser Gegenstand
ist der Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst
für mich hingegebcn hat. Was im Himmel und auf Erden
könnte das Herz mehr anziehen und ausfüllen als dieser
eine Gegenstand — Jesus?
Laßt uns weiter daran denken, daß dec Christ neben
dein neuen Leben und dessen neuem Gegenstand auch neue
Kraft besitzt. Es ist nicht genug, zu wissen, daß ich mit
Christo gestorben und so frei geworden bin von allem,
245
worin ich einst festgehalten wurde. Es genügt auch noch
nicht, an Stelle des Früheren, Unreinen und Vergänglichen
etwas ganz Neues, nie Veraltendes gefunden zu
haben. Ich bedarf neben dem neuen Gegenstand für mein
Herz auch einer geistlichen Kraft, die mich diesen neuen
Gegenstand genießen läßt, die mich trägt und aufrecht
hält. Habe ich in Christo Den gefunden, der von meinem
Herzen Besitz ergriffen hat, dem meine Zuneigungen gehören,
der meinen Glauben stützt und mein Leben und
meinen Charakter hienieden s i ch entsprechend formt und
bildet, so ist der Heilige Geist, der in mir wohnt,
die neue Kraft, die immer wieder meinen Blick auf Jesum
hinlcnkt, die Regungen des neuen Lebens weckt, stärkt,
leitet und den geistlichen Bedürfnissen des neuen Menschen
entgegcnkommt.
In Römer 8 hören wir von dieser neuen Kraft.
Warum gibt es keine Verdammnis für die, welche in
Christo Jesu sind? Der Apostel sagt: „Das Gesetz des
Geistes des Lebens in Christo Jesu hat mich freigemacht
von dem Gesetz der Sünde und des Todes". (V. 2.) Der
Heilige Geist ist der Geist des Lebens und der Freiheit —
unter dem Gesetz herrschte ein Geist der Knechtschaft —
und Er wohnt in dem Gläubigen. Er wirkt in der neuen
Natur, und durch Ihn „geleitet", vermögen wir die Handlungen
des Leibes zu töten und „in dem Neuen des Geistes"
Gott zu dienen in Frömmigkeit und Furcht. „Die
Frucht des Geistes ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut,
Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit."
(Gal. 5, 22.)
Der Geist, den wir empfangen haben, ist zugleich ein
„Geist der Sohnschaft", der in Mund und Herz der Gläu-
246
bigrn (der „Söhne" Gottes) den Ruf legt: „Abba, Vater!"
Gottes Liebe will, daß wir nicht nur in diesem
Verhältnis stehen, sondern auch allezeit das gesegnete Bewußtsein
davon in unseren Seelen haben.
So ist denn die „Befreiung" — ein unter uns wohlbekanntes,
aber nicht immer gleich gut verstandenes Wort
— eine große und gesegnete Tatsache. Sie ist, wie wir gesehen
haben, nicht lediglich eine Loslösung von allem, worin
wir einst in knechtischer Furcht festgehalten wurden, sondern
sie ist verknüpft mit der Wahrheit von einem neuen
Leben, einer neuen Natur, einem neuen Gegenstand und
einer neuen Kraft. Alle diese Dinge und noch viele mehr
sind unser in dem Werte der Stellung, in die Gott uns in
Seiner unendlichen Gnade gebracht hat.
Wollen wir nicht unsere hohe Berufung eindringlicher
als bisher ins Auge fassen und im täglichen Wandel
und Leben zu verwirklichen suchen?
Schändlich für ein V>eiv
ll. 8or. ö.j
Ein Leser des „Botschafter" in Amerika schreibt mir:
„Darf ich Ihnen ein Anliegen vortragen? Es handelt sich
um das Haarabschneiden der Frauen, das hierzulande so
außerordentlich um sich gegriffen hat. Nun hätte das für
uns Gläubige ja keine so große Bedeutung, denn „die draußen
sind richtet Gott" (4. Kor. 5, 43), wenn nicht leider
auch gläubige Frauen von dieser Mode angesteckt worden
wären, oder, wenn sie selbst sie nicht mitmachen, doch
ihren Heranwachsenden Töchtern erlauben, sich das Haar
schneiden zu lassen. Einzelne Brüder meinen, es handle
247
sich in dieser Sache nicht um einen göttlichen Grundsatz,
sondern nur um eine Anstands- oder Schicklichkeitsfrage.
Aber ist das richtig? Es kommt mir fast so vor, als wolle
man nicht mehr als Christ gekennzeichnet durch diese Welt
gehen. Ich wäre dankbar, wenn sich einmal im „Botschafter"
Raum zur Behandlung dieser Frage finden würde.
Ich habe auch schon die Meinung äußern hören, eine
Schwester, die sich das Haar abscheren lasse, müsse nach
4. Kor. 5, 43 als eine „Böse" aus der Mitte der Versammlung
hinausgetan werden."
Obwohl die von dem Schreiber gewünschte Behandlung
der Frage für die deutschen Leser des „Botschafter"
kaum noch von praktischer Wichtigkeit sein möchte,
nachdem sie an verschiedenen Orten aufgetaucht und von
dem gesunden Sinn der betreffenden Kreise klar entschieden
worden ist, dürfte eine kurze grundsätzliche Beleuchtung
des Gegenstandes doch vielleicht manchem willkommen
sein. Selbstverständlich darf diese nur das Wort
Gottes zum Ausgangspunkt haben. Persönliche Mei­
nungen, von welcher Seite sie auch kommen mögen,
haben hier wie in allen ähnlichen Fragen keinen Wert.
Hat denn der Geist Gottes wirklich das Auftauchen
dieser Frage vorausgesehen und Richtlinien für ihre Entscheidung
gegeben? Wir dürfen darauf mit einem bestimmten
„Ja" antworten. Gottes Wort läßt uns nie, in keiner
Lage und Schwierigkeit, im Stich. Gott sei dafür gepriesen!
Was wir bedürfen, ist nur ein aufmerksames Ohr
und ein unterwürfiges Herz.
Es ist der 4. Brief an die Korinther, der uns über
diese wie über so manche andere äußere Frage Auskunft
gibt. Der überaus niedrige sittliche Zustand in der großen
248
Handelsstadt Korinth, der allgemein herrschende Geist der
Ungebundenheit und Leichtfertigkeit, verbunden mit den
schamlosen Gebräuchen des Götzendienstes, bot für die dem
Verderben entronnenen jungen Gläubigen dort zahlreiche
Anlässe zum Straucheln. Die einfachsten göttlichen Regeln
für den Menschen als abhängiges Geschöpf waren ihnen
unbekannt. Wahrscheinlich hatte auch eine falsche Auffassung
des Verschwindens jeden Unterschiedes zwischen
Mann und Weib, Herr und Knecht usw. in dem Leibe
Christi zu allerlei verkehrten Schlußfolgerungen Anlaß gegeben.
Manche Schwestern, in der Meinung, die Zugehörigkeit
zu diesem Leibe habe auch die in der Schöpfung
von Gott niedergelegten, rein menschlichen Grundsätze verändert,
meinten, gleich den Männern in den öffentlichen
Zusammenkünften beten und reden zu dürfen, und der
Apostel mußte ihnen zurufen: „Die Weiber sollen
schweigen in den Versammlungen . . . denn es ist
schändlich für ein Weib, in der Versammlung zu reden".
(Kap. 44, 34. 35.) Ihr Platz war und ist heute
der der Unterwürfigkeit. Das Christentum hat diese
Anordnung Gottes weder verändert noch gar uiUgestoßen.
Das will nun nicht sagen, daß ein Weib unter keinen
Umständen in Gegenwart anderer beten oder auch weissagen
dürfe. (Vergl. damit das b e d in g u ng s lo s e Verbot
für sie, zu lehren, in Tim. 2, 42.) Außerhalb
der Zusammenkünfte der Versammlung, im Schwestern-
kreise oder in engerer, häuslicher Gemeinschaft, war und
ist es ihr sicher erlaubt. Wir lesen in Apstgsch. 24, y, daß
der Evangelist Philippus „vier Töchter hatte, Jungfrauen,
welche weissagten". Und im 44. Kapitel unseres Briefes
redet der Apostel von Weibern, die beteten und weissag-
24d
ten. Doch fügt er sogleich die beschränkende Bemerkung
hinzu, daß ein mit unbedecktem Haupte betendes oder
weissagendes Weib ihr Haupt entehre. (V. 5.) Daraus
geht hervor, daß es Schwestern in Korinth gab, die in
dieser Beziehung die ihnen gesteckten Grenzen überschritten.
Beachtenswert ist, daß der Apostel die Frage nicht
einfach auf Grund seiner apostolischen Autorität gelöst,
sondern den Korinthern und damit uns in wahrhaft bewunderungswürdiger
Weise die Wege Gottes in Seiner
Schöpfung und Vorsehung vor Augen gestellt hat. Es
handelt sich, wie bereits bemerkt, nicht um die neue Schöpfung.
In ihr verschwinden bekanntlich alle Unterschiede
— „da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave
noch Freier, da ist nicht Mann und Weib; denn ihr alle seid
einer in Christo Jesu". (Gal. Z, 28.) Aber solang wir
hienieden wallen, bleibt das von Gott für diese Erde verordnete
gegenseitige Verhältnis bestehen. „Ich will aber,
daß ihr wisset, daß der Christus das Haupt eine) jeden
Mannes ist, des Weibes Haupt aber der Mann, des Christus
Haupt aber Gott." (V. Z.) Christus wird hier selbstverständlich
nicht gesehen in Seiner persönlichen Herrlichkeit
oder als der Sohn Gottes in Seiner göttlichen Natur,
sondern so wie Er als der Christus, der Gesalbte Gottes,
in diese Welt eintrat, an dem Platze, den Er als
Mensch auf Erden einnahm. So ist Er daö Haupt des
Mannes, und Gott ist das Haupt des Christus, des Höchsten
unter den Menschen.
Das also ist, wenn ich mich in aller Ehrfurcht so
ausdrücken darf, die göttliche „Rangordnung". Des Mannes
Harrpt ist Christus, des Weibes Haupt der Mann.
250
Mann und Weib sind nun gebunden, ihren Platz nach der
ihnen von Gott gegebenen Bestimmung auSzusüllen und
das auch in ihrem äußeren Erscheinen und Benehmen zum
Ausdruck zu bringen. Der Mann, als Gottes Bild und
Herrlichkeit, entehrt sein Haupt, wenn er mit einer Bedeckung
auf dem Haupte betet oder weissagt. Umgekehrt,
das Weib, das um des Mannes willen geschaffen wurde
und seine Herrlichkeit ist, entehrt ihr Haupt, wenn sie unbedeckt
betet oder weissagt; sie maßt sich dadurch einen Platz
und eine Autorität an, die ihr nicht gebühren, während
der Mann seinen Platz und die ihm von Gott verliehene
Autorität durch Bedeckung seines Hauptes aufgibt. Ein
Weib, das öffentlich unbedeckt zu Gott betet, ähnelt
dem Manne, und ist doch kein Mann. Statt der vermeintlichen
Ehrung entehrt sie ihr Haupt.
In Verbindung mit dieser Belehrung sagt nun der
Apostel, daß ein solches Weib einer „Geschorenen" (das Geschorensein
war das Kennzeichen des zuchtlosen, hurerischen
Weibes) gleich sei. Gott hat dem Weibe das lange, wal­
lende Haar als ein Zeichen ihrer weiblichen Würde und
Sittsamkeit, „anstatt eines Schleiers", gegeben. ,/Lehrt
euch nicht auch selbst die Natur, daß, wenn ein Mann
langes Haar hat, es eine Unehre für ihn ist? Wenn aber
ein Weib langes Haar hat, es eine Ehre für sie ist?"
(B. 44. 45.)
Damit kommen wir zu dem Kernpunkt der gestellten
Frage. Dieser eine Ausspruch entscheidet sie für jedes dem
Worte Gottes unterwürfige Herz, und zwar ganz unabhängig
von Zeit und herrschender Sitte. Es mag sein,
ja, es ist so, daß zu Zeiten bei dem einen oder anderen
Volke das lange Haar als ein Zeichen der Manneswürde
2sr
betrachtet wurde, aber das ändert nichts an der Ordnung
Gottes. Menschliche Meinungen und Ansichten kommen
und gehen, aber Gottes Wort bleibt unverändert. Gelegentlich
auftauchende Äußerungen, als habe der Apostel
nur einer persönlichen Meinung Ausdruck geben wollen,
oder gar, diese sei dadurch beeinflußt gewesen, daß er
selbst unverheiratet war, sind nicht stichhaltig, um nicht
mehr zu sagen. Denn wenn Paulus eine persönliche Meinung
äußert, so sagt er das ausdrücklich (vergl. z. B.
1. Kor. 7, 25. 26. 40); alles andere sind „Gebote des
Herrn", die wir als solche unweigerlich zu befolgen haben.
Wenn also ein Weib ohne zwingenden Grund sich
das Haar scheren läßt (daß ein solcher Grund eintreten
kann, sei ohne weiteres zugegeben, hat aber nichts mit unserer
Frage zu tun), so nimmt sie sich das, was Gott ihr
als eine Ehre, als das äußere Zeichen ihrer Weiblichkeit,
gegeben hat. Sie handelt unmittelbar gegen den Willen
Gottes. Wenn man dabei bedenkt, warum diese
„Mode" gerade in der gegenwärtigen Zeit so gewaltig um
sich gegriffen hat, wo man jede göttliche Ordnung.umstoßen
uüd dem Weibe denselben Platz, dieselben Rechte
und Befugnisse einräumen möchte wie dem Manne, in
einer Zeit, wo der Mensch sich von Gott und Seinen Geboten
immer offener loömacht und daö Recht des eigenen
Willens, der Selbstbestimmung usw., d. i. die Unabhängigkeit
und den Ungehorsam predigt — dann erscheint
die Sache in einem noch viel ernsteren Licht, und man versteht
wirklich nicht, wie gläubige Frauen eine solche „Mode"
— wäre „Unsitte" nicht das richtigere Wort? —
mitmachen und verteidigen können. Würden sie einmal
ehrlich und gewissenhaft in der heiligen Gegenwart Got
252
tes die Gründe prüfen, die sie dabei leiten, so würden sie
wohl tief erschrecken und — sich schäme n.
Kann man es wirklich für möglich halten, daß eine
Schwester, die gern und gewohnheitsgemäß zu Jesu Füßen
sitzt, um Seinen Worten zu lauschen, je anf den
Gedanken kommen könnte, diese „Mode" der Welt mitzumachen
und sich des Schmuckes, den ihr H e r r ihr gegeben
hat, zu berauben? Eine solche Schwester kennt nur
deu einen Wunsch, I h m wohlzugefallen und Sein Herz
nicht zu betrüben. Der Gedanke, Sein Auge könne traurig
auf sie blicken, ist ihr unerträglich.
Die Frage, was mit Schwestern, die sich in dieser
Beziehung „der Welt gleichförmig" gemacht haben (Nöm.
12, 2), zu tun sei, wäre leicht zu beantworten, wenn die
heilige Entschiedenheit und der sittliche Ernst, die sich für
„Heilige" geziemen, noch allgemeiner in der Mitte der
Gläubigen vorhanden wären. Der Weg würde sich dann
ganz von selbst finden. Treue Brüder und verständige
Schwestern würden den Fehlenden zu Hilfe kommen und
ihnen in Liebe und Ernst das Ungeziemende ihres Verhaltens
vorstellen. Die „Geistlichen" würden im Geiste der
Sanftmut die „von dem Fehltritt Übereilten" wieder zurechtbringen.
Aber wenn solche Brüder und Schwestern
in einer Versammlung fehlen, wenn der ganze, allgemeine
Zustand arm und niedrig ist, was dann? Ach, wenn dann
doch alle aufwachen und erkennen möchten, „wovon sie
gefallen sind" und, in ernster Buße umkehrend, „die ersten
Werke" wieder tun möchten! Anders besteht die Gefahr,
daß der Herr ihnen kommt und ihren Leuchter wegnimmt.
(Offbg. 2, 4. 5.)
Gott in allen Singens
Ein einfältiges Auge und ein kindliches Herz sind eine
kostbare Gabe Gottes. Alle Gläubigen könnten und sollten
sie besitzen; aber leider begegnet man ihr nur selten unter
den Kindern Gottes. Die eigene Kraft, der eigene Verstand
und der eigene Wille spielen gewöhnlich eine so große Rolle,
daß das Glaubensauge trübe, der Blick umschleiert und
das Herz unfähig ist, die Wege Gottes zu verstehen und
Sein geheimnisvolles, verborgenes Wirken in allem
wahrzunehmen. Das ist ein großer Verlust für uns und
eine Unehre für unseren Gott.
Nichts hilft dem Christen mehr, still und getrost seinen
Weg zu gehen, die Schwierigkeiten und Versuchungen
auf dem Pilgerpfade zu ertragen und Gott darin zu verherrlichen,
als die Gewohnheit, Ihn in allen Dingen
zu sehen. Eö gibt keine Lage, keinen Umstand,
kein Ereignis in dem Leben eines Gläubigen, so unbedeutend
und geringfügig sie auch dem natürlichen Auge erscheinen
mögen, die nicht als stille Boten Gottes an ihn
betrachtet werden könnten. Wenn nur das Auge einfältig,
das Ohr geöffnet, das Herz kindlich und der Sinn geistlich
ist, so werden wir köstliche, gesegnete Erfahrungen
machen von dem Tun Gottes; wir werden erfahren, daß
Er Seine Hand hat in den alltäglichsten Dingen dieses
Lebens, und daß es Seine Freude ist, unö durch den Wink
Seines Auges zu leiten. Ach! wenn wir uns doch mehr
') Auf mehrseitigen Wunsch aus einem alten Jahrgang des
„Botschafter" wieder abgedruckt.
2S4
in dieser Weise leiten ließen, daß Er nicht nötig hätte, uns
Zaum und Zügel anzulegen!
Wie groß, wie anbetungswürdig ist unser Gott, der
Schöpfer des Himmels und der Erde, daß Er sich herabläßt,
sich um die kleinsten und unwichtigsten Dinge zu
bekümmern! Er, der einst sprach: „Es werde!", der alle
Dinge durch das Wort Seiner Macht trägt und erhält —
Er bekümmert sich auch um den Sperling auf dem Dache,
Er zählt die Haare auf unserem Haupte! Uns erscheint
manches groß, manches gering, da wir alles nach unserer
Kraft und unserem Vermögen messen. Für Ihn, den Allmächtigen,
gibt es nichts Großes und nichts Geringes. Ob
Er Millionen von Welten ins Dasein ruft oder die jungen
Raben speist, ist für Ihn gleich. Seine wunderbare Größe
offenbart sich in dem tosenden Orkan nicht mehr als in
dem sanften Säuseln des Südwindes, in der majestätischen
Jeder auf dem Libanon nicht mehr als in dem kleinen
Veilchen, das still am Wege blüht.
Wenn wir nur einfältigere Augen hätten, um zu
sehen, und kindlichere Herzen, um zu verstehen! Erblicken
wir in den täglichen Umständen nichts anderes, als was
der natürliche Mensch darin sieht — Zufälle und selbstverständliche
Ereignisse, wie das menschliche Leben sie einmal
mit sich bringt — so mag das Leben zu einer langweiligen
Einförmigkeit für uns werden, kaum der Mühe
wert, daß man es lebt; oder zu einer drückenden Bürde,
die man je eher je lieber ablegen möchte. Wenn wir aber
Gott in alles und jedes hineinbringen, so erhält unser
Leben einen unendlichen Wert, eine tiefe Bedeutung für
den erneuerten Sinn und einen wunderbaren Reiz für das
Auge des Glaubens. Wir erblicken dann in allen Dingen
255
die Hand eines allweisen, allmächtigen und liebenden Vaters;
wir erkennen auf Schritt und Tritt die gesegneten
Spuren Seiner Gegenwart und Seines Wirkens. Und wie
sehr dadurch das Gebetsleben, der verborgene Umgang mit
dem Vater, gefördert wird, brauchen wir kaum zu sagen.
Wie lieblich und erfrischend ist es, das kindlich-einfältige
Gebet eines Gläubigen zu hören, der die Treue und Güte
Seines Gottes auf dem zurückgelegten Wege erfahren, zugleich
aber auch sich selbst, seine eigene Kraft und Weisheit
in ihrem ganzen Nichts kennen gelernt hat! Er läßt
„alle seine A n l i e g e n", die großen und die kleinen,
mit Gebet, Flehen und Danksagung vor dem Vater kundwerden;
er wirft alle seine Sorgen, die großen und die
kleinen, auf Ihn, der sich bereitwillig damit beladen will,
und — der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt,
bewahrt sein Herz und seinen Sinn in Christo Jesu.
(Phil. 4.) Glückselig ein jeder, der so den Herrn in
allem zu seiner Zuversicht und Stärke macht! Für ihn
ist kein Tag unwichtig. Er verachtet auch nicht „den Tag
kleiner Dinge". Die Geschichte eines jeden Tages erweckt
seine Teilnahme; und wie könnte es anders sein,
da sie ja für seinen Gott und Vater wichtig ist?
Wir lernen in der ganzen Schrift, daß es für den
Gläubigen keinen Zufall gibt, daß nichts von ungefähr
kommt. Vor allem liefert uns das Buch des Propheten
Iona' einige treffende Beweise für diese Wahrheit. In
der ganzen Geschichte des Propheten zeigt sich wieder und
wieder, selbst in den gewöhnlichsten Dingen, die Dazwischenkunft
Gottes. Und wird es nicht auch bei einem jeden
von uns so sein, wenn wir einmal unsere Geschichte
in dem Lichte der göttlichen Gegenwart erblicken werden?
2S6
Wie werden wir dann staunen über unsere Kurzsichtigkeit,
über unser schwaches Verständnis, über unseren Kleinglauben
und unsere Torheit! Und wie werden wir die wunderbare
Güte, Treue und Geduld unseres Gottes bewundern,
dessen Hand alle unsere Wege hienieden geleitet und uns
mit unendlicher Langmut bis ans Ziel gebracht hat!
Ich möchte nicht in eine ausführliche Erklärung des
genannten Buches eingehen, sondern nur auf einen Ausdruck
aufmerksam machen, der sich beinahe in jedem Kapitel
wiederholt, nämlich: „Jehova bestellte". Der Heilige
Geist läßt uns gleichsam einen Blick hinter die Szene
tun und zeigt uns das verborgene Wirken Gottes. Er
ist eö, der alles in Seiner Hand hat: Wind und Wellen,
Hitze und Kälte, Mensch und Tier; und Er lenkt alles nach
dem Rate Seines Willens.
Im r. Kapitel sendet der Herr einen starken Sturm,
um durch ihn zu dem Herzen und Gewissen Seines ungehorsamen
Knechtes zu reden. Jona wollte sich dem ihm
gewordenen göttlichen Auftrag entziehen, indem er in ein
Schiff stieg, das nach Tarsis fuhr. Ninive lag im Osten
von Palästina, Tarsis im Westen. Gott sagte: „Geh
rechts!" aber Jona ging links. So ist der Mensch. „Da
warf Jehova einen heftigen Wind auf das Meer, und es
entstand ein großer Sturm auf dem Meere, sodaß das
Schiff zu zerbrechen drohte." (V. 4.) Dieser Sturm redete
eine eindringliche, ernste Sprache zu dem Propheten,
wenn nur sein Ohr geöffnet gewesen wäre, die Stimme
Gottes zu vernehmen. Es war «ine feierliche Botschaft
Gottes au ihn. Jona bedurfte, belehrt und zurechtgebracht
zu werden, nicht die armen heidnischen Schiffsleute. Für
sie war ein Sturm nichts Neues, nichts Besonderes, nichts
257
anderes als eines der gewöhnlichen Erlebnisse eines Seemannes.
Aber es gab einen Mann im Schiffe, für den
er etwas Besonderes, Außergewöhnliches war. Aber wie
wunderbar! — die heidnischen Schiffer merken bald, daß
Gott wider sie ist, während Iona, der Prophet Gottes,
im unteren Schiffsraum liegt und so fest schläft, daß der
Obersteuermann ihn mit kräftigem Ruf aufwecken muß.
Welch eine ernste Lektion für uns! Wie ist es möglich,
mögen wir wohl fragen, daß ein Gläubiger so gefühllos
werden kann? Ach! daß es möglich ist, beweist unsere eigene
Geschichte.
Erst als die Schiffer das Los werfen, um zu erfahren,
um wessentwillen das Unglück sie erreiche, ja, erst
als das Los den Propheten trifft und die Seeleute ihn
fragen, woher er komme und was sein Geschäft sei, kommt
Jona zur Einsicht. Erst jetzt vernimmt er die Stimme des
Boten Gottes und bekennt, daß der Herr um seinetwillen
so ernst rede. Auf seinen eigenen Rat werfen die geängstigten
Seeleute ihn ins Meer. Damit war für sie die
Sache beendigt, nicht aber für Jona und Gott. Die Schiffer
sahen nichts mehr von Jona, aber Gott sah ihn und gedachte
an ihn.
Gott in allen Dingen! Jona ist in eine neue
Lage, in neue Umstände versetzt, aber nicht in solche, wo
die Boten Gottes ihn nicht mehr erreichen könnten. Der
Gläubige kann sich nie in einer Lage befinden, in welcher
die Hand seines Vaters zu kurz wäre oder die Stimme
des Vaters sein Ohr nicht erreichen könnte. Als Jona
ins Meer geworfen wurde, „bestellte Jehova einen großen
Fisch, um Jona zu verschlingen". Jehova bestellte den
Sturm, und Jehova bestellte den Fisch. Ein großer Fisch
258
war nichts Ungewöhnliches; es gibt deren viele im Meere.
Aber der Herr bestellte einen besonderen für Jona, damit
er der Bote Gottes an seine Seele werde. Und siehe da,
im Bauche des Fisches kommt Jona zur Besinnung, ja, er
wird in seinen Umständen und selbst in seinen Worten ein
Vorbild von Christo.
Wir überspringen jetzt die nächsten Kapitel, um im
letzten unseren Propheten an der Ostseite der Stadt Ninive
wiederzufinden. Er hatte den Bewohnern der Stadt die
Botschaft Gottes verkündigt, und sie hatten auf seine Predigt
hin Buße getan, sodaß Gott sich des Übels gereuen
lassen konnte, das Er wegen ihrer Sünden über sie beschlossen
hatte. Jona ist unzufrieden darüber und hadert
mit Gott. Lieber hätte er dem Untergang der großen, dichtbevölkerten
Stadt zugeschaut, als nun sehen zu müssen,
daß der Herr in Gnade und Erbarmen handelte. Armer
Iona! rufen wir unwillkürlich aus; aber laßt uns nicht
etwa denken, daß unsere Herzen andere wären als das
Herz des murrenden Propheten. Wir sind aus demselben
Stoff bereitet und derselben Torheit fähig.
Jona scheint die Wahrheiten, die er während der drei
Tage im Bauche des Fisches gelernt hatte, schon wieder
völlig vergessen zu haben, und er bedarf eines neuen Boten
von feiten Gottes. O wie gnädig und langmütig ist unser
Gott! Unermüdlich beschäftigt Er sich mit uns, und wieder
und wieder lehrt Er uns dieselben Lektionen.
„Und Jehova Gott bestellte einen Wunderbaum und
ließ ihn über Jona emporwachsen, damit Schatten über
seinem Haupte wäre, umihnvonseinemMißmut
zubefreie n." (Kap. 4, 6.) Welch eine anbetungswürdige
Gnade! Der Wunderbaum wie der große Fisch bil-
2SY
beten ein Glied in der Kette der Umstände, durch welche
der Prophet nach der Absicht Gottes gehen sollte. Obgleich
sehr verschieden in ihrer Art, waren sie doch beide
Boten Gottes für seine Seele. „Und Jona freute sich über
den Wunderbaum mit großer Freude." Er hatte vorher
verlangt zu sterben; aber sein Verlangen war nicht das
Ergebnis eines heiligen Wunsches, diese arme Erde verlassen
zu dürfen und für ewig in Ruhe zu sein, sondern
die Folge seines Unwillens und seiner Enttäuschung. Nicht
das Glück der Zukunft, ja, nicht einmal die Leiden der
Gegenwart erweckten den Wunsch in ihm, abzuscheiden;
es war nur gekränkter Ehrgeiz, die eitle Sorge um seinen
Ruf als Prophet.
Bei uns erwecken oft die Leiden der Gegenwart das
Verlangen, abzuscheiden und bei Christo zu sein. Wir wünschen
von dem augenblicklichen Druck befreit zu werden,
und deshalb, wenn dieser Druck vorüber ist, hört auch
das Verlangen auf. Ist dagegen die Person des Herrn der
Gegenstand unseres Verlangens, sehnen wir uns nach Seinem
Kommen, um Ih n von Angesicht zu Angesicht, „w i e
Er ist", schauen zu können, so üben die äußeren Umstände
wenig Einfluß aus. Unser Sehnen nach Ihm ist
dann ebenso groß in den Tagen des Sonnenscheins und
der Ruhe, als in Zeiten des Sturmes und des Druckes.
Als Jona unter dem Schatten des Wunderbaumes
saß, trug er kein Verlangen mehr nach dem Tode. Seine
Freude über den Wunderbaum und dessen kühlen Schatten
ließ ihn seinen Unmut vergessen. Gerade diese Tatsache
beweist, wie sehr er der besonderen Boten des Herrn bedurfte.
Der Zustand seiner Seele mußte offenbar werden,
und er wurde offenbar zu seiner tiefen Beschämung.
260
Der Herr kann alles benutzen, um die Geheimnisse und
Tiefen des menschlichen Herzens zu enthüllen, auch einen
Wunderbaum, „den Sohn einer Nacht"; und Er tut es
zu unserem ewigen Wohl und zur Verherrlichung Seines
Namens. Wahrlich, der Christ kann sagen: „Gott in
allen Dingen!" Er kann Seine Stimme vernehmen
in dem Heulen des Sturmes wie in dem Hinwelken einer
Pflanze.
Doch wir sind noch nicht am Ende der Wege Gottes
mit Jona angelangt. Der Wunderbaum war, wie bereits
gesagt, nur ein Glied in der bedeutsamen Kette der
Umstände; das folgende Glied ist ein Wurm! „Aber
Gott bestellte einen Wurm am folgenden Tage, beim Aufgang
der Morgenröte; und dieser stach den Wunderbaum,
daß er verdorrte." Dieser Wurm, so unbedeutend er sein
mochte, war nichtsdestoweniger der ernste Bote Gottes,
geradeso wie der Sturm und der große Fisch. Ein Wurm,
wenn er von Gott benutzt wird, kann Wunder tun. Der
Wunderbaum verdorrte.
„Und eö geschah, als die Sonne ansging, da bestellte
Gott einen schwülen Ostwind, und die Sonne stach Jona
aufs Haupt." Alles muß mitwirken, um Jona zur Erkenntnis
seines Unrechts zu bringen. Ein Wurm und ein
schwüler Wind — wunderbare Mittel in der Hand Gottes!
Aber gerade in ihrer scheinbaren Geringfügigkeit offenbart
sich umso auffallender die Größe unseres himmlischen
Vaters. Der Sturm, der große Fisch, der Wurm,
der schwüle Ostwind — alle sind in Seiner Hand Werkzeuge
zur Erfüllung Seiner Liebesabsichten. Der unbedeutendste
wie der gewaltigste Bote muß Seine Absichten
fördern helfen. Wem wäre es in den Sinn gekommen,
261
daß ein Orkan und ein Wurm miteinander die Mittel sein
könnten, um ein Werk Gottes zu tun? Und doch war es
so. Groß und klein sind, wie im Anfang bemerkt, nur
Ausdrücke, die unter den Menschenkindern gebräuchlich
sind. Bei Gott ist nichts groß und nichts klein. Er zählt
die Menge der Sterne, und Er nimmt Kenntnis von dem
Sperling, der vom Dache fällt. Er macht die Wolken zu
Seinem Gefährt und ein demütiges Herz zu Seiner Woh­
nung.
Darum noch einmal: Gott in allen Dingen.
Für den Gläubigen gibt es nichts Zufälliges, nichts Bedeutungsloses
in allem, was ihm begegnet. Er mag durch
dieselben Umstände zu gehen und dieselben Versuchungen
zu bestehen haben wie andere Menschen; aber er darf sie
nicht nach denselben Grundsätzen deuten. Sie führen für
sein geöffnetes Ohr eine ganz andere Sprache als für das
Ohr des natürlichen Menschen. Er sollte in den unbedeutendsten
wie in den wichtigsten Ereignissen eines jeden Tages
die Stimme Gottes vernehmen und Seine Boten erkennen.
So wird er köstliche Erfahrungen machen.
Die Sonne, die in majestätischem Lauf ihre Bahn
durchzieht, und der Wurm, der über den Weg kriecht —
beide sind von Gott geschaffen, und beide können in der
Ausführung Seiner unerforschlichen Absichten mitwirken.
Derselbe Gott, der die Maße der Erde bestimmt hat, den
Wind in Seine Fäuste sammelt und die Wasser in ein Tuch
bindet, bereitet dem Raben seine Speise und erquickt das
Gräslein durch Seinen Tau. Und dieser Gott ist unser
Gott immer und ewiglich. „Lobet Ihn, ihr Jünglinge und
auch ihr Jungfrauen, ihr Alten samt den Jungen!"
262
Manasse und Ephraim
Über die vorbildliche Bedeutung dieser beiden Namen,
bezw. ihrer Träger, und einiger damit in Verbindung
stehender Dinge sei ein kurzes Wort gesagt. Von diesen,
beiden Söhnen Josephs, welche Asnath, die Tochter des
Priesters von On, ihm gebar, erzählt uns 1. Mose 41, 50
bis 52. Doch bevor wir uns näher mit ihnen beschäftigen,
seien einige Worte über Joseph selbst vorausgeschickt.
Wer nur ein wenig im Reiche Gottes unterwiesen
ist, hat gewiß auch schon, mit Bewunderung und stiller
Anbetung über Joseph und seinen Weg nachsinnend, in
ihm ein Vorbild unseres hochgelobten Herrn und Heilandes
erkannt. Ist dieser Mann doch ein Vorbild, so treffend
und vielseitig, wie es wohl kein zweites im Alten Testament
gibt. Die Abneigung und Eifersucht seiner Brüder,
die sich schon bald zu einer unmittelbaren Feindschaft gegen
ihn entwickelten, demgegenüber sein Weg der Treue
und des Gehorsams gegen Gott und Menschen, dann sein
Verkauftwerden nach Ägypten, seine tiefe Erniedrigung
dort, die darauf folgende Erhöhung und Verherrlichung,
und schließlich sein Verhalten seinen Brüdern gegenüber
während der Jahre der Hungersnot — alle diese Dinge
zeigen uns deutlich die gesegneten Spuren des Einen, Vollkommenen,
der in späteren Tagen denselben Weg wie Joseph,
nur in unendlich höherem Sinne, gegangen ist, der
ihn auch allein gehen konnte. Und gerade weil keiner außer
Ihm je in solche Tiefen hinabgestiegen ist, solche „Mühsal"
erduldet hat und durch solches „Elend" gegangen
ist wie Er,-haben uns obige Namen so manches zu sagen.
Sie reden von diesen Dingen.
263
Als die Söhne Josephs geboren wurden, waren die
Tage seiner Erniedrigung für immer vorüber, wie sie auch
heute für unseren Herrn vorüber sind. Doch nicht genug
damit: Joseph wurde nicht nur aus dem Gefängnis heraufgeführt,
sondern auch erhöht. Ebenso unser Herr.
Seiner persönlichen Herrlichkeit wurde eine erworbene
Herrlichkeit hinzugefügt, erworben durch Seine freiwillige,
tiefe Erniedrigung, durch Seinen Gehorsam bis zum Tode,
ja zum Tode am Kreuze. „Darum hat Gott Ihn auch
hoch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über
jeden Namen ist." (Phil. 2, 9.) Und, wie ein anderer
Schreiber ausführt: „Die Ehren, die Er erworben, die
Siege, die Er errungen hat oder noch erringen wird,
werden in alle Ewigkeit Seine besondere Freude ausmachen.
Sie werden das Licht bilden, in welchem Er gekannt,
und die Charaktere, in denen Er allezeit gefeiert
werden wird." Schon heute dürfen wir etwas davon verstehen,
„und unsre Herzen freuen sich der Herrlichkeit,
der Majestät, zu der Ihn Gott, Sein Gott, erhöht".
Doch auch damit ist es noch nicht genug. Joseph
empfing auch ein Weib, und zwar ein Weib aus den Nationen!
Sie wurde nicht mit ihm vereinigt in seiner Erniedrigung,
sondern in seiner Herrlichkeit. Völlig eins mit
ihm, teilte sie alles, was sein war, und genoß den Platz
der Nähe und Vertraulichkeit, der nur ihr allein gehörte
und bekannt war. Alles dieses, auch die Geburt der beiden
Söhne Manasse und Ephraim, die wir mit ihr als eins
betrachten können, geschah, „ehedasJahrderHun-
gersnot ka m". Wieder erkennen wir Ihn, unseren
teuren Herrn, der von Gott nach den Tagen Seiner Erniedrigung
mit demselben hohen Glück von Gott bedacht
264
wurde, wie Joseph: Er empfing eine Braut, die bald als
„das Weib des Lammes" mit Ihm in der himmlischen
Herrlichkeit droben vereinigt werden soll. Stellt uns I i p-
pora, das Weib Moses, die Versammlung oder Gemeinde
als mit Christo in Seiner Verwerfung vereinigt
vor, so ist Asnath, das Weib Josephs, ein Bild
der Versammlung als vereinigt mit Christo in Seiner
Herrlichkeit.
Bald werden Trübsalstage, wie sie nie gesehen wurden,
die Tage der „großen Drangsal", über diese Erde
kommen; aber vorher wird die Frucht der Mühsal Seiner
Seele, „die Kinder, die Gott Ihm gegeben hat", in die
Erscheinung treten. Ehe wir völlig mit Ihm droben vereinigt
werden, wird das letzte Glied hinzugefügt, der Leib
vervollständigt sein. Alles das wird geschehen, ehe die
Gerichte toben, ehe Sein Zorn sich ergießt über
alle, „die auf der Erde wohnen". (Offbg. 3, 40.) Im
Blick auf die Ihm Geschenkten läßt Er uns aber vorher
schon herrliche Blicke tun in Sein Herz und zeigt uns,
mit welchem Wohlgefallen Er auf sie blickt, und
was sie für Ihn sind. Damit kommen wir zu der Bedeutung
der beiden Namen.
„Und Joseph gab dem erstgeborenen den Namen
Manasse: denn Gott hat mich vergessen lassen all meine
Mühsal und das ganze Haus meines Vaters." (V. 54.)
Ja, von Mühsal konnte Joseph reden, reichlich war sie
ihm begegnet, und es mußte, wenn ich mich so ausdrücken
darf, schon ein schweres Gegengewicht von Freude, Befriedigung
und Genugtuung vorhanden sein, um ihn a l l
seine Mühsal und das ganze Haus seines Vaters vergessen
zu lassen. Und dieses Gegengewicht wurde ihm
265
geschenkt von Gott. Joseph sagt: „Gott hat mich vergessen
lassen". Und auf welche Weise wurde ihm dieses
Vergessen zuteil? Indem Gott-ihn Samen sehen ließ, Gegenstände
der Freude und Wonne seines Herzens.
Geradeso ist es mit unserem Herrn. Wir brauchen
nicht zu sagen, daß Seine Mühsal unendlich größer, Sein
Weg unendlich schwerer war. Zugleich mußte Er, gleich
Joseph, auf das ganze Haus Seines Vaters, auf alle
Seine Ansprüche als Messias für den Augenblick verzichten.
Er mußte „weggetan werden und nichts haben".
(Dan. y, 26.) Aber Gott entschädigte Ihn und
„ließ Ihn vergessen", indem Er Ihn als Sohn des Menschen,
als Haupt der neuen Schöpfung, Samen sehen ließ
und uns Ihm schenkte, auf welche die Worte angewandt
werden können: „An ihnen ist alle meine Lust".
(Psalm 16, 3.)
Die Brüder Josephs hatten Joseph verworfen und
verkauft, und so ging ihm das Haus seines Vaters für
eine lange Zeit verloren. Was muß das für ihn gewesen
sein! Dasselbe Teil war, wie gesagt, unserem Herrn be-
schieden. „Er kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen
Ihn nicht an." (Joh. 1, 11.) Vergeblich wartete Er
auf Empfänglichkeit für Seine Zuneigungen zu ihnen
und auf ihre Zuneigungen zu Ihm. Israel als Volk
hat Ihn verworfen und bis heute hin noch nicht erkannt.
Die „Frucht der Mühsal Seiner Seele", von der wir
soeben redeten, steht im Blick aus den „Überrest" noch
aus, abgesehen von den einzelnen aus Israel, die Seinem
Leibe hinzugefügt werden. Der Heilige Geist sammelt in
der gegenwärtigen Zeit aus Juden und Heiden, und zwar
vornehmlich aus letzteren, die Braut, das Weib des
266
Lammes. Sie ist Ihm von Gott gegeben, um auch Ihn
in gewissem Sinne vergessen zu lassen, um Ihn gleichsam
zu befähigen, den Verlust zu überwinden. Wie groß auch
Sein Schmerz war im Blick auf Israel, und wie bitter
die Erfahrungen, die Er mit Seinem irdischen Volke
machen mußte, Seine Erinnerung an diese Dinge wird
gleichsam abgelenkt, Er vergißt sie, indem ein Gegenstand
vor Sein Auge tritt, von Gott Ihm gegeben, der Sein
Herz mit unbeschreiblicher Freude erfüllt. Und
dieser Gegenstand, wir dürfen es mit anbetender Bewunderung
aussprechen, sind wir, sind die Kinder, die der
Vater Ihm jetzt gibt!
„Was sollen wir hierzu sagen?" O möchte der
Gott, der vor Grundlegung der Welt diese wunderbaren
Dinge in Seinem Herzen beschlossen hat, noch viele glückliche,
dankbare Anbeter finden!
Sind derer nun viele oder wenige, die der großen
Gnade gewürdigt sind, ein so kostbarer Gegenstand für
das Herz des Herrn zu sein? Wir dürfen wohl sagen:
Es sind ihrer nach Matth. 7, 1.4 wenige, und doch sind
es viele! Durch den Gehorsam des Einen, Jesus Christus,
werden die Vielen in die Stellung von Gerechten
gesetzt. (Röm. 5, 19.) Der wahre Joseph hat sich in
Wahrheit als „der Sohn eines Fruchtbaumes" (1. Mose
49, 22) erwiesen, und wie dem Manasse ein Ephraim
hinzugefügt wurde, und wie Josua einst zum Hause Joseph,
d. i. zu Ephraim und Manasse, sagen konnte: „Du
bist ein zahlreiches Volk" (Jos. 17, 17), so sind auch die,
welche heute den Leib des wahren Joseph bilden, „die
Fülle Dessen, der alles in allem erfüllt" (Eph. 1, 23),
ein zahlreiches Volk. Gott sei in alle Ewigkeit dafür ge
267
priesen! Das Weizenkorn ist in die Erde gefallen und hat
viel Frucht gebracht (Joh. 72, 24), und viele Söhne
werden zur Herrlichkeit geführt. (Hebr. 2, 70.)
In Vers 52 lesen wir dann weiter: „Und dem zweiten
gab er den Namen Ephraim (doppelte Fruchtbarkeit):
denn Gott hat mich fruchtbar gemach t". Doch
wo? „Im Lande meines Elends." So sind auch heute die
Seinigen, Seine Braut, nicht aus dem Lande Seiner Herrlichkeit,
aus den himmlischen Ortern, gekommen. Die Berufung
Gottes hat sich nicht an Engel und Engelfürsten
gewandt, an die Gewaltigen an Kraft, Täter Seines
Wortes, gehorsam der Stimme Seines Wortes.
(Psalm 70Z, 20.) Nicht Diener sind zu Söhnen erhoben
worden, nicht sie sollen mit Ihm herrschen. Nein!
Weitaus Höheres ist von seiten des Gottes, der Licht und
Liebe ist und sich als solcher verherrlichen wollte, vor
Grundlegung der Welt beschlossen worden. Gott wollte
Seine Gnade schuldigen,ungehorsamenMen-
schenkindern gegenüber hell erstrahlen lassen. Im
Lande Seines Elends wollte Gott Seinen Gelieb­
ten fruchtbar machen und nicht Täter Seines Wohlgefallens,
sondern Sünder, Feinde Ihm zum Lohne
geben. „Er nimmt sich fürwahr nicht der Engel an, sondern
des Samens Abrahams nimmt Er sich an." (Hebr.
2, 76.) Gefallene Engel werden niemals erlöst werden,
und die nicht gefallenen sind nicht „aus Gott. . .
in Christo". (7. Kor. 7, 30.) „Kein Tod hat sie gekettet,
kein hoher Preis gerettet, kein Arm geführt aus Nacht
zum Licht." Nein, solche, die einst Sünder und Ungehorsame
waren, sind die Gegenstände des Wohlgefallens Gottes
geworden, weil sie in Ihm, dem Geliebten, sind.
268
Unsere Erde , die Wohnstätte dieser unreinen, verderbten
Geschöpfe, wurde für den „Heiligen Gottes" „daö
Land Seines Elends". Wie hätte es anders sein können?
Wenn wir ein wenig erkannt haben, was der Mensch von
Natur ist, wundern wir uns darüber nicht; denn „die
Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht,
denn ihre Werke waren böse", und: „jeder, der Arges tut,
haßtdasLicht und kommt nicht zu dem Lichte". (Joh.
3, ry. 20.) Die Erde, der Schauplatz der Sünde und ihrer
Folgen, mußte für den zweiten Menschen der Schauplatz
Seiner Leiden werden, und zwar Leiden verschiedenen Charakters.
Diese näher zu betrachten, würde uns für heute
zu weit führen. Doch sei, in Verbindung mit dem Kreuze,
kurz an zwei Arten von Leiden erinnert, deren eine dort
ihren Höhepunkt erreichte: das Leiden nämlich von feiten
der Menschen, mit anderen Worten, das was Christus
gleichsam als Märtyrer der Gerechtigkeit litt, als Zielscheibe
der Bosheit und des bitteren Hohnes der Menschen,
als Opfer ihrer Grausamkeit. Die andere Art, die
am Kreuze auch zum völligen Austrag kam, trat dort
erstmalig (und einzig dastehend) in die Erscheinung; es
waren die Leiden von feiten Gottes, die sühnenden
Leiden unseres hochgelobten Herrn in den drei Stunden der
Finsternis, als Er, verlassen von Gott, am Fluchholze
hing.
Im Blick auf die erste Art des Leidens sei aus vielen
Stellen an die eine erinnert: „Der Hohn hat mein Herz
gebrochen, und ich bin ganz elend". (Psalm by, 20.) In
diese Leiden vermögen wir Ihm noch ein wenig zu folgen,
aber wenn es sich um die zweite Art handelt, wer will, wer
könnte ihre Höhen und Tiefen beschreiben, wer sie nur
269
ahnen? Gott allein vermag sie auszumessen. Das Wort
sagt deshalb nur wenig darüber. Wenn irgendwo, so gilt
hier das Wort: „Ziehe deine Schuhe aus von deinen Füßen,
denn der Ort, auf dem du stehest, ist heiliges
Land".
Verstehen wir jetzt ein wenig besser die vorbildliche
Bedeutung der Worte: „Gott hat mich fruchtbar gemacht
in dem Lande meines Elends"? In Psalm 22, der in
ganz besonderer Weise von der zweiten Art der Leiden unseres
Herrn redet, hören wir Ihn sagen: „Denn nicht verachtet
hat Er noch verabscheut das Elend des Elenden".
(V. 24.) Nein, nachdem Er gelitten und Seine Seele das
Schuldopfer gestellt hatte, ließ Gott Ihn Samen
sehen. (Jes. 53, 40.) So folgte dem Elend Freude,
aus Leiden und Tod kam viel Frucht! Was bleibt
uns anderes übrig, als mit dem Apostel auszurufen:
„Gott aber sei Dank für Seine
unaussprechliche Gabe!"
Zn Seiner Klügel Schatten
„Jerusalem, Jemsalem, die da tötet die Propheten
und steinigt die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe «h
deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre
Brut unter die Flügel, und ihr habt nicht gewollt!" (Luk.
43, 34.)
So klagte einst unser Herr und Heiland über die geliebte
Stadt, den Gegenstand Seiner Gedanken und Ratschlüsse.
Der Schmerz einer tief verwundeten Liebe spricht
aus Seinen Worten. Zahlreiche Zeugen und Propheten
270
hatte Er im Laufe der Jahrhunderte zu den Bewohnern
der Stadt gesandt, „vielfältig und auf mancherlei Weise
zu ihnen geredet"; aber sie hatten Seine Boten verspottet,
Sein Wort verachtet und Seine Propheten getötet. Und
nun war Er selbst gekommen und hatte mit den Seilen
zärtlicher Liebe sie zu sich zu ziehen gesucht; wie eine Henne
ihre Küchlein unter die Flügel birgt, so hatte Er sie versammeln
wollen. Umsonst! Pharisäer und Schriftgelehrte,
Priester und Volk wetteiferten mit den politischen
Machthabern in bitterem, feindseligem Haß gegen Ihn.
Man wollte Ihn nicht!
Unwillkürlich ziehen wir einen Vergleich mit der Zeit,
in welcher wir leben. Wie sieht es aus in der so hoch begnadigten
Christenheit, in dem Hause, in welchem der
Heilige Geist einst Wohnung machte? Dieselben Dinge sind
hier geschehen trotz aller Gnadenerweisungen und Züchtigungen
Gottes — man hat die Boten des Herrn verspottet
und verfolgt, man hat Sein Wort verachtet, und
tut es heute mehr als je. Dabei hat Seine Liebe nicht
nachgelassen. Seine Bemühungen, die Herzen der Menschen
zu erreichen, sind im Gegenteil immer ernster und
dringlicher geworden. Wie ist Sein Evangelium überallhin
gedrungen, und wie hat Er zugleich durch Kriege und
Seuchen, durch Erdbeben und erschreckende Unglücksfälle,
durch Nöte aller Art an die Gewissen der Gleichgültigen
und Sorglosen gepocht! Viele sind auch aufgewacht und
haben sich retten lassen. Manchen ist es ergangen wie einst
dem König Hiskia: „zum Heile wurde ihnen bitteres Leid",
und sie können hmte dankbar mit ihm bezeugen: „Alle
meine Sünden hast du hinter deinen Rücken geworfen".
(Jes. 38, 77.)
271
Aber viele, viele andere, weitaus die Mehrzahl,
haben sich abgewandt und den Mahnungen der Liebe gegenüber
ihre Herzen verhärtet. Ich denke da besonders an
so viele Kinder gläubiger Eltern, die, von Jugend auf
unter dem Schalle des Wortes Gottes stehend und oft
aufmerksam gemacht, eine unvergleichlich größere Verantwortlichkeit
tragen als andere, die dieser Gnade nicht teilhaftig
geworden sind. An sie richtet sich mit erschütterndem
Ernst das Wort, das der Herr einst zu Kapernaum sprach:
„Und du, Kapernaum, die du bis zum Himmel erhöht
worden bist, bis zum Hades wirst du hinabgestoßen werden.
..Ich sage euch: Dem Sodomer Lande wird es erträglicher
ergehen am Tage des Gerichts als dir." (Matth.
11, 23. 24.)
Warum diese ernste Drohung? Viel war der Herr
in Kapernaum aus- und eingegangen, ja, so zahlreich
waren Seine Wunderwerke in ihr gewesen, daß sie „Seine
eigene Stadt" genannt wurde. (Matth. 9, 1.) Und was
ist aus ihr geworden? Der Zorn ist über sie gekommen. Die
Stadt ist nicht mehr. Aber damit ist ihr Gericht nicht erschöpft.
Der eigentliche Tag ihres Gerichts ist noch zukünftig,
und an ihm wird es dem gottlosen Sodomer
Lande erträglicher ergehen, als den äußerlich vielleicht eh­
renwetten- Bewohnern von Kapernaum.
Je größer die erfahrene Gnade, desto schwerer die
Verantwortlichkeit. Darum wachet auf, ihr Söhne und
Töchter gläubiger Eltern, ihr Freunde und Verwandten
gottesfürchtiger Männer und Frauen! Gedenkt an die zahl­
reichen Bitten und Mahnungen, die an euch herangetreten
sind, an die liebevollen Warnungen und Gnadenrufe von
feiten Gottes selbst! Wie schrecklich für alle, denen der
272
Herr einst auch sagen muß: Wie oft habe ich euch versammeln
wollen wie die Henne ihre Brut, aber ihr habt
nicht gewollt!
O wenn ihr doch bedenken wolltet an diesem eurem
Tage, was zu eurem Frieden dient! Wie herrlich ist es,
geborgen zu sein für Zeit und Ewigkeit! zu wissen und es
aus seliger Erfahrung heraus bezeugen zu dürfen: Jesus
ist auch mein guter Hirte! Er versorgt, bewahrt und erhält
mich in einer Welt, in welcher ich umkommen würde,
wenn ich mir selbst überlassen wäre! Und wie gut, dann
auch mit David zu bitten: „Bewahre mich wie den Augapfel
im Auge; birg mich in dem Schatten deiner Flügel!"
(Ps. 77, 8.) David kannte seine ganze Ohnmacht und
Hilflosigkeit, er wußte aus schmerzlicher Erfahrung, wie
bald und schwer man fehlen kann. Darum seine Bitte:
„Bewahre mich!" Und zwar wie? „Wie den Augapfel
im Auge." Es gibt kaum etwas Empfindlicheres als das
Auge. Das geringste Stäublein, das hineingerät, verursacht
Schmerz, der kleinste Fremdkörper, wenn er nicht entfernt
werden kann, Entzündung, unter Umständen gar
Verlust des Augenlichtes.
Ähnlich ist es mit dem Gläubigen in dieser Welt.
Schon die leiseste Berührung mit dem Bösen wirkt verhängnisvoll.
Ein Sicheinlassen, eine Beschäftigung mit
demselben führt unfehlbar die Unterbrechung der Gemeinschaft
mit Gott und schließlich Gefühllosigkeit und Verblendung
herbei. Und wie zahlreich sind die Möglichkeiten
und Anlässe zu solcher Berührung! Rund' um uns her
nichts als Sünde, ein unreiner, vergifteter Dunstkreis, und
Satan mit seinem Heer unaufhörlich beschäftigt, unö zu
schaden! Wie bedürfen wir da der Bewahrung, der Ber
273
gung unter dem Schatten der mächtigen Flügel! Wie sollten
wir aber auch selbst auf der Hut sein und die Warnung
beachten, die der Herr einst Seinem Volke zuries,
daß sie „aller Seiner Gebote gedenken und sie tun möchten
und nicht umherspähen ihrem Herzen und ihren Augen
nach"! (4. Mose 75, 3d.) Ob daheim oder auf der Reise,
bei der Ruhe oder bei der Arbeit, überall drohen uns Gefahren.
Wir wissen das auch, aber wir vergessen es so
leicht. O möchte die Sprache unserer Herzen mehr diejenige
Davids sein: „Bewahre mich wie den Augapfel im
Auge; birg mich in dem Schatten deiner Flügel!" Da
sind wir wohl geborgen.
Ein Christ, der im Lichte wandelt, sieht die Gefahr
und geht ihr aus dem Wege. Sind wir in Gemeinschaft
mit Gott, so macht der Heilige Geist selbst uns aufmerksam
auf jeden Anstoß, der auf dem Wege liegt. „Wenn
jemand am Tage wandelt', stößt er nicht an, weil er das
Licht dieser Welt sieht; wenn aber jemand in der Nacht
wandelt, stößt er an, weil das Licht nicht in ihm
ist." (Joh. 77, y.) Das Licht macht nicht sorglos oder
übermütig, sondern im Gegenteil vorsichtig und wachsam.
Es treibt uns an, da Schutz zu suchen, wo allein Schutz
zu finden ist, „in Seiner Flügel Schatten", und dort still
zu verharren, bis die Gefahr vorüber ist. O wie mancher
betrübende Fall würde so nicht vorkommen, wie manches
beschämende Erlebnis uns erspart bleiben! Wie einfach ist
das Wort des Herrn: „Bleibet in mir, und ich in
euch!" Aber wie wenig wird es in manchem Christenleben
beachtet und praktisch verwirklicht! Wer es beachtet,
wird auch die Wahrheit des anderen Wortes unseres Heilandes
erleben: „W e r in mir bleibt, und ich in ihm, die
274
ser bringt viel Frucht". „In Ihm bleibend" werden
wir allezeit Sieger sein, „außer Ihm" können wir
nichts tun. (Joh. 45, 4. 5.)
Laßt uns darum von David, dem Manne nach dem
Herzen Gottes, lernen! Wenn ein Fall geschehen ist, so
können wir sicher sein, daß Psalm 47, 8 nicht beachtet
worden ist. Auch Psalm 57, 4 hat keine Verwirklichung
gefunden. Anders würde Gott gnädig gewesen sein und die
bei Ihm Zuflucht nehmende Seele in dem Schatten Seiner
Flügel bewahrt haben. Sicher, wenn wir im Glauben zu
Ihm rufen, so „vollendet Er es für uns", ja, „vom
Himmel wird Er senden und uns retten". (V. 2. 3.)
Solang wir noch in diesem Leibe wallen, umringen uns
Feinde aller Art, und in uns selbst wird es nie an Anknüpfungspunkten
für die an uns herantretende Versuchung
fehlen. Aber „Seine Gnade genügt" für alle
Fälle, und „Seine Kraft wird in Schwachheit vollbracht".
(2. Kor. 42, 9.) Nur dürfen wir nicht verfehlen,
von dieser Gnade Gebrauch zu machen und, wenn wir
rufen: „Bewahre, mich, o Gott!" uns auch bewahren
lassen!
Eine besondere Freude für jedes Gotteskind, das seine
Freude am Herrn hat, ist es, daß Gottes Güte auch hinsichtlich
der Welt noch währt und für sie tätig ist. Dreimal
sprach einst David, nachdem Gott ihm den Sieg über alle
seine Feinde gegeben hatte, davon, „Güte" oder „Güte
Gottes" an Mephiboseth, dem gelähmten Enkelkinde seines
Todfeindes Saul, zu erweisen, und dreimal wiederholte
er seinen Beschluß, daß Mephiboseth beständig an
seinem Tische essen solle, „wie einer von den Königö-
söhnen". (2. Sam. 9.) David selbst hatte die Köstlichkeit
275
der Güte Gottes geschmeckt. Er konnte aus Erfahrung
sagen: „Jehova! an die Himmel reicht deine Güte, bis
zu den Wolken deine Treue", und dann hinzufügen: „Wie
köstlich ist deine Güte, o Gott! und Menschenkinder nehmen
Zuflucht zu deiner Flügel Schatten". (Ps. 36, 5.7.)
Menschenkinder, nicht nur Israeliten, gesegnete
Nachkommen Abrahams, nein, gefallene, sündige Menschenkinder
dürfen dem heiligen Gott nahen, dessen Freude
es ist, zu vergeben und zu segnen. Sie dürfen im Glauben
Zuflucht nehmen zu Seiner Flügel Schatten. Da wA
Er sie bergen, wie die Henne ihre Brut vor den Angriffen
des Raubvogels unter, ihren Flügeln birgt.
O wie ernst und anhaltend sollten wir, eingedenk
der noch währenden, aber bald zu Ende gehenden Gnadenzeit,
für die armen Menschen um uns her beten und ihnen
erzählen von der großen, köstlichen Güte Gottes, die wir
erfahren haben, und „die besser ist als Leben"! (Ps. 63,3.)
Geborgen unter Seinen mächtigen Flügeln, trinkend „aus
dem Strome Seiner Wonnen", für ewig errettet und in
Sicherheit gebracht vor den feurigen Pfeilen des Bösen,
und dabei gefühllos für die Not unserer Umgebung? Wie
wäre das miteinander vereinbar? Nein, Gott bewahre uns
in Gnaden vor solch großer Schuld! „Gehe hin nach deinem
Hause zu den Deinigen", sprach der Herr einst zu
dem geheilten Gadarener, „und verkünde ihnen, wieviel
der Herr an dir getan und wie Er sich deiner erbarmt
hat! Und er ging hin und rief aus durch die
ganze Stadt, wieviel Jesus an ihm getan hatte."
(Vergl. Mark. 5, td. 20; Luk. 8, 39.) Laßt uns hingehen
und das Gleiche tun!
Und wenn dann das Ende kommt — und es kommt.
27b
wie gesagt, bald! — wie werden wir dann, zurückblickend
auf den zurückgelegten Weg, wo Er uns stets zur Hilfe
war, erst recht „jubeln in dem Schatten Seiner Flügel"!
(Ps. 63, 7.) Davids Seele wurde wie von Mark und Fett
gesättigt, und mit jubelnden Lippen lobte sein Mund, wenn
er auf seinem Lager des Herrn gedachte und über Ihn
sann in den Nachtwachen. Fürwahr, das sollte auch unser
Teil hienieden mehr und mehr sein, zum Preise Gottes
und zum Heil für uns und andere! Denn
Da, da ruht
Sich's sanft und gut.
Da sind wir wohl geborgen
Und ledig aller Sorgen.
„Laßt uns mit Ausharren laufen den
vor uns liegenden Wettlauf!"
(Lies Phil. 3.)
Das ganze Leben des Apostels Paulus baute sich auf
die Tatsache auf, daß er den vor ihm liegenden Wettlauf
lief, indem er zur Herrlichkeit hindrängte. Auf diese Weise
gestaltete es sich zu einem vollkommenen Leben. Der
Sohn Gottes bildete und formte Tag für Tag seine Seele;
und Ihm eilte Paulus entgegen, indem er unablässig sich
ausstreckte nach dem, was vor ihm lag. Das war das
„Eine", das er tat. (V. 74.) Und nicht in seiner Stellung
als „Apostel" wünschte er in die Gemeinschaft der
Leiden Christi einzutreten und Seinem Tode gleichgestaltet
zu werden, sondern einfach als Christ. Zeder Christ
könnte das tun, ja, ein jeder ist berufen, „in denselben
Fußstapfen zu wandeln". (V. 76.)
Es ist gut, wenn ein Mensch sagen kann, daß er
277
Vergebung der Sünden besitze. Allein ich möchte ihn fragen:
Wovon wird dein Herz jetzt regiert? Ruht dein Auge
auf Christo in der Herrlichkeit? Steht die Vortrefflichkeit
Seiner Erkenntnis so vor deiner Seele, daß alles andere
davon beherrscht wird? Veranlaßt sie dich, alles als Verlust
anzusehen, was ihr im Wege steht? Hat diese vorzügliche
Erkenntnis alle anderen Dinge ausgeschaltet? Ich
meine nicht nur äußerlich, sodaß dein Wandel tadellos ist
und du sagen kannst: Ich liebe Christum. Nein, ich frage:
Hat der Gedanke an Christum, den verherrlichten Menschen
droben, alles andere aus deinem Herzen verdrängt?
Wenn es so ist, dann wirst du dich nicht mehr
von den Nichtigkeiten des täglichen Lebens beeinflussen
lassen.
In Phil. Z stellt sich der Apostel in bemerkenswerter
Weise als Beispiel vor unsere Augen. Es gibt Menschen,
deren Sprache gleichsam „im Himmel" ist, die aber
„auf das Irdische sinnen". Ihr Ende ist Verderben.
Sie stehen dem Christentum entgegen. Alle, welche auf
das Irdische sinnen, sind Feinde des Kreuzes Christi. Denn
was ist das Kreuz? Es hat über alles, was von der Erde
ist, das Urteil gesprochen, hat es gerichtet.
Gutes und Böses wurde durch das Kreuz ans Licht
gestellt. Es bildet den großen Wendepunkt. Dort sind
gut und böse, Licht und Finsternis einander begegnet. Für
jeden Menschen lautet jetzt die Frage: Bin ich mit der
Welt, die Christum hinausgeworfen hat? oder bin ich mit
Christo, der von der Welt verworfen wurde? Nichts kommt
dem Kreuze gleich. Es ist sowohl der Beweis der Gerechtigkeit
Gottes in der Behandlung der Sünde, als auch der
Beweis dieser Gerechtigkeit im Vergeben der Sünde. Es
278
ist sowohl das Ende dieser Welt im Gericht, als auch
der Anfang einer neuen Welt des Lebens. Es ist das Werk,
das die Sünde abschaffte, und zugleich (was die Seite des
Menschen betrifft) die größte Sünde, die je begangen worden
ist.
Ze mehr wir über das Kreuz nachdenken, desto mehr
erkennen wir, daß es der große Scheidepunkt für alles ist.
Darum, wenn jemand die Welt liebt und ihr folgt, so ist er
ein „Feind des Kreuzes Christi". Wir, die wir Christen
zu sein bekennen, mögen uns deshalb wohl prüfen, inwieweit
diese Welt mit ihrem eitlen, äußeren Schein ein
Spinnengewebe über unsere Herzen gebreitet hat, um uns
am klaren Sehen zu hindern. Wenn ein Christ noch seine
Freude an der Herrlichkeit der Welt findet, die seinen
Herrn gekreuzigt hat, so rühmt er sich seiner Schande.
(V. 19.)
Wo ist ein Christ daheim? Zn dem Hause seines Vaters,
nicht aber in der traurigen Wüste, die er auf dem
Wege dahin zu durchschreiten hat.
Zm zweiten Kapitel des Briefes an die Philipper
wird uns die Demut und Niedrigkeit vor Augen gestellt,
die unseren Weg kennzeichnen soll. Im dritten Kapitel
finden wir die Wirksamkeit einer Macht, die uns von einer
Welt losmachen möchte, welche uns daran hindern will,
Zhn zu erkennen und Ihm gleich zu sein.
Am Ende des Kapitels redet der Apostel dann von
unserer Erwartung des Herrn Jesus als Heiland für unseren
Leib: „Der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten
wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit".
(B. 21.) Wir tragen jetzt Adams Leib, dann werden
wir Christi Leib tragen. Alle unsere Lebensbeziehungen sind
279
da, wo Er ist. Als Heiland wird Er wiederkommen
und alles zur Vollendung bringen, indem Er diesen Leib
der Niedrigkeit und Schwachheit verwandeln und Seinem
Leibe der Herrlichkeit gleichgestalten wird. Der Preis dafür
ist bezahlt, doch die endgültige Einlösung des Bezahlten
steht noch aus. Nach diesem Verschlungenwerden
des Sterblichen von dem Leben sehnen wir uns. „Der
uns aber eben hierzu bereitet hat, ist Gott." (2. Kor.
5, 4. 5.) Noch haben wir das kostbare Teil nicht in Besitz
genommen. Wir warten aber auf die Wiederkunft des
Herrn, um es in Besitz zu nehmen.
Teure Geschwister! wenn unsere Herzen wirklich fühlten,
daß Gott im Begriff steht, uns Christo glcichzuge-
stalten, wenn wir praktisch glaubten, daß Er uns als
„Brüder" dahin bringen will, wo „der Erstgeborene" bereits
ist, um dann bei Ihm und gleich Ihm zu sein — wie
ganz anders würden wir dann über die Welt denken!
Fürwahr, auch uns würde dann, gleich dem Apostel, die
Welt gekreuzigt sein, und wir der Welt. Wir würden, wie
er, „vollkommen" sein und nur ein Ziel im Auge haben.
(V. 45.)
Sollte ich mittlerweile sterben, bin ich doch „allezeit
gutes Mutes". Ich wünsche nicht zu sterben. Wenn
aber der Tod kommt, so kann er mein Vertrauen nicht erschüttern.
Ich gehe hin, um „ausheimisch von dem Leibe
und einheimisch bei dem Herrn" zu sein. „Vergessend was
dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist,
jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der
Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu."
280
Kragen aus dem Leserkreise
Man hat mir gesagt, daß es im Griechischen mehrere Wörter
für „lieben" oder „lieb haben" gebe, und daß Petrus in Joh. 27,
75—77 deshalb so traurig geworden sei, weil der Herr bei Seiner
dritten Frage ein anderes Wort gebraucht habe als vorher. Ist das
wohl richtig?
Es gibt im neutestamentlichen Griechisch zwei Wörter für „lieben".
Das erste: SAgpari, bezeichnet das Lieben als solches, gleichsam
als Äußerung des freien Willens, oder auch die aus Achtung
und Ehrfurcht entspringende Liebe. Dieses Wort wird deshalb (mit
vielleicht nur einer Ausnahme, Joh. 5, 20) immer gebraucht, wenn
von Gottes Liebe oder von unserer Liebe zu Gott die Rede ist, z. B.:
Also hat Gott die Welt geliebt — wir lieben, weil Er uns
zuerst geliebt hat — wer Gott liebt usw. Das zweite Wort:
pkulem, bezeichnet mehr die natürliche oder freundschaftliche Liebe,
die persönliche Hcrzensneigung zu jemand.
In der Elberfelder Bibel ist deshalb das erste der beiden Zeitwörter
(s^cipsn) immer mit lieben, das zweite (pliilem) immer mit
lieb haben übersetzt. In der vorliegenden Stelle (Joh. 27,
lS—l?) fragt der Herr zweimal: „Liebst du mich?", und Petrus
wagt nur zu antworten: „Herr, du weißt, daß ich dich lieb
hab e". Beim dritten Male nimmt der Herr das von Petrus gebrauchte
Wort auf und fragt: „Simon, Sohn Jonas', hast du
mich lieb?" Gewiß nicht von ungefähr. Er will wohl noch
tiefer in das Herz Seines Jüngers einschneiden und ihn daran erinnern,
daß seine Verleugnung nicht einmal eine persönliche Neigung
des Herzens, eine freundschaftliche Zuneigung zu Ihm bewiesen
habe. Wie ernst für Petrus! Aber obgleich das so ist, bleibt doch
wohl bestehen, daß die dreimalige Wiederholung der Frage das
wichtigste Moment hier ist: dreimal hatte Petrus seinen
Herrn verleugnet, und dreimal fragt der Herr. Aber da Petrus
das dritte Mal unter Verwünschungen und Schwüren gesagt hatte,
„daß er den Menschen nicht kenne", kann es wohl sein, daß der Herr
das dritte Mal auch,ernster betonend, fragen will: „Kannst du im
Rückblick auf das Vergangene wirklich sagen, daß du irgendwelche
persönliche Zuneigung zu mir geoffenbart hast?" Wie sehr das geeignet
war, das Herz des Jüngers bis in seine innersten Tiefen
aufzuwccken, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Er antwortet
deshalb auch: „Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich
lieb habe". Kein anderer als der Herzenskündiger hätte das erkennen
können.
,,Gedenke nun. . .
Der Herr wendet sich in den ersten Kapiteln
dec Offenbarung als Richter der Versammlung in anerkennender,
mahnender und warnender Weise an die sieben
Gemeinden in Asien, die uns bekanntlich ein prophetisches
Bild von der Kirche in ihrer Verantwortlichkeit hie-
nieden geben. Am Schluß Seiner Worte an die einzelnen
Versammlungen sagt Er jedesmal: „Wer ein Ohr
hat, höre was der Geist den Versammlungen sagt".
Seine Worte sind offenbar an die ganzen Versammlungen
gerichtet, aber das: „wer ein Ohr hat", sagt uns, daß hörende
Ohren des einzelnen notwendig sind. Naturgemäß
ist ja auch der Zustand einer Versammlung abhängig
von dem Zustand der einzelnen Gläubigen, aus welchen
sie besteht.
Gegenstand unserer heutigen Betrachtung seien einige
Worte aus dem Sendschreiben an die Versammlung in
Ephesus. Aus dem Inhalt des Briefes des Apostels Paulus
an die Epheser darf geschlossen werden, daß der Zustand
der Versammlung in Ephesus einmal recht gut war.
(Vergleiche dagegen die Briefe an die Korinther.) Aber
auch Paulus warnt und mahnt schon die Ältesten von
Ephesus, indem er sie mit ernsten Worten auf die Zeit
nach seinem Abschiede hinweist: „Denn ich weiß. .., daß
verderbliche Wölfe zu euch herein kommen werden, die
der Herde nicht schonen. Und aus euch selbst werden
Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, um die
Jünger abzuziehen hinter sich her." (Apstgsch. 20,29.30.)
282
Ob und inwieweit diese Worte des Apostels zur Zeit
des Sendschreibens schon in Erfüllung gegangen waren,
sagt die Schrift nicht, aber daß jene Dinge sich schon entwickelten,
ist deutlich erkennbar.
Zunächst hebt der Herr in Seinen Worten hervor,
waö Er in Ephesus anerkennt: „Ich kenne deine Werke
und deine Arbeit und dein Ausharren, und daß du Böse
nicht ertragen kannst". Auch findet Er Unterscheidungsvermögen
betreffs falscher Apostel, und ein unermüdliches
Ausharren und Tragen um Seines Namens willen. Eine
Reihe von Dingen also, die bezeugen, daß geistliche Kraft
vorhanden war, sowohl hinsichtlich der Trennung vom
Bösen als auch zum Tun des Guten; und die Worte: „Du
bist nicht müde geworden", deuten an, daß diese Kraft bis
dahin ungeschwächt vorhanden war. J'n dieser Hinsicht
lag also kein Grund zu Zurechtweisung und Mahnung
vor. Angesichts der vorhandenen rühmenswerten Eigenschaften
und besonders im Blick auf das Wort: „Du hast
getragen um meines Namens wille n", sollte man
annehmen, daß an dem Zustand der Versammlung in
Ephesus wirklich nichts zu tadeln war. Tatsächlich stand,
' soweit Menschen sehen konnten, alles gut: kostbare Früchte
waren Zeugen gedeihlichen Wachstums. Und doch folgt
den Worten der Anerkennung aus des Herrn Mund das
so ernste: „Aber ich habe wider dich!"
Beachten wir es wohl: die „Augen wie eine Feuer-
flamme" sind durchdringend, und „alles ist bloß und auf-
gedeckt vor den Augen Dessen, mit dem wir eö zu tun
haben". (Hebr. 4, tZ.) Der Herr sah trotz der schönen
und anerkennenswerten Früchte, die auch de: Mensch wahc-
nehmen konnte, daß die Herzen Seiner Geliebten Ihm
28Z
nicht mehr ganz gehörten, daß sie an Wärme und Zuneigung
eingebüßt hatten. „Aber ich habe wider dich, daß
du deine erste Liebe verlassen hast." Da waren
nicht böse Dinge in Wandel oder Lehre, da war nicht Trägheit
und Ermüdung, aber eine Abkühlung machte sich bemerkbar,
ein langsames Sichabwenden der Herzen, das E r
allein wahrnahm, der begründeten Rechtsanspruch auf ein
ungeteiltes Herz hat.
Wer ein Ohr hat, höre —: „Ich habe wider dich, daß
du deine erste Liebe verlassen hast". Der Herr begegnet
einem jeden da, wo er ist. Es ist Gnade, daß Er
es tut. Er hat uns gesucht, als wir verloren waren, und
Er geht den Seinen nach und redet zu ihren Herzen, wo
Er sie findet. Auch dieses ernste Wort gilt jedem, der ein
Ohr hat. Gibt es uns nicht Anlaß anzuerkennen, daß es
für manche Stunde, manchen Tag, vielleicht sogar für längere
Zeiträume des hinter uns liegenden Lebens unseren
persönlichen Zustand kennzeichnet? Wenn das aber zptrifft,
ja, wenn dieses Wort gar dem gegenwärtigen, dem heutigen
Zustand eines Herzens angemessen sein sollte (der
Herr kennt und beurteilt das Herz), so ist es sicherlich
Zeit, auf die weiteren Worte des Herzenskenners zu
hören: „Gedenke nun, wovon du gefallen bist,
und tue Buße".
Welch ein Ernst liegt in diesen Worten! Und der
Ernst der Lage und der Worte wird umso deutlicher, wenn
wir sehen, wer es ist, der redet. Es ist Derselbe (wenn
auch in besonderem Charakter), von dem es heißt, daß
Er „die Versammlung geliebt und sich selbst für sie hin-
gegeben hat..., auf daß Er die Versammlung sich selbst
verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder
284
etwas dergleichen habe, sondern daß sie heilig und tadellos
sei". (Eph. 5, 25—27.) Es handelt sich um die, welche
ihrem Bekenntnis nach Sein Weib, Seine Brau t sind.
Ihnen gelten die ernsten Worte: „Gedenke nun, wovon
du gefallen bist".
Wo lag das „zwiefach Böse", das Jehova einst dem
irdischen Volke Seiner Gnadenwahl vorhalten mußte? Er
selbst sagt es: „Mich, den Born lebendigen Wassers, haben
sie verlassen, um sich Zisternen auözuhauen, geborstene
Zisternen, die kein Wasser halten". (Jer. 2, !Z.)
„Verlassen", dasselbe Wort wie in dem Sendschreiben an
Ephesus. Damit begann der Weg, auf welchem das geliebte
Volk bis zu dem Zustand eines verworfenen Weibes
hinabsank. Und dieses Sinken wurde nicht aufgehalten
trotz so mancher: „Gedenke nun!" oder: „Kehre um zu
mir, abtrünniges Volk!" die der ewig treue Gott in unwandelbarer
Liebe diesem treulosen Volke zurufen ließ.
An dem Wege Israels ist zu sehen, wohin es führt,
wenn das Herz sich von Dem abwendet, der mit „ewiger
Liebe" liebt, wenn eö seine erste Liebe verläßt. Doch
sehen wir zu, ob die Gemeinde, die Versammlung, an die
der Herr Seine mahnenden Worte richtet, sie gehört und beachtet
hat; ob sie besser gehandelt hat als Israel. Was finden
wir in dem letzten Sendschreiben? Einen Zustand, der
sich kennzeichnete durch das Wort: „Ich bin reich und bin
reich geworden und bedarf nichts", und sich bald mit einem
Verleugnen des Gebieters und Herrn Jesus Christus, ja,
schließlich mit der offenbaren Auflehnung gegen Ihn, mit
Antichristentum verbinden sollte! Alle diese Erscheinungen
sehen wir heute inmitten derer, die sich nach dem Namen
unseres Herrn nennen. Das zeigt uns, daß Seine Mah
285
nung: „Tue Buße!" nicht beachtet worden ist, daß vielmehr
die Kirche ebenso treulos und verwerflich gehandelt
hat und handelt wie Israel vor alters.
„W er ein Ohr hat, höre, was der Geist
den Versammlungen sagt." Was sagt Er? „Gedenke nun,
wovon du gefallen bist, und tue Buße." Die Gesamtheit
verschließt der Mahnung ihr Ohr. Der Herr wendet sich
an den einzelnen. O daß Ohren da wären, um zu
hören! Sind nicht Beweise genug vorhanden, daß selbst
unter denen, die des Herrn Eigentum zu sein bekennen,
gar oft ein Zustand sich entwickelt, der deutlich bekundet,
daß Sein: „Ich habe wider dich..." längst begründet
war? Bezeugen nicht manche Erscheinungen in unserer
Mitte, daß, ehe sie unö offenbar wurden, der Herzenskenner
längst das Verlassen der ersten Liebe hat wahrnehmen
müssen? Doch Er ruft: „Gedenke nun!" Er sagt es
jedem, der ein Ohr hat. Er sehnt sich nach den Herzenszuneigungen
Seiner Geliebten. Nicht große Worte, viel
Geschäftigkeit, Geld und Gut will Er von uns; nein,
Liebe möchte Er sehen, Liebe zu Ihm, der uns geliebt und
sich selbst für uns hingegeben hat. Er erkennt bereitwillig
jedes Tun an. Wenn aber die innige Herzenszuneigung zu
Ihm das Tun nicht weiht, dann fehlt Ihm alles, denn
Er braucht unser Tun nicht. Es ist dann „nichts nütze".
(1. Kor. r3, Z.)
Doch Sein Mahnen: „Gedenke nun. . . und tue
Buße", zeigt uns Sein Herz, Seinen Wunsch und Willen
für Seine Geliebten. Da ist kein Vorwurf, kein Abweisen.
Nein, da ist ein: „Kehre um zu mir!" Höre es jeder, der
ein Ohr hat: „Tue Buße! Kehre um, wenn dein Herz
sich abgewendet hat von dem Born lebendigen Wassers und
28b
du.an geborstenen Zisternen durstend liegst." Was der
Herr von dir wünschst ist dein Herz, deine Zuneigung,
deine Liebe. Ist Er ihrer nicht wert? „Ganz
gewiß!" wird jeder sagen, der Ihn kennt. Und doch, wo
findet Er Herzen, die Ihm ganz gehören, bei denen
sichtbarist, daß sie Jesum lieben?
Hier könnte gefragt werden, ob denn die Liebe eines
Herzens zum Herrn auch für Menschen sichtbar sei. —
Ja, sie ist sichtbar. Gewiß wird der Herr als der Her-
zenökenner auch in dieser Hinsicht manches wahrnehmen,
was für Menschen verborgen bleibt. W i r sind keine Her-
zenskündiger. Aber der Herr selbst hat gesagt: „Wenn
jemand mich liebst so wird er mein Wort halten". Er
sieht aus den Grund; unö aber sagt Er: „An ihren Früchten
werdet ihr sie erkennen".
Sind wir nicht oft durch Not gezwungen und überführt
worden, zu erkennen, daß Leere und Dürre bei uns
war, weil wir anderswo lagerten, als an dem Born lebendigen
Wassers? Kann der Herr von dir und mir sagen:
„Er (sie) hat ein gutes Werk an mir getan... Er (sie) hat
getan, was er (sie) vermochte"? Dieses Wort geht
weit. Nur ein Herz, das ganz dem Herrn gehört, geht
bis an die Grenze dessen, was es vermag. Aber wo Er
ein solches findet, da erkennt Er völlig an, daß es tat,
was es vermochte. Und Er allein kennt den wahren Wert
der Dinge. Er weiß das „gute Werk an Ihm" als solches
zu schätzen, auch wenn eö Menschen anders beurteilen, wie
es z. B. im Falle der Maria geschah.
„Tue die ersten Werke." Waren denn die in Ephesus
vorhandenen Werke, die doch als Zeichen eines gesun
287
den Zustandes von uns gewertet werden müssen, noch nicht
ausreichend? Der Herr erkennt sie völlig an. Sie waren
Ihm keineswegs wertlos. Er erkennt an, daß man „um
Seines Namens willen" etwas auf sich genommen, getragen
hatte und nicht müde geworden war. Aber es waren
nicht die ersten Werke, nicht das Ergebnis der ersten
Liebe. Nicht daß sie deshalb wertlos geworden wären;
nein, als die sichtbare Frucht göttlichen Lebens waren sie
von Gott gewirkt und Ihm angenehm. Aber es waren
nicht mehr die ersten Werke, die Auswirkungen und
Ausflüsse von Herzen, die in der ersten Liebe brannten,
Werke, durch die Er erquickt wurde, die nur für Ihn
geschahen, die gleichsam Ihm und Ihm allein zugute
kamen. „Ein gutes Werk an mir" nennt Er Marias
Tun. Es kam aus einem Herzen, das Jesum und Jesum
allein wert erachtete für die Verwendung und den Genus;
der echten, kostbaren Salbe. Die Armen bedienen ist sicherlich
ein gutes Werk, und der Herr will, daß es geschieht;
aber „ein gutes Werk an m i r" ist etwas anderes.
Wo sind heute, möchte man fragen, die Werke, die
der Herr so bezeichnen kann? Der Herr ist der Beurteiler
dieser Dinge, und es steht Menschen nicht an, über
etwas zu urteilen, was Er allein richtig einzuschätzen
vermag. Aber im Blick auf Sein: „Wenn jemand mich
liebt, so wird er mein Wort halten", bleibt uns doch wohl
nur daö Bekenntnis übrig: „Wie oft, Herr, haben wir
dein Wort nicht gehalten, bewahrt und geschätzt, wie es
ein Herz tut, das dich liebt"! Und es bleibt auch bestehen,
daß der Beweis der Liebe zu Ihm dadurch erbracht
wird, daß wir Sein Wort halten. Gehen wir an
diesem Wort unseres Herrn nicht vorüber, damit Er nicht
288
genötigt sei, auch uns zuzurufen: „Ich habe wider dich,
daß du deine erste Liebe verlassen hast".
Deine und meine erste Liebe mag an Frische und
Kraft weit hinter der ersten Liebe der Gläubigen in Ephesus
zurückgeblieben sein — wir leben in einer Aeit kleiner
Dinge und kleiner Kraft — aber doch bleibt die Sache
g r u n d sä tz li ch die gleiche. Und wenn wir sagen müssen:
„Mein Herz schlägt nicht mehr so warm für Jesum wie
im Anfang meines Weges", wenn unser heutiger Herzenszustand
beweist, daß wir unsere erste Liebe verlassen
haben, so heißt eö heute zu uns: „Gedenke nun, wovon
du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke".
Umkehr vom Abweg und Beugung vor dem Herrn
sind notwendige Dinge, um in Seiner Gegenwart und
Gemeinschaft zu leben. Es gibt keine Gemeinschaft
mit dem Herrn ohne wahres Selbstgericht. „Ein jeder
prüfe sich selbst", wird uns zugerufen, wenn es sich darum
handelt, den Platz einzunehmen, wo wir in besonderer
Weise der Gemeinschaft mit Christo, unserem Herrn, Ausdruck
geben. Wie könnte es anders sein? Selbstgericht ist
immer, selbst imbesten Falle, notwendig. Wieviel mehr,
wenn jemand, durch das Wort überführt, sehen muß, daß
er aus der Nähe des Herrn gewichen ist, daß andere Dinge
Seinen Platz im Herzen eingenommen haben.
Möchten doch Seine ernsten Worte an Seine Geliebten
nicht ungehört und wirkungslos verhallen! Möchten
offene Ohren und Herzen sie aufnehmen, damit Willigkeit
zur Beugung und Buße in uns gefunden werde! Wie ernst
ist das Wort: „Wenn du nicht Buße tust, werde ich
deinen Leuchter aus seiner Stelle wegrücken"!
28Y
Am Ende des Buches der Offenbarung ertönt die
feierliche Ankündigung: „Siehe, ich komme bald und mein
Lohn mit mir, ury einem jeden zu vergelten, wie sein Werk
sein wird". „Die Zeit ist nahe." Bald werden wir Ihn
sehen, wie Er ist. Jeder aber, „der diese Hoffnung zu
Ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist".
Noch einmal denn:
„Wer ein Ohr hat, höre was der Geist
den Versammlungen sagt!"
Eln<r Schrift von Elia, dem Propheten
la. LhronikÄ 2l, l2.j
Das Leben des Königs Joram, des Sohnes Josaphats,
war völlig verfehlt. Sein Tun mißfiel dem Herrn.
Auch die Liebe seines Volkes erwarb er sich nicht, wie die
Unterlassung der üblichen Ehren bei seinem Begräbnis
zeigt. (V. üy.) Er schied aus dem Leben, ohne irgendeine
Segensspur zu hinterlassen, „ging hin, ohne v e r -
mißt zu werde n". Eine kürzere, ergreifendere Grabschrift
könnte es wohl nicht geben.
Wo lag denn die Ursache seines verfehlten Lebens?
Die Worte: „denn er hatte eine Tochter Ahabö zum
Weibe", zeigen sie uns. Da wird, wiederum in knapper,
schlagender Form, der tiefste Grund des Übels vor unseren
Augen bloßgelegt. Bei seiner Verheiratung hatte Joram
sich nicht nach dem Willen Gottes gerichtet, sondern war
fleischlichen und politischen Rücksichten gefolgt. Sein Tun
kennzeichnete seinen inneren Zustand. Es mochte ihm gewiß
klug scheinen, den häufigen Zwist zwischen Juda und
Israel durch die Vermählung mit einer Tochter Ahabs
290
zu beseitigen. Doch wenn er den gottlosen Zustand und
Einfluß des Hauses Ahabs in Betracht gezogen hätte, so
wäre seine Wahl gewiß anders ausgefallen. Mochte die
Tochter Ahabs noch so viel äußere Vorzüge und irdischen
Besitz mit in die Ehe bringen, an innerer Schönheit und
himmlischen Schätzen war sie völlig arm. (Vergl. I.Petr.
3, 3—6.) Joram stürzte sich ins Unglück, als er diese
Ahabstochter zur Lebensgefährtin wählte. Sie brachte den
falschen Geist und die gottlosen Sitten ihres väterlichen
Hauses mit in die Ehe. Vornehmlich ihrem Einfluß war,
wie das Wort uns zeigt, der Abfall des Königs von Jehova
und sein Iurücksinken in den heidnischen Götzendienst
zuzuschreiben.
Wie kann doch eine Gattin göttliche und ungöttliche
Luft in einem Hause verbreiten! Wie kann sie ihrem
Manne eine Hilfe zur Seligkeit, aber auch ein Fallstrick
sein! Jorams Verheiratung mit ihren unglücklichen Folgen
sollte allen zur Warnung dienen, die in Gefahr stehen,
leichtsinnig einen Lebensbund einzugehen.
Ob Elia den Anfang von Jorams Sündenweg noch
miterlebt hat, wie einige Ausleger meinen, oder ob ihm die
Sünde des Königs im voraus geoffenbart wurde, wird
uns nicht berichtet. Aber Tatsache ist, daß die Schrift von
Elia, dem Propheten, zur rechten Stunde an den König
gelangte. Nie wunderbar! Gott kann alles so fügen, daß
das Wort, das Er Seinen Knechten gibt, zur rechten
Stunde ans Licht kommt.
Elias Schrift hält dem gottlosen König in besonderer
Weise drei Sünden vor Augen:
t) Das Verlassen des Weges seines gottesfürchtigen
Vaters und Großvaters: „Darum daß du nicht auf
29r
den Wegen deines Vaters Josaphat und auf den Wegen
Asas, des Königs von Juda, gewandelt hast". Dieses Wort
zeigt uns, daß die Söhne aus gläubigen Häusern vielfach
eine zwiefache Verantwortung tragen, wenn sie den guten
Weg verlassen, auf den sie geführt worden sind.
2) Die Verführung Judas zur Hurerei, d. h.
zum Verlassen des mit Gott geschlossenen Bundes, der
einer geistlichen Ehe gleicht. Welch ein ernstes Ding ist
cs doch um den Einfluß, den unser Wort und Wandel auf
andere ausüben, vor allem wenn wir eine Stellung einnehmen,
die unö in irgend einer Weise Ansehen und Gewicht
verleiht.
Z) Die Ermordung seiner jüngeren Brüder, die
Joram bei seiner Thronbesteigung nach der im Morgenland
häufiger vorkommenden grausamen Sitte hatte umbringen
lassen, damit seiner Herrschaft von keiner Seite
her die Gefahr eines Nebenbuhlers erwachse. Diese entsetzliche
Tat war eine Befestigung seiner Machtstellung mit
ungöttlichen Mitteln. Welch ein Fluch ruht doch auf einer
rücksichtslosen und selbstsüchtigen Handlungsweise, die
nichts danach fragt, ob andere zugrunde gehen, wenn nur
die eigenen Ziele erreicht werden!
Hüten wir uns vor dieser dreifachen Sünde Joramö,
die sich auch in unserem Leben in allerlei Formen wiederholen
kann, damit sein Gericht nicht daö unsere werde!
EliaS Schrift spricht von der dreifachen Sünde
Jorams. Dann aber kündigt sie als Strafe auch ein dreifaches
Gericht an. Zunächst an seinem Volke, dann an
seiner Familie und seinem Besitz, und schließlich an seiner
eigenen Person. Alles traf genau ein:
Zuerst bekam Joram die Strafe Gottes in seinem
242
Beruf als Oberhauptdes Volkes zu fühlen. Gott
schlug sein Land durch den feindlichen Einfall der Philister
und Araber. (V. 16.) Raubgierige Feinde können
ein Straf- und Juchtmittel Gottes sein. Es gilt in solchem
Falle nicht die Feinde, welche den Streit beginnen, zu
schelten, sondern die Sünde im eigenen Leben und Hause
zu erkennen.
Dann sollte er in seiner Familiedie Heimsuchung
Gottes für seine Sünde erfahren. Die Gegner beraubten
den königlichen Palast und führten die Weiber und Söhne
des Königs bis auf den jüngsten in die Gefangenschaft.
Wir lernen hier: Wer von Gott abfällt, bringt gewöhnlich
auch auf seine ganze Familie Fluch und Gericht. Wie
manches Haus hat schon unter dem gottlosen Wandel des
Vaters oder der Mutter gelittenl
Hier ist leider einzuschalten, daß selbst der sonst so
gottesfürchtige Josaphat seinem Sohne in mehrfacher Beziehung
kein gutes Vorbild gewesen war. Abgesehen davon,
daß eö im Anfang des 1.8. Kapitels von ihm heißt:
„er verschwägerte sich mit Ahab" — d. h. also, er billigte
oder verhinderte doch nicht die Verbindung seines Sohnes
mit der Tochter Ahabs —, ging er ein politisches Bündnis
mit diesem gottlosen Manne ein, und kurz vor seinem
Ende verband er sich mit dessen Sohn Ahasja, „Schiffe
zu bauen, um nach Tarsis zu fahren". (Kap. 20, ZS
bis 37.) Gottes Züchtigungen blieben in beiden Fällen
nicht aus, aber das böse Beispiel war gegeben.
Drittens traf Joram die göttliche Zuchtrute am empfindlichsten
an seiner eigenen Person. Eine unheilbare,
schmerzliche Unterleibskrankheit, die zwei Jahre lang
dauerte, bereitete ihm einen qualvollen Tod. Dabei konnte
2Y3
er sich nicht einmal in seiner Krankheit der Liebe und des
Mitleids seines Volkes getrösten. (V. 1.9.) Nicht jede
Krankheit ist eine Folge von Sünde wie bei Joram (Joh.
9, Z); doch ist manche gebrochene Gesundheit zurückzuführen
auf das Verlassen der göttlichen Bahnen, besonders
im Gebiet der Mäßigkeit und Keuschheit. So starb dec
Mann, der schon in seiner Kindheit von einem gläubigen
Vater und Großvater den richtigen Weg kennen gelernt
hatte.
Gott bewahre uns vor Jorams Sünde und vor Jo-
ramö Gericht!
„Nicht von der Vt>el1"
Was für eine wunderbare Wahrheit ist es, daß ein
Mensch zur Rechten Gottes sitzt! Weil Christus als
Mensch und durch Sein Sterben Gott vollkommen verherrlicht
hat, hat Gott Ihn aus den Toten auferweckt
und Ihn zu Seiner Rechten gesetzt. Als Folge davon ist
der Heilige Geist herniedergekommen und hat in uns Wohnung
gemacht, sodaß wir, obgleich noch nicht dem Leibe
nach im Himmel, dennoch mit Christo und dem, was
droben ist, vereinigt sind. Dort ist die Stätte, wo wir nach
Herz und Sinn sein sollen, weil Er sich dort befindet, an
den wir geglaubt haben. (Phil. Z, 14—20; Kol. 3, 1—4.)
Er wird wiederkommen, um unsere Leiber Seinem verherrlichten
Leibe gleichförmig zu machen, aber für die Gegenwart
verbindet uns der Heilige Geist mit dem Orte,
wo Christus ist.
Gott hat „uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung
in den himmlischen Ortern in Christo". Wir sind.
294
wie gesagt, noch nicht tatsächlich dort, aber das ist Gottes
Gedanke in Bezug auf uns. Die den Juden verheißenen
irdischen Segnungen werden zur bestimmten Zeit unter
der Herrschaft Christi ihnen gegeben werden; unser aber
sind „geistliche Segnungen" in „himmlischen
Ortern", „in Christo" selbst, und unsere gegenwärtige
Verbindung mit diesen Segnungen besteht durch den Heiligen
Geist.
In den Versen 4 und 5 von Epheser t. werden uns
zwei Seiten dieser geistlichen Segnungen vorgestellt, und
zwar in Verbindung mit dem Gott und mit dem V a -
ter unseres Herrn Jesus Christus, indem zwischen Ihm
als Mensch und als Sohn unterschieden wird. Gott wird
„der Gott" unseres Herrn Jesus Christus genannt, wo
dieser als Mensch betrachtet wird, und „der Vater", wo
Er als Sohn hervortritt. Der verherrlichte M e n s ch zur
Rechten Gottes ist Gottes Sohn.
Aus dieser Tatsache ergeben sich Folgen von unermeßlicher
Tragweite, die unsere gegenwärtige Segnung und die
zukünftige Herrlichkeit des Sohnes des Menschen in sich
schließen.
In den beiden genannten Versen wird uns zunächst
gesagt, daß Gott uns „vor Grundlegung der Welt" auserwählt
habe. Darin zeigt sich sowohl die Unumschränktheit
Seiner Gnade (denn gesetzt den Fall, daß Er uns jetzt
auserwählte, wäre das genau so gut eine Handlung Seines
freien Willens, wie sie es damals war), als auch die praktische
Wahrheit, daß wir gar nicht zu der Welt gehören.
Schon vor ihrer Grundlegung wurden wir auserwählt,
heilig und tadellos zu sein vor Ihm in Liebe. Gott wollte
unö in diese selige Verbindung mit Ihm bringen, die uns
245
von der Welt völlig absondert. Das einzige, was wir im
Blick auf sie zu tun haben, ist, „unbefleckt" durch sie hindurchzugehen.
Unser Platz war von Gott bestimmt, ehe die
Welt geschaffen war. Es war Sein Gedanke, sich in Christo
ein Volk zu bilden, „heilig und tadellos in Liebe". Gott
ist Licht und Liebe, und so stellt Er uns dementsprechend vor
sich hin. Wir sind jetzt vor Gott als dem unendlichen Gegenstand
unserer Herzen, und als Teilhaber der göttlichen
Natur können wir Ihn genießen. Wir sind noch nicht aus
der Welt weggenommen. Noch sind wir hier, um in den
verschiedenen Verhältnissen und Pflichten, in denen wir
stehen, Gott zu verherrlichen und durch Seine Wege mit
unö mancherlei zu lernen. Wohl „in der Welt", aber „nicht
von der Welt" (Joh. 77, 77—74), sind wir berufen, in
ihr zu wandeln, wie Christus, der Heilige und Tadellose,
vor Gott in ihr gewandelt hat.
Das also ist es, was der Gott unseres Herrn Jesus
Christus für uns zuvorbedacht hat.
In Vers 5 haben wir dann den Vate r. Gott hätte
uns zu Dienern machen können, wie die Engel es sind, aber
das war nicht Sein Wille in Bezug auf uns. Nein, „Er
hat uns zuvorbestimmt zur Sohnschaft durch Jesum
Christum für sich selbst". Er hat uns nicht nur als
Gott vor sich hingestellt, sondern Er hat uns auch als
Vater für sich zuvorbestimmt, hat uns mit sich selbst in
Verwandtschaft gebracht. Dieses wunderbare Teil wird in
diesem Verse besonders hervorgehoben.
„Heilig und tadellos." Gott hätte nicht Wesen in
sündhaftem Zustand in Seiner Gegenwart haben können.
Darum wird in Verbindung hiermit auch nicht gesagt:
„nach dem Wohlgefallen Seines Willens". Dieser Auö-
— 296 —
druck bezieht sich auf unser Verhältnis zu Ihm. Es
gefiel Ihm, uns zu Seinen Söhnen zu machen. Wir
sind „in Liebe" vor Ihm, und zwar geliebt als Kinde r.
Nach dem Wohlgefallen Seines Willens sind wir in dieses
Verhältnis gebracht, und, Seiner eigenen Natur entsprechend
— denn Er ist Liebe — stehen wir vor Ihm. Keine
Wolke ist zwischen Ihm und uns. Wir sind ja „begnadigt
(oder annehmlich gemacht) in dem Geliebten"! So
bezeichnet Gott Christum hier, um uns den vollen Charakter
unserer seligen Stellung in Seiner Gegenwart wissen
zu lassen.
Das also ist der Vorsatz Gottes. Es wird an dieser
Stelle nicht gesagt, wieviel davon schon ausgeführt ist;
er wird nicht eher zu seinem vollen Austrag gelangen, als
bis wir in die Herrlichkeit eingeführt sind. Was tatsächlich
schon vollendet ist und wodurch wir schon heute diese Dinge
im Geiste genießen können, wird uns am Ende des Kapitels
gesagt. Dort lesen wir, daß Gott Christum aus den
Toten auferweckt und Ihn zu Seiner Rechten gesetzt hat
in den himmlischen Ortern. (V. 20.) Das ist eine vollbrachte
Sache.
„Nach der Wirksamkeit der Macht Seiner Stärke hat
Gott in dem Christus gewirkt." Auferweckt aus den Toten
sitzt Er jetzt als Mensch in der Herrlichkeit Gottes
droben.
Als Drittes lernen wir hier, daß der Heilige Geist
inzwischen herniedergekommen ist. Vor der endgültigen
Ausführung des Vorsatzes Gottes, sobald das Werk
in Christo vollendet war, sandte Gott den Heiligen Geist
hernieder, um alle diejenigen zu versiegel^ welche in Seinen
Vorsatz eingeschlossen sind. Zugleich ist der Geist „daö
2Y7
Unterpfand unseres Erbes". (V. 74.) Durch Ihn sind
wir jetzt fähig, Gottes Absichten in Bezug auf Christum
selbst zu verstehen. Gott hat Seine Gnade gegen uns überströmen
lassen, indem Er uns Seinen Vorsatz, das Geheimnis
Seines Willens, kundgetan hat, nämlich „alles
unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, daö
was in den Himmeln und das was auf der Erde ist".
(B. y. ro.)
War also in den ersten Versen unsere Berufung der
Gegenstand, hier ist die Rede von unserem Erbteil, einem
Erbteil „nach dem Rate Seines Willens". Welch eine
wunderbare Gnade, die armen Sündern solches schenkt!
Der Ratschluß wird, wie gesagt, nicht eher ausgeführt werden,
als bis Er kommt, in welchem wir das Erbteil erlangt
haben. Wir besitzen aber schon das Siegel, das Unterpfand
davon. Das was der Versiegelung vorausgehen
mußte, war der Glaube an das „Evangelium unseres
Heils". (V. 73. 74.) Dieses Evangelium, die frohe Botschaft
von Seinem vollendeten Werke, haben wir infolge
der Erhöhung Christi empfangen, und das „Siegel" des
Heiligen Geistes ist uns als „Unterpfand" dessen geworden,
was noch zukünftig ist.
Das ist unser kostbares Teil, während wir noch in
der Welt sind, wo wir durch die Jucht Gottes zwischen
Geist und Fleisch unterscheiden lernen. Diese Zeit unserer
Pilgerschaft gehört zwar nicht zu dem Vorsatz Gottes
in Bezug auf uns, aber Er geht in ihr Seine Wege mit
uns. Der Heilige Geist lehrt uns Christum erkennen, offenbart
uns unser Erbteil und gibt uns Zeugnis, daß wir
„Erben Gottes und Miterben Christi" sind. (Röm. 8.)
Er zeigt uns, wo unser Bürgerrecht ist, daß wir dem Him-
298
mel angehören und nicht dieser Erde. Wir lesen in
Sprüche 8 im Blick auf unseren Herrn: „Jehova besaß
mich im Anfang Seines Weges, vor Seinen Werken von
jeher,.. von Anbeginn, vor den Uranfängen der Erde.. da
war ich Schoßkind bei Ihm... und meine Wonne war bei
den Menschenkindern". So wurde Er ein Mensch, und
als solcher ist Er zurückgekehrt in die Herrlichkeit. Dorthin
folgen wir Ihm, unserem Vorläufer, nach.
Wie zeigt uns das alles, daß Gott uns in Seinen Gedanken
und Vorsätzen einen Platz ganz außerhalb der Welt
gegeben hat, sodaß wir, solange wir als Fremdlinge hie-
nieden weilen, uns von ihr unbefleckt zu erhalten haben.
Beachten wir es also: In unserer Auserwählung vor
Grundlegung der Welt zeigt sich nicht nur der unumschränkte
Wille Gottes, welcher tut, was Ihm gefällt,
sondern es geht auch aus ihr hervor, daß wir, als Christen,
gar nicht zu der Welt gehören. Wir sind „Briefe Christi"
und als solche berufen, obschon wir vielleicht dieser Berufung
schlecht nachkommen, den zweiten, himmlischen
Menschen zu offenbaren in einer Welt, die Ihn verworfen
hat.
Ser Golt dieser V>elt
Es gibt heutzutage viele Menschen, die nicht an das
Dasein des Teufels glauben. Sie gleichen darin den Saddu-
cäern, welche auch sagten, „eö gebe keine Auferstehung,
noch Engel, noch Geist". (Apstgsch. 23, 8.) Und doch
haben wir über den Teufel bestimmte, untrügliche Erklärungen
im Worte Gottes. Allerdings wird er uns darin
nicht als jene satyrmäßige Gestalt mit Hörnern, Schwanz
und Huf dargestellt, wie der Volksaberglaube ihn sich auö-
299
malt, nicht als das lächerliche Wesen, mit dem man Kinder
schreckt — auch nicht als ein theologischer Begriff,
als Einfluß, Kraft oder Grundsatz, nein, die Bibel stellt
die alte Schlange, welche Teufel (äiabolos, Griechisch)
Verleumder und Satan (Hebräisch) — Widersacher
genannt wird (Offbg. 12, 9), als ein mächtiges, imponierendes
Wesen voll Weisheit und List vor unsere Augen,
als das Haupt gewaltiger Geisterheere in der Luft, als
einen hohen Engelfürsten, vor dem jeder Spott und jede
Nichtachtung der Menschen verstummen muß. Seine übergroße
Macht wird auch im Briefe des Judas anerkannt,
wo wir gewarnt werden, „Herrschaft zu verachten und
Herrlichkeiten zu lästern", da selbst der Erzengel Michael
im Streite mit Satan um den Leichnam des Mose nicht
ein lästerndes Urteil über ihn zu fällen wagte, sondern
sich mit den strafenden Worten begnügte: „Der Herr
schelte dich!"
Dasselbe finden wir bei dem Gesicht des Propheten
Sacharja über den damaligen Hohenpriester Josua und
seine Bekleidung mit Feierkleidern. Auch da widersteht der
Engel Jehovas dem Satan mit dem Rufe: „Jehova schelte
dich, Satan!" (Sach. Z, 2.)
Weiter nennt ihn das Wort „den Fürsten der Welt"
(Joh. 1.4, 30) und „den Gott dieser Welt" (2. Kor. 4,4),
und der Herr Jesus bestreitet in Lukas 4, 5. 6 keineswegs,
daß ihm alle Reiche des Erdkreises und ihre Herrlichkeit
gehörten, und daß er diese geben könne, wem irgend er
wolle. Eine Lüge war es freilich, wenn er sagte: „mir
ist s i e üb e rg e b e n", denn er hatte sie geraubt.
Lesen wir dann noch die großartige Beschreibung Satans
unter dem Bilde des Königs von Tyrus in Hesekiel
— ZOO —
28, 12—19, so empfangen wir wahrlich einen anderen
Begriff vom Teufel, als wie er in dem Bewußtsein der
allermeisten Menschen lebt. Er, der durch unsere Sünde
zum Fürsten und Gott der Welt geworden ist, war vor
seinem Fall „das Bild der Vollendung, voll
von Weisheit und vollkommen an Sch blitz
e i t". Er war ein schirmender, gesalbter Cherub, der auf
Gottes heiligem Berge inmitten feuriger Steine wandelte
und vollkommen war in seinen Wegen.
Aber alle diese Vorzüge dienten nur zu seinem Verderben.
Sein Herz — so lesen wir — erhob sich ob seiner
Schönheit, er machte seine Weisheit zunichte wegen seines
Glanzes. Unrecht wurde an ihm gefunden, sein Inneres
wurde mit Gewalttat erfüllt, er sündigte. Er erhob sich
gegen Gott und wurde deshalb entweiht von dem Berge
Gottes hinweg. Er riß alle Engel, die ihm folgten, mit
in seinen Sturz hinein.
Das ist alles, was Gott uns über den Fall Satans,
der vor der Erschaffung des Menschen stattgefunden hat,
mitzuteilen für gut gehalten hat. Warum Gott ihm noch
seine Würdestellung im Himmel und seine Macht auf
der Erde gelassen hat, warum Er die Vollstreckung des Gerichts
an dem Empörer noch hinausschiebt, warum Er durch
ihn das Böse auf die Erde kommen ließ — über diese und
andere Fragen gibt uns das Wort Gottes keinen Aufschluß.
Wie es unsere Sache nicht ist, Zeit oder Zeiten zu wissen,
die Gott, der Vater, in Seine eigene Gewalt gesetzt
hat (Apstgsch. 1, 7), so gehören auch diese Fragen über
den Teufel „zu dem Verborgenen Jehovas, unseres Gottes",
und wir haben uns „mit dem Geoffenbarten" zu
301
unserem Nutzen zu begnügen. (Vergl. 5. Mose 29, 29.)
Wer in diese dem Menschengeist verborgenen Geheimnisse
Gottes einzudringen trachtet, folgt derselben sündhaften
Neigung, welche Adam und Eva zu Fall brachte. Satan
wußte aus eigener Erfahrung, daß es für ein Geschöpf,
sobald es seine Abhängigkeit von Gott aus dem Auge verliert,
keinen größeren Reiz geben kann, als aus eigenen
Kräften, im eigenen Wissen seinem Schöpfer gleich zu werden.
Daher reizte er unsere Stammeltern nicht mit dein
Versprechen sündiger Lust oder zügelloser Freiheit zum Abfall
von Gott, sondern er verhieß ihnen die Gottgleichheit
durch den Besitz der Erkenntnis des Guten und Bösen.
Wir sind im allgemeinen leicht geneigt, den Teufel als
den Urgrund aller Laster und Verbrechen aufzufassen, obgleich
wir im Worte wenig Anhalt dafür finden, daß er
den Menschen zum Begehen von Verbrechen, zu einem Leben
in Sünde und Lasterhaftigkeit anreizt. Nach dem Worte
ist es vielmehr das verderbte Fleisch, welches den Menschen
in die Sünde hineinkommen läßt. „Ein jeder aber
wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust fortgezogen
und gelockt wird." (Jak. t, 44.)
Daß Satan auf die sündige Natur des Menschen einwirkt,
um ihn im Tode festzuhalten, ist keine Frage; er
verführt und verblendet ihn, leitet ihn an zur Auflehnung
und Empörung gegen Gott, denn so ist er seiner Berits
sicher. Aber als Fürst dieser Welt ist es sein Hauptbestreben,
den Bestand seines Reiches dadurch zu sichern, daß
er das Menschengeschlecht an sich zu ziehen und aus dieser
seiner Welt „die beste aller Welten" zu machen sucht.
Und wenn wir sehen, wie die Welt bei all ihrem Elend
und ihrer Bosheit so geschickt und wunderbar organisiert
302
und geleitet ist, wie so viele sittliche Kräfte, wie Kultur,
Zivilisation und Menschenliebe, sie durchströmen, dann
müssen wir dem Fürsten der Welt zugestehen, daß erweise
für das Wohlergehen seines Reiches Sorge trägt.
Manche wahre Christen werden dadurch getäuscht.
Sie preisen mit vollem Munde die Fortschritte der menschlichen
Kultur und vergessen ganz, daß, ebenso wie im natürlichen
Menschen nichts Gutes wohnt (Röm. 7, 18)
und er völlig und unverbesserlich verderbt ist, auch in dieser
Welt nichts wahrhaft Gutes zu finden ist, ja „daß ihre
Werke böse sind". (Joh. 3, ly.) Wie der Mensch nicht
durch die religiöse Erziehung für die Gegenwart Gottes
passend gemacht werden kann, so hat auch dieWelt nichts
in sich, daö durch Kultur oder Religion zum Wohlgefallen
Gottes sich entwickeln könnte.
Satan weiß wohl, daß das neue göttliche Leben durch
den Heiligen Geist, mittelst des Wortes, mitgeteilt wird,
und daß dieses Wort den Menschen aus seinem Reiche
fortnimmt und an Den kettet, der ihn überwunden hat.
Daher seine stete Sorge, den Menschen, welchen das Evangelium
gepredigt wird, „das Wort von ihren Herzen wegzunehmen,
auf daß sie nicht glauben und errettet werden"
(Luk. 8, 12), oder „den Sinn der Ungläubigen zu verblenden,
damit ihnen nicht ausstrahle der Lichtglanz des
Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher daö
Bild Gottes ist". (2. Kor. 4, 4.) Wenn er es nur verhindern
kann, daß der Same der Wiedergeburt Wurzel fasse,
dann mag der Mensch sein Leben gestalten, wie er will;
wenn es ihm nur gelingt, das Wort des Lebens fernzuhalten,
dann ist es ihm ganz gleich, ob der Mensch sich der
Sünde hingibt oder sich der Moral oder irgend einer
30Z
menschlichen Religion befleißigt, ob er orthodox oder kirchlich
liberal lebt. Darum gibt er sich auch Mühe, den Sinn
der Menschen durch das, was in der Welt ist, Augenlust,
Fleischeslust und Hochmut des Lebens, zu berauschen.
Denn so hält er sie davon ab, dem Worte Gottes zu
lauschen, das ihnen klar und deutlich sagt, daß „die jetzigen
Himmel und die Erde für das Feuer behalten sind auf
den Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen
Menschen". (2. Petr. 3, 7.) —
Es kommt die Zeit, wo alle Macht Satans zu Ende
gehen wird, wo die Absichten, welche Gott mit Welt und
Menschen bei der Schöpfung hatte, ihre Erfüllung finden
werden in Christo, in welchem alle Verheißungen Gottes
Ja und Amen sind. (2. Kor. 7, 20.) Dann wird auch das
längst ausgesprochene Urteil an Satan vollstreckt werden.
Er wird an dem großen Tage der Verherrlichung Gottes
öffentlich bekennen müssen, daß dem Lamme alle Ehre
gebührt, und zitternd wird er seine Kniee vor Ihm beugen.
Sein schreckliches Ende wird sein in dem Feuer- und
Schwefelsee, wo er Tag und Nacht gepeinigt werden wird
von Ewigkeit zu Ewigkeit. „Und der Teufel wurde in den
Feuer- und Schwefelsee geworfen." (Offbg. 20, io.)
Damit ist seine Macht zu Ende. Er ist kein Höllen-
fürst, wie die Menschen ihn oft fälschlich nennen, sondern
der Elendeste der Elenden inmitten der gefallenen ,
Engel und der armen Menschen, die ihre Rettung versäumt
haben, und die dann ihrem früheren Gebieter Gesellschaft
leisten müssen in dem ewigen Feuer, das nicht
für sie, sondern für den Teufel und seine Engel von Gott
bereitet ist. (Vergl. Matth. 25, 41.)
304
Aus allen Briefen
E.—, 44. Juni 4863.
Geliebte Geschwister! Endlich komme ich dazu.
Euch einige Zeilen zu schreiben. Sehr oft habe ich mich
Eurer Liebe erinnert. Ich hoffe, daß es Euch und den
übrigen Familien, die ich dort im Herrn kennen gelernt
habe, gut geht. Es ist eine süße Erinnerung, wenn man
sich persönlich gesehen und kennen gelernt hat. Was wird
es erst sein, unseren geliebten Herrn von Angesicht zu Angesicht
zu sehen! Wenn wir Ihn kennten, wie Er ist und
wie Er uns liebt, würden wir es hier unten kaum noch aushalten
können. Unsere Sehnsucht würde größer, unser
Rufen: „Komm, Herr Jesus!" würde dringender werden,
und alles in der Welt würde feinen Reiz für uns verlieren.
.. Seine Liebe ist stärker als der Tod, und da jetzt
Sein Blut droben ist, ist der Eingang ins Heiligtum uns
für immer geöffnet. Nichts in Gott ist mehr gegen uns,
alles für uns... Möchten Eure Herzen auch immer eifrig
sein für alles, was Ihm wohlgefällt, besonders auch darin,
daß Ihr fleißig zusammenkommt, um Euch zu erbauen
und Seinen Tod zu verkündigen! Ja, laßt mich Euch
dringend bitten. Euer Zusammenkommen nicht zu versäumen,
nicht etwa um dort Gaben zu finden, sondern im
Vertrauen auf die Gegenwart des Herrn!
E.—, 49. Oktober 4874.
... Es gibt hier, wie Du weißt, viele Christen, ebenso
in der Umgegend; allein sie hangen sehr fest an alten Formen,
und daö Gewissen ist wenig tätig. Man liest viel
in alten Erbauungs- und Predigtbüchern, aber wenig im
Worte Gottes. Auch in den Zusammenkünften werden fast
305
ausschließlich Predigten vorgelesen. Das Bewußtsein, daß
es auch in dieser Beziehung eine persönliche Verantwortlichkeit
gibt, ist wenig vorhanden. Man nimmt unö freundlich
auf, ist aber zugleich sehr mißtrauisch gegen alles, was
wir sagen, mögen wir es auch noch so deutlich aus der
Schrift beweisen. Man stellt die eigenen Erfahrungen über
das Wort, und das, was bekannte menschliche Schreiber
sagen, gilt mehr als das, was unö die göttlichen Schreiber
überliefert haben. Eö bedarf deshalb einer besonderen Wirksamkeit
des Geistes Gottes, und unserseits vieler Geduld,
wenn die Seelen frei werden sollen. Vielleicht bekehrt Gott
hier auch neue Seelen, um dann durch sie die alten zu beleben
und frei zu machen. Es ist Sein Werk, und Er
wird es nach Seiner Weisheit ausführen. Er gebe unö nur
Gnade, uns in allem nach Seinen Gedanken zu verhalten!
Wir möchten gewöhnlich erstsehen und dann Mut
fassen. So erging es auch den Kindern Israel und selbst
Mose am Roten Meere. Aber was sagt Gott? „Was
schreiest du zu mir? Rede zu den Kindern Israel, daß
sie aufbrechen." (2. Mose 14, 15.) Aufbrechen,
wenn sie die Fluten des Todes noch vor sich sahen? Ja;
wie sie hindurchkamen, war Gottes Sache. Und siehe
da, Er bahnte einen Weg, sodaß sie trocknen Fußes mitten
durchs Meer ziehen konnten.
Auch wir möchten so gern Mut und Kraft aus dem
schöpfen, was wir sehen, statt allein aus dem Glauben und
aus dem Vertrauen aus den lebendigen Gott. Auch sind
wir so geneigt, die Kraft und die Wege Gottes nach den
bisherigen Erfahrungen zu beurteilen, als wäre Er nicht
imstande, auch einmal andere Wege einzuschlagen. Wieviel
Mühe hat doch unser gütiger Gott und Vater mit
— 30 b --
uns, bis wir alles eigene Denken und Planen aufgeben
und uns Seinem Willen völlig unterwerfen und Seiner
Führung uns rückhaltlos anvertrauen! Und doch hat Er
uns so vollkommen lieb und möchte, daß wir im Genuß
dieser Liebe „mehr als Überwinder" seien und mit glücklichen
Herzen durch alle Schwierigkeiten hindurchgehen.
Seine Wege sind gewiß die besten Wege, aber wir können
nur dann glücklich darauf sein, wenn unser Herz in Seiner
Liebe ruht.
Gedenke meiner und des Werkes hier in Deinen Gebeten!
D.—, 22. Februar t876.
... Das Wetter ist rauh und regnerisch, und ich bleibe
mit meinen niedrigen Schuhen fast in dem unergründlichen
Schmutz der durchweichten Wege stecken. Auch gestern
regnete es den ganzen Tag nur einmal. Man
hatte, im Blick aus das zwar große, aber sehr niedrige
Zimmer in R., wo am Abend Versammlung sein sollte,
den in den umliegenden Ortschaften wohnenden Geschwistern
geraten, zu Hause zu bleiben. Aber hatte jeder gedacht:
Bei dem Regenwetter werden so wenige kommen,
daß ich wohl gehen kann? — nicht nur war das Zimmer
bis zum Ersticken voll, sondern auch im Hausflur, auf der
Treppe und im oberen Stockwerk stand Mann an Mann,
und eine noch größere Zahl stand draußen vor dem Hause
und wich nicht. Da die Lampen infolge der schlechten Luft
auszugehen drohten, mußten die Fenster geöffnet werden.
So schallte das Lied, das zu Beginn gesungen wurde,
laut durch das ganze Dorf.
Während der Verkündigung des Wortes herrschte
drinnen und draußen die größte Stille. Es war keine kleine
Z07
Anstrengung für mich, in solcher Luft zu reden, und der
Schweiß floß in dicken Tropfen. Nach der Versammlung,
die um 7 Uhr begann, gingen die Unbekehrten nach Hause,
aber die Gläubigen wollten noch mehr hören, und wieder
war das Zimmer bis nach 70 Uhr gedrängt voll.
Lange Zeit hat an diesem Orte große Gleichgültigkeit
geherrscht, aber seit etwa zwei Monaten ist der Geist Gottes
hier wirksam gewesen. Manche sind errettet worden,
und auch gestern Abend fanden drei Seelen Frieden. Ein
53jähriger, sehr ehrbarer Mann kam nach hartem Kampf
endlich zum Glauben und wurde mit einemmal von solcher
Freude überschüttet, daß er seiner Frau, die er vom Fenster
aus kommen sah, aus dem Hause entgegenstürzte, ihr
auf offener Straße um den Hals fiel und mit dein Ruf:
„Ich hab'ö! Ich hab'ö!" sie herzhaft küßte. Dem Herrn
sei Dank für Seine große Gnade! Der Feind beginnt jetzt
auch sich zu regen, aber der Herr hat alles in Seiner Hand.
Luft, abzuscheiden. — Der Apostel Paulus schreibt an die
Philippcr das bekannte Wort: „Ich habe Lust, abzuscheiden und bei
Christo zu sein", und nennt es das „weit Bessere". Warum konnte er
io schreiben? Weil der Tod für einen Christen, dessen Leben Christus
ist, nicht ein Abschiednehmen, eine schmerzliche Trennung, sondern
eine freudige Begegnung bedeutet. Die in Jesu entschlafen, gehen zu
Ihm, und Gott wird sie bald „mit Ihm bringen". Freilich, wenn
ein Christ die irdischen Dinge mehr liebt als die Gegenwart Christi,
dann werden Trauer und Schmerz sein Sterbelager umgeben. Was
das Christentum vor allem kennzeichnet, ist die Tatsache, daß der Tod
zunichte gemacht ist. Der Stachel des Todes ist die Sünde, und die
Kraft der Sünde ist das Gesetz; aber der Christ ist in dem Tode Christi
beidem gestorben. Der Stachel des Todes ist also völlig gewichen.
Der Entschlafende weiß, wohin er geht, und kennt den Weg dahin.
Z08
V?i<r kurz ist doch die Lebenszeit!
Wie kurz ist doch die Lebenszeit
Im Hinblick auf die Ewigkeit,
Zu der wir Menschen reisen!
Sie gleicht dem Tropfen aus dem Meer,
Dem Stcrnlein in der Sterne Hecr,
Die um die Sonne kreisen.
Nichtig, flüchtig ist mein Leben, Sinnen, Streben
Hier auf Erden; alles muß zu Staube werden!
Zu Wochen reiht sich Tag an Tag,
Schnell folgt ein Jahr dem andern nach,
Mit Staunen ich sie zähle.
Bald steh' ich an des Grabes Rand,
Dann trennt der Tod das letzte Band
Und scheidet Leib und Seele.
Schrecklich, wenn ich, nicht geborgen, voller Sorgen
Müßt' hingehen, im Gericht vor Gott zu stehen!
Drum nütz' ich aus die kurze Frist;
Mein Leben viel zu kostbar ist,
Dom Glück der Welt zu träumen.
Wenn Gott so liebreich an mich denkt,
Sollt' ich die Gnade, die Er schenkt,
Mutwillig gar versäumen?
Nimmer! — Immer will ich bleiben fern vom Treiben,
Hasten, Nennen derer, welche Gott nicht kennen.
Wie herrlich ist des Christen Stand!
Er ist der Welt zwar unbekannt
Und bleibt es auch hienieden.
Gott ist mein Licht und meine Kraft,
Mein Trost in meiner Pilgerschaft,
Er leitet mich in Frieden.
Freundlich führt mich Gottes Gnade meine Pfade,
Siegesfreude gibt Er mir in allem Leide.
Was ich noch leb', leb' ich für Ibn,
Mag auch mein Leben schnell emflicbn,
Mir folget Heil und Segen.
Bald ist der letzte Schritt getan,
Ich gehe froh die steile Bahn
Dem Vaterhaus entgegen.
Ewig bin ich bald mit allen, die Gefallen
Dor Gott fanden, frei von allen Todesbanden.
H. K.
Gleichförmig
Das Wort „gleichförmig" oder „gleichgestaltet"
kommt im Neuen Testament fünfmal vor, zum erstenmal
in Röm. 8, 2y: „Denn welche Er (Gott) zuvorerkannt
hat, die hat Er auch zuvorbestimmt, dem Bilde
Seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit Er der
Erstgeborene sei unter vielen Brüdern".
Sieh da, mein Leser, den wunderbaren Rat Gottes!
Die Kinder, die Er berufen und gerechtfertigt hat, sollen
einmal dem Bilde Seines Sohnes, des zu Seiner Rechten
verherrlichten Menschen, gleichgestaltet werden. „Wie wir
das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir
auch das Bild des Himmlischen tragen." (1. Kor. 45,49.)
Welcher menschliche Geist vermöchte die Größe dieser Tatsache
auszumessen? Als solche, die Christus geheiligt hat,
und die Ec sich nicht schämt „Brüder" zu nennen (Hebr.
2, 44), werden wir. Sein Bild tragend, den „Erstgeborenen"
umringen, zu Seiner Verherrlichung und zur ewigen
Freude des Vaterherzens Gottes.
Auf welche Weise diese wunderbare Wandlung sich
vollziehen wird, zeigt uns, neben anderen Stellen, Phil.
3, 20. 24, wo wir lesen: „Denn unser Bürgertum ist in
den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus
als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit
umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem
Leibe der Herrlichkeit". Fleisch und Blut können das
Reich Gottes nicht ererben, die Verwesung nicht die Un
— 310 —
Verweslichkeit. Darum erwarten wir unseren Herrn als
Heiland auch für unseren Leib, oder wie der Apostel es
in Röm. 8, 23 ausdrückt: „wir erwarten die Sohnschaft,
die Erlösung unseres Leibes". Ob wir durch den
Tod gehen müssen oder bleiben dürfen, bis der Herr
kommt, denn „wir werden nicht alle entschlafen" — wir
müssen alle verwandelt werden, wenn anders Gottes
Plan mit uns zu seinem Ziele kommen soll. Um Christum
sehen zu können, „wie Er ist", müssen wir Ihm gleichgestaltet
werden.
Solang wir hienieden pilgern, haben wir das große
Vorrecht, Ihn, den Gott schon gesetzt hüt über die Werke
Seiner Hände, durch den Glauben zur Rechten Gottes
zu erblicken. Noch sehen wir Ihm zwar „nicht alles unterworfen,
wir sehen aber Jesum, der ein wenig unter
die Engel. . erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre
gekrönt". (Hebr. 2, 8. d.) In dem Leibe der Niedrigkeit,
mit unseren natürlichen Augen, ist es unmöglich,
den Verherrlichten anzuschauen. Als Johannes Ihn
auf Patmos in Seiner Herrlichkeit erblickte, fiel er wie
tot zu Seinen Füßen. Doch so wird es nicht bleiben. Dieser
arme, dem Tode und der Verweslichkeit unterworfene
Leib wird umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit
mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. Und wird einmal
Sein Bild in uns gesehen werden, dann wird alles, was
an das Bild „dessen von Staub" erinnert, für ewig verschwunden
sein. Welch ein Trost in den mancherlei Leiden
und Drangsalen der gegenwärtigen Zeit! Werden wir ihrer
dann nicht auch vergessen „wie vorübergeflossener Wasser"
und nur dessen gedenken, was Gottes Liebe und Treue in
ihnen für uns war und aus ihnen für uns gemacht hat?
— 3U —
Es ist indes gut, daran zu denken, daß selbst dann>
wenn wir Ihm gleich sein werden, doch ein großer Unterschied,
ein weiter Abstand zwischen Ihm und uns bestehen
bleibt. In Seiner göttlichen Person ist und bleibt Er ewig
„der E i n geborene vom Vater". In diesem Sinne werden
wir wohl Seine Herrlichkeit schauen, aber niemals teilen.
Obwohl Er viele Söhne zur Herrlichkeit bringt,
wird Er in dieser Beziehung doch immer allein bleiben.
Wie könnte es auch anders sein? Obwohl Kinder Gottes,
der göttlichen Natur teilhaftig gemacht, bleiben wir doch
immer, auch in der Herrlichkeit droben, nur Menschen.
E r ist Gott und Mensch meiner Person. Und selbst
als Mensch betrachtet, muß Er in allen Dingen den Vorrang
haben: Er ist der Sohn Gottes, wir sind Söhne,
Er ist das Haupt, wir sind Glieder, Er ist der Hohepriester,
wir sind Priester, Er ist der Erstg eborene
vieler Brüder, wir sind Brüder, Er ist der Christus, der
Gesalbte, wir sind Seine Genossen, Er ist der Erst -
ling der Entschlafenen, das Haupt der neuen Schöpfung,
der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten usw.
Auch wenn die Korhiter im 45. Psalm das Lied von dem
Geliebten singen, rufen sie der zur Rechten des Königs
stehenden Königin zu: „Er ist dein Herr: so huldige
Ihm!" So vollkommen und ungehindert der Genuß Seiner
Liebe im Himmel auch sein wird, niemals werden wir
daran denken, Ihn „Bruder" zu nennen. Immer wieder
werden wir uns anbetend vor Ihm niederbeugen und jubelnd
anerkennen, daß Er unser Herr ist.
Doch noch einmal fragen wir: W i e wird sich jene
wunderbare Wandlung, die Umgestaltung unseres Leibes
der Niedrigkeit zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der
312
Herrlichkeit, vollziehen? Hören wir, was der Apostel den
'Thessalonichern über dieses „Geheimnis" mitteilt: „Dieses
sagen wir euch imWortedesHerrn" — Paulus
redet hier also als der treue „Verwalter der Geheimnisse
Gottes" (1. Kor. 4, 1) — „daß wir, die Lebenden, die
übrigbleiben bis zur Ankunft des Herrn, den Entschlafenen
keineswegs zuvorkommen werden. Denn der Herr selbst
wird mit gebietendem Zuruf. . . herniederkommen vom
Himmel, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen;
danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben,
zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem Herrn
entgegen in die Luft; und also werden wir allezeit bei dem
Herrn sein." (4. Thess. 4, 15—17.)
Ohne auf die schon oft besprochenen Einzelheiten dieses
Kommens des Herrn für Seine Heiligen einzugehen,
möchte ich nur darauf Hinweisen, daß die Begegnung der
auferweckten oder lebend verwandelten Erlösten mit ihrem
Herrn, die Begegnung der Braut mit dem Bräutigam,
„in der Luft", d. h. also nach dem Verlassen der Erde
und aller ihrer Dinge und vor der Einführung ins Vaterhaus
droben, gleichsam in tiefer Zurückgezogenheit, in
heiliger Stille, vor sich gehen wird. Da, wo nichts, auch
nicht die Herrlichkeit des Himmels, Auge und Herz von
Ihm, dem kommenden Herrn, ablenken kann, werden
wir zum erstenmal Ihn sehen, der uns geliebt und sich
selbst für uns hingegeben hat, Ihm ins Auge schauen, an
den wir geglaubt haben, und den wir lieben. Wie wird jedes
Herz Ihm dann entgegenschlagen und jeder Mund frohlockend
Seinen Namen preisen! Mehr noch: Mit welch
einer zärtlichen Liebe und innigen Freude wird Sein Auge
auf allen denen ruhen, die der Vater Ihm als Frucht der
zrz
Mühsal Seiner Seele gegeben hat, und die nun zum erstenmal
alle miteinander, in einem Sinn und Geist,
Ihn umringen werden, dessen Hände und Füße noch die
Male der Wunden tragen, die man Ihm einst geschlagen
hat! (Sach, rz, 6.) „Und also werden wir allezeit
bei dem Herrn sein."
Das sind Dinge, die uns allen längst bekannt sind;
und doch, wie gut und nötig ist es, immer wieder „einander
mit diesen Worten zu ermuntern"! Wie leicht vergessen
wir sie! Wie rasch verlieren sie ihre Kraft, wenn das Auge
nicht auf Jesum gerichtet bleibt! Bei Paulus war es freilich
anders. „I h n zu gewinnen und in I h m erfunden zu
werden", der durch Leiden und Tod Seinen Platz zur Rechten
Gottes erreicht hatte, das war Sein stetes Sehnen.
Er hatte das Ziel noch nicht erreicht, den Kampfpreis der
Berufung noch nicht erlangt, aber er wußte, daß er von
Christo dazu ergriffen war, und so streckte er sich, alles'andere
vergessend, nach dem aus, was vor ihm lag. Sollte
sein Leib dereinst umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit
mit dem Leibe der Herrlichkeit Christi, so begehrte er jetzt
schon, in der Zeit Seiner Verwerfung, Ihm in jeder Beziehung
gleich zu werden. Glücklicher Mann! Wollen wir
nicht mehr als bisher seine „Nachahmer" werden?
Die herrliche Person, die Paulus auf dem Wege nach
Damaskus kennen gelernt hatte, füllte sein Denken und
Sinnen so völlig aus, erregte so seine Bewunderung und
dankbare Liebe, daß ihn innig danach verlangte, denselben
Weg geführt zu werden, den Jesus gegangen war. Die Gemeinschaft
Seiner Leiden (selbstverständlich nicht der sühnenden
Leiden) kennen zu lernen und Seinem Tode
„gleichgestaltet" zu werden, war das heiße Begehren seines
314
Herzens. Auf diesem Wege, Christo gleich, wünschte er
zur Auferstehung aus den Toten zu gelangen. So jagte
er denn, das Ziel unverrückt im Auge behaltend, wie ein
Wettläufer eilend vorwärts.
Paulus hat, wie er selbst erzählt, den Herrn Jesus
zweimal gesehen, einmal bei seiner Bekehrung, das zweite
Mal, einige Jahre später, im Tempel zu Jerusalem.
(Apstgsch. 22, 14—18.) Die Wirkung dieser Erscheinungen
auf ihn war, daß er nichts anderes mehr zu sehen und
zu besitzen wünschte als Jesum allein. W i r haben den Herrn
nicht in solcher Weise gesehen wie er, wir kennen Ihn nur
durch den Glauben, aber wie dem auch sei, oder wieweit wir
gefördert, wozu wir gelangt sein mögen, „laßt uns in
denselbenFußstapfen wandel n"! (Phil. 3,16.)
Der Brief an die Philipper wurde etwa 26 Jahre nach der
ersten Begegnung des Apostels mit dem Herrn geschrieben,
aber die damals empfangenen Eindrücke waren unverwischt
geblieben, hatten sich, wenn möglich, nur noch
vertieft. Paulus stand jetzt am Ende seines Weges. Bald
sollte der Wunsch seines Herzens in Erfüllung gehen: in
treuem Zeugnis für seinen Herrn sollte er wie dieser leiden
und sterben. War der Meister als Gottes Zeuge und
Diener durch Leiden gegangen — er wollte dasselbe tun;
hatte der Meister auf diesem Wege den Tod gefunden —
er wollte es auch; war der Meister so zur Auferstehung
aus den Toten gelangt — er wollte auch so dazu gelan­
gen. Und warum war das alles so? Weil Paulus sagen
konnte: „Das Leben ist für mich Christ» s". Die Frage
für uns ist, wie weit ein jeder von uns das dem Apostel
nachsprechen kann. Es ist ein Wort von hervorragend persönlicher
Bedeutung. Insoweit der Herr auch für un
ZIS
ser Leben Anfang, Mittel und Ende, Ausgangspunkt und
Ziel ist, werden wir in die Fußstapfen des Apostels treten.
Unser ganzes Verhalten wird sich dementsprechend bilden.
Damit kommen wir zu der vierten Stelle (Röm. 12,
2), in der wir dem Worte „gleichförmig" begegnen. Nur
ist von vornherein zu bemerken, daß der hier und in der
5. Stelle (1. Petr, 1, 1.4) gebrauchte griechische Ausdruck
nicht der gleiche ist wie in den vorher betrachteten Fällen.
Es ist ein Zeitwort, das die Bedeutung hat: „sich verhalten
oder sich bilden nach der Art (genau: dem Schema) eines
anderen".
„Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern
werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes,
daß ihr prüfen möget, was der gute und wohlgefällige
und vollkommene Wille Gottes ist." (Röm. 12, 2.) Der
Christ ist, was seine Stellung in Christo vor Gott betrifft,
eine neue Schöpfung, in welcher alles neu geworden ist.
(2. Kor. 5, 17.) Aber solang er in diesem Leibe ist, in
welchem die Sünde wohnt, bedarf er praktisch der steten
Verwandlung und Erneuemng. Die Ermahnung: „Seid
nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt",
und viele Aufforderungen ähnlicher Art beweisen
das, zeigen anderseits aber auch, daß wir „der gegenwärtigen
bösen Welt" nicht mehr angehören. Gott hat
uns in Seiner Gnade aus ihr herausgenommen. Dennoch
stehen wir noch i n der Welt mit allen ihren gefährlichen
Einflüssen und Versuchungen.
Der Apostel ruft den Römern nun nicht zu: Handelt
nicht, wie die Welt handelt — viele möchten darauf
antworten können: Das tun wir auch nicht — sondern:
Seid ihr nicht gleichförmig, d. h. bildet euch nicht nach
— Z16 —
ihrer Art, nehmet nicht ihre Form, ihre Weise an! Hier
lag, und liegt ganz besonders in unseren Tagen, die große
Gefahr für die Gläubigen, vor allem für die jüngeren
unter ihnen. Viele halten sich fern von der Lust und dem
Treiben der Welt, von ihren Vergnügungsstätten und dergleichen,
aber sie wachen nicht für sich und ihre Kinder
gegen die mancherlei Gefahren der Weltförmigkeit,
gegen weltliches Denken und Reden, gegen die Annahme
weltlicher Gewohnheiten und Sitten in der Familie, im
Auftreten, in der Kleidung, im Verkehr miteinander usw.
Man empfängt hie und da sogar den Eindruck, als b e -
eifere man sich, nicht hinter der Welt zurückzustehen.
O ihr jungen Geschwister und besonders ihr Schwestern,
wachet auf! Leset einmal in Jes. 3,1b ff. nach, was
für Dinge alle der Herr da aufzählt, die Er in jenen Tagen
an den „Töchtern Zions" gesehen hatte und die Ihm so
mißfielen, daß Er Sein ernstes Strafgericht über sie bringen
mußte. Erinnern sie euch nicht unwillkürlich an die
kurzen Kleider und niedlichen Schühchen, an die hellfarbigen
Strümpfe und so mancherlei andere Modetorheiten
der gegenwärtigen Zeit? Sollte eine Jüngerin des Herrn
solche Dinge mitmachen?
Bei unserer Bekehrung ist unser Sinn erneuert worden
durch die Kraft des Heiligen Geistes, und je gründlicher
das geschehen ist, umso besser. Aber mit dieser einmaligen
Erneuerung ist es nicht genug. Der innere Mensch,
der in uns geschaffen ist, muß wachsen, bedarf einer
steten Erneuerung „nach dem Bilde Dessen, der ihn erschaffen
hat". (Kol. Z, 1.0; vergl. 2. Kor. 4, 1b; Eph.
4, 23.) „W erdet verwandelt durch die Erneuerung eures
Sinnes." Nicht wahr? das ist eine fortgesetzte Handlung.
— Z17 —
Das von Gott in uns Gewirkte muß im Leben zur fortschreitenden
Darstellung kommen. Nur wenn wir durch die
Gewohnheit geübte Sinne haben zur Unterscheidung des
Guten und des Bösen (Hebr. 5, 14), vermögen wir zu
„prüfen, was der gute und wohlgefällige und vollkommene
Wille Gottes ist". (Vergl. Eph. 5,10; Phil. 1, 10.)
Ein „Kindlein" in Christo ist zu einem solchen Prüfen noch
nicht imstande, es wird gleichsam durch die Instinkte oder
Triebe der neuen Natur geleitet. Aber ein herangewachsener
Gläubiger sollte nie fragen: Ist dies oder das Sünde?
Kann ich mir dieses oder jenes erlauben? Darf
ich wohl so weit gehen? usw. Solche Fragen beweisen,
daß das Herz schon gefangen ist und das Auge nicht mehr
einfältig. Was einem treuen, einsichtigen Gläubigen obliegt,
ist in jedem Falle zu prüfen, was derWille Gottes
ist, und selbst da gibt's noch ein Fortschreiten von
„gut" zu „wohlgefällig" und von „wohlgefällig" zu „vollkommen".
Der Herr vermehre in uns allen das ernste Verlangen,
in dieser Weise verwandelt zu werden, um dann Seinen
Willen in allem erkennen und auch tun zu können!
So wird unser Pfad „wie daö glänzende Morgenlicht sein,
das stets Heller leuchtet bis zur Tageshöhe".
(Spr. 4, 18.)
Ium Schluß noch ein kurzes Wort über die letzte
der fünf Stellen. Sie findet sich, wie schon angedeutet,
in 1. Petr. 1, 14. 15 und lautet: „Als Kinder des Gehorsams
bildet euch nicht nach den (oder werdet nicht
wieder gleichförmig den) vorigen Lüsten in eurer Unwissenheit,
sondern wie Der, welcher euch berufen hat,
heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel". Die Un
— 348 —
gläubigen werden „Söhne des Ungehorsams" genannt.
Unter ihnen hatten auch wir einst alle unseren Verkehr in
den Lüsten unseres Fleisches. (Eph. 2, 2. 3; vergl. 5, 6;
Kol. 3, 6.) Jetzt sind wir aber „Kinder des Gehorsams"
geworden. Ungehorsam kennzeichnete früher unser ganzes
Wesen, heute ist Gehorsam unser Lebenselement, ja, wir
sind „auserwählt zum Gehorsam Jesu Christi" (I.
Petr, 4, 4. 2), d. h. berufen, so zu gehorchen, wie Er
gehorcht hat. Welch ein Wechsel! Sollten wir nun wieder
umwenden zu unseren vorigen Unreinigkeiten und Lüsten?
Sollte es uns nicht genug sein, die vergangene Zeit in
dem ausschweifenden Wesen der Kinder dieser Welt gewandelt
zu haben? (4. Petr. 4, 3.)
Wahrlich, antwortet der erneuerte Sinn, mehrals
genug! „Die noch übrige Zeit" — vielleicht ist sie nur
noch kurz! — soll der Ausführung deö Willens Gottes
geweiht sein. Willkommen ist uns die Ermahnung: „Deshalb
um gürt et die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern
und hoffet völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird
bei der Offenbarung Jesu Christi". (4. Petr. 4, 43.) Wer
seine Lenden umgürtet, beweist, daß es ihm ernst ist, daß er
unverzüglich seine ganze Kraft einsetzen will, um die vorliegende
Aufgabe, die aufgetragene Arbeit auszuführen.
Wohl wissen wir, daß wir der Gnade dazu bedürfen; aber
sie ist da, und wir dürfen auf sie rechnen, „völlig auf
sie hoffen". Petrus redet nicht von dem Kommen des
Herrn in die Luft, um uns vor der Stunde der Drangsal
inö Vaterhaus zu führen. Nur einmal erwähnt er kurz
den „Morgenstern". (2. Petr. 4, 49.) Er lenkt den Blick
über alles hinaus auf den Lag der Offenbarung des
Herrn, wann die Gnade, die uns gesucht, gefunden und
31 y
zur Herrlichkeit gebracht hat, in ihrer ganzen Größe geschaut
werden wird. Der Reichtum dieser Gnade ist unser
Teil schon heute, und wenn jener Tag der Herrlichkeit des
Herrn kommt, werden wir mit Ihm geoffenbart werden
in Herrlichkeit, aber auch der ganze Weg, der uns dahin
geführt hat, wird vor uns liegen mit allen seinen Einzelheiten.
Darum laßt uns nicht gleichförmig sein dieser Welt,
uns nicht bilden nach den vorigen Lüsten; nein,
laßt unS heilig sein in allem Wandel!
Vergebung und Befreiung
In den Kreisen der Gläubigen wird viel von „Befreiung"
geredet; man hört auch oft sagen: „Der und der
ist nicht befreit", oder „kennt die Befreiung nicht", aber
man hat nicht selten den Eindruck, daß das Wesen der
Befreiung selbst von den also Redenden wenig verstanden
wird. Beschäftigen wir uns denn ein wenig mit dieser für
das Glück und den Frieden des Gläubigen so wichtigen
Sache. Der Herr selbst aber leite uns dabei durch Seinen
Geist!
Da sei denn zunächst gesagt, daß „Vergebung" und
„Befreiung" zwei ganz verschiedene Dinge oder Begriffe
sind, und doch werden sie so viel miteinander verwechselt.
Ein Christ, der sich der Vergebung seiner Sünden völlig
bewußt, dessen Gewissen gereinigt und von der schweren
Last seiner Schuld befreit ist, ist deshalb noch kein befreiter
Christ. Wohl füllt das Bewußtsein der erfahrenen
Gnade sein Herz, er hat Frieden mit Gott und ist voller
Freude darüber, daß er nun in der Gunst Gottes steht
320
und zu Ihm als Vater aufblicken kann, aber so groß und
herrlich das ist, es ist noch nicht Befreiung.
Wie mancher hat eine Zeitlang dankbar und glücklich
bekannt, daß ihm alle seine Sünden vergeben seien, als er
dann aber entdeckte, daß noch Sünde in ihm war, geriet
er ganz in Verwirrung. Diese Entdeckung raubte ihm allen
Frieden und alle Freude. Woher kam das? Weil die Frage
der Sünde im Fleische für ihn noch nicht gelöst war. Er
war noch nicht befreit. Ich rede jetzt nicht von sogenannter
„Vollkommenheit", als könnten und sollten wir eine
solche in praktischem Sinne jemals erreichen — eine Lehre,
die schon viel Unheil angerichtet hat, da sie genau das Gegenteil
von dem tut, was man von ihr erwartet: sie zielt
nämlich dahin, das Gewissen zu verhärten und den Zustand
der Seele herabzudrücken. Wir werden, Gott sei gepriesen!
diese Vollkommenheit einmal erlangen, aber nicht
eher, als bis wir bei Christo und Ihm gleich sind.
Doch was ist Befreiung?
Die Erlangung der Vergebung, selbst im vollsten
Sinne des Wortes, d. h. also das klare Bewußtsein, daß
nicht nur alle meine Sünden vergeben sind, sondern
auch, daß mir keine Sünde mehr zu gerechnet wird,
steht nur in Verbindung mit dem, was ich als Kind Adams
getan habe oder als Gläubiger noch tue, nicht aber
mit dem, was ich b i n. Vergebung hat es mit den F r ü ch -
ten oder Ergebnissen meines Zustandes, nicht aber
mit diesem selbst zu tun. Jene können mir vergeben,
von diesem muß ich befreit werden. Ein
nicht befreiter Christ mag also voll und ganz erkannt haben,
daß er ein schuldiger Sünder war und deshalb die
Verdammnis verdiente, und ferner, daß Gottes überströ
321
mende Gnade in Christo ihm begegnet ist und alles für
ihn gut gemacht hat, aber er hat weder die Erkenntnis
seines völligen Verderbens von Natur erreicht, noch besitze
er das Bewußtsein, eine ganz neue Stellung in Christo
vor Gott zu haben, ein „Mensch in Christo" geworden-
zu sein. Er hat weder auf dem Wege der Erfahrung kennen
gelernt, was er als „im Fleische" ist, noch im Glauben
erfaßt, was Gott aus ihm „in Christo" gemacht hat.
Die Seele befindet sich noch nicht in ihrer neuen Stellung
vor Gott, obwohl diese ihr gehört, kennt nicht den Unterschied
zwischen dem alten und neuen Menschen und weiß
nichts von einer Befreiung von der Macht und Herrschaft
der Sünde. Mit einem Wort, sie ist nicht befreit.
„Befreiung" hat einen doppelten Charakter. Sie bedeutet
einerseits vollkommene Freimütigkeit in Gottes Gegenwart
an dem Platze, den Seine Liebe mir geschenkt hat, und anderseits
Lösung von der Macht der Sünde in mir. Für
das erste bin „ich in Christo", für das zweite ist „Christus
in mir". Wir sind nicht mehr in der Stellung des ersten
Adam vor Gott. Deshalb, obwohl wir noch in der Welt
sind und das Fleisch unverändert in uns ist, können wir
doch sagen: „Als wir im Fleische waren". Damals bewirkten
die Leidenschaften der Sünden, die durch das Gesetz
sind, alle Arten von Lüsten in uns, jetzt aber dienen
wir in dem Neuen des Geistes. (Röm. 7, 5. 6.) Die neue
Stellung, in die wir gebracht sind, sowie das Bewußtsein
derselben haben ihre Quelle in dem Heiligen Geist, der in
uns wohnt und unser Auge immer wieder hinlenkt auf
das Werk Christi als die Grundlage von allem.
Der Gläubige befindet sich also nicht mehr in der
Stellung des verantwortlichen Kindes Adams, beschäftigt
Z22
sich auch nicht mehr, wenn er anders die Befreiung kennen
gelernt hat, mit dem schrecklichen Zustand, in welchem
er sich einst vor Gott befand — diesen hat er als völlig
und hoffnungslos böse erkannt; er weiß vielmehr durch
den Heiligen Geist, daß er sich in einer ganz neuen Stellung
befindet, „in Christo", begnadigt oder annehmlich
gemacht „in dem Geliebten". (Eph. 1, 6.) Er ist nicht
mehr „im Fleische, sondern im Geiste". (Röm. 8, 9.)
In dem Christus, der ein für allemal der Sünde gestorben
ist (Röm. 6, 1.0), ist der Gläubige mitgestorben und
lebt nun Gott in dem neuen Leben, das er in Christo besitzt,
der sein Leben ist. Es sind also nicht nur alle seine
Sünden hinweggetan, sondern er selbst ist dem Platze und
der Natur gestorben, in welchen er einst sich jener Sunden
schuldig machte. Er ist in dem zweiten Menschen, dem
letzten Adam, und für die, welche in Christo Jesu sind,
gibt eö keine Verdammnis. (Röm. 8, 1.)
Doch wie sind wir in diese neue Stellung eingeführt
worden? Der Apostel beantwortet diese Frage in Eph.
1, 13 mit den Worten: „Nachdem ihr gehört habt das
Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, seid ihr,
nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden mit dem
Heiligen Geiste der Verheißung". Und er schreibt an die
Korinther: „Wer dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit
Ihm". (1. Kor. b, 17.) Wir sind Söhne Gottes durch
den Glauben an Ihn, und weil das so ist, hat Gott den
Geist Seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da
ruft: Abba, Vater! (Gal. 4, 6.) Wir kennen dieses neue
wunderbare Verhältnis und leben in ihm. Unsere Stellung
ist jetzt diejenige Christi, des Gestorbenen und Auferstan­
denen.
32Z
Indem der alte Mensch mit Christo gekreuzigt ist,
halte ich mich der Sünde für tot, Gott aber lebend in
Christo Jesu. (Röm. 6, 77.) Und weil Gottes Geist in
mir wohnt, bin ich frei, Gott zu dienen. Denn „wo der
Geist des Herrn ist — nirgendwo sonst — ist Freiheit".
(2. Kor. 3, 77.) Christus befindet sich jenseits der Sünde,
des Todes, der Macht Satans usw., und das ist jetzt
mein Platz und meine Stellung vor Gott. Was meinen
Leib betrifft, so warte ich noch auf seine Erlösung (Röm.
8, 23), aber daö Lösegeld dafür ist bezahlt, und schon
heute darf ich mit dem Apostel sagen: Sterben ist für
mich Gewinn.
Wir halten uns also der Sünde für tot, Gott aber
lebend in Ihm, der unser Leben ist, in der Kraft Seines
Geistes. Das Ergebnis davon finden wir in Röm. 8, wo
wir dieses Leben in Freiheit genießen, als solche, die der
Sünde gestorben sind. Es ist, wie wenn wir mit Ihm am
Kreuze gewesen wären, als Er dort für uns zur Sünde
gemacht wurde. Deshalb ist jede Verdammnis, jedes Ge-
richr für immer vorüber. Der Gläubige ist also, was das
Fleisch, die Sünde im Fleische, betrifft, gestorben; dennoch
lebt er, aber nicht mehr er, sondern Christus lebt
in ihm. (Gal. 2, 20.) Nachdem Christus das Gericht auf
sich genommen hat, darf ich mich in Seinem Tode als
der Sünde für gestorben halten und weiß zugleich, daß
Er jetzt mein Leben ist. Christus ist in mir, und das durch
den Heiligen Geist, der mir das Bewußtsein davon gibt
und die Kraft zu seiner Verwirklichung darreicht. Denn
Befreiung ist zunächst nicht Sache der praktischen Erfahrung,
sondem des Glaubens, genau so wie Vergebung
uns auf Grund des Glaubens zuteil wird.
324
Ich wiederhole: mein Platz in dem ersten Adam ist
nicht länger mein Platz oder meine Stellung vor Gott.
Das Fleisch ist wohl noch in mir, aber ich bin nicht
mehr im Fleische, sondern, als ein Mensch in Christo,
„im Geiste". Hören wir, was der Apostel darüber an die
Römer schreibt: „Das Gesetz des Geistes des Lebens in
Christo Jesu hat mich sr eigemacht von dem Gesetz
der Sünde und des Todes. Denn das dem Gesetz Unmögliche,
weil es durch das Fleisch kraftlos war, tat Gott,
indem Er, Seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches
der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde
mehr im Fleische, sondern, als ein Mensch in Christo,
Sünde in meinem Fleische ist also am Kreuze verurteilt,
gerichtet worden, Gott hat dort völlig mit ihr abgerechnet.
Das Gesetz vom Sinai war in dieser Beziehung kraftlos,
konnte nichts zur Vollendung bringen, nicht weil es in
sich nicht heilig, gerecht und gut gewesen wäre — es war
das alles — sondern weil in mir, d. i. in meinem Fleische,
keine Kraft war, es zu erfüllen. Ja, noch mehr als das:
durch das Gesetz, das die Lust verbot, wachte die böse
Lust erst recht in mir auf, oder, wie der Apostel es ausdrückt:
„Die Sünde wurde überaus sündig durch das Gebot".
Selbst der wiedergeborene Mensch, der „nach dem
inneren Menschen Wohlgefallen hat an dem Gesetz Gottes",
findet ein anderes Gesetz in seinen Gliedern, das seinem
Sinn widerstreitet und ihm zeigt, daß er ein armer
Sklave Satans ist, „unter die Sünde verkauft".
Das ist die Erfahrung von Römer 7. Welch eine Befreiung,
wenn die arme, gequälte Seele, die um Rettung
von diesem Leibe des Todes schreit, mit einemmale zur
Erkenntnis kommt, daß diese Rettung durch Jesum Chri
325
stum vollbracht ist! Das Gesetz des Geistes des Lebens in
Christo h a t sie freigemacht von dem Gesetz der Sünde und
des Todes. In Christo dem alten Zustand gestorben, ist
sie jetzt in Ihm vor Gott. Das Gesetz setzt lebende, verantwortliche
Menschen voraus — als Kinder Adams sind wir
das. An einen toten Menschen aber hat es keine Ansprüche
mehr. Es „herrscht über den Menschen, solang er
l e b t". Man kann einen Gestorbenen unmöglich mehr des
Eigenwillens, böser Lüste usw. beschuldigen. Er ist ja tot!
Der Apostel benutzt bekanntlich als erklärendes Beispiel
das eheliche Verhältnis. Der Tod löst das eheliche
Band, sodaß ein Weib nach dem Tode ihres Mannes einen
anderen Mann heiraten kann. Ähnlich sind wir, nachdem
wir dem Gesetz, dem ersten Manne, gestorben sind, mit
einem Anderen verheiratet worden, mit dem aus den Toten
Auferweckten, der als Mensch und nach der Ordnung der
Frage der Sünde in einen ganz neuen Platz eingeführt
worden ist. „Dem Gesetz getötet worden durch den Leib
des Christus", sind wir jetzt in Ihm, der auferstanden ist
und sich, nachdem alles vollbracht ist, gesetzt hat zur Rechten
der Majestät in der Höhe. Auf Grund dessen haben
wir Leben, Kraft und Freiheit durch den Heiligen Geist,
um nunmehr Gott Frucht zu bringen. L o s g e m a ch t von
dem Gesetz und befreit von dem Gesetz der Sünde und
des Todes, dienen wir jetzt in dem Neuen des Geistes,
und nicht in dem Alten des Buchstabens. Zugleich haben
wir, als angenommen in Christo und „gleichwie Er ist in
dieser Welt", Freimütigkeit im Blick auf den Tag des
Gerichts. Wie könnte dieser Tag uns etwas anhaben, wenn
wir dem Richter gleich sind? Kann dieser sich selbst
verurteilen?
Z2b
Ein klares Verständnis über diese Dinge ist von größter
Bedeutung. Zunächst macht es die Seele glücklich in
dem Genuß ihres Kindesverhältnisseö, das sie in Liebe vor
Gott verwirklicht. Zweitens bricht es jede Stütze und Kraft
des eigenen Ichs. Denn mit dem aufrichtigsten Herzenö-
vorsatz kann sich unbewußt doch noch ein ungebrochener
Wille verbinden, wie z. B. bei Mose, als er den Ägypter
erschlug. Ein einsichtsvoller Christ wird aber den Unterschied
ohne Mühe erkennen. Wir werden bis an das Ende
unseres Lebens mit dem Ich zu kämpfen, es unausgesetzt
zu richten haben, aber Eigenwille und Selbstvertrauen
sind ganz andere Dinge. Die geübte Seele, die sich selbst
kennen gelernt hat, vertraut nicht mehr auf sich, folgt
nicht mehr ihrem eigenen Willen, sondern wartet auf Gott.
Weiter wird naturgemäß der ganze Charakter unserer
Anbetung durch ein klares Verständnis beeinflußt. Jemehr
wir die Dinge kennen, die uns von Gott in Christo geschenkt
sind, jemehr wir im Geiste da weilen, wo Christus,
unser Leben, ist, desto wahrer und tiefer wird unsere
Freude werden, und desto höher wird der Geist der Anbetung
steigen. Ja, das ganze innere wie das äußere Leben
des Christen, der verborgene Umgang mit Gott und der
Wandel und Dienst unter den Menschen — alles wird
die gesegneten Wirkungen eines solchen geistlichen Verständnisses
erfahren. Gibt eö nicht Hunderte und vielleicht
Tausende, die wohl Frieden gefunden haben durch den
Glauben an das Blut Christi und der Vergebung ihrer
Sünden gewiß sind, aber von der kostbaren Befreiung, wie
das Wort sie lehrt, wenig oder gar nichts verstehen?
Anderseits ist selbstverständlich ein gefördertes geistliches
Verständnis nicht alles. Ein Christ mag ein solches
327
besitzen; wenn er aber gleichgültig oder auch nur nachlässig
wird, wenn gar ein Wandel sich zeigt, der den Gedanken
des Geistes widerspricht, so werden wir vergeblich
nach einer Befreiung in der Kraft des Geistes bei ihm
suchen. Za, wenn ein solcher Christ auf dem verkehrten
Wege beharrt, so werden die Folgen ernst sein. Er mag
vielleicht nicht das Bewußtsein seiner Errettung verlieren
oder in den Zustand von Röm. 7 zurückkehren, aber der
Geist Gottes ist in ihm betrübt, die Gemeinschaft mit dem
Vater und dem Sohne gestört, ja, alles ist in Unordnung
und Verwirrung. Ein reiches Wissen ohne die entsprechenden
Gefühle und Zuneigungen des neuen Lebens, ohne
den festen Herzensentschluß, das Erkannte auch in die Tat
umzusetzen, hat nicht nur wenig Wert, sondern ist gefährlich,
unter Umständen geradezu verhängnisvoll.
Aus alten Briefen
E.—, 8. November 4875
Lieber Bruder im Herrn l
Es war mir sehr angenehm, einen Brief von Ihnen
zu empfangen, der eine so offene Sprache führt und zugleich
Zeugnis gibt von der Wirksamkeit des Geistes in
Ihrer Nähe. Es sind in diesem Monat genau 23 Jahre
her, da stand ich auch da, wo 'Sie heute stehen, und ähnliche
Fragen tauchten in mir auf. Zudem war ich in einem
Verein angestellt, dessen Zweck es war, durch Wort und
Schrift das Evangelium zu verkündigen. Es gab an 30
bis 40 Orte, wo ich abwechselnd mit anderen zu predigen
Gelegenheit hatte, und der Herr in Seiner Gnade segnete
die Arbeit, sodaß viele Seelen bekehrt wurden. Doch er
Z28
kannte ich bald durch die Güte des Herrn, daß dort mein
Platz nicht war, und daß eö überhaupt, nach den Worten
des Apostels, fleischlich sei, irgend einem kirchlichen System
anzugehören. lind Er gab mir Gnade und Kraft, beides
zu verlassen, und noch dazu eine Einnahme von etwa
800 Taler. Es blieb mir meine l. Frau mit drei kleinen
Kindern und einigen Möbeln. Das war mein ganzes
Vermögen, und ich hatte auch keine Aussicht, auf einem
anderen Wege mich und die Meinigen zu ernähren.
Fast alle meine christlichen Freunde und Verwandten
zogen sich von mir zurück, hielten mich für töricht und eigensinnig
und meinten, daß es mir weder von Herzen um
die Sache des Herrn zu tun sei, da ich den gesegneten Platz
der Arbeit ohne Not verlassen habe, noch um das Wohl
meiner Familie, da ich sie leichtfertig der Not preisgebe.
Nur einige wenige verstanden und billigten meinen Schritt.
Die Tür zur Wirksamkeit war mir beinahe ganz verschlossen.
Eine Monatsschrift des Vereins, die an 2000
Abonnenten zählte, warnte mit großem Ernst vor mir und
einigen anderen Brüdern und beschuldigte uns grober Irrtümer.
Eö war in der Tat eine Zeit großer Aufregung und
bitterer Erfahrungen. Der Herr aber war mir nahe,
sehr nahe, und Er ist es bis heute geblieben und wird
mir auch bis ans Ende nahe sein.
Meine Familie ist in der Zeit herangewachsen bis zu
dreizehn Kindern (von denen noch elf am Leben sind, acht
von ihnen bis jetzt durch die Gnade errettet) und zwei
Pflegekindern, und ich muß es zur Ehre des Herrn und
zum Preise Seines Namens bekennen, daß wir nie Mangel
gehabt haben. Zudem gibt es jetzt Tausende von
Gläubigen in Deutschland, die mit mir denselben Weg
324
wandeln, insofern sie sich ebenfalls von ihrem kirchlichen
System getrennt haben und sich miteinander einfach im
Namen Jesu versammeln. Auch darf man wohl annehmen,
daß bei mehr als der Hälfte unter diesen der Herr
die Wirksamkeit der Brüder zu ihrer Bekehrung gesegnet
und benutzt hat.
Eö gab damals auch nicht wenige unter meinen christlichen
Freunden, die wohl den traurigen Zustand der Landeskirche
erkannten und darüber seufzten, aber sie meinten,
es sei noch nicht an der Zeit, sie zu verlassen. Die
meisten von ihnen sprechen noch heute so, andere sind
heimgegangen, ohne daß für sie je die Zeit gekommen
wäre, in dieser Beziehung ein Zeugnis für den Herrn zu
sein. Ich halte es für einen großen Verlust. Hat der Herr
unö über eine Sache Licht gegeben, so sind wir für dieses
Licht verantwortlich; wir sind aber nicht verantwortlich
für die Folgen, die unser Wandel nach diesem Licht nach
sich ziehen wird. Es ist unsere heilige Pflicht, alles Böse
aufzugeben oder uns davon zu trennen, sobald wir es als
solches erkennen. Die Trennung vom Bösen ist der erste
Schritt zum Guten. Mit dem Seufzen über das Böse und
doch darin Bleiben, mit dem Warten auf die rechte Zeit
sucht man nur sein Gewissen zu beruhigen; aber das was
der Herr von uns will, bleibt unerfüllt. Was half dem
armen Lot sein Seufzen? Was nützte es, daß er, wie Petrus
in seinem 2. Briefe sagt. Tag für Tag durch das,
was er in Sodom sah und hörte, seine gerechte Seele
quälte? Gefiel es dem Herrn, daß er in Sodom war und
dort blieb, bis das Gericht ihn gewaltsam Hinaustrieb
und er alles verlor? Ach, der arme Lot! Er nahm sogar
einen Ehrenplatz in Sodom ein: ec saß im Tore! Und
— Z30 —
ach! wie mancher Gläubige seufzt über das Verderben der
kirchlichen Systeme und quält seine gerechte Seele mit
dem, was er darin sieht und hört, und bleibt doch darin
und nimmt gar einen Dienst darin an. Wie glücklich und
gesegnet war Abraham, der von Sodom getrennt und nahe
beim Herrn war, dessen Besuch er empfing, und der mit
ihm redete, wie ein Mann mit seinem Freunde redet! Wie
sehr erinnert uns das an Joh. 1.4, 21—23!
Das christliche Leben offenbart sich, wie das Leben
Jesu selbst, durch Gehorsam und Abhängigkeit. Der Herr
sagt: „Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir
. . . denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht".
Sein Joch war der wohlgefällige Wille des Vaters. Sobald
wir diesen Willen kennen, haben wir einfach zu folgen,
und Sein Wille ist, alles Böse zu verlassen. Was
sollen wir nun sagen, wenn wir sehen, daß in jenen Systemen
Christus, das Haupt Seiner Kirche, und der Heilige
Geist, der Leiter und Ordner in derselben, als solche
tatsächlich ausgeschlossen sind? Der Mensch ist alles darin
— Haupt, Leiter, Ordner, Austeiler usw. Ist es deshalb
nicht, wie ich sagte, unsere heilige Pflicht, uns von ihnen
zu trennen, was auch die Folgen davon sein mögen?
Nicht wenige Gläubige lassen sich durch die Erwägung
aufhalten, daß in den kirchlichen Systemen immer
noch viele Seelen bekehrt werden. Es ist wahr, Gott in
Seiner reichen Gnade steht über allem. Er segnet Sein
Wort, und dies kann Er selbst dann noch tun, wenn die
Verkündigung desselben gar mit groben Irrtümern vermengt
wird. Ich freue mich darüber und danke Ihm von
Herzen, daß Er es tut, daß Er in jenen Systemen, welche
Werkzeuge Er auch dazu benutzen mag, immer noch Taufen
— zzr —
de vom Tode zum Leben bringt. Wie viele würden nicht errettet
werden, wenn Gott ihre Rettung von dem Zeugnis
außerhalb dieser menschlichen Einrichtungen abhängig
machen wollte! Deshalb sage ich noch einmal: Dank
Seiner unumschränkten Gnade, daß das nicht der Fall
ist! Aber das hat nichts mit unserem Gehorsam zu tun.
Oder wollen wir zum Herrn sagen: Höre D u auf, in jenen
verkehrten Zuständen Deine überströmende Gnade zu entfalten,
dann wollen auch wir uns davon trennen? Das
sei ferne! O möchten doch alle Seine geliebten Kinder
einmal recht nüchtern werden und mit Freuden in den
Pfaden des Gehorsams wandeln, wie würde dann Sein
Name verherrlicht werden und unser Leben hienieden glücklich
und gesegnet sein!
Gedanke
Es ist so tröstlich, auf den guten Hirten zu schauen,
der Seine Schäflein zu weiden und schützen versteht. Das
haben wir im verflossenen Jahre reichlich erfahren, und mit
Ihm können wir mutig und hoffnungsvoll in ein neues
Jahr eintreten, was immer auch für Berge von Schwierigkeiten
sich zeigen mögen. Er kann sie versetzen oder
einen Weg um sie herum bahnen. Was wir bedürfen, ist
ein einfältigerer Glaube. In Sach. 4, 7 lesen wir: „Wer
bist du, großer Berg, vor Serubbabel? Jur Ebene
sollst du werden!" Unser wahrer Serubbabel kann
und will allen unseren Schwierigkeiten begegnen. Im Vertrauen
auf Ihn können wir ganz ruhig sein. Mögen auch
die Menschen fehlen, Gott fehlt nicht.
— ZZ2 —
Gott macht nie Kehler l
Erscheinen meines Gottes Wege
Mir seltsam, rätselhaft und schwer,
Und gehen Wünsche, die ich hege,
Still unter in der Sorgen Meer,
Will trüb und schwer der Tag verrinnen,
Der mir nur Schmerz und Q.ual gebracht,
Dann darf ich mich auf eins besinnen!
Daß Gott nie Fehler macht.
Wenn mir zu hoch des Herrn Gedanken,
§u tief die Brunnen Seiner Huld,
Wenn alle Stützen haltlos wanken,
Die Kraft mir fehlt und die Geduld,
Wenn gar mein Blick kein Ziel mehr findet
Bei banger, tränenreicher Wacht, -
Ein Glaubensfünkchen dennoch kündet!
Daß Gott nie Fehler macht.
Wenn über ungelösten Fragen
Mein Herz vcrzweiflungsvoll erbebt,
An Gottes Liebe will verzagen,
Weil sich der Unverstand erhebt,
Dann darf ich all mein müdes Sehnen
In Gottes Rechte legen sacht,
Und leise sprechen, unter Tränen!
Daß Gott nie Fehler macht.
Drum still, mein Herz, und laß vergehen,
Was irdisch und vergänglich heißt,
Im Lichte droben wirst du sehen,
Daß gut die Wege, die Er weist.
Und müßtest du dein Liebstes misten,
Ja, ging's durch kalte, finstre Nacht,
Halt fest an diesem sel'gen Wissen!
Daß Gott nie Fehler macht!
Asnusr 1927
Botschafter !
des !
theils in Christo
Ser Herr ist nahe." sphtl. Z.)
Künfundflebztyster
Ashrgsna
1
Inhalt
„Vas ist das kn deiner Hand?"
Sas Zeugnis Gottes...............
Kragen........................................
Aus alten Briefen......................
Zn nächt'ger Stunde (Gedicht) -
Seite
. 1
- 10
. 16
. 24
. 28
R. Brockhaus, Elberfeld
Postfach 227 > Postscheckkonto Löln Nr. 15634
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Schriften
erbaulichen und belehrenden
Inhalts
201 Der wahre Grund des Friedens :: 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes........... je 2, ISO Stück 150
205 Gerechtfertigt und befreit............................................................. IO
204 N.B.: Unsterblichkeit d.Seele,Seelenschlaf u.ew.Verdammnis 50
205 Was ist di« Heiligung nach der Schrift"?............................20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Neben"........................10
209 C. H. Mackintosh: Gedanken über das Abendmakl des Henn 40
210 R.B.'.Der Tisch des Herrn....................................................... 10
211 Der Unterschied zwischen der Ankunft Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit ihnen in
Herrlichkeit (aus: Die Wiederkunft unseres Herrn Jesus
Christus).................................................................................... 10
212 Alles in Christo...............................................................................40
217 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
215 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf der Erde 50
2IS Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre.................... 50
218 R. B.: Nach Wahl der Gnade............................................... 50
220 Die Vvllgültigkeit des Opfers Christi.......................................10
221 R. B.: Ich komme bald! Ein Wort über die „Ankunft"
und di« „Erscheinung" unseres Herrn Jesus Christus ... 50
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Christi (aus: Die
Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus).....................20
224 Ein Wort über Fraucndienst.................................................... 15
225 R.B.: Gethsemane ......................................................................50
227 I. N. Darby! Die Opfer des 5. Buches Mose und ihre
vorbildliche Bedeutung.........................................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmakt und Tisch des Herrn 10
229 Nehemia oder! Das Bauen der Mauer..................................20
250 I. N. D.: Was ist eine Sekte?................................................. 5
251 Di« Versammlung und die Zucht...........................................15
252 Hütet euch! Ein Wort der Mahnung für die gegenwärtige
Z«it....................................................................................lO
254 Ein Wort über Gebctsheilungen............................................... 10
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
257 Christus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir uns
allein im Namen Jesu zu versammeln?.....................l5
241 Das Abendmahl des Herrn...........................................................5
242 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß.....................10
247 Segnung und Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth IO
248 Die Nacht ist weit vorgerückt.................................................... 10
252 N.B.:Das Reich Gottes............................................................. 10
254 R. B.: Über das Verhalten des Gläubigen zur Ehe ... 20
255 R. B.: Die Ehe des Christen. (Gedanken über das Der:
halten des Gläubigen in der Ehe)...........................................50
258 Die Welt und der Christ............................................................. >0
259 R. B.: Die Braut, das Weib des Lammes.................. 20
292 R.B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes?.................... ZV
294 Der Sabbath und der Tag des Herrn.................................. 50
299 R. B.: Christus oder der Antichrist? Wen erwarten wir? 10
298 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht.................................... 5
299 C. H. M.: Eine Hilfe oder ein Hindernis?........................... 5
2 70 I. N. Darby: Ein Brief über „die Brüder, ihre Lehre" usw. 10
271 H. R.: Der Brief des Judas....................................................20
272 H. R.: Jakob oder die Zucht....................................................50
275 J.N. Darby: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes.............................................................................................'20
274 Gottesdienst und Dienst am Wort............................................40
275 N. B. :Die Versammlung oder Gemeinde................................. 10
2 79 R.B.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und der Leib
Christi...................................................... 50
277 R. B.! Älteste und Diener........................................................... 20
278 R.B.: Die Versammlung des lebendigen Gottes (Nr. 275
bis 277).......................................................................................... 90
279 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Ein Ruf an alle........................................................................... 15
281 R. B.: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden." Ein
Wert über Versöhnung, Sühnung und Stellvertretung - . 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat).......................2
291 Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat).........................................2
— C. Müri: Geht die Kirche, betrachtet als der Leib Christi,
auch durch die Gerichte und Drangsale der letzten Tage? IS
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Botschafter-Einbanddecke 1926
in Ganzleinen mit Goldtitcl 75 Pfg.
Botschafter-Jahrgang 1926
in Ganzleinen geb. mit Goldtitel Mk. 5.—
Von
früheren
Botschafter-Jahrgängen
sind noch vorhanden:
Jahrgang 19OS, 191 l, 1912, 1914, 1915, 1920 bis 1925
geb. je Mk. 2.50
Jahrgang >918 und 1919 geb je Mk. 2.—
Jahrgang 1924 und 1925 in Ganzleinen geb. je Mk. 5. —
Neu erschienen:
(aus dem Botschafter besonders abgedruckt)
R. B.:
Die Braut,
das Weib des Lammes
Preis 20 Pfg.
In Amerika bestelle man bei
Mr. Anton
WeisePaterson
N. I.
257 North 7th Street
In der Schweiz bestelle man bei
Herrn C.
WidmaierSchaffhausen
Wordergasse
Druck: F. u. W. Brockhaus, Elberfeld
Kebrusr 1927
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." sphil. q, s-I
Künfundfleöztgstsr
Pahrgsng
2
ZN halt Seite
Aesus selbst............................................................ 2y
Sos Zeugnis Gottes..........................................37
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über
Eph. 4, 17-6.....................................................47
Um nichts besorgt.................................................54
R. Brockhaus. Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Löln Ar. 15639
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Schriften
erbaulichen und belehrenden
Inhalts
201 Der wahre Grund deS Friedens :: 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes........... je 2, IM Stück >50
205 Gerechtfertigt und befreit............................................................. IO
204 N.B.: Unsterblichkeit d.Seele,Seelenschlaf u.ew.Verdammnis 50
205 Was ist die Heiligung nach der Schrift?.............................. 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben"..........................>0
20? C. H. Mackintosh! Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
210 R. B.: Der Tisch des Herrn....................................................... 10
2ll Der Unterschied zwischen der Ankunft Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit ihnen in
Herrlichkeit (aus: Die Wiederkunft unseres Herrn Jesus
Christus)....................................................................................10
212 Alles in Christo.............................................................................. 40
215 Du und dein Haus, oder! Der Christ in seinem Hause 20
215 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf der Erde 50
216 Ewige Verdammnis und Wiedcrbringungslehre.................... 50
218 N. B.: Nach Wahl der Gnade............................................... 50
220 Die Dvllgültigkeit des Opfers Christi.......................................10
221 R. B.: Ich komme bald! Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn Jesus Christus... 50
222 DaS Reich der Himmel und die Kirche Christi (aus: Die
Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus).....................20
224 Ein Wort über Fraucndienst.................................................... 15
225 R. B.! Gethsemane......................................................................50
227 I. N. Darby: Die Opfer des 5. Buches Mose und ihre
vorbildliche Bedeutung........................................................ 50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl und Tisch des Herrn 10
22? Nehemia oder! Das Bauen der Mauer..................................20
250 I. N. D.: Was ist eine Sekte?................................................. 5
251 Die Versammlung und die Zucht...........................................15
252 Hütet euch! Ein Wort der Mahnung für die gegenwärtige
Zeit................................................................................... 10
254 Ein Wort über Gebetsheilungcn............................................... >0
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2Z7 Christus dec Mittelpunkt, oder: Warum haben wir uns
allein im Namen Jesu zu versammeln?.....................15
24l Das Abendmahl des Herrn...........................................................5
242 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß.................... 10
247 Segnung und Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth 10
248 Die Nacht ist weit vorgerückt.................................................... 10
252 R.B.: Das Reich Gottes............................................................. 10
254 R. B.: über das Verhalten des Gläubigen zur Che ... 20
255 R. B.: Die Ehe des Christen. (Gedanken über das Verhalten
des Gläubigen in der Ehe)...........................................50
258 Die Welt und der Christ............................................................. 10
25- R. B.: Die Braut, das Weib des Lammes...................... 20
262 R. B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes?.................... zo
264 Der Sabbath und der Tag des Herrn..................................50
266 R. B.: Christus oder der Antichrist? Wen erwarten wir? 10
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht....................................5
26- C. H. M.: Eine Hilfe oder ein Hindernis?.........................5
270 I. N. Darby: Ein Brief über „die Brüder, ihre Lehre" usw. 10
271 H. N.: Der Brief des Judas....................................................20
272 H. R.: Jakob oder die Zucht....................................................50
27Z J.N. Darby: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes.......................................................................................... 20
274 Gottesdienst und Dienst am Wort............................................40
275 R. B. :Dic Versammlung oder Gemeinde................................. 10
276 R.B.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und der Leib
Christi.................................................................................................Z0
277 R. B.: Älteste und Diener........................................................... 20
278 R.B.: Die Versammlung des lebendigen Gottes (Nr. 275
bis 277).......................................................................................... 60
27- Di Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Ein Ruf an alle ...................................................................... >5
281 R. B.: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden." Ein
Wort über Versöhnung, Sühnung und Stellvertretung - - 20
2-0 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat).......................2
2-1 Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat).........................................2
— C. Müri: Geht die Kirche, betrachtet als der Leib Christi,
auch durch di« Gerichte und Drangsale der letzten Tage? IS
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Botschafter-Einbanddecke 1926
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Botschafter-Jahrgängen
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Jahrgang I-0S, ISll, 1-12, I-I4, I-I5, 1-20 bis I-r5
geb. je Mk. 2.50
Jahrgang ISIS und I-IS geb. je Mk. 2.-
Jahrgang 1-24 und 1-25 in Ganzleinen geb. je Mk. 5 —
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(auS dem Botschafter besonders abgcdruckt)
R. B.:
Die Braut,
das Weib des Lammes
Preis 20 Pfg.
In Amerika bestelle man bei
Mr. Anton
WeisePaterson
N. I.
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In der Schweiz bestelle man bei
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WidmaierSchaffhausen
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März 1927
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4> 3-I
Künfundflebztgster
Jahrgang
3
Inhalt s-it-
Sas Gebet nach Gottes Spille und die Kennt"
nls Seiner Ä>ege...........................................57
Mngerschaft...........................................................6z
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über
Eph. /», 17-6 ll...............................................6y
„Aber alle!"........................................................79
Sas Radio............................. 82
Sas liebliche Los lGedicht).................................84
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Bibeln,
Testamente, Liederbücher
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dcuck, ;r:)7 cm groß, r,s cm dick, 470 Gramm schwer
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sz; Ganzleinen mit Rotschnitt................................................... 4-rs
szs Leder mit Rotschnitt*)......................................................... r.—
5j4 Leder mit Goldschnitt*)................................................. zo.so
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Ausgabe II (7. Auflage) auf ff. Hadern-Oünndruck,
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Sj7a Saffianleder, Ledervorsatz, weich mit Rotschnitt . )5.—
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vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt............ro.—
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Sjgs II. in braunem Baxterband............................................. rs.so
srrs in r Teil« geb. Saffianleder, Ledervorsatz, weich mit
Rotschnitt.............................................................................. rs.—
5r7a mit gutem Schreibpapier durchschossen, in zwei
Saffianbänden, Ledervorsatz, weich mit Rotschnitt —
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Taschentestament mit Psalmen
Nr. Nonpareille, deutsche Schrift, i»: 15 cm groß, 1S0 8 schwer Mk.
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ögr Saffianleder mit Goldschnitt..............................................ö.üo *)
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sg4 persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt .... lo.rs
sgA I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz, Innenkante»
vergoldet, weich, mit Rot-Goldschnitt .... ;s.—
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sgb I. in ff. schwarzem, weichem, persischen Einband,
Marokkolcder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) . . ;S.—
sgb II. in braunem Baxterband . . .................................. -7.S0
Taschenliederbuch mit Noten
„Rleine Sammlung geistlicher Lieder"
Nr. lauf Dünndruckpapier, 8 x 12 cm groß, )sfs
özo Ganzleinen mit Rotschnitt..................................... r.ro
b-l Saffianleder mit Rotschnitt............................4.so»)
b-r Saffianleder mit Goldschnitt........................s.so *)
b-s persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt .... r.—
b>4 persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt . . . g.—
b?°> I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich, mit Rot-Goldschnitt.......................
ö-s II. ff. braun Saffian do. do......................................;r.—
ö-b I. in ff. schwarzem, weichem, persischen Einband,
Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) . . -4.—
bjS II. in braunem Baxterband........................................ js.—
3ur gefälligen Beachtung!
Für die mit einem *) versehenen Ausgaben von Testament
und Liederbuch ist ein billigerer Ledereinband vorgesehen. Statt
Saffianleder soll für diese Einbandarten in Zukunft ein anderes
Leder verwandt werden, das gut und kräftig, aber weniger fein
und deshalb billiger ist. Die noch vorhandenen Bestände werden
bis zum Erscheinen dieser billigeren Ausgabe zu den vorstehenden,
um ermäßigten Preisen ausverkauft.
R. Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
N. G. Lellett:
Sie Welt vor der Klut und die
Patriarchen
Zn Original-Ganzleinendecke mit Goldprägung Alk. q.—
Zn diesem Luche schildert der bekannte Verfasser auf sein« eigenartig
fesselnd« ZVeise die Geschichte der ersten Menschen bis auf stoseph und
zeigt, «le bereirs in dem Luch „des LindHeitsalters des Menschengeschlechts"
der ganze Herrliche Ratschluß Gottes über a te und neue Geschlechter in
wunderbaren Lildern enthalten ist.
s. G. Lellett:
Sie Herrlichkeit unseres Herrn Jesus
Christus in Seiner Menschheit
Zn starkem Umschlag Alk. 0.80
in Original-Ganzleinenöand Alk. i 50
Vorliegendes Heft ist zweifellos eine der schönsten Schriften von A. G.
BeUett. Er versteht es, den Schönheiten und Vollkommenheiten des
Menschen Jesus Christus nachzuspüren, und das Herz wird warm beim
Lesen der ergreifenden Schilderungen.
Neu erschienen:
(aus dem Botschafter besonders abgedruckt)
R. S.:
Ate Braut,
das Wetb des Lammes
preis 20 pfg.
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Herrn C. Widmaier
Paterson N. Z.
23z NortH 7th Street
Schaffhausen
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Druck: K. u. W. Lrockhaus, Elberfeld.
April 1927
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. Z.I
Zünfundflebzigster
Zlahrgang
4
Inhalt Seite
was ist Anbetung?........................................ 85
Sas Lauen der Mauer und der Tore fNeh. 3l 98
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über
Eph. 4. 17—6............................................... 106
Noch einmal das Radio . ..........................m
R. Blockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Löln Nr. 15639
Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Bibeln,
Testamente, Liederbücher
Tafchenblvel
Ausgabe I (8. Auflage) auf gutem, hadernhaltigcn Dünn-
druck, -r:>7 cm groß, r,5 cm dick, 470 Gramm schwer
Nr. Mk.
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s;s Leder mit Rotschnitt*)......................................................... 8.—
5)4 Leder mit Goldschnitt *) ..................................................zs.öo
"I Atit biblischen Karten je so Pfennig mehr.
Ausgabe II (7. Auflage) auf ff. Hadern-Vünndruck,
ircm groß, r cm dick, 423 Gramm schwer, mit 8 biblischen
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s;S» persisch (Schutztlappen) mit Goldschnitt .... -8.so
SZ7s Saffianleder, Ledervorsatz, weich mit Rotschnitt . ;s.—
Sj8s I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt ..... ro.—
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Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) . . 24.—
s-ga II. in braunem Baxterband............................................. rs.so
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Saffianbänden, Lrdervorsatz, weich mit Rotschnitt 38.—
N. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Taschentestament mit Psalmen
Nr. Nonpareille, deutsche Schr ft, io:is cm groß, rSo 8 schwer isff,
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5gr Saffianleder mit Goldschnitt...............................................d.^o *)
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sg4 persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt .... ;o.rs
sgs I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich, mit Rot-Goldschnitt .... -s.—
sg5 II. ff. braun Saffian do. do................................................-4-50
sgb I. in ff. schwarzem, wcichcn, persischen Einband,
Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) . . zS —
5gS II. in braunem Baxterband................................................. -7-so
Taschenliedervuch mit Noten
„Kleine Sammlung geistlicher Lieder"
Nr. lauf Dünndruckpapier, Sx 12 cm groß) Mk.
ö;o Ganzleinen mit Rotschnitt.............................. r.ro
öji Saffianleder mit Rotschnitt.................................4.0o *)
b-r Saffianleder mit Goldschnitt . . i . . . . k.so »)
ö)3 persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt .... r.—
H14 persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt . . . g.—
tz-3 I. ff. schwarz Saffian, Ledervorfatz, Innenkanten
vergoldet, weich, mit Rot-Goldschnitt.......................
ö-s II. ff. braun Saffian do. do......................................-r.—
ö-S I. in ff. schwarzem, weichen, persischen Einband,
Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) . . 14.—
bzb II. in braunem Baxterband............................................. -S.—
Zur gefälligen Beachtung!
8ür di« mit einem *) versehenen Ausgaben von Testament
und Liederbuch ist ein billigerer Ledereinband vorgesehen. Statt
Saffianleder soll für diese Einbandarten in Zukunft ein anderes
Leder verwandt werden, das gut und kräftig, aber weniger fein
und deshalb billiger ist. Die noch vorhandenen Bestände werden
bis zum Erscheinen dieser billigeren Ausgabe zu den vorstehenden,
um etwa zoo/o ermäßigten Preisen ausverkauft.
R. Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
Billige Ausgabe von
L. H. M..
Betrachtungen über die fünf
Bücher Mose
Neben der vorhandene» Ausgabe der „Betrachtungen" in Ganzleinen
mit echtem Goldtitel, die ihrerseits fortan um etwa
niedriger als bisher abgegeben wird, ist eine billige Ausgabe
erschienen, in einfachen, aber geschmackvollen, dauerhaften
Halbleincnbänden.
Die fünf Bände (etwa -700 Seilen) dieser billigen
Ausgabe kosten zusammen nur
zehn Mark
lsver diesen Betrag nicht auf einmal bezahlen kann, mag es
in mehreren Raten tun. Je nach den Verhältnissen soll weitgehendes
Ziel bis zu einem halben Jahr gewährt werden.
Einzelne Bände der billigen Ausgabe kosten:
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Ausgabe in Ganzleinen mir Goldtitel iS Bändel
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Herrn L. Widmaier
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Schaffhausen
Vordergaffe
Druck: K. u. W. Brockhaus, Elberfeld.
Mai iy27
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." lphil. 4, z-I
Künfundfleözigster
Jahrgang
5
Itnkalt s«lt«
Krucht zu seiner Zelt............................................113
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über
Eph. q, 17—6. IV. ........................................ 120
Ser Sänger im Heiligtum.................................125
Aus alten Briefen............................................... 133
Aakovus 3, 1—12............................................... 137
Sie Uevervinder von Offenbarung 15 - - 138
R. Blockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Löln Nr. 1563s
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Billige Ausgabe von
L. tz. N.:
Betrachtungen über die fünf
Bücher Mose
Neben der vorhandenen Ausgabe der „Betrachtungen" in Ganzleinen
mit echtem Goldtitel, die ihrerseits fortan um etwa
niedriger als bisher abgegeben wird, ist eine billige Ausgabe
erschienen, in einfachen, aber geschmackvollen, dauerhaften
Halbleinenbänden.
Die fünf Bände (etwa -700 Seiten) dieser billigen
Ausgabe kosten zusammen nur
zehn Mark
wer diesen Betrag nicht auf einmal bezahlen kann, mag es
in mehreren Raten tun. Je nach den Verhältnissen soll weitgehendes
Ziel bis zu einem halben Jahr gewährt werden.
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Ausgabe in Ganzleinen mit Goldtitel lS Bändel
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Schriften erbaulichen und belehrenden
«r.
Inhalts pf»
ros Gerechtfertigt und befreit .................................................. -0
204 R. B.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und ewige
Verdammnis ........................................................................so
ros was ist di« Heiligung nach der Schrift) . . . . ro
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" ... zo
rog L. H. Mackintosh: Gedanken über das Abendmahl des
Herrn ................................................................................... ss
r-o R. B.: Der Tisch des Herrn..................................... -o
r-j Der Unterschied zwischen der Ankunft Lhristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit (aus: Die Wiederkunft unseres
Herrn Jesus Christus)....................................................... lo
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Nr. P,S.
2-2 Alles in Christo....................................................................40
2-2 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
2-5 Die persönlich« Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde ..............................................................................20
2-d Ewige Verdammnis und wiederbringungslehr« . . so
2-7 I. G. Billett: Die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus
Christus in Seiner Menschheit.......................................so
2-r R. B.: Nach Wahl der Gnade .......................................so
220 Die Vollgültigkeit des Opfers Christi ............................?o
22- R. B.: Ich komme bald! Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn Jesus Christus so
222 Das Reich der Himmel und die Lirche Christi (aus:
Die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus) . 20
224 Ein Wort über Hrauendirnst .............................................-z
22s R. B.: Gethsemane.................................................... . so
227 I. N. Darby: Die Opfer des s. Buches Mose und ihr«
vorbildliche Bedeutung........................................................so
rrr Der Unterschied zwischen Abendmahl und Tisch des
Herrn..........................................................................................-0
22tz Nehemia oder: Das Bauen der bilauer.......................... 20
220 I. N. D.: was ist eine Sekte?........................................5
22- Die Versammlung und die Zucht......................................-s
222 Hütet euch! Ein Wort der Warnung für die gegenwärtig«
Zeit .........................................................................-0
224 Ein Wort über Gebetsheilungen......................................-o
227 Christus der Mittelpunkt, oder: warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . -s
24- Das Abendmahl des Herrn.................................................... s
242 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . . -0
247 Segnung und Ruhe. Gedanken über das Buch Ruth ;o
24s Die Nacht ist weit vorgerückt.............................................-0
2S2 R. B.: Das Reich Gottes.................................................. ?o
2S4 R. B.: Uber das Verhalten des Gläubigen zur Ehe . 20
2SS R. B.: Die Ehe des Christen. (Gedanken über das
Verhalten des Gläubigen in der Ehe) .... so
2S« Die Welt und der Christ .................................................. -o
2Sg R. B.: Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
2b2 R. B.: Gibt es «ine Auferstehung des Leibes? . . 20
2b4 Der Sabbath und der Tag des Herrn............................20
2bb R. B.: Christus oder der Antichrist? Wen erwarten
wir? ......................................................................................... -o
2ös Irdisch« Sorgen, ein« himmlisch« Zucht
2bg L. H. M.: Eine Hilfe oder ein Hindernis?
270 I. N. Darby: Ein Brief über „die Brüder, ü
usw................................................................................... -0
R Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Neu öez«. in neuer Auflage sind erschienen:
Nr. 26z
Was Hiob
zu lernen hatte
oder
Wie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?
q8 Seiten, Preis zs Pfg.
Nr. 245
„Ihr seid Brüder"
Ein V?ort an alle, «eiche dem Herrn an gehören
id Seiten. Preis 10 pfg.
Nr. 259
A. S.
Sie Braut
das Weib des Lammes
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Mr. Anton Weise
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Herrn <L. Widmaier
Paterson N. I.
2zz North 7th Street
Schaffhausen
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Druck: K. u. tp. Lrockhsus, Elberfeld.
AUM 1H27
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphil. 3 j
Künfundflevzigster
Jahrgang
6
Inhalt Seit«
„Linder, die in der Wahrheit wandeln^ iqi
Ist die Versorgungsfrage der Siener des Herrn
in der Schrift geregelt?....................... 148
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über
Epheser q, 17-0 V....................................152
Epaphras.......................................................... lSY
Vielfältiger Segen.......................................... l66
Leidenssegen sGedichtj.....................................167
Kragen aus dem Leserkreise........................... 1ö8
R. Blockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Köln Nr. 1563-
A. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Billige Ausgabe von
L. H. AI.:
Betrachtungen über die fünf
Bücher Mose
Neben der vorhandenen Ausgabe der „Betrachtungen" in Ganzleinen
mit echtem Goldtitel, die ihrerseits fortan um etwa ;so,u
niedriger als bisher abgegeben wird, ist eme billige Ausgabe
erschienen, in einfachen, aber geschmackvollen, dauerhaften
Halbleinenbänden.
Die fünf Bände (etwa )7oo Seiten) dieser billigen
Ausgabe kosten zusammen nur
zehn Atark
Wer diesen Betrag nicht auf einmal bezahlen kann, mag es
in mehreren Baten tun. Je nach den Verhältnissen soll weitgehendes
Ziel bis zu einem halben Jahr gewährt werden.
Einzelne Bände der billige» Ausgabe kosten:
Band s-4 in Halbleinen je Mk. r.— Band 8 Mk. r.78
Ausgabe in Ganzleinen mit Goldtitel l5 Bändel
Alk. 13.50
Einzelne Bände dieser Ausgabe:
Band --4 in Ganzleinen je Mk. r.75 Band 8 Mk. 3.80
Zn neuer Auflage find erschienen:
Nr. 2bz
das Hiob zu lernen hatte
oder
die kann ein Alensch gerecht sein vor Gott?
q8 Seiten. Preis 35 pfg.
Nr. 245
„Ihr seid Brüder"
Ein Wort an alle, welche dem Herrn angehören
16 Seiten. Preis 10 pfg.
Schriften erbaulichen und belehrenden
Nr.
Inhalts pf§.
2S> Der wahre Grund des Friedens 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes.................................. je 2
iso Stück 150
203 Gerechtfertigt und befreit ...................................................10
204 R. B.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und ewige
Verdammnis .......................................................... 30
205 Was ist die Heiligung »ach der Schrift? .... 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" ... 10
20g L. H. Mackintosh: Gedanken über das Abendmahl des
Herrn ................................................................................ 85
2)0 R. B.: Der Tisch des Herrn....................................10
2 i j Der Unterschied zwischen der Ankunft Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit (aus: Die Wiederkunft unseres
Herrn Jesus Christus) ............................................... 10
2)2 Alles in Christo ...................................................................35
2)3 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
2)S Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde ....................................................................................30
2)d Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehrc . . 30
r)7 I- G. Bellett: Die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus
Christus in Seiner Menschheit .......................................80
2)4 R. B.: Nach Wahl der Gnade.......................................50
220 Die Vollgültigkeit des «Opfers Christi............................10
22) R. B.: Ich komme bald! Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn Jesus
Christus ...........................................................................30
222 Das Reich der Himmel und die Äirche Christi (aus:
Die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus) . . 20
224 Ein Wort über Frauendienst............................................15
22s R. B.: Gethsemane ........................................................- 40
227 I- N. Darby: Die Opfer des 3. Buches Mose und
ihre vorbildliche Bedeutung ............................................ 5g
22t Der Unterschied zwischen Abendmahl und Tisch des
Herrn ................................................................................ 10
22g Nehemia oder: Das Bauen der Mauer............................20
2So I. N. D.: was ist eine Sekte?......................................... 5
2S) Die Versammlung und die Zucht ................................. 15
2S2 Hütet euch! Ein Wort der Mahnung für die gegen--
wärtige Zeit .........................................................................10
2S4 Ein Wort über Gebetsheilungen ................................. 10
2S7 Christus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . 15
24 - Das Abendmahl des Herrn .......................................... 5
242 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . io
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Sie Betrachtungen über
Apostelgeschichte, Römerbrief,
i. unö 2. Lorintherbrief
von 9. N Sarby
sind in neuer, nochmals sorgfältig durchgearbeiteter Auflage erschienen.
Sie werden den Beziehern des vor etwa zwei Jahren
erschienenen i. Bandes der „Betrachtungen" (Matthäus-Markus)
ohne weiteres zugesandt, wer von diesen nicht imstande
sein sollte, den neuen Band abzunehmen, wird um sofortige
Mitteilung ersucht. Die bisherigen Bezieher werden indessen
herzlich gebeten, möglichst nicht abzubestellen, da, wie s. A. (siehe
die Ankündigung vom Dezember 1gr4 und Anfang zgrsauf
dem „Botschafter-Umschlag") mitgeteilt wurde, dem Verlag die
Durchführung „der langwierigen und kostspieligen" Arbeit des
Neudrucks der „Betrachtungen" nicht möglich ist, wenn nicht
eine Anzahl fester Besteller die neu erscheinenden Lände gleich nach
Erscheinen abnimmt.
Den vorliegenden Band (Apostelgeschichte — r. Lorinther)
400 Seiten stark, in Ganzleinen mit Goldtitel, erhalten
die Bezieher des Bandes, sowie alle, die auf diese An//
lüt digung hin neu bestellen, zum Ausnahmcprcis von
Mk. 4.so. Später muß der Preis auf mindestens Mk. s.— erhöht
werden.
Jin einzelnen kosten die „Betrachtungen":
Apostelgeschichte kartoniert Ulk. ;.ro
Römervrief „ „ ;.ro
i.u.L.Lorinthervrtef „ „ z.so
Betrachtungen Matthäus^Alarkus in Ganzleinen mit Gold-
titel Mk. 4.—
Sruck: K. u. V0. Lrvckhaus, Elberfeld.
Zn Amerika bestelle man bei
Mr. Anion Speise Paterson N. I.
Zn der Schweiz bestelle man bei
233 North 7th StMtz
Herrn L. Mdmaier Schaffhausen
Vorder Aaste
Aull 1H27
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." jphil. q, Z.j
Künfundsievzigster
ZahrgLng
7
Inhalt Seite
„Linder, die in der Wahrheit sandeln" 169
Einige Lennzetchen eines «ähren Sieners
Gottes............................. 176
Aufzeichnungen aus einer Betrachtung über
Epheser 4, 17-6......................................182
Sie Lönigin von Scheöa und der Aethiopier 189
„Hat nicht Gott die weltlich Armen aus-
erwählt?"................................. 194
Ein zehnjähriges Leidensjubiläum ..... 196
R. Blockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Löln Nr. 1563s
Schriften erbaulichen und belehrenden
Nr.
ZnhaltS Pf«.
247 Segnung und Ruhe. Äurze Gedanken über das Buch
Ruth..........................................................................10
248 Die Nacht ist weit vorgerückt.........................................10
2S2 R. B.: Das Reich Gottes...............................................10
2S4 R. B.: Uber das Verhalten des Gläubigen zur Ehe 20
25S R. B.: Die Ehe des Christen. (Gedanken über das
Verhalte» des Gläubigen in der Ehe)...............................50
2S8 Die Welt und der Christ.....................................................10
2Sg R. B.: Die Braut, das Weib des Lamines .... 20
2ör R. B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . . .10
2S4 Der Sabbath und der Tag des Herrn.........................30
röb R. B.: Christus oder der Antichrist? wen erwarten
wir?...........................................................................10
2ö8 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht............................5
2dg L. H. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? .... 5
270 I. N. Darby: Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw............................................................................ 10
871 B.: Der Brief des Judas, oder: Oie letzten Tage
der Christenheit...................................................................... 20
272 H. R.: Jakob «der die Zucht....................................................50
273 I. N. Darby: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes....................................................................20
274 Gottesdienst und Dienst am Work......................................40
275 R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde .... 10
270 R B.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und der
Leib Christi..................................................................... 30
277 R. B.: Älteste und Diener......................................................20
27g Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle................................................. 15
28s 2k. B.: „Lr ist die Sühnung für unsere Sunden."
Lin Wort über Versöhnung, Sühnung und Stellvertretung
............................................................................... 20
2gs wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 2
2g; Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat).................................2
L. Müri: Geht die Rirche, betrachtet als der Leib
Christi, auch durch die Gerichte und Drangsale der
letzten Tage?.................................................................................15
A Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Billige Ausgabe von
C. rn.:
Betrachtungen über die fünf
Bücher Mose
Neben der vorhandenen Ausgabe der „Betrachtungen" in Ganzleinen
mit echtem Golötitel, die ihrerseits fortan um etwa
niedriger als bisher abgegeben wird, ist eine billige Ausgabe
erschienen, in einfachen, aber geschmackvollen, dauerhaften
Halbleinenbänden.
Die fünf Bände (etwa -700 Seiten) dieser billigen
Ausgabe kosten zusammen nur
zehn Mark
Wer diesen Betrag nicht auf einmal bezahlen kann, mag es
in mehreren Raten tun. Ze nach den Verhältnissen soll weitgehendes
Ziel bis zu einem halben Jahr gewährt werden.
Einzelne Bände der billigen Ausgabe kosten:
Band - -4 in Halbleinen je Mk. r.- Band s Mk. r.73
Ausgabe in Ganzleinen mit Goldtitel ls Bändel
Alk. 13.30
Einzelne Bände dieser Ausgabe:
Band z—4 in Ganzleinen je Mk. r.78 Band s Mk. 3 so
Zn neuer Auflage sind erschienen:
Nr. 26z
V0as Alob zu lernen hatte
oder
V?ie kann ein Mensch gerecht sein vor Gott?
48 Seiten, Preis 35 pfg.
Nr. 245
„Zhr seid Brüder"
Ein V0ort an alle, welche dem Herrn angehören
16 Seiten. Preis 10 pfg.
R. Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
Sie Betrachtungen über
Apostelgeschichte, Aömerbrief,
i. und 2. Korintßerbrief
von A. N. Darby
sind in neuer, nochmals sorgfältig durchgearbeiteter Auflage erschienen.
Sie werden den Beziehern des vor etwa zwei Jahren
erschienenen Bandes der „Betrachtungen" (Matthäus-Markus)
ohne weiteres zugesandt, wer von diesen nicht imstande
sein sollte, den neuen Band abzunehmen, wird um sofortige
Mitteilung ersucht. Die bisherigen Bezieher werden indessen
herzlich gebeten, möglichst nicht abzubestellen, da, wie s. Z. (siehe
die Ankündigung vom Dezember Zgr4 und Anfang -grs auf
dem „Botschafter-Umschlag") mitgeteilt wurde, dem Verlag die
Durchführung „der langwierigen und kostspieligen" Arbeit des
Neudrucks der „Betrachtungen" nicht möglich ist, wenn nicht
eine Anzahl fester Besteller die neu erscheinenden Bände gleich nach
Erscheinen abnimmt.
Den vorliegenden Band (Apostelgeschichte — r. Lorinther)
400 Seiten stark, in Ganzleinen mit Goldtitel, erhalten
die Bezieher des z. Bandes, sowie alle, die auf diese An-
kündigung hin neu bestellen,
zum Ausnahmepreis von Mk. 4.50
Später muß der Preis auf mindestens Mk. 8.— erhöht werden.
Im emzelnen kosten die „Betrachtungen":
Apostelgeschichte kartoniert Mk. z.ro
Aömerbrief „ „ j.ro
l.u.2.Lorinthervrief „ „ ;.so
Betrachtungen Matthäus-Markus in Ganzleinen mit Goldtitel
Mk. 4 —
Zn Amerika bestelle man bei
Mr. Anton Weise
Zn der Schweiz bestelle man vel
Herrn C. widmaier
Paterson rr. I.
S33 North 7th Street
Schaffhausen
Vordargass«
Sruck: §. u. w. Lrockhaus, Elberfeld.
August 1Y27
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." >phtl. q, Z.j
Künfundflebzigster
Jahrgang
8
Inhalt Seite
„Su ölst schöner als öle Menschensöhne" . . 197
Selbstbeherrschung...............................................207
„Sie Liebe, die Gott zu uns hat"..................216
Mephiboseth unö veir....................................... 221
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Billige Ausgabe von
L. H. M.:
Betrachtungen über die fünf
Bücher Mose
Neben der vorhandenen Ausgabe der „Betrachtungen" in Ganzleinen
mit echten» Goldtitel, die ihrerseits fortan um etwa
niedriger als bisher abgegeben wird, ist eine billige Ausgabe
erschienen, in einfachen, aber geschmackvollen, dauerhaften
Halbleinenbänden.
Die fünf Bände (etwa -700 Seiten) dieser billigen
Ausgabe kosten zusammen nur
zehn Mark
lVer diesen Betrag nicht auf einmal bezahlen kann, mag es
in mehreren Raten tun. Je nach den Verhältnissen soll weitgehendes
Ziel bis zu einem halben Jahr gewährt werden.
Einzelne Bände der billigen Ausgabe kosten:
Band f-4 in Halbleinen fe Ulk. r.- Band s Ulk. 2.7s
Ausgabe in Ganzleinen mit Goldtitel ls Bändel
Mk. 13.50
Einzelne Bände dieser Ausgabe:
Band f-4 in Ganzleinen fe Ulk. r.75, Band 5 Ulk. s.so
In neuer, nochmals sorgfältig durchgesehener
Auflage ist erschienen:
Sie Betrachtungen über
Apostelgeschichte, Aömerbrief,
und 2. Korincherbrief
von A. N. Sarbv
In einen Band gebunden (ca. 400 Seiten stark)
Zn Ganzleinen mit Gvldtitel Mk. ss-so
(Von Oktober ab kostet der Band Ulk. K.—)
Im einzelnen kosten die „Betrachtungen":
Apostelgeschichte kartoniert Ulk. z.ro
ÄLmerbrief „ „ - ro
1.U.2, Lorinthervr. „ „ z.fto
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Betrachtungen über das XVort Gottes
H. R.
Gas Buch der Richter und das Buch Ruth
In Halbleinen Mk. 1.50
H. R.
Gie Bücher Samuel
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. 5.25
H. R.
Sie Bücher der Röm'ge
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. H.25
tz. R.
Sie Bücher Esra, Nehemia und Esther
In Halbleinen Mk. 2.50
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. 3.
tz. R.
Ser Prophet ZNaleachi
kartoniert Mk. —.60
3. N. S.
Sie kleinen Propheten
In Halbleinen Mk. 1.50
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. 2.
3. N. S.
Rlatthäus und TNarkus
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. q.—
3. N. S.
Sie Briefe an die Thessalonicher
Kartoniert Mk. 1.—
3. N. S.
Ser Brief an die Hebräer
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. 2.—
N. Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
Allere Botschaftern Jahrgänge
Durch zur Verfügung gestellte ältere Botschafter-Hefte (gebraucht,
aber in gutem Zustande) ist es gelungen, wiederum
eine Reihe älterer Jahrgänge zusammenzubringen, die hiermit
freundlichst empfohlen werden.
Jahrgänge 1897, 1902 bis 1917
in Orkginal-Ganzleinendecke je Mk. 2.50
Jahrgänge 1918 und 1919
in Original^Ganzleinendecke je Nk. 2.—
Jahrgänge 1920 bis 1926
in Original^Ganzleinendecke je AU'. 3 -
Neu, öezw. in neuer Auflage ist erschienen:
Nr. 243 saus dem „Botschafter" besonders abgedruckts
Das ist Anbetung?
preis io pfg.
Nr. 27s rr. s.
Sie Versammlung oder Gemeinde
preis 10 pfg.
Zn Amerika bestell« man bei
Mr. Anton Deise Paterson N. z.
233 North 7th Street
Zn der Schweiz bestelle man bei
Herrn <L. Didmaier Schaffhausen
Vordergaffe
Sruck: K. u. D. Brockhaus, Elberfeld.
September 1927
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." «PH«, q, z.j
Künfundflebzigster
Jahrgang
9
Inhalt Sekt«
„Su bist schöner als die Menschensöhne" . . 225
„Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn
warten" . ........................................ 234
Befreiung . ................................................... 241
Schändlich für ein Verb .......... 246
R. Lrockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Löln Nr. 1563»
R. Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
Billige Ausgabe von
L. H. M.:
Betrachtungen über die fünf
Bücher Mose
Neben der vorhandenen Ausgabe der „Betrachtungen" in Ganzleinen
mit echtem Goldtitel, die ihrerseits fortan um etwa ; s"/o
niedriger als bisher abgegeben wird, ist eine billige Ausgabe
erschienen, in einfachen, aber geschmackvollen, dauerhaften
Halbleinenbändcn.
Oie fünf Bände (etwa -700 Seiten) dieser billigen
Ausgabe kosten zusammen nur
zehn Mark
wer diesen Betrag nicht auf einmal bezahlen kann, mag es
in mehreren Raten tun. Je nach den Verhältnissen soll weitgehendes
Ziel bis zu einem halben Jahr gewährt werden.
Einzelne Lände der billigen Ausgabe kosten:
Band ;-4 in Halbleinen je Mk. r.- Band s Mk. 2.7»
Ausgabe in Ganzleinen mit Goldtitel l5 Sändel
Mk. 13.50
Einzelne Bände dieser Ausgabe:
Band --4 in Ganzleinen se Mk. r.7S, Band s Mk. Z.so
In neuer, nochmals sorgfältig durchgesehener
Auflage ist erschienen:
Sie Betrachtungen über
Apostelgeschichte, Aömerbrief,
1. und 2. ^orintherbrief
von V- N. Sarbp
In einen Band gebunden (ca. 4»o Seiten stark)
In Ganzleinen mit Goldtitel Mk. q.50
(von «Oktober ab kostet der Band Mk. s.—)
Im einzelnen kosten die „Betrachtungen":
Apostelgeschichte kartoniert Mk. ).ro
RSmervrief „ „ ) ro
i.u.2.^vrintherbr. „ „ - 5»
R. Brockhaus / Verlas / Elberfeld
Betrachtungen über das Vstort Gottes
tz. R.
Aas Buch der Richter und das Luch Ruch
In Halbleinen Ulk. i.Zo
tz. R.
Die Bücher Samuel
In Ganzleinen mit Goldtitel Ulk. 3.25
tz. rr.
Aie Bücher der Könige
In Ganzleinen mit Goldtitel Ulk. 4.25
tz. rr.
Sie Bücher Esra, Nehemia und Esther
In Halbleinen Ulk. 2 50
In Ganzleinen mit Goldtitel Ulk. z —
H. rr.
Ser Prophet Maieachi
Kartoniert Ulk. —.60
Z. R. S.
Sie kleinen Propheten
In Halbleinen Ulk. 1.50
In Ganzleinen mit Goldkttel Ulk 2 —
1. N. S.
Matthäus und Markus
Zn Ganzleinen mit Gvldtttel Ulk. q.-
z. n s.
Sie Briefe an die Thessalonicher
Kartoniert Ulk. 1 .—
Z. N. S.
Ser Brief an die Hebräer
In Ganzleinen mit Goldtitel Ulk. 2.—
R. Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
Neu erschienen:
Das wunderbare Haus
Gespräche mit kleinen Leuten
über
die Stiftshütte in der V>üste
von Lettl'ce LeN
Mit y Bildern der Stiftshütte, ihrer Geräte, des Hohenpriesters
usw. nach Original-Entwürfen.
Zn dreifarbigem Original - HalöleinenVand Ntk. 2.
,, „ ,, Geschenkumschlag „ 1.50
Das vorliegende Merkchen ist die Arbeit einer engl. Schreiberin.
Sie schien uns der Übersetzung für unsere deutschen Lnaben
und Mädchen deshalb wert, weil die Verfasserin es in wirklich
meisterhafter Meise versteht, den nicht einfachen Stoff in
einer Meise zu behandeln, daß, wie es im Vorwort heißt, „die
Gegenstände Leben gewinnen und die Freude -er Sache beim
Lesen wächst". Das Buch ist für „kleine Leute" geschrieben,
aber auch „große Leute" können daraus lernen. Vor allen, werden
Sonntagsschulhalter und -Halterinnen und solche Eltern,
die mir ihren Lindern gern über die kostbaren Wahrheiten der.
Schrift reden, ihre Freude an dem Büchlein haben.
Bemerkt sei noch, daß die Bibelstellen im allgemeinen nach dem
Text der „Elberfelder Bibel" unö dem Lutbertext angegeben
sind. Bei der Anführung aus der Schrift sind nämlich meist
nur die Lapitel angegeben, und das Aufsuchen der Verse wird
den Lmdern überlassen. Da nun manche der jungen Leser kaum
im Besitz einer „Elberfelder Bibel" sein werden, wurde der
Lulhertext hinzugefügt.
Zn Amerika bestelle man bei
Mr. Anton Weise
Zn der Schweiz bestelle man bei
Herrn L. widmaier
Paterson N. Z.
23z North 7th Street
Schaffhausen
, Vordergast«
Sruck: z. u. V. Lrockhaus, Elberfeld.
November 1927
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, S-i
Zünfundflebztgster
Ashrgang
Inhalt Seite
„Gedenke nun 281
Eine Schrift von Elia, dem Propheten .289
„Nicht von der Welt" 293
Ser Gott dieser Welt 298
Aus slren Briefen.................. 304
Lust, aözuscheiden.................................... 307
wie kurz ist doch die Lebenszeit! sGedichy . 308
R. Lrockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Nöln Nr. 1563)
R. Vrockhaus / Verlag / Elberfeld
Neu erschienen:
Aas wunderbare Haus
Gespräche mit kleinen Leuten
über
die Sttftshütte in der Düste
von Lettice Lett
Mit y Lildern der Stiftshütt«, ihrer Gerät«, des Hohenpriesters usw.
noch Original" Entwürfen.
Zn dreifarbigem Original-tzalblsinenband Mk. 2.—
„ „ »» Gesehenkumfchlsg„ i.so
Ans vorliegende Werkchen ist die Arbeit einer engt. Schreiberin. Sie fchlen
uns der Übersetzung für unsere deutschen Lnsben und Mädchen deshalb
wert, weil die Verfasserin es in wirklich meisterhafter Weis« versteht, den
nicht einfachen Stoff in einer Weise zu behandeln, daß, wie es im Vorwort
heißt, „die Gegenstände Leben gewinnen und die Kreude SN der Ssche
beim Lesen wächst". Sss Luch ist für „kleine Leute" geschrieben, sber such
„große Leute" können dsrsus lernen. Vor Allem werden Sonntsgsschvl-
hslter und /.Halterinnen und solche Eltern, die mit ihren Lindern gern
über die kostbare» Wahrheiten der Schrift rede», ihre Kreude an dem Löchlein
haben.
Lemerkt sei noch, baß die Libelstellen im allgemeinen nach dem Text der
„Elberfelder Libel" und dem Luthertext angegeben sind. Lei der Anführung
aus der Schrift sind nämlich meist nur die Lapirei angegeben, und
das Ausstichen der Verse wird Len Lindern überlassen. Sa nun msnche
der jungen Leser kaum im Lcsttz einer „Elberfelder Libel" fein werden,
wurde der Luthsrtsxt hinzugefügt.
Wiederholt wird empfohlen das Lild
Sie Stistshütte in der wüste
Ein« Ssrstellung der Stiftshütte mit Lrsndopferaltsr, ehernem Waschbecken
und den ringsherum lagernden Stämmen Israels. Im Hintergrund- das
großsrtige Massiv des Sinai. Sas Lild ist künstlerisch susgeführt und in
schtfsrbigem Offsetdruck hergeftellt. Es dürfte für jedes
christliche Hsus «ine Aierd« fein.
Sildgröße 71,5 : 42,5 em. LlsttgrLße los : 72 cm.
Preis Mk. « M
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Heckenrosen
Eine Reihe Erzählungen für die Äugend.
Neu erschienen:
Heft 13 Kindesliebe Heft iq Elisens Sieg
Heft 15 Üb' immer Treu und Redlichkeit
Heft iö Vom Sinai nach Golgatha
frühere Nummern:
H- ft i Ssa^Ogot lErz. aus dem Lattslandrj Heft S Ser arme Simon
„ 2 Drei Wohnungen unter einem Sach „ y Die Bibel des rerüppc's
z Überwinde das Löse mit dem Guten „ io Das Lied der Mutter
„ 4 Sie Rabenfeder
„ 7 Taub und stumm
„ n Treu bis in den Tod
„ l2 Sie Versuchung
Aedes Heft 16 Seiten (Nr. 7—16 illustriert) in schönem Vic»
färben-Lunstdruck-Geschenkumschlag 20 pfg.
Neu erschienen:
Heft 107 Sie Tasche des Postboten
„ 108 Geben ist seliger als Nehmen
Krühere Nummern:
Heft lol Lin doppeltes Msderflnden Heft loq Heinrich u. sein Siensr Looze
102 Ser Vereitelte pinn 105 V?er ist mein Nächster?
„ 103 Me Magdalene glückl. wurde „ io6 „Das kommt von oben!"
Aedes Heft 32 Seiten (Nr. 101—104» 107 und 108 illustriert)
in schönem Vierfarben-Nunstdruck^Geschenkumschl. 30 Pfg-
L Heckenrosen Land i L
enthaltend die ö neuerschienenen Erzählungen:
Sie Tasche des Postboten / Lindeslieke / Ueb' immer Treu und
Redlichkeit x Gelen ist fritier als Nehmen / Vom Sinai noch
Golgatha x L ifens Sieg.
128 Seiten (illustriert) dauerhaft in Halbl. geb. 2Nk. 2. —
__R Lrockhaus / Verlag / Elberfeld
Neu erscheint im Laufe des November:
Die perlbtbel
Illeinste Taschenausgabe in lateinischer Perlschrift
llX?7 cm groß, ;s mni dick, ca. 300 Gramm schwer
Nr. 83; auf gutem Hadern-Oünndruck; sämtliche Lcderbäude
auf allerfcinstem deutschen India-Papicr.
Ilr. 83; Lunstleder mit Rotschnlkt ....... !I>k. t>.-
„ 833 Saffianleder mit Rotscknitt............................... ;3.—
„ 834 Saffianleder mit Goldschnitt . .... .....................„ ;s.-
„ S3S persisch(Schutzklappen) mit Rotschnitl . . - „ ;7.—
„ 83b persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt . „ ;o.-
„ 8.37 Saffianleder, Ledervorsatz, weich m. Rokschn. „ ;o.-
„ <538 I. ff. schwarz Saffian, Lcdervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt ,, ro.äo
„ 838 II. ff. braun Saffian, do. do. ........................... ......
„ 83g I. in ff. schwarzem, weicben, persischen Einband,
(Schutzklappen) Marokkolcder, mit
Rot-Goldschnitt (Baxter) ........ :5.—
„ 83g II. in braunem Baxterband............................... „ rv.so
Zn neuer Auflage ist erschienen:
Vas Taschenliederbuch m. Roten
„Kleine Sammlung geistlicher Lieder"
auf gutem Hadern-Dünndcuck, 8X-r cm groß, cni dick
Nr. b;o Ganzleinen mit Rotschnitt ...... Mk. r.75
„ b;; Leder mit Rotschnitt . . ........................... „ 4 so
„ b;r Leder mit Goldschnitt........................................ „ 8.so
„ b;3 Saffianlcdcr, persisch(Sch»tzki.) mit2lotschiiit> „ 8.rs
„ b;4 Saffianleder,persisch(Schutzkl.)in.Goldschnitt „ g.rs
„ b;8 I. ff. schwarz Saffian, Lcdervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt „ ;;.so
„ b;8 II. ff. braun Saffian do. do.................................. „ ;r.so
„ b;d l. in ff. schwarzem, weichen, persischen Einband,
(Schutzklappen) Marokkolcder, mit
Rot-Goldschnitt (Baxter)....................................„ ;4-8o
„ b;d ll. in braunem Baxterband............................... „ ;5.80
Paterson N. A.
2S3 Rortfi 7th Street
Schaffhausen
Vor der UL sse
Zn Amerika bestell« man bel
Mr. Anton Weise
In der Schweiz bestelle man bei
Herrn C. widmaier
Vruck: K. u. w. Lrockhaus, Elberfeld.
Sezemver 1927
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Aerr ist nahe." Iphil. 4, 3.1
Künfundsiebztgster
Aahrgang
12
Inhalt s-tt«
Gleichförmig .................. .309
Vergebung unö Befreiung..... 319
Aus alten Briefen..................................... 327
Gedanke .............................................................. 331
Gott macht nie Kehler (Gedichtj............... 332
R. Blockhaus, Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Nöln Nr. 15639
R. BrockHaus / Verlag / Elberfeld
Heckenrosen
Eine Reihe Erzählungen für die Äugend.
Neu erschienen:
Heft 13 Kindesliebe Heft 14 Elisens Sieg
Heft 15 Üb' immer Treu und Redlichkeit
Heft 16 Vom Sinai nach Golgatha
Krühere Nummern:
Heft t Sss-Ogot lErz. LUS dem Sattalsndel
„ r Srei IVohnungen unter einem Such
„ z llvervelnd« du« Life mit dem Guten
„ 4 Sie Rabenseder
„ 7 Taub und stumm
Heft S Ser arm« Simon
„ y Sie Libel des Krüppels
,, io Sa» Lied der Mutter
„ II Treu KI« in den Tod
„ ir Sie Versuchung
Aedes Heft 16 Seiten (Nr. 7—lö illustriert) in schönem Vier-
färben-Kunstdruck-Geschenkumschlag 20 pfg.
Reu erschienen:
Heft 107 Sie Tasche des Postboten
„ 10S Geben ist seliger als Nehmen
frühere Nummern:
Heft lot Eln doppeltes Mederfinden Hestro» Heinrich».sein Diener Lvoze
,, lor Ser vereitelte Plan „ los V?«r ist mein Nächster?
„ los Vie Magdalene glückl.«urd« lod„Sss kommt von oben!"
Aedes Heft 32 Seiten (Nr. 101—104,107 und 10S illustriert)
in schönem Vierfarben--Kunstdruck--Geschenkumschi. 30 Pfg.
LL
Heckenrosen Dandi L-
enthaltend die 6 neuerschkenenen Erzählungen:
Sie Tasche des Postvoten /- Lindeslleve / Uev' immer Treu und
Redlichkeit / Geven ist seliger als Nehmen / Vom Sinai nach
Golgatha /- Elisens Steg.
12S Selten (illustriert) dauerhaft in Halbl. geb. Mk. 2
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Neu ist erschienen:
Die Perlbibel
Aleinste Taschennusgabe in lateinischer Perlschrift
NXl7 cm groß, ;s mm dick, ca. soo Gramm schwer
Auf gutem Hadern-Dünndruck:
Nr. sr; Lunstleder mit Rotschnitt . Mk.
Auf bestem deutschen India-Papieri
Nr. sss Saffianleder mit Rotscknitt.................................
„ KS4 Saffianleder mit Goldschnitt................................„
„ vsb persisch(Schutzklappen) mit Rotschnitt . . . „
„ »sb persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt . . „
„ VS7 Saffianleder, Ledervorsatz, weich m. Rokschn. „
„ vsr I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt „
„ vsr II. ff. braun Saffian, do. do...................................„
„ »sg l. in ff. schwarzem, weichen, persischen Einband,
(Schutzklappen) Marokkoleder, mit
Rot-Goldschnitt (Baxter)......................
„ »sg II. in braunem Baxterband...............................- „
,3-
I7>-
IS--
,d.-
ro.so
rr.-
rb.—
r-.so
In neuer Auflage ist erschienen;
Das Taschen lieber buch rn. Roten
„Nleine Sammlung geistlicher Lieder"
auf gutem Hadern-Dünndruck, rX-r cm groß, cm dick
Nr. --- Ganzleinen mit Rotschnitt................................Mk. r-7»
„ Leder mit Rotschnitt.................................... „ 4.80
„ -zr Leder mit Goldschnitt. ...................... ..... 8.»o
„ djZ Saffianleder,persisch(Schutzkl.)nntRotschnitt „ r.rs
„ -14 Saffianleder,persisch(Schutzkl.)m.Goldschnitt „ g.rs
„ Hz» l. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz, Innenkanten
vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt „ --.so
„ -1» II. ff. braun Saffian do. do. . . . . . „ jr.»o
„ I. in ff. schwarzem, weichen, persischen Einband,
(Schutzklappen) Marokkoleder, mit
Rot-Goldschnitt (Baxter)................. „ 14.-0
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Paterson N. A.
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Schaffhausen
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In Amerika bestelle man bei
Nr. Anton Speise
In der Schweiz bestelle man bei
Herrn C. V?idmaier
R. Brockhaus / Verlag / Elberfeld
Vas wunderbare Haus
Gespräche mit kleinen Leuten
über
die Stistshütte In der Vi>üste
Mit 9 Bildern der Stistshütte, ihrer Geräte, des Hohenpriesters usw.
nach Original,Entwürfen.
In dreifarbigem Originsl^Halvleinenband Mk. 2.— -
„ „ „ Geschenkumfchlag,, 1.Z0 < '
Sie Stistshütte in der X^üste
Eine Darstellung der Stistshütte mit Lrandopferaltar, ehernem Waschbecken
und den ringsherum lagernden Stämmen Israels. Im Hintergründe das
großartige Atasstv des Sinai. Sa« Sild ist künstlerisch ausgeführt und in
achtfarbigem Offsetdruck hergestellt. Es dürfte für jedes
christlich« Hau« ein« Aierd« sein.
Lildgrdßs 71,5 : »2,5 cm. Llattgrvße los : 72 cm.
Preis Akk. q.zo
Dringend wird gebeten, Neubestellungen oder etwaige
Kündigungen des „Botschafter", der „Samenkörner"
usw. für das Jahr 1928 beim Verlag oder bei
den bisherigen Besorgern wenn möglich vis zum r. Januar
bewirken zu wollen. Kalls bis zu diesem Zeitpunkt keine
Veränderungen angemeldet sind, wird angenommen,
daß die bisherige Anzahl auch weiter gewünscht wird,
wer die Schriften nicht gut bezahlen kann, bestelle deshalb
nicht ab, sondern setze sich betreffs billigeren oder
ganz unentgeltlichen Bezugs mit dem Schriftenvesorger
seines Ortes oder dem Verlag selbst in Verbindung.
Druck: K. u. w. Lrockhaus, Elberfeld.