Botschafter des Heils in Christo 1932

02/06/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger
Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1932Seite
Prüfet mich doch dadurch!"1
Der Brief an die Galater9
Hirt und Herde18
Er ist unser Friede"25
Gottes Tun mit den Seinigen29
Es ist vollbracht"57
Unterredungen über den ersten Brief an die Korinther 65.65
Galater 5, 24-2674
Die sogenannte, Brüderstunde"77
Laßt uns Gnade haben!"81
Ein Wort über die christliche Taufe85
Dort bin ich daheim"111
Fragen aus dem Leserkreise 112. 139. 224. 252.112
Dienst113
Ein verderbliches Netz123
Viele Erste werden Lezte, und Lezte Erste sein"134
Bis Er uns ruft! (Gedicht)139
Abjathar141
Wenn anders"159
Kindersegen167
Der Stein169
„Ein Fluch Gottes ist ein Gehängter"187
Geliebte, lasst uns einander lieben195
Israel (Gedicht)196
Der Berg Zion197
Komm herüber und hilf uns.212
Heute babe ich meinen Rundgang gemacht"218
Aus einem alten Briefe.222
Warum wir hienieden gelassen sind.225
Mose und die siebenzig Ältesten.240
Unsere Kleinen244
Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde253
alle zu mir ziehen"
Die Zufluchtstädte271
Mitteilung des Schriftleiters279
Gebet (Gedicht)280
Entlasst mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe281
Der Sohn des Menschen im Himmel.287
Der Himmel ist offen.301
Allezeit bei dem Herrn!"304
Doch siehe (Gedicht)308
Knechtsart309
Meine Gnade genügt dir"327
Eine gute Antwort329
Ausblick (Gedicht)332

Botschafter
des
Heils in Khrtsto
„Der Herr ist nahe." (Phil. 4, 5.)
Achtzigster Jahrgang
Verlag von R. Brockhaus
Wuppertal-Elberfeld
I 9 32
Inhaltsverzeichnis
Seite
„Prüfet mich doch dadurch!" ....... 4
Der Brief an die Galater . ... y. 40. 74
Hirt und Herde .................................................49. 50
„Er ist unser Friede" ..................................................25
Gottes Tun mit den Deinigen ...... 2d
„Es ist vollbracht" ........ 57
Unterredungen über den ersten Brief an die Korinther
65. 402. 427. 454. 479. 205. 233. 263. 293. 347
Galater 5, 24—26 74
Die sogenannte „Brüderstunde" ................................77
„Laßt uns Gnade haben!" .............................. 84
Ein Wort über die christliche Taufe ..... 85
„Dort bin ich daheim".................................... . 444
Fragen aus dem Leserkreise 442. 439. 224. 252. 334
Dienst ............ 443
Ein verderbliches Netz ........ 423
„Viele Erste werden Letzte, und Letzte Erste sein" 434
Bis Er uns ruft! (Gedicht) ....... 439
Abjathar ..................................................................444
„Wenn anders" ........... 459
Kindersegen .................................................................. 467
Der Stein ........... 469
„Ein Fluch Gottes ist ein Gehängter" .... 487
„Geliebte, laßt uns einander lieben!" .... 495
— Seite
Israel (Gedicht) .......... 196
Der Berg Zion .......... 197
„Komm herüber und hilf uns!" .. ..............................2t 2
„Heute habe ich meinen Rundgang gemacht" . . 218
Aus einem alten Briefe.............................. ...... 222
Warum wir hienieden gelassen sind ..... 225
Mose und die siebenzig Ältesten.................................240
Unsere Kleinen .......... 244
„Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde
alle zu mir ziehen"......................................................253
Die Jufluchtstädte .................................... . 271
Mitteilung des Schriftleiters ...... 279
Gebet (Gedicht) .......... 280
Entlasset mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe! 281
Der Sohn des Menschen im Himmel..... 287
Der Himmel ist offen.................................... 301
„Allezeit bei dem Herrn!" ........ 304
Doch siehe! (Gedicht) ......... 308
Knechtesart .......................................... 309
„Meine Gnade genügt dir".............................. . 327
Eine gute Antwort ................................................ 329
Ausblick (Gedicht)............................................................332
„prüfet mich doch dadurch!"
(Eingesandt)
„Prüfet mich doch dadurch, spricht Jehova der Heerscharen,
ob ich euch nicht die Fenster des Himmels auftun
und euch Segen ausgießen werde bis zum Übermaß."
(Mal. 3, lo.)
Diese Worte lassen uns einen Mick in das Herz
Gottes tun und bezeugen uns, wie Er in herablassender
Güte stets bereit ist, Sein Volk zu segnen, wenn es nur
auf die Unterweisungen Seines Wortes acht hat.
Die Veranlassung zu diesem Ausspruch finden wir
in den vorhergehenden Versen 7—9. Israel hatte Gott
in dem, was Ihm nach dem Gesetz zukam, beraubt, Zehnten
und Hebopfer waren nicht gebracht worden. Er mußte
ihnen deshalb durch den Propheten zurufen: „Bringet
den ganzen Zehnten in das Vorratshaus, auf daß Speise
in meinem Hause sei". Nach der Verordnung Gottes
mußte das Volk zwei Jahre hintereinander allen Zehnten
seines Ertrags, des Getreides, des Mostes, des Oles,
samt den Erstgeborenen seines Rind- und Kleinviehes,
nach Jerusalem hinaufbringen. Dort durfte es diesen Zehnten
dann vor Jehova, seinem Gott, verzehren und sich
freuen, sollte dabei aber auch des Leviten nicht vergessen,
sodaß der Zehnte wiederum zum unmittelbaren Segen
des ganzen Volkes diente.
t.xxx 1
2
Im dritten Jahre, „dem Jahre des Zehnten",
jedoch mußte der Zehnte an Ort und Stelle der Wohnung
des einzelnen Israeliten, „in seinen Toren", niedergelegt
werden, damit der Levit, der Fremdling, die
Waise und die Witwe kommen und davon essen und sich
sättigen möchten?) Dabei wird ausdrücklich betont, daß
nichts davon zurückgehalten oder für irgendwelche
andere Zwecke verwendet werden durfte. (Lies 5. Mose
44, 22—29; 26, 42—45.) Der Umstand, daß die Israeliten
von diesem Zehnten nichts zu eigenem Genuß
zurückempfingen, brachte sie in Gefahr, in seiner Ablieferung
nicht treu zu sein. So ist der Mensch. Aber welch herrliche
Beweise haben wir hier von der Sorge Gottes für Sein
Volk und vor allem für die, welche der Hilfe bedurften!
Bekanntlich hatte der Levit kein Teil noch Erbe im
Lande erhalten. Er war von feiten Gottes dazu bestimmt,
in Seinem Dienst zu stehen und im Zelte der Zusammenkunft,
später im Tempel, als Gehilfe der Priester den
Dienst zu verrichten und für die Kinder Israel Sühnung
zu tun. (Vergl. 4. Mose 8, 48. 49.) Da er nun auch der
Erhaltung bedurfte, so wurde Israel belehrt, seiner zu
gedenken und jedes dritte Jahr ihm den ganzen Zehnten
zu geben. Doch auch der Levit sollte von diesem Vorrecht
des Gebens nicht ausgeschlossen sein; ihm wurde geboten,
von dem erhaltenen Zehnten wiederum ein Hebopfer
für Jehova zu heben und den Zehnten von dem Zehnten
dem jeweiligen Hohenpriester zu geben. (Vergl. 4. Mose
48, 20—32.)
*) Andere meinen. Israel habe in diesem dritten Jahre zwei
Zekntcn darbringen müssen, einen für Jekova, in dem gewöhnlichen
Sinne, und einen zweiten ausschließlich für die Leviten usw.
z
Alle diese gesetzlichen Verordnungen mußten aufs
genaueste beobachtet werden; jede Vernachlässigung zog
Verlust und Gericht nach sich, denn nur auf dem Wege
des Gehorsams konnte Gott Sein Volk segnen. Leider
hat Israel darin immer wieder gefehlt und die Gebote
Jehovas vernachlässigt. Von jeher hat sich das selbstsüchtige
Herz des Menschen als widerspenstig erwiesen, trotzdem
es in seinen natürlichen Berechnungen immer wieder
zuschanden wurde. Die Geschichte Israels liefert uns
reichliche Gelegenheiten, die Spuren dieses trügerischen,
heillosen Herzens zu verfolgen. War die Verbindung zwischen
Jehova und Seinem Volk ungetrübt, wandelte dieses
in Gottes Geboten, so flössen die Segensströme so
reichlich auf alle herab, daß Israel als das glücklichste
Volk inmitten der Nationen betrachtet werden konnte. Es
genoß dann Zeiten wirklicher Erquickung, und Jehova kam
zu Seinem Rechte. Ein Beispiel davon sehen wir in
2. Chron. zq. Unter dem frommen König Jehiskia gab
es bei dem Volk ein freudiges Aufleben, und die göttliche
Ordnung wurde wiederhergestellt. Nicht nur wurden
die gebotenen Brandopfer dargebracht, sondern auch
das Teil der Priester und Leviten, die Erstlinge von der
Frucht des Landes, Most, Ol und Honig, samt dem Zehnten
in solcher Menge gegeben, daß alle gesättigt wurden
und noch eine große Menge übrigblieb.
Das letzte Buch des Alten Testaments berichtet uns,
wie schon bemerkt, leider das Gegenteil. Dort hören wir
Gott klagen, daß Israel Ihn heraubt habe. Aber warum
sagt wohl der Herr: „Ihr habt mich beraubt"? Waren
doch die Zehnten, abgesehen von dem, was das Volk
selbst davon verzehren durfte, für die Priester, die Le
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viten, den Fremdling, die Witwe und die Waise bestimmt.
Sie waren also die Beraubten, aber sie waren zugleich
die Lieblinge Jehovas. Ist es nicht kostbar, die herablassende
Liebe Gottes hier zu sehen, dieses Sicheinsmachen
mit Seinen Knechten und mit allen denen, die der Hilfe
bedurften? Der große Gott, dem alles zu Gebote steht,
hat das innigste Interesse an dem Wohl und Wehe Seiner
Diener und der Armen inmitten Seines Volkes. Wie
anbetungswürdig ist das!
Wir haben uns schon daran erinnert, welch verkehrte
Berechnungen das Herz des Menschen (und damit wohl
auch unser Herz) macht, als ob cs einen Verlust bedeute,
wenn man von dem, was man hat, reichlich abgibt. Die
Belehrungen des Wortes Gottes und unsere eigenen Erfahrungen
unterweisen uns ganz anders. „Da ist einer,
der auSstreut, und er bekommt noch mehr; und einer, der
mehr spart als recht ist, und es ist nur zum Mangel."
— „Ehre Jehova von deinem Vermögen und von den
Erstlingen all deines Ertrages; so werden deine Speicher
sich füllen mit Überfluß, und deine Kufen von Most
üb er fließ en." (Spr. 44, 24; Z, y. 40.)
Diese Worte sind so leicht verständlich, daß es sich
erübrigt, sie näher zu erklären. Aber vergessen wir nicht:
Das Beherzigen derselben bringt solch reichen Segen.
Die Gläubigen der Jetztzeit stehen ja nicht auf dem
Boden des Gesetzes. Wir haben bezüglich des Gebens kein
bestimmtes Gebot empfangen, uns ist nicht das Bringen
des Zehnten von all unserem Ertrage auferlegt. Aber
die Belehrungen, welche das Wort Gottes uns gibt, überschreiten
weit die Forderungen des Gesetzes. Was uns
leiten soll, sind die Regungen eines dankbaren Herzens,
5
das die Liebe Gottes geschmeckt hat, eines Herzens, das
Freude hat am Geben. In 2. Kor. 9, 7 lesen wir:
„Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb". Gottes
Freude ist es, zu geben, reichlich zu geben; Er kargt nicht,
und Er erwartet dasselbe von Seinen Kindern. „Des
Wohltuns und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen
Opfern hat Gott Wohlgefallen." (Hebr. 13, 1.6.)
Von Natur haben wir freilich dieselben berechnenden
Herzen wie die übrigen Menschen. Deshalb sind die
diesbezüglichen Belehrungen des Neuen Testaments neben
denen des Alten Bundes so notwendig für uns. Es
steht für uns geschrieben: „Wer sparsam sät, wird auch
sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich
ernten" — schon hier, und noch viel mehr droben.
Manche haben ähnliche Erfahrungen gemacht wie
ein alter treuer Bruder, der schon länger beim Herrn von
seiner Arbeit ausruht. Viele Jahre lang versammelten
sich die Gläubigen in seinem Hause. Von weither kamen
sie zur Anbetung und zur Betrachtung des Wortes dahin.
Unermüdlich übte er Gastfreundschaft an ihnen, sodaß
die Welt ihm das Schlimmste prophezeite. Das konnte
unmöglich gut enden! Aber was geschah? Anstatt ärmer
zu werden, wuchs sein Wohlstand. Und das ist nur ein
Fall von vielen anderen, ähnlichen, die alle eingetragen
sind in Gottes Bücher.
Ich brauche kaum darauf hinzuweisen, wie groß gegenwärtig
die Bedürfnisse der Heiligen sind. Stellenlose,
Arbeitslose usw. gibt's auch unter ihnen in Menge. Dabei
dehnt sich das Werk des Herrn im In- und Auslande
durch Gottes Gnade immer mehr aus, und damit wachsen
die Bedürfnisse auch in dieser Beziehung. Die Versamm
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lungen mehren sich an Zahl, und die bestehenden werden
immer größer. Der Herr tut Wunderbares in unseren
Tagen. Sollten da nicht auch unser Interesse und unsere
Teilnahme, sowohl im Gebet als auch im Mitteilen,
immer mehr geweckt werden? Sollten wir nicht ein warmes
Herz haben für die Verkündigung des Evangeliums
und die Verbreitung der kostbaren Schriften, die Gott
uns geschenkt hat? Ja, geliebte Geschwister, der Herr
wolle unsere Herzen weit und willig machen, um Mitarbeiter
zu werden in Tat und Wahrheit! Es ist oft gesagt
worden, daß der Herr Jesus auch heute noch als
Zuschauer am Schatzkasten sitze. (Mark. 1.2, 41—44.)
Und Er sieht nicht nur, was jeder einlegt, sondern Er
kennt und beurteilt die Beweggründe des Herzens. Vielleicht
hätten wir es kaum für der Mühe wert geachtet,
von dem Tun der Witwe etwas zu schreiben, aber der
Herr beurteilt alles nach Seiner vollkommenen Einsicht
und schätzt es danach ein.
Wir wollen auch nicht vergessen, daß viel Lob und
Dank Gott dargebracht wird, wenn Bedürftige eine Handreichung
empfangen. „Denn die Bedienung dieses Dienstes
ist nicht nur eine Erfüllung des Mangels der Heiligen,
sondern ist auch überströmend durch viele Danksagungen
gegen Gott." (2. Kor. 9, 12.) Es ist uns auch
wohlbekannt, daß der Heilige Geist in den Gläubigen
den Wunsch des Wohltuns und Mitteilens wachrufen und
beleben möchte, und oft bedarf es nur einer Erinnerung,
um die Herzen zu veranlassen, den Wunsch in die Tat
umzusetzen. Wie schön wäre eS, wenn auch diese Zeilen
dazu dienen würden, „unsere lautere Gesinnung aufzuwecken"!
Wir sind so vergeßlich!
7
Wäre es nicht vielleicht gut, wenn unsere lieben
Brüder, die in den örtlichen Versammlungen den schönen
Dienst der Kassenverwaltung haben, von Zeit zu Zeit in
herzlicher Liebe an Hand des Wortes Gottes die versammelten
Gläubigen an das große Vorrecht des Gebens
erinnerten? Wir glauben, daß der Herr Seinen Segen
dazu geben würde. Vielleicht könnte man einwenden, die
gegenwärtigen Zeiten seien nicht dazu angetan, gerade auf
diese Seite des Dienstes so oft hinzuweisen. Freilich sollte
es stets in entsprechender Form geschehen; auch wissen
wir, daß, „wenn die Geneigtheit vorliegt, einer annehmlich
ist nach dem er hat und nicht nach dem er nicht
hat". (2. Kor. 8, 12.) Aber die Erfahrung hat wieder
und wieder gelehrt, daß gerade in solch schwierigen Zeiten
die Herzen williger sind, „nach Vermögen und über
Vermögen" zu geben, als in äußerlich besseren Tagen.
Von den Versammlungen in Makedonien konnte der Apostel
bezeugen, „daß bei großer Drangsalsprüfung die Überströmung
ihrer Freude und ihre tiefe Armut übergeströmt
sei in den Reichtum ihrer Freigebigkeit". Die Herzen waren
glücklich im Herrn, und so öffneten sich die Hände
ganz von selbst.
Immer bleibt es wahr, daß Geben seliger ist als
Nehmen. Das bezeugen die neutestamentlichen Schreiber
immer wieder. Was der Heilige Geist in den Tagen der
ersten Frische zu wirken vermochte, darüber berichtet uns
Lukas in der bekannten Stelle in Apstgsch. 4, 32—35:
„Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein
Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, daß
etwas von seiner Habe sein eigen wäre, sondern es war
ihnen alles gemein usw."
8
Paulus schreibt an die Galater: „Laßt uns aber im
Gutestun nicht müde werden, denn zu seiner Zeit werden
wir ernten, wenn wir nicht ermatten. Also nun, wie
wir Gelegenheit haben, laßt uns das Gute wirken gegen
alle, am meisten aber gegen die Hausgenossen des Glaubens"
(Kap. 6, y. 40), und er nennt in Phil. 4, 48 das
ihm von den Philippern Gesandte „einen duftenden Wohlgeruch,
ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig".
Auch in Hebr. 43, 46 werden die Kundgebungen dcö
Wohltuns und Mitteilens Gott wohlgefällige Opfer genannt
und in unmittelbare Verbindung gebracht mit „den
Opfern des Lobes, der Frucht der Lippen, die Seinen
Namen bekennen". Beide gehören zusammen wie die duftende
Blüte und die köstliche Frucht.
Auch Jakobus will den Glauben wirksam sehen im
Wohltun und Mitteilen. Der Glaube, der nicht Werke
hat, ist tot: „Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester
nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt, und jemand
unter euch spricht zu ihnen: Gehet hin in Frieden, wärmet
euch und sättiget euch! Ihr gebet ihnen aber nicht
die Notdurft des Leibes, was nützt es?" (Kap. 2, 45. 46.)
Der Apostel Johannes endlich ruft uns zu: „Wer
aber der Welt Güter hat und sieht seinen Bruder Mangel
leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt die
Liebe Gottes in ihm?" (4. Joh. 3, 47.)
So weit der Einsender der obigen Zeilen. — Der
Herr gebe seinen warmen, zeitgemäßen Worten Eingang
bei den Lesern und lasse sie uns allen zum Nutzen und
Segen dienen!
y
der Brief an die Galater
(Fortsetzung)
Kapitel 6, 1-10
Ähnlich so wie der Apostel am Ende des Römer-
briefes (Kap. 1.5, 1—Z) die „Starken" ermahnt, die
Schwachheiten der Schwachen zu tragen und nicht sich
selbst zu gefallen, wendet er sich hier an die Herzen und
Gewissen der „Geistlichen", um sie an ihre Liebespflicht
den Geschwistern gegenüber zu erinnern. Daß er mit dem
Wort „Geistliche" nicht eine besondere Klasse von Personen
unter den Galatern meint, so wie man in der heutigen
Christenheit von „Geistlichen" im Gegensatz zu der
Gemeinde, den „Laien", zu reden pflegt, bedarf wohl keiner
Erwähnung. Die Auffordemng richtet sich an alle:
„ihr, die Geistlichen". Ob sie alle diese Bezeichnung verdienten,
darüber mochte ein jeder sich selbst Rechenschaft
geben. Unwillkürlich drängt sich uns immer wieder das
Gefühl auf: Wie ernst und erforschend ist doch Gottes
Wort! Fürwahr, es ist „siebenmal gereinigt"! Das
zeigt uns der Anfang unseres Kapitels von neuem:
„Brüder! wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt
übereilt würde, so bringet ihr, die Geistlichen, einen
solchen wieder zurecht im Geiste der Sanftmut, indem
du auf dich selbst siehst, daß nicht auch d u versucht werdest."
(V. 1.) „Wenn auch ein Mensch von einem
Fehltritt übereilt würde!" Es wird also nicht vorausgesetzt,
daß der Gläubige sündigt; wenn es aber geschehen,
wenn einmal der Fall eintreten sollte, daß ein
Mensch — beachten wir auch dieses Wort: ein Mensch,
— ro —
ein schwaches, zum Fehlen geneigtes Geschöpf — sich
vergäße und von einem Fehltritt übereilen ließe, „so
bringet" usw. Es ist ähnlich wie in 1,. Joh. 2, *l. Hier
wie dort wird nicht angenommen, daß der Gläubige sündigen,
Fehltritte begehen müsse. Johannes schrieb im
Gegenteil an seine Kinder, „auf daß sie nicht sündigten",
und Paulus sagt zu seinen Brüdern: „Wandelt im Geiste,
und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht (in keiner
Weise) vollbringen".
Doch wer sind die „Geistlichen"? Ihrer Stellung
und Berufung nach tragen alle aus Gott Geborenen diese
Bezeichnung. Ob aber alle in Wort und Wandel sich praktisch
als „geistliche Menschen" erweisen, ob sie alle „im
Geist wandeln", das ist eine zweite Frage. Sie sollten
es alle tun, sollten alle „Geistliche" sein, und das
umsomehr, je länger sie auf dem Wege sind. Aber es ist
uns nur zu gut bekannt, daß die Wirklichkeit nicht immer
der Voraussetzung oder Erwartung entspricht. „Geistlich"
sein hängt nicht so sehr von dem Maße der geistlichen Erkenntnis
ab, so wichtig und schätzenswert diese ist, als
vielmehr von der inneren Herzensstellung, von dem Grade
oder Maße, in welchem wir in all unserem Denken, Tun
und Lassen durch die belehrende und heiligende Kraft des
Geistes geleitet werden.
Der Apostel wendet sich also an alle; aber nur die
wirklich Geistlichen waren und sind heute imstande, seiner
Ermahnung zu folgen, und auch sie wiederum nur in
dem Maße des in dieser Beziehung erreichten inneren
Wachstums. Wir wollen das nicht vergessen. So heilig
die Pflicht und so groß das Vorrecht ist, den Bruder oder
die Schwester, die gefehlt haben, wieder zurechtzubringen.
— n —
bedarf es dazu doch besonderer Gnade. Man sollte meinen,
die ältesten Gläubigen wären naturgemäß die zu diesem
Dienst besonders Berufenen; aber so wichtig Alter und
Erfahrung in dieser wie in mancher anderen Beziehung
sein mögen, sie genügen doch nicht allein.
Das untrügliche Kennzeichen eines wirklich geistlichen
Christen ist ein „Wandel mit Gott", d. i. ein Leben
im Licht, in der gewohnheitlichen Verurteilung des Bösen
bei sich selbst, in dem schonungslosen Gericht über das
eigene Ich und in der damit notwendig verbundenen Erkenntnis,
daß er zu jedem Schritt der Gnade bedarf, ja,
nur durch Gnade leben kann. Wiederum möchte man
meinen, daß ein solcher Christ der rücksichtsloseste Beurteiler
und Verurteiler des Bösen in dem anderen wäre.
Aber die Erfahrung lehrt, daß das Gegenteil der Fall ist;
und es kann nicht anders sein. Gerade das fortwährend
geübte Selbstgericht befähigt den Gläubigen, die Fehler
des anderen milde zu beurteilen; sollte er, der selbst täglich
und stündlich so viel Gnade bedarf und erfährt, nicht
auch Gnade üben? Nicht daß er das Böse bei anderen
beschönigte oder entschuldigte; im Gegenteil, es schmerzt
ihn tief, es dort zu sehen, weil er weiß, wie der Herr
dadurch verunehrt und die beglückende Gemeinschaft der
betreffenden Seele mit Gott unmöglich gemacht wird.
Aber seine eigenen Erfahrungen setzen ihn in den Stand,
„im Geiste der Sanftmut" dem anderen zu begegnen und
zurechtzuhelfen. Indem er das eigene Ich in seinem Verderben
kennen gelernt hat, weiß er, wie sehr er bedarf,
auf sich selbst zu sehen, daß nicht auch e r versucht werde
und falle.
Nachdem wir in den früheren Kapiteln so viel von
— t2 —
Gesetz gehört haben und ermahnt worden sind, uns in
keinerlei Form unter ein gesetzliches Joch bringen zu lassen,
sind wir vielleicht überrascht, im 2. Verse dieses Kapitels
dennoch von einem Gesetz zu hören, das wir erfüllen
sollen: „Einer trage des anderen Lasten, und also
erfüllet das Gesetz des Christus". Der Apostel sagt
gleichsam: Ihr redet so viel von Gesetz; wenn ihr denn
durchaus ein Gesetz haben wollt, hier ist eins: erfüllt das
Gesetz des Christus. Ein Gesetz ist eine Regel, eine
Richtschnur für unser Verhalten. Nun, die Regel des ganzen
Lebens Christi, das was Ihn hienieden leitete, war,
anderen zu dienen. Er fand Seine Freude darin,
ihre Lasten auf sich zu nehmen. Laßt uns es auch so
machen! Das Leben bringt neben Versuchungen zur Sünde
auch Schwierigkeiten, Prüfungen, Leiden aller Art mit
sich, lauter Dinge, die sich wie eine drückende Last auf
Herz und Gemüt, besonders der Schwachen im Glauben,
legen wollen. Hier gibt es Gelegenheiten in Fülle, unsere
Liebe und unsere Bereitwilligkeit zum Dienen zu beweisen.
Aber wollen wir es tun, so müssen wir unö bücken und
dürfen unsere Schultern nicht schonen. Eine solche Forderung
stellte das Gesetz vom Sinai nicht, es war dem
Menschen im Fleische gegeben; aber so erfüllt der „geistliche
Mensch" das „Gesetz des Christus". Welch ein weites
Feld eröffnet sich da für unsere Tätigkeit!
Jur Erfüllung dieses Gesetzes gehört indes, wie schon
angedeutet, ein demütiger Sinn, ein unterwürfiges, von
der Gesinnung Christi erfülltes Herz. „Denn wenn jemand
meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt
er sich selbst." (V. Z.) Der religiöse Mensch bemüht sich
gern im Dienste anderer, aber demütig, in der Liebe Christi
des anderen Lasten zu tragen, das vermag er
nicht. Die Liebe, die Gesinnung Christi ist ihm fremd,
und anstatt anderer Lasten auf sich zu nehmen, legt er
ihnen lieber Lasten auf. So war eö zur Zeit des Herrn
mit den gesetzeöeifrigen Pharisäern und Schriftgelehrten,
und so ist es heute mit jeder gesetzlichen oder, was dasselbe
bedeutet, jeder menschlichen Religion. Auf diesem
Boden stehend, gefällt man sich darin, Almosen zu geben,
gute Werke zu tun, seinen Namen an die Spitze der Sammellisten
für Arme und Kranke, für Mission in Heimat
und Fremde zu setzen; ja, man ist unter Umständen bereit,
selbst beträchtliche Opfer für die verschiedenen Zweige
des Werkes der Nächstenliebe usw. zu bringen, aber indem
man das tut, um die Anerkennung der Menschen zu haben,
indem man meint, selbst etwas zu sein, betrügt man
sich selbst. Man ist vor Gott nichts, und der vermeintliche
Gottesdienst ist eitel. Beachten wir jedoch, daß
der Apostel nicht an bloße Bekenner, sondern an wahre
Gläubige schreibt, daß also auch sie der Gefahr ausgesetzt
sind, von sich selbst etwas zu halten, sich selbst zu suchen.
Aber wie häßlich, ja, wie verächtlich ist das! Die Worte
des Apostels sind einfach, aber gerade deshalb umso bedeutsamer
und wirkungsvoller: „Wer da meint, etwas zu
sein, da er doch nichts ist". Möchten sie sich tief
in unsere Herzen eingraben!
„Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk, und dann
wird er an sich selbst allein und nicht an dem anderen
Ruhm haben." (V. 4.) Ein weiterer wichtiger Grundsatz!
Wenn ich mein eigenes Werk im Lichte Gottes prüfe, wird
die Gefahr, mich selbst und mein Tun zu rühmen, nicht
groß sein. Ich werde einerseits mein stetes Zukurzkommen
— 14 —
sehen, und anderseits liegt in dem Bewußtsein, irgend
etwas für den Herrn tun zu dürfen, für mich Ruhm genug.
Aber was taten jene Gesetzeslehrer in Galatien?
Nicht genug damit, daß sie sich darin gefielen, selbst Juden
zu sein, rühmten sie sich auch derer, die, ihren Belehrungen
folgend, sich wieder unter das Joch des Gesetzes
beugen ließen. Anstatt die Lasten der anderen zu tragen,
legten sie ihnen Lasten auf! Welch ein Werk! Sie
waren in das Feld eines anderen Arbeiters eingedrungen
und suchten die Früchte seines Werkes zu zerstören. Wahrlich,
sie arbeiteten nicht für den Herrn und Seine Ehre,
sondern für sich selbst und ihren eigenen Ruhm.
Wie ganz anders war die Arbeit des Apostels und
wie schön das Ergebnis derselben gewesen! Seelen
Christo zugeführt zu haben, das war sein Ruhm. Des
halb konnte er ruhig in die Zukunft blicken und an das
Ende von allem denken. „Ein jeder wird seine eigene Last
tragen." (V. 5.) Wir alle haben es mit Gott zu tun.
Ein jeder von uns wird einmal für sich selbst Gott
Rechenschaft geben müssen. (Röm. 14, 12.) Nicht daß
der Gläubige je wieder ins Gericht kommen könnte wegen
seiner Sünden, dafür hat Christus ein für allemal
auf Golgatha im Gericht gestanden; aber wir werden alle
vor den Richterstuhl Gottes gestellt, werden alle einmal
offenbar werden, um dann unser ganzes Leben als
Gläubige in dem Lichte dieses Richterstuhls zu sehen. Dann
„wird ein jeder seinen eigenen Lohn empfangen
nach seiner eigenen Arbeit" — „einem jeden wird
sein Lob werden von Gott". (1. Kor. z, 8; 4, 5.) Dann
wird es sich zeigen, wie ein jeder von uns seiner Verantwortlichkeit
als Gläubiger, als Christi Diener, ent
— 15 —
sprechen hat, aber auch, wie alles, was wir für unseren
Herrn hienieden tun konnten, ausschließlich auf Seine
Gnade zurückzuführen ist. O wie sollte dieser Gedanke
uns anspornen, wachsam zu sein, allezeit überströmend
in dem Werke des Herrn! Wie sollten wir uns beeifern,
Ihm wohlgefällig zu sein bei Seiner Ankunft!
Im nächsten Verse erinnert Paulus die gläubigen
Galater an eine Pflicht, über die er auch in anderen Briefen
wiederholt redet, und in deren Erfüllung sie vielleicht
lässig gewesen waren: „Wer in dem Worte unterwiesen
wird, teile aber von allerlei Gutem dem mit, der ihn unterweist".
Beachten wir, daß das Wörtlein „ihn" im
Grundtext nicht steht. Dieser Umstand weist uns vielleicht
darauf hin, daß wir nicht danach fragen sollen, ob wir
selbst gerade den Segen des Dienstes empfangen haben;
jeder Arbeiter des Herrn, wo er auch arbeiten mag, ist
seines Lohnes wert, und es ist das Vorrecht der Gläubigen,
alle, die der Herr ausgesandt hat, ob in der
Nähe oder in der Ferne, in ihrem Werk mit allerlei Gutem
zu unterstützen, jenachdem sie es nötig haben mögen,
und soweit es möglich ist. Das liebende Auge des Herrn
ruht auf allen Seinen Knechten, und kein Liebesdienst,
der ihnen geschieht, entgeht diesem Auge. Keiner wird unbelohnt
bleiben. Paulus selbst nennt eine Gabe, die er
von den Philippern empfangen hatte, einen „duftenden
Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig".
„Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten! denn
was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten."
(V. 7.) Man kann nicht ungestraft sich zum Christentum
bekennen, von Gnade reden und doch nach dem Fleische
wandeln. Der Gott, den wir als Vater anrufen, ist der
— Ib —
dreimal heilige Gott, „der ohne Ansehen der Person richtet
nach eines jeden Werk". Wer darf es wagen. Seiner
zu spotten, indem er bekennt, ein Kind Gottes zu sein,
den Heiligen Geist zu besitzen, und doch seinem eigenen
bösen Willen folgt und dem Fleische dient? Die ernsten
Folgen können nicht ausbleiben. Wie die Aussaat, so ist
die Ernte. Was irgend ein Mensch sät, das muß er ernten.
„Denn wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von
dem Fleische Verderben ernten; wer aber für den Geist
sät, wird von dem Geiste ewiges Leben ernten." (V. 8.)
Die heiligen Grundsätze der Regierung Gottes sind unumstößlich.
Einem ähnlichen Wort begegnen wir in Röm. 8,13:
„Wenn ihr nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben".
Es ist, genau so wie das hier vorliegende, an
Gläubige gerichtet. Von dem Fleische können nur Tod
und Verderben geerntet werden. Wenn ein Mensch, der
an Christum zu glauben bekennt, die Wege des Fleisches
einschlägt, auf das Fleisch sät, so ruft ihm das Wort zu:
Das Ende deines Weges ist der Tod, ist das Verderben!
Wenn du aufhörst, deine eigene Seligkeit mit Furcht und
Zittern zu bewirken (vergl. Phil. 2, 1.2), so wirst du das
Ziel, die Herrlichkeit, nicht erreichen, wirst das Ende deines
Glaubens, die Errettung der Seele, nicht davontragen.
(Vergl. 1. Petr. 1, y.) Wenn du aber auf den Geist
säest, wirst du von dem Geiste ewiges Leben ernten. In
beiden Fällen ist die Ernte gewiß.
Vielleicht wird der eine oder andere Leser jetzt kopfschüttelnd
fragen: Aber wie soll ich das verstehen? Hängt
mein ewiges Heil schließlich also doch von mir, von
meinem Tun ab? Ist das ewige Leben nicht mehr
z7
die freie, unverdiente Gabe Gottes, die keine Macht der
Welt oder der Hölle mir rauben kann?
Man sagt in zeitlichen Angelegenheiten mit Recht:
Jedes Ding hat seine zwei Seiten. So gibt es auch in den
ewigen oder geistlichen Dingen zwei Seiten, eine göttliche
und eine menschliche. Wenn es sich um die göttliche
Seite der Errettung handelt, so ist alles vollkommen,
für ewig gesichert. Wer und was könnte eine errettete
Seele aus der Hand Gottes rauben? Wer und was das
Werk Christi in Frage stellen oder Sein Opfer unwirksam
machen? Welche Macht in der Höhe oder in der
Tiefe „wird uns zu scheiden vermögen von der Liebe
Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem Herrn"? Hier
gibt es kein „Wenn", keinen Zweifel, keine Bedingung.
Gott wird Sein Werk vollenden. Seinen Rat ausführen,
trotz all unserer Schwachheit und Unvollkommenheit.
Nun aber die menschliche Seite. Wie redet das Wort
zu der erretteten Seele? Sagt es ihr: Da du einmal für
immer errettet bist, darfst du getrost die Hände in den
Schoß legen; wenn auch die Sünde noch in dir wohnt
und die Welt um dich her voll von Gefahren und Versuchungen
ist, beunruhige dich nur nicht, es wird schon
alles recht werden? Nein, sie sagt im Gegenteil, um nur
einiges anzuführen: Wache und bete, daß du nicht in die
Versuchung hineinkommest; wandle die Zeit deiner Fremd-
lingschaft in Furcht; suche deine eigene Seligkeit mit
Furcht und Jittern, und: wer überwindet, wird dies
ererben, wer ausharrt bis ans Ende, wird errettet
werden. Viele andere ähnliche Aussprüche könnten
noch angeführt werden, aber diese genügen, um uns zu
zeigen, daß wir, obwohl wir errettet sind, doch die volle
Seligkeit, die völlige Errettung nach Leib, Seele und Geist,
erst am Ende unseres Glaubensweges finden werden, daß
ferner, obwohl wir ewiges Leben in dem Sinne, wie Johannes
immer wieder von ihm redet, gegenwärtig schon
besitzen, doch zugleich auf dem Wege zum ewigen
Leben sind, und daß alle, die auf den Geist säen, von
dem Geiste ewiges Leben ernten werden. Indem sie
in Einfalt und Treue den Willen Gottes hienieden tun,
und so durch Gottes Macht mittels des Glaubens bewahrt
bleiben, finden sie es droben.
Wir wiederholen: Dort wird sich dann auch alles
wiederfinden, was wir während unseres Pilgerlaufes, geleitet
durch den Geist, zur Ehre unseres Herrn und zum
Wohle unserer Mitpilger tun konnten. Nichts wird vergessen
werden, nichts unbelohnt bleiben. So laßt uns
denn „im Gutestun nicht müde werden, denn zu seiner
Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten". (V. 9.)
Wieder ein „Wenn", eine Bedingung, und unser erneuter
Wille, unser innerer Mensch, sagt Ja und Amen dazu.
Der treue Gläubige möchte nicht ermatten, sondern benutzt
mit Freuden jede Gelegenheit, das Gute zu wirken,
selbst wenn er mancher Enttäuschung, manchem Undank
dabei begegnen sollte. Er läßt sich nicht aufhalten,
nicht erbittern. Daß seine Liebe sich „am meisten an den
Hausgenossen des Glaubens", mit denen ein besonderes
Band ihn verbindet, betätigt und betätigen soll, ist selbstverständlich;
aber er geht über den Kreis der Gläubigen
hinaus und sucht allen Menschen Gutes zu tun, wie und
wo sich Gelegenheit dazu bietet.
(Schluß folgt)
— 4Y —
Hirt und Herde
Es ist ein friedliches Bild, eine Schafherde mit
ihrem Hirten in der Abenddämmerung heimwärts ziehen
zu sehen. Das fürsorgende, wachsame Auge des Hirten
weiß um die anvertraute Herde; die Einsamkeit der stillen
Stunden lehrt ihn, zu sorgen, zu heilen und, wenn es
nottut, das Verlorene zu suchen. Die Schafe kennen die
Stimme des Hirten; er geht vor ihnen her, und sie folgen
ihm.
Es ist nicht von ungefähr, daß Gottes Wort immer
wieder von diesem Bilde Gebrauch macht. Es gibt für
das menschliche Verständnis keines, das uns die Fürsorge
unseres Gottes und Herrn so lebendig vor die Seele
stellen könnte und das zugleich so unmittelbar aus unserem
Leben geschöpft wäre. Das ganze Vertrauen des
Herzens wird wach, wenn es liest: „Jehova ist mein
Hirt, mir wird nichts mangeln".
So berührt es auch lieblich, wenn wir von manchen
Gläubigen des Alten Testaments hören, daß sie Hirten
waren. Abel wurde ein Schafhirt (4. Mose 4, 2), Jakob
weidete und hütete die Herde Labans (Kap. 30, 3k),
Joseph die seines Vaters (Kap. 37, 2), Mose weidete die
Herde Jethros in der Wüste (2. Mose 3, 4), David als
Jüngling das Kleinvieh (4. Sam. 46, 44), und den
Propheten Amos nahm Jehova hinter dem Kleinvieh weg.
(Amos 7, 45.) Die stille Tätigkeit eines Mose, eines
David in der Einsamkeit ließ sie in der Schule Gottes
lernen, sodaß Er sie als Hirten über Sein Volk Israel
berufen konnte. So wurden denn auch die Führer Js-
20
raelö am Roten Meer Hirten genannt (Jes. 63, 44),
ein Josua sollte Hirt über die Gemeinde JehovaS sein
(4. Mose 27, 47. 48), ja, auch die Könige Judas hatten
eine Hirtenaufgabe zu erfüllen (vergl. Ps. 78, 70—72;
2. Sam. 24, 47; Jer. 43, 20 u. a. St.), aber manche
von ihnen richteten die Schafe der Weide Jehovas zugrunde
und zerstreuten sie.
So werden im Alten Testament den wahren Hirten
auch die falschen gegenübergestellt, die gottlosen Fürsten
und Könige in den Tagen der Propheten. (Vgl. Hes.
34, 4—40.) Sie waren ihrer Berufung untreu, weideten
nicht die Herde, sondern sich selbst; das Gericht mußte
sie darob treffen. Sie zeigten einen Charakter wie die
Diebe und Räuber in den Tagen des Herrn, die nur
kamen, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben
(Joh 40, 8. 40), und ähneln den Abgefallenen in den
letzten Tagen der Christenheit, die sich selbst weiden. (Jud.
42.) Gott mußte sie hinwegtun und zeigte der Herde den
wahren Hirten.
Der wahre Hirt Israels war Jehova selbst. Er
hatte einst den Patriarchen Jakob geweidet (4. Mose
48, 45), Er leitete Sein Volk wie eine Herde, als Er
es aus Ägypten führte (Ps. 77, 20), Er ließ es wegziehen
gleich Schafen, und leitete sie gleich einer Herde
in der Wüste. (Ps. 78, 52.) In den beiden Psalmen 77
und 78 wird die Geschichte der Hirtentreue Jehovas aufgerollt.
Der prophetische Geist in dem Überrest Israels
erinnert sich der Wunder von alters her (77, 44), der
Taten des Iah.
Im Vorbild ist dies die Gesinnung des Überrestes
aus Juda in den kommenden Tagen der Drangsal. Sein
— 27 —
Vertrauen beruht auf dem Gott, der Wunder tut.
(77, 74.) In der ergreifenden Klage des 79. Psalms
ob des Einfalls des Assyrerkönigs rufen die Gläubigen
nach Hilfe und schauen sie im voraus: „So werden wir,
dein Volk und die Herde deiner Weide, dich preisen ewiglich,
dein Lob erzählen von Geschlecht zu Geschlecht".
(V. 73.) Im 80. Psalm endlich wird der Ruf nach Befreiung
kühner: „Hirte Israels, nimm zu Ohren! der
du Joseph leitest wie eine Herde, der du thronst zwischen
den Cherubim, strahle hervor!" (V. 7.)
So verbindet der Geist Christi in dem Überrest die
Vergangenheit des Volkes mit seiner Zukunft am Ende
der Tage. In den genannten vier Psalmliedern zeigt sich
die Hirtentreue Jehovas, Seine unwandelbare Fürsorge
von den ersten Tagen der Geschichte Israels bis zu den
letzten. Aber der 80. Psalm geht noch einen Schritt weiter:
der Menschensohn, den Gott sich gestärkt hat, wird
eingeführt. (V. 77.) Die Hoffnung des Überrestes berühr
auf Christo. Es ist dieselbe Reihenfolge, wie wir sie
im 34. Kapitel des Propheten Hesekiel finden. Dort
sprechen die Verse 77 bis 22 davon, daß der Herr, Jehova,
wie ein Hirt sich Seiner Herde annehmen werde,
die Verse 23 bis 37 aber künden die Erweckung eines
Hirten an, der sie weiden soll, die Erweckung Seines
Knechtes David, des Vielgeliebten, des Messias: „Der
wird sie weiden, und der wird ihnen zum Hirten sein".
Psalm 80 und Hesekiel 34 kennzeichnen damit einen
bedeutsamen Übergang: Jehova, der Bundesgott Israels,
offenbart sich in der Person Christi, ja, Jehova i st Christus.
Keine Tatsache könnte wichtiger sein: der Hirte Israels
erscheint auf dem Schauplatz dieser Erde, um Sein
22
Volk zu weiden. Wir ahnen etwas von der Tragweite dieses
Ereignisses, dessen ganze Bedeutung wir erst verstehen,
wenn wir das Neue Testament aufschlagen. Es ist, in
weiterem Umfang gesehen, das anerkannt große Geheimnis
der Gottseligkeit: „Gott, geoffenbart im Fleische".
(1. Tim. Z, 16.)
Abgesehen von den genannten Psalmen und Hese-
kiel 34, die ihre endgültige Erfüllung erst durch die Wiederkunft
Christi erhalten werden, da der Herr von den
Juden verworfen und durch die Hand von Gesetzlosen ans
Kreuz geheftet und umgebracht wurde, sprechen andere
Prophetenstellen in ganz bestimmter Weise von dem ersten
Erscheinen des Hirten Israels auf dieser Erde. So
zieht sich eine bedeutungsvolle Verbindungslinie von den:
11. Kapitel des Propheten Sacharja zu den Ereignissen,
die uns das Matthäusevangelium schildert. Wir lesen in
Sach. 11, 4. 5: „Also sprach Jehova, mein Gott: Weide
die Herde des Würgens, deren Käufer sie erwürgen und
nicht büßen; und deren Verkäufer sprechen: Gepriesen
sei Jehova, denn ich werde reich! und deren Hirten sie
nicht verschonen". Gott sendet hier den wahren Hirten.
Er kommt zu Israel, der Herde des Würgens, einem
Volke, das von seinen eigenen Führern in die Hand der
Käufer, der Römer, verkauft worden ist. Welch trauriger
Zustand! Aber Christus weidete die Herde des Würgens,
die Elenden der Herde. (V. 7.) Er nahm sich zwei Stäbe:
den einen nannte ErHuld, und den anderen nannte Er
Bande. Der Hirtenstab Huld zeigte die Oberhoheit über
alle Völker an (V. 10), der Stab Bande die Brüderschaft
zwischen Juda und Israel. (V. 14.) Unter diesen Gesichtspunkten
führt das Matthäusevangelium den wahren
22
Hirten ein. Die Oberhoheit des neugeborenen Königs der
Juden über die Völker, die Heiden, wird durch die heidnischen
Magier aus dem Morgenlande anerkannt: sie huldig
e n Ihm. (Matth. 2, 44.) Die Brüderschaft zwischen
Juda und Israel in der Hand Christi wird bereits im
4. Verse des Evangeliums angedeutet: „Buch des Geschlechts
Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes
Abrahams". Abraham ist der Stammvater Israels, David
der König aus Juda. In der Tat, Juda und Israel
erscheinen als einheitliches Volk: aus Bethlehem kam der
Führer hervor, der Sein Volk Israel weiden würde.
(Kap. 2, b.) Ja, ganz Palästina erscheint als das „Land
Israel" (Kap. 2, 20): das Erscheinen des Messias hebt
alle Schranken auf. Juda und Israel bilden das Haus
Israel; der Herr ist gesandt zu den verlorenen Schafen
des Hauses Israel, und Er sendet Seine Jünger eben-
dorthin. (Matth. 45, 24; 40, 6.)
Er weidete die Herde des Würgens, mithin die Elenden
der Herde. (Sach. 44, 7.) Er nahm Seinen Platz
unter den Niedrigsten des Hauses Israel ein, unter den
Ärmsten der Herde. Als Säugling in einer Krippe liegend,
auferzogen in der verachteten Stadt Nazareth, hatte
der Sohn des Menschen in den Tagen Seines Dienstes
nicht, wo Er Sein Haupt hinlegen sollte.
Dennoch, wie nahm Er sich Seines Volkes an!
Zwar mußte Er drei ihrer falschen Hirten in einem
Monat vertilgen (Sach. 44, 8); wir finden das wohl in
Matth. 22, wo Er nacheinander die Herodianer, Sadduzäer
und Pharisäer zum Schweigen bringt. Zugleich aber
heilte Er jede Krankheit und jedes Gebrechen in unermüdlicher
Hirtentreue, indem Er durch alle Städte und
24
Dörfer zog. Er blickte hinein in das Herz des Volkes,
sah es erschöpft und verschmachtet wie Schafe, die keinen
Hirten haben. (Matth, y, 35. 36.) Er war gekommen
als der wahre Hirte: warum nahmen sie Ihn nicht an?
Er war gesandt zu dem ganzen Volke. Aber das Volk
verwarf den Gesandten Jehovas. Ihre Seele wurde des
Hirten überdrüssig. (Sach. 1,4, 8.)
So mußte auch Seine Seele ungeduldig werden
über dieses Volk. Er sprach: „Ich will euch nicht mehr
weiden; was stirbt, mag sterben, und was umkommt,
mag umkommen". (Sach. 11, 8. y.) Die Stäbe Huld
und Bande wurden zerbrochen. Die Oberhoheit über alle
Völker und die Verwirklichung der Brüderschaft zwischen
Juda und Israel mußte hinausgeschoben werden. Die
Zeit kam heran, da die Jünger nicht mehr zu den verlorenen
Schafen des Hauses Israel gesandt wurden, sondern
den Auftrag empfingen, zu den Nationen zu gehen.
(Matth. 28, 19.) Eine lange Zeit der Beiseitesetzung Israels
trat ein, die so lang dauern wird, bis der Herr
von neuem kommt, um die zerstreuten Schafe Israels
zu sammeln. (Jer. 31, 10.)
Aber durch welche Leiden mußte der Hirte gehen,
um Israel am Ende der Tage zurechtbringen zu können!
Gott mußte sagen: „Schwert, erwache wider meinen Hirten
und wider den Mann, der mein Genosse ist!..schlage
den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen". (Sach.
13, 7.) Der Herr bezieht diese Stelle in Matth. 26, 31
(auch Mark. 14, 27) auf sich. Er mußte von Gott geschlagen,
ja, in den drei Stunden der Finsternis von Ihm
verlassen werden. Das Schwert Jehovas war wider den
Hirten erwacht. Unergründliche Tiefe der Leiden! Es hat
25
nie solch schreckliche Stunden in der Geschichte der Erde
gegeben, wie jene drei, da der Hirte Israels am Kreuze
hing und Gott sich von Ihm abwandte. Dort nahm Er
die Sünden Seiner Schafe auf sich, und nicht nur das.
Er wurde zur Sünde gemacht. „Mein Gott, mein
Gott, warum hast du mich verlassen?"
Gerade im Matthäusevangelium sehen wir Ihn die
Sünden Seines Volkes auf sich nehmen, bei Markus vielleicht
mehr die Tatsache, daß Er zur Sünde gemacht wurde.
Deshalb auch nur in diesen Evangelien der erschütternde
Ruf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"
Ach, es war nötig um unsertwillen! Unsere
Schuld hat Ihn ans Kreuz gebracht. „Um unserer Übertretungen
willen war Er verwundet, um unserer Missetaten
willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden
lag auf Ihm, und durch Seine Striemen ist uns Heilung
geworden. Wir alle irrten umher wie Schafe, wir wandten
uns ein jeder auf seinen Weg; und Jehova hat Ihn
treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit." Mögen diese
Verse aus dem 5Z. Kapitel des Propheten Jesaja auch
in besonderer Weise einst von den verirrten Schafen des
Hauses Israel gesprochen werden, sie gelten in gleichem
Maße auch uns. Auch wir sind die Frucht der Mühsal
Seiner Seele. (Schluß folgt)
„Er Ist unser Krlede"
Christus ist mein Friede, so darf jeder sagen, der
einfältig an das Zeugnis Gottes über Seinen Sohn geglaubt
hat. Das Zeugnis lautet: „Gott hat uns ewiges
Leben gegeben, und dieses Leben ist in Seinem Sohne.
2b
Wer den Sohn hat, hat das Leben." (1. Joh. 5, tl. r2.)
Und worauf gründet sich dieses Zeugnis? Auf die ewig
gültige Tatsache, daß Christus „Frieden gemacht hat durch
das Blut Seines Kreuzes". (Kol. r, 20.)
„Er ist unser Friede." Nichts von unS, nicht unser
Glaube, unsere Liebe oder Freude, kann die Grundlage
unseres Friedens mit Gott bilden. Christus allein ist diese
Grundlage. Und was führt uns zu dem bewußten Genuß
dieses Friedens? Nicht Gefühle oder Seelenstimmungen,
nicht die lieblichen Früchte, die der Heilige Geist in uns
hervorzubringen sucht. So schön und begehrenswert diese
Dinge sind, nur das Zeugnis Gottes über Christum kann
unseren Herzen Frieden geben.
Die Sünde war die Ursache der Feindschaft zwischen
uns und Gott. Doch das am Kreuze geflossene Blut
Jesu Christihat Frieden gemacht. Nun ist es nicht so
schwer zu sagen: „Christus ist mein Friede, ich ruhe auf
dem Zeugnis Gottes", wenn das Herz glücklich und friede-
erfüllt ist. Wie aber, wenn dieses Glück einmal nachläßt,
wenn innerlich alles kalt und dunkel zu werden droht?
O hüte dich, teure gläubige Seele, in solchen Stunden
vor den Einflüsterungen Satans, durch welche er Zweifel
an Gott und Seinem Wort in dir zu wecken versucht! Höre
nicht auf den Versucher!
Wird Gott wohl jemals eine Seele täuschen, die
Seinem Zeugnis geglaubt hat? Niemals! Darum klammere
dich an Sein Wort, strafe jeden sündigen Zweifel
Lügen und forsche nach der Ursache der Veränderung in
dir. Sie liegt nicht in Gott, sie liegt in dir. Vielleicht
hast du das Gebet und daö Lesen des Wortes vernach
27
lässigt, bist in der einen oder anderen Beziehung nicht
wachsam gewesen, oder hast auf deine glücklichen Gefühle
mehr Vertrauen gesetzt als auf Gott und Sein Zeugnis.
Wenn es so ist, dann wende dich mit aufrichtigem Bekenntnis
zum Vater. Klage Ihm deine Untreue oder deine
Torheit und bitte Ihn, daß „Er dir wiederkehren lasse
die Freude Seines Heils". (Ps. 57, 72.)
Die Schrift redet wiederholt von unserem „alten
Menschen". Dieser alte Mensch, d. i. die sündige Natur,
die wir von Adam empfangen haben, ist unverbesserlich
und „wird verdorben nach den betrügerischen Lüsten".
(Eph. 4, 22.) Denke nicht, daß in dir diese Natur bei
deiner Bekehrung verändert worden sei. Es gibt kein Heilmittel
für sie. „Das Fleisch gelüstet wider den Geist"
(Gal. 5, 77) so lang, bis du diesen Leib im Tode ablegst,
oder bis der Herr kommt und uns alle in die Herrlichkeit
einführt. Aber Gott läßt dir in Seinem Worte sagen, daß
Er dich geliebt hat, trotzdem Ihm die schmutzige Quelle
all deiner Sünden bis in ihre geheimsten Tiefen bekannt
war. Du kennst garnicht die Ausdehnung deines natürlichen
Verderbens. Aber indem du Tag für Tag neue
Entdeckungen davon machst, kommst du dahin, mit dem
Apostel zu sagen: „Zn mir, das ist in meinem Fleische,
wohnt nichts Gutes". Das ist freilich eine erschrek-
kende, aber auch eine notwendige Entdeckung. Notwendig,
damit du lernst, kein Vertrauen mehr auf dich zu setzen,
sondern allein auf die Gnade, die dir in Christo Jesu gebracht
ist, und die sich an und in dir verherrlichen will.
Der Heilige Geist ist bemüht, auch in dieser Beziehung
immer wieder deinen Blick auf das Kreuz zu
lenken. Dort ist nicht nur das Gericht über deine Sün -
28
d e n ergangen, sondern Gott hat auch mit dir selbst
als einem Kinde Adams in richterlicher Weise gehandelt,
hat all deinen Verantwortlichkeiten entsprochen und ist
jedem Anspruch, jeder Forderung, die wider dich erhoben
werden konnte, im Tode Christi begegnet. Er hat die ernste
Frage der in deinem Fleische wohnenden Sünde, dieser
unversiegbaren schmutzigen Quelle, am Kreuze auf Golgatha
ein für allemal geordnet, sodaß du jetzt
in voller Glaubensgewißheit sagen kannst: Gott ist für
mich, Christus ist mein Friede!
Erinnere dich immer wieder daran, halte es Satan
entgegen, wenn er dir zuflüstern will, du könnest unmöglich
passend für den Himmel sein oder heilig genug für
Gott, weil immer noch Regungen der Sünde in dir aufkommen.
Höre auf, dir eine Art von Heiligung zurecht
zu machen, die dir weder Kraft gibt, in Heiligkeit zu
wandeln, noch dir irgendwelche Befriedigung, irgend einen
Segen als Erfolg deiner Bemühungen einträgt. Versuche
nicht, bessern oder gar heiligen zu wollen, was Gott als
hoffnungslos verdorben im Tode Christi gerichtet hat.
Nachdem dein Heiland „ein für allemal der Sünde
gestorben i st", ruft das Wort dir zu: Halte dich
der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo
Jesu! (Vergl. Röm. 6, t0. tt.) Auf diesem Wege wird
die Gnade dich befähigen, als ein mit Christo Gestorbener
und Auferstandener „in Neuheit des Lebens zu wandeln",
als ein Lebender aus den Toten „dich selbst Gott darzustellen",
zum Preise Gottes und zur Ehre deines Herrn.
Gottes Tun mit den Setntgen *)
Sein Tun ist stets gesegnet,
Selbst wenn cs hart uns scheint.
Das Tun Gottes mit Seinen geliebten Kindern und
Knechten, die Ihm doch so nahe stehen und so teuer sind,
erscheint uns oft rätselhaft. Wir fühlen uns nicht selten
versucht zu fragen: „Warum, o Gott?" aber wir erhalten
keine Antwort. Denn Gott ist, wie Elihu zu Hiob
sagt, „erhabener als ein Mensch; über all Sein Tun gibt
Er keine Antwort". (Hiob 33, st2. st3.)
Gott findet cs nötig, mancherlei Prüfungen und
Schwierigkeiten über die Seimgen kommen zu lassen, ja,
„wir müssen durch viele Trübsale ins Reich Gottes eingehen".
Er hat uns sehr lieb, und „wen der Herr liebt,
den züchtigt Er; Er geißelt aber jeden Sohn, den Er aufnimmt".
Und zwar tut Er dies zu unserem „Nutzen,
damit wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden". (Hebr.
st2.) „Nicht von Herzen plagt und betrübt Er die
Menschenkinder", es ist nicht Seine Freude, uns wehzutun;
nein, Absichten väterlicher Treue und Güte leiten
Ihn. Liebe lind Weisheit vereinigen sich in allen Seinen
Wegen.
*) Dicse aus der Feder unseres vor vielen Jahren Heimgegangenen
Bruders L. Schlotthauer gestossenen und im 45. Jahrgang
des „Botschafter" veröffentlichten Gedanken werden als besonders
zeitgemäß auf Wunsch noch einmal gedruckt.
ÜXXX 2
— 30 —
Dic Knechte, welche Gott in besonderer Weise in Seinem
Werke benutzen wollte, hat Er auch meist in besonderer
Weise erzogen. Er selbst hat dic Gefäße geformt und
gebildet, und zwar oft durch schwere Prüfungen, um sic
für den Dienst, den sie zu verrichten hatten, geschickt zu
machen. Josephs Füße wurden „in den Stock gepreßt, er
kam in das Eisen, bis zur Zeit da sein Wort eintraf; das
Wort Jehovaö läuterte ihn". (Ps. 1.05, 18. 1y.) Moses
mußte vierzig Jahre lang in der Einsamkeit der Wüste
von Midian die Schafe hüten, ehe der Herr ihn als Sein
Werkzeug benutzte. Gott bereitete ihn zu für seinen nachherigen
wichtigen Dienst und für die vielen damit verbundenen
Leiden. ES war eine schwere Aufgabe, ein widerspenstiges,
allezeit zum Murren geneigtes Volk vierzig
Jahre lang zu tragen und zu führen. Dazu bedurfte eö
eines Mannes, der sanftmütiger war als alle Menschen
auf dem Erdboden. Ein solcher Mann war Moses. Aber
wo hatte er diese Sanftmut gelernt? In der Schule Gottes!
Auf demselben Wege gelangte er auch zu dem vertraulichen
Verkehr und der kostbaren Gemeinschaft mit
Gott, wovon wir wiederholt in den Büchern Mose lesen,
und die niemand außer ihm, selbst nicht der Hohepriester
Aaron, genoß. Moses war treu in dem ganzen Hause
Gottes, und Gott redete mit ihin nicht in Gesichten und
Offenbarungen, sondern von Mund zu Mund, wie ein
Freund mit seinem Freunde redet. (4. Mose 12.) Wahrlich,
das konnte ihn aufrechthalten inmitten eines hartnäckigen
Volkes, sodaß er zu sagen vermochte: „Herr, du
bist unsere Wohnung gewesen von Geschlecht zu Geschlecht",
und die Entdeckung machte, daß das Beste oder
der Stolz des kurzen Erdenlebcns Mühsal und Nichtig
31
keil ist. (Ps. Y0.) - Auch wir dürfe» sagen, daß der Herr
unsere Wohnung ist; und die Gemeinschaft mit Ihm ist
auch unser bestes Teil. „Glückselig, die da wohnen in
deinem Hause! stets werden sie dich loben." (Ps. 84, 4.)
Der Apostel Paulus war ein auserwähltes Rüstzeug.
Aber ihm wurde ein Dorn für sein Fleisch gegeben, ein
Engel Satans, der ihn mit Fäusten schlug, um ihn demütig
zu erhalten. (2. Kor. 12, 7.) Auch ließ der Herr
ungewöhnlich viele Leiden und Trübsale über Seinen
Knecht ergehen um Seines Namens willen, aber zugleich
auch damit Paulus imstande wäre, andere zu trösten. —
Die Leviten waren vom Herrn als Diener erwählt, um
nahe bei Ihm zu sein und die Geräte der Stiftshütte zu
tragen. Er liebte sie und sorgte für sie; aber wir lesen in
Mal. 3, Z, daß der Herr sie „reinigen und läutern wird
wie das Gold und wie das Silber, sodaß sie Opfergaben
dem Jehova darbringen werden in Gerechtigkeit".
David war ein Mann nach dem Herzen Gottes; aber-
jahrelange Leiden und Trübsale ergingen über ihn, nachdem
er bereits zum König gesalbt war. Er wurde umhergejagt
wie ein Rebhuhn auf den Bergen. Aber vergessen
wir nicht, daß ohne diese Leiden uns die meisten seiner
Psalmen fehlen würden. Alle seine äußeren und inneren
Leiden, seine Feinde und Versuchungen mußten zu den
Psalmen mithelfen. Und wie mit David, so war es mit
Paulus. Ohne das Gefängnis zu Rom würden wir wohl
mehrere der herrlichsten Briefe des Apostels entbehren
müssen. So bringt Gott große Segnungen aus großen
Leiden und Trübsalen hervor.
Johannes war der Jünger, den Jesus liebte. (Joh.
13 u. 21.) Und dieser geliebte Jünger mußte in die Ver
-- 32
bannung nach Patmos gehen; aber dort diktierte der Herr
ihm die Offenbarung zu unserem großen Nutzen. Die große
Drangsal, von welcher im 7. Kapitel des Buches der
Offenbarung die Rede ist, wird zu großem Segen ausschlagen
für eine Schar, die niemand zählen kann, aus
jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen.
Sie wird ein besseres und gründlicheres Missionswerk
tun als alle Missionare unserer Zeit.
Das Feuer ist nötig und nützlich. Ohne dasselbe würden
die kostbaren Metalle ungeläutert bleiben. So ist es
mit den mannigfachen Trübsalen und Prüfungen, die Gott
über die Seinigen kommen läßt. Sie dienen zu ihrer Läuterung
und zur Bewährung ihres Glaubens. (3. Petr. 7,
6. 7.) Aber welch eine Gnade ist es für uns, zu wissen,
daß der göttliche Schmelzer am Schmelztiegel sitzt, wenn
Er die kostbaren Metalle reinigt! (Mal. Z.) Er beobachtet
genau den Hitzegrad und läßt das Feuer nicht heißer werden,
als es unumgänglich nötig ist. Er zieht Seine Augen
nie ab von dem Gerechten. „Den Elenden errettet Er in
seinem Elend, und in der Drangsal öffnet Er ihnen das
Ohr." (Hiob 36, 75.)
Von Hiob sagte Gott zu Satan: „Hast du acht gehabt
auf meinen Knecht Hiob? denn seinesgleichen ist kein
Mann auf Erden, vollkommen und rechtschaffen, gottesfürchtig
und das Böse meidend". (Hiob 7, 8.) Und doch
ließ Gott solch schwere Leiden und ungewöhnliche Trübsale
über ihn kommen. Aber alles geschah zu seinem Besten
(Kap. 42) und zu unserem Troste: „Von dem Ausharren
Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des Herrn habt ihr
gesehen, daß der Herr voll innigen Mitgefühls
und barmherzig i st". (Jak. 5, 77.) Satan
33
lügt die Trübsale anders aus. Er sagt, daß Gott sehr unbarmherzig
und ungerecht sei, daß Er gefühllos sei unseren
Leiden gegenüber und unser Schreien nicht höre. Aber
wir dürfen ihm unser Ohr nicht leihen und ihm nur nicht
glauben; er ist ein Lügner.
Die Diamanten sind edle Steine. Man findet sie in
verschiedenen Größen, Formen und Farben. Sie sind selten
und kostbar. Aber alle haben die Bearbeitung, das
Schneiden und Schleifen nötig. Dies geschieht mit der
größten Vorsicht und erfordert viel Zeit und Mühe. Ein
guter Diamantschleifer ist ein Künstler. Der Wert eines
Diamanten wird durch einen guten, kunstgerechten Schliff
außerordentlich erhöht. Man macht den Stein möglichst
vielseitig, um seinen Glanz zu vermehren; denn so viele
Seiten, so viele Flächen ein solcher Diamant hat, so vielmal
wirft er das Licht in wunderbarem, blitzendem Glanze
zurück. — Nun, in ähnlicher Weise verfährt Gott mit den
Seinigen, mit Seinem Eigentumsvolk. Er bearbeitet und
schleift die Steine mit weiser, kunstgerechter Hand, und Er
nennt Seine Diener, die Ihm so wert sind, „funkelnde
Kronensteine". (Sach, d, tb.) Sie sollen eine prachtvolle
Krone, ein königliches Diadem sein in der Hand ihres
Gottes. (Jes. 62, 3.) Sie sind Sein Schatz, eine sehr kostbare
Perle. (Matth. t3.)
Nur die fruchtbringende Rebe ist wertvoll für den
Weingärtner. Darum beschäftigt er sich so viel mit ihr
und reinigt sie von allem, was ihr am Fruchttragen hinderlich
sein könnte. (Joh. tS.) Ein Weingärtner sagte einmal,
daß die Reben beim Beschneiden weinten, aber es
schade ihnen nichts, es sei im Gegenteil gut für sie. So^
ist auch eine Betrübnis und Traurigkeit Gott gemäß gut/-
Z4
denn eine solche Betrübnis bewirkt eine nie zu bereuende
Buße zum Heil. (2. Kor. 7, 9. 10.) Die Tränen der
Gläubigen, die in einer solchen Stimmung geweint werden,
sind Gott angenehm. Er zählt sie und legt sie in Seinen
Schlauch. (Ps. 56, 8.) Laßt uns auch nicht vergessen,
daß „die mit Tränen säen, mit Jubel ernten werden".
(Ps. 126, 5.) „Am Abend kehrt Weinen ein, und am
Morgen ist Jubel da." (Ps. 30, 5.) Nicht lange mehr,
so wird Gott jede Träne abwischen von unseren Augen.
Ohne Presse gibt es kein Ol und keinen Wein, durch
die man Gott und Menschen ehrt. (Richt. 9.) Erst wenn
daö Räucherwerk fein zerstoßen war und auf feurige Kohlen
gelegt wurde, gab es seinen duftenden Wohlgeruch.
(2. Mose 30, 36; Z. Mose 2, 2.) So werden die Gebete
der Gläubigen, die durch allerlei Trübsale und Versuchungen
hervorgebracht werden, zu einem wohlriechenden
Weihrauch vor Gott. David sagt: „Laß als Räucherwerk
vor dir bestehen mein Gebet". (Ps. 141, 2; vergl. auch
Offbg. 5, 8.) Wir lieben allerdings äußere Ruhe und
Wohlfahrt; aber sie sind nicht gut für Fremdlinge und
Pilgrime. Diese vergessen dann nur zu leicht ihren Platz
und ihre Berufung. Darum die ernste Warnung: „Hüte
dich!" (5. Mose 8, 11.) Als Israel infolge der Ruhe
und Segnungen fett wurde, schlug es aus und verachtete
den Fels seiner Rettung. (5. Mose 32, 15.)
Die Palme wächst, wie man es in den heißen Ländern
sehen kann, bei und unter der Last. Durch das immer
schwerer werdende Gewicht der reifenden Datteln zerreißt
der Bast, der wie ein Gewebe von festen Bindfäden
die Herzblätter zusammenhält und sie verhindert, sich zu
entfalten. So geht es auch mit uns. Wie manches will
35
sich da auch wie ein unzerreißbares Gewebe um das Herz
legen und unser geistliches Wachstum verhindern! Aber
der treue und weise Gott, der unser Wachstum am inneren
Menschen wünscht, benutzt Schwierigkeiten und Drangsale,
Kreuz und Leid als die geeigneten Mittel, um das
Herz von den Fesseln der Welt und des Fleisches zu befreien
und so die Entfaltung des neuen Lebens zu fördern.
So schreibt denn auch der Apostel Paulus im Blick auf
seinen Leidensweg an die Korinther: „Wenn auch unser
äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere Tag füt
Tag erneuert". (2. Kor. 4, 46.) Darum ermattete ep^
nicht, sondern war inmitten der Leiden stets gutes Mutes.
Viele Menschen essen ihr Leben lang täglich Brot und
denken nie über den wunderbaren Weg nach, den das
Brotkorn zu gehen hat. Der Herr Jesus nahm von allem
Vormerkung und benutzte oft die einfachsten irdischen Vorgänge
zu ernsten oder ermunternden Belehrungen. Sollten
wir nicht auch hierin von Ihm lernen? Das Korn wird
gesät, stirbt, wächst, reift, wird eingesammelt, gedroschen,
gesichtet, gemahlen, dann zu Teig gerührt, in Brote geformt
und endlich in den heißen Ofen geschoben, ehe es
zu dem wird, was das Herz des Menschen zu stärken vermag.
(Ps. 404, 45.) Alles das muß der Herr auch mit
uns tun. Wenn Menschen ihre Hand daran zu legen wagen,
machen sie große Fehler. Retten, Reinigen, Sichten,
Zubereiten, Formen, Bilden usw. — alles ist Gottes Werk.
Er ist der Töpfer und hat Macht über den Ton, und Sein
Werk ist stets vollkommen.
Der Herr weiß auch solche zu behandeln, die, wie
Moab, still auf ihren Hefen gelegen und darum ihren
Geschmack behalten haben. (Jer. 48, 44.) Er weiß den
3H
Wein auözuleeren und von Faß zu Faß zu tun, sodaß
der Gläubige gnädig und milde wird wie alter Wein, der
als Arznei zur Stärkung der Schwachen gebraucht werden
kann. Der Apostel ruft seinem Kinde Timotheus zu: „Sei
stark in der Gnade, die in Christo Jesu ist!" (2. Tim.
2, l.) Von Natur ist das Gegenteil bei uns der Fall. Wir
sind stark in uns selbst. Unser Wille ist ungebrochen, und
wir vertrauen auf unser eigenes Wissen und Können. Wie
gut, wenn dieser alte Geschmack uns nicht bleibt! Aber
wie manches Mal müssen wir von Faß zu Faß ausgeleert
werden, bis er sich verliert und bis die Gnade, die in
Christo Jesu ist, unsere Stärke wird!
Jeremias sagt in seinen Klageliedern: „Es ist dem
Manne gut, daß er das Joch in seiner Jugend trage".
(Kap. 3, 27.) Wie ernst und wahr ist dieser Ausspruch!
Das früh getragene Joch befreit von Selbstvertrauen,
bewahrt vor Hochmut, lehrt Geduld und Ausharren und
ist deshalb überaus nützlich für spätere Tage. Der Herr
wird von jedem, der dieses Joch mit Nutzen getragen hat,
als bleibendes Teil genossen, was auch immer kommen
mag. Ein solcher hat gelernt, still auf die Rettung Jehovas
zu warten. Er hat erfahren, daß die Erbarmungen
Jehovas alle Morgen neu, und daß Seine Treue groß ist.
Ja, seine Seele sagt: „Jehova ist mein Teil, darum
will ich auf Ihn hoffen". Eine solche Herzensstellung ist
köstlich und gesegnet und dient zur Verherrlichung Gottes.
Baruk, der Sohn Nerijas, sah sich zu seiner Zeit sehr
enttäuscht, als sein treuer Dienst für die Wahrheit ihm
immer neue Schwierigkeiten und Leiden einbrachte, sodaß
er zu dem Ausruf kam: „Jehova hat Kummer zu meinem
Schmerze gefügt; ich bin müde von meinem Seufzen, und
37
Ruhe finde ich nicht". (Jer. 45, 3.) Wir mögen uns zuweilen
versucht fühlen, ihm beizustimmen, wenn wir nicht
auf Trübsale vorbereitet sind. Die Apostel aber rühmten
sich der Trübsale. Sie waren darauf vorbereitet und kannten
ihren gesegneten Zweck: „da wir wissen, daß die Trübsal
Ausharren bewirkt, das Auöharren aber Erfahrung
usw." (Röm. 5, 3—S.) „Achtet es für lauter Freude,
meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallet,
da ihr wisset, daß die Bewährung eures Glaubens Ausharren
bewirkt. Das Ausharren aber habe ein vollkommenes
Werk, auf daß ihr vollkommen und vollendet seid und
in nichts Mangel habt." (Jak. t, 2—4.)
Wir haben nötig, gestärkt zu werden mit aller Kraft
nach der Macht Seiner Herrlichkeit — nicht um große
Werke zu tun, sondern: „zu allem Ausharren und aller
Langmut mit Freuden". (Kol. t, 4t.) In einem alten
Liede heißt es: „O selig ist der Mensch geschätzt, den
Gott in Kreuz und Trübsal setzt!" und in einem der ältesten
Bücher der Bibel lesen wir: „Glückselig der Mensch,
den Gott straft! So verwirf denn nicht die Züchtigung des
Allmächtigen." (Hiob 5, 47.) So laß uns denn Mut fassen,
geliebter Mitpilger, in der Hochschule unseres Gottes
und uns willigen Herzens Seinem Tun mit uns unterwerfen!
Was auch immer kommen mag — Gott ist treu
und wird uns nicht über Vermögen versucht werden lassen.
Laß uns in Trübsalen vor allem nicht dem bösen
Feinde unser Ohr leihen!
Eine der schwersten Prüfungen für den Diener des
Herrn ist es, wenn Gott dem Bösen seinen Lauf läßt. So
war es zur Zeit des Elias, des Jeremias und Johannes'
deö Täufers. In solchen Tagen ist es gut, die Worte des
38
Herrn zu beachten: „Glückselig ist, wer irgend sich nicht
an mir ärgern wird!" Ach! unser natürliches Her; ist so
verkehrt und trotzig, so leicht unzufrieden mit dem Tun
Gottes, sei es daß Er uns andere Wege führt als wir
dachten, daß Er uns etwas abgeben heißt, was wir gern
behalten möchten, oder sei cö daß Er das Böse gehen
und uns bittere Erfahrungen machen läßt auf dem Wege
deS Zeugnisses und Dienstes für Ihn. Jona freute sich
über den Wunderbaum mit großer Freude; aber derselbe
Gott, der den Baum gegeben hatte, ließ ihn wieder verdorren
und sandte sogar noch einen schwülen Ostwind und
die Glut der Sonne über Seinen Knecht. Prüfung auf
Prüfung! Anderen Knechten Gottes ist es ähnlich ergangen.
„Alles dieses ergeht über mich", sagte Jakob. „Ich
erwartete Gutes, und es kam Böses", klagte Hiob. (Kap.
30.) „Man hofft auf Frieden (oder Wohlfahrt), und da
ist nichts Gutes; aus die Zeit der Heilung, und siehe da,
Schrecken", rief Jeremias (Kap. 8) in seinen Tagen aus;
und Johannes der Täufer ließ den Herrn fragen: „Bist
du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen
warten?" In solchen Prüfungen offenbaren sich die Gedanken
unserer Herzen. Es zeigt sich, wie schwach und
kleingläubig wir sind, und wie wenig wir noch in der
Schule unseres Gottes gelernt haben. Das ist sehr demütigend,
besonders für alte Schüler, die schon so oft von dein
besten aller Lehrer die freundlichen Worte gehört haben:
„Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir!"
„Zu jener Iei t", lesen wir in Matth. 1 l, 2Z,
„hob Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr
des Himmels und der Erde usw." Was für eine Zeit war
es? Ach! Johannes war an seinem Herrn irre geworden.
— 3Y —
Das Volk nannte Jesum einen Fresser und Weinsäufer,
einen Freund der Zöllner und Sünder. Über die Städte,
in denen Er die meisten Wunderwerke getan hatte, mußte
Er Sein schreckliches „Wehe dir!" aussprechen. Alles
war gegen Ihn, und all Seine Arbeit, all Sein Mühen
schien umsonst gewesen zu sein. Zu jener Zeit sprach
Jesus: „Ich preise dich, Vater!" Nun, „diese Gesinnung
sei in euch, die auch in Christo Jesu war". Der Jünger
ist nicht über den Meister, und der Knecht nicht größer als
sein Herr. Darum „habt Geduld, Brüder, bis zur Ankunft
des Herrn ... befestiget eure Herzen; denn die Ankunft
des Herrn ist nahe gekommen ... Nehmet, Brüder,
zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten,
die im Namen des Herrn geredet haben. Siehe, wir preisen
die glückselig, welche ausgeharrt haben." (Jak.
5, 7—Ick.) Die „Wolke von Zeugen" ruht jetzt von allem
Leid und Ungemach aus. Viele von ihnen wurden gesteinigt,
zersägt, versucht, starben durch den Tod des Schwertes,
gingen umher in Schafpelzen und Ziegenfellen, hatten
Mangel, Drangsal und Ungemach, sie irrten umher
in Wüsten und Gebirgen, in Klüften und Höhlen der
Erde. Die Welt war ihrer nicht würdig, sie paßten besser
für den Himmel. Gott liebte sie und nahm sie zu sich. Wir
sind auf dem Wege zu demselben herrlichen Ziel. Noch ein
wenig Geduld und Ausharrcn, noch eine kurze Zeit
des Kämpfens, des Dienens und Leidens, und die
ewige Ruhe folgt. Wie werden wir droben im Lichte Gott
für all Sein Tun mit uns preisen! Dort wird uns alles
klar und deutlich werden, was uns hienicden dunkel und
rätselhaft war.
40
Ser Brief an die Galater
(Schluß)
Lapitel 6, ii-i8
Paulus schließt seinen Brief mit einein rührenden
Anruf an die Gefühle der Galater: „Sehet, welch einen
langen Brief ich euch geschrieben habe mit eigener Hand!"
(V. 44.) Bei der Betrachtung des 4. Kapitels erinnerten
wir uns schon daran, daß es nicht die Gewohnheit deö
Apostels war, seine Briefe selbst zu schreiben; wir sagten
unö auch, daß wohl ein Augenleiden die Ursache dieser
Erscheinung gewesen ist. Abgesehen davon ist cs aber von
Wichtigkeit, daß Paulus keinen seiner inspirierten Briefe
hinausgesandt hat, ohne ihn durch einen eigenhändig geschriebenen
Gruß oder durch seine Namensunterschrift als
von ihm kommend bestätigt zu haben. Es waren keine gewöhnlichen
Briese, wie Menschen sie an andere Menschen
senden, und wie er sie hie und da selbst oder durch andere
geschrieben haben mag, sondern Kundgebungen Gottes,
Mitteilungen Seines Geistes durch ihn an einzelne Personen
oder ganze Versammlungen, mit einem Wort,
Offenbarungen Gottes an Seine Kinder und an Sein
Volk — „heilige, von Gott eingegebenc Schriften".
Die Wichtigkeit dieser Beglaubigung ist in die Augen fallend;
der Apostel hebt sie aber noch ganz besonders am
Schluß des 2. Thessalonicherbriefes hervor, wenn er sagt:
„Der Gruß mit meiner, des Paulus Hand, welches das
Zeichen in jedem Briefe ist; s o schreibe i ch". (Vergl.
auch 4. Kor. 46, 24.) In dem Briefe an die Römer
nennt, beiläufig bemerkt, auch der damals von Paulus
41
benutzte Schreiber seinen Namen: „Ich, Tertius, der
ich den Brief geschrieben habe usw." (Kap. 1b, 22.)
Der Brief an die Galater ist also als einziger von
Paulus mit eigener Hand geschrieben worden; zugleich
macht der Schreiber die Empfänger darauf aufmerksam,
welch einen langen Brief — oder, wie es auch übersetzt
werden kann, „mit welch großen Buchstaben" —
er ihnen geschrieben habe. Der Brief ist aber, im Vergleich
mit manchen anderen, eher kurz als lang zu nennen. Wie
man deshalb die Stelle übersetzen mag, sie weist jedenfalls
darauf hin, daß das Schreiben des Briefes dem
Apostel besondere Schwierigkeiten bereitet hat. Aber seine
Sorge um die Versammlungen von Galatien war so groß,
die Gefahr, daß die Grundpfeiler der Wahrheit umgc-
rissen werden könnten, stand so drohend vor ihm, daß er
keine Mühe scheute, um dic Galater in eindringlichster
Weise zu warnen. Er m ußtc ihnen diesen langen Brief
schreiben, und er selbst mußte cs tun. Wie war dieser
Umstand geeignet, „die lautere Gesinnung in ihnen aufzuwecken"
und, wenn irgend noch Gefühle der Liebe in
ihren Herzen vorhanden waren — und sie waren gewiß
noch da —, diese aufs tiefste zu erregen, ihr ganzes Inneres
zu erschüttern!
In welch einem Gegensatz zu dieser Liebe und Treue
stand die Gesinnung der falschen Lehrer! „So viele im
Fleische wohl angesehen sein wollen, die nötigen euch, beschnitten
zu werden, nur auf daß sic nicht um
des Kreuzes Christi willen verfolgt werden."
(V. 12.) Ach! die Gefahr, im Fleische wohl angesehen
sein zu wollen, die Anerkennung der Menschen zu
suchen, ist von jeher groß gewesen. Wie bald ist gerade auf
42
diesem Wege das Verderben in die Kirche Christi eingedrungen,
und wie furchtbar sind die Folgen davon gewesen!
Wir erblicken sie in ihrem erschreckenden Vollmaß
in der großen Hure, der abtrünnigen Kirche, in „Babylon",
dem satanischen Zerrbilde der wahren Kirche, des
Weibes des Lammes. (Offbg. 47.) Christus, unser Herr,
fand Seinen Platz „außerhalb des Lagers", und an Seine
treuen Nachfolger ergeht die Aufforderung: „Gehet aus ihr
(Babylon) hinaus!" oder: „Laßt uns zu Ihm hinaus-
gehcn,.... Seine Schmach tragend!" (Offbg. 48, 4;
Hebr. 43, 43.)
Aber jene jüdischen Lehrer fürchteten diese Schmach,
sie wollten nicht um des Namens Christi willen als „Aus-
kehricht der Welt" betrachtet werden. Das war im tiefsten
Grunde die Ursache, weshalb sie die Galater nötigten, sich
beschneiden zu lassen. ES war diesen wohl nie in den Sinn
gekommen, in jenen anscheinend so eifrigen Männern die
lcidcnsscheuen Anhänger einer Religion zu erblicken, die
von der Welt anerkannt und geachtet wird; an so etwas
hatten sie nicht gedacht. Und doch war cö so. Ein Jude
zu sein, in Verbindung zu stehen mit Jerusalem, dem
großen Mittelpunkt einer durch ehrwürdiges Alter ausgezeichneten
Religion, nut einem prächtigen, von Weihgeschenken
aller Art geschmückten Tempel, auf dessen herrliche
Gebäude selbst die Jünger den Herrn aufmerksam
machten (Mark. 43, 4; Luk. 24, 5) — das war keine
Schande, trug keine Verfolgungen seitens der Menschen
ein. Aber die Nachfolger eines Menschen zu werden, der
am Kreuze Sein Leben beendet hatte, dem von feiten Seiner
Mitmenschen der Platz zwischen zwei Räubern gegeben
worden war, zu predigen, daß in diesem Gekreuzigten allein
4Z
Heil und Rettung zu finden sei — das war etwas, das
den Widerspruch und die Verachtung der ganzen ehrbaren
Welt hervorrief. Demgegenüber war das Judentum, eine
Religion, die dem Menschen und seinem Tun, mit einem
Wort, dein Fleische Raum ließ, geradezu Weisheit.
Das Kreuz ist der ernste Scheidepunkt zwischen der
alten und der neuen Schöpfung, zwischen dem Fleische und
dem Geiste. Es spricht das Todesurteil über den Menschen
im Fleische, ob religiös oder irreligiös, ehrbar oder
unehrbar; es versetzt seiner vermeintlichen Frömmigkeit
den Todesstoß und zeigt ihm seine ganze Hilflosigkeit und
Nacktheit vor Gott. Es hätte deshalb für den Heiden
keine größere Torheit, für den Juden kein größeres Ärgernis
geben können als das Kreuz. Indem es einerseits
alle Weltweiöhcit zuschanden machte, nahm es anderseits
dem auf seine äußere Verbindung mit Gott, aus das Gesetz
und die Väter stolzen Juden jeden Vorzug; ihn beleidigte
es noch weit mehr als den Heiden.
Das Kreuz bildet naturgemäß auch die scharfe
Grenze zwischen der Welt in jeder ihrer Formen und den
Menschen, die der neuen Schöpfung angehören. An ihm
ist der Fürst der Welt zunichte gemacht worden, an ihm
über die Welt selbst ein schonungsloses Gericht ergangen.
ES verurteilt nicht nur die Sünde in dem Menschen,
sondern auch alles, worin er sich gefällt und seine Ehre
sucht. Wir hörten schon, daß der religiöse Mensch gern
Opfer bringt, selbst Opfer, die ihm schwer fallen, er ist
unter Umständen sogar bereit, sein Leben für seine Überzeugung
zu lassen, wenn nur er es ist, der das tut. Es
gibt nichts Schmerzlicheres für ihn, als die Erkenntnis,
daß er zu n i cb t S Gutem tauglich ist, daß er n u r durch
Gnade errettet werden nnd leben kann. Und das ist gerade
die Bedeutung des Kreuzes. Was dem Gläubigen so über-
alles wertvoll und kostbar ist, daß nämlich in dem Tode
Christi der alte Mensch mit Stumpf und Stiel gerichtet
wurde und so für immer zu seinem Ende kam, kann und
will der Mensch nicht annehmen. Einen Gottesdienst, bei
welchem es für ihn keinerlei Ruhm gibt, der ihm vielmehr
Leiden und Schmach bringt, h aß t er.
Um des Kreuzes Christi willen verfolgt werden, das
wollten, wie gesagt, auch jene Verführer nicht. Darum
nötigten sie die Galater, die Beschneidung mit dem Kreuze
zu verbinden. Ja, ihre Beweggründe waren noch niedrigerer
Art. „Denn auch sie, die beschnitten sind, beobachten
selbst das Gesetz nicht, sondern sic wollen, daß ihr
beschnitten werdet, auf daß sie sich eures Fleisches
rühmen." (V. 13.) Wieder werden wir an ein
Wort erinnert, das der Herr einst den Schriftgelehrten
und Pharisäern Jerusalems zurief: „Wehe euch. Schrift-
gelehrte und Pharisäer, Heuchler! denn ihr durchziehet daö
Meer und das Trockene, um einen Proselyten zu machen".
(Matth. 23, t5.) So war es auch mit diesen Leuten.
Sie wollten sich des Fleisches der Galater rühmen,
sie wollten sagen können, daß sie so und so viele
Proselyten gemacht, so und so viele Menschen zu ihrer
Überzeugung oder ihrer Religion bekehrt hätten; und
dabei dachten sie gar nicht daran, das ganze Gesetz zu
halten. Die Beobachtung der Beschneidung sollte nur dazu
dienen, die Schmach des Kreuzes von ihnen abzuwenden.
Welch eine Ungereimtheit! Aber erleben wir nicht auch
heute oft genug ÄbnlicbeS, wenngleich unter veränderten
Formen?
45
Und nun der Apostel! „Von mir aber", sagt er, „sei
es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres
Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt
ist, und ich der Welt." (V. 44.) Wenn jene Verführer
einen Weg suchten, auf welchem sie den Leiden
entgehen und schließlich die Welt in die Kirche Christi
einführen konnten, rühmte er sich in dem, was ihn für
immer von der Welt und die Welt von ihm trennte. Hat
er früher davon gesprochen, daß das Kreuz den Gläubigen
von dem Joche des Gesetzes und der Herrschaft
der Sünde befreit hat, hier nennt er es die unverrückbare
Scheidewand zwischen ihm und der Welt. Es hat
ans Licht gebracht, daß es in der Welt, auch in der ehrbaren
und religiösen Welt, trotz ihres schönen Scheines,
nichts gibt als nur Eitelkeit und Sünde, Schuld und Empörung
gegen Gott, hat aber anderseits auch gezeigt, was
Gott ist in Seiner Gerechtigkeit wider die Sünde und in
Seiner Liebe zu dem Sünder. Zugleich erblickt das Auge
des Glaubens dort Jesum, den Menschen Gottes, in Seiner
Demut und Gnade, in Seinem Gehorsam gegen Gott
und in Seiner vollkommenen Widmung für Gott und das
Ihm übertragene Werk. Und diesen Jesus, den die Welt
ans Kreuz geschlagen, hatte Paulus auf dem Wege nach
Damaskus als den Herrn der Herrlichkeit gesehen! Ist es
ein Wunder, daß er seitdem die Welt nur noch in dein
Lichte des Kreuzes sah? Der dort gehangen hatte war
„sein Herr Jesus Christus", war alles für
ihn, die Welt nichts, ja, weniger als nichts. Sie war
ihm gekreuzigt, tot für ihn, und er für sie. Er lebte zwar
noch i n ihr, aber nur um als ein himmlischer Fremdling
sie zu durcbschreiten und sich des Kreuzes zu rühmen, das
46
ihn von ihr getrennt und ihn auf den Pfad gestellt hatte,
welchen sein Herr rind Heiland ihm vorangcgangen war.
Gesinnt zu sein, wie Er gesinnt war, zu wandeln, wie Er
gewandelt hatte, außerhalb des Lagers Seine Schmach zu
tragen, auf Ihn zu warten und, fern von jeder Gemeinschaft
mit der Welt, ihr zu bezeugen, daß Gott sie trotz
ihrer tödlichen Feindschaft so geliebt habe, daß Er Seinen
eingeborenen Sohn gegeben, auf daß jeder, der an Ihn
glaube, ewiges Leben habe — das war eS, waö Herz und
Sinn dieses Mannes ausfüllte, das war sein Leb'
c n.
Mit Christo gekreuzigt, lebte nicht mehr er, sondern
Christus lebte in ihm, und was er noch lebte in: Fleische,
lebte er durch den Glauben an den Sohn Gottes, der
ihn geliebt und sich selbst für ihn hingcgeben hatte. (Kap.
2, 20.) Glücklicher, beneidenswerter Mann! Glücklich
auch ein jeder von uns, der heute seinem Beispiel folgt,
in einer Zeit, wo die Neigung groß ist, der Welt in religiöser,
gesellschaftlicher und politischer Beziehung immer
mehr Zugeständnisse zu machen!
„Denn weder Beschneidung nocb Vorhaut ist etwas,
sondern eine neue Schöpfun g." (V. 45.) Noch einmal
kommt der Apostel hier auf die oft betonte Tatsache
zurück, daß vor Gott Beschneidung und Nichtbeschneidung
völlig wertlos sind; sie haben in der neuen Schöpfung,
in welche wir versetzt sind, in der Tat jede Bedeutung
verloren. Hier wird alles von einen: ganz anderen Gesichtspunkt
aus betrachtet und nach einen: ganz neuen
Maßstab gewertet.
„Und so viele nach dieser Richtschnur wandeln werden
— Friede über sie und Barmherzigkeit, und über den
47
Israel Gottes!" (D. 76.) Dir Richtschnur, von welcher
der Apostel redet, ist wohl die Richischnur der neuen Schöpfung,
in welcher der Mensch eben nichts ist, aber Christus
alles. Allen, die nach dieser Richtschnur wandelten,
ob sie nun beschnitten oder nicht beschnitten waren, wünscht
cr Frieden und Barmherzigkeit, Frieden des Herzens und
Barmherzigkeit von feiten Gottes. Beides wird denen, die
Christo Jesu gemäß wandeln, auf ihrem Wege nicht fehlen.
In ihrem Innern herrscht der Friede, und Gott schaut
mit väterlichem Erbarmen auf sie herab.
Der Zusatz „und über den Israel Gottes" bedarf
noch einer kurzen Erklärung. Er ist am Schlüsse gerade
dieses Briefes besonders bedeutsam. Am Ende des 2. Kapitels
des Briefes an die Römer sagt Paulus, daß nur
der ein Jude nach Gottes Gedanken sei, der eö innerlich
ist, und daß die wahre Beschneidung die des Herzens ist,
im Geiste, nicht im Buchstaben. Gott will Wirklichkeit
haben, alles Äußerliche ist wertlos vor Ihm. Wer denn
von Israel diese Herzensbeschneidung empfangen hatte
und sich mit dem Apostel des Kreuzes Christi rühmte,
der gehörte zu dem Israel Gottes, dem wirklichen Israel,
das nur aus solchen bestand, die durch den Glauben
mit Christo in wahre, innere Lebensverbindung gekommen
waren. In weiterem Sinne gehörten zu diesem Israel
Gottes aber auch alle anderen Gläubigen, soweit ihr Wandeln
nach der Richtschnur der neuen Schöpfung die Echtheit
ihres Glaubens bewies.
An den Segenswunsch über sie knüpft der Apostel
dann die Aufforderung: „Hinfort (od. übrigens) mache
mir keiner Mühe, denn i ch trage die Malzeichen des Herrn
Jesus an meinem Leibe". (B. 77.) Wie wir schon in der
48
Einleitung zu unserem Briefe bemerkten, hatten die bösen
Lehrer Angriffe auf die Person und das Amt des
Apostels gemacht, und anstatt dieselben mit Entrüstung
zurückzuweisen, hatten die Galater ihnen ihr Ohr geliehen.
Viel Mühe war dem treuen Manne daraus erwachsen.
Und doch trug er, allen sichtbar, die Malzeichen des Herrn
Jesus an seinem Leibe. Es ist bekannt, daß in jenen alten
Zeiten den Sklaven die Anfangsbuchstaben des Namens
ihrer Herren oder ein anderes, den Besitzer andeutendeö
Mal mit glühenden Eisen aufgebrannt wurden. So trug
auch er gleichsam die Anfangsbuchstaben des Namens seines
Herrn an seinem Leibe umher. Ach, wie oft war er
im Dienste Jesu eingekerkert, gegeißelt, mit blutigen Striemen
bedeckt, selbst gesteinigt worden; welch überschwengliche
Mühen und Leiden hatte er erduldet, die ihre Spuren
an seinem Körper zurückgelassen hatten! Wenn einer
sich als treuer Diener Christi erwiesen hatte, dann war
er es gewesen. Darum sollte niemand fortan sein Recht,
sich so zu nennen, in Zweifel ziehen.
Welch eine Verurteilung der Galater und besonders
jener Leute, die ihre eigene Ehre suchten und allen Leiden
so sorglich aus dem Wege gingen! Und anderseits welch
rührende Verteidigung eines liebenden, tiefverwundeten
Herzens! Wieviel Anlaß hatte dieser Mann den Gläubigen
in Galatien gegeben, ihm dankbar zu sein, „sich seiner
zu rühmen"! Und was hatten sie statt dessen getan!
Es ist darum begreiflich, daß die Schlußworte des
Briefes, so lieblich sie sind, doch der Wärme entbehren,
wie wir sie in anderen Briefen finden. „Die Gnade unseres
Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geiste, Brüder!
Amen." Das ist alles. Die Galater waren errettet
-- 40
und deshalb dem Herrn teuer, wie schwach auch ihr praktischer
Zustand sein machte. Die Liebe konnte deshalb nicht
anders, als sie der Gnade dieses Herrn befehlen. Wir
hören kein strenges Wort, keine Strafandrohung, aber
auch keine Äußerung warmer, aus der Tiefe des Herzens
hervorquellender Gefühle. Grüße der Liebe an einzelne
Brüder oder Schwestern suchen wir ebenfalls vergeblich.
Der Schreiber fühlt sich offenbar in seinem Innern
gehemmt. Welche innigen Beziehungen hätte er auch
mit solchen haben können, die das Kreuz Christi zunichte
machten oder doch zunichte machen ließen, die den Boden
der Gnade verlassen hatten? Er liebte sie und erfüllt hier
eine Liebespflicht, aber auch nicht mehr als das. Es war
dic Schuld der Galater, daß es so stand, und es war
nötig, daß sie das fühlten. O wie schlimm hatte der Sauerteig
schon in ihrer Mitte gewirkt! Würden sie es verstehen?
Der Apostel hofft es in der Liebe, die alles erträgt,
alles hofft, und so empfiehlt er sie der Gnade
deö Herrn, der hier allein Wandel schaffen konnte. „Im
Herrn" hatte er noch Vertrauen zu ihnen, aber auch nur
in Ihm.
Dieser Herr erwärme in Seiner Gnade auch unser
aller Herzen und mache uns mehr zu Nachahmern
Seines treuen Dieners!
Ium Schluß unserer Betrachtung sei noch einmal
kurz an den Charakter des Galaterbriefes erinnert. Er
macht uns nicht mit dem eigentlichen Stande des Christen:
er in Christo (Epheserbrief) und Christus in ihm
(Kolosserbrief), bekannt, sondern stellt Christum, den Gekreuzigten,
und die Folgen Seines Todes vor unsere Blicke,
50
d. h. Christum als jetzt lebend in uns im Gegensatz zu
dein Fleische oder zu dem noch im Fleische lebenden Ich.
Ferner zeigt er uns den für den Gläubigen allein richtigen
praktischen Zustand: da er init Christo gekreuzigt ist, lebt
nicht mehr er, sondern Christus lebt in ihm. Das Gesetz,
das zwischen der Verheißung, die einst dem Abraham und
seinem Samen gegeben wurde, und der Erfüllung derselben
in dem Kommen Christi nebeneingekommen und
für den Menschen im Fleische bestimmt war, hatte diesem
nur Tod und Verdammnis gebracht. Jede Rückkehr
zum Gesetz war also ein Aufgeben nicht nur der Verheißung,
sondern auch des von Christo vollbrachten Werkes
und ein Zurückkehren zum Fleische, als wenn es in ihm
noch einen Anknüpfungspunkt mit Gott geben könnte. Es
war deshalb im Grunde nichts anderes als Heidentum.
Der Mensch im Fleische hat jede Verbindung mit Gott
verloren, und keine kann wieder angeknüpft werden, es
sei denn auf dein Boden einer völlig neuen Schöp-
f u u g.
Eö braucht kaun: gesagt zu werden, daß alles das
unserem Brief eine besondere Bedeutung gibt und ihm
einen außergewöhnlichen Wert für uns verleiht.
Hirt und Herde
(Schluß)
Das Ergebnis des Werkes Christi ist wunderbar. Es
brachte Frieden für alle Glaubenden. Aber es zeitigt auch
Gericht für alle, die nicht glauben. Wenn wir bisher den
Hirten fürsorgend, verbindend und heilend sahen, wenn
54
wir hörten, wie Er Sein Volk gleich einer Herde weidete,
wenn wir ihn schließlich von Gott geschlagen schauten,
so werden wir Ihn jetzt in Seinem Charakter als Richter
erblicken. Der Sohn des Menschen wird kommen in der
Herrlichkeit Seines Vaters mit Seinen Engeln, und dann
wird Er einen: jeden vergelten nach seinem Tun. Er wird
das Gericht ausführcn als Sohn des Menschen, aber Er
wird es auch in dem Charakter des Hirten tun.
Das kommende Gericht bezieht sich einmal auf Israel:
„Ich werde richten zwischen Schaf und Schaf, den
Widdern und den Böcken". Das Fette und das Starke
wird Er vertilgen: nach Recht wird Er sie weiden. (Hes.
34, 46. 47.) Es bezieht sich aber auch auf die Heiden: in
kriegerischem Gericht wird Er mit Seinen Heiligen die
abgefallene, bekennende Christenheit mit eiserner Rute weiden
(Offbg. 2, 27), sodann alle Nationen. (Offbg. 42, 5.)
Sach. 44, 45—47 spricht das Gericht aus über den törichten,
nichtigen Hirten, den Antichristen. DaS wiederhergestellte
Israel wird sieben Hirten und acht Menschenfürsten
gegen Assyrien, das Land seiner Unterdrücker, ausstellen.
(Micha 5, 4.) Schließlich wird der Herr nach Beendigung
des kriegerischen Gerichts die Nationen mit richterlichem
Spruche voneinander scheiden, gleichwie der Hirt
die Schafe von den Böcken scheidet. (Matth. 25, 32.)
Dann ist die Zeit gekommen, da sich die Weissagungen
der Propheten über den wahren Hirten, den Messias,
endgültig erfüllen werden. Er wird dastehen und Seine
Herde in der Kraft Jehovas weiden, in der Hoheit des
Namens Jehovas, Seines Gottes. (Micha 5, 3.) Dann
wird Er gekannt sein als der Hirte, der Stein Israels
(4. Mose 49, 24), und die Bitte des Propheten: „Weide
52
dein Volk mit deinem Stabe, die Herde deines Erbteils"
(Micha 7, l4), wird in Erfüllung gehen. Das Hinkende
wird gesammelt, und das Vertriebene wird zusammengebracht
sein, und zu dem Herdenturm, dem Hügel der
Tochter Zion, wird die frühere Herrschaft gelangen, das
Königtum der Tochter Jerusalem. (Micha 4, 6—8.) Dann
wird Er Seine Herde weiden wie ein Hirt, die Lämmer
wird Er in Seinen Arm nehmen und in Seinem Busen
tragen, die Säugenden wird Er sanft leiten. (Jes. 40,11.)
Das Reich des Segens ist aufgerichtet, und die Erde wird
voll werden der Erkenntnis der Herrlichkeit Jehovas,
gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken.
Im Lukasevangelium begegnen wir dem Hirten in
einer anderen Weise als bei Matthäus und den Propheten.
Es handelt sich hier nicht um ganz Israel als Nation,
als anerkanntes Volk Gottes, wenn der Messias den
Schauplatz betritt, sondern um die Anerkennung eines
treuen Überrestes, der in den Zeiten der Fremdherrschaft,
den Zeiten der Nationen, das Heil Gottes erwartet, das
Er vor dem Angesicht aller Völker bereitet hat. (Luk.
2, 30. 31.) Nicht nur Israel, sondern alles Fleisch
soll das Heil Gottes sehen. (Kap. 3, 6.) Deshalb lesen
wir hier auch nirgend, daß der Herr allein zu den verlorenen
Schafen des Hauses Israel gesandt ist, wie in
Matth. 15, 24 (obwohl auch im Matthäusevangelium die
Gnade schließlich die Grenzen Israels überschreitet, da ja
die Juden ihren Messias verwarfen). Auch bei der Aussendung
der Zwölfe hören wir nichts davon, daß sie nur
zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gehen sollten
(vgl. Matth. 10 mit Luk. y), nein, die Gnade wendet
- - 53 —
sich an jeden Sünder. Der Hirte geht aus und sucht
das Verlorene, bis Er es findet — dieses wunderbare
Gleichnis spricht der Herr zu den Pharisäern und Schriftgelehrten
in Anwesenheit „aller Zöllner und Sünder".
(Luk. 15, 1—7.) So offenbart sich im Lukasevangelium
die Gnade des Menschen Jesus Christus gegenüber dein
Sünder, die Hirtenliebe gegenüber dem Verlorenen. Wie
wunderbar ist diese Gnade und Liebe!
Aber Israel als Nation wird nicht anerkannt. Die
Nation ist nicht die Herde Gottes. Der Überrest bildet die
Herde des treuen Hirten. „Fürchte dich nicht, du kleine
Herde", sagt der Herr zu Seinen Jüngern, „denn es hat
eurem Vater Wohlgefallen, euch das Reich zu geben"
(Luk. 12, 32), und die Siebenzig sendet Er wie Lämmer
inmitten von Wölfen. (Kap. 10, 3.) So müssen
wir im Lukasevangelium die Fürsorge des Hirten gegenüber
einem von Ihm anerkannten Überrest unterscheiden
von der Gnade und suchenden Liebe, die sich den verlorenen
Schafen unter den Kindern Adams, den Zöllnern und
Sündern, zuwendet.
Das Johannesevangelium führt uns noch einen
Schritt weiter. Was Israel betrifft, so ist von Anfang
an alles verloren: „Er kam in das Seinige, und die Sei-
nigen nahmen Ihn nicht an". Was die Welt betrifft:
„Er war in der Welt, und die Welt ward durch Ihn, und
die Welt kannte Ihn nicht". (Joh. 1, 10. 11.) So gab
es auf feiten des Menschen nichts, was der Herr hätte
anerkennen können. Der Mensch war tot in Sünden und
Vergehungen, und nur das Leben, das der Herr in sich
bleibend hatte, konnte ihm Hilfe bringen. Vom 5. Kapitel
an sehen wir denn auch, wie der Herr nacheinander
— 54 —
alles bciscitesetzt, was Israel besaß; zunächst den Teich
von Bethesda, die Hilfsquelle der Kranken, im b. und
7. Kapitel die Hauptfeste, Passah und Laubhütten, die
keine Feste Jehovas, sondern nur noch Feste der Juden
waren (Kap. 6, 4; 7, 2—40), im 8. Kapitel das Gesetz,
das nicht mehr das Gesetz Gottes, sondern das der
Iriden war (Kap. 8, 47), im d. Kapitel die blinden Leiter
deö Volkes. Der Herr selbst stellt sich an die Stelle
dessen, was bciseitegcsetzt wird. Er ist Der, welcher die
Kranken gesund macht. Er ist das wahre Passah und das
Manna in der Wüste, und in Ihm allein beruhte die
Herrlichkeit rind Ruhe Israels, von der das Laubhüttenfest
vorbildlich Zeugnis ablcgtc. Die blinden Leiter des Volkes,
die Pharisäer, sind nur Diebe und Räuber — Er
aber ist der gute Hirte. So eröffnet sich im 40. Kapitel
unseres Evangeliums die schönste Szene, die je über das
Verhältnis des Hirten zu Seiner Herde niedergeschrieben
wurde. Wir tun gleichsam einen Blick in die Herrlichkeit
des Eingeborenen vom Vater und dürfen mit Herzensandacht
den Worten lauschen, die der gute Hirte zu uns
spricht.
Es handelt sich hier wiederum nicht um Israel als
Nation, auch nicht um das Suchen verlorener Sünder,
sondern um die eigenen Schafe des Hirten. Sie müssen
aus dem Hof Israels herausgebracht werden, der Hirte
geht vor ihnen her, und die Schafe folgen Ihm, weil sie
Seine Stimme kennen. Im Lukasevangelium wird der
kleinen Herde nicht gesagt, daß sie den Hof verlassen
solle. Im Gegenteil, die Jünger sollten in der Stadt bleiben,
bis sie mit Kraft aus der Höhe angetan würden,
und sollten dann, von Jerusalem anfangend, Buße und
— 55 —
Bergebung allen Nationen predigen. (Luk. 24, 47—49.)
Aber hier führt der Hirte die Schafe auö dein Hofe: sie
folgen Ihm allein.
Und mehr als das: Der gute Hirte läßt Sein Leben
für die Schafe. Es wird hier nicht davon gesprochen, daß
Jchovaö Schwert wider den Hirten erwachen sollte, daß
der Hirt geschlagen und die Herde zerstreut werden würde,
nein, hier gibt der Hirte Sein Leben freiwillig hin. Die
Herrlichkeit dcö Sohnes Gottes offenbart sich am Kreuze.
Das Brandopfer steigt als ein duftender Wohlgcruch zu
Gott empor. Gott ist verherrlicht in dem Sohne. Hatten
die Schafe vor der Hingabe Seines Lebens Leben in Ihm,
durch Seinen Tod und Seine Auferstehung sollten sie cs
in Überfluß haben. (V. 70.)
Und mehr noch: Der Herr läßt die Schafe auch der
Liebe Seines Vaters teilhaftig werden: „Ich kenne die
Meinen und bin gekannt von den Meinen, gleichwie der
Vater mich kennt, und ich den Vater kenne". (V. 74. 75.)
Die Liebe des Hirten bringt die Herde in Verbindung mit
denr Vaterherzen selbst. Wahrlich, es ist „Gnade um
Gnade".
Schließlich umfaßt der Herr mit weitem Hirtenblick
die Gesamtheit Seiner Herde. Er hatte noch andere Schafe,
die nicht aus dem Hofe Israels waren; auch diese
mußte Er bringen, sie würden Seine Stimme hören, und
cs würde eine Herde, ein Hirte sein. (V. 76.) Das ist
das große Ergebnis Seines Werkes. Auch die Schafe auö
den Nationen, wir alle, die wir an den Herrn Jesus glauben,
sollten zu der einen Herde gezählt werden. Er hat
uns herzugebracht, wir haben Seine Stimme, die Liebcs-
stimme des göttlichen Hirten, vernommen und dürfen sie
56
tagtäglich hören. Die Zwischenwand der Umzäunung ist
abgebrochen, und durch Ihn haben wir beide, Juden- und
Heidenchristen, den Zugang durch einen Geist zu dem
Vater. (Eph. 2.) Der Herr starb nicht für die Nation,
für Israel, allein, sondern auf daß Er auch die zerstreuten
Kinder Gottes in eins versammelte. (Joh. 'N, 52.) Gibt
es Liebe, die größer wäre?
Wenn der Herr nun auch den Seinigen Hirtendienstc
anvertraut hat, wie dem Petrus in Joh. 2z, wenn Er
der Versammlung Hirtengaben schenkt (Eph. 4,11), wenn
ein Paulus die Ältesten der Versammlung zu Ephesus
ermahnt: „Habet nun acht auf euch selbst und auf die
ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch als Aufseher
gesetzt hat, die Versammlung Gottes zu hüten"
(Apostelg. 20, 28), wenn Petrus schreibt: „Hütet die
Herde Gottes" (1. Petr. 5, 2) —, so ist es doch vor allem
wichtig, immer wieder auf den Herrn Jesus selbst, den
Hirten und Aufseher unserer Seelen, zu schauen. (Kap.
2, 25.) Er ist der gute Hirte, der Sein Leben für die
Schafe ließ; Er ist der große Hirte, den Gott aus den
Toten wiederbrachte (Hebr. 13, 20); und Er ist der Erz-
hirte, der bald in Herrlichkeit offenbar werden wird.
(1. Petr. 5, 4.) Diesem Hirten zu folgen auf dem Pfade,
den Er vorangeht, bringt sicheren Gewinn für Zeit und
Ewigkeit. Der Herr kennt die Spuren Seiner Herde
(Hohcl. 1, 8), Er sieht uns mit wachsamem Hirtenauge,
Seine Liebe trägt uns auf starken Armen bis in die Wohnungen
des Vaterhauses, wo wir Ihn schauen werden
von Angesicht zu Angesicht.
Glückseliges Teil! Glückselige, lebendige Hoffnung!
„Es ist vollbracht."
lNoh. 1Y.30.I
Auszug aus: „Vorträge über die sieben Worte Jesu am Kreuze"
von I. I. Rambacb, weiland Pros, der Tneologie in Gießen *),
gehalten im Waisenhause zu Halle 1725.
*) Bekannter, ernster Prediger des Wortes und begabter Liederdichter,
der am 25. Februar 16»? zu Halle a. S. als Sobn eines
Tiseblers geboren und schon am I». April I7Z5, nach reichgesegne-
ter Tätigkeit, heimgernfcn wurde.
Der Auszug wird mir von einem Leser des „Botschafter" in
Amerika zugesandt, mit der Bitte, ibn auch anderen Lesern zugänglich
zu machen. Indem ich der Bitte entspreche, bemerke ich nur
noch, daß (neben einigen Kürzungen) einzelne, beute weniger gebräuchliche
und verständliche Ausdrücke der Neuzeit entsprechend um-
gcändert worden sind.
l-XXX 3
„Als NUN Jesus den Essig genommen hatte, sprach
Er: Es ist vollbracht!" Die schmerzliche Empfindung des
Durstes und der darauf folgende Essigtrank war das letzte
Leiden, welches Jesus vor Seinem Tode auszustehen
hatte... In diesem sechsten Worte wird der Grenzstein
aufgcrichtet, bei welchem die Leiden Seines Leibes und
Seiner Seele endigen; ja, eö wird darinnen gleichsam die
Krone auf alles bisher ausgestandene Leiden gesetzet und
die Vollendung desselben öffentlich ausgerufen.
Im Griechischen besteht dieser Ausspruch aus einem
einzigen Wort: „telelestsi", durch welche Kürze unser Heiland
uns hat zeigen wollen, daß wir nachfragen sollen,
was denn vollbracht sei, weil Er nichts insbesondere nennet.
Vergleichen wir hiermit die vorhergehenden Reden
58
des Herrn Jesus, so können wir ihnen unterschiedliches
entnehmen, um diesen kurzen Ausspruch vollständiger zu
machen. So spricht Er zum Exempel Luk. 12, 50: „Ich
habe aber eine Taufe, womit ich getauft werden muß, und
wie bin ich beengt, bis sie vollendet ist!" So mögen wir
denn hier hinzusetzen: Meine Kreuzeötaufe ist nun vollendet
oder vollbracht. Luk. 18, ZI spricht Er: „Es wird
alles vollendet werden, was durch die Propheten auf des
Menschen Sohn geschrieben ist". So mögen wir denn hinzusetzen:
Es ist alles vollendet, was die Propheten von
des Menschen Sohn und Seiner Erniedrigung geschrieben
haben. Joh. 17, 4 spricht der Sohn zu dem Vater: „Ich
habe das Werk vollbracht, welches du mir gegeben hast,
daß ich es tun sollte". So mögen wir denn hinzusetzen:
Das Werk ist vollbracht. Wir mögen überhaupt sagen,
daß in diesem Worte alles begriffen sei, was zur Erwerbung
unserer Seligkeit gehört.
Wie nämlich das große Werk der Schöpfung mit
einem: „So wurden vollendet der Himmel und die Erde
und all ihr Heer", beschlossen wird, ebenso wird hier das
Werk der Erlösung, durch welches die Schöpfung wieder
zu Ehren kommen ist, mit einem: „Es ist vollbracht"
beschlossen. Und wie Gott jenes am sechsten Tage vollendete
und darauf am siebenten geruhet hat, also hat der
Sohn Gottes auch Sein Werk am sechsten Tage vollbracht
und darauf den siebenten Tag über im Grabe geruhet.
... Es war vollbracht, was Gott in Seinem ewigen
Ratschluß beschlossen hatte, daß es von unserem Bürgen
in der von Ihm angenommenen Knechtsgestalt teils
getan, teils gelitten werden sollte. Es war ja die Speise
des Sohnes Gottes gewesen, diesen Willen Seines Va
5Y
ters zu tun und Sein Werk zu vollbringen; Er selbst bezeuget
so von sich Joh. 4, 34. In dieser Vollbringung
des Willens Gottes war Er jetzt bis auf die unterste Stufe
herabgestiegen und gehorsam worden bis zum Tode, ja,
zum Tode am Kreuz, nach Phil. 2, 8.
Es war vollbracht, was der prophetische Geist von
dem Leiden Christi und Seiner tiefen Erniedrigung vorher
hatte verkündigen lassen, zum Teil durch Vorbilder;
dahin gehören die Opferung Isaaks, die Schlachtung des
Osterlammes, die Aufrichtung der ehernen Schlange, die
unzähligen Opfer des levitischen Gottesdienstes. Es war
vollbracht, was von dem Verrat durch einen Seiner Jünger
vorher verkündigt worden (Ps. 4t, 9), was von Seinem
Verkauf um dreißig Silberlinge (Sach. 11, 12—13)
vorhergesagt ist. Es war vollbracht, was von der Flucht
aller Seiner Jünger (Sach. 13, 7), von Seiner Beschuldigung
durch falsche Zeugen (Ps. 35,11) geweissagt stehet.
Es war vollbracht, was geschrieben ist von Seiner Bespei-
ung (Jes. 50, 6), von Seiner Verspottung (Ps. 22, 7. 8;
69, 9), von Seiner Geißelung (Jes. 50, 6), von der Durchbohrung
Seiner Hände und Füße am Kreuze, von der
Verteilung Seiner Kleider, von der Verhöhnung Seines
Vertrauens auf Seinen himmlischen Vater. (Ps. 22.) Es
war vollbracht, was von Seinem Verlassensein von Gott
im ersten Verse des 22. Psalmes angekündigt war: „Mein
Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Summa:
Alles was von den Umständen des Standes Seiner
Erniedrigung in den Schriften der Propheten anzutreffen
ist, war nunmehr erfüllet; was noch übrigblieb, war Sein
Tod und Sein Begräbnis, zu welchem bereits die Zubereitungen
und Anstalten gemacht wurden. Es war voll-
60
bracht alles, was das Gesetz forderte. Das Gesetz verlangt,
daß man Gott liebe von ganzem Herzen, von ganzer
Seele..und seinen Nächsten wie sich selbst. Wer das
nicht leisten kann, dem droht es mit einem ewigen Fluch.
Nun, Jesus Christus hat Seinen Vater von ganzem Herzen
und von ganzer Seele geliebet und sich als ein Brand-
opfer in dem Eifer für Seine Ehre verzehret, und Er hat
auch Seinen Nächsten, und zwar Freunde und Feinde,
geliebet, nicht nur wie sich selbst, sondern mehr als sich
selbst.
Zugleich aber hat Er alle Strafen auögestanden,
welche das Gesetz uns als seinen Übertretern drohete, und
ist ein Fluch und ein gnalüemg für uns worden. Solchergestalt
war alles, was das Gesetz fordern konnte, geleistet,
und diese Handschrift mit dem Blute des Mittlers gleichsam
durchstrichen.
Jetzt war vollbracht das einzige Opfer für die Sünde,
welches durch alle Opfer des Alten Testaments war
abgebildet worden, sonderlich durch den Bock, welcher am
Vcrsöhnungötage geschlachtet, und dessen Blut von dem
Hohenpriester ins Allerheiligstc hineingetragen werden
mußte. Hier war ein besseres Opfer denn jenes, ein Opfer
von unendlicher Würde, durch dessen Blut die beleidigte
Gerechtigkeit Gottes dergestalt befriediget wurde, daß
sie aufhören konnte, ihre Beleidiger zu verfolgen. Ja,
nachdem der Fluch hinweggenommen war, war nun Raum
und Platz gemacht, daß der Segen über die Völker kommen
konnte, der nicht nur bestehet in der Vergebung der
Sünden und der Tilgung der Übertretungen, sondern auch
in der Mitteilung des Heiligen Geistes, welcher den Glauben
an das Blut und Sühn-Opfer Jesu Christi anzün--
— bl —
det, das Herz des Menschen bewohnet, den Verstand wieder
mit göttlichem Licht und Weisheit, und den Willen
mit einer lauteren Liebe Gottes und des Nächsten erfüllet.
Es war vollbracht, was zur Zerstörung des Reiches
Satans gefordert wurde, denn mit Seinen blutenden Fersen
hatte dieser Weibeösame der Schlange den Kopf zertreten,
ihm seine Gewalt, die Gläubigen anzuklagen und
zu beherrschen, völlig genommen, daS tyrannische Joch
dieses starken Gewappneten zerbrochen. . . .
Die Menschen ihrerseits hatten alles vollendet, was
nach denr vorbedachten Rat und Willen Gottes geschehen
sollte, und es blieb nun nichts mehr übrig, als daß der
Sohn Sein Haupt neige und Seinen Geist in die Hände
Seines himmlischen Vaters befehle. Was also in dem
Dlgarten angefangen worden, das ist auf dem Hügel Golgatha
zu Ende gebracht. . . . Dort hieß eö: „Soll ich
den Kelch nicht trinken, den mir der Vater gegeben hat?"
(Joh. 18, 11.) Nun ist er völlig, mit allen seinen bittern
Hefen, ausgetrunken. Dort hieß eö: „Nicht mein, sondern
dein Wille geschehe!" Jetzt konnte dieser treue Knecht
Gottes sagen: „Herr, es ist geschehen, was du befohlen
hast". Sein Eifer für die Ehre GottcS und für das Heil
der Menschen ließ Ihn nicht ruhen, bis Er alles aus dem
Wege geräumt hatte, was Gottes Ehre verletzte und unser
Heil verhinderte. Denn waö Er nicht vollbracht hätte,
das würde auf uns gefallen sein, und was Er nicht der
göttlichen Gerechtigkeit bezahlet hätte, das würde sie bis
auf den letzten Heller von uns gefordert haben. Aber Gott
Lob! von dieser Furcht sind wir durch daö „leleleslai" —
eö ist vollbracht, völlig befreiet. Waö Er bei Seinem Kommen
in diese Welt Seinem himmlischen Vater zugesagt
62
hatte (Ps. 40, 7. 8; Hebr. 70, S—y): „Siehe, ich komme,
um deinen Willen, o Gott, zu tun", das hat Er treulich
gehalten und allen Rat Gottes von unserer Seligkeit
vollendet.
Von uns heißt es Luk. 47, 70: „Wenn ihr alles
getan habt, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind
unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig
waren"; aber dieser große und treue Knecht Gottes
gehöret nicht unter die Zahl der unnützen Knechte. Nachdem
Er Seine Arbeit vollendet hat, wird Er auf den
versprochenen Lohn dringen, und Sein gerechter Vater,
der befohlen hat, daß man dem Arbeiter seinen Lohn geben
soll, wird solchen Seinem Sohne nicht vorenthalten.
Die Verheißung von Jes. 5Z, 77. 72: „Von der
Mühsal Seiner Seele wird Er Frucht sehen und sich sättigen.
Durch Seine Erkenntnis wird mein gerechter Knecht
die Vielen zur Gerechtigkeit weisen, und ihre Missetaten
wird Er auf sich laden", wird nun unfehlbar in Erfüllung
gehen. Kraft des Wortes: „Es ist vollbracht!" ist der
Satan gezwungen, eine jede Seele, die sich entschließet,
ihrem rechtmäßigen Herrn zu dienen, herauszugeben, wenn
sie auch noch so tief in seinem Rachen steckte. Das „Es
ist vollbracht" zerreißet alle seine Fesseln und Bande, wenn
sie auch noch so verwirrt und verwickelt wären. Satan
hält der bußfertigen Seele ihr großes Sündenregister vor:
„Sieh, das und das Böse hast du ausgeübet, diesen und
jenen sündlichen Gedanken hast du nicht nur gehabt, sondern
auch ausgeführet; diese und jene schändliche Lust
nicht nur geheget, sondern auch vollbracht. Darum bist
du ein Kind des Todes und der Verdammnis!" O halte
dich, obgleich zitternd und bebend, an das freudige Sie
63
geswort deines Erlösers, und laß dich durch Sein: „Es
ist vollbracht!" zum Glauben an Seinen Namen erwecken!
DaS Gesetz kann nichts vollenden oder vollkommen machen,
es kann das Gewissen nicht befriedigen, noch von
der Gnade Gottes versichern. Aber von unserem Heilande
heißt es, daß „Er mit einem Opfer auf immerdar vollkommen
gemacht habe, die geheiligt werden". (Hebe.
1.0, 14.) Er rufet jeder betrübten und durch den Anblick
ihrer Sünden niedergeschlagenen Seele zu: Ich habe deine
Schulden bezahlet, und dir den Weg zum Gnadenthrone
geöffnet. Ich habe dich aus der Gewalt der Sünde und
des Satans erlöset. ... Ich habe die Macht der Höllen
zerbrochen. Durch meinen Tod ist dir die Erbschaft aller
Herrlichkeit Gottes zugefallen, sodaß du dich derselben
völlig versichern kannst und keinen Zweifel darinnen setzen
darfst, daß mein Vater dir fortan mit eben derselben
Liebe zugetan sei, damit Er mich. Seinen eingeborenen
Sohn, umfasset. Ich will mein Werk in dir vollenden
und dich endlich zu mir nehmen, auf daß du meine Herrlichkeit
sehest, die mir der Vater gegeben hat.
Ist ferner jemand hier vorhanden, der zwar zum
Glauben an den Namen des Sohnes Gottes kommen
ist, aber sich mit ängstlichen Sorgen wegen seiner Beständigkeit
bis ans Ende träget und ost bei sich denkt: „Ach,
werd' ich auch bis ans Ende treu bleiben! Ich fühle meine
große Schwachheit und besorge, ob ich einmal erliegen
werde". . . . Doch siehe, da ist ein Mann, der heißt Boas
(d. i. in ihm ist Stärke), von dem stehet im Vorbilde geschrieben
im Buche Ruth Kap. 3, 18: „Der Mann wird
nicht ruhen, er bringe denn die Sache zum Ende". — Er
wird dich durch alle Stricke und Netze der verführerischen
64
Welt hindurchführen. Er wird dich durch Not und Tod
hindurchtragen und dich fest behalten bis anS Ende. Er
wird dich unbefleckt und unsträflich vor das Angesicht
Seines Vaters in Frieden hinstellen, damit du Ihn für
alle an dir erwiesene Treue ewig loben und preisen könnest.
Sollte endlich auch jemand vorhanden sein, der nicht
nur wegen seiner eigenen Beständigkeit und Seligkeit, sondern
auch wegen der ganzen Kirche Jesu Christi bekümmert
wäre, wie eö doch noch derselben ergehen, und wie
die großen Verheißungen, die ihr gegeben sind, und zu
deren Erfüllung eö sich noch so schlecht anlässet, vollendet
werden möchten? — der kann versichert sein, daß in dem
Worte: „ES ist vollbracht!" bereits der Grund geleget ist
zur Erfüllung aller Verheißungen Gottcö, die Er Seiner
Kirche gegeben hat. Gleichwie alles vollbracht ist, waö an
dem gesegneten Haupt der Gemeinde hat sollen vollendet
werden, so wird auch an Seinem geheiligten Leibe alles
vollendet werden, waS von demselben geschrieben stehet,
und wird kein einziges von allen guten Worten, die Gott
geredet hat, auf die Erde fallen. . . Und endlich wird,
nach Offbg. 2k, 6, die Stimme von dem Throne aus erschallen:
§eKone — eö ist geschehen. „Ich bin das A
und das O, der Anfang und daö Ende." Darauf können
wir uns also freuen und schon zum voraus ein Triumphlied
und Halleluja anstimmen. Ein jeder sei nur an seinem
Teil besorget, seinen Endzweck immer vor Augen
zu haben, warum ihn Gott kn diese Welt gesetzet hat, und
dahin zu sehen, daß er seinen Lauf mit Freuden vollende,
und Glauben und ein gut Gewissen bewahre.
§s ist vellbiacku! Vergiß ja n-cbt
Dies Wort, mein Herz, das Jesus spricht.
Da Cr am Kreuze für dich stirbst
65
Und dir die Seligkeit erwirbet;
Da Er, der all.-k wohlg. macht,
Nunmehro spricht: Es ist vollbracht!
Cs ist vollbracht am Kreuze dort
Gesetz und der Propheten Wort;
Was uns unmöglich zu vollbringen,
Maß dem Gekreuzten gelingen;
WaS Gott von Ewigkeit bedacht.
Das ist durch Cyrrstr Tod vollbracht.
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorlnther
Aus dem Französischen vonH. R.
I.
Kapitel r —2, 5.
ES ist nicht meine Absicht, eine methodische Auslegung
dieses Brieses zu geben oder aus alle seine Einzelheiten
einzugehen. Ich möchte vielmehr gewisse, in ihm
enthaltene Grundsätze zur Darstellung bringen, die in sehr
zeitgemäßer Weise zu unseren Herzen und Gewissen reden,
damit wir unseren gemeinsamen Wandel mit ihnen in
Übereinstimmung bringen.
Die erste Frage ist: Wie lautet die Anschrift dieses
Briefes? Wenn er nur an die örtliche Versammlung in
Korinth gerichtet wäre, könnte man sich auf diese Tatsache
berufen, um sich über die in ihm uns gegebenen Regeln
und Vorschriften hinwegzusetzen oder sie doch nicht genau
zu nehmen. Nun sehen wir aber von vornherein, daß
dieser Brief nicht nur an die Christen in Korinth gesandt
worden ist, sondern an „alle, die an jedem Orte den
Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen, sowohl
ihres als unseres Herrn". Es gibt also keinerlei Beschrän
66
kung, weder im Blick auf den Ort noch auf die Personen,
noch auf die Zeit. Der Brief geht alle an, welche die
Autorität des Herrn Jesus anerkennen. Ja, wir dürfen
sagen, daß er in einer ganz besonderen Art zu jedem einzelnen
von uns und zu uns allen redet. In keinem anderen
Briefe ist die Anrede so allgemein gehalten. Ist
es demgegenüber nicht verwunderlich, daß in der bekennenden
Christenheit gerade die Vorschriften dieses Briefes
mehr als alle anderen durchbrochen werden? Und, beachten
wir es wohl, gerade hier werden der Versammlung
(Gemeinde) bestimmtere Gebote gegeben, als an irgend
einer anderen Stelle des Neuen Testaments. Und ferner:
mögen diese Gebote auch bei denen, die ihre verpflichtende
Bedeutung nicht anerkennen, kein Gehör finden,
alle Christen, die dem Herrn treu dienen wollen, sollten
sie auf ihre Herzen schreiben und sie in die Tat umsetzen.
Laßt uns zunächst die Schlingen andeuten, in welche
die Heiligen in Korinth gefallen waren, und denen auch
wir heute in der einen oder anderen Form nur zu oft
unter uns begegnen. Und da wir besser unterrichtet sind
als die Korinther, die noch nicht alle Gedanken Gottes
in dein geschriebenen Wort besaßen, sind wir strafbarer
als sie, wenn wir uns in diesen Schlingen fangen lassen.
Indem wir uns ein Bild von dem zu machen suchen, was
der Versammlung in Korinth fehlte, zeichnen wir in mancher
Hinsicht unser eigenes Bild. In einem Stück jedoch
unterscheiden sich die Korinther vorteilhaft von uns, und
dieses eine verlieh ihnen einen Charakter, der den Christen
unserer Tage mangelt: „sie hatten in keiner Gnadengabe
Mangel", nicht nur in heute verloren gegangenen
Wundergaben, nein, sie waren auch „reich in allem Wort
67
und aller Erkenntnis". Das kann man von uns
kaum sagen. Begegnet man auch hie und da Christen,
denen Gott für die gegenwärtige Zeit wichtige Wahrheiten
anvertraut hat, so ist doch die Zahl derer ungleich größer,
die diese Wahrheiten, selbst die grundlegenden Heilswahrheiten,
nicht kennen.
Wenn wir uns dann aber weiter vergegenwärtigen,
welchen Gebrauch die Korinther von ihren mannigfaltigen
Gaben machten, so müssen wir leider entdecken, daß sie sie
zur Befriedigung ihres geistlichen Hochmuts
benutzten, indem sie sich selbst erhoben. Wie oft
wiederholt der Apostel sein: „Ihr seid aufgeblasen"! Wollen
wir einen Stein auf die Korinther werfen? Nein, gewiß
nicht. Wir, die Christen von heute, sind weit weniger
entschuldbar als sie; während aber unsere große Armut,
verglichen mit dem „Reichtum" der Korinther, uns in tiefer
Demut erhalten sollte, haben wir, sobald uns irgend
eine Gnadengabe vom Herrn zuteil wird, kaum etwas
Eiligeres zu tun, als hinzugehen und mit ihr zu glänzen.
Noch eines zweiten, sehr ernsten Fehlers machten sich
die Korinther schuldig; es gab Zwistigkeiten und Spaltungen
unter ihnen. Obwohl sie sich, zur Darstellung der
Einheit des Leibes, um den Namen Christi versammelten,
waren sie doch durch widerstreitende Meinungen zerteilt.
(V. 70—72.) Wir werden darauf zurückkommen. Aber
ich frage: Sehen wir unter den heutigen Christen nicht
dasselbe? Jeder rühmt sich seiner M e i n u n g, an der er
festhält. Nun, alle Meinungen, so richtig und rechtgläubig
sie, wie in dem Fall der Korinther, auch sein mögen,
können nur zu Spaltungen führen, wenn man sie auf
Kosten anderer Wahrheiten in den Vordergrund stellt. Ist
68
der Christus zerteilt? Es ist nicht Übertreibung, wenn ich
sage, daß ein erleuchteter Christ keine eigene Meinung
haben soll; denn von welchem Wert können persönliche
Ansichten sein, wenn „wir Christi Sinn haben"?
(Kap. 2, 16.) Nie wird „der Sinn Christi" mich mit einer
Sekte verbinden, während das Festhalten an meinen Meinungen
unfehlbar dahin führen wird. Ebenso wird das
Wort Gottes mich niemals dahin führen, wogegen
meine Ansichten über das Wort Gottes
mich stets in die Gefahr bringen, wenn Gottes Gnade
mich nicht bewahrt, ihnen den Vorrang vor anderen
Ansichten zu geben. Gott gibt Seinen Kindern kein
Recht dazu, verschiedene Ansichten zu haben. Daß solche
unter den Christen bestehen, ist unbestreitbar; denn es
entspricht der sündigen Menschennatur, nicht aber der
neuen Natur und dem Geist Gottes. Der Brief an die
Philipper (Kap. 3, 15.1b) gibt ihr Vorhandensein zu,
schreibt sie aber nicht denen zu, welche durch den Geist
die Vollkommenheit ihrer Stellung in Christo erfaßt haben.
Ohne Zweifel richtet sich der Apostel auch an solche,
„die etwas anders gesinnt sind", ohne aber deren abweichende
Ansichten anzuerkennen oder zu entschuldigen; er
widerlegt sie auch nicht, sondern wartet auf Gott, daß
Er den Unmündigen die Dinge offenbaren möge, zu denen
sie noch nicht gelangt waren. Er geht garnicht auf ihre
Meinungsverschiedenheiten ein, rechnet vielmehr auf den
Herrn, daß Er diese verschwinden lassen werde; indes
bittet er die Gläubigen, in dem, wozu sie gelangt seien,
miteinander denselben Weg zu wandeln.
So war es eben nicht bei den Korinthern, die einer
dem anderen gegenüber an ihren Meinungen festhielten.
by
Man beachte wohl, daß diese sich auf die ihnen von den
Aposteln oder anderen vertrauenswürdigen Gotteömän-
nern (wie Apollos) mitgeteilten Wahrheiten stützten; aber
in ihrem sektiererischen Geist beachteten die Korinther nicht,
daß sie sich eine Anschauungsweise unter Zurücksetzung
einer anderen aneigneten und dadurch, indem sie sich auf
einzelne Wahrheiten versteiften, die Wahrheit
veränderten. Es gibt nur eine Wahrheit: Christus,
der die Wahrheit ist, kann nicht zerteilt werden. Die Gaben
sind verschieden, kommen aber von einem einzigen
Geist; die Wirkungen sind verschieden, kommen aber von
demselben Gott, der alles in allen wirkt. Es kann keine
Spaltung in dem Leibe geben. Wenn die Korinther gespaltener
Meinung waren, so entsprach das einerseits einem
Mangel an Entgegenkommen den Brüdern gegenüber, der
stets einen fleischlichen Geist begleitet, anderseits der
Wichngkeit, die sie sich selbst beimaßen, weil sie nicht verwirklichten,
daß das Kreuz Christi dem Ich und seiner
Wichtigkeit ein Ende gemacht hat.
Die Spaltungen waren also eine der schweren Verfehlungen
der Korinther; aber es fanden sich noch andere
Dinge bei ihnen. Übel aller Art hatten sich in ihrer Mitte
eingeschlichen. Es gab unter ihnen einen Fall von Unzucht,
dergleichen selbst unter den Heiden nicht vorkam. Es
gab Leute, die sich betranken, Brüder, die Händel miteinander
hatten, sich gegenseitig vor die Gerichte zogen, einander
Prozesse anhängten — alles äußerst tadelnswerte
Dinge. Auch fand man in ihrer Mitte falsche Lehren,
Leute, welche lehrten, „daß es keine Auferstehung der Toten
gebe", und alles das zeigte sich inmitten einer ganz
außergewöhnlichen Wirksamkeit des Geistes.
70
Ist es nun nicht merkwürdig, daß die Korinther angesichts
so vieler demütigender Dinge großes Gewicht daraus
legten, über gewisse Dinge von untergeordneter Bedeutung
Aufschluß von dem Apostel zu erhalten? Sie
vergaßen die Demut, die brüderliche Einigkeit, die Reinheit,
die Mäßigkeit und stellten dem Apostel Fragen wie
z. B., ob man besser tue, zu heiraten oder nicht zu heiraten,
ob man ein ungläubiges Weib entlassen, den Götzen
Geopfertes essen dürfe usw. Der Apostel beantwortet alle
diese Fragen, verfehlt aber nie, zu ihrem Gewissen zu
reden; er denkt nicht daran, bloß ihre Neugier oder ihren
Verstand zu befriedigen.
Nachdem wir so mit einigen Worten den Zustand
der Korinther geschildert haben, können wir uns nunmehr
über den Zweck des Briefes besser Rechenschaft geben.
Der Geist bedient sich der Unordnung in ihrer Mitte, um
uns über die Ordnung zu belehren, welche dem Hause
Gottes geziemt; so könnten wir diesem Briefe auch die
Überschrift geben: Die Ordnung in der Versammlung.
Darum, wenn Spuren von Unordnung
sich unter den im Namen des Herrn Versammelten zeigen
— und solche gibt es immer wieder — laßt uns dann diesen
Brief im Lichte Gottes sorgfältig erforschen, seine Unterweisung
zu verstehen suchen, um so die Ordnung wiederkehren
zu sehen. Das ist es, was der Apostel wünschte.
Der Zweck unseres Briefes führt uns zu einer kurzen
Besprechung seiner Einteilung.
In den beiden ersten Kapiteln entwickelt der Apostel
die Grundlage jedes Zeugnisses und aller christlichen Ordnung
im Hause Gottes. Zuerst beantwortet er die Frage:
— 71 —
Was ist ein Christ? Die Korinther verstanden das nur
unvollkommen. Wenn wir heute diese Frage an unsere
Brüder in Christo richten, erhalten wir häufig die Antwort:
Ein Christ ist ein Mensch, der mittelst des Glaubens
an das Blut Christi Vergebung seiner Sünden empfangen
hat, ein Kind Gottes. Nun, diese beschränkte Begriffsbestimmung
finden wir in diesen beiden Kapiteln
nicht. Ohne Zweifel zeigt der Apostel, daß ein Christ durch
den Glauben das Heil erlangt hat (V. 1.8. 21); aber im
Gegensatz zu dem fleischlichen Zustand, der in Korinth
herrschte, stellt er fest, daß ein Christ ein Mensch ist, der
in bezug auf sein ganzes bisheriges Leben
voll und ganz verurteilt ist, indem er
in der Person Christi am Kreuze das Ende seines Daseins
als Mensch im Fleische, das Gericht seiner selbst
gefunden hat — ein vollständiges Gericht, da Jesus dort
als unser Stellvertreter zur Sünde gemacht worden ist.
Ein Christ, in der vollen Bedeutung des Ausdrucks, ist
ein Mensch, für den jene Wahrheit zur Wirklichkeit geworden
ist. Darum sagt der Apostel den Korinthern auch
— denn er nennt sie Kindlein in Christo, obgleich er sie
als Errettete betrachtet —: „Ich hielt nicht dafür, etwas
unter euch zu wissen, als nur Jesum Christum, und Ihn
als gekreuzigt". Das heißt: Indem ich euch Seine Person
vor Augen stellte, habe ich euch erklärt, daß ihr selbst
durch Sein Kreuz unter das endgültige Gericht Gottes
gestellt worden seid.
Was wird nun unser Wandel sein, wenn wir diesen
wesentlichen Charakterzug eines Christen verwirklichen,
indenr wir uns in unserer Eigenschaft als Menschen im
Fleische für völlig gerichtet und unser ganzes früheres
72
Tun, alle unsere Gedanken als durch das Kreuz zum Abschluß
gebracht betrachten? Als Verurteilte und Gerichtete
werden wir nicht suchen, uns Wichtigkeit zu geben,
weder in unseren eigenen Augen noch in denen anderer.
Achten wir wohl auf diesen ersten Schritt, der die Bekehrung
und die Vergebung der Sünden stets begleiten sollte.
Das Kreuz ist der Ort, wo ich das Ende des Menschen
als Sünder, das Ende deö natürlichen
Menschen, und das Ende der Welt gefunden
habe, wie uns der Brief an die Galater belehrt.
Das ist der Grund, weshalb der Apostel nichts
unter ihnen hatte wissen wollen, als nur Jesum Christum,
und Ihn als gekreuzigt.
Am Ende deS ersten Kapitels begegnet uns noch ein
zweiter Charakterzug deö Christen, und ich kenne wenige
Stellen in der Schrift, die ihn in treffenderer Weise beschreiben:
„Aus Gott seid ihr in Christo, der uns geworden
ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit
und Erlösung; auf daß, wie geschrieben steht: „Wer
sich rühmt, der rühme sich des Herrn"." (V. 30. 3r.)
Als Sünder war ich in Adam; von dem Augenblick an,
da ich an den Herrn JesuS glaubte, habe ich meine Verurteilung,
die deö ersten Menschen, am Kreuze gefunden.
Aber jetzt bin ich eine neue Schöpfungin Christo
Jesu. Das ist meine Stellung, und der Brief an die Römer
entwickelt sie in wunderbarer Klarheit; ich bin aus
Gott in Christo Jesu. Alles waS ich als Christ besitze, habe
ich von Gott empfangen in Christo und durch Christum.
Er ist es, der mich zu alledem gemacht hat, was ich bin.
Ich bin aus Gott; ich leite meinen Ursprung von Ihm
her. Wenn ich irgendwelche Weisheit, irgendwelche Ge-
73
rcchtigkeit, irgendwelche Heiligkeit habe, so ist es in Christo;
wenn ich zur Erlösung als dem Ziel meines Laufes gelange,
so ist es nur in Ihm. Da bleibt kein Raum für
den alten Menschen; alles ist von dem neuen Menschen;
was ich bin, kann ich nur Christo zuschreiben.
In Kapitel 2 findet sich noch ein dritter Charakterzug
des Christen. Er besitzt den Geist Gottes, die Kraft
des neuen Menschen, die ihn befähigt, die göttlichen Dinge
zu verstehen. Diese sind uns im Wort Gottes geoffenbart,
sodaß der neue Mensch durch eine geistliche Kraft gekennzeichnet
wird, die ihn unter dieses Wort stellt.
Kommen wir jetzt noch einmal auf die Einteilung
des Briefes zurück. Wir haben gesehen, daß die ersten
zwei Kapitel vom Kreuze Christi reden als der Grundlage
unserer christlichen Stellung. Die Kapitel 3—9 behandeln
dann die Ordnung, welche dem Hause Gottes
geziemt, und die Kapitel 44—44 die Ordnung, die dem
Leibe Christi gebührt. Zwischen diesen beiden Kapitelreihen
bildet das 40. Kapitel eine Art Einschaltung zwischen
dem Hause Gottes und dem Leibe Christi. Wir haben
hier die Christenheit oder das christliche Bekenntnis
ohne Leben. Dieses 40. Kapitel ist sehr wichtig,
da das, was zur Zeit des Apostels eine Ausnahme
war, es heute nicht mehr ist. Die gegenwärtige Christenheit
besitzt das Abendmahl und die Taufe und geht äußerlich
den christlichen Weg, aber ohne göttliches Leben zu
haben. Dieses Bekenntnis ohne Leben führt aber zum Gericht.
Kapitel 45 behandelt die überaus wichtige Frage
der Auferstehung. Der Brief ist also von diesen zwei großen
Wahrheiten eingerahmt, dem Kreuz in Kap. 4 und der
Auferstehung in Kap. 45.
74
Galater 5,24—26^
„Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt
samt den Leidenschaften und Lüsten." (V. 24.)
Fürchtete der Apostel, das Wort: „wider solche gibt es
kein Gesetz", könnte mißverstanden, könnte gar von dem
Fleische zu seinem Vorteil ausgebeutet werden? Wir wissen
ja, zu welch falschen Schlüssen und Folgerungen das
Fleisch fähig ist. Oder wollte ec die Galater, ähnlich wie
am Ende des Z. Kapitels, nur daran erinnern, daß alle,
die des Christus sind, mit dem Alten für immer abgebrochen
haben und nun in jeder Beziehung auf einem neuen
Boden stehen, daß das Alte vergangen und alles neu geworden
ist?
„Die aber des Christus sind", — d. h. also alle,
die an Christum geglaubt haben und nun durch den Geist
mit Ihm verbunden sind, alle, ohne Ausnahme oder
Unterschied, „haben das Fleisch gekreuzigt." (B. 24.)
Mancher mag denken, wenn er solche Worte hört: Wie
groß und herrlich ist daö! aber dann seufzend hinzufü-
gen: Wenn ich es nur von mir sagen könntet Und doch
handelt es sich hier nicht um eine Wahrheit, die am E n d e
des Weges eines Gläubigen liegt, um etwas, das er, allmählich
wachsend und heranreifend, vielleicht nach vielen
Jahren erreicht, vielleicht auch nie erreicht, sondern
um eine Tatsache, mit der sein Weg als Christ b e -
") Das Nachstehende mußte im Dezcmberbeft des vorigen
Jahrgangs Raummangels wegen zurückgestcllt werden und wurde
dann im Januar lridcr vergessen. Durch die freundliche Benachrichtigung
eines Lesers des ,,Botschafter", daß er in der Betrachtung
„Der Brief an die Galater" jede Bemerkung über die letzten Verse
des 5. Kapitels vermisse, auf den Fehler aufmerksam gemacht,
möchten wir ihn, soweit es geht, hierdurch wieder gutmachen.
75
ginnt. Als er Christum, den Gekreuzigten, im Glauben
annahm, hat er das Fleisch samt seinen Leidenschaften
und Lüsten gekreuzigt, d. h. er hat das Todesurteil über
dasselbe gesprochen.
In dem Tode Christi ist diese Kreuzigung geschehen,
und der Glaubende hat sie als unvermeidlich notwendig
und gerecht anerkannt. Das „Kindlein in Christo"
hat das getan, freilich nicht in dem vollen Verständnis
der Tragweite des Geschehenen, aber doch in Wirklichkeit.
Wer irgend des Christus ist, hat das Fleisch und damit
dessen Leidenschaften und Lüste gekreuzigt. Vielleicht wird
der eine oder andere Leser sagen: „Ich habe bisher geglaubt,
ich müsse das Fleisch täglich kreuzigen". Nein,
sagt dir das Wort, und ihm allein steht doch die Entscheidung
in dieser wie in allen anderen Fragen zu, du hast
das getan; was dir heute zu tun übrigbleibt, ist, dir diese
Tatsache im Glauben immer wieder zu vergegenwärtigen
und in der Verwirklichung derselben zu wandeln. Könnte
es überhaupt etwas Köstlicheres und Tröstenderes geben,
als das Bewußtsein: Das Fleisch ist gekreuzigt, das Urteil
des Todes ist an ihm vollzogen? Wir sind „im
Geiste", nicht mehr „im Fleische"? (Röm. 8, 9.)
Der Apostel kommt deshalb auch im nächsten Verse
zu dem naturgemäßen, folgerichtigen Schluß: „Wenn wir
durch den Geist leben, so laßt uns auch durch den Geist
wandeln". Er sagt nicht: „so laßt uns die Lust des Fleisches
nicht mehr vollbringen". Höher, unendlich höher ist
der Maßstab des Gläubigen, die Richtschnur seines Lebens.
Sie lautet: „Laßt uns durch den Geist wandeln"!
Daß wir dann der Lust des Fleisches nicht länger
folgen, seinen Leidenschaften und Lüsten nicht mehr
7b
dienen werden, ist selbstverständlich, denn der Geist gelüstet
wider das Fleisch und ist ihm entgegengesetzt;
aber unsere Stelle geht viel weiter. Ein Wandel
durch den Geist Gottes hat nicht nur ein verneinendes
Ergebnis, d. h. in ihm werden sich all die früheren bösen
Erscheinungen nicht mehr finden, sondern auch ein bejahendes,
d. h. fortan geschieht alles unter der Leitung
und in der Kraft dieses guten Geistes, Seine Gesinnung
kennzeichnet das ganze fernere Leben in Wort und Wandel.
Ach, wenn wir doch alle mehr im Glauben erfassen
und verwirklichen möchten, wohin das Kreuz Christi uns
gestellt, wohin Sein Tod uns gebracht hat! Ein Wandel
durch den Geist ist ein Wandel „in Neuheit des Lebens",
der notwendigerweise nicht mehr das verabscheuungswürdige
Bild des natürlichen Menschen, das „eitler Ehre Geizigsein,
das einander Herausfordern, einander Beneiden"
(V. 26) ans Licht treten läßt, sondern das Bild des
„Sanftmütigen und von Herzen Demütigen" in uns gestaltet.
Der Geist ist allezeit bemüht, Christum vor
unsere Augen zu stellen, und lassen wir Seinem Wirken
Raum, leben wir praktisch durch Ihn, so werden
wir nicht uns selbst zu gefallen suchen, sondern nach
dem großen Vorrecht streben, in einem Leben des Gehorsams
und der Abhängigkeit von Gott Christumzu verherrlichen.
Noch einmal denn: „Wenn wir durch den Geist leben,
so laßt uns auch durch den Geist wandeln!" Ist
das erste von unS wahr, und es ist, Gott sei gepriesen!
wahr, dann sollte auch das zweite immer mehr bei uns
zur Wahrheit werden.
77
Sle sogenannte „Brüderstunde"
Ein älterer langjähriger Leser des „Botschafter"
schreibt mir: „Kürzlich beschäftigte mich die Frage: „Waö
ist die Brüderstunde (die Stunde also, in welcher Brüder
sich zusammenfinden, um die Angelegenheiten der örtlichen
Versammlung zu besprechen), und wer hat in ihr seinen
Platz?" Drei liebe Brüder gaben mir auf diese Fragen
die in Abschrift beiliegenden Antworten. Vielleicht wäre
ihre Kundgebung im „Botschafter" nützlich und manchem
willkommen." — Da die Antworten, wie mir scheint,
manchen guten Wink enthalten, gebe ich sie gern wieder
und lasse sie der Reihe nach hier folgen. Naturgemäß entwickeln
sie verschiedene ähnliche Gedanken, deren Wiederholung
aber nicht unangenehm wirkt.
I. „Brüderstunden" dienen dazu, um im Aufblick
zum Herrn Fragen zu regeln, mit denen die ganze Versammlung
nicht beschäftigt oder gar beunruhigt zu werden
braucht; dann aber auch, um Zustände oder Vorkommnisse
klarzustellen, die, wenn nötig, der Versammlung
als untersucht zur Beurteilung vorzulegen sind, z. B.
wenn eö sich um Zulassung zum Brotbrechen oder um
Ausübung der Zucht handelt. Die Versammlung beurteilt
das, waö die Brüder ihr als das nach ihrer Überzeugung
dem Herrn Wohlgefällige vortragen. Die Versammlung
nimmt die Handlung vor und ist dafür dem Herrn
verantwortlich. Nach Matth. 1.8, 18—20 finden nur
Handlungen, die von den zu dem Namen Jesu hin Versammelten,
es seien viele oder wenige, mit dem Herrn
in der Mitte, ausgeführt werden, die Bestätigung des
Himmels.
78
„Drüderstunden" werden in buchstäblichem Sinne in
der Schrift nirgendwo angeordnet. Sie haben sich aber
aus den oben angeführten Gründen für eine größere Versammlung
als notwendig erwiesen und haben überall Bestätigung
gefunden. Bei Fragen oder Handlungen, die der
Beurteilung der ganzen Versammlung unterliegen, bildet
die Brüderversammlung gleichsam eine vorbereitende Einrichtung,
die aber keinerlei Anspruch auf Autorität hat.
Hierher gehört nicht die Ordnung äußerer Fragen, Geldfragen,
Raumfragen und dergleichen. Da kann die Brüderstunde
selbständig handeln, es sei denn, daß es Dinge
sind, die von der Allgemeinheit entschieden werden müssen.
Wenn nun gefragt wird, welche Personen ihren
Platz in der Brüderstunde haben, so kommen zunächst
solche in Betracht, die ein tiefes Verantwortungsgefühl
vor dem Herrn besitzen. Weiter müssen sie ein
wahres Interesse für Ihn und Seine Sache haben. Außerdem
ist es wünschenswert, daß sie b e s o nn e n, nü ch-
tern und urteilsfähig sind. „Schwache im Glauben"
eignen sich nicht zur Entscheidung zweifelhafter Fragen.
(Röm. 14, 1.) Jedenfalls sollten wenig urteilsfähige
Brüder zurückhaltend sein. Außerdem müssen die
Brüder verschwiegen sein. Aus alledem ergibt sich
wohl, daß ganz junge Brüder im allgemeinen der Brüderstunde
fernbleiben sollten, aber auch unbesonnene Brüder
und solche, die nicht schweigen können.
II. Das Wort „Brüderstunde" oder „Brüderversammlung"
findet sich zwar im Worte Gottes nicht, und
dennoch wäre kaum eine andere Bezeichnung für den gedachten
Zweck zu finden.
— 79 —
Es ist nach den persönlichen Unterweisungen unseres
geliebten Herrn in Matth. 1,8, 15—20 zu gewissen Zeiten
nötig, die Versammlung zu. befragen oder ihr Urteil
zu hören, aber es entspricht wohl nicht Seinen Gedanken
oder den Unterweisungen der Schrift, bei allen vorkommenden
Fragen die Entscheidung der ganzen Versammlung
anzurufen.
Die erste „Brüdcrversammlung" finden wir wohl
in Apstgsch. 6, 2. Unter den dort genannten Jüngern
oder Brüdern könnten nun alle in Jerusalem der Versammlung
angehörenden Brüder vermutet werden; indes
belehrt uns das Wort in Apstgsch. 15, 1—29, daß der
Heilige Geist die Ordnung der damals vorliegenden ernsten
Frage zunächst nicht auf die Herzen aller Brüder
gelegt hat. Die ganze Versammlung wird erst im 22.
Verse genannt. Es ist sicher das Vorrecht aller Brüder
einer örtlichen Versammlung, an dem Wohl und Wehe
der Versammlung teilzunehmen; auch dürfte unsere Fürbitte
dahin gehen, daß mehr nüchterne Brüder sich finden
möchten, die über dieses Wohl und Wehe wachen.
Woran sind nun solche Brüder zu erkennen? Erstens
wachen sie über ihr eigenes Haus. Sein eigenes Haus
vernachlässigen und dabei Sorge um die Versammlung
Gottes tragen wollen, wie reimt sich das zusammen? Am
meisten wird es jedem Bruder, der das Wohl der Vielen
und die Ehre des Herrn sucht, dämm zu tun sein, persönlich
in der Furcht des Herrn zu wandeln und alle Sorgen
der Versammlung aufbetendem Herzen zu tragen.
Wer solches aufrichtig zu tun begehrt, der hat einen
Platz in der Brüderstunde und sollte, soweit möglich, nie
fehlen.
so
III. Die „Brüderstunde" darf man vor allen Dingen
nicht als eine bestimmende, regierende Einrichtung
betrachten. Sie ist nur Mittel zum Zweck, und ist entstanden
auf Grund guter menschlicher Überlegungen, ohne
daß wir für sie ein begründendes Schriftwort hätten, es
sei denn l. Kor. 14, 40.
Die in ihr gepflogenen Besprechungen können nur
vorbereitender und beratender Natur, aber nicht endgültig
beschließend sein. Die Versammlung (Brüder und
Schwestern) steht verantwortlich vor Gott da. Sie untersteht
auch nicht einem Brüderrat (ein neuzeitlicher Begriff),
schätzt aber dankbar die Mahnungen der Brüder
und ihren Rat, zumal sie ihnen das Vertrauen entgegenbringt,
daß sie sich im Interesse der Gesamtheit mit den
Angelegenheiten der Versammlung vor Gott beschäftigen,
ohne Gunst und Parteilichkeit. Es können eben nicht
alle Geschwister sich um jede einzelne Angelegenheit der
örtlichen Versammlung bekümmern; daher die Brüderstunde,
in welcher diese Angelegenheiten besehen und
eingehend besprochen werden. Dem Ergebnis dieser Besprechungen
werden wir wohl in den meisten Fällen zustimmen
können, werden uns vielleicht aber auch einmal
veranlaßt sehen, Einspruch zu erheben. Dies letztere muß
das Recht nicht nur jedes Bruders, sondern auch jeder
Schwester bleiben.
Die „Brüderstunde" ist und bleibt also eine menschliche
Einrichtung, die in bester Überzeugung getroffen ist,
aber nur dann die göttliche Anerkennung haben wird, wenn
die Brüder abhängig und demütig bleiben und vor allem
sich nicht eine Herrscherrolle anmaßen.
— 81 —
„Laßt uns Gnade haben!
(Hebr. 12, 28.)
Gnade ist es, was der sündige, gefallene Mensch
bedarf. Gnade muß dem Schuldigen zuteil werden,
wenn er anders von Gericht und Strafe befreit werden
soll. Und Gottes Gnade ist in Christo Jesu erschienen,
heilbringend für alle Menschen. (Tit. 2, 11.) Wer irgend
heute, am Tage des Heils, mit aufrichtigem Bekenntnis
zu dieser Gnade seine Zuflucht nimmt, empfängt durch
den Glauben an den Namen Jesu Christi Vergebung seiner
Sünden und kann nun dankbaren Herzens die Worte
des Apostels in Eph. 2, 8. y auf sich anwenden: „Durch
die Gnade seid ihr errettet mittelst des Glaubens; und
das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken,
auf daß niemand sich rühme".
Im nächsten Verse wird uns weiter gesagt, daß der
Gläubige „geschaffen ist in Christo Jesu zu guten Werken,
welche Gott zuvor bereitet hat, auf daß wir in ihnen
wandeln sollen". Wenn Gott uns Seine Gnade zuwendet,
so tut Er es nicht nur, um uns zu erretten. Er möchte
gern Nutzen an den Seinigen haben, und wer Ihn liebt,
steht in voller Übereinstimmung mit diesem Wunsch. Jur
Erfüllung desselben bedürfen wir aber wiederum der
Gnade. So lautet denn auch der Vers, aus dem ein Wort
diesen Ausführungen voransteht: „Laßt uns Gnade
haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen
mit Frömmigkeit und Furcht".
Wir bedürfen Gnade täglich, stündlich, ja, zu jedem
Schritt, solang wir noch in diesem Leibe wallen. Aber wie
wird sie uns zuteil? Wie fließt sie uns zu? Einerseits da
82
durch, daß wir mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem Thron
der Gnade, um so Barmherzigkeit zu empfangen und
Gnade zufindenzur rechtzeitigen Hilfe — werbittet,
der empfängt, wer sucht, der findet — anderseits dadurch,
daß wir die praktische Verbindung und Gemeinschaft
mit unserem Herrn bewahren, „in Ihm blei-
b e n", wie Er uns in Joh. 15, 4 ermahnt. Tun wir das,
so wird Er durch den Glauben in unseren Herzen wohnen.
(Eph. Z, 47.) Es wird dann auch nicht ausbleiben,
daß Sein Wort reichlich in uns wohnt. (Kol. Z, 1.6.)
Und indem wir auf diesem Wege „die Gnade Gottes in
Wahrheit erkennen", kann sie ihr Werk in uns tun, indem
sie uns „unterweist, besonnen, gerecht und gottselig zu leben
in dem jetzigen Zeitkauf, indem wir die glückselige
Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen
Gottes und Heilandes Jesus Christus erwarten". (Tit.
2, 12. 13.)
Wir wachsen dann auch in der Gnade (2. Petr.
3, 18) und lernen stark zu sein in ihr. (2. Tim. 2, 1.)
Ja, das Wort des Apostels in 1. Kor. 15, 10: „Seine
Gnade gegen mich ist nicht vergeblich gewesen", findet
in uns eine, wenn auch vielleicht nur schwache Verwirklichung.
Wie uns allen bekannt ist, sagt Paulus an einer anderen
Stelle: „Das Leben ist (nicht: soll sein) für
mich Christus". Christus war Ziel und Zweck, Kern und
Inhalt seines ganzen Seins. Auch wir singen oft: Durch
Liebe sanft und tief gezogen, neigt sich mein Alles auch
zu dir. Oder: Wollest mir auch dieses schenken, dir mein
ganzes Herz zu weihn. Aber wie ist es'mit der praktischen
Verwirklichung? Bestätigt unser Leben das Be
83
kenntnis, den Wunsch? Geht nicht vielmehr unser Erkennen
und Wünschen gar oft dem Zustand unserer Herzen
voraus? Warum ist das so? Ach, wenn das Gewissen
nicht genügend im Licht ist, ergibt sich als unausbleibliche
Folge Selbsttäuschung und schließlich Verblendung.
Geistliche Trägheit und Fruchtleere stellen sich ein,
und statt daß uns der Eingang in das ewige Reich unseres
Herrn und Heilandes Jesus Christus reichlich dar-
gereicht werden könnte, werden wir kurzsichtig und blind.
(Vergl. 2. Petr, 4, 5—44.)
Wenn wir immer mit dem Herrn wandelten, würde
uns manches Betrübende und Demütigende erspart bleiben.
Auf solchem Wege genießt man immer mehr Ihn
selbst und die Süßigkeit Seiner Gemeinschaft, macht tatsächlich
das Tränental zu einem Quellenort, das mit Segnungen
des Frühregens bedeckt ist, und anstatt von
Schwachheit zu Schwachheit, geht man von Kraft zu Kraft.
(Ps. 84.) Das glänzende Morgenlicht leuchtet stets Heller
bis zur vollen Tageshöhe. (Spr. 4, 48.)
Ach, daß es heute vielfach so ganz anders auösieht
unter dem Volke Gottes! Wir fragen wieder: Warum?
Weil das Auge im allgemeinen nicht mehr so einfältig
ist wie früher, und der Wandel vielfach nicht „am Tage".
Darum so wenig Licht und so viele Anstöße auf dem Wege.
(Joh. 44, 9. 40.) Anstatt mit anhaltendem Fleiß „das
zu suchen, was Jesu Christi ist", sucht man das Seinige.
Und das so überaus Ernste bei der Sache ist, wie wir alle
nur zu gut wissen, daß es beim ersten verkehrten Schritte
nicht bleibt. Hat man einmal dem Licht den Rücken gewandt
und kehrt nicht bald mit aufrichtigem Bekenntnis
um, so geht es unaufhaltsam in die Finsternis hinein.
84
„Gort ist Licht", und wer kann ahnen, wo der Weg eines
Gläubigen enhet, wenn er einmal die Gemeinschaft mit
Gott verloren hat?
Dem Herrn sei Dank, daß Er die Seinen nicht läßt!
Er sagt von Seinen Schafen, daß sie nicht verloren
gehen ewiglich, aber Er sagt auch: „Meine Schafe hören
meine Stimme, und sie folgen mi r". Wer nicht
auf die Stimme des guten Hirten hört und die Herde
verläßt, hat keine Verheißung. In ähnlicher Weise ermahnt
auch Paulus die Korinther, daß sie die Gnade
Gottes nicht vergeblich empfangen haben möchten.
Die Gnade Gottes hebt die Verantwortlichkeit des
Gläubigen nicht auf. „Wenn wir verleugnen, so wird auch
Er uns verleugnen", aber anderseits heißt es auch: „Wenn
wir uns selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet".
Von dem gottesfürchtigen König Jotham sagt das
Wort: „Und Jotham erstarkte, denn er richtete
seine Wege vor dem Angesicht Jehovas,
seines Gottes". (2. Chron. 27, 6.) Jotham kannte und
fürchtete den Gott, der einst im Feuer auf den Berg
Sinai herabgestiegen war. Wir kennen Gott heute in der
Offenbarung Seiner vollkommenen Gnade, aber trotz
allem bleibt Er der dreimal Heilige, der ohne Ansehen
der Person richtet nach eines jeden Werk. Gott „kann
sich selber nicht verleugnen". Gewiß, Er istunser Gott,
aber wenngleich Er „ein unerschütterliches Reich" vor
unser Glaubenöauge stellt, ist und bleibt Er doch „ein
verzehrendes Feuer". (V. 2Y.) So laßt uns denn
„Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen
mögen mit Frömmigkeit und Furcht"!
Eln Vstort über die christliche Taufe
Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen, die verschiedenen
herkömmlichen Gedanken und Meinungen über die Taufe
zu erörtern, auch nicht zu einer Entscheidung darüber zu
gelangen, an welchen Personen und zu welcher Zeit
sie ausgeübt werden sollte, sondern nur klar zu stellen
(soweit das dem Schreiber möglich ist), was der Geist
Gottes durch die von Ihm inspirierten Männer über Wesen
und Bedeutung der Taufe uns hat mitteilen lassen.
Vorausgeschickt seien einige kurze Bemerkungen über die
Taufe als solche.
Das griechische Wort für „taufen":bsptirLm,von
bgptein — tauchen, eintauchen *) abgeleitet, bedeutet „untertauchen".
Auch das deutsche Wort „taufen" erinnert an
diese Bedeutung. Den Sinn von „begießen" oder gar „besprengen"
hat bspti^ein niemals. Im Neuen Testament
kommt es einigemale vor in der Bedeutung von „waschen".
(Vergl. Mark. 7, 4; Luk. 44, 38.) Johannes,
der Vorläufer des Herrn, hat auch seine Taufe nicht durch
Begießen, wie man es in Bildern oft dargestellt findet,
sondern unzweifelhaft durch Untertauchen vollzogen. Da
zahlreiche Scharen zu ihm kamen, taufte er deshalb im
Jordan oder an einem Ort wie Aenon, „weil viel Wasser
(eig. viele Wasser) daselbst war". (S. Joh. 3, 23.)
*) Vergl. Luk 16,Job. Is, 26 und Offbg. Id, IZ als die
einzigen Stellen, an welchen dieses Wort im Neuen Testament vor-
kcmmt.
OXXX 4
Sb
Welche Bedeutung hätte auch die „Taufe zur Buße", d. h.
zur völligen Sinnesänderung (Matth. Z, 44), oder „die
Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden" (Mark, 4,
4; Luk. Z, Z) als Bild haben können, wenn der Täufling
nicht untergetaucht, d. h. ganz gewaschen bezw. in bildlichem
Sinne ganz gereinigt worden wäre?
Abgesehen von diesem Gedanken an Reinigung (Waschung),
brachte die Taufe die Getauften in Verbindung
mit dem, in dessen oder auf dessen Namen die Handlung
vollzogen wurde. So wurden schon die Väter der Israeliten,
die alle unter der Wolke waren und alle durch das
Rote Meer hindurchgingen, „in der Wolke und in dem
Meere aufMose (den Führer des Volkes) getauft" —
hier selbstverständlich nicht in der buchstäblichen Bedeutung
des Wortes. (4. Kor. 40, 4. 2.) Die, welche der
Predigt Johannes des Täufers Gehör gaben, wurden
gleichfalls durch die Taufe mit ihm, dem Vorläufer deö
Messias und dem ersten Ankündiger des nahenden Reiches
der Himmel, in Verbindung gebracht und als ein
bußfertiger Überrest äußerlich von der ungläubigen Masse
deö Volkes für den kommenden König abgesondert. Die
christliche Taufe verbindet als ein äußeres Zeichen mit
Christo. Aber so kostbar und bedeutungsvoll, wie wir
weiter unten sehen werden, sie als solches ist, bleibt sie
doch immer nur ein Symbol, ein Sinnbild, das
aus eben diesem Grunde keine lebenspendende Kraft,
keine sinnesändernde Wirkung oder etwas dergleichen
haben kann.
Auch die Jünger des Herrn haben, dem Vorbilde
deö Täufers folgend, bei ihrem Umherziehen durch die
Städte und Dörfer Israels solche getauft, die ihre Pre
87
digt annahmen, und sie auf diese Weise mit dem Messias
in Verbindung gebracht. Aber diese Taufen unterschieden
sich wesentlich von der christlichen Taufe. Sie geschahen
beide, wie bereits bemerkt, im Hinblick auf das kommende
Reich und verbanden die Getauften mit dem in
der Mitte Seines Volkes weilenden König. Das war auch
wohl der Grund, weshalb Jesus selbst nicht taufte.
(Joh. 4, 2.) Wie hätte Er, der Sohn Gottes, der das
Ende von allem kannte und gekommen war, um sich selbst
als Lösegeld zu geben für alle (4. Tim. 2, 6; vergl.
Mark. 40, 45), die an Ihn Glaubenden mit sich als dem
auf dieser Erde lebenden Messias verbinden können?
Schon hatte Er Nikodemus gesagt, daß Gott die Welt
also geliebt habe, daß Er Seinen Sohn gegeben, auf daß
jeder, der an Ihn, den von Seinem Volke Verworfenen
und ans Kreuz Erhöhten, glauben würde, ewiges
Leben habe.
Die christliche Taufe, die im Mick auf unseren
gestorbenen und auferstandenen Herrn ausgeübt wird,
konnte darum naturgemäß erst nach Seinem Tode und
Seiner Auferstehung eingesetzt werden. So hören wir denn
auch zum erstenmal von ihr bei dem letzten Zusammensein
des auferstandenen Herrn mit Seinen Jüngern an
dem Berge in Galiläa, wohin Er sie beschicken hatte.
(Matth. 26, Z2; 28, 46—20.) In diesem Teile des Landes,
dem Wohnort der Kleinen und Armen der Herde,
dem schon im Alten Testament von den Propheten angedeuteten
Boden des jüdischen Überrestes, hatte Er hauptsächlich
geredet und gewirkt, und hier waren die meisten
Seiner Wunderwerke geschehen, die Ihn als den „Jehova"
erwiesen, der Sein Volk besucht hatte.
88
Von hier aus sendet Er jetzt die Elfe in die ganze
Welt mit dem Auftrag, „alle Nationen zu Jün-
gernzumache n", indem sie ihnen von Dem erzählten,
der in der Mitte Seines irdischen Volkes erschienen, aber
von diesem verworfen worden war. Ihm hatte Gott jetzt
alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben, damit
auch ihnen, den in Finsternis und Gottentfremdung da-
hinlcbenden Heiden, Heil und Leben gebracht werden
könne. Welch ein Wechsel hatte sich also vollzogen und
sollte sich noch weiter auswirken! Die engen Grenzen des
Judentums sollten durchbrochen, und allen auf der Erde
ansässigen Völkern sollte die Kunde gebracht werden, daß
die Gnade Gottes erschienen sei, heilbringend auch für
sie. (Vergl. Tit. 2, 'N.) Die „ohne Gott und ohne Hoffnung"
in der Welt Stehenden sollten hören, daß Gott
sich ihnen nicht nur als „der lebendige Gott", der Schöpfer
des Himmels und der Erde, kundtun, auch nicht länger
als „Jehova", der Bundesgott Israels, nur mit einem
Volk in Verbindung sein und in dessen Mitte wohnen
wolle, sondern daß es Ihm gefalle, sich auch ihnen
in ganz neuer, die bisherigen Schranken weit hinter sich
zurücklassender Weise zu offenbaren. Während die Jünger
bis dahin nicht einmal zu den Samaritern hatten gehen
dürfen, sollten sie jetzt ihre Botschaft bis an die Enden
der Erde tragen.
„Gehet nun hin und machet alle Nationen zu Jün­
gern, und taufet sie auf den Namen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie, alles
zu bewahren, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich
bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters."
(Matth. 28, gy. 20.) Wunderbare Worte! Wenn sie uns
89
auch nicht das „Neue" der Gnade, Gottes ewige Ratschlüsse
in Verbindung mit dem auferstandenen und verherrlichten
Menschensohn, die Sammlung einer auser-
wählten Schar auö allen Völkern der Erde, in ihrer Fülle
vor Augen stellen, auch nicht von der Taufe in ihrer vollen
geistlichen Bedeutung reden, zeigen sie uns doch, wie groß
die eingetretene Veränderung war?) Das Alte, das gesetzliche
System, war vergangen, und die Morgenröte eines
neuen Tages brach an. Die Taufe steht hier wohl
mehr der jüdischen Beschneidung gegenüber, insbesondere
aber der Name Gottes in seiner vollen Offenbarung als
„Vater, Sohn und Heiliger Geist" Seinem Bundesna-
mcn „Jehova", der unveränderlich treue, ewige Gott.
Und die Boten deö Herrn sollten die also zu Jüngern
gemachten und auf jenen neuen Namen getauften Heiden
nicht etwa wieder unter daö Gesetz stellen, sondern sie
lehren, alles zu bewahren, was Jesus, derSohnGot-
teö, ihnen selbst geboten hatte.
In der Apostelgeschichte wird die Taufe fast überall
mit der Person des Herrn in Verbindung gebracht. Bei
der ersten Erwähnung derselben in Kap. 2, 38 ruft Petrus
den Juden zu: „Tut Buße, und ein jeder von euch
werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung
der Sünden". In Kap. 8, 1.6 lesen wir betreffs
der gläubigen Samariter: „sie waren getauft auf den Namen
des Herrn Jesu s". In dem Hause des Hauptmanns
Kornelius zu Cäsarca befahl Petrus, daß alle,
*) Im Markus-Evangelium (Kap 16, werden die Jünger
in die ganze Welk gesandt mii der Anweisung, der ganzen
Schöpfung, also allen Menschen, ob Juden oder Heiden, das
Coangelium zu predigen. Vergl. auch Luk. 24, 47, wo die frohe Bolschaft
zuerst Jerusalem und dann allen Nationen gebracht wird.
— 90 —
die das Wort im Glauben ausgenommen hatten, „getauft
würden in dem Namen des Herrn". Die Jünger,
welche der Apostel Paulus in Ephesus fand, wurden
„aus den Namen des Herrn Jesus getauft". (Kap.
19, 5.) Anamas forderte Saulus auf, sich taufen und
seine Sünden abwaschen *) zu lassen, indem er Sei-
nen Namen, den Namen des Jesus, der ihm auf dem
Wege nach Damaskus erschienen war, anrief. (Kap. 22,
16.) An einigen anderen Stellen dec Apostelgeschichte lesen
wir dann noch: „er (sie) wurde (n) getauft" oder:
„er taufte ihn", ohne jede weitere nähere Bezeichnung.
(Kap. 8, 12. 38; 16, 15. 33; 18, 8.)
*) Auch dieses Wort weist unzweideutig auf ein Untertauchen,
eine völlige Waschung des ganzen Menschen hin.
Die bisher angeführten Stellen weisen darauf hin,
daß die Taufe ein Bild der Vergebung und Abwaschung
der Sünden ist. Petrus kündigte diese Vergebung denen
an, die, durchbohrt von seinem gewaltigen Mahnruf:
„Das ganze Hauö Israel wisse nun zuverlässig, daß Gott
Ihn sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht
hat, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt", aufrichtig
fragten: „Was sollen wir tun, Brüder?" Für sie als Juden
war, was ihr bisheriges Verhältnis zu Gott betraf,
alles verloren; Gericht war das einzige, was für „das
verkehrte Geschlecht" übrigblieb. Nur durch eine wahre
innere Umkehr zu Gott, durch aufrichtige Reue und Buße
konnten sie vor diesem Gericht bewahrt bleiben. Die
Taufe auf den Namen Jesu Christi, des von ihnen verworfenen,
aber von Gott zu Seiner Rechten erhöhten
Herrn, die Taufe „zurVergebungderSünden",
war das äußere Zeichen dieser Sinnesänderung und des
— yr —
ernsten Begehrens der Getauften, sich von dem verkehrten
Geschlecht Israel „retten zu lassen", und so, in Verbindung
mit Christo gebracht, auf den neuen Boden zu
treten, den Gottes Gnade in der Versammlung (Gemeinde),
Seinem Hause, geschaffen hatte. Diesem Hause geziemt
Heiligkeit, und niemand hatte da berechtigten Zutritt,
der nicht durch den Glauben an das vollendete Werk
Christi Vergebung seiner Sünden empfangen und deren
Abwaschung in der Taufe bekannt hatte. Bemerkenswert
ist noch, daß der Empfang des Heiligen Geistes hier als
eine Bestätigung der durch den Glauben erworbenen und
in der Taufe bekannten Vergebung der Sünden verheißen
wird. Als später in dem Hauptmann Kornelius und den
in seinem Hause Versammelten die ersten Heiden (abgesehen
von dem Kämmerer aus Aethiopien) das Wort
vom Kreuz im Glauben aufnahmen, „fiel der Heilige
Geist auf alle, die das Wort hörten"; und erst danach
befahl Petrus, daß sie getauft würden, denn wer hätte
Leuten, die den Heiligen Geist empfangen hatten, das
Wasser der Taufe verwehren können?
Wenn wir jetzt nach weiteren Belehrungen über die
Taufe in den Briefen der Apostel forschen, so tritt uns
als erste und vielleicht bedeutsamste Stelle Röm. 6, Z u.
4 entgegen. Zn Beantwortung der Frage, ob wir, die wir
der Sünde gestorben sind, noch in ihr verharren sollten,
damit Gottes Gnade im Vergeben derselben sich umso
reicher entfalten könne, welcher Frage Paulus zunächst
ein entschiedenes: „Das sei ferne!" entgegenstellt, erinnert
der Apostel die Gläubigen in Rom an die Belehrung,
die sie ohne Zweifel über die Taufe erhalten hatten.
92
„Oder wisset ihr nich t", fragt er sie, „daß wir, so
viele auf Christum Jesum getauft worden, auf Seinen
Tod getauft worden sind? So sind wir nun mit Ihm begraben
worden durch die Taufe auf den Tod, auf daß,
gleichwie Christus aus den Toten auferweckt worden ist
durch die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir in Neuheit
des Lebens wandeln."
Klarer und bestimmter könnte die Tatsache, auf die
wir bereits Hinwiesen, daß nämlich die christliche Taufe
auf den Tod Christi Jesu, d. i. auf einen gekreuzigten
und gestorbenen Heiland, vollzogen wird, nicht
festgestellt werden. Im b. Verse sagt Paulus, indem er
die Gläubigen in Rom mit sich cinsmacht: „Wir wissen,
daß unser alter Mensch (in Christo) mitgekreuzigt
worden ist", daß Gott uns also nach unserem früheren
Zustand als mit Christo gestorben betrachtet, „auf daß
der Leib der Sünde (eben jener ganze frühere Zustand im
Fleische) abgetan sei". Was tut man aber mit einem Gestorbenen?
Nicht wahr? man begräbt ihn. Nun, das
gerade ist es, waö in der Taufe geschieht. Das Hinabge-
scnktwerden des Täuflings in das Wassergrab, sein Verschwinden
darin ist das eindrucksvolle Zeugnis, das so
verständlich redende Bild von seinem Gestorben- und Begrabensein
mit Christo, das auö dem Wasser Heraufsteigen
daö Bild von seiner Auferstehung mit Ihm.
Der Apostel geht zwar an dieser Stelle nicht so weit,
daß er den Gläubigen „mit Christo auferweckt" nennt,
er zieht im 5. Verse nur die notwendige Folgerung:
„Wenn wir mit Christo einögemacht worden sind in der
Gleichheit Seines Todes, so werden wir es auch in der
Seiner Auferstehung sein". Wenn das aber so ist, was
93
sollen wir dann tun? In unserem alten Wesen fortleben,
der Sünde in ihren mannigfaltigen Formen weiter
dienen? Nein, wir sagen mit dem Apostel: „Das sei
ferne!" Wir sind berufen und befähigt, „inNeuheit
des Lebens zu wandeln". (V. 4.) Und das wird uns
nicht etwa als ein Gebot auferlegt, wir sind nicht unter
ein „ihr sollt" gestellt, nein, aus der ersten Tatsache,
daß Christus durch die Herrlichkeit des Batrrs auferweckt
worden ist, leitet der Apostel die zweite her, daß wir,
die mit Ihm durch die Taufe auf den Tod Begrabenen,
aber selbstverständlich nicht im Grabe Gebliebenen, fortan
als neue, auferstandene Menschen wandeln. Ist das
eine wahr, so geht das andere notwendig daraus hervor.
Diese große, herrliche Tatsache kommt in der Taufe
zum Ausdruck. Das ist ihre Bedeutung, ihr bildlicher Sinn,
der sich im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert hat.
Inwieweit der einzelne Gläubige die Bedeutung der Taufe
in seinem praktischen Leben zur Darstellung und Auswirkung
bringt, ist eine zweite Frage. Wer da fragt: „Sollten
wir in der Sünde verharren, auf daß die Gnade überströme?"
ja, wer eö irgendwie leicht mit der Sünde
nimmt, der alten Natur Raum läßt, mit einem Wort,
wer vergißt, daß er ein für allemal der Sünde gestorben
ist und deshalb in keiner Weise mehr ihr, sondern Gott
leben sollte in Christo Jesu, der bedarf der Erinnerung
an die Bedeutung der an ihm vollzogenen Taufe. Die
Gläubigen in Rom bedurften jedenfalls einer solchen Erinnerung,
und wollte Gott, daß auch wir uns immer von
neuem diese ernste, in der Taufe zur Darstellung gebrachte
Wahrheit ins Gedächtnis zurückrufen möchten!
Der Getaufte sieht alles, was dem „alten Menschen"
Y4
mit seinen betrügerischen Lüsten angehört, in dem Grabe
Christi zurückgelassen. Als mit Christo begraben durch die
Taufe auf den Tod, in welchem alles, was er einst war,
dem Gericht Gottes verfallen ist, hat er fortan Tag für
Tag zu lernen, was alles ein Wandel in Neuheit des Lebens
in sich schließt. Das ist in der Tat ein gesegnetes
Lernen im Dienste Dessen, dem er setzt angehört, und von
dem er lernt. Der Gläubige ist ein Eigentum Dessen geworden,
der, „ein für allemal der Sünde gestorben, das
was Er lebt Gott lebt". (V. ko.) Er hat in der Taufe
„Christum angezogen", und so sollte fortan „in Wort
und Werk und allem Wesen Christus und sonst nichts zu
lesen sein".
Dies führt uns zu einer anderen Stelle, die von der
Taufe redet, zu Gal. 3, 27. 28. Der Apostel begründet
dort die Tatsache, daß die gläubigen Galater „alle
Söhne Gottes durch den Glauben an Christum Jesum"
waren, mit den Worten: „Denn so viele euer auf
Christum getauft worden sind, ihr habt Christum angezogen.
Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave
noch Freier, da ist nicht Mann und Weib; denn ihr alle
seid einer in Christo Jesu."
Paulus tritt hier nicht derselben Gefahr entgegen wie
im Römerbrief. Dort handelte es sich, wie wir sahen, um
die Frage: „Sollten wir in derSünde verharren usw.?"
d. h. also um das Verharren in oder um die Rückkehr zu
den früheren bösen Lebensgewohnheiten. Bei den Galatern
lag eine andere Gefahr vor. Sie hatten jüdischgesinnten
Lehrern ihr Ohr geliehen, die sie unter das Gesetz
und damit zu den schwachen und armseligen Elementen
95
einer fleischlichen Religion zurückführen wollten. Aber in
beiden Fällen begegnet der Apostel dem drohenden Abirren
durch die Erinnerung an die Taufe.
Die natürlichen Neigungen unserer Herzen sind entweder
fleischlich oder gesetzlich. So verschieden diese Neigungen
sein und so ungleich sie beurteilt werden mögen,
im Lichte des Wortes Gottes sind beide nur böse und führen,
wenn auch nicht auf dem gleichen Wege, zu dem
gleichen Ziele, zum Abirren von der Wahrheit und zur
Verfälschung der Lehre vom Kreuze. Die Galater waren
sogar nahe daran, „von Christo ab getrennt" zu
werden, „aus der Gnade zu fallen" und damit den Boden
des Christentums überhaupt zu verlassen. (Kap. 5,4.)
Und doch waren sie „Söhne Gottes", geliebte Kinder,
nicht Knechte, sondern freie Söhne.
Wie aber konnte der Apostel sie „Söhne Gottes"
nennen? Waren sie solche geworden durch die Taufe?
Nein; sie waren Söhne durch den Glauben an
Christum Jesum; aber indem sie auf Christum getauft
worden waren, hatten sie Christum angezogen, hatten
dadurch kundgegeben, daß sie jetzt in diesem neuen Kleide,
in einer ganz neuen Stellung vor Gott standen. Sie waren
nicht mehr, wie früher, Juden und Griechen, Sklaven
und Freie, standen nicht mehr als männlich und weiblich
vor Gott. „In Christo" gibt es solche völkischen und
gesellschaftlichen Unterschiede nicht mehr; da macht es
nichts aus, ob ein Mensch einst „nahe" oder „fern" war,
ob er in hoher oder niedriger Stellung, ob weiß, braun
oder schwarz, ob Mann oder Weib ist. Alle, die in der
Taufe mit dem gestorbenen und auferstandenen Herrn
einsgemacht worden waren, hatten „Christum angezogen"
96
und standen nun mit Ihm, dem Auferstandenen, auf jenem
Boden der neuen Schöpfung, wo es die genannten
Unterschiede nicht mehr gibt. Sie waren „Menschen in
Christo" geworden. Zn ihrem neuen, auf Christum gegründeten
und in Zhm geschaffenen Verhältnis zu Gott
waren alle gleich, waren einer in Christo, gehörten alle
zu dem wahren Samen Abrahams, und waren somit E r -
ben, Erben Gottes und Miterben Christi. (Röm. 8, 17.)
Daß diese kostbare Seite der Wahrheit in ihrer Taufe
auf Christum zum Ausdruck gekommen war, hatten die
Galater zur Zeit wohl nicht verstanden, wie auch heute so
viele Gläubige es nicht verstehen; die Gnade hat dann
aber ihre Torheit benutzt, um sie über diesen Punkt zu
belehren. Aus diesem Umstand ziehen auch wir heute noch
Nutzen.
Wenden wir uns jetzt zu der dritten Stelle in den
Briefen der Apostel, die auf die Taufe Bezug nimmt.
Wir finden sie in Kolosser 2. Der Zustand der Kolosser
ähnelte in einem Sinne dem der Galater. Auch in ihrer
Mitte hatten böse Arbeiter ihr Werk getan, und sie standen
in Gefahr, „als Beute weggeführt zu werden durch
die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung
der Menschen, nach den Elementen der Welt
und nicht nach Christo". (V. 8.) Zwei Schlingen hatte
der Feind ihnen in den Weg gelegt, die eine stand in Verbindung
mit der heidnischen Weltweisheit, die andere mit
dem Judentum. Judaistische Lehrer suchten sie zur Beobachtung
von allerlei menschlichen Satzungen, Halten von
Tagen, Speise- und Trankoorschriften zu führen und dadurch
von Christo, dem Haupte Seines Leibes, abzulenken
S7
und die Wahrheit zu verfälschen. Zugleich hatten sie ihnen
menschliche Spekulationen gebracht über die unsichtbare
Geisterwelt, über Engeldienst, über das vermeintlich Gott
Wohlgefällige einer übertriebenen Enthaltsamkeit, die dem
Leibe die Befriedigung der notwendigsten Bedürfnisse versagt
— lauter Dinge, die dem Herzen nicht Christum köstlicher
machen, sondern unter dem Schein von Demut
dem Hochmut des Menschen Nahrung geben und seinem
Eigenwillen schmeicheln.
Beachten wir, daß der Apostel auch diesen ernsten
Gefahren gegenüber die Gläubigen an das erinnert, was
sie einmal in der Taufe zum Ausdruck gebracht hatten.
Hören wir seine Worte. Nachdem er ihnen ins Gedächtnis
gerufen hat, daß sie in Christo, dem Haupte jedes Fürstentums
und jeder Gewalt, „vollendet" waren, all jener
Dinge also wahrlich nicht bedurften, fährt er fort: „in
welchem ihr auch beschnitten worden seid mit einer nicht
mit Händen geschehenen Beschneidung, in dem Ausziehen
des Leibes des Fleisches, in der Beschneidung des Christus,
mit Ihm begraben in der Taufe, in welcher ihr auch mitauferweckt
worden seid durch den Glauben an die wirksame
Kraft Gottes, der Ihn aus den Toten auferweckt
hat". (V. 70—72.)
Die geistliche Bedeutung der im Alten Bunde buchstäblich
vollzogenen Beschneidung war das Urteil des Todes
über den Menschen im Fleische. Dem Menschen, so wie
er von Natur vor Gott steht, gebührt nichts anderes. Nun,
dieses Urteil war an den Gläubigen zu Kolossä in dem
Tode Christi, „der Beschneidung des Christus", wie der
Apostel diesen Tod hier nennt, vollzogen worden. Indem
sie durch den Glauben mit Ihm, dem Gestorbenen, in
Y8
Verbindung traten, waren sie mit einer „nicht mit Händen
geschehenen Beschneidung" beschnitten worden und
hatten damit „den Leib des Fleisches", den ganzen verderbten
Zustand, in welchem sie von Natur waren, „aus-
gezogen". Der Tod, dem unser heiliger Stellvertreter am
Kreuze begegnen, dessen ganze Furchtbarkeit Er dort
schmecken mußte, ist der Tod des Gläubigen, ist das Aufhören
seines Zustandes als Mensch im Fleische. Jesus
allein hat das große Werk vollbracht, nur Er konnte
es vollbringen, aber durch den Glauben kommt es
uns zu gute, wird in seiner ganzen Vollkommenheit und
Wirksamkeit unser Teil, sodaß wir jetzt schon in Christo
unseren Platz haben und bald auch mit Ihm droben haben
werden.
„Mit Ihm begraben in der Taufe" — so sahen
wir es schon im Römerbrief —, aber der Apostel geht hier
einen Schritt weiter, indem er hinzufügt: „in welcher ihr
auch mitauferweckt worden seid". Damit aber niemand
an eine der Taufhandlung als solcher innewohnende
Kraft denken möchte, fährt er fort: „durch den Glaritz
en an die wirksame Kraft Gottes, der Ihn aus
den Toten auferweckt hat". Es braucht kaum wiederholt
zu werden, daß es sich in diesen Stellen immer nur um
eine Auferstehung in geistlichem Sinne handelt. Einst tot,
geistlich tot in unseren Vergehungen und in dem unbeschnittenen
Zustand unseres Fleisches, sind wir jetzt mit
Christo „mitlebendig gemacht, indem Er uns alle Vergehungen
vergeben hat".
O diese „wirksame Kraft Gottes", wie sie sich in dem
Tode und der Auferstehung unseres Herrn geoffenbart
hat — wie unvergleichlich groß und herrlich ist sie! Sie
yy
hier mit der Taufe in Verbindung gebracht zu sehen, zeigt
uns wiederum, wie wichtig und bedeutungsvoll diese nach
dem Urteil des Geistes Gottes ist, und wie die Erinnerung
an sie und das verständnisvolle Eingehen auf ihr
Wesen und ihre Bedeutung uns viel geistlichen Nutzen
bringen muß. Doch noch einmal: Hüten wir uns vor der
Gefahr, mehr aus ihr zu machen, als was sie ist: ein
Symbol, ein Bild!
Diese Warnung führt uns wie von selbst zu der letzten
Stelle, in welcher der Geist Gottes von der Taufe redet,
zu 4. Petr. 3, 24. 22, indem sie dort wirklich ein
Bild oder eigentlich ein „Gegenbild" (vergl. Hebr. y, 24)
genannt wird. In den vorhergehenden Versen belehrt der
Apostel die jüdischen Gläubigen, an die er schrieb, über
die Tatsache, daß der Herr einst, als die Langmut Gottes
harrte, in demselben Geist, in welchem Er nach vollbrachtem
Werke lebendig gemacht worden ist (V. 48), hinging,
um durch Noah *) den damals lebenden (jetzt als „Geister"
im Gefängnis weilenden) Menschen Buße zu predigen.
Doch die Menschen verachteten damals die Langmut Gottes,
wie Israel es auch zur Zeit deö Apostels tat — keiner
hörte auf die ernsten Mahnungen des Knechtes Gottes —
und nur wenige, nur acht Seelen, wurden in der Arche
durch Wasser gerettet. Die „große Flut" war das Ende
alles Fleisches jener Tage; die Menschheit war reif zum
Gericht, und nur Noah fand Gnade in den Augen Got­
tes, indem er, dem göttlichen Gebot folgend, die Arche
*) Der Geist Christi war in den Propheten des Alten
Testaments und redete durch sie. (I. Petr. I, 11; vergl. auch 2. Petr.
1,21.)
— roo —
baute und nun durch Wasser (das allen anderen Menschen
den Tod brachte), oder durch Wasser hindurch, mit
seiner Familie in der Arche geborgen, gerettet und auf
den Boden der durch das Gericht gereinigten Erde, gleichsam
in eine völlig neu erstandene Welt hinübergetragen
wurde.
Ebenso sind die Gläubigen, deren Zahl damals auch
klein war, und verhältnismäßig heute noch ist, mit Christo
in der Gleichheit Seines Todes einögemacht, gleichsam in
der Arche geborgen, vor dem Gericht, das diese Welt bald
treffen muß, in Sicherheit gebracht. Der Zorn kommt
nicht über sie; eine völlig neue Welt, die himmlische Herrlichkeit,
ist das Teil, das sie erwarten. Gerade das Gericht,
welches ihren Stellvertreter in dessen Tode am
Kreuze getroffen hat, ist das Mittel zu ihrer Erret­
tung geworden.
Wir verstehen jetzt besser die Worte unseres Apostels:
„welches Gegenbild auch euch jetzt errettet, das ist
die Taufe". Wohl um jeder unrichtigen Auffassung vorzubeugen,
als läge in der äußeren Handlung irgendwelche
errettende Kraft, fügt Petrus sogleich hinzu: „nicht ein
Ablegen der Unreinigkeit des Fleisches — an äußere Waschungen
des Leibes waren die Israeliten ja gewöhnt —,
sondern das Begehren eines guten Gewissens vor
Gott, durch die Auferstehung Jesu Christi". Der Gläubige
besitzt durch die Auferstehung seines Stellvertreters,
der seiner Übertretungen wegen dahingegeben und seiner
Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist, indem Er
alle seine Sünden im Tode zurückgelassen hat und nun
zur Rechten Gottes ist (B. 22), einguteö Gewissen. Der
Apostel kann daher die Taufe mit Recht „das Begehren"
— ror —
(oder: die Forderung, das Zeugnis) dieses guten, vollkommen
gemachten Gewissens „vor Gott" nennen. Indem
wir in der Taufe in geistlichem Sinne durch den Tod
gehen, schauen wir dankbar und glücklichen Herzens zu
Dem auf, der alle unsere Sünden im Tode gesühnt hat
und nun als Haupt über alles zur Rechten der Majestät
droben thront.
Ich schließe mit einer kurzen Zusammenfassung des
im Vorstehenden Gesagten. Wir sahen die Taufe nacheinander
in Verbindung gebracht mit der Vergebung
oder Abwaschung unserer Sünden, mit unserem der
Sünde Gestorbensein, mit dem Gestorben- und
Auferstandensein des Gläubigen mit Christo, mit unserer
Einführung in eine ganz neue Stellungals Söhne
Gottes in Christo, wo es keinerlei äußere Unterschiede
mehr gibt — alle einerin Christo, und Christus alles
und inallen — von unserer Beschneidung in dem
Ausziehen des Leibes des Fleisches, in der Beschneidung
des Christus, und schließlich von unserer völligen E r -
rettung durch die Auferstehung Jesu Christi.
Wahrlich, es ist der Mühe wert, über die Bedeutung
der Taufe in allen diesen Beziehungen unter Gebet nach-
zusinnen und die im Blick auf sie gegebenen kostbaren Belehrungen
des Heiligen Geistes sich zu eigen zu machen.
Möge denn diese einfache Betrachtung allen Lesern den
Segen bringen, welchen der Schreiber selbst so oft bei der
Beschäftigung mit ihrem Gegenstand genießen durf.e!
— rv2 —
Unterredungen über den ersten Brief
an die Korinther
ii.
Der sittliche Zustand der Korinther entsprach also
durchaus nicht dem Maß der mancherlei Gaben, die sie besaßen.
Es ist wichtig, uns daran zu erinnern, denn wir sind
oft geneigt zu denken, wenn wir Gott durch Seinen Geist
in der Mitte der Seinen wirken sehen, daß dann auch ihr
Seelenzustand auf der Höhe Seiner Gaben stehen müsse.
Das Beispiel der Korinther gibt uns den Beweis vom
Gegenteil. Selbst die Welt konnte über ihre Gaben in Erstaunen
geraten, und doch gab es in ihrem sittlichen Verhalten
nichts, was diesen Segnungen entsprach. Ihre Neigungen,
ein Erbstück des griechischen Heidentums, trieben
sie zur Bewunderung des Menschen im Fleisch und
zur menschlichen Weisheit. In der damaligen Welt zog
die Weisheit der Philosophie viele Jünger an und machte
Schule. Redner und Gelehrte hatten ungeheurm Einfluß;
man folgte ihnen, man hörte auf sie.
Die Korinther hatten diese fleischlich-menschliche Gewohnheit
beibehalten und sie in ihr Christentum übertragen.
Diese Lehrschulen verursachten Zwistigkeiten unter ihnen,
der eine hängte sich an diesen Weisen, der andere
an jenen Redegewandten, der dritte an einen Mann, der
mehr Kraft und Energie zeigte. Sie sagten: Ich bin des
Paulus, ich des Apollos, ich des Kephas, je nach ihrer
natürlichen Bevorzugung dieser Männer. Dem Fleische
nach war Paulus ein in der Wissenschaft seiner Zeit wohlunterrichteter
Mann, erzogen zu den Füßen Gamaliels,
bekannt wegen seiner literarischen Bildung, vertraut mit
— roz —
den Dichtern jener Tage und als Lehrer von hervorragenden
Fähigkeiten. So gab der eine von ihnen dem den Vorzug,
was Paulus von Natur war, und sagte: „Ich bin des
Paulus" — Apollos war ein Jude aus Alexandrien, einer
durch ihre Pflege der Wissenschaften berühmten Stadt;
von seinen Lippen flössen beredte Worte und fesselten seine
Zuhörer, sodaß der eine und andere von ihnen die Beredsamkeit
des Apollos schmackhafter fand als die Bildung
des Paulus. — Petrus war ein einfacher Mann aus dem
Volke, aber er war mit einer bemerkenswerten Tatkraft
ausgerüstet und hatte viele offenkundige Wunder verrichtet;
und da ihm unmittelbar vom Herrn Offenbarungen
von hervorragender Bedeutung zuteil geworden waren,
hatte man ihm seinen Platz an der Spitze der Zwölfe
gegeben. So sagte denn ein dritter: „Ich bin des Ke-
phas". Schließlich meinte noch ein anderer: „Ich bin
Christi"; ich halte mich an die Lehren, die aus Seinem
eigenen Munde gegangen sind, als Er hienieden wandelte;
ich bilde mich nach der Einfachheit und Reinheit
Seiner göttlichen Sittenlehre, wie sie z. B. in der Bergpredigt
niedergelegt ist, ich erwähle Ihn zu meinem Lehrer.
- Paulus aber fragt: „Ist der Christus zerteilt?" Ist
da nur ein Geist, oder gibt es verschiedene Geister, die
in diesen verschiedenen Personen wirken?
Dieses Wort Pauli an die Korinther gilt auch uns,
soviele wir den Namen des Herrn anrufen. Erkennt man
einige dieser Züge nicht auch in unserer Mitte wieder?
Finden ähnliche Gefühle nicht auch in unseren Herzen
Raum? Leider müssen wir diese Fragen bejahen. Wir sagten
schon, daß der Apostel hier die Ursache dieses Übels
enthüllt, welches die Kinder Gottes entzweit, anstatt sie
— rv4 —
zu vereinigen. Er sagt: Brüder, ihr habt das, waö das
Kreuz im Grunde bedeutet, nicht zur Wirklichkeit werden
lassen. Er macht mit allen ihren Anmaßungen kurzen Prozeß,
indem er in Vers 1.7 sagt: Ich bin gekommen, um
das Evangelium zu verkündigen, aber „nicht in Redeweisheit,
auf daß nicht das Kreuz Christi zunichte gemacht
werde".
„In Redeweiöheit!" Iemehr ich über den gegenwärtigen
Zustand der Christenheit, von der wir einen Teil bilden,
nachdenke, destomehr fällt mir eine allgemeine Neigung
auf, sich an den Verstand des Menschen zu wenden.
Man hofft die Welt dadurch überzeugen zu können, daß
man ihr die Augenscheinlichkeit der christlichen Wahrheiten
vorstellt — ich rede hier nicht von Irrlehren —, nicht
selten mit großer Redegewandtheit, und daß man dabei
Beweise für diese Wahrheiten bringt, die auf das Erkenntnisvermögen
zahlreicher, durch die hervorragenden Eigenschaften
des Redners angezogener Juhörerkeeise Eindruck
machen. In der Regel werden die Zuhörer durch solche
Beweise überführt und erkennen an, daß sie beachtenswerte
Dinge gehört haben. Der Redner hat vielleicht erklärt,
wie die Sünde in die Welt gekommen ist, hat das
Dasein Gottes nachgewiesen, hat auch die Lehre vom ewigen
Leben entwickelt usw.; aber die Wirkung dieser Wahrheiten
auf Herz und Gewissen ist gleich Null. Indem man
sich in Redeweisheit an die Menschen wendet — nicht,
wie schon gesagt, mit Irrlehren, wie sie in unseren Tagen
leider so häufig sind — und sich der menschlichen Weisheit
bedient, um die Wahrheit der geoffenbarten Dinge
nachzuweisen, wird das Kreuz Christi zunichte gern
a ch t.
ros
Der Apostel fügt hinzu: „Das Wort vom Kreuz ist
denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir
errettet werden, ist es Gottes Kraft". (V. r8.) Indem
er so alle Redeweisheit beiseite ließ, predigte er einfach
das Wort vom Kreuz. Eine solche Predigt hat zur
Folge, daß die Weisen sich abwenden; sie ist für sie ja
Torheit, aber für uns ist sie Gottes Kraft. Sie wird
nur von solchen verstanden, die in ihrem Gewissen von
ihr erfaßt werden. Daö Wort vom Kreuz hat eine Herrlichkeit
besonderer Art. Wir wissen, daß wir dereinst unseren
Herrn in Seiner strahlenden Herrlichkeit sehen werden,
und daß dann Sein Name an unseren Stirnen sein
wird. (Offbg. 22, 4.) Ja, mehr noch; in Hebr. 2 wird
von uns gesagt, daß wir jetzt schon Jesum mit Herrlichkeit
und Ehre gekrönt erblicken. Aber davon ist in unserer
Stelle selbstverständlich keine Rede. Hier sehen wir unseren
hochgelobten Herrn als „von der Erde erhöht" an
dem Ort, wo die Verachtung der Welt Ihn traf, wo diese
in Ihm nur die Torheit Gottes und die Schwachheit Gottes
sah, während wir die Weisheit und die Kraft Gottes
dort erblicken. Dennoch ist der Sohn des Menschen am
Kreuze verherrlicht worden, und Gott in Ihm, wie
der Herr selbst in Joh. 43, ZI sagt. Dort, noch vor der
Entfaltung Seiner zukünftigen Herrlichkeit, sehen wir Ihn
in Seiner wunderbaren Schönheit. An jener Stätte, am
Kreuz, lerne ich die Herrlichkeit Christi kennen — eine
erlösende Kraft, siegreich über Satan und Sünde, über
mich selbst und die Welt; und wenn ich sie so dort erkannt
habe, sage ich: Wird irgend ein Mensch angesichts des
Kreuzes aufzutreten wagen, um seine Weisheit oder
seine Erkenntnis ans Licht zu stellen? Oder kann die
— 106 —
erhabenste Philosophie des Menschen vor der Schönheit
dieses Kreuzes sich auch nur einen Augenblick geltend zu
machen suchen? All diese Weisheit ist für immer dahin.
Halten wir fest, daß der Apostel uns hier eine besondere
Seite des Kreuzes vorstellt, obwohl auch an dieser
Stelle die andere, vornehmste, nicht von ihr getrennt
werden kann. Aus diesem Grunde fügt er hinzu: „Es gefiel
Gott, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden
zu erretten". (V. 21.) Jeder Sünder beginnt damit,
daß er am Kreuze die Grundlage seines Heils, die Vergebung
seiner Sünden findet. Kapitel 15, 3 hebt diese Seite
in besonders kraftvoller Weise hervor: „Christus ist gestorben
für unsere Sünden, nach den Schriften".
Römer 5, 8 sagt: „Christus ist für uns gestorben, als wir
noch Sünder waren", und Titus 2,13.14: „Unser großer
Gott und Heiland Jesus Christus hat sich selbst für uns
gegeben, auf daß Er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit".
Ohne die Vergebung unserer Sünden können wir
an der Errettung nicht teilhaben; auch dürfen wir nicht
vergessen, daß diese einfache Wahrheit in den Briefen wie
in den Evangelien stets das erste ist, was das Wort uns
als Grundlage des Christentums vor Augen stellt. Es
hieße die ganze Bibel anführen, wenn man die zahllosen
Stellen nennen wollte, welche von der Erlösung reden.
Aber, wie schon gesagt und wie wir es hier finden,
das ist nicht die einzige Seite, die uns vom Kreuze gegeben
ist. Das Kreuz ist die bestimmteste Verurteilung
des Menschen, und ich möchte hinzufügen:
nicht nur des Menschen als Sünder, sondern des
natürlichen Menschen überhaupt. Es ist der Endpunkt
seiner Geschichte, die nie wieder von neuem begon
107
nen werden kann. Der erste Teil des Römerbriefes behandelt
die Vergebung der Sünden, der zweite zeigt die Verurteilung
des alten Menschen. Christus hat der Geschichte
desselben im Tode ein Ende gemacht, und wir haben das
Recht, ihn für gestorben zu halten. Der Brief an die Galater
geht sozusagen noch weiter. Er verurteilt den Mensch
e n, ohne ihm irgendwie Raum, Recht oder Ansehen
zu geben. In ihm heißt es: „Ich bin mit Christo gekreuzigt",
und weiter: „Die Welt ist mir gekreuzigt, und ich
der Welt".
Diese vornehmste Wahrheit hatten die Korinther nicht
erfaßt. Sie waren erkaufte und errettete Christen, aber
sie waren fleischliche Christen. Sie hatten jene Seite
des Kreuzes Christi nicht praktisch verwirklicht; sie hatten
nicht verstanden, daß alle Weisheit der Welt und alle Gaben
des natürlichen Menschen in den Dingen Gottes keinerlei
Wert haben. Wer das praktisch verwirklicht hat, ist
befreit, ist nicht aufgeblasen und setzt kein Vertrauen mehr
auf sich selbst. Man ist fertig mit dem I ch, man hat kein
Vertrauen mehr auf eigene Kraft und eigene Einsicht;
denn die Kraft der Welt und die Weisheit des Menschen
sind nur Schwachheit und Torheit. Man hat sein Vertrauen
auf die Schwachheit und Torheit Gottes gesetzt; da liegt
die wahre Kraft und die wahre Weisheit. Beides habe ich
am Kreuze gesehen; ich habe dort gelernt, daß diese
Schwachheit Gottes — Gott selbst, gekreuzigt in der Person
eines Menschen, Christus — die Kraft Gottes zum
Heil war. Dort habe ich den Anfang meines Daseins vor
Gott gefunden, dort auch die Gedanken Gottes betreffs
meiner kennen gelernt, welche nur Weisheit, Gerechtigkeit,
Heiligkeit und Erlösung in Christo sind.
— ros —
Es gibt hier also drei Gegenstände zu beachten:
In erster Linie stellt der Apostel dasKreuz vor unsere
Augen, die Schwachheit und Torheit Gottes, die sich
aber als Seine Kraft und Weisheit zum Heil erweisen.
An zweiter Stelle weist er auf die Gegenstände
hin, an welche Gott bei diesem Werke gedacht hat. Hat
Er Weise, Verständige, Edle auserwählt? O wie war
ein solches Wort geeignet, die Anmaßungen der Korinther
zu dämpfen! „Denn", sagt Paulus, „sehet eure Berufung,
Brüder, daß eö nicht viele Weise nach dem Fleische,
nicht viele Mächtige, nicht viele Evle sind; sondern
das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, auf daß
Er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der
Welt hat Gott auserwählt, auf daß Er das Starke zuschanden
mache; und dasUnedleder Welt und das V e r-
achtete hat Gott auserwählt, und das was nicht ist,
auf daß Er das, was ist, zunichte mache, damit sich vor
Ihm kein Fleisch rühme". Alles das, worauf die Korinther
Ansprüche machten, hatte gar keinen Wert vor Gott;
uno sie wären nicht Seine Kinder gewesen, wenn sie in
Seinen Augen das gewesen wären, was sie in den Augen
der Welt so sehnlichst zu sein begehrten. Sie trachteten
danach, unter den Weisen dieses Zeitlaufs einen Ehrenplatz
zu haben und sich so selbst zu verherrlichen, während
Gott in dem am Kreuze für sie vollbrachten Werke ihnen
keinerlei Rolle zugeteilt hatte und alle Herrlichkeit für
„den Herrn" in Anspruch nahm. Stufe um Stufe läßt Er
sie in ihrer Selbstachtung hinabsteigen, bis zu dem Range
dessen, „was nicht ist".
Ium dritten stellt der Apostel sich selbst den Korinthern
als Beispiel hin. (Kap. 2, r—5.) Von Beginn sei
— roy —
ner Laufbahn an hatte er seine eigene Nichtigkeit verwirklicht,
wie er dies in seinem zweiten Briefe mit den Worten
zum Ausdruck bringt: „Denn der Gott, der aus
Finsternis Licht leuchten hieß, ist es, der in unsere Herzen
geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit
Gottes im Angesicht Christi". (2. Kor. 4, 6.) Seine
Seele als eifriger, rechtgläubiger und wohlunterrichteter
Jude war, gleich der ganzen Welt, seit den Tagen der
Schöpfung, in die vollständigste Finsternis versunken; Gott
hatte einst gesagt: „Es werde Licht!" — und es ward
Licht, sodaß Er aus Dingen, dienichtsind, Dinge gemacht
hat, die in Erscheinung traten. Der Apostel scheint
also sagen zu wollen: Ich gehörte zu dem, was nicht war,
und das hat Gott genommen, um eine neue Schöpfung
daraus hervorgehen zu lassen. Auch fügt er hier hinzu:
„Als ich zu euch kam, kam ich nicht nach Vortresflichkeit
der Rede oder Weisheit". Solche Dinge waren nicht bei
ihm zu finden gewesen, als er ihnen das Evangelium gebracht
hatte; er hatte nicht dafür gehalten, etwas unter
ihnen zu wissen, als nur Jesum Christum, und Jesum
Christum als gekreuzigt. Das Kreuz war vor allem anderen
der Charakter Christi, den er verkündigte, und dieser
Charakter machte mit allen ihren Anmaßungen ein Ende.
Hatten sie damals, wenn sie ihre Augen auf den Apostel
richteten, vielleicht gesagt: Was für ein einsichtsvoller
Mann ist doch dieser Paulus? „Ich war bei euch in
Schwachheit und in Furcht und in vielem Jittern."
Ihr habt sicherlich nichts in meiner Person oder in meinen
Worten gefunden, das euch hätte denken lassen können,
ich setze irgendwelches Vertrauen auf das Fleisch oder auf
die Kraft des Menschen.
— 440 —
Nachdem Paulus so das Kreuz als die Verurteilung
alles dessen, was im Menschen ist, vorgestellt hat, zeigt
er ihnen dann (V. 30. 3t), daß es für den Gläubigen einen
anderen Platz gibt als den des natürlichen Menschen:
„Ihr seid aus Gott in Christo Jesu". Welch eine Wahrheit!
Diese armen Korinther (und wie oft auch wir!) legten
mehr Wert auf die Verherrlichung des Menschen, als
auf die Tatsache, daß wir aus Gott sind, daß unsere
Abstammung und unsere Geburt als Christen aus Gott
ist, und weiter daß Gott, als Er uns errettete, das, was
nicht ist, nahm und daraus etwas ewig Bestehendes schuf.
Es gibt also in dem Heilsplan keinerlei Raum mehr für
den Menschen. Das hat Paulus an einer anderen Stelle
veranlaßt zu sagen: „Ich kenne einen Menschen in
Christ o". Für ihn gab es keinen anderen Platz mehr als
diesen. Wer seine Stellung in Christo verstanden hat, hat
keinen Gegenstand mehr, dessen er sich rühmen könnte.
Paulus begehrte nichts anderes, als in Ihm erfunden zu
werden. (Phil. Z, y.)
In dem ganzen Briefe begegnen wir immer wieder
der Verurteilung des Hochmutes des Fleisches,
das stets eine gute Meinung von sich selbst hat. (Kap. 3,
2t; 4, 6. 48; 5, 2—b; 8, 4. 2; 43, 4.) Unter so vielen
Zügen, die bei den Korinthern den fleischlich gesinnten
Menschen kennzeichneten, gab es vor allem diesen einen:
die hohe Meinung, welche sie von sich und ihren Gaben
hatten, weil sie es nicht praktisch verwirklicht hatten, daß
der Mensch als solcher keinerlei Platz vor Gott hat.
— rrr —
„Gort bin ich daheim"
Beim Verteilen von Traktaten in einem abgelegenen
Dorfe kamen wir eines Tages zu einer vierundachtzigjährigen
gläubigen Frau, die ganz allein in einer Dachkammer
wohnte. Alles was wir sahen zeugte von großer Armut.
In der Meinung, die einsame Alte bedürfe eines
Wortes der Ermunterung, sagte ich: „Liebe Frau, bald
werden die Prüfungen des Weges hinter uns liegen, und
wir werden droben bei unserem Herrn Jesus völlig glücklich
sein!"
„Dort bin ich dahei m", antwortete sie.
Ich hatte das Gefühl, daß ich das geistliche Verständnis
der Alten zu gering eingeschätzt hatte, und, immer
noch von dem Gedanken befangen, ihr etwas Tröstliches
sagen zu müssen, fuhr ich fort: „Ja, bald werden wir
daheim sein, im Vaterhause, und uns ewiglich der Gegenwart
unseres teuren Herrn erfreuen."
„Ich lebe schon dor t", erwiderte sie mit einem
freundlichen Lächeln. Wieder merkte ich, daß sie mich weit
hinter sich zurückgelassen hatte; dennoch machte ich einen
dritten Versuch und sagte: „Nicht wahr? es wird herrlich
sein, wenn wir einmal mit allen Erlösten um das Lamm
versammelt sein und Ihm, der uns geliebt und uns von
unseren Sünden gewaschen hat, das neue Lied singen werden".
„Im Geiste singe ich dort schon jeden
T a g", lautete diesmal ihre Antwort. Ich war für einen
Augenblick sprachlos. Statt daß ich ihr auf ihrem Wege
geholfen hätte, war sie mir eine Hilfe geworden. Bei
unseren weiteren Besuchen im Dorf erfuhren wir, daß sie
— U2 —
eine treue Zeugin Gottes war und, obwohl alt und schwach,
als ein Helles Licht in der sie umgebenden Finsternis
leuchtete.
Wie schön ist es, ein Kind Gottes zu finden, das über
die Umstände erhaben ist, ja, dem die Dinge des täglichen
Lebens nur zu Gelegenheiten werden, Gott darin zu verherrlichen!
Die Trübsale des Weges bringen eine solche
Seele nur immer näher zu Ihm hin, den sie liebt, und
von dem sie zuerst geliebt worden ist. Unsere alte Freundin
hatte gelernt, von sich und den Umständen abzublik-
ken und ihr Auge dahin zu richten, wo es keine Zweifel
und Befürchtungen gibt, wo alles sicher und göttlich geordnet
ist. Sie wußte nicht nur, wo ihre Heimat war,
sondern lebte im Geiste schon dort und sang ihrem
Herrn Loblieder.
Kragen aus dem Leserkreise
Worin bestand dw in Hebe. 5, 7 erwähnte Erbörunq? Ist dic
Meinung richtig, daß der Herr in Gethsemane von der Angst des
Todes erhört worden sei?
Ware der Herr in dem S'nne erhört worden, wie die Frage
es auszudrücken scheint, d. k. wäre Er dem entronnen, was den vor
Jbm liegenden Weg so furchtbar für Ibn machte, d. i. den Schrecken
des Verlassenseins von Gott um dr Sünde und um unserer Sünden
willen, dem Tode a"s Sold der Sünde — was wäre dann
aus der Verdeutlichung Gottes im Blick auf die Sünde, was aus
unserer Erlösung und der Ausführung all der ewigen Ratschlüsse
Gottes geworden? Der Her, wurde nicht „vor dem Tode bewahrt",
noch vor alledem, was dieser Tod für Ibn in sich schloß, sondern
„aus dem Tode errettet", d. i. in der Auferstehung, n a ch d em
Er „auf den Hörnern der Büffel" gewesen war tv rgl. Ps. rr, I—r>)
und den Tod als Sold der Zünde voll und qany geschmeckt hatte.
Er „wuide um Seiner Frömmigkeit willen erhört", aber nicht oder,
als bis das schonungslose Gericht seinen Lauf vollendet hatte.
Nur auf diesem Wege konnte Er „allen, die Ihm gehorchen, der
Urheber ewigen Heils werden". (V. 9.)
Sienst
„Ihr dienet dem Herrn Christus/'
(Kol. Z, 24.)
Es gibt in dem Leben und den Erfahrungen eines
Christen wohl kaum ein Gebiet, das größeren Wandlungen
unterworfen ist, als das des Dienstes.
In all den gewöhnlichen Formen deö christlichen Lebens
nimmt der Dienst gern einen mehr oder weniger
knechtischen Charakter an, das will sagen, er wird als eine
Sache der Pflicht ausgeübt, und wird dann nicht selten
als eine Prüfung oder gar als ein Kreuz empfunden.
Dinge, die man anfänglich mit Lust und Freude tat, werden
auf die Dauer zu ermüdenden Aufgaben, die man
vielleicht noch treu, aber doch mit einer geheimen Abneigung
tut, mit dem eingestandenen oder nicht eingestandenen
Wunsch, sie garnicht mehr zu tun zu brauchen,
oder doch wenigstens nicht mehr so oft. An die Stelle
des freudigen „Darf ich?" der Liehe tritt das bittere „Muß
ich?" der Pflicht. Das Joch, das anfänglich sanft war,
wird drückend, die einst leichte Last wird schwer.
Eine liebe Christin sprach sich über diesen Punkt einmal
in folgender Weise aus: „Zu Anfang meiner Bekehrung
war ich so voller Freude, daß ich nur zu froh
und dankbar war, irgend etwas für meinen Herrn tun
zu können, und voll Eifer ging ich durch jede Tür, die
sich mir öffnete. Doch nach einer Weile, als meine erste
t.XXX 5
— U4 —
Freude schwand und meine Liebe an Wärme verlor, begann
ich zu wünschen, ich wäre nicht so eifrig gewesen;
ich sah mich in Dienste gestellt, die mir nach und nach
widerwärtig und lästig wurden. Da ich sie aber einmal
übernommen hatte, konnte ich sie, ohne Aufsehen zu erregen,
nicht gut wieder aufgeben, und doch sah ich mich
immer mehr dazu gedrängt. Man erwartete von mir,
Kranke zu besuchen, mit ihnen zu beten, überhaupt zu
jeder Art christlicher Liebestätigkeit stets bereit zu sein.
Dieses Bewußtsein drückte mich. Schließlich wurde der
Zustand so unerträglich, daß ich mir nicht mehr zu helfen
wußte. Ich hatte das Gefühl, daß ich lieber den ganzen
Tag schrubben und putzen möchte, als durch die Tretmühle
der mir selbst auferlegten täglichen Pflichten hindurchzumüssen.
Ich beneidete", so schloß der Bericht, „die
Dienstboten in der Küche und die Waschfrauen am Waschfaß-"
Das mag übertrieben erscheinen. Aber zeichnet es
nicht ein lebendiges Bild von dem, was manche von uns
erfahren haben? Bist du selbst noch nie an dein Tagewerk
herangetreten wie ein Sklave an seine Arbeit? Hast
du dieses Werk nicht als deine Pflicht betrachtet, der
du nachkommen mußtest, um dann möglichst rasch
in deinen wirklichen Jnteressenkreis zurückzukehren? Daß
das nicht richtig war, hast du natürlich eingesehen und
dich geschämt, aber du hast nichtsdestoweniger gefunden,
daß du an der Sache nichts ändern konntest. Du hattest
deine Arbeit nicht aus des Herrn Hand genommen und
liebtest sie nicht, hättest sie vielmehr längst gern aufgegeben,
wenn du das mit ruhigem Gewissen hättest tun
können.
— rrs —
Oder wenn diese Beschreibung nicht auf dich zutrifft,
vielleicht paßt die folgende: Du liebst deine Arbeit an
sich, doch bei ihrer Ausübung findest du, daß eine große
Verantwortlichkeit mit ihr verbunden ist; eö befallen dich
Zweifel und Befürchtungen, ob du ihr auch gewachsen
bist, ob du dich überhaupt für eine solche Arbeit eignest.
Schon dadurch wird sie dir zu einer Bürde, und du bist
müde und niedergedrückt, noch ehe du sie recht angegriffen
hast. Dabei quält dich der Gedanke, was wohl bei
deiner Arbeit herauskommen werde, und wenn dann das
Ergebnis ein anderes ist, als du es dir gedacht hast, so
liegst du ganz am Boden und bist unglücklich.
Warum ist das so? Wo liegt die Ursache dieser Erscheinungen
und Erfahrungen? Hauptsächlich wohl darin,
daß die betreffenden Seelen die Arbeit vor den Herrn
gestellt haben. Anstatt zunächst zu Seinen Füßen zu sitzen
und zu lernen, also Ihm den ersten Platz zu geben, möchten
sie Ihm und anderen gern Beweise geben von der
Echtheit ihrer Liebe und von der Aufrichtigkeit ihres Dankes.
So verständlich dieser Wunsch sein mag, birgt er
doch die Gefahr in sich, daß das eigene Ich auf den Plan
tritt, daß man Befriedigung in der Arbeit sucht und
andere verurteilt, wenn sie nicht in der gleichen Weise
mitmachen.
Auch das „bete und arbeite" wird dann leicht vergessen.
Das Gebet im Kämmerlein führt in die heilige
Gegenwart des Herrn, gibt Ihm Gelegenheit, sich der
Seele zu offenbaren, ihr Seine Gedanken mitzuteilen und
in demselben Maße sie von sich selbst und ihren eigenen
Überlegungen zu befreien. Jemehr das geschieht, desto
mehr lernt sie kennen, was ein Leben des Glaubens und
— Ub —
der Abhängigkeit ist, und wie es das Herz beglückt, auf
dem Pfade des einfältigen Gehorsams zu wandeln. Jede
Art von Dienst wird dann zur Freude, weil die Seele
ihren Willen in die Hand des Herrn gegeben hat, dessen
Wohlgefallen es ist, in ihr sowohl das Wollen als auch
das Vollbringen zu wirken. Eine solche Seele findet dann
auch, daß sie selbst nur das tun möchte, was der Herr
von ihr wünscht, und wir alle wissen, daß es nur angenehm
ist, das zu tun, was wir gern tun. Wir scheuen
in einem solchen Falle weder Schwierigkeiten noch körperliche
Anstrengungen.
Ist eines Menschen Wille auf etwas gerichtet, so
achtet er die Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellen,
gering. Wie viele Menschen sind gern und freudig bis
ans Ende der Welt gegangen, um ein irdisches Glück zu
erjagen oder das Ziel ihres Ehrgeizes zu erreichen. Die
damit verbundenen Opfer, Mühen und Beschwerden galten
ihnen nichts. Es kommt eben darauf an, mit welchen
Augen man ein Ding betrachtet, ob man es für begehrenswert
oder für ein Kreuz hält.
Was uns in unseren Tagen mangelt, sind Gläubige,
die so eifrig und freudig Gottes Willen zu tun begehren,
wie andere ihren eigenen Willen. Uns dahin zu
bringen ist die Absicht Gottes, das Bemühen des Heiligen
Geistes in uns. „Denn Gott ist es, der in euch
wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, nach Seinem
Wohlgefallen." (Phil. 2, bZ.) Unterstellen wir uns
willig diesem Wirken Gottes, übergeben wir Ihm unser
Herz, so werden wir wünschen, was Er wünscht, werden
Seinen Geboten gehorchen, nicht länger weil es unsere
Pflicht ist, das zu tun, sondern weil dieLiebe zu Ihm
— U7 —
uns dazu drängt. Dann wird das Gehorchen leicht, wird
eine Freude, und der Dienst, auch wenn er beschwerlich ist,
wird zur vollkommenen Freiheit.
Es ist erstaunlich, welche Wunder Gott wirkt, wenn
unser Wille wirklich in dem Seinigen aufgegangen ist,
wenn wir von Herzen zu sagen vermögen: „Dein Wille
geschehe!" Er verwandelt dann Schweres in Leichtes, Bitteres
in Süßes. Nicht daß Er an die Stelle der schweren
Dinge leichte setzte, nein, Er verwandelt das Schwere tatsächlich
in Leichtes, macht, daß wir das lieben, was uns
vorher ganz und gar zuwider war. Solang wir uns gegen
ein Joch, das der Herr uns auferlegen will, auflehnen
und eö zu umgehen trachten, erscheint es uns hart
und aufreizend. Sobald wir es aber willig aus Seiner
Hand nehmen, finden wir es sanft und erträglich.
Ich sagte schon: manche Gläubige lieben den Willen
Gottes an sich, aber in seiner praktischen Ausübung
seufzen sie wie unter einer schweren Last. Der Glaube
kennt solche Lasten nicht. Er weiß, auf wen er jede Sorge
abwälzen kann, und folgt dem Worte: „Seid um nichts
besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen
mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden".
Um nichts besorgt? Ja, so steht da; dann brauchen wir
auch nicht um den Dienst besorgt zu sein, den wir zu verrichten
haben, trotzdem daß wir uns im Blick auf ihn
oft so gänzlich hilflos fühlen. Wir fragen uns gern, ob
wir die geeigneten Personen für diesen oder jenen Dienst
sind. Aber wenn der Herr ihn uns in die Hand gibt, was
dann? Hat der Meister nicht ein Recht, das Werkzeug
zu Seiner Arbeit zu benutzen, das Ihm gut und passend
erscheint? Es ist nicht Sache des Werkzeugs, zu entschei
— rrs —
den, ob es das rechte und taugliche ist oder nicht. Tatsächlich
besteht unsere größte Tauglichkeit gerade in unserer
gänzlichen Hilflosigkeit. Denn Seine Kraft wird nicht
in unserer Kraft, sondern in unserer Schwachheit
vollbracht. Unsere Kraft ist nur ein Hindernis.
„Daher", sagt Paulus, „will ich am allerliebsten
mich vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, auf daß
die Kraft deö Christus über mir wohne." Ja, wir hätten
nur Ursache, uns zu freuen, wenn der Herr keinerlei Hindernisse
mehr in uns fände, Seine Macht durch und in
uns zur Ausführung zu bringen. Es bliebe dann auch kein
Grund für uns übrig, uns über den Ausgang zu beunruhigen.
Derselbe ist dem Herrn im voraus bekannt, und
Er vermag alles wunderbar zu leiten. Wir dürfen uns
Ihm völlig überlassen, zufrieden damit, von Ihm wie
ein Kind an die Hand genommen und geleitet zu werden.
Und wirklich sind die erfolgreichsten Arbeiter die,
welche sich und ihre Arbeit ruhig und einfältig dem Herrn
anheimstellen. Indem sie Ihn bitten, sie Schritt für Schritt
zu leiten, vertrauen sie Ihm, daß Er ihnen die für jeden
Augenblick nötige Weisheit und Kraft darreichen werde.
Vielleicht möchte man geneigt sein, solche Arbeiter für
„sorglos" zu halten, da doch so große Interessen auf dem
Spiele stehen. Aber wer die verborgene Quelle ihrer Kraft
kennt, wer selbst etwas davon erfahren hat, was ein Leben
in stillem Vertrauen auf Gott ist, wo nicht der eigene
Wille, sondern Gottes Wirken die Triebfeder ist, verurteilt
sie nicht. Er wundert sich vielmehr darüber, daß es
Diener Gottes gibt, die Lasten tragen und Verantwortlichkeiten
auf sich nehmen wollen, die nur Gott zu tragen
imstande ist.
— 119 —
Aber, möchte vielleicht hier eingewandt werden, der
Apostel Paulus spricht doch auch von der täglich auf ihn
andringenden „Sorge um alle Versammlungen". Es
ist so; der Apostel war nicht „sorglos", der geistliche
Zustand der Gläubigen hin und her trieb ihn zu unaufhörlichem
Gebet. Er glich einer treuen, liebenden Mutter,
die um ihre Kinder draußen besorgt ist. Aber wir dürfen
nicht vergessen, daß es seine Gewohnheit war, alle seine
Sorgen auf den Herrn zu werfen, und daß er so, während
er voll liebender, fleißiger „Sorge" war, doch zugleich
„um nichts besorgt" sein konnte.
Es gibt noch andere Gefahren hinsichtlich des Dienstes,
vor denen Einfalt und hingebendes Vertrauen uns
bewahren können. Mancher ist so rast- und ruhelos tätig,
als ob er allein für alle Arbeit im Reiche Gottes verantwortlich
wäre. Aber der Herr sagt uns nicht: „Geh
hin und tue alles". Er weist jedem von uns seinen
besonderen Platz an, gibt jedem seine bestimmten Pflichten
und führt jeden den Weg, den er zu gehen hat. Es
gibt „Verschiedenheiten von Gnadengaben", und diese
Gnadengaben sind entsprechend unserer persönlichen Veranlagung
uns zugeteilt. Ob ich fünf Talente habe, oder
nur zwei, ob ich zehn Dinge zu tun berufen bin, oder
nur eins — verantwortlich bin ich nur für das, was
mir zu tun aufgetragen ist, nicht für mehr. Jehova lenkt
und befestigt des Mannes Schritte (Spr. 16, 9; Ps.
37, 23), nicht nur seinen Weg, nein, jeden Schritt auf
dem Wege.
Oft wird auch der Fehler gemacht, einen einmal
zugewiesenen Dienst als eine fortdauernde Verpflichtung
zu betrachten. Weil der Herr Gelegenheit
— 120 —
gab und man sich getrieben fühlte, im Eisenbahnwagen
einen oder einige Traktate abzugeben, meint man nun,
bei jeder Eisenbahnfahrt an alle Mitreisenden Traktate
verteilen zu müssen, und belastet sich auf diese Weise mit
einer vermeintlichen Pflicht, die unausführbar ist. Es ist
ohne Frage gut, in diesem wie in jedem anderen Dienst
treu und eifrig zu sein — wie leicht legt hier Menschenfurcht
einen Fallstrick! — aber hüten wir uns vor gesetzlichem
Tun! Daß der Herr für jeden Seiner Arbeiter
Seinen bestimmten Dienst habe, sagten wir schon. Es
ist damit ähnlich wie mit einem geregelten Geschäftsbetrieb.
Da hat jeder einzelne Angestellte seine bestimmte
Arbeit zu leisten und ist nicht verpflichtet, mehr als das
oder gar alles zu tun. Der Geschäftsherr, der jedem seinen
Auftrag gegeben hat, wünscht auch, daß jeder sich seiner
bestimmten Arbeit widme und nicht durch den ganzen Betrieb
laufe, um sich um die Arbeit der übrigen Angestellten
zu bekümmern. Welch eine Verwirrung würde das
geben! So sollte auch im Dienste des Herrn sich jeder
Knecht, jede Magd der Führung des Herrn anheimgeben
und sich von Ihm zeigen lassen, was Er von ihnen
getan haben will. Auf diese Weise würden alle in der
Arbeit eine reiche Segensquelle finden und sie niemals
als eine Bürde oder drückende Last empfinden.
Was mir für die Sache des Dienstes vor allem wichtig
erscheint, ist dies: die Verbindung zwischen der Maschine
und der Kraftquelle ungestört zu erhalten. Die
Kraft liegt nicht in der Maschine, sondern im Dampf
oder in dem elektrischen Strom. Ohne Verbindung mit
der Kraftquelle ist die Maschine völlig zwecklos. Ist die
Verbindung hergestellt, so läuft alles leicht und sicher.
— r2r —
Viele Christen leben in einem beständigen Zwang, weil
ihr Wille nicht gebrochen, nicht in Übereinstimmung ist
mit dem Willen Gottes. Die Verbindung mit der Kraftquelle
ist nicht ganz unterbrochen, aber doch nicht völlig
hergestellt, und so kostet es Anstrengung und Mühe, die
Maschine in Gang zu bringen. Werden die Hindernisse
beseitigt, sodaß „der Geist des Lebens in Christo Jesu"
in Kraft in uns wirken kann, so werden wir, frei von
uns selbst, in glücklicher Abhängigkeit von oben uns selbst
Gott darzustellen vermögen als Lebende aus den Toten
und unsere Glieder Gott zu Werkzeugen der Gerechtigkeit.
(Röm. 6, t3.)
Auch von der Neigung, Betrachtungen über den Erfolg
oder Mißerfolg unserer Arbeit anzustellen, wird uns
ein solches Leben befreien. Verliert die Seele die innige
Verbindung mit dem Herrn, die stete Abhängigkeit von
Ihm, so ist sie geneigt, sich entweder zu ihrem Erfolge
zu beglückwünschen und — sich zu erheben, oder aber
über ihre Niederlage zu trauern und — am Boden zu
liegen; und das erstere ist wohl mehr zu fürchten als das
letztere, wenn dieses uns auch den größeren Kummer bereitet.
Die vertrauende Seele wird von keinem von beiden
Übeln beunruhigt. Sie hat sich und ihr Werk dem Herrn
übergeben und kann Ihm auch den Ausgang überlassen,
indem sie an sich selbst in der Sache überhaupt
nicht denkt.
Fassen wir es denn noch einmal zusammen: Das
zu einem glücklichen und wirksamen Dienst Nötige ist,
sich und seine Arbeit völlig in die Hände des Herrn zu
legen. „Befiehl Jehova deine Werke, und deine Gedan
122
ken werden zustande kommen." (Spr. 16, 3.) Bringe
sie Ihm im Gebet, indem du Ihn bittest, dich zu leiten,
alles für dich zu ordnen und dich allein in Seiner Kraft
handeln zu lassen; aber wenn du dich dann von den Knieen
erhoben hast, so hüte dich, die Last wieder auf dich zu
nehmen und von neuem alles selbst leiten und ordnen
zu wollen. Laß deine Anliegen da, wohin du sie gebracht
hast, vor Gott, und denke daran, daß du dich über
das, was du Ihm anvertraut hast, nicht länger zu beunruhigen
oder gar zu ängstigen brauchst. Wenn du dem
Rate folgst, so wirst du selbst in einem Leben angestrengtester
Tätigkeit, zu der E r dich aber dann leitet, „Ruhe
finden für deine Seele".
„Für Jehova gibt es kein Hindernis, durch viele zu
retten oder durch wenige", lautete das Glaubenswort Jonathans.
„Jehova! um zu helfen ist bei dir kein Unterschied
zwischen dem Mächtigen und dem Kraftlosen", so
betete der fromme König Asa, indem er sich in schwerer
Notlage allein aus seinen Gott stützte. Wahrlich, bei solchem
Glauben wird denen, die sich als willige Werkzeuge
dem Wirken des Herrn überlassen, nichts unmöglich
sein. O möchten wir alle so, als „Lebende aus
den Toten", Ihm zur Verfügung stehen, um dann von
Ihm gebraucht werden zu können, wie es Ihm gefällt!
V leite mich, Herr Jesus,
Stets was Du willst zu tun,
Sei's tätig sein und wirken,
Sei's stille sein und ruhn.
Ich weiß, es ist nicht wichtig,
Worin mein Werk besteht,
Wenn's nur nach Deinem Willen
Und Wohlgefallen geht.
123
Etn verderbliches Netz
„Ein Mann, der seinem Nächsten schmeichelt,
breitet ein Netz aus vor seine Tritte." (Spr. 29, S.)
Ein beherzigenswertes Wort! Wohl nur wenige Menschen,
am wenigsten die Schmeichler selber, haben einmal ernstlich
über den Charakter der Schmeichelei, über ihre Herkunft
und ihre oft so schlimmen Folgen nachgedacht. Eine
„glatte Junge", wie das Wort sie nennt, ist ein schlimmes,
weitverbreitetes Übel. Gott sagt von dem Menschen
im allgemeinen: „Sie reden Falschheit, ein jeder mit seinem
Nächsten; ihre Lippen schmeicheln, mit
doppeltem Herzen reden sie". (Ps. 12, 2.) Es mag deshalb
gut sein, ein Wort über diesen Gegenstand zu sagen.
Die Schmeichelei entspringt dem bösen „Ich" deö
Schmeichlers und wendet sich an dasselbe „Ich" des anderen
und findet dort in den meisten Fällen willige Aufnahme.
Hochmut, Selbstgefälligkeit und Selbstsucht sind
ihre Quellen, so widerspruchsvoll das klingen mag; denn
dem Scheine nach ist gewöhnlich das Gegenteil der
Fall. Der Schmeichler kleidet sich gern in das Gewand
der Demut.
Ein Mensch, der sich selbst im Lichte Gottes erkannt
und aufrichtig verurteilt hat, wird kaum daran denken,
durch Schmeicheln das natürliche „Ich" des anderen zu
nähren, denn das ist, wenn der Schmeichelei Gehör geschenkt
wird, das verderbenbringende Ergebnis. Der
Schmeichler beweist durch sein Tun, daß er jenes Licht
wenig kennt. Er liebt es, bei Menschen wohlangesehen
zu sein, möchte nicht in Mißkredit geraten und trachtet
in den meisten Fällen nach der Gunst des anderen. Daß
r24
das dann manchesmal auf Kosten der Wahrheit geschieht,
ist begreiflich.
Es gibt ein anderes, vielverbreiteteö Übel, das man
vielleicht eher Schwäche nennen könnte. Es besteht
darin, da zu schweigen, wo ernstes Ermahnen oder
doch wenigstens eine unverhohlene, sachliche Darstellung
der Dinge, wie sie, im Lichte Gottes betrachtet,
liegen, am Platze wäre. (Daß es auch ein weises
Schweigen zur rechten Zeit gibt, wird hierdurch
keineswegs verneint.) Solche Schwäche ist beklagenswert
und kann sehr verhängnisvoll wirken, vor allem
wenn das Schweigen als Zustimmung ausgefaßt wird.
Doch bei dem Schmeichler begegnen wir einem weit größeren
Übel. Seine Worte bringen unmittelbar Verderben,
denn sie sind, es sei noch einmal gesagt, ein fruchtbarer
Nährboden für das verderbte menschliche „Ich",
welches im Tode zu halten wir wahrlich alle Ursache haben,
sei es persönlich oder im Verkehr miteinander durch
treuen, gegenseitigen Dienst. Wir hörten: Der Schmeichelnde
„breitet ein Netz aus vor die Tritte" des anderen.
Wird er vor diesem Netze bewahrt bleiben?
Charakteristisch für den Zustand eines Menschen ist
auch die Sucht, schmeichelnde Worte zu hören. Eine
solche Sucht deutet auf einen bösen Herzenszustand hin.
Der Betreffende möchte nicht ins Licht kommen, will nicht
sein wahres Gesicht sehen, „das Gesetz Jehovas hören".
Dafür lebt der Wunsch in seinem Herzen, besonders wenn
es sich um den Verkehr mit Knechten Gottes handelt, angenehme
Worte von ihnen zu vernehmen. So war es
einst bei Israel. „Schauet uns nicht das Richtige, saget
uns Schmeicheleien, schauet unö Täuschun
— 125 —
gen!" sprach man zu den Sehern. (Jes. 30, 9. 10.) Und
finden sich ähnliche Erscheinungen nicht auch heute unter
den Kindern Gottes? Der aufrichtige, in der Gegenwart
Gottes stehende Gläubige wird freilich Schmeicheleien, wo
sie ihm entgegengebracht werden sollten, entschieden von
sich weisen. Er kennt sein stetes Zukurzkommen und weiß
sich vor Gott offenbar. So möchte er sich nicht selbst täuschen,
noch durch trügerische Schmeichelei sich täuschen lassen.
Ihm ist das Netz nicht unbekannt, das der Schmeichler
vor seine Tritte legt.
Heilsam dagegen und „treugemeint sind die Wunden
dessen, der liebt". (Spr. 27,6.) Wir sehen das in dem
Dienst treuer, aufrichtiger Knechte Gottes und in dessen
gesegneten Ergebnissen. So schlug Paulus in wahrhaftiger
Liebe den Korinthern mit seinem ersten Brief schmerzliche
Wunden, aber wie heilsam war ihnen dieses Vorgehen
des Apostels! (Vergl. 2. Kor. 7, 8—11.) Der einsichtige
und treue Diener wird es auch heute da und dort
für erforderlich halten, ähnlich zu handeln, stets jedoch
wird er sich vor dem Gegenteil hüten. Die etwaige Neigung,
Menschen zu gefallen, wird und muß er
fliehen, jede Versuchung dazu von sich weisen, wenn er
anders als Diener vor Gott bewährt und seinen Hörern
nützlich sein will. Paulus konnte an die Thessalonicher
schreiben: „So wie wir von Gott bewährt worden sind,
mit dem Evangelium betraut zu werden, also reden wir,
nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott,
der unsere Herzen prüft. Denn niemals sind wir mit
einschmeichelnder Rede umgegangen, wie ihr wisset,
noch mit einem Vorwande für Habsucht, Gott ist Zeuge;
noch suchten wir Ehre von Menschen." (1. Thess. 2,4—6.)
r26
Niemals wirkt die Schmeichelei auch gefährlicher, als
wenn sie aus dem Munde eines Dieners des Herrn kommt.
Liegt einem solchen doch die heilige Pflicht ob, dem unbekehrten
Menschen seinen Zustand und seine Wege so,
wie Gott beide sieht und beurteilt, vor Augen zu stellen,
sowie den Gläubigen dahin zu führen, daß er Gott
alleinin Demut die Ehre gibt für jede in ihm gewirkte
Frucht der Gnade. Wie nun, wenn er beiden nicht ehrlich
die Wahrheit sagen würde? Seitens des Gläubigen
muß immer deutlicher und tiefer erkannt und verstanden
werden: „Du bist die Quelle aller Werke, die Deine
Gnade in uns schafft". Damit schwindet dann jeder
Grund, sich selbst zu rühmen oder dem Bruder, der Schwester
zu schmeicheln.
Anderseits: Wie verhängnisvoll kann es werden,
wenn Gläubige Dienern des Herrn schmeicheln!
Welch bittere Erfahrungen sind schon in dieser Beziehung
gemacht worden! Gesegnete Diener verfielen dem Hochmut
und der Blindheit über sich selbst, dem Eigenwillen
und der Herrschsucht, und wurden so unbrauchbar für die
Zwecke und den Dienst ihres Herrn.
Für viele besteht auch eine besondere Gefahr im Verkehr
mit Höhergestellten und Wohlhabenden. Salomo sagt
von den Menschen im allgemeinen: „Viele schmeicheln
einem Edlen, und alle sind Freunde des Mannes, der
Geschenke gibt". (Spr. ry, 6.) Das ist ein ernstes Wort.
Es läßt uns besser verstehen, was weiter oben gesagt
wurde, daß Hochmut, Selbstsucht und Selbstgefälligkeit
die Quellen der Schmeichelei sind.
Erinnern wir uns schließlich noch an die Worte Eli-
hus: „Daß ich nur ja für niemand Partei nehme! und
127
keinem Menschen werde ich schmeicheln.
Denn ich weiß nicht zu schmeicheln: gar bald würde mein
Schöpfer mich hinwegnehmen." (Hiob 32, 21. 22.) Ja,
Menschenkult ist Gott ein Greuel, und durch Schmeichelei
wird Er der Ihm gebührenden Ehre beraubt.
Möchte indes die Furcht zu schmeicheln uns nicht
etwa hindern an „der Anerkennung alles Gu-
t e n", welches in irgend jemand ist„gegenChristum
Jesum"! (Vergl. Philemon V. 5—7.) Berechtigte Anerkennung
wird ermuntern, und wie nötig ist sie oft! Gott
schenke uns über beides Klarheit, um so allezeit die überaus
wichtige Grenzlinie zu erkennen und einzuhalten!
Zum Schluß sei noch aufmerksam gemacht auf die
ernsten Folgen der Schmeichelei, wenn sie seitens der Eltern
dem einen oder anderen ihrer Kinder gegenüber geschieht.
Die Folgen waren oft verheerend. Systematisch
wurden in solchen Kindern Hochmut und Eitelkeit, Verachtung
und Geringschätzung anderer großgezogen, bis
schließlich gar die Eltern selbst unter diesen furchtbaren
Erscheinungen schwer zu leiden hatten.
Unterredungen über den ersten Brief
an die LorinGer
in.
Kapitel 2, 6—16
Wir kommen hier zu einem dritten Charakterzug des
Christen, den wir bereits berührt haben. Der erste war,
daß er gänzlich zu Ende gekommen ist mit allem, waö
selbst der bevorzugteste Mensch im Fleische sein könnte;
r28
der zweite, daß er in Christo ein neues, von Gott geschenktes
Leben besitzt, eine neue Natur mit all den Vollkommenheiten,
die dieser Natur eigen sind. Der dritte ist, daß er
die Kraft dieses Lebens besitzt, den Heiligen Geist, der
alles, selbst die Tiefen Gottes, zu erforschen vermag.
Aber bevor der Apostel diesen Gegenstand näher behandelt,
berührt er eine Sache, deren Mitteilung er seinerzeit,
als er bei den Korinthern war, nicht für nützlich gehalten
hatte, weit er damals nichts zu wissen wünschte
als nur Christum, und Christum als gekreuzigt. In der
Tat, es gibt für den Christen noch anderes als das Kreuz:
da ist ein von Beginn der Zeitalter an in Gott verborgenes
Geheimnis, eine Weisheit, welche nur diejenigen zu
verstehen vermögen, die mit ihrem alten Zustand zu Ende
gekommen sind, und die der Apostel „Vollkommene" oder
erwachsene Menschen nennt. Und von dieser Weisheit redete
er gern zu denen, welche durch Verurteilung ihrer
selbst zu einem geistlichen Zustand gelangt waren, der sie
fähig machte, sie zu verstehen. Dieses Geheimnis war von
jeher in Gott verborgen gewesen; denn — wunderbare
Tatsache! — Gott hatte von Ewigkeit her beschlossen, den
Menschen in die Herrlichkeit einzuführen. Wie hat Er nun
diesen in Seinem Herzen zuvorgefaßten Ratschluß zur
Wirklichkeit werden lassen?
Der Apostel hatte mit den Korinthern nicht darüber
reden wollen, weil sie, wie wir gesehen haben, „aufgeblasen"
waren, und wenn er ihnen gesagt hätte, daß sie
für die ewige Herrlichkeit bestimmt seien, hätten sie nur
eine umso höhere Meinung von sich selbst bekommen. Es
gab aber erwachsene Männer, mit denen er darüber reden
konnte, Männer, die mit sich selbst zu Ende gekommen
r2y
waren und so in Christo allein ihre ganze Vollkommenheit
gefunden hatten.
Was hat nun Gott getan, um Seine Pläne bezüglich
der Einführung des Menschen in die Herrlichkeit zur Erfüllung
zu bringen? Der gefallene Mensch war durch die
Sünde völlig von der Herrlichkeit Gottes getrennt. Es
war daher nötig, daß er von dem Joch der Sünde befreit
wurde, nicht nur von seinen Sünden, sondern
auch von seiner sündigen Natur. Die Weisheit Gottes
hatte das Mittel gefunden, um Seine geheimen Gedanken
zu verwirklichen, um einerseits mit dem alten Menschen,
mit seiner alten Natur, aufzuräumen, und anderseits
einen neuen Menschen vor sich hinzustellen, der
Seine eigene Natur hatte und fähig war, Ihn zu verstehen.
Um mit dem alten Menschen ein Ende zu machen,
mußte Jesus sterben. Hierin hat sich der erste Teil
der Weisheit Gottes gezeigt. Jetzt, nachdem das Werk
vollbracht ist, verstehen wir, warum es nötig war, daß
Gott Seinen eigenen Sohn opferte. Indes haben wir am
Ende des ersten Kapitels auch jenen zweiten Teil der
Weisheit gefunden: Gott hat uns eine neue Natur, Seine
eigene Natur, gegeben. Hat Er uns in Christo von unserem
alten Zustand befreit, so hat Er uns auch in Ihm
eine Natur gegeben, welche Er als Seinen Gedanken vollständig
entsprechend anerkennen kann; denn wir sind in
Christo auserwählt worden, um „heilig und tadellos vor
Gott zu sein in Liebe". Seine Liebe ruht auf uns in dem
gleichen unbegrenzten Maße, wie sie auf Christo ruht.
Wahrlich, wir haben Grund, uns vor Gott niederzuwerfen,
wenn wir daran denken, daß Er uns mit derselben
Liebe, ohne jeden Unterschied, liebt, wie Er Seinen eigenen
— 130 —
Sohn liebt! Eine derartige Vollkommenheit gibt uns Anrecht
auf die Herrlichkeit Gottes! Das war die Weisheit,
welche der Apostel verkündigte.
Beachten wir, daß dieses Wort „vollkommen" oft
ganz falsch ausgelegt wird. Viele Seelen denken, daß ein
vollkommener Mensch ein so gänzlich von der Sünde befreiter
Mensch sei, daß er hienieden nicht mehr sündige;
aber niemals sagt Gott uns etwas derartiges. Nach Ihm
ist ein vollkommener Mensch ein „erwachsener" Mensch,
dessen Verständnis über die Vergebung seiner Sünden
hinausreicht; diese letztere Wahrheit wird von jedem Kindlein
im Glauben erfaßt und war das Teil der Korinther
seit dem Tage ihrer Bekehrung. Der „Erwachsene" weiß,
daß Gott, nachdem Er am Kreuz an ihm als Sünder
ein endgültiges Gericht vollzogen, ihn nun als einen neuen
Menschen in Christo, einsgemacht mit Christo, in Seine
Gegenwart eingeführt hat, sodaß er nur noch in Ihm
gesehen werden kann. Nicht so als ob ich jetzt nicht mehr
darauf zu sehen hätte, was in meinem Herzen vorgeht;
im Gegenteil, ich habe mich tief zu demütigen, wenn ich
an die Art und Weise denke, wie ich hienieden meine himmlische
Stellung verwirkliche; aber es handelt sich hier um
das, was Gott si eh t,und der Gedanke, daß Gott kraft
des Todes und der Auferstehung Christi in mir nur unbedingte
Vollkommenheiten sieht, beugt mich vor Ihm in
den Staub. In dieser Erkenntnis finde ich dann auch
den Beweggrund zu einem heiligen und Gottes würdigen
Wandel hienieden.
Wenn die Fürsten dieses Zeitlaufs gewußt hätten,
daß der Zweck Gottes in der Hingabe Seines Sohnes
der war, für den Menschen einen solch herrlichen Platz zu
— rzr —
erwerben, so würden sie den Herrn der Herrlichkeit gewiß
nicht gekreuzigt haben; aber sie waren ganz und gar
unwissend über das, was wir als Christen jetzt kennen.
Diese Dinge, ganz und gar neu, waren im Alten Testament
nicht geoffenbart; dasselbe macht uns nur mit Herrlichkeiten
bezüglich dieser Erde bekannt und teilt uns nichts
mit von den Ratschlüssen Gottes hinsichtlich des Himmels.
Diese letzteren bilden „die Weisheit Gottes in einem
Geheimnis". Es ist sehr interessant, die Stelle im Propheten
Jesaja mit der Anführung hier zu vergleichen. Jesaja
sagt: „Denn von alters her hat man nicht gehört
noch vernommen, hat kein Auge einen Gott gesehen, außer
dir, der sich wirksam erwiese für den auf ihn Harrenden".
(Jes. 64, 4.) Der Apostel fügt dieser Stelle die
Worte bei: „Uns aber hat es Gott geoffenbart durch Seinen
Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen
Gottes". So hat denn niemand im Alten Testament die
Dinge geschaut, welche Gott für die Seinen bereitet hatte;
Gott allein kannte sie; aber es hat Ihm gefallen,
uns in der gegenwärtigen Zeit die geheimen Pläne
Seines Herzens durch Seinen Geist erkennen, hören,
schauen und erforschen zu lassen.
Damit kommen wir auf den dritten der in dieser
Einleitung unseres Briefes enthaltenen Charakterzüge deö
Christen zurück. Wenn Gott uns Seine Natur und das
Leben Christi mitgeteilt hat, so hat Er uns zugleich auch
die Kraft dieses Lebens, den Heiligen Geist, mitgeteilt,
durch den wir jetzt die verborgenen Pläne, die tiefen Geheimnisse
Gottes kennen.
Wenn jemand in die Lage kommen sollte, Leuten antworten
zu müssen, die das Wort Gottes angreifen und es
— rZ2 —
auf den Boden eines mit menschlicher Schwachheit behafteten
Werkes herabzusetzen suchen, so genügt schon die
Anführung dieser Stelle, um sie in Verwirrung zu bringen;
denn sie widerlegt siegreich alle menschlichen, von
Satan eingegebenen Einwürfe gegen das Wort Gottes.
Man findet hier, daß der Geist Gottes nicht nur diese
Dinge offenbarte und sie dem Herzen und dem Verständnis
des Apostels bekannt machte, sondern daß
auch die von Paulus ausgesprochenen oder niedergeschriebenen
Worte selbst von dem Heiligen Geist gelehrt
waren. Sie enthielten nichts, das menschlicher Belehrung
oder menschlicher Weisheit entsprungen war. So bestand
ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem inspirierten Apostel
und den Propheten des Alten Testamentes. Die letzteren
konnten durch den Geist reden, ohne die Bedeutung
dessen zu kennen, was sie verkündigten; das, was die inspirierten
Männer des Neuen Testamentes redeten, gehörte
dagegen, durch den Geist, ihrem eigenen geistlichen
Verständnis an. Der Apostel kannte diese Dinge; der
Geist allein konnte sie offenbaren, deren Kenntnis vermitteln,
sie lehren und endlich auch sie anderen vermitteln.
Das also ist heute unser Teil. Welch eine Stellung
ist doch die unsere! Welche Segnungen besitzen wir —
ohne Grenzen, ewig während! Wenn wir einmal in der
Herrlichkeit sein werden, werden wir sie in ihrem vollen
Umfang ergründen, hienieden können wir als beschränkte
Wesen sie nur stückweise erkennen; Gott aber hat uns
nichts davon verborgen. Er ladet uns ein, das Maß Seiner
Liebe, das Maß Christi, zu nehmen, um die Tiefen
dessen zu erforschen, was in Seinem Herzen ist. Dieses
Herz ist uns voll und ganz geöffnet, aber wollen wir uns
— rzz —
dessen ungestört erfreuen können, darf unser Wandel nicht
hindernd in den Weg treten, er muß Den verherrlichen,
der uns zu Seinem eigenen Reich und zu Seiner eigenen
Herrlichkeit berufen hat.
In Übereinstimmung mit der Tatsache, daß wir den
Heiligen Geist empfangen haben, finden wir hier noch
einen vierten Charakterzug des Christen in den Worten:
„Wir aber haben Christi Sinn", d. h. wir haben die
geistige Fähigkeit, mit den Gedanken Christi zu denken.
Indem wir Sein Leben und Seinen Geist besitzen, können
wir verstehen wie Er, denken wie Er, genießen wie Er,
und sind fähig gemacht, dieselben Zuneigungen, dieselben
Wünsche, dieselbe Freude zu haben wie Er. Angesichts
solcher Segnungen möchte ich fragen: „Könnte es in dieser
Welt einen erhabeneren Charakter geben als den eines
Christen?" Ich hörte einst ein deutsches Lied singen, in
welchem jeder Vers mit dem Kehrreim schloß: „Welch
ein Glück, ein Mens ch zu sein!" Der Gedanke des Dichters
war: „Welch ein Glück, ein Mensch zu sein, um
errettet werden zu können!" Aber wie weit bleibt dies
hinter dem zurück, was wir besitzen! Laßt uns vielmehr
sagen: „Welch ein Glück, ein Christ zu sein!", eine
Natur zu besitzen, die fähig ist, zu lieben was Gott liebt,
ein Leben, das an allen Vollkommenheiten Christi teilhaben
kann, eine Kraft, die in den Genuß aller Gedanken
Gottes einzutreten vermag! Möchte es uns geschenkt
werden, aus diesen Tiefen Gottes zu kosten — nicht mit
dem Verstände, sondern mit dem Herzen! Sind sie doch
das Teil derer, welche Er durch das anbetungswürdige
Werk Seines Sohnes zu sich geführt hat.
— 134 —
„Viele Erste werden Letzte,
und Letzte Erste sein."
lLies Matth. iy, 16-30, Mark. 10,17-31-!
Der Jüngling, der mit der Frage zu Jesu kam, was
er tun solle, um ewiges Leben zu ererben, meinte es redlich.
Er stellte die Frage keineswegs nach Art der Pharisäer,
die den Herrn versuchten, sondern aus dem aufrichtigen
Wunsche heraus, den Weg zum ewigen Leben kennen
zu lernen. Darum fiel er auch vor dem Herrn auf die
Kniee, und Jesus „liebte ihn", wie der Evangelist Markus
berichtet.
Glaubte er denn an Jesum als den Sohn Gottes?
Nein. Aus den Worten des Herrn: „Was heißest du mich
g u t? Niemand ist gut als nur Einer, Gott", geht hervor,
daß er Ihn nicht als den Sohn Gottes, nicht als den
von Gott gekommenen Heiland der Welt erkannte. Jesus
war sicherlich gut, weil Er Gott war. Der Jüngling
aber sah nur den „Lehrer", den Menschen, in Ihm, und
darum wies der Herr die Bezeichnung „gut" zurück.
Seine Unwissenheit zeigte sich auch darin, daß er
meinte, durch sein Tun ewiges Leben ererben zu können.
Auf dem Boden des Gesetzes stehend, wußte er nicht, daß
der Herr Jesus in Gnaden gekommen war, daß jeder
Glaubende Heil und ewiges Leben durch Ihn empfangen
sollte. Er war ehrlich, und das Gesetz sagte: „Tue
dies, und du wirst leben". So hatte er sich bemüht, die
heiligen Gebote Gottes zu halten; aber all sein Mühen
war umsonst gewesen, es hatte ihm keine Befriedigung,
keine Ruhe gebracht. Daß der sündige Mensch auf diesem
135
Wege niemals Leben erlangen kann, und daß Gott deshalb
Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hatte,
„auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren
gehe, sondern ewiges Leben habe", davon wußte er nichts.
Aber mehr noch. Er kannte trotz seiner Aufrichtigkeit
sich selbst nicht. Als der Herr ihm die Gebote nannte
— nicht um sie als den Weg des Lebens zu bezeichnen,
sondern um an sein Gewissen zu rühren und ihm sein Iu-
kurzkommen zu zeigen — erwiderte er kühn: „Dieses alles
habe ich beobachtet von meiner Jugend an; was fehlt mir
noch?" Wir dürfen wohl annehmen, daß er wirklich niemals
gestohlen, getötet oder Ehebruch begangen hatte, daß
er auch ein guter Sohn und freundlicher Nachbar gewesen
war. Aber hatte er damit Gottes heiliges Gesetz erfüllt?
Hatte er es in Gedanken, Worten und Werken beobachtet?
es nie in einem Punkte übertreten? Hatte er wirklich
Gott über alles und seinen Nächsten wie sich selbst geliebt?
Er kannte die Gebote, aber kannte er auch ihre tiefe Bedeutung,
ihren wahren Sinn?
Und wie wenig kannte er sein eigenes Herz! „Lehrer,
dieses alles habe ich beobachtet von meiner Jugend an!"
sagte er. Er war sich keiner Übertretung bewußt, und doch
fehlte ihm noch etwas, das fühlte er tief.
Ja, es fehlte ihm so gut wie alles: Wahre Einsicht,
Selbsterkenntnis, Erkenntnis der Heiligkeit Gottes, und
darum Buße und Glaube mit allen ihren gesegneten Ergebnissen.
Er besaß nur das eine, daß er in redlicher Absicht
gekommen war. Aber was konnte diese Absicht, so
schätzenswert sie war, allein ausrichten? Sie vermochte
nicht einmal der Prüfung, der sie sogleich ausgesetzt wurde,
standzuhalten.
— rzö —
Der Herr, der das Herz des Jünglings und das, wovon
es in erster Linie eingenommen war, kannte, stellt ihn
auf die Probe. Er hatte gefragt: „Was fehlt mir noch?"
Der Herr zeigt es ihm. „Wenn du vollkommen sein
willst", sagt Er, „so gehe hin, verkaufe deine Habe und
gib den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel
haben; und komm, folge mir nach." Mit anderen Worten:
Beweise, daß du imstande bist, die beiden großen Gebote,
an welchen das ganze Gesetz hängt, zu erfüllen.
Wäre er dieser Aufforderung gefolgt, so wäre er in
der Tat vollkommen gewesen. Aber nun zeigte es sich, daß
er seinen Nächsten nicht liebte wie sich selbst und noch weniger
Gott über alles. Hätte der Herr ihm einen Weg gezeigt,
auf dem er ohne Aufgeben seiner Reichtümer Ihm
hätte nachfolgen können, so wäre er vielleicht gern Sein
Jünger geworden. Aber alles aufgeben, woran sein Herz
hing, völlig arm werden, auch wenn er dadurch Christum
und den Himmel gewonnen hätte, das vermochte er nicht.
Und so ging er von dem Herrn hinweg.
Aber er ging traurig hinweg. Und dazu hatte er
allen Grund. Er hatte die irdischen, vergänglichen Reichtümer
dem ewigen Leben vorgezogen. Sie hatten ihn von
Jesu, dem Fürsten des Lebens, zurückgehalten.
Machen heute nicht Tausende und Abertausende es
genau so wie dieser Jüngling? Sie streben nach den Gütern
dieser Erde, als ob in ihnen alles Glück zu finden sei,
und kehren dem Herrn, der sie in großem Erbarmen zu
sich ziehen möchte, um sie wahrhaft glücklich zu machen,
den Rücken. Sie möchten wohl die Gewißheit haben, am
Ende ihres Lebens in den Himmel einzugehen, und es
kommt ihnen nicht darauf an, es sich viel zur Erlan--
— 1Z7 —
gung dieser Gewißheit kosten zu lassen — doch danrm
alles, und sich selbst dazu, restlos aufzugeben, das vermögen
sie nicht. Die Liebe zu Glück, Ehre und Ansehen
in dieser Welt ist stärker als das Verlangen, ewiges Leben
zu besitzen, und traurig entfernen sie sich aus der Gegenwart
Dessen, der „das Leben" ist.
„Wie schwerlich werden die, welche Güter haben, in
das Reich Gottes eingehen!" sagt der Herr, nachdem der
Jüngling gegangen war, zu Seinen Jüngern. Er bezeichnet
den Reichtum als ein sicheres Hindernis zur Errettung.
Wohl sind bei Gott alle Dinge möglich. Die Gnade kann
ebensogut einen reichen wie einen armen Mann erretten.
Aber die Reichen haben auf ihrem Wege ein Hindernis,
von dem die Armen nichts wissen.
Wer aber um Christi willen etwas aufgibt, büßt in
Wirklichkeit nichts ein. Ihn als seinen Herrn und Heiland
besitzen, entschädigt für alles. Welches besondere Teil auch
den Aposteln in der Herrlichkeit einmal zuteil werden mag,
alle, die auf Jesu Ruf hin irdische Güter oder irdische
Freuden aufgegeben haben, sollen diese „hundertfältig"
zurückempfangen. Schon in dieser Zeit dürfen sie ein viel
tieferes Glück, weit innigere Freude und Zufriedenheit genießen,
und für die Zukunft ist ihnen das ewige Leben gewiß,
gerade das, wonach der reiche Jüngling fragte, das
er aber durch seine Liebe zum Reichtum verlor.
Er war einer der Ersten dieser Welt, aber ach! er
wurde einer der Letzten, weil er die Welt dem Himmel, den
irdischen Reichtum dem Reichtum in Christo vorzog. So
wird es allen denen ergehen, die Ihn verleugnen, die die
in Christo geoffenbarte Gnade Gottes nicht achten. Auf
der anderen Seite aber werden sich die „weltlich Armen,
138
die Gott auserwählt hat, reich zu sein im Glauben", als
die „Erben des Reiches" erweisen, „welches Gott denen
verheißen hat, die Ihn lieben". (Jak. 2, 5.)
Zu diesen weltlich Armen gehörten Petrus und die
übrigen Apostel. Sie hatten alles verlassen und waren
Christo nachgefolgt. Aber dachte der Herr, als Er die ernsten
Worte sprach: „Viele Erste werden Letzte, und Letzte
Erste sein", wohl nur an den reichen Jüngling und solche,
die ihm gleichen? Oder lag vielleicht auch eine Warnung
für Seine Jünger darin? Sie waren nach Berufung und
Gaben Erste geworden. Der Herr hatte sie, die „weltlich
Armen, auserwählt, im Glauben reich zu sein". Aber
an ihnen war es, demütig und treu in dieser gesegneten
Stellung voranzugehen, um nicht durch Gleichgültigkeit
oder gar llberhebung ihre reichen Vorzüge einzubüßen und
praktisch wieder unter den Letzten zu sein.
Und auch wir, die wir dem Herrn angehören, erkauft
durch Sein Blut, sind zu „Ersten" geworden. Der Herr
hat, als Er uns vor die entscheidende Frage stellte, nicht
das buchstäbliche Aufgeben unserer „Habe" gefordert. Er
tut das nur da, wo sie ein unbedingtes Hindernis für die
Seele bildet, in Wahrheit zu Ihm, dem Fürsten des Lebens,
zu kommen. Im allgemeinen dürfen die, die Jesu
nachzufolgen begehren, behalten was sie besitzen, aber zu
dem Zweck, um es in einem Leben mit Ihm und in Seinem
Dienst zu verwenden. Innerlich müssen wir alles
neben Christo ausgeben. Die Liebe zu Welt, Reichtum und
Ehre darf neben Ihm keinen Platz in unserem Herzen
haben.
Laßt uns deshalb nicht unser Herz auf irdische Güter
setzen, seien sie groß oder klein! Wenn Gott sie uns ge
13Y
geben hat, so laßt uns sie als anvertraute „Pfunde" be­
trachten, die wir nutzbringend für unseren Herrn zu verwalten
haben! Laßt uns, die wir durch Jesu Blut so teuer
erkauft und „in Ihm in allem reich gemacht worden sind",
auf unserer Hut sein, nicht wieder die Dinge dieser Welt
in irgend einer Form liebzugewinnen, daß sie uns nicht
zum Fallstrick und zu einem unwiederbringlichen Verlust
für unseren inneren Menschen werden!
Bis Er uns rustl
Bei allem Segen, der uns hier beschicken,
Bleibt ungestillt ein sehnendes verlangen.
Seit uns ins Herz der Liebe Strahlen drangen,
Liegt unsrer Wünsche Ziel nicht mehr hienieden.
Bei allem Glück, das diese Lrde bietet,
Im Freundeskreis, inmitten unsrer Lieben,
Sind wir doch Fremde immer nur geblieben,
Die still zur Heimat ziehn, vom Herrn behütet.
Bei aller Huld, die wir so reich empfangen
Auf unserm Wege durch das Tal der Tränen,
Ward stärker nur des Herzens stilles Sehnen,
B e i I h m zu sein, der uns vorangegangen.
So harren wir, vom Geiste treu geleitet,
Bis Tr uns ruft, der unser wartet droben.
Und bald, verklärt zu Ihm emporgehoben,
Schaun wir das Teil, das Liebe uns bereitet!
H. B.
Kragen aus dem Leserkreise
s. — In l. Mose 32, 2H lesen wir, daß ein Mann mit
Jakob rang. Wie ist dieses Ringen zu verstehen? Handelt es sich
um einen leiblichen oder seelischen Kampf?
Ghne Zweifel deutet dis Schilderung auf einen leiblichen
Kampf hin. «Lin Mann rang mit Jakob, und dieser wandte alle
seine körperliche Kraft an, um in dem Kampf nicht zu unter
— 140 —
liegen, sodaß der „Mann" (wohl der Engel Jehovas in menschlicher
Gestalt) gezwungen war, Jakobs Hüftgelenk anzurühren
und ihn so körperlich kampfunfähig zu machen. Auch das
Wort Jakobs: „I ch lasse dich nicht l o s , du habest mich
denn gesegnet", läßt uns an einen leiblichen Kampf denken. Daß
Gott auf diesem Wege Seinem Knecht eine ernste geistliche Belehrung
geben wollte, und daß Jakob verstand, daß nicht ein
Mensch mit ihm rang, ist wohl selbstverständlich.
2. — Wie ist Luk. 2, 39 mit der Erzählung in Matth. 2
in Einklang zu bringen? Ist die allgemeine Annahme, daß der
Besuch der Magier unmittelbar nach der Geburt des Herrn erfolgt
sei, unrichtig?
In Luk. 2 wird uns berichtet, daß die Eltern des Kindleins,
nachdem die Tage der gesetzlichen Reinigung (3. Mose (2) für
Maria erfüllt waren, mit ihm nach Jerusalem hinanfzogen, um
es dort dem Herrn üarzustellen. Nachdem sie alles, was das Gesetz
gebot, erfüllt hatten, kehrten sie nach Galiläa zurück i n
ihre Stadt Nazareth.
In diese Zeit kann der Besuch der Magier in Bethlehem
nicht fallen, weil nach der Erzählung des Evangelisten Matthäus
in unmittelbarem Anschluß an die göttliche Weisung für die Magier,
nicht über Jerusalem, sondern auf einem anderen Wege in
ihr Land zurückzukehren, ein Engel des Herrn dem Joseph im
Traume erschien und ihm gebot, mit dem Kindlein und seiner
Mutter nach Ägypten zu fliehen. Wann wird der Besuch also
stattgefunden haben? In Luk. 2, Hs lesen wir, daß die Eltern
Jesu alljährlich am passahfest nach Jerusalem gingen. Daß
sie dabei auch dem nur zwei Wegstunden südlich von Jerusalem
entfernt liegenden Bethlehem, dem für sie so wichtig gewordenen
Grt, einen Besuch abgestattet haben, ist mehr als erklärlich. Gelegentlich
eines solchen Besuches, vielleicht ein Jahr später oder
mehr, wird wohl das Zusammentreffen mit den Magiern stattgefunden
haben. Diese kamen in das Hans, in welches die Eltern
mit dem Kinde eingekehrt waren, überbrachten ihre Gaben
und huldigten dem Kinde. (Matth. 2, ss.)
Das erklärt dann auch die Tatsache, daß Herodes, als er
sah, daß er von den Magiern hintcrgangen worden war, alle
Knaben von zwei Jahren und darunter, die in Bethlehem
waren, ermorden ließ. Hätte die Geburt des Herrn gerade
in jenen Tagen stattgefunden, so würde er das kaum getan haben,
wie grausam er auch gewesen sein mag. Beachten wir ferner,
daß im Matthäus-Evangelium einfach berichtet wird: „Als aber
Jesus zu Bethlehem geboren war in den Tagen Herodes', des
Königs, da kamen Magier vom Morgenlande". Also nach der
Geburt; wie lang nachher, wird nicht' gesagt.
Abjathar
li. Sam. 22, 20 -23.)
Die Geschichte Abjathars, so lieblich im Anfang, so
betrübend am Schluß, ist ein in mancher Beziehung belehrendes
Beispiel für uns. Er war ein Sohn Ahimelechs,
des Priesters aus dem Hause Elis, der zur Zeit Sauls
den Priesterdienst ausübte. Ahimelech wohnte in Nob, der
Priesterstadt. Zu ihm kam David auf seiner Flucht vor
Saul, dem von Israel erwählten König, dem Todfeinde
des Gesalbten Jehovas, und empfing von ihm Zehrung
nebst dem Schwerte des Philisters Goliath. Sobald Saul
durch den Edomiter Doeg, den Aufseher seiner Hirten,
der sich damals zurückgezogen vor Jehova in Nob aufhielt
(Kap. 2l, 7), davon hörte, ergrimmte er, ließ Ahimelech
mit dem ganzen priesterlichen Geschlecht zu sich
rufen und fragte ihn: „Warum habt ihr euch wider mich
verschworen, du und der Sohn Jsais, indem du ihm Brot
und ein Schwert gegeben und Gott für ihn befragt hast,
damit er als Laurer wider mich aufstehe?"
Ahimelech konnte wahrheitsgemäß darauf antworten,
daß er von der wirklichen Sachlage nichts gewußt
habe. Zugleich trat er warm für David ein, den Eidam
und Vertrauten des Königs, den treuesten unter allen
seinen Knechten, und schloß mit den Worten: „Nicht lege
der König seinem Knechte etwas zur Last, noch dem Hause
t.XXX 6
142
meines Vaters". Aber Saul, unter dem Einfluß seines
befleckten Gewissens, blind in seinem Haß gegen David,
wandte sein Ohr ab und befahl seinen Läufern, Ahimelech
mit dem ganzen Hause seines Vaters zu töten, weil auch
seine Hand mit David sei und er ihm nichts von dessen
Besuch in Nob mitgeteilt habe.
Die Läufer Sauls weigerten sich, ihre Hand gegen
die Priester Jehovas auszustrecken, aber Doeg, der Mann
aus dem Geschlechte Edomö, deö ständigen Widersachers
Israels, führte den Befehl des Königs mit brutaler Härle
aus. Weit über den Wortlaut desselben hinausgehend,
tötete er nicht nur Ahimelech und die 85 Priester, er
schlug auch Nob, die Priesterstadt, „mit der Schärfe des
Schwertes, vom Manne bis zum Weibe, vom Kinde bis
zum Säugling"; selbst Rinder, Esel und Kleinvieh ver­
schonte er nicht. Nicht nur unmündige Kinder, ganz und
gar unbeteiligte Wesen, sondern auch die unvernünftigen
Tiere fielen durch seine Mörderhand. Nur einem einzigen
Abkömmling deö priesterlichen Geschlechts, Abjathar, dem
Sohne Ahimelechs, gelang es zu entfliehen. Welche Gefühle
mögen das Herz dieses jungen Priesters auf der
Flucht bestürmt haben! Väter, Söhne, Weiber, Kinder —
alle grausam hingemordet! Und wohin sollte er fliehen,
wo Schutz finden?
Da konnte nur einer in Betracht kommen, ein Mann,
der zwar selbst gezwungen war, wie ein gejagtes Rebhuhn
auf den Bergen Zuflucht zu suchen, der aber, wenn auch
seinerseits wohl unverschuldet, die Ursache zu dem entsetzlichen
Blutbad in Nob geworden war — David, der
Mann nach dem Herzen Gottes. Und siehe da, Abjathar
„entfloh, David nach". Er hatte recht aus mehr als
— r43 —
einem Grunde. War David nicht der Gesalbte Jehovas,
der Träger göttlicher Verheißungen, der in Gottesfurcht
die Kämpfe Jehovas geführt hatte und sie weiterführen
würde? Hatte nicht er den Riesen Goliath erschlagen und
die Philister besiegt, und hatte nicht jeder Bedrängte und
jeder, der einen Gläubiger hatte oder erbitterten Gemütes
war, sich zu ihm versammelt? (Kap. 22, 2.) Alles das
war Abjathar bekannt, und so durfte er hoffen, bei dem
Sohne Jsais bereitwillige Aufnahme zu finden.
Abjathars Vertrauen wurde belohnt; er fand nicht
nur Zuflucht und Geborgensein bei David, sondern auch
einen Platz in den Reihen seiner Getreuen. Mit dem
„Sohne Jsais", wie Saul ihn verächtlich nannte, zog
er nun einher, seine Schmach, seine Entbehrungen teilend,
aber auch die Aussicht und Anwartschaft auf die reichen
Segnungen, die für David in naher Zukunft lagen.
„Bleibe bei mir, fürchte dich nicht; denn wer nach
meiner Seele trachtet, trachtet nach deiner Seele; denn bei
mir bist du wohlbewahrt." So lauteten die tröstlichen
Worte aus dem Munde seines neuen Herrn und Führers.
Wie Balsam flössen sie wohl in die bekümmerte, zerrissene
Seele Abjathars und weckten das volle Vertrauen
zu David, daß er ihm dauernd Zuneigung und Liebe bewahren
würde.
Wie erinnert uns diese liebevolle Aufnahme an das
Erbarmen eines Höheren als David! Unwillkürlich weist
sie uns hin auf unser eigenes „Einst und Jetzt", wie
auch auf alles das, was in Verbindung mit dem wahren
David im Schoße der Zukunft für uns verborgen liegt,
waö mit Ihm unser ewiges Teil sein wird. — Ja, Gnade,
bedingungslose, vollkommene Gnade ist uns zuteil ge
444
worden, als wir, der Macht des Feindes, dem Lande des
Todesschattens entfliehend, an dem Herzen unseres großen
Retters und Erbarmers Zuflucht suchten.
Wir haben gehört, waö für Leute es waren, die sich
in der Höhle Adullam um David scharten — wahrlich,
eine rühmlose, wenig begehrenswerte Gesellschaft. Aber
David „wurde ihr Oberster"! Das veränderte
alles. Er schämte sich ihrer nicht, seine Person deckte sie,
und sein Name gab ihnen Gepräge und Ansehen. Ist es
nicht genau so mit uns? Waö für Leute sammeln sich
um den wahren David? Mühselige und Beladene, Lahme
und Blinde, Arme und Schwache, Törichte, Verachtete
und Unedle der Welt. Und doch, wie bewertet der Herr
Jesus diese Schar? „Saul, Saul, was verfolgst du
mich?" ruft Er dem rasenden Verfolger der kleinen,
verachteten Herde zu. Was ihnen geschah, geschah Ihm,
waö man ihnen antat, tat man Ihm an. Und so ist es
heute noch. Er ist das Haupt, wir, die Gläubigen, sind
Sein Leib. Wer eines Seiner Glieder beschimpft oder
verfolgt, beschimpft und verfolgt Ihn. Ja, Er schämt
sich nicht, Seine schwachen und verachteten Jünger Seine
„Brüder" zu nennen.
Kostbare Wahrheit! Du darfst aus ihr entnehmen,
daß alles, waö du als Mitgenosse der himmlischen Berufung
um des Namens Jesu willen an Schmach und Leiden
erdulden magst, von Ihm mitgefühlt wird, daß Er
alles mit dir trägt. Er erquickt das Herz mit der Fülle
Seiner Tröstungen und hält den ewigen Zufluchtsort für
dich bereit. Niemand wird dich aus Seiner Hand, niemand
kann dich aus des Vaters Hand rauben. (Joh.
40, 28. 2Y.)
r4s
„Bleibe bei mir, fürchte dich nicht; denn wer nach
meiner Seele trachtet, trachtet nach deiner Seele; denn
bei mir bist du wohlbewahrt." Dieses Wort, das dein
David in unendlich höherer Bedeutung, als der Sohn
Jsais es seiner Zeit aussprechen konnte, dir in deiner Be-
kehrungöstunde zugerufen hat, behält und erweist stets
seine ewige Kraft und Gültigkeit. In voller Zuversicht
darfst du deshalb in der dunkelsten Stunde singen:
Leiner Rand entreißt mich nichts!
Wer will diesen Trost mir rauben?
Mein Erbarmer selbst verspricht's;
Sollt' ich Seinem Wort nicht glauben?
Schon bald nach seiner Aufnahme durch David hatte
Abjathar das Vorrecht, die Beschwerden und Nöte seines
neuen Herrn kennen zu lernen, auch an seinen Kämpfen
gegen die Feinde Jehovas teilzunehmen. Die Philister,
die Erbfeinde Israels, stritten wider Kehila und plünderten
die Tennen. Es wäre die Pflicht Sauls gewesen,
den Bewohnern Kehilas zu Hilfe zu kommen; aber er
kümmerte sich nicht um sie. Dagegen befragte David Jehova,
ob er gegen sie in den Kampf ziehen solle. Bereit,
für das Volk Jehovas einzutreten, erhielt er eine bejahende
Antwort. Nun aber versagten die Streiter Davids, die
Männer, die schon durch manchen Kampf, durch Mühen,
Drangsale und Entsagungen an ihren Führer gebunden
waren und mit ihm die Hilfe Gottes erfahren hatten.
Die Forderung, die an sie herantrat, war freilich nicht
leicht. Im eigenen Lande der bittersten Feindschaft und
Verfolgung von selten Sauls ausgesetzt, sollten sie nun
auch noch gegen die Schlachtreihen eines äußeren, kriegsgeübten
Feindes streiten. Dazu reichte ihr Glaube nicht
aus.
146
Doch David wankte nicht. Die Schwäche seiner Gefährten
veranlaßte ihn nur, nochmals Jehova zu befragen.
Nunmehr erhielt er die feste Zusage des Sieges über
die Philister, und seine Männer weigerten sich nicht länger,
ihm zu folgen. Abjathar durfte den Glauben Davids
sehen, aber auch den durch Gebet erflehten völligen Sieg
über die Feinde miterleben. David ist auch hier ein schwaches
Vorbild von Christo, der in und für uns tätig ist
in den Kämpfen mit Satan und seinen Heeren. Schwach
im Glauben ermatten wir leicht und werden mutlos, aber
Er bleibt stark, bittet für uns und verhilft uns zum Siege,
wenn wir, auf Ihn schauend, in Seiner Kraft kämpfen.
Er ist unser Führer, und ob wir schon lang in Verbindung
mit Ihm stehen, oder erst seit kurzem in die Schar
Seiner Streiter eingereiht sind, an dem Siege haben wir
alle teil, denn er wird nur in Seiner Kraft, nicht durch
unsere Fähigkeiten erstritten. So dürfen wir stets „mehr
als Überwinder sein durch Den, der uns geliebt hat".
(Röm. 8, 37.)
Jesu tjäude sind gehoben,
wer ist, der uns schaden kann?
Welch kostbare Wahrheit! Er, der die Welt überwunden
hat, verwendet sich allezeit für uns und ruft uns zu:
„Seid gutes Mutes!" (Joh. 16, 33.) Wer wollte uns
den Sieg streitig machen, wenn er uns von dem Sieger
selbst zuerkannt wird? Satan ist für den Glauben ein
überwundener Feind.
In 1. Sam. 23, 6 wird uns mitgeteilt, daß Abjathar
mit einem Ephod, dem Zeichen der priesterlichen
Würde, in seiner Hand zu David nach Kehila kam. Er
hatte es selbst nicht angelegt, sondern übergab es David,
147
der nunmehr mittels desselben Jehova befragt. (V. 10.)
Von neuem werden wir an den wahren David erinnert,
an den Sohn Gottes, der dem Fleische nach (wie David)
nicht dem priesterlichen Stamme Levi entsprossen ist,
aber ein ewiges Priestertum aus der Hand Gottes empfangen
hat und nun als der wahre Hohepriester „die
Urim und die Thum mim", Lichter und Vollkommenheiten,
in Seiner Verwaltung hat. (Vergl. 2. Mose 28, 30.)
So haben alle Mitteilungen der Schrift ihre tiefe Bedeutung,
nur sind wir oft so wenig fähig, sie aus der
Fülle der göttlichen Belehrung herauszuschöpfen.
Wir nahen jetzt der Glanzzeit des Königtums Davids,
als alle Feinde besiegt waren und der Name des
Königs, weit über die Grenzen seiner Herrschaft hinaus,
überaus geachtet und geehrt war. Abjathar diente in dieser
Blütezeit der Regierung Davids als Priester Jehovas
in Jerusalem. In der Zeit der Verwerfung teilte er
Schmach und Verachtung mit dem Sohne Jsais, litt in
allem, worin er litt (1. Kön. 2, 26), aber jetzt nahm
er teil an der Herrlichkeit seiner Herrschaft. Welch eine
Unterweisung für uns! Einst unbrauchbar zu jeglichem
Dienst für Gott, weil verloren, verstrickt in Sünden und
Übertretungen, jetzt, in der Zeit der Verwerfung, Jünger
Jesu mit priesterlichen Befugnissen, und bald bei Ihm
zu ewigem, glückseligem Dienen!
Während der Empörung Absaloms blieb Abjathar
in Jerusalem zur Hut der Lade Jehovas zurück, aber er
blieb zugleich in inniger Verbindung mit dem abwesenden
König. Mit Husai, Zadok und anderen Getreuen trug
er unter dem Segen und Beistand Jehovas zur Wiedererrichtung
des wankenden Königtums bei. Wieder ein Vor
148
bild von dem wahren David und uns, den Seinen, die,
räumlich getrennt von Ihm, nichtsdestoweniger das Zeugnis
in der Kraft von oben bewahren, bis Er, der Geliebte,
zurückkehrt, um sich nie wieder von uns zu trennen.
Als David alt geworden war, mußte er noch einmal
den Becher der Trübsal kosten. Adonija, wie Äbsalom,
der Empörer, ein Sohn aus der Verbindung mit Haggith,
der Tochter des Philisterkönigs von Gesur, ließ den Brand
der Empörung wieder auflodern. Sein Vater David hatte
ihn, solang er lebte, nicht betrübt, hatte niemals die Frage
an ihn gestellt: „Warum tust du also?" Aber in herausforderndem
Trotz sprach Adonija jetzt: „Ich will König
werden!" schaffte sich Wagen und Reiter an, und fünfzig
Mann, die vor ihm herliefen. Den schmachvollen Untergang
seines ihm innerlich und äußerlich so ähnlichen Bruders
Absalom völlig vergessend, meinte er wohl, daß seine
äußere Schönheit, die so nichtssagend war in den Augen
Gottes, ihm die Befähigung gebe, Nachfolger seines Va­
ters zu werden.
Damit kommen wir zu dem ernsten Abschluß der Geschichte
Abjathars. Wir lesen in 1. Kön. 1, 7: „Und Adonija
hatte Unterredungen mit Joab.. und mit Abjathar,
dem Priester; und sie halfen Adonija und folgten
ihm nach". Jadok, der Priester, aus dem Geschlecht
Eleasars, Benaja, Nathan, der Prophet, und die
Helden, welche David hatte, gingen nicht mit Adonija.
So standen die Männer des Aufruhrs und die Treuen und
Bewährten des Königs einander gegenüber. Und ach! unter
den ersteren fand sich Abjathar, der einst von David
in Liebe aufgenommene, dem Tode entronnene Flücht-
149
ling, der bisherige Gefährte deö Königs in bösen und guten
Tagen! — Hatte er die Worte seines Retters am Tage
der Not: „Bleibe bei mir, fürchte dich nicht; denn wer
nach meiner Seele trachtet, trachtet nach deiner Seele;
denn bei mir bist du wohlbewahrt" ganz und gar ver­
gessen?
Bedauernswerter Mann! Er hatte einen so guten
Anfang gemacht, auch die Fortsetzung war gut, aber er
harrte nicht aus bis ans Ende! Durch Untreue brachte
er sich um die höchsten irdischen Segnungen und mußte
aus dem Priesterdienst Jehovas verstoßen werden. Am
Ende unbewährt erfunden, eines Sinnes mit Joab, dem
Mörder Abners und Amasas, trotzdem er wußte, daß
Adonija nicht zum König bestimmt war — so schließt
seine einst so gesegnete Laufbahn! Er muß es mitanhören,
wie Jonathan, sein eigener Sohn, der einst mit ihm David
treu gedient hatte, die demütigende Kunde von dem
Mißlingen des Aufruhrs und der Salbung Salomos als
Nachfolger des Königs überbrachte. Erschrocken standen
alle Geladenen Adonijas auf und — gingen ein jeder
seines Weges. (1. Kön. 1, 49.) Die Anhänger Salomos
hatten nur einen Weg, den der Treue, der zum Frieden
und zur Herrlichkeit führte. O laßt es uns ihnen gleich
tun und mit Ausharren den Spuren des wahren Salomo
folgen! Bald wird Er Seine Herrschaft der Gerechtigkeit
und des Friedens antreten, an der auch wir dann reichen
Anteil haben sollen. Gott bewahre uns alle in Gnaden
davor, einem anderen Herrn, einem Fremden, nachzueilen!
Nachdem an Joab das Todesurteil vollstreckt worden
war, traf auch Abjathar bittere Strafe. „Und zu Abjathar,
dem Priester, sprach der König: Gehe nach Anathoth,
iso
auf deine Felder, denn du bist ein Mann des Todes; aber
an diesem Tage will ich dich nicht töten, weil du die Lade
des Herrn Jehova vor meinem Vater David getragen,
und weil du gelitten haft in allem, worin mein Vater gelitten
hat. Und so verstieß Salomo den Abjathar, daß er
nicht mehr Priester Jehovas wäre, um das Wort Jehovas
zu erfüllen, welches Er zu Silo über das Haus Elis
geredet hatte." (7. Kön. 2, 26. 27.)
Die letzten, auf das Haus Elis hindeutenden Worte
bedürfen noch einer kurzen Erklärung. Das Urteil Salomos,
der im Auftrage Jehovas handelte, stand in Übereinstimmung
mit dem Ausspruch Gottes über Eli und
sein Haus: „Siehe, Tage kommen, da werde ich deinen
Arm und den Arm des Hauses deines Vaters abhauen,
daß es keinen Greis mehr in deinem Hause geben wird...
Und aller Anwuchs deines Hauses, sie sollen als Männer
sterben." Abjathar war der letzte Priester aus dem Geschlecht
JthamarS, des Sohnes Aarons. Gott hatte sich
einen anderen, treuen Priester aus dem Geschlechte Elea-
sars erweckt, während den Nachkommen Elis nur untergeordnete
priesterliche Verrichtungen belassen bleiben sollten.
(Lies 7. Sam. 2, 37—36.)
Die Geschichte Abjathars ist eine ernste bildliche Erläuterung
zu den Worten des Apostels Paulus in 2. Tim.
2, 72. 73: „Wenn wir auöharren, so werden wir auch
mitherrschen; wenn wir verleugnen, so wird auch E r uns
verleugnen; wenn wir untreu sind — Er bleibt treu,
denn Er kann sich selbst nicht verleugne n".
Diese Worte werden zuweilen angeführt, als wenn sie
eine Ermunterung für uns enthielten. Sollten wir auch
— 151 —
untreu sein, so meint man, Gott bleibt treu. Er wird
uns nie aufgeben, nie verlassen. Aber nein, die Stelle
will keineswegs ermuntern. Im Gegenteil: Wenn
wir untreu sind und unsere eigenen Wege gehen, so
kann der heilige, stets sich selbst treu bleibende Gott
nicht mit uns gehen. Sein Angesicht ist dann wider
uns, und wir können den gerechten Folgen unserer Untreue
nur dadurch entgehen, daß wir in ernstem Selbstgericht
umkehren. Aber wer könnte die Größe der Verluste
ermessen, die solche Wege uns eintragen?
Unterredungen über den ersten Brief
an die Korinther
IV.
Kapitel 3
Im Gegensatz zu der wunderbaren Beschreibung, die
der Apostel von einem Christen macht, behandelt er nunmehr
eingehend den Zustand derer, an welche sein Brief
gerichtet ist. Zwei Dinge kennzeichneten die Korinther:
Erstlich waren sie fleischlich. Das will nicht sagen,
daß sie nicht Kinder Gottes waren. Der den Gedanken
Gottes völlig fremde Mensch wird nicht ein fleischlicher,
sondern ein natürlicher (eig. seelischer) Mensch genannt
(Kap. 2, 14), ein Mensch, der nur von seiner geschaffenen
Seele getrieben und durch seinen natürlichen
Willen geleitet wird, dem aber göttliches Leben und Gottes
Geist fehlen. Ein fleischlicher Mensch kann gläubig
sein, aber er trägt die Charakterzüge des Fleisches
(Röm. 7, 14), das den alten Menschen kennzeichnet, an
sich. Man könnte von einem Kinde Gottes nicht sagen,
rs2
daß es „im Fleische" ist; aber obwohl wiedergeboren,
kann der Gläubige, anstatt ein geistlicher Mensch zu
sein, die Züge des alten Menschen an sich tragen. Seine
Gedanken sind auf die Dinge der Erde gerichtet; er beurteilt,
wertet, versteht und übt diese Dinge aus, wie
die Menschen es tun.
Aus diesem Grunde mahnt Paulus: „Wandelt nicht
nach M en sch e n w e is e", und fragt: „Seid ihr nicht
menschlich (eig. Menschen)"? Habt ihr nicht dieselben
Grundsätze wie die Menschen? Niemals, es sei
denn in tadelnder Weise, werden die Christen mit diesem
Namen genannt, während er die Welt kennzeichnet: „Es
ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben". (Hebr.
y, 27.) Diese Welt besteht aus zwei Familien: der Familie
des Teufels, den Menschen, und der Familie
Gottes, den Heiligen. Ein Heiliger ist durch die Gnade
aus der Mitte der Menschen ausgesondert worden, um
Gott anzugehören, und so ist die ganze Familie Gottes
aus Heiligen zusammengesetzt. Mit diesem Namen werden
die Gläubigen im Neuen Testament stets bezeichnet.
Aber diese Heiligen können in fleischlicher Weise wandeln,
und die Korinther hätten sich tief demütigen sollen
bei dem Gedanken, daß sie als Erlöste wohl alle geistlichen
Segnungen ohne Vorbehalt empfangen hatten, sich
aber nicht als Heilige, sondern als Menschen betrugen.
In ihrem Wandel waren sie „Kindlein in Christo".
Ein Sünder ist in dem Augenblick, da er durch seine
Bekehrung zur Erkenntnis Gottes kommt, ein „Kindlein";
das ist sein regelrechter Zustand. Er kennt den Vater,
steht fortan in Verbindung mit Ihm, aber dieses
Kindlein ist berufen, zu wachsen und sich zu entwickeln.
— rsz —
Im Gegensatz dazu waren die Korinther bei den Anfangsgründen
der Erkenntnis Christi stehen geblieben. Sie
dachten, handelten, redeten wie Kinder. War das ein
wünschenswerter Zustand? Die Ordnung in der Natur
mag die Frage beantworten. Wenn ein Mensch in vorgerücktem
Alter die Liebhabereien, Beschäftigungen, die
Rede- und Handlungsweise eines kleinen Kindes hätte
und mit fünfzig Jahren das täte, was er im Alter von
drei Jahren tat, so würde man ihn mit Recht als schwachsinnig
betrachten. Ähnlich verhält es sich mit Kindern
Gottes, die keinerlei geistliche Fortschritte machen und sich
ihr ganzes Leben mit einem Christentum begnügen, das
nichts anderes kennt, als die Vergebung ihrer Sünden.
Im Hebräerbrief finden wir einen hiervon verschiedenen
Zustand. Die Hebräer waren, nachdem sie in der
Erkenntnis Christi Fortschritte gemacht hatten, zu dem
Zustand von kleinen Kindern zurückgekehrt und hatten
so die Fähigkeit verloren, auf höhere Wahrheiten einzugehen
(Hebr. 5, r2) — Greisen ähnlich, die in einen kindischen
Zustand verfallen, nachdem sie einst zur vollen
Entfaltung ihres Verstandes gelangt waren. Welche von
diesen beiden Klippen ist wohl die ernstere? Ich für mein
Teil möchte sie für gleich tadelnswert halten.
So war denn der Apostel genötigt gewesen, den
Korinthern nur sehr einfache Speise zu geben, er konnte
nur von Jesu Christo als gekreuzigt zu ihnen reden. Von
dem, was auf das Kreuz gefolgt ist, von der himmlischen
Herrlichkeit, in welcher der Herr sich jetzt befindet, oder
von ihnen in Ihm — von allen diesen Dingen konnte er
ihnen nichts sagen. Er war gezwungen, ihnen die einfachsten
Ansangsgründe des Christentums vorzutragen;
154
anders war es unmöglich, sie aus ihrer kindlichen Stel­
lung herauszuführen.
Ihr fleischlicher Zustand zeigte sich in ihren Spaltungen,
Sekten, Parteiungen und Streitigkeiten. Der eine
sagte: „Ich bin des Paulus", der andere: „Ich des Apollos",
Erscheinungen, die unter uns Christen von heute
allerdings noch viel häufiger vorkommen. Was bedeutet
aber diese Vorliebe für den oder jenen gelehrteren, redegewandteren,
gebildeteren Prediger anders, als daß man
„menschlich" ist? (V. 4.) Man urteilt in diesen Dingen
wie Menschen, wie die dem Geiste Gottes entfremdete
Welt. Man vergißt, daß Gott Seine Werkzeuge erwählt,
und daß wir sie nur als von Ihm kommend aufzunehmen
haben.
Der Apostel führt als belehrendes Beispiel das Verhalten
an, das Apollos und er selbst in der Mitte der
Korinther beobachtet hatten. (V. 5—8.) Sie waren Diener.
In Seinem Ackerfeld hatte Gott dem einen die
Arbeit des Pflanzens, dem anderen die des Begießens
gegeben; die Tätigkeit beider Männer hatte das gleiche
Ziel im Auge. Nur Einer konnte ihrer Arbeit Gedeihen
geben; weder Apollos noch Paulus war etwas, Gott allein
gab das Wachstum. Wenn die Knechte des Herrn meinen
etwas zu sein, so gehen sie des ganzen Wertes dessen
verlustig, waö Gott ihnen zu vollbringen gegeben hat.
Weiterhin zeigt der Apostel, daß ein jeder seinen
?ohn nach seiner eigenen Arbeit empfangen wird. Ein
Christ kann eine hervorragende Gabe empfangen haben,
aber er wird nicht nach dieser Gabe belohnt, sondern nach
der Art und Weise, wie er sich seiner Aufgabe entledigt,
nicht nach seinen Fähigkeiten, sondern „nach seiner eigenen
Arbeit". Gott allein gibt das Urteil darüber ab, und niemand
anders kann darüber urteilen.
Nach der Besprechung der Charakterzüge der Diener
Gottes sagt Paulus: „Denn wir sind Gottes Mitarbeiter;
Gottes Ackerfeld, Gottes Bau seid ihr". (V. 9.)
Er legt den Nachdruck auf das Wort Gott; denn alles
hängt von Ihm ab. Von dem Bild eines Ackerfeldes geht
der Apostel unmittelbar über zu dem Bild eines Gebäudes,
des Hauses Gottes. Damit kommen wir zu
dem, was den großen Gegenstand dieser Kapitel bildet,
zu der Ordnung und Einrichtung des Hauses Gottes.
Dieses Haus wird uns hier jedoch nicht als ein Bau dargestellt,
welcher wächst, bis der letzte Stein hinzugefügt
ist und er seine Vollendung in der Herrlichkeit erreicht
hat, sondern als das Haus Gottes, dessen Aufbau unserer
Verantwortlichkeit anvertraut worden ist. Tatsächlich
tragen wir eine Verantwortung hinsichtlich der Art
und Weise, wie wir an diesem Bau arbeiten, vor allem
jene, denen Gott eine besondere Tätigkeit bei dieser Arbeit
übertragen hat. Es gibt nur eine Grundlage: Christus.
Paulus hatte als ein weiser Baumeister den Grund gelegt;
aber dann beruft Gott Seine Arbeiter, um den Bau
Seines Hauses auf dieser Grundlage weiterzuführen. Wir
finden hier zwei Klassen von Arbeitern. Die erste baut
auf den Grund Gold, Silber, köstliche Steine. Wir
können darunter ebensowohl Lehren verstehen, welche zum
Bau des Hauses Gottes beigetragen werden, als auch
gleichzeitig Personen, die mittels dieser Lehren herangebildet
und durch den Dienst der Arbeiter des Herrn hinzugefügt
werden.
Die einen bringen Gold herbei. Im Worte Gottes
— 156 —
ist das Gold stets das Symbol der göttlichen Gerechtigkeit.
ES ist von überaus großer Wichtigkeit, den Seelen
vorzustellen, daß es in dem sündigen Menschen gar keine
Gerechtigkeit gibt, und daß Gott allein durch Seine eigene
Gerechtigkeit rechtfertigt. Andere bringen Silber herbei.
Das Silber stellt einerseits das Wort, anderseits die Weisheit
Gottes dar, zwei Dinge, die nicht voneinander zu
trennen sind. Wer die Menschen auf das Wort Gottes
gründet, verrichtet eine gute Arbeit. Die so Belehrten denken
nicht mehr daran, sich auf menschliche Weisheit zu
stützen, sondern wenden sich zu dem Worte Gottes und
empfangen von ihm allein die Wahrheiten, deren sie bedürfen.
Die köstlichen Steine sind ein Bild der zukünftigen
Herrlichkeiten. Wenn die Menschen durch die Arbeiter
des Herrn mit den ihnen aufbewahrten Herrlichkeiten
beschäftigt werden, sie, die aus dem Staube der
Erde entrückt sind, um das zu suchen, was droben ist,
wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes, so werden
ihre Seelen befestigt und auf diese Weise vor der
Berührung mit dem Bösen bewahrt werden.
Leider gibt es auch andere Baustoffe: Holz, Heu,
Stroh. Diese Stoffe können durch das Feuer zerstört werden,
die einen schneller, die anderen weniger schnell, aber
schließlich wird alles ein Raub der Flammen. Wenn ein
Diener Gottes, anstatt die Seelen mit Gott in Verbindung
zu bringen, sie seiner Autorität dienstbar macht,
oder sie unter das Joch des Gesetzes stellt als eines Mittels,
die Gunst Gottes zu erwerben; wenn er ihnen Heiligung
des Fleisches verspricht, oder ihnen sagt, es liege
nur an ihrem Wollen, Rettung und Heiligkeit zu erlangen
— Lehren, die heutzutage weit verbreitet sind — so
— 157 —
heißt das nichts anderes als Holz, Heu und Stroh zum
Bau deö Hauses Gottes beitragen. Wieviele Seelen, die
durch solche Lehren in das Haus Gottes eingeführt wurden,
besitzen nicht einmal einen Funken göttlichen Lebens!
An dem Tage aber, da das Gericht über dieses Haus hereinbricht,
wird alles, was Wert hat, dem Feuer widerstehen,
während alles übrige restlos von ihm verzehrt
werden wird.
Man findet hier gute Arbeiter, die gute Arbeit leisten,
und andere — auch wirkliche Arbeiter, denen man
überall in großer Zahl begegnet — die schlechte Arbeit
tun, weil sie meinen, mit schlechten Stoffen gute Ergebnisse
erzielen zu können. Sie werden solcher Arbeit wegen
nicht verloren gehen, aber wenn einmal ihr Haus
zu brennen beginnt, wird ihnen nichts anderes übrigbleiben,
als die Flucht zu ergreifen. Es wird ihnen ähnlich
ergehen wie dem gerechten Lot: sie werden wie durch
Feuer hindurch gerettet werden.
O wenn doch alle, die der Herr in Seine Arbeit berufen
hat, sich davor hüten wollten, etwas anderes in
das Haus Gottes einzuführen als Seelen, die auf göttliche
Grundsätze, nicht auf die Grundsätze der Menschen
aufgebaut sind! Laßt uns den Obersten der Stämme Israels
nachahmen, die zum Bau des Tempels freiwillig
fünftausend Talente Gold, zehntausend Talente Silber
und so viele Edelsteine beitrugen, wie sie nur zusammenbringen
konnten! (1. Chrom 29, 6—9.)
In den Versen 1b und 17 finden wir noch eine
dritte Klasse von Arbeitern, die einem schrecklichen Los
entgegengeht. Es gibt in dem großen Hause, zu dem die
Christenheit geworden ist, Leute, welche verderbliche Leh
458
ren einführen, die göttliche Eingebung der Heiligen Schriften
und die Heiligkeit und Göttlichkeit der Person Christi
angreifen, das Dasein Satans leugnen und eine Allversöhnung
predigen, die das Kreuz des Erlösers zunichte
macht. Ich möchte nicht den Versuch machen, eine Liste
dieser abscheulichen Irrtümer aufzustellen, aber ich frage:
Was wird das Los derer sein, die solche Lehren in
der Kirche verbreiten? Der Apostel sagt: „Wisset ihr nicht,
daß ihr Gottes Tempel seid, und daß der Geist Gottes in
(od. unter) euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes
verdirbt, den wird Gott verderben; denn der
Tempel Gottes ist heilig, und solche seid ihr." Diese in unseren
Tagen weit verbreiteten Lehren sind Zeichen des Endes,
sind der Beweis, daß wir schnell dem schließlichen Abfall
entgegengehen. Wenn der Tag des Gerichts anbricht,
wird er mit einem Schlage all dieses Böse vernichten
samt denjenigen, welche durch ihre Unterweisungen dahin
gewirkt haben, den Tempel Gottes zu verderben.
Schließlich kommt der Apostel noch einmal (V. 48
bis 22) auf die Gefahr zurück, welche die Korinther dadurch
liefen, daß sie die Weisheit der Menschen hochschätzten.
Er führt Hiob 5, 43 an, um zu zeigen, daß
all diese Weisheit zu keinem Ergebnis führen kann: Gott
„erhascht die Weisen in ihrer List". Ihre Weisheit ist
eine Schlinge, in welcher sie sich selbst fangen, und in der
Gott sie verwirrt. Sie maßen sich an, Licht zu besitzen,
und dieses Licht ist nur Finsternis, weise zu sein, und ihre
Weisheit ist nur Torheit, während die Armen, die Elenden,
die Niedriggesinnten errettet, erhöht und für immerdar
mit Königen auf den Thron gesetzt werden. (Hiob
3b, 7.) Der Apostel führt auch noch Psalm 94, 44 an,
— 459 —
um zu zeigen, daß „Gott die Überlegungen der Weisen
kennt, daß sie eitel sind". Wollen wir dem widersprechen,
was Gott kennt und uns ankündigt? Stellen wir
uns denn auf Gottes Seite und rühmen wir uns nicht
der Menschen, selbst nicht eines Paulus oder Apollos
oder Kephas! Gott hat sie uns gegeben, damit sie miteinander
Seine Weisheit und Wahrheit aufrecht halten
möchten. Sie sind nur ein Mittel, um uns von Christo
allein abhängig zu machen, und Christus führt uns zu
Gott. Alles andere: Welt, Leben, Tod, Gegenwärtiges
oder Zukünftiges, alles gehört uns, weil wir Christi sind,
dem Gott alle Dinge unterworfen hat.
„Denn anders"
Vor längerer Zeit fragte ein Leser des „Botschafter"
an, ob es nicht nützlich sein könnte, über den im Neuen
Testament häufiger vorkommenden Ausdruck „wenn anders"
einen kurzen Aufsatz zu schreiben, da jenes Wort
in den verschiedenen Beziehungen, in denen es stehe, stets
einen ernsten Prüfstein bilde im Blick auf die jeweiligen
Gegenstände, mit denen es in Verbindung gebracht erscheine:
Röm. 8, y. 47; 2. Kor. 5, 2. 3; Eph. 4, 20.
24; Kol. 4, 23; Hebr. 3, 6; 4. Petr. 2, 3.
Beschäftigen wir uns denn, der Anregung folgend,
einen Augenblick mit den genannten Stellen. Von vornherein
sei indes betont, daß die Meinung, diese Stellen
bildeten alle einen ernsten Prüfstein, je nach den behandelten
Gegenständen, wohl nicht ganz zutrifft. Verschiedentlich
leitet das „wenn anders" nicht einen Bedingungssatz
ein, der das Vorhergehende unter Umftän-
— rbo —
den als fraglich hinstellen würde, sondern weist auf unumstößliche
Tatsachen, auf göttlich festgestellte Verhältnisse
oder Beziehungen hin, sodaß der Vordersatz, anstatt
durch das Folgende in seiner Bedeutung geschwächt zu
werden, vielmehr dadurch begründet wird.
Wenn der Apostel Paulus z. B. in Eph. 4, 20. 24
schreibt: „Ihr aber habt den Christus nicht also gelernt,
wenn anders ihr Ihn gehört habt und in Ihm gelehrt
worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist", so
will er weder das Gehörthaben in Frage ziehen, noch die
Möglichkeit andeuten, daß die Epheser „den Christus nicht
also gelernt hätten", sondern im Gegenteil beides als
wahr und feststehend bezeichnen: so gewiß sie Ihn gehört
hatten und über die Wahrheit, wie sie in dem Jesus ist,
belehrt worden waren, so gewiß waren sie berufen, fortan
nicht mehr zu wandeln wie die übrigen Nationen, aus
deren Mitte sie herausgeführt worden waren (V. 47),
so gewiß hatten sie auch „den alten Menschen abgelegt
und den neuen angezogen, der nach Gott geschaffen ist
in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit". (V. 22
bis 24.) Von V. 25 an zieht der Apostel dann aus dieser
Tatsache die Folgerungen: „Deshalb redet Wahrheit
usw."
Einem ähnlichen Gedanken begegnen wir schon im
Z. Kapitel desselben Briefes: „wenn anders ihr gehört
habt". Die Epheser hatten von der Verwaltung
der Gnade Gottes, die dem Apostel in bezug auf sie gegeben
worden war, gehört, hatten sein Verständnis
in dem Geheimnis des Christus usw. erkannt. (V. 4—4.)
Aus diesem Grunde war Paulus ja der Gefangene Christi
Jesu für sie, die Nationen, und deshalb hatte seine Er
Mahnung für sie eine solch tiefe Bedeutung, eine solch
zwingende Kraft. (Vergl. Kap. 4, 1..) Hierher gehören
auch — außer 4. Kor. 8, S und 2. Thess. 4, b, Stellen,
die dem Verständnis des Lesers keine Schwierigkeiten bereiten
dürsten — die von dem Fragesteller angeführten
Verse aus Röm. 8. Dort heißt es zunächst in Vers 9:
„Ihr aber seid nicht im Fleische, sondern im Geiste, wenn
anders Gottes Geist in euch wohnt". Der Apostel
wollte keineswegs die Gläubigen in Rom durch seine
Worte veranlassen, sich zu prüfen, ob wohl Gottes Geist
in ihnen wohne. Sie wußten sehr wohl, daß sie den Heiligen
Geist empfangen hatten, und so benutzt Paulus diese
Tatsache gerade als Beweis für die andere, daß sie nicht
mehr „im Fleische", d. h. Menschen in dem ersten Adam
waren, sondern „im Geiste", Menschen in Christo, dem
letzten Adam. Darum fügt er auch alsbald hinzu: „Wenn
aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht
S e i n".
Ähnlich ist es mit dem 47. Verse des gleichen Kapitels:
„Wenn aber Kinder, so auch Erben — Erben
Gottes und Miterben Christi, wenn anders wir mitleiden,
auf daß wir auch mitverherrlicht werden". Beachten
wir, daß der Apostel nicht sagt: wenn anders wir
für Christum leiden. Das wird zuweilen übersehen. F ü r
Christum zu leiden ist nicht das Teil aller Gläubigen;
manche kommen kaum in die Lage, für ihren Heiland
Schmach oder gar Verfolgung zu erdulden. Diese Art
Leiden sind ein Vorrecht, ein Geschenk. (Phil. 4, 29.)
Aber das „Mitleiden" ist das Teil aller Gläubigen,
sodaß man sagen kann: wer nicht mit Christo leidet, ist
kein wahrer Christ, besitzt nicht die neue Natur, die in
— rs2 —
einer Welt der Sünde und deren schrecklichen Folgen sich
nicht wohlfühlen kann. Diese neue Natur wird durch all
das Böse, das sie um sich her sieht und hört, aufs schmerzlichste
berührt, sie leidet unter dem Unglauben, der Feindschaft
der Welt usw., wie Christus während Seines Wandelns
hienieden darunter gelitten hat, selbstverständlich
nicht in derselben Stärke wie Er, aber in der gleichen Art.
Alle, die so „m i t leiden", werden auch „m i t verherrlicht
werden". Alle anderen liefern den Beweis, daß sie nicht
des Christus sind, also auch nicht mit Ihm teilhaben werden
am Tage Seiner Herrlichkeit.
In t. Petr. 2, 'l—3 ermahnt der Schreiber die
Gläubigen aus den Juden, alle Bosheit, allen Trug usw.
abzulegen und wie neugeborene Kindlein nach der unverfälschten
Milch des Wortes Gottes begierig zu sein, um
durch dieselbe zu wachsen zur Errettung, und schließt
dann mit den Worten: „wenn anders ihr geschmeckt
habt, daß der Herr gütig ist". Hatten sie das nicht geschmeckt?
Ja, ganz gewiß, sie waren vom Berge Sinai
zum Berge Zion geführt worden, von Jehova, dem heiligen
Gott, und den unverbrüchlichen Forderungen Seines
Gesetzes zu dem Herrn, der den ganzen Reichtum Seiner
Güte ihnen zu schmecken gegeben hatte. Und weil
das so war, weil sie Kinder dieses großen Gottes der
Liebe geworden waren, durften und sollten sie nun auch
fleißig Gebrauch machen von der einzig passenden Speise,
die ihr himmlischer Vater für sie bestimmt hatte. So
würden sie der Errettung entgegenwachsen, die am
Ende ihres Weges für sie bereit lag. (Vergl. Kap. t,
S. y.) Unter dem Gesetz gab es kein Wachstum, aber
unter der Gnade war es anders geworden. Glücklich dar
— 163 —
um ein jeder von ihnen, der der Ermahnung des Apostels
Gehör gab, glücklich ein jeder von uns, der ihr heute
folgt! In den Geboten seines gütigen Herrn wandelnd
und so in dem Genuß Seiner Liebe bleibend, wird er
wachsen und gedeihen, und also wird ihm „reichlich dargereicht
werden der Eingang in das ewige Reich unseres
Herrn und Heilandes Jesus Christus". (2. Petr, 1, 11.)
Wenn wir jetzt zu der zweiten Klasse unserer Stellen
übergehen, wird uns sofort der grundsätzliche Unterschied
auffallen, der zwischen den beiden besteht. Da ist zunächst
2. Kor. 5, 2. 3: „Denn in diesem freilich seufzen wir,
uns sehnend, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel
ist, überkleidet zu werden; so wir anders, wenn
wir auch bekleidet sind, nicht nackt erfunden werden".
Hier leitet das „so wir anders" eine ernste Bedingung
ein. Wenn jemand, der sich Christ nennt und zu den
Christen gezählt wird (daß der Apostel befürchtete, es
gebe schon in Korinth solche bloßen Bekenner, geht aus
dem 10. Kapitel des ersten Briefes klar hervor), bei der
Ankunft des Herrn „n a ck t", d. h. ohne Leben aus Gott,
ohne das Kleid der Gerechtigkeit (vergl. Offbg. 16, 15),
erfunden wird, so wird er, obwohl er noch bekleidet,
d. h. in diesem Leibe ist, nicht mit der Behausung aus
dem Himmel überkleidet werden. — Ich folge hier
der, wie mir scheint, einzig möglichen, wenn auch nicht
allgemein angenommenen Auffassung dieser Stelle.
Welch eine ernste Warnung für alle, die sich Christen
nennen!
Zu Kol. 1, 23 übergehend, begegnen wir einer ähnlichen
Wahrheit. Der Apostel redet an dieser Stelle von
— rb4 —
der kostbaren Tatsache, daß die Gläubigen in Kolossä
durch den Tod Christi versöhnt worden waren, um nun
„heilig und tadellos und unsträflich vor Gott zu stehen",
und fügt dann einschränkend hinzu: „wenn anders
ihr in dem Glauben gegründet und fest bleibet und nicht
abbewegt werdet von der Hoffnung des Evangeliums,
welches ihr gehört habt". Er stellt sie damit, wie das
Wort Gottes es immer tut, unter die ernste Verantwortlichkeit,
bis ans Ende auszuharren. Die Frage der Errettung
hat, wie schon so oft betont wurde, zwei Seiten, eine
göttliche und eine menschliche. Auf feiten Gottes ist alles
vollkommen und sicher, da gibt es kein „Wenn", keine
Möglichkeit, daß Sein Werk zugrunde gehe, daß Er
eines Seiner teuer Erkauften verlieren könnte. Niemand
und nichts kann sie aus Seiner Hand rauben. Sobald
aber die menschliche Seite in Frage kommt, begegnen wir
immer einem ernsten „Wenn". „Wenn jemand sich zurückzieht,
so wird meine Seele kein Wohlgefallen an ihm
haben." — „Wenn ihr nach dem Fleische wandelt, so
werdet ihr sterben." Oder: „Wer ausharrt bis ans Ende,
dieser wird errettet werden." — „W e r überwindet,
wird dieses ererben" usw. Wie könnte es auch anders
sein! Gott wird alle, die Sein sind, sicher ans Ziel bringen.
Aber auf uns, die wir bekennen, an Christum zu
glauben, ruht stets die Verantwortlichkeit, die Zeit
unserer Fremdlingschaft in Furcht zu wandeln. Was
bleibt für einen Menschen, der den Pfad des Glaubens
verläßt und die Hoffnung des Evangeliums aufgibt, anders
übrig, als ein gewisses furchtvolles Erwarten des
Gerichts? Ein anderes Schlachtopfer für Sünden, außer
dem Opfer Jesu Christi, gibt es nicht. Wer also diesem
— rs5 —
Opfer den Rücken wendet, muß dem Gericht Gottes an-
heimfallen. (Vergl. Hebr. 10, 26—3t.)
In Hebr. 3, 6 werden die gläubigen Hebräer im Anschluß
an alttestamentliche Dinge belehrt, daß sie, die
durch den Glauben Geheiligten, das Haus des Sohnes
Gottes bildeten. So wie Moses in dem Hause Gottes in
der Wüste treu gewesen war als Diener, so war es
nunmehr Christus als Sohn über Sein Haus — „dessen
Haus w i r sind, wenn ander 6 wir die Freimütigkeit
und den Ruhm der Hoffnung bis zum Ende standhaft
festhalten". Wenn die Schwierigkeiten und Prüfungen
auf dem Wege der Christen sich häufen, wenn Anfechtungen
von innen und außen die Seele auf die Probe
stellen, dann scheidet sich das Unechte von dem Echten.
Dieselben Dinge, welche von den wahren Gläubigen
schmerzlich empfunden werden, vielleicht ihnen selbst Schaden
zufügen, zugleich aber auch zu ihrer Bewährung dienen,
gereichen den bloßen Bekennern zum Verderben. Sie
halten die Freimütigkeit und den Ruhm der Hoffnung,
von denen sie gehört haben, die sie gar mit den anderen
zu haben bekennen, aber nicht wirklich besitzen, nicht bis
zum Ende standhaft fest. Sie bekennen zwar „Genossen
des Christus" *) zu sein (V. 1.4), bewähren sich
aber nicht als solche. Der Beweis, daß sie Christi Genossen
sind, der eben in dem standhaften Festhalten des Anfangs
der Zuversicht, in dem Ausharren bis ans Ende
liegt, wird nicht von ihnen erbracht.
*) Der Ausdruck ist wohl Psalm qs, ? entlehnt.
Die zuletzt betrachteten Stellen haben also nicht den
Zweck, in einer aufrichtig gläubigen Seele Fragen darüber
zu erwecken, ob das Heil, das sie in Christo ergriffen
— :6b —
hat, auch vollgültig ist, ob ihre Errettung doch nicht vielleicht
zweifelhaft sein und sie am Ende noch verloren
gehen könnte; sie wollen auch nicht vor der Gefahr warnen,
in der auf Christum und Sein Werk gegründeten
Freimütigkeit des Glaubens und in der Hoffnung auf
die zukünftige Herrlichkeit zu sicher zu sein. Sie wollen
im Gegenteil die gläubige Seele zu dem Vollgenuß all
der kostbaren Güter, die in Christo ihr ewiges Teil sind,
ermuntern, aber sie auch auf die Hut stellen vor den Einflüssen
von innen und außen, die ihr diesen Genuß schmälern
oder gar rauben möchten.
Wir wollen deshalb neben der Ermunterung, welche
die betrachteten Stellen für uns enthalten, auch mit allem
Ernst auf die Mahnungen und Warnungen achten, die
in den verschiedenen „wenn anders" für uns liegen; dabei
jedoch nicht außer acht lassen, daß die inspirierten
Schreiber in besonderer Weise an solche Seelen gedacht
haben, die in der furchtbaren Gefahr standen, sich selbst
zu betrügen, indem sie meinten und bekannten,
alle jene christlichen Vorrechte und Segnungen zu besitzen,
ohne jemals in wahrer Umkehr und Buße Vergebung
ihrer Sünden und Leben aus Gott empfangen zu haben.
Der Herr wird niemals eine einfältige, aufrichtige Seele
durch Hinweise auf ihre Schwachheit und ihr vieles Iu-
kurzkommen in Verwirrung bringen, sie, die ohnehin schon
ängstlich ist, noch ängstlicher machen; für eine solche Seele
hat Er nur Worte des Trostes und der Ermunterung.
Er will, daß wir in Freimütigkeit die kostbaren Dinge
genießen, die uns von Gott geschenkt sind, bewahre uns
aber in Gnaden vor jeder Sorglosigkeit!
rb7
Lindersegen
Im Familienhaus eines großen Fabrikdorfes war
es. Fünfzig Familien wohnten in fünfzig numerierten
Räumen. Ich hatte so ziemlich alle Nummern im Laufe
der Zeit durchgearbeitet, außer Nr. 4.
„Wer wohnt in dieser Stube?" fragte ich einmal
eine Arbeiterfrau.
„Da? O, das ist etwas Apartes; aber sie läßt es
uns nicht fühlen. Sie ist ganz gemeinschaftlich mit uns,
arbeitet mit uns, lacht mit uns. Aber — wir dürfen kein
schlechtes Wort sagen, dann kriegen wir eine Predigt."
Als ich eines Tageö aus Nr. 45 die zwei Treppen
hinunterstieg, stand eine Frau an der untersten Stufe und
wartete, eine schlichte Frau mit braunem Scheitel und
Augen, die so leuchtend und fröhlich blickten, daß es mir
sofort auffiel.
Nun, sie nötigte mich in Nr. 4. Dort lag ihr sechzehnjähriger
Sohn aus sauberem Lager mit Halsschmerzen
und leichtem Fieber. Als ich eintrat, wurde ich mit
Handschlag von einer großen Kinderschar begrüßt. Ich
zählte: Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht!
„Aber, Frau L., lassen Sie doch die fremden Kinder hinaus!
Was sollen die hier?" so redete ich sie an.
„Fremde Kinder? — Meine Kinder!" — Sie
strahlte ordentlich vor Freude. — „Meine Kinder sind
es alle. Was glauben Sie wohl, die sind mir nicht im
Wege; die hat mir Gott alle geschenkt, und nicht eins von
ihnen möchte ich hinaustun!" — Dabei streckte sie die
168
Arme aus, und die Kleinsten von ihnen liefen jauchzend
hinein in die weitgeöffneten Mutterarme. Im Nu folgten
die Großen; alle acht schmiegten sich an die Mutter, jubelten,
strahlten und riefen: „Mutter, Mutter!"
„Sehen Sie", sie mußte sich ernstlich halten, „so
lieb haben wir uns, und wo eins ist, will auch das andere
sein!"
Das Bild war zu anmutig. Auch der kranke Junge
sah mit sehnsüchtigen Augen auf die liebliche Gruppe.
Ich trat jetzt zu ihm; zugleich legte die Mutter ihre
kühle Hand auf seine brennende Stirn. „Mein Wilhelm,
mein lieber Wilhelm", sagte sie zärtlich.
„Wilhelm ist der eigentliche Erzieher der Kleinen",
fügte sie, zu mir gewandt, hinzu. „Oftmals muß ich einen
Tag auf Arbeit gehen, dann hütet er die Kinder. Und
wie hütet er sie! Das sollten Sie einmal sehen! Sie fol­
gen ihm aufs Wort und hängen mit großer Liebe an ihm."
Stolz sah die Mutter den Knaben an. Der schlang
seine Arme um der Mutter Hals. „Du unsere beste
Mutter!" flüsterte er.
„Sind die Kinder Ihnen nicht manchmal doch zuviel?"
fragte ich.
Hoch richtete sie sich auf und sah mich mit leuchtenden
Augen an. „Wissen Sie nicht, daß Kinder eine Gabe
Gottes sind und ein Segen in der Ehe?" sagte sie schlicht
und einfach. „So fasse ich es auf, und keines von ihnen
darf verlorengehen; alle möchte ich sie einmal nach diesem
Leben Gott darbringen als reife Garben für Seine himmlischen
Scheuern!" L.
Aus: „Für Herz und Haus."
Ser Stein
Die Zeiten, in denen wir leben, sind schwer und ernst.
Aber mögen auch trübe, dunkle Wolken um uns her hangen,
mögen unsere Herzen von den großen Schwierigkeiten
und Nöten oft bang und ängstlich werden wollen,
es bleibt uns doch stets die Gewißheit, daß wir einen
Herrn haben, der durchhilft. Wie gut wäre es, wenn
§wir uns öfter und inniger mit Ihm beschäftigten und
still zu Seinen Füßen säßen! Es sind köstliche Stunden,
die wir so mit Ihm allein verbringen. Seine Liebe
wird uns dann wertvoller, und Er kann sich selbst
uns offenbar machen. (Joh. 44, 24.) In solchen Stunden
verschwinden die Wolken der Sorge; der Blick erhebt
sich über das Irdische, und wir schauen Jesum in
Seiner wunderbaren Schönheit und vollkommenen Liebe.
Die Tür zu unserem Herzen steht weit für Ihn offen,
sodaß Er die Seele mit Frieden und Freude zu füllen
vermag; und Er tut es so gern!
Unter vielen anderen Namen und Titeln trägt unser
Herr auch den eines Steines. Er ist der Stein,
so wie Er der Weg, d i e Tür, das Leben usw. ist. Jeder
Name offenbart uns besondere Schönheiten und Vollkommenheiten
in Ihm, und unter welchem Gesichtspunkt
wir Ihn betrachten mögen — wir werden immer Ursache
zur Freude und Anbetung finden. So wird es auch sein,
wenn wir uns heute ein wenig mit Ihm als dem „Stein^'
beschäftigen.
— 170 —
Wir müssen ein wenig ausholen, um uns die Bedeutung
dieses Bildes klarzumachen. In den Stellen des
Alten Testaments, die von dem Steine sprechen,
handelt es sich um Verheißungen Gottes und um Wege
der göttlichen Regierung, die Israel betreffen und uns
den Herrn in Verbindung mit diesem Seinem irdischen
Volke zeigen.
In diesen Regierungswegen Gottes spielen zwei Tatsachen
eine bedeutsame Rolle: erstens die Verleihung des
Erstgeburtsrechtes an Joseph (anstelle Rubens) und zweitens
die Erwählung Judas zum königlichen Stamm.
(Vergl. 1. Chron. S, 1. 2.) Joseph hatte einen Vorzug
vor seinen Brüdern, ein doppeltes Erbteil. Auch stand
die Stiftshütte zu Silo, in seinem Gebiet. Aber das Zelt
Josephs wurde verworfen, und dec Stamm Juda erwählt.
(Ps. 78, 60—72.) David, der erste König Israels
nach dem Herzen Gottes, kam aus Juda. Aber
auch in seinem Hause wurde Untreue gefunden, wie zuvor
in Silo. Schon unter Rehabeam, dem Enkel Davids,
zerfiel das Reich in zwei Bruchstücke. Von nun
an gab es zwei Häuser Israel (Jes. 8, 14), Juda und
die zehn Stämme, letztere teils „Ephraim", teils „Israel"
genannt. Beide Reiche gerieten ob der Untreue ihrer
Könige in Verfall, und Ephraim wie Juda wurden in
die Gefangenschaft geführt.
Fürwahr, ein trauriges Ende! Dennoch waren die
Segnungen, die Gott Seinem Volke gegeben hatte, nicht
verloren. Die Gnadengaben Gottes waren und sind unbereubar.
Mochte Israel treulos sein — die Verheißungen
Gottes würden sich erfüllen. Und sie haben sich erfüllt
und erfüllen sich in Seinem geliebten Sohne. Mün
— 474 —
den einerseits alle Wege Gottes mit Israel in Ihm, der
in Seinem Friedensreich die beiden Häuser dereinst wieder
vereinen wird, so weisen anderseits auch alle Verheißungen,
die den einzelnen Stämmen zugerechnet werden,
im Vorbild auf Seine Person. Er ist nach 7. Mose 49
Schilo, der Ruhebringende, und der Hirte Israels. Zugleich
ist Er der Stein Israels, die Grundlage jeder
Segnung. (V. 24.) Wir begegnen hier zum erstenmal
in der Schrift dem Bilde des Steines als einem
Hinweis auf Christum. Es findet sich in dem Segen I o -
sephs. Vergleichen wir damit die Verheißung in Zes.
28, 4b, so erscheint derselbe Stein, der kostbare Eckstein,
in Zion gelegt, dem Sitz der Gnade und Macht im
Stamme Juda. Dic Segnungen Josephs und Judas
greifen damit ineinander über, sie vereinen sich in Christo.
Auf Ihm, dem Stein Israels, bauen sich alle Segnungen
der Gnade und Macht auf. Noch mehr als das: Die
Person des Herrn und Sein Werk bilden die Grundlage
alles dessen, was Gott für den Menschen getan hat und
noch tun wird. In Ihm und mit Ihm werden alle
gesegnet, die an Seinen Namen glauben.
Das Matthäusevangelium führt den Herrn Jesus
als den Messias ein, der kam, um alle Verheißungen, die
Israel gegeben waren, zu erfüllen. Er erschien auf dieser
Erde, um Sein Volk zu erretten von allen ihren Sünden.
(Kap. 4, 24.) Die beiden Häuser werden wieder
als ein einziges betrachtet. Sobald der wahre Erbe des
Thrones Davids erschien, war in Seiner Person die Trennung,
die Juda von den zehn Stämmen schied, gleichsam
aufgehoben. Er war der Führer, derIsrael, Sein
ganzes Volk, weiden sollte. (Vergl. Kap. 2, 6.) Er war
— 172 —
gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
(Kap. 15, 24.) Er war der Stein Israels,
der bewährte Stein (Jes. 28, 1b), der nicht in Sinai,
dem Berge des Gesetzes, sondern in Zion, dem Berge
der Gnade, aufs festeste gegründet werden sollte, und
den die Bauleute (die Führer Israels) hätten anerkennen
sollen. Aber sie verwarfen ihn. (Kap. 21, 42.) Er wurde
ihnen, und mit ihnen den beiden Häusern Israels, zu
einem „Stein des Anstoßes" und einem „Fels des Strauchelns".
(Jes. 8, 14.) Sie konnten es nicht ertragen,
daß Er ihren schlechten Zustand, ihr heuchlerisches Tun
ans Licht stellte.
Die Folgen dieser Verwerfung waren ernst. Im 43.
und 44. Verse von Matth. 21, nach Anführung von
Psalm 118, 22 (vergl. Mark. 12, 10; Luk. 20, 17),
hören wir den Herrn sagen: „Das Reich Gottes wird
von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden,
die dessen Früchte bringen wird. Und wer auf diesen
Stein fällt, wird zerschmettert werden; aber auf welchen
irgend er fallen wird, den wird er zermalmen."
Trotz dieser ernsten Sprache taten die Hohenpriester
und Pharisäer nicht Buße. Ihr Gewissen beugte sich nicht
unter die Worte des Herrn. Ihre Ehre war angegriffen,
ihr Stolz verletzt, und wenn sie nicht die Volksmenge
gefürchtet hätten, die Ihn für einen Propheten hielt, hätten
sie Ihn zu greifen gesucht. (Vers 46.)
Das von dem Herrn ausgesprochene Gericht ist ein
dreifaches. Zunächst sollte das Reich Gottes von den Juden
weggenommen und einer Nation gegeben werden, die
dessen Früchte bringen würde. Tatsächlich ist durch das
Straucheln Israels über den Stein des Anstoßes den
— 173 —
Nationen Heil geworden. (Röm. 11, 11.) Weiter sollten
alle, die auf den Stein fielen, zerschmettert werden.
Dieses Wort, das schon damals in geistlichem Sinne sich
erfüllte, ist in furchtbarer wörtlicher Weise in der Zerstörung
Jerusalems und dem Strafgericht der Römer an
vielen Tausenden von Juden in Erfüllung gegangen.
Schließlich spricht der Herr: „Auf welchen irgend er fallen
wird, den wird er zermalmen". Diese Weissagung
geht auf die Zeit des Endes. Das Wiedererscheinen des
Herrn wird zum gerechten Gericht für die ungläubige
Masse der Juden ausschlagen. Wie ein gewaltiger Stein,
der alles zermalmt, wird Er vom Himmel auf sie fallen.
Das in Luk. 20, 18 eingefügte Wörtchen „jeder"
(der auf den Stein fällt) weist wohl auf den die Grenzen
Israels überschreitenden Umfang des Gerichts hin.
Wie nach der Darstellung des Lukasevangeliums die Gnade
sich an jeden Sünder, ob Jude oder Heide, gewandt
hat, so wird auch das Gericht jeden treffen, der des
Herrn Gnade mißachtet. Ein Bild dieses zermalmenden
Gerichts über die Nationen gibt uns das 2. Kapitel
des Propheten Daniel.
Zur Zeit der Eroberung Jerusalems durch Nebukad-
nezar und der Wegführung Judas in die Gefangenschaft
nach Babel verließ die Herrlichkeit Jehovas den Tempel,
wo sie bis dahin gethront hatte, und „Königtum, Macht
und Gewalt" wurden dem Haupte des babylonischen Reiches
übertragen. Damit begannen „die Zeiten der Nationen".
(Luk. 21, 24.) Vier gewaltige Weltreiche sollten
aufeinander folgen.
In Daniel 2 werden diese Reiche in einem Standbild
dargestellt, das Nebukadnezar im Traum gesehen
174
hatte. Das Haupt von feinem Gold entspricht dem babylonischen
Reich, die Brust und die Arme von Silber
entsprechen dem persischen Reich, Bauch und Lenden von
Erz dem griechischen, und die Schenkel von Eisen sowie
die Füße von Eisen und Ton dem römischen Weltreich.
Der Glanz dieses Bildes war außergewöhnlich, sein Aussehen
aber schrecklich. (V. ZI.) Tatsächlich kennzeichneten
sich diese Reiche durch außergewöhnliche Macht, aber zugleich
auch durch rücksichtslose Gewalttat. Die Ausübung
der Herrschaft durch den Menschen der Erde entsprach
nicht den anvertrauten Rechten. Nebukadnezar und alle
seine Nachfolger verfielen in Götzendienst und Empörung
wider Gott. Ihr Verhalten machte das Gericht Gottes
notwendig. Es kommt über sie durch den Stein.
„Du schautest", so sagt Daniel zum König, „bis
ein Stein sich losriß ohne Hände, und das Bild an seine
Füße von Eisen und Ton schlug und sie zermalmte."
(V. 34.) Der Herr selbst ist dieser Stein. Vom Himmel
her wird Er erscheinen und die Heere des dann wiedererstandenen
Römischen Reiches vernichten. (Vergl.
Offbg. 19, 19—21.) Das Tier, das Oberhaupt dieses
Reiches, wird mit dem Antichristen, der dann an der
Spitze der ungläubigen Juden stehen wird, von dem Herrn
und Seinen Scharen geschlagen werden. Der Stein zermalmt
sowohl die Heere der Nationen als auch die ungläubige
Masse der Juden. So erfüllen sich die Worte
des Herrn und die Weissagung Daniels an einem Tage.
Der Stein fällt herab und zermalmt, um dann zu einem
großen Berge zu werden, der die ganze Erde füllt — ein
Ausblick auf die umfassende Herrschaft Christi in Seinem
Reiche auf Erden.
175
Wenn wir jetzt noch einmal kurz zu den Evangelien
zurückkehren, finden wir, daß bei Lukas, entsprechend dem
Charakter dieses Evangeliums, der Gedanke fehlt, das
Reich Gottes würde den Juden genommen und einer
anderen Nation gegeben werden. Und im 24. Kapitel, bei
Seinem ersten Erscheinen in der Mitte Seiner Jünger,
gibt der auferstandene Herr diesen den Auftrag, in Seinem
Namen Buße und Vergebung der Sünden allen
Nationen zu predigen, aber Er fügt hinzu: „anfangend
von Jerusale m". (V. 46.47.) Die Erfüllung
dieses Auftrages berichtet die Apostelgeschichte. Petrus
und die übrigen Apostel legen in der Kraft des Heiligen
Geistes ein gewaltiges Zeugnis für den Herrn in Jerusalem
ab. Und es ist von tiefem Interesse, daß wiederum
gerade den Hohenpriestern und Schriftgclehrten, zu denen
der Herr von dem „Steine" gesprochen hatte, durch
den Heiligen Geist dasselbe Zeugnis entgegengehalten
wird: „Dieser ist der Stein, der von euch, den Bauleuten,
für nichts geachtet, der zum Eckstein geworden
ist". (Apstgsch. 4, 5. 11.) Welch eine Anklage für die ungläubigen
Obersten, und zugleich welch eine wunderbare
Wahrheit für den Glauben! Der von den Bauleuten verworfene
Stein ist zum Eckstein geworden, auf dem
alles beruht: „Es ist in keinem anderen das Heil, denn
auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter
den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden
müssen". (V. 12.) Er allein ist die Grundlage unserer
Errettung, unseres ewigen Heils. In Ihm haben wir
Frieden, mit Ihm sind wir für immer verbunden.
Damit aber kommen wir zu der kostbarsten Bedeutung
des Steines für uns. Ähnlich dem mächtigen münd
17b
lichen Zeugnis, das Petrus vor den Führern Israels in
der Kraft des Geistes ablegte, schreibt er in seinem ersten
Brief an die Gläubigen aus Israel durch den gleichen
Geist von dem lebendigen Stein, zu dem sie
gekommen waren. (Kap. 2, 4.) Dieses Wort führt uns
wie von selbst auf den Boden der Auferstehung. Jene
denkwürdige Szene, in welcher Petrus den Herrn als
den Sohn des lebendigen Gottes bekannte (Matth,
tb), steht hier offenbar vor dem Auge des Apostels. Auf
diesen Felsen wollte Christus Seine Versammlung (Gemeinde)
bauen. Er ist der geschlagene Felsen und der
lebendige Stein zugleich. Tod und Auferstehung, unzertrennlich
miteinander verbunden, bildeten die Grundlage
des Hauses Gottes, die Grundlage der Versammlung des
lebendigen Gottes. Auf dem kostbaren Eckstein, dem lebendigen
Stein, wurden die Gläubigen als lebendige
Steine aufgebaut zu einem geistlichen Hause.
Der Apostel Petrus schreibt, wie gesagt, an die
Gläubigen aus den Juden; Paulus, der Apostel der Nationen,
erweitert den Gedanken, indem er auch die Christen
aus den Heiden einführt. Sie, die einst fern waren,
hatten jetzt teil an dem Bürgerrecht der Heiligen, waren
Hausgenossen Gottes und wurden aufgebaut auf die
Grundlage der Apostel und Propheten, wo „Christus selbst
Eckstein ist, in welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt,
wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn". In
diesem Bau wurden auch sie mitaufgebaut zu einer Behausung
Gottes im Geiste. (Eph. 2, 20—22.)
Damit vollzog sich jener bedeutsame Übergang, der
für uns persönlich von so außerordentlicher Tragweite
ist. Die Verheißungen, die sich an den in Zion gelegten
177
kostbaren Eckstein knüpften, sind uns, den Gläubigen im
Haushalt der Gnade, zugute gekommen. Wir sind in die
Segnungen eingetreten, die Israel als Nation zugedacht
waren, wobei aber zu beachten ist, daß diese Segnungen
ihren Charakter völlig gewandelt haben: sie greifen nicht
nur über die Erde hinaus, sondern haben nichts mehr
mit der Erde zu tun. Es sind himmlische Segnungen.
Das Haus Gottes, wenn auch auf Erden gebaut,
trägt einen himmlischen Charakter, es ist „die Behausung
Gottes im Geiste".
Muß aber nicht auch der irdische Teil der mit dem
Stein verbundenen Verheißungen in Erfüllung gehen?
Ganz gewiß. Die Herrlichkeit des Herrn muß auch dem
Erdkreis ausgeprägt werden, und dies wird geschehen,
wenn der „Stein des Anstoßes" von feiten Israels anerkannt
werden wird als der „Eckstein", den Gott in
Zion gelegt hat. Der Apostel Paulus verbindet in Röm.
y, 32 u. ZZ die beiden Stellen aus dem Propheten Jesaja,
Kapitel 8, 14 und 28, 16, und wendet die zweite
auf die gegenwärtige Zeit an. Aber sie wird auch für
Israel in der Zeit der Gerichte zutreffen. Der gläubige
Überrest aus den Juden wird an den Herrn Jesus glauben
und „nicht ängstlich eilen". Der Stein des Anstoßes
wird ihnen dann „zum Heiligtum sein" und in seiner
Kostbarkeit von ihnen erkannt werden. Dann werden Himmel
und Erde in das Lob einstimmen und Seine Herrlichkeit
preisen.
Eine andere Stelle, die uns in besonders schöner
Weise die irdische Herrlichkeit des Steines enthüllt, findet
sich in dem Propheten Sacharja. Anläßlich des Wiederaufbaus
des Tempels zu Jerusalem wird der Grund
178
stein des neuen Baues dazu benutzt, vorbildlich auf den
lebendigen Stein hinzuweisen, der die Grundlage aller
Segnungen Israels bilden sollte. Der Engel Jehovas zeigt
dem Hohenpriester Josua diesen Stein. Er hatte sieben
Augen, und Jehova selbst wollte seine Eingrabung eingraben.
(Sach. Z, 9.) Die sieben Augen stellen vollkommene
Einsicht und Weisheit dar. (Vergl. auch Offbg. S, 6.)
Die Eingrabung des Steines sollte die Tatsache besiegeln,
daß er die lebendige Darstellung der Gedanken Gottes ist.
Wunderbarer Herr! Er selbst ist dieser Stein. In
Ihm wird, wenn Er einmal den Sitz Seiner Regierung
in Zion aufschlagen wird, jene vollkommene Weisheit und
Einsicht geschaut werden, die Er von Ewigkeit her besaß
(vergl. Jes. 11, 2), die alles kennt, alles sieht, alles
durchschaut. Er ist die Darstellung all der wunderbaren
Gedanken und Ratschlüsse Gottes, und das Siegel, die
Bestätigung Gottes, die Eingrabung des Steines, wird
auf Ihm sein. Und nicht nur das: Wie Er in sich und
Seinem Werke den Grund zu allen Segnungen gelegt hat,
die sich dereinst auswirken werden, wie Er der Gru n d-
stein, das Haupt der Ecke ist, so ist Er auch der Sch lu ß-
stein, der Giebelstein, der im Reiche das Ziel aller
Wege Gottes mit der Erde als Gipfel krönen wird.
(Sach. 4, 7.)
Himmlische und irdische Herrlichkeit vereinen sich also
in Ihm. Seine Person bildet den Mittelpunkt aller Verheißungen,
aller Segnungen und aller Wege Gottes. Mögen
die Ungläubigen sich an dem Worte stoßen, uns,
den Glaubenden, gehört die Kostbarkeit des Steines,
(l. Petr. 2, 7. 8.) Auf Ihm, unserem Herrn und Heiland,
ruhen wir als lebendige Steine. Nun ist es an uns,
179
davon auch im täglichen Leben Kunde zu geben, von Seiner
Herrlichkeit zu zeugen. Gerade in diesen letzten schweren
Tagen sollten wir danach trachten, Dem zu leben,
der uns zu solchen lebendigen Steinen gemacht hat. Verkündigen
wir denn die Tugenden Dessen, der uns aus
der Finsternis berufen hat zu Seinem wunderbaren Licht!
Za, möchten wir Gnade haben, um Seine Liebe in praktischer
Weise ausstrahlen zu lassen und das im Wandel
zu verwirklichen, was wir mit dem Herzen glauben!
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorinther
v.
Kapitel IV.
Wie wir gesehen haben, beschreibt Paulus in dem
Vorhergehenden die Versammlung Gottes unter dem Bilde
eines der Verantwortlichkeit des Menschen anvertrauten
Bauwerkes. Unter diesem Gesichtspunkt redet der erste
Brief an die Korinther in ganz besonderer Weise von dem
Hause Gottes. Der an die Epheser stellt uns den Bau des
Hauses Gottes als Christo anvertraut dar, wogegen es
hier durch die Arbeit des Menschen aufgebaut wird. Im
3. Kapitel hatte der Apostel einen gewissen Gegensatz zwischen
sich und den anderen Arbeitern festgestellt: auch er
war Arbeiter, aber mit einer besonderen Berufung, der des
Baumeisters. Er hatte den Grund gelegt, Christus, auf
welchen andere nach ihm ihr Werk aufzubauen berufen
waren. Manche hatten vorzügliche Baustoffe dazu benutzt,
andere schlechte.
Im Anschluß hieran spricht das 4. Kapitel von Dien
— rso —
sten; den» im Hause Gottes sind bestimmte Dienste bestimmten
Personen anvertraut. Wir finden hier jedoch nicht
so sehr den Unterschied, als vielmehr die Ähnlichkeit zwischen
dem Dienst der Apostel und demjenigen ihrer echten
Mitarbeiter. In Korinth, der Stätte so vieler Unordnungen,
gab es gewisse Personen, die sich den Titel von Lehrern
beilegten, sektiererische Menschen, die, voll von Anmaßungen,
den Apostel zu verdrängen und sich selbst Gehör
zu verschaffen suchten. Es ist beachtenswert, mit welcher
Zartheit der Apostel, der ihrer nicht schonen durfte,
sich mit ihnen beschäftigt, ohne sie zu nennen. Er hätte die
Männer mit Namen nennen können, die da kamen, um
die Versammlung zu beunruhigen, die aus dem Hause Gottes
ihre Welt gemacht hatten, wo sie eine wichtige Rolle zu
spielen und den ersten Platz einzunehmen trachteten, und
die sich des fleischlichen Zustandes der Korinther bedienten,
um sie hinter sich selbst herzuziehen.
In diesem ganzen Kapitel sieht man, worin die große
Gefahr bestand, welcher die Korinther ausgesetzt waren.
Der Apostel sagt in Vers 6: „Dies aber habe ich auf mich
und Apollos gedeutet um euretwillen". Das will sagen:
ohne irgend jemand mit Namen zu nennen, hatte er sich
selbst und Apollos zum Beispiel genommen, um so besser
verstanden zu werden. Angesichts derer, die in Korinth
mit großen Anmaßungen auftraten, bezog Paulus alles
auf sich und Apollos, um so ganz allgemein einen Grundsatz
aufzustellen, ohne irgend jemand zu nennen. Er sagt
gleichsam: „Sind wir gekommen, um Lehrschulen zu
gründen und Sekten und Spaltungen unter euch zu machen?
Haben w i r eine hohe Meinung von uns selbst? Machen
wir Gebrauch von unserer Autorität?" Er stellt
— rsr —
Apollos neben sich, erklärt ihn für einen Diener, der gleich
ihm (dem Apostel) berufen worden war, und welchem der
Herr, obwohl er nicht Apostel war, einen öffentlichen
Dienst anvertraut hatte, ganz so wie dem Paulus. Er fragt
sie: Seht ihr bei uns dasselbe wie bei denen, die euch an-
reizen, euch für den einen wider den anderen aufzublähen?
Was vollbrachten diese Leute? War es ein Werk der Auferbauung
oder ein Werk der Zerstörung?
Das ganze Kapitel hindurch sehen wir so die Ähnlichkeit
zwischen den Aposteln, ungeachtet ihrer Vorzugsstellung,
und anderen wahren Dienern, ihren Mitarbeitern,
sowie den Gegensatz zwischen ihnen und denjenigen,
welche in der Versammlung einen Platz einzunchmen trachteten,
den Gott ihnen nicht anvertraut hatte. Solche
Dinge haben sich zu allen Zeiten gezeigt, in unseren
Tagen wohl mehr als je. Wie oft bietet die bekennende
Kirche das Schauspiel, daß Menschen, die keinerlei
Gaben vom Herrn empfangen haben, sich solche
unbefugterweise anmaßen; daß andere, die solche Gabe
empfangen haben, sie dazu benutzen, sich selbst geltend zu
machen zum Nachteil demütiger und treuer Arbeiter, oder
daß sie suchen, anderen die hohe Meinung aufzudrängen,
die sie von sich selbst haben. Etwas derartiges fand sich weder
bei Paulus, noch bei dem treuen Apollos: „Übrigens
sucht man hier an den Verwaltern, daß einer treu erfunden
werde", nicht daß er sich einen guten Namen mache.
Am Ende des 3. Kapitels hatte Paulus ihnen den Beweis
des Sichselbstvergessens gegeben, welches die wahren Diener
kennzeichnet: „Alles ist euer, es sei Paulus oder Apollos
..Er, ein Apostel, verzichtete darauf, irgendwelchen
Vorrang zu haben, obwohl er ein Recht darauf gehabt
— 482 —
hätte. Indem er sagt: „Ihr seid nicht unser, sondern ich
bin euer", gibt er ihnen das Beispiel völliger Demut, aber
auch der Treue im Dienst: „Dafür halte man uns: für
Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse
Gotte s". (V. 4.) Tatsächlich waren durch seinen
Dienst die Geheimnisse Gottes den Gläubigen geoffenbart
worden. War er nicht ein treuer Verwalter gewesen?
Beim Lesen des Neuen Testaments nehmen wir wahr,
wieviel es von Geheimnissen redet. Da finden wir das Geheimnis
des Leibes Christi (Eph. 3, 4; Kol. 4, 3); das Geheimnis
Gottes, Seines Ratschlusses zur Verherrlichung
Christi (Kol. 2, 2); das Geheimnis Seines Willens (Eph.
4, 9); das Geheimnis von der Versammlung als Weib
(Eph. 5, 32); das Geheimnis der Ankunft des Herrn
(4. Kor. 45, 54); das Geheimnis des Evangeliums (Eph.
b, 49); das Geheimnis Christi unter den Nationen (Kol.
4, 27); das Geheimnis des Glaubens und das der Gottseligkeit
(4. Tim. 3, 9. 4b); das Geheimnis der Gesetzlosigkeit.
(2. Thess. 2, 7.) Auf diese verschiedenen Gegenstände
gehe ich hier im einzelnen nicht ein. Diese Geheimnisse,
das heißt diese verborgenen Dinge Gottes, waren im
Alten Bunde nicht bekannt. Es heißt in 5. Mose 29, 29:
„Das Verborgene ist Jehovas, unseres Gottes";
im Neuen Testament dagegen ist all dies Verborgene
unser. Gott behält nicht ein einziges Seiner ewigen
Geheimnisse für sich, Er hat sie uns alle geoffenbart. Er
tut für uns weit mehr, als Er einst für Abraham tat, wenn
Er sagte: „Sollte ich vor Abraham verbergen, was ich
tun will?" (4. Mose 48, 47), denn heute sagt Er: Sollte
ich vor meinen Kindern verbergen, was es an geheimsten
Dingen in meinem Herzen gibt?
— 483 —
Gott hat den Apostel Paulus als Verwalter dieser
Wunder benutzt, um uns mit all diesen Geheimnissen, diesen
in Ihm verborgenen Dingen, bekannt zu machen.
Konnte man nun sagen, daß Paulus in dieser Verwaltung
nicht treu gewesen war? Jene seine Widersacher unter den
Korinthern suchten ihre eigene Autorität auf Kosten der
seinigen aufzurichten. Er antwortet darauf: „Mir ist es
das Geringste, daß ich von euch oder von einem menschlichen
Tage (d. h. Gerichtstage) beurteilt werde", zur Entscheidung
der Frage, ob meine Verwaltung anerkannt werden
kann oder nicht. (V. 3.) Das machte für Paulus wenig
aus. Wer hatte überhaupt das Recht, ihm zu sagen:
„Wir wollen dich vor unseren Richterstuh! laden"? Er
war nicht den Korinthern, sondern dem Herrn verantwortlich
für seinen Dienst. Nicht als ob das Lehren eines Dieners
nicht durch die Versammlung mittels des Wortes
überwacht werden könnte, wie es die Beröer gegenüber
Paulus selbst getan hatten, oder als ob die Versammlung
nicht die Pflicht hätte, einen Diener, der schlechte Arbeit
tut, zurechtzuweisen; aber darum handelt es sich hier nicht.
Paulus hatte eine Verwaltung vom Herrn empfangen,
und er sagt: Es wird ein Augenblick kommen, wo ich über
die Art und Weise Rechenschaft ablegen muß, wie ich diese
Verwaltung geführt habe. — „Der mich aber beurteilt
ist der Herr." (V. 4. 5.)
Diese Wahrheit ist von großer Wichtigkeit für uns,
wenn wir uns im Hause Gottes nützlich zu machen wünschen.
Wir müssen verstehen, auch wenn es sich nicht um
den Dienst am Worte handelt, daß Gott einem jeden von
uns einen Dienst anvertraut hat, den wir zu erfüllen
haben, nicht indem wir darauf blicken, was andere dazu
184
sagen oder darüber denken könnten, sondern im Aufblick
zum Herrn, indem wir Ihm die Sorge der Anerkennung
überlassen. Wieviel Kraft und Eifer verleiht es uns, wenn
wir auf den Herrn schauen und nicht auf die Menschen!
Wenn Er vor unseren Blicken steht, wird uns das Urteil
der Menschen sehr wenig ausmachen, da wir für Ihn
tätig sind. Es wird ein Augenblick kommen, wo jeder sein
Lob von Gott empfangen wird, wo die Belohnungen nach
der Treue im Dienst ausgeteilt werden. Dann wird alles
Verborgene der Finsternis ans Licht kommen, und die
Ratschläge der Herzen werden offenbar werden; „dann
wird einem jeden sein Lob werden von Gott".
Im 6. Verse fordert der Apostel die Korinther auf,
„nicht über das hinaus zu denken, was geschrieben ist",
d. h. über das, was sie in diesem inspirierten Schreiben
Pauli vor Augen hatten, woraus sie lernen konnten, daß
die Weisheit des Menschen, das was ihn erhebt und aufbläht,
seine Kraft, sein Einfluß, seine Tatkraft, zu nichts
anderem tauglich ist, als an das Kreuz genagelt zu werden,
auf daß Gott allein bleibe. Was uns übrigbleibt, ist
nur das eine, die Diener eines solchen Gottes wert zu
achten. Gab und gibt es Unterschiede zwischen ihnen, so
hat Gott selbst sie gemacht. Wenn Saulus von Tarsus
mehr als ein anderer zum Apostel auserwählt worden
war, konnte er sich dessen rühmen? Nein, denn es war
etwas, das er empfangen hatte. (V. 7.)
Die Korinther herrschten schon jetzt in dieser Welt,
das will sagen vor der Zeit, da sie berufen sein würden,
mit Christo zu herrschen. All die Tätigkeit derer, welche
sie unter ihren Einfluß und ihre Botmäßigkeit zu bringen
suchten, führte zur Selbstverherrlichung und zur Er
185
Hebung des Fleisches. Der Zeitpunkt war noch nicht gekommen
für sie, um einen bevorzugten Platz einzunehmen,
den die Welt anerkennen, und von dem sie hätte sagen
können: „Seht, wie weise, wohlunterrichtet und einsichtsvoll
diese Christen sind!" Nie hatte dec Apostel ein
solches Lob von feiten der Welt oder der "Versammlungen
erhalten. „Denn mich dünkt", sagt er, „daß Gott uns,
die Apostel, als die Letzten dargestellt hat, wie zum
Tode bestimmt." Mich dünkt, das Wort „die Letzten"
wolle darauf hindeuten, daß Gott zuerst die Propheten
auf die Weltbühne gesandt habe, dann den Herrn und
schließlich die Apostel. Sie waren die letzten und als solche
der Schmach und dem Tode geweiht, in einer Weise, wie
es keiner nach ihnen sein würde. Welch ein Vorwurf für
die Korinther und die Leute, die sich unter ihnen wichtig
zu machen suchten! Die Männer, welche der Herr benutzte,
waren Narren in den Augen der Menschen, der Auskehricht
der Welt und der Auswurf aller; sie wurden für
Straßenkehricht gehalten.
Der Apostel fügt dann noch hinzu: „Ich bitte euch
nun, seid meine Nachahmer" (V. 1b); ähnlich sagt er
in Kapitel 11,1: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch
ich Christi". Hatte Christus in dieser Welt wohl etwas
anderes gefunden, als Schmach und Verachtung? Wie
rührend ist das Wort, mit dem Paulus hier schließt:
„Ich ermahne euch als meine geliebten Kinder"! Er hätte,
wie er am Ende dieses Kapitels sagt, die Rute nehmen
können; statt dessen ermahnt ec sie mit väterlicher Zärtlichkeit:
„Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister in
Christo hättet, so doch nicht viele Väter". (V. 15.) Die
in ihrer Mitte wirkten maßten sich die Tätigkeiten und die
186
Autorität von Juchtmeistern an; so etwas kam dein Apostel
nicht in den Sinn. Er war ihr Vater, der sie in Christo
gezeugt hatte. Er bittet sie als seine geliebten Kinder,
denselben Weg zu gehen wie er — denn es war der Weg
Christi — den Weg der Demütigung und Verachtung,
des Kleinseins und der Arbeit, den Weg aber, auf welchem
Christus verherrlicht wird durch die, welche Seinen
Fußtapfen nachfolgen.
Was das Kind Gottes, das seine Berufung verstanden
hat, von der Welt trennt, ist der Umstand, daß es
sich weder einen Platz in ihr zu bereiten wünscht, noch die
Ehre und Anerkennung der Welt sucht, welcherart es auch
sein möge. Die Person des Herrn steht vor ihm, und es
begehrt nichts anderes, als denselben Weg zu gehen, den
Jesus gegangen ist, um Gott zu gefallen, einen Weg, auf
dem die Augen Gottes ruhen und der zur Herrlichkeit
führt.
Zum Schluß sagt der Apostel: „Ich werde aber bald
zu euch kommen, wenn der Herr will, und werde erkennen,
nicht das Wort der Aufgeblasenen, sondern die Kraft;
denn das Reich Gottes besteht nicht im Worte, sondern
in Kraft". (V. 19. 20.) Man kann schöne Worte machen
und hübsche Reden halten; aber darauf kommt es im
christlichen Dienst garnicht an, er muß von Kraft begleitet
sein. Daö Reich Gottes, in das wir jetzt eingeführt
sind, ist ein geistliches Reich; da bedeuten Worte nichts.
Der Apostel war kein redegewandter Mann im Sinne der
Welt, aber die Kraft Gottes wirkte durch diesen treuen
Diener, und als er infolge außergewöhnlicher Offenbarungen
in Gefahr kam, sich zu überheben, wurde er durch
einen Engel Satans mit Fäusten geschlagen. Das einzige,
r87
worauf er rechnen konnte, war die Gnade Gottes, dic ihm
genügte, und der Geist Gottes, welcher die Quelle seiner
Kraft war. Alle jene, die in einem anderen Geist wirkten,
mochten verführerische Worte im Munde führen (besonders
in Griechenland, wo man viel auf Feinheit der
Sprache hielt), aber die Kraft war nicht bei ihnen. Sie
gehörte denen, welche den Auswurf der Welt bildeten,
aber inmitten all ihrer äußeren Schwachheit die Anerkennung
Gottes und die Unterstützung Seines Geistes zur
Auferbauung der Seelen besaßen.
„Ein Kluch Gottes ist ein Gehängter." *!
*) Eingesandt und im Anschluß an die Betrachtung „Es ist
vollbracht!" (s. Märzheft des laufenden Jahrgangs), die von vielen
Lesern des „Botschafter" dankbar begrüßt worden ist, gern
abgedruckt. Bergl. die Anmerkung auf Seite 37 unten.
„Und wenn an einem Manne eine todeswürdige Sünde
ist, und er wird getötet, und du hängst ihn an ein Holz, so
soll sein Leichnam nicht über Nacht an dem Holze bleiben,
sondern du sollst ihn jedenfalls an demselben Tage begraben;
denn ein Auch Gottes ist ein Gehängter; und du sollst
dein Land nicht verunreinigen, das Jehova, dein Gott, dir
als Erbteil gibt." (5. Mose 2s, 22. 23.)
Daß diese merkwürdige Verordnung Gottes ihr Absehen
auf Christum und Seinen Kreuzestod gehabt habe,
das möchte wohl einem, der nicht geübte Sinne in der
Schrift hat, im Anfang hart und unglaublich vorkommen.
Allein es fehlt nicht an Gründen, womit dieser Ausspruch
bestätigt werden kann, welche hergenommen sind teils von
der Beschaffenheit des Gesetzes, teils von der anderswo
gegebenen Erklärung des Heiligen Geistes. Erstlich ist diese
Verordnung selbst so beschaffen, daß sie, wenn man die
Absicht auf Christum davon wegnimmt, keine vernünf
rs8
tigen Ursachen haben kann... Der erste Umstand ist dieser:
Ein Gehängter, heißt es, ist verflucht bei Gott —
oder nach dem Hebräischen: Ein Gehängter ist ein Fluch
Gottes.
Warum wird das nur von einem Gehängten gesagt?
Warum ist nicht auch ein Mensch, der um seiner Missetat
willen gesteinigt oder enthauptet oder verbrannt wird,
ein Fluch Gottes? Hat ein Gehängter allein das Unglück,
für sich selbst ein Fluch Gottes zu sein?..Und wo soll
der bußfertige Schächer bleiben, der neben Christo am
Kreuze gehangen hat, folglich auch ein Fluch Gottes gewesen
ist, dem aber nichtsdestoweniger von Jesu Christo
das Paradies eröffnet wurde, in welches doch nichts Verbanntes
noch Verfluchtes eingehen kann?
Soll dieser ernstliche Ausspruch Gottes seine Richtigkeit
haben und seinen ganzen Nachdruck behalten, so
muß ein solcher Gehängter angesehen werden als Bild eines
anderen, der künftig einmal am Holze hangen und
die Last des göttlichen Fluches tragen sollte. Man muß
nämlich bei dieser Verordnung Gottes einen Blick tun teils
rückwärts in das Paradies, teils vorwärts auf den Berg
Golgatha. Die erste Sünde unserer ersten Eltern ist an
einem Baume oder Holz begangen worden, dessen verbotene
Frucht sie mit einer offenbaren Übertretung des
göttlichen Befehls genossen. Diese erste, durch den ersten
Adam am Holz begangene Sünde hat den Fluch Gottes
über sein ganzes Geschlecht gezogen, und es konnte diese
Sünde samt allen übrigen, die darauf folgten, nicht eher
versöhnet, dieser Fluch konnte nicht eher getilgt werden, bis
Jesus Christus als der andere Adam an ein Holz gehän-
get und der Fluch Gottes worden war. In Psalm 88 wird
189
Er unter dem Gefühl dieses Fluches also redend vorge-
ftellt.
Sooft demnach die Israeliten einen von ihren Brüdern
am Holze hangen sahen, sollten sie dadurch erinnert
werden, daß der Fluch, der durch die Sünde in die Welt
gekommen und durch das Gesetz offenbar geworden, noch
nicht hinweggenommen sei. Vornehmlich aber wurde ein
solcher Übeltäter darum ein Fluch Gottes genannt, weil
er in seinem Hangen am Holze Denjenigen vorstellte und
abbildete, welcher Sünde und Fluch an Seinem Leibe an
dem Holze getragen hat (1. Petr. 2, 24), und der daselbst
zu einem Exempel der Strafgerechtigkeit Gottes der
ganzen Welt vor Augen hangen sollte. Das ist der erste
bedenkenswerte Umstand in dieser göttlichen Verordnung;
wir sollen nicht bei einem gehängten Israeliten stehen
bleiben, sondern ihn als ein Bild des gekreuzigten Jesus
betrachten.
Der andere Umstand ist dieser, daß das Land Kanaan
verunreinigt wurde, wenn ein Gehängter über Nacht
am Holze hangen blieb, gleichwie es für rein erkläret wurde,
wenn der Gehängte abgenommen und vor Sonnenuntergang
begraben wurde. Denn es heißt Vers 23:
„Sein Leichnam soll nicht über Nacht an dem Holze bleiben,
sondern du sollst ihn jedenfalls an demselben Tage
begraben;.. . du sollst dein Land nicht verunreinigen, das
Jehova, dein Gott, dir als Erbteil gibt".
Wie kann aber ein ganzes Land dadurch verunreinigt
werden, daß ein Gehängter die Nacht über am Holz hangen
bleibet? Man sollte vielmehr gemeint haben, das Land
würde erst recht verunreinigt werden, wenn ein solcher
Verfluchter in die Erde gelegt und begraben würde. Man
— bso —
sollte auch eher denken, daß ein solcher Mensch nicht wert
sei, in die Erde begraben zu werden, sondern sein Leichnam
müsse billig den Vögeln des Himmels oder den wilden
Tieren zur Speise überlassen werden, wie in 5. Mose 28,
2b den Übertretern des Gesetzes gedrohet wird: „Dein
Leichnam wird allem Gevögel des Himmels und den Tieren
der Erde zum Fraße werden, und niemand wird sie
wegscheuchen". Wie kommt's, daß einer, der doch ein
Fluch Gottes heißet, gleichwohl der Wohltat gewürdiget
wird, daß Gott eine so besondere Sorge für sein Begräbnis
trägt?... Doch sobald man erkennt, daß Gott hierbei
Sein Absehen auf Christum hatte, gewinnet diese Verordnung
ein ganz anderes Ansehen, und man erblickt darin
dic höchste Weisheit. Der weise Gesetzgeber wollte hierdurch
anzeigen, daß Jesus Christus, nachdem Er ans
Fluchholz gehänget worden, keineswegs am Holze die Verwesung
sehen, sondern noch an eben dem Tage, da Er
als ein Fluch erhöhet worden, auch wiederum abgenommen
und begraben werden sollte — als einer, der den
Fluch nunmehr getilget und den Segen wiederum erworben
habe, und folglich nicht nur das Land Kanaan, sondern
auch die ganze verfluchte Erde wieder gereinigt und
in ein liebliches Erbteil des Herrn könne verwandelt wer­
den.
Der andere Grund ist die ausdrückliche Erklärung
des Heiligen Geistes, welche wir Gal. Z, bZ finden, wo
es heißt: „Christus hat uns losgekauft von dem Fluche
des Gesetzes, indem Er ein Fluch für uns geworden ist;
(denn es steht geschrieben: „Verflucht ist jeder, der am
Holze hängt!")". Nimmermehr hätte Paulus aus diesen
Worten beweisen können, daß Christus am Holze ein
— ryr —
Fluch für uns geworden sei, wenn er nicht in dem Ächte
des Heiligen Geistes erkannt hätte, daß dieses Wort des
Gesetzes, welches eigentlich die israelitischen Übeltäter betraf,
seine vornehmste Absicht auf Jesum Christum gehabt
habe, welcher am Kreuze auf die vollkommenste Art
ein Fluch Gottes wurde, aber eben dadurch der Fluch
aufgehoben wurde.
Ein Israelit wurde nicht lebendig, sondern tot ans
Holz gehängt, nachdem er vorher erwürgt oder gesteinigr
worden war — denn so müssen die Worte verstanden werden:
„Wenn an einem Manne eine todeswürdige Sünde
ist, und er wird getötet, und du hängst ihn an ein Holz
..Das Aufhängen an ein Holz war eine jüdische, das
Kreuzigen eine römische Sitte. Diese jüdische Form hat
nun bei unserem Heilande nicht stattgefunden. Er wurde
nicht nach jüdischer Art erst zu Tode gesteinigt, hernach
an ein Holz gehängt, sondern Er wurde nach römischer
Art gekreuzigt, also lebendig an das Holz erhöhet. Daher
der Herr Joh. t2, 32 spricht: „Und ich, wenn ich von
der Erde erhöhet bin, werde alle zu mir ziehen". Johannes
fügt hinzu: „Dies aber sagte Er, andeutend, welches Todes
Er sterben sollte". Auch kann man das ungestüme
Geschrei des Volkes: „Kreuzige, kreuzige Ihn!" als eine
Art der Steinigung ansehen, auch hatte Er am Olberge
schon vor Seiner Kreuzigung in Seiner Seele den Tod
geschmeckt. —
Nach dem Gesetz konnten nur Israeliten, von dem
Samen Abrahams, gehängt werden. (Röm. 3, ty.) Der
gekreuzigte Jesus war ebenfalls ein Israelit, ja, der Same
Abrahams, in welchem alle Völker gesegnet werden sollten.
Ein gehängter Israelit mußte ein Verbrechen began-
— 142 —
gen haben, welches des Todes und der darauf folgenden
Aufhängung wert war. Unser gekreuzigter Jesus wußte
von keiner eigenen Sünde, Er war der Heilige, Unschuldige,
Unbefleckte, von den Sündern unendlich abgesondert.
(Hebr. 7, 26.) Nichtsdestoweniger hing Er am
Holze. Wer aber am Holze hängt, der ist nach Gottes
Ausspruch verflucht. Der Heilige Geist nennt den Messias
den gerechten Knecht, in dessen Munde kein Betrug
erfunden wurde (Jes. 53, 4—11), saget aber zugleich,
daß der Herr unser aller Sünde auf Ihn geleget habe
(V. 6), daß Er den Übeltätern gleichgerechnet worden sei
(V. 12), wie auch die Sünde vieler getragen habe. Paulus
drückt dieses also aus: „Den, der Sünde nicht kannte,
hat Gott für uns zur Sünde gemacht". (2. Kor. 5, 21.)
Petrus bezeugt in seinem 1. Briefe, Kap. 2, 24, daß Er
„selbst unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze
getragen hat". Er war darum im göttlichen Gericht als
ein Schuldner, aber nicht als ein solcher, der eigene
Schulden gemacht hatte, sondern als ein solcher, der für
fremde Schulden gut gesagt und daher bezahlen mußte,
was Er nicht geraubt hatte. (Ps. 64, 4.)
Über einen Israeliten, der gesteinigt und ans Holz
gehängt werden sollte, mußte erst ein Gericht gehalten
und ihm darinnen die Strafe nach Urteil und Recht zuerkannt
werden. So hat auch die Weisheit Gottes nicht
gewollt, daß Christus im Tumult und Aufruhr umkommen
sollte, sondern es wurde vorher ein ordentlich Blut-
Gericht über Ihn gehalten, Zeugen abgehört, beraten und
endlich der Ausspruch getan: Er ist des Todes schuldig.
Und zwar wurde ein solches Urteil über Ihn gefället von
denen, die auf Moses Stuhl saßen, die von dem Volke
— 493 —
als Götter angesehen wurden und ihre Urteile mit einer
göttlichen Autorität aussprachen. Er hatte vor dem hohen
Rate Sein Bekenntnis abgelegt, daß Er Christus, der
Sohn Gottes, sei, worauf der Hohepriester seine Kleider
zerriß und sprach: „Ec hat gelästert; was bedürfen wir
noch Jeugen? siehe, jetzt habt ihr die Lästerung gehört.
Was dünkt euch? Sie aber antworteten und sprachen:
Er ist des Todes schuldig." (Matth. 26, 65. 66.) Und
da Er später Pilatus vorgestellt wurde, und derselbe bekannte,
daß er keine Schuld an Ihm finde, antworteten
die Juden: „Wir haben ein Gesetz, und nach unserem
Gesetz muß Er sterben, weil Er sich selbst zu Gottes Sohn
gemacht hat". (Joh. 49, 7.) Mit welchen Worten sie
auf zwei verschiedene Gesetze zu zielen scheinen: Z. Mose
24, 46; 5. Mose 48, 20.
Es ist alles an Ihm und durch Ihn erfüllet worden,
an Ihm, dem gekreuzigten Jesus. Wie Er im göttlichen
Gericht als der größte Sünder angesehen wurde, so ist
Ihm auch das größte Maß des Fluches zugemessen worden.
Es war nicht nur vor den Menschen mit der Kreuzigung
eine ungemeine Schmach verbunden (Ps. 69, 20),
indem diese die allecschimpflichste Strafe war, mit welcher
die Römer nur die verächtlichsten Sklaven zu belegen
pflegten, sondern alles wurde dadurch noch unendlich vergrößert,
daß Er von feiten Gottes als ein Verfluchter
behandelt wurde. So war der gekreuzigte Jesus nicht nur
ein Fluch und ein Auskehricht derWelt (4. Kor. 4, 43),
sondern auch ein Fluch Gottes. Der heilige Sohn Gottes,
die Quelle alles Segens, wurde vor Gott und Seinen
heiligen Engeln als ein Fluch angesehen.
Ein gehängter Israelit war nur ein Fluch bis zum
— ry4 —
Untergang der Sonne, da er abgenommen werden mußte;
zugleich war er in seinem Hangen am Holz anzusehen
als ein der Gerechtigkeit Gottes ausgeliefertes Opfer,
durch welches der öffentliche Fluch vom Lande hinweggenommen
wurde. Von wem aber kann man dieses mit
größerem Recht sagen, als von dem gekreuzigten Jesus?
Dieser hat Sünde und Fluch hinweggenommen an eine
m Tage nach Sach. Z, 9, und ist nicht länger unter
dem Fluche Gottes geblieben, nachdem Er ausgerufen:
„ES ist vollbracht". Seinen Geist in die Hände Seines
Vaters übergab, und darauf vom Holze abgenommen und
ehrlich begraben wurde. Wenn der Gehängte abgenommen
und begraben war, wurde das Land, welches durch
seine Sünden verunreinigt worden, wieder für rein geachtet.
Indem nun der Leib Jesu vom Holz abgenommen
und begraben wurde, war dieses ein unfehlbares Zeichen,
daß der Gerechtigkeit Gottes Genüge geschehen war. Nun
sind alle diejenigen, die an den Gekreuzigten glauben,
rein in Gottes Augen, frei von allem Fluch, los von aller
Verdammnis. Dahingegen ist das arme jüdische Volk noch
unter dem Fluche, weil es Jesum Christum noch als am
Kreuz hangend betrachtet und verspottet, obwohl Gott
ihm zu erkennen geben wollte, daß der Messias ganz gewiß
an dem Tage, da Er den Fluch am Holze getragen, noch
vor Sonnenuntergang Sünde und Fluch hinwegnehmen
und darauf begraben werden sollte.
Welch ein Zorn wird auf dich warten, wenn du diese
Liebe des gesegneten Sohnes Gottes verachtest und in deiner
Unbußfertigkeit dahinstirbst? Wird an dir dann nicht
erfüllet werden, was von dem verfluchten Verächter Jesu
— ryz —
Christi Psalm 1.0Y, 47. 78 geweissaget ist? Er liebte den
Fluch, hatte kein Gefallen an Segen. Bedenke wohl, waö
für einen Ausgang es mit dir nehmen wird, wenn du auf
den Wegen des Fleisches fortgehest, deren Ende Verdammnis
ist! Sünde und Fluch gehören zusammen, und es ist
unmöglich, dem Fluche zu entgehen, wenn man das unselige
Joch der Sünde nicht abwerfen will. Der Herr
ließ einst dem König Josia sagen: „Weil dein Herz weich
geworden, und du dich vor Gott gedemütigt hast, als du
Seine Worte über diesen Ort und über seine Bewohner
hörtest, und du dich vor mir gedemütigt und deine Kleider
zerrissen und vor mir geweint hast, so habe ich es
auch gehört, spricht Jehova". (2. Chron. 34, 27.)
„Geliebte, laßt uns einander lieben!"
ll.Aoh. 4,7.1
Wie berichtet wird, entwirft der christliche Philosoph
Aristides, der im Anfang des zweiten Jahrhunderts
n. Chr. lebte, in einer Schrift zur Verteidigung des Christentums,
die er dem Kaiser Hadrian bei dessen Aufenthalt
in Athen überreichte, folgende Schilderung von dem Leben
der ersten Christen: „Ihr Wesen ist Freundlichkeit.
Falschheit gibt es bei ihnen nicht. Sie lieben einander.
Keine Witwe übersehen sie. Die Waisen schützen sie vor
denen, die ihnen Gewalt antun. Wer von ihnen etwas
hat, gibt dem, der nichts hat, und gönnt es ihm. Wenn
sie jemand sehen, der aus der Fremde kommt, führen sie
ihn unter ihr Dach. Sie freuen sich an ihm wie an einem
wirklichen Bruder. Wenn sie hören, daß einer von ihnen
um des Namens Christi willen gefangen gesetzt ist, oder
— ryb —
daß er von den Gegnern bedrängt wird, so sorgen sie für
alles, was er braucht, und wenn es möglich ist, befreien
sie ihn. Wenn jemand unter ihnen arm ist oder in Not
gerät, und sie haben selbst keine überflüssigen Mittel, so
fasten sie zwei oder drei Tage für ihn. So können sie dem
Armen geben, was er zur Nahrung bedarf."
Israel
„Ihr seid mein Volk", Jehova hat's gesprochen,
Und Sein Erbarmen bleibt euch allezeit;
Habt ihr gleich trotzig Seinen Bund gebrochen,
Bei Ihm ist Liebe und Barmherzigkeit.
Das Angesicht, dem eure Zauste drohten,
Das blickt euch an, mit heißer Liebs an,
Still fleht der Mann, dem ihr nur Haß entboten:
„vergib, sie wissen nicht, was sie getan."
Sie wissen's nicht! Jehova hat's vernommen,
Und fühlten eure Glieder manchen Streich,
Und sankt ihr tief, es wird die Stunde kommen,
Da greift der Herr zum Schwert, für euch, für euch!
Für euch, die weinend Seine Wunder schauen,
Für euch, die Er verlassen Jahr um Jahr,
Die Er durch Leidensnacht und Todssgrauen
Zur Herrschaft führt — ein Heiland wunderbar!
Und zum Zerspringen wird das Herz euch schlagen,
Wenn träumend euer Dhr die Kunde hört:
„Dein König, Israel, läßt nach dir fragen,
Und deine Schönheit ist's, die Er begehrt."
(Ans „Heimkehr" von I)r. UI. B.)
Ser Berg Klon
lLtes Hevr. is, iS-2y.I
Wir sind nicht gekommen zu dem in schwere Wolken
gehüllten, rauchenden Berge Sinai, dem Berge des
Gesetzes, sondern zu dem Berge Zion, dem Berge der
Gnade, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen
Jerusalem usw.
Als das Volk Israel, aus der Knechtschaft Ägyptens
befreit, in die Wüste gelangt war, beging es den folgenschweren
Fehler, sich unter das Gesetz zu stellen. Anstatt
der Gnade des Gottes, der Sein Volk erlöst, es auf
Adlersflügeln getragen und zu sich gebracht hatte, weiter
zu vertrauen, rief es in unbegreiflicher Verblendung:
„Alles, was Jehova geredet hat, wollen wir tun!" Ohne
zu bedenken, was es damit auf sich nahm, wiederholte
es kurz nachher, als Moses ihm die inzwischen erhaltenen
Worte des Bundes" vorlas, das gleiche Gelübde. (2. Mose
49,8; 24,7.) Aber kaum waren zum erstenmal diese Worte
über die Lippen der Vermessenen gekommen, als Gott
gebot, eine Grenze um den Berg zu ziehen, damit niemand
auch nur sein Äußerstes anrühre. Zugleich verkündigten
die finsteren Wolken auf dem Gipfel deö Berges, die Donner
und Blitze, verbunden mit dem fort und fort stärker
werdenden Posaunenschall, vernehmlich die Schrecken des
Ortes, an welchem der Gesetzgeber Seine Wohnung aufgeschlagen
hatte. Das erschreckende Ergebnis von allem
war, daß „die Hörer baten, daß das Wort nicht mehr
an sie gerichtet würde". (V. 49.)
i^xxx 8
1Y8
Ach, wohin hatte ihr unbesonnenes Versprechen sie
gebracht! Um sie her daö unabsehbare gelbe Sandmeer
der Wüste, vor ihnen der kahle, im „Dunkel des Gewölks"
drohend auf sie Herabschauende Berg Sinai, zwischen
ihnen und Gott eine Grenze, deren Überschreitung
ihnen den unmittelbaren Tod brachte; kein Lichtpunkt,
kein freundlicher Ausblick rings um sie her — welch eine
Lage! Hätten sie verstanden, Gott zu vertrauen, hätten
sie Ihm ihre völlige Kraftlosigkeit bekannt und sich von
Seiner Macht und Gnade abhängig gemacht, wie glücklich
würden sie gewesen sein! Mit dem Gott der Herrlichkeit
in der Wüste ist unendlich besser, als ohne Ihn
unter den Palmen Ägyptens.
Als Israel zu dem Berge kam, der betastet werden
konnte, und zu dem entzündeten Feuer, da bebte es zurück
vor der furchtbaren Gegenwart Jehovas. Völlig unfähig,
die Forderungen des heiligen Gottes zu erfüllen,
endete sein vermessenes Vorgehen da, wo es enden mußte,
wo ein ähnliches Tun immer enden wird — in völligem
Mißlingen, in Furcht und Zittern.
Zu den Hebräern, die auf dem Boden der Gnade
standen, konnte der Apostel sagen: „I h r seid gekommen
zum Berge Zion", und wir müssen in den Ausdruck „Berg
Zion" alles das einschließen, was in den Versen 22—24
aufgezählt ist. Dieser Ausdruck „Berg Zion" ist von
tiefgehender Bedeutung. *) Die ganze Geschichte Israels
auf dem Boden der Verantwortlichkeit endete mit einem
*) <Ls empfiehlt sich, einmal alle dis Stellen im Alten
Testament aufzusuchen, in denen der Name Zion vorkommt.
Man wird finden, welch eins besondere Äraft in dem Namen
liegt. (Siehe z. B.: sss. 78, 68; Zes. f8, 7; Zer. 8, fsi;
Zoel 2.)
— ryy —
„Jkabod": Nicht-Herrlichkeit. Als die Lade Gottes in
die Hände der Philister fiel, da zerriß das Band, das zwischen
Jehova und Seinem Volke bestanden hatte. Später
kam die Lade zwar nach Kanaan zurück, blieb aber zwanzig
Jahre im Hause Abinadabs zu Kirjath-Jearim.
(Vergl. 4. Sam. 4,49—22; 7, 4. 2.) Äußerlich war alles
hoffnungslose Verwirrung, und wie es in den Herzen
aussah, das bewies die Forderung des Volkes, einen König
zu haben nach der Weise der heidnischen Nationen
und nach den fleischlichen Wünschen der Natur. Datrat
Gott ins Mittel. Nachdem Saul trotz all seiner
menschlichen Vorzüge seine völlige Unfähigkeit, das Volk
Gottes zu leiten, bewiesen hatte, erwählte Jehova David,
den Mann nach Seinem Herzen, und in Verbindung
mit ihm den Berg Zion; mit anderen Worten, Er errichtete
das Königtum auf demBodender Gnade,
und schuf damit eine völlig neue Verbindung mit Seinem
Volke. (Ps. 78, 67. 68.) Auf Zion wurde dann später
auch der Tempel erbaut.
„Ihr seid gekommen zum Berge Zion." Aber ist das
alles? O nein; laßt uns weiter hören! Die Gnade Gottes
hat sich in einer Weise verherrlicht, welche Engel und
Menschen sich nie hätten träumen lassen können. Einmal
auf dem Boden der Gnade, sind wir mit den gläubigen
Hebräern gekommen zu der Stadt des lebendigen Gottes,
dem himmlischen Jerusalem, mit einem Wort, in den
Himmel selbst. Dort angelangt, sehen wir uns in der
Gesellschaft von Myriaden von Engeln, der „allgemeinen"
Versammlung droben; als zweiten Kreis erblicken
wir „die Versammlung der Erstgeborenen", eine beson­
dere Versammlung, die aus solchen besteht, deren Na
200
men „in den Himmeln angeschrieben sind". Es sind nicht
etwa nur Geschöpfe wie die Engel, so erhaben diese sein
mögen, sondern Menschen, die das besondere Borrecht besitzen,
mit Namen in den Himmeln angeschrieben zu sein —
eine Versammlung, die Gott mit Christo, dem Erstgeborenen,
gleichsam auf einen Boden gestellt hat. Sie alle
umgeben Ihn. Wunderbare Auszeichnung! Weiter sind
wir gekommen zu „Gott, dem Richter aller". Diese Bezeichnung
will wohl nicht an Gott erinnern als Den, der
einmal die ganze Welt richten wird, sondern an Ihn als
den gerechten Richter aller in den Wegen Seiner Vorsehung
und Regierung. „Und zu den Geistern der vollendeten
Gerechten", der Heiligen des Alten Testaments in
dem Charakter, welchen die Gnade ihnen gegeben hat: sie
sind „Gerechte" und haben als solche ihren Lauf vollendet.
Schließlich — und damit werden wir gleichsam aus
dem Himmel auf die Erde zurückgeführt — sind wir gekommen
„zu Jesu, dem Mittler eines neuen Bundes",
nicht zu diesen: Bunde, sondern zu Ihm, dem Mittler
desselben. Der Bund selbst wird dereinst mit Israel
gemacht werden, unser Teil ist höher, persönlicher, ist
Er selbst, der sich nicht schämt, uns „Brüder" zu nennen.
— „Und zu dem Blute der Besprengung", durch welches
diese Erde im Tausendjährigen Reiche all der für sie bestimmten
Segnungen teilhaftig werden wird. Dieses Blut
„redet besser als Abel", es schreit um Gnade, während
das Blut Abels um Rache schrie.
Welch eine Welt von Herrlichkeiten breitet sich hier
vor unseren staunenden Blicken aus! Wie erbärmlich erscheint
Ägypten und der ganze Hof des Pharao, die Welt
nut all ihrem Gleißen und Glänzen, im Vergleich mit
— 2or —
diesem wunderbaren Gemälde göttlichen Segens und göttlicher
Ordnung! Maler haben versucht, diese Dinge im
Bilde darzustellen, sind dabei aber kläglich zuschanden geworden.
Wir haben es mit göttlichen Wirklichkeiten
zu tun, und wir dürfen uns freuen in dem Lichte, dem
Frieden und der Freude dieses wunderbaren Berges. Der
Gott der Herrlichkeit „redet von den Himmeln her" zu
uns, um unsere Herzen in der Gnade zu befestigen. Und
wahrlich, hier atmet die Seele Himmelsluft, hier findet
sie Ruhe und Erholung, ähnlich wie ein geschwächter Körper
in der milden, balsamischen Luft eines südlichen Kli­
mas.
O wenn wir uns nur mehr mit diesen Dingen beschäftigen
wollten und mehr suchen würden, in die Mitteilungen,
die uns vom Himmel her gemacht werden,
einzudringen! Wir sind berufen, Zeugen von diesen Dingen
zu sein, in Wort und Wandel kundzutun, wo unser
Teil liegt, und woher wir kommen. Im Geiste ist alles,
was wir hier finden, schon wahr für uns. Die Frage ist
nur, inwieweit wir durch den Glauben verwirklichen, was
die Gnade uns gebracht hat. Wir gehören dem himmlischen
Teil des Reiches an, das nicht erschüttert werden
kann, und in kurzem werden wir im Vollgenuß alles dessen
stehen, was uns hier gezeigt wird. Bilden wir doch
jene Gruppe, die im Mittelpunkt des Ganzen erscheint,
und von der wir im 2. Kapitel lesen: „Der, welcher
heiligt, und die, welche geheiligt werden, sind alle von
einem" — jene Hochbegnadigten, die Er „Brüder" zu
nennen sich nicht schämt, und die, dem Bilde des Sohnes
Gottes gleichförmig gemacht, bald mit Ihm vor dem Angesicht
des Vaters stehen werden „mit Frohlocken".
202
Und nicht wahr? mein Leser, wir wünschen auch,
mehr von diesen Dingen zu verstehen. Da wo die Gnade
wirklich erkannt und geschätzt wird, gibt es kein Stillstehen
in der Erkenntnis des Willens Gottes. Die Gnade
macht nicht träge und fruchtleer, sondern hat eine anspornende
Kraft; sie ist es, die uns antreibt, der Heiligkeit
nachzujagen, in allem Guten fortzuschreiten. „Sehet
zu, daß ihr Den nicht abweiset, der da redet", wurde den
Hebräern gesagt, von denen viele in Gefahr standen, zu
einer irdischen Religion zurückzukehren. Und ich meine,
dieses Wort rede mit derselben Kraft und Anwendbarkeit
heute zu uns, wenn wir auch nie auf jüdischem Boden
gestanden haben.
Es galt für die gläubigen Hebräer, vieles, ja, alles
aufzugeben, was ihnen bisher teuer und wertvoll gewesen
war, einen Gottesdienst, wie er den Wünschen und
Neigungen des religiösen Fleisches entsprach. Wollten sie
auf dem Wege, auf den sie gestellt waren, Fortschritte machen,
so konnte es nur in dem Lichte des Berges Zion
geschehen, in entschiedener Abkehr von dem gesetzlichen
Boden, auf welchem sie gestanden hatten. Und das war
ohne Opfer, schmerzliche Opfer ihrerseits, nicht möglich.
Auch wir können keine Fortschritte machen, nicht wachsen
in der Gnade, ohne Opfer zu bringen, oder besser: ohne
ein fortgesetztes Opfern alles dessen, was auf Erden ist,
gibt es kein wahres, geistliches Wachstum.
Das Letzte, was die Hebräer aufzugeben gewillt waren,
war wohl ihr religiöses Ansehen. Das irdische Jerusalem,
die geliebte Stadt, den Tempel und alles, was
damit verbunden war, dranzugeben und hinauszugehen,
außerhalb des Lagers, um die Schmach eines himmlischen,
203
hienieden gekreuzigten Christus zu tragen, war wahrlich
nicht leicht für sie. Aber es mußte geschehen, und indem
sie dem bisherigen religiösen Mittelpunkt den Rücken kehrten,
um zu Jesu zu gehen, zu Ihm allein, bezeugten sie,
daß sie hier keine bleibende Stadt hatten, sondern die
„zukünftige" suchten.
Auch wir sind berufen, mit dem Gott, der viele
Söhne zur Herrlichkeit bringen will, zu wandeln. Er will
und wird uns leiten. Auch in der Christenheit gibt es nicht
so etwas wie eine „bleibende Stadt". Und vergessen wir
es nicht, wenn wir nicht Fortschritte auf einem durch
himmlische Dinge gekennzeichneten Wege machen, geht es
mit uns rückwärts. Man hat schon oft und mit Recht gesagt:
Ein Mensch, der in einem Kahn einen Fluß hinaufrudern
will, würde nicht weit kommen, ja, nicht einmal
lang an derselben Stelle bleiben, wenn er aufhören würde
zu rudern. Er würde sehr bald mit dem Strom abwärts
treiben. Und welcher Strom ist mit dem gewaltigen
Strom unserer Zeit zu vergleichen?
Es gibt leider manche Gläubige, die sich von diesem
Strom mitfortreißen lassen. Viele Hände sind schlaff,
viele Kniee lahm geworden, und nicht wenige sind vom
rechten Wege abgekommen. Aber die wichtige Frage für
uns, für mich und den Leser dieser Zeilen, ist, ob wir
nicht aufgehört haben zu rudern, ob wir treu in dem
Lichte vorangegangen sind, das Gott uns gegeben hat
und täglich in Seiner Gnade zu geben bereit ist.
Es wird einmal, wer weiß wie bald, eine allgemeine
Erschütterung aller bestehenden Dinge geben. Wir aber
empfangen ein Reich, das unerschütterlich ist. Gelegentlich
eines Erdbebens kann man den furchtbaren
204
Schrecken sehen, der die Bewohner des betreffenden Landteiles
erfaßt. Was aber wird einmal, wenn alle Dinge
erschüttert werden, der Schrecken derer sein, die auf der
Erde wohnen! O glücklich alle, die von dem Boden, der
bald unter den Füßen jener Sicheren zusammenbrechen
wird, weggeführt und in Sicherheit gebracht sind! Der
Boden, auf dem sie stehen, kann nicht erschüttert werden.
„Deshalb", fährt der Apostel fort, „da wir ein unerschütterliches
Reich empfangen, laßt uns Gnade haben,
durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit
Frömmigkeit und Furcht."
Wohl ist es wahr, daß auch unser Gott ein verzehrendes
Feuer ist. Aber wenn unsere Herzen aufrichtig vor
Ihm sind, werden wir gern alles verbrennen sehen, was
unsere Fortschritte in der Erkenntnis Seiner Gnade und
in Seinem Dienst hindern will. Der Dornbusch, den
Moses einst in der Wüste sah, brannte im Feuer, wurde
aber nicht verzehrt. (2. Mose Z, 2.) So ist es auch mit
uns. Mögen die feurigen Prüfungen des Weges auch alles
verzehren, was auf dem Gang durch diese Welt unsere
Herzen so leicht gefangen nimmt und sich an uns hängen
will, es kann uns nur Gewinn bringen. Zemehr das Verständnis
von der Gnade Gottes in uns wächst, jemehr
die wahre geistliche Freiheit in uns zunimmt, destomehr
werden wir imstande sein, „Gott wohlgefällig zu dienen
in Frömmigkeit und Furcht", destomehr werden wir „gerade
Bahn machen für unsere Füße".
Gott schenke uns denn allen ein aufrichtiges Herz
und einen festen Geist!
205
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorinther
VI.
Kapitel V.
Ich erinnere daran, daß unser Brief in seinen ersten
Kapiteln von der Kirche oder Versammlung als Haus
Gottes redet, nicht etwa von Kirchen, wie die Menschen
sie in ihrem Ungehorsam gegen das Wort Gottes errichtet
haben. Nun, obwohl allerlei böse Elemente in dieses
der Verantwortlichkeit des Menschen anvertraute Haus
eingedrungen sind, haben wir uns doch, da wir einen
Teil dieser verantwortlichen Kirche ausmachen, so in ihr
zu verhalten, wie es zur Ehre Christi und Gottes gereicht;
denn sie ist Sein Haus. Wir finden deshalb auch in dem
t. Brief an Timotheus, wo das verantwortliche Haus
sich noch in einem guten Zustand befindet, die Worte:
„Auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im
Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen
Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit".
(Kap. Z, tS.) In: Gegensatz dazu hatte sich bei den
Korinthern, wie wir gesehen haben, viel Unordnung eingeschlichen.
Anstatt die verschiedenen Gaben als im Dienste
des Hauses Gottes stehend zu betrachten, gebrauchten sie
sie zu ihrer Selbstverherrlichung, indem sie „sich aufblähten
für den einen, wider den anderen", den Menschen erhoben
und Sekten bildeten. Die Ursache lag in ihrem
fleischlichen Zustand, und anstatt sich richtig zu verhalten,
gaben sie nur ein Bild der Unordnung. Aber Gott benutzt
gerade diese Unordnung, um uns heute über die Ordnung
zu belehren, welche Seinem Hause geziemt.
— 206 —
Unser Kapitel weist auf ein Ärgernis hin, das von
der Versammlung in Korinth geduldet wurde, auf einen
Fall von Hurerei, wie er ähnlich nicht einmal unter den
Heiden vorkam. Der Apostel spricht nur zwei Worte darüber,
so widerstrebt es ihm, auf die Einzelheiten einzugehen.
Die Korinther wußten viele Dinge — wenn wir die
Kapitel S und 6 durchwandern, begegnen wir immer wieder
den Worten: „wisset ihr nicht?", einer Frage also,
die ein klares christliches Wissen anzeigt — aber in anderen
Dingen waren sie unwissend und hatten zu lernen,
wie sie sich betreffs derselben zu verhalten hatten.
So war es auch mit dem Anstoß, der in ihrer Mitte
vorgekommen war. Wenn wir das Alte Testament bei
5. Mose 17—2t aufschlagen, finden wir wieder und wieder
die Aufforderung: „du sollst das Böse aus deiner
Mitte hinwegschasfen", aber um diesem Worte nachzukommen,
mußte die Gemeinde Israel die Leute, die das
Böse verübt hatten, steinigen, d. h. durch den leiblichen
Tod aus ihrer Mitte entfernen. Wenn es sich um die
christliche Versammlung handelte, so wußten die Korinther
sehr wohl, daß sie das nicht tun konnten. Aber was
mußte geschehen? Vor allem eines, das sie wohl wußten,
aber nicht taten, weil sie von Hochmut erfüllt waren:
anstatt sich zu demütigen, zogen sie vor, über das Böse
mit Stillschweigen hinwegzugehen. Darum ruft ihnen der
Apostel zu: „Ihr seid aufgeblasen und habt nicht vielmehr
Leid getragen, auf daß der, welcher diese
Tat begangen hat, aus eurer Mitte hinweggetan würde".
Was sie zu tun hatten, war nicht, sich nach einer Erkenntnis
zu richten, die sie nicht besaßen, sondern nach dem
zu handeln, was sie erkannt hatten. So wußten sie noch
207
nicht, wie sie den Bösen hinaustun sollten, aber sie hätten
sich demütigen sollen, damit er aus ihrer Mitte hin­
ausgetan werde.
Das ist eine sehr wichtige Belehrung für uns. Wenn
wir von Gott auch nur über einen einzigen Seiner Gedanken
Verständnis erlangt haben, so sind wir verpflichtet,
uns demselben bedingungslos anzupassen; Gott wird
uns dann weiter über das belehren, was uns noch fehlt.
War in dem Fall der Korinther nicht Demütigung am
Platz? Und wußten sie das nicht? Diese Wahrheit ist zu
allen Zeiten anwendbar. Wenn die Christen heute hinsichtlich
der Dinge, zu denen sie gelangt sind, alle gehorsam
wären, so würden sie miteinander auf demselben
Wege wandeln, und der Herr würde ihnen offenbar machen,
was ihnen noch fehlt. Ohne Zweifel würden nicht
alle die gleiche Erkenntnis besitzen, aber niemals wird die
Kenntnis einer Wahrheit, so unvollkommen sie sein mag,
eine gehorsame Seele auf einen anderen Weg führen,
als den Weg Gottes. Ich kann mit einer sehr beschränkten
Erkenntnis in denselben Fußtapfen wandeln wie mein
Bruder, der viel mehr Einsicht besitzt als ich.
Wenn die Korinther dementsprechend gehandelt hätten,
so würden sie Leid getragen und darauf gewartet
haben, welchen Weg Gott ihnen zeigen würde, um sich
von dem Bösen zu reinigen. Aber ihr Hochmut ließ sie
nur an sich und ihre eigene Ehre denken, und so konnten
sie, angesichts eines Bösen, das abscheuerregender kaum
hätte sein können, nicht gereinigt werden. Gott forderte
nicht von ihnen eine Zucht, von der sie noch nichts wußten,
wohl aber ein aufrichtiges Leidtragen, und das hätten
sie wissen sollen.
208
Wenn es sich um die Ausübung dieser Zucht handelte,
so konnte der Apostel in ihrer Mitte von der besonderen
Autorität Gebrauch machen, die ihm anvertraut
worden war. (V. Z—5.) Er hätte jenen Mann dem Satan
überliefern können — und er hatte schon beschlossen,
das zu tun, falls bei den Korinthern der Gehorsam gegen
Gott sich nicht zeigen würde. In derselben Machtvollkommenheit
hatte schon der Apostel Petrus Anamas und Sap-
phira hinausgetan, weil sie den Heiligen Geist belogen
hatten. Hier handelte es sich darum, den Hurer dem Satan
zu überliefern, d. h. ihn Satan als Beute zu überlassen,
sei es selbst bis zur Zerstörung des Leibes, damit
der Geist errettet werde am Tage des Herrn Jesus. Trotz
seiner abscheuerregenden Sünde wurde dieser Mann als
zum Hause Gottes gehörend betrachtet; aber der Apostel
konnte über ihn verfügen. Zu einer solchen Handlung
war niemand, außer einem Apostel, berechtigt; und wenn
wir heute gegen jemand, der gesündigt hat, Zucht ausüben,
so können wir nicht sagen, daß wir ihn dem Satan
überliefern. In k. Tim. k, 20 sagt der Apostel, daß
er es getan habe, und zwar ohne jede Verbindung mit
der Versammlung. Als Lästerungen gegen die Person
Christi in Frage standen, hatte er keinen Augenblick gezögert,
so zu handeln, damit die an jener Stelle genannten
Männer lernen möchten, nicht zu lästern. Was den
Hurer in Korinth betrifft, scheint er sein Vorhaben, wenn
es wirklich bestanden hat, nicht ausgeführt zu haben, und
zwar aus folgendem Grunde: hätte er es getan, so wäre
das Gewissen der Korinther nicht in Tätigkeit gekommen,
und dieses mußte doch vor allem anderen dem Bösen gegenüber
aufgeweckt werden. (V. b.)
209
Ein solcher Mangel an Gewissen kennzeichnet stets
Christen, die nach dem Fleische wandeln. Das Rühmen der
Korinther war nicht gut. Wieviele Demütigungen könnten
sich die Gläubigen ersparen, denen der Herr ein Zeugnis
anvertraut hat, wenn sie nicht an sich selbst dächten und
ihrem Hochmut Nahrung gäben! Und wie oft sind wir,
wenn wir uns für etwas hielten, in den Staub geworfen
worden, gleich den Korinthern in jenem Augenblick!
„Wisset ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig die
ganze Masse durchsäuert?" Dieses Wort, das wir in Gal.
5, 9 im Blick auf gesetzliche Satzungen wiederfinden, wird
hier auf das Fleisch angewandt. Sünde, die in der Versammlung
geduldet wird, übt ihren verderblichen Einfluß
auf die ganze Versammlung aus, und ähnlich wirkt
Gesetzlichkeit. Weiter sagt der Apostel: „Feget den alten
Sauerteig aus, auf daß ihr eine neue Masse sein
möget, gleichwie ihr ungesäuert seid". „Ungesäuert", so
sieht uns Gott auf Grund des Werkes Christi. All das
Gesagte ist eine Anspielung auf das Passah und das Fest
der ungesäuerten Brote in 2. Mose 42. Das Blut des
Passahlammes wurde an die Pfosten und an die Oberschwelle
der Tür gestrichen, und als der Würgengel vorüberging,
verschonte er die Kinder Israel, weil Gott das
Blut sah. Aber nicht das Passah war das Fest, es war
nur der Ausgangspunkt desselben. Dies erhellt deutlich
aus 4. Mose 23, 46, wo wir lesen: „Im ersten Monat,
am vierzehnten Tage, ist das Passah Jehovas. Und am
fünfzehnten Tage istdasFe st", das Fest der ungesäuerten
Brote. So ist es auch hier in Vers 7 und 8: „Auch
unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum laßt uns
Festfeier halten."
— 2ro —
Es handelt sich hier nicht um das Abendmahl, die
Gedächtnisfeier des Todes Christi; diese finden wir im
U. Kapitel unseres Briefes. Alle, die den Wert des Blutes
Christi verstanden haben, wissen, daß sie kraft dieses
Blutes ohne Sauerteig sind vor Gott, und daß sie vor
Ihm erscheinen dürfen, bekleidet, wie Christus, mit einer
vollkommenen Heiligkeit; aber sie müssen mit Sorgfalt
darauf achten, daß sie bei ihrem Erdenwallen dem
Charakter entsprechen, den sie in Seiner Gegenwart tragen,
und dazu sind sie befähigt. Sie müssen bei ihrem
Durchgang durch diese Welt die sieben Tage der ungesäuerten
Brote feiern. Die Zahl 7 ist im Worte stets die
Zahl der Fülle; hier entspricht sie der vollen Zeit unseres
Wandelns hienieden. Wenn wir die Absicht Gottes, in
welcher Er uns durch das Blut Christi erlöste, verstanden
haben, welch ein Gedanke ist es dann für uns, daß
unser Leben ein beständiges Fest sein soll, ein Fest praktischer
Heiligkeit Gott gemäß und für Gott!
Der Apostel fügt in V. y die Worte hinzu: „Ich
habe euch in dem Briese geschrieben, nicht mit Hurern
Umgang zu haben". Man hat nach diesen Worten gedachr,
daß Paulus noch einen anderen, später verlorengegangenen
Brief geschrieben habe. Dieser Gedanke ist wohl
nicht richtig. Das Wort: „ich habe euch geschrieben",
kehrt im 7. Briefe des Johannes beständig wieder und
weist doch nur auf den Brief hin, den der Apostel schrieb.
So ist es auch hier: gerade in dem vorliegenden Briefe
zeigt der Apostel den Korinthern, daß sie mit Hurern
keinen Umgang haben konnten. Er wollte damit nicht sagen,
daß sie jeden Verkehr mit den Hurern oder den Habsüchtigen
usw. dieser Welt meiden müßten. Wir sind
— 2tt —
ja beständig in Berührung mit dem Bösen, sonst müßten
wir „aus der Welt hinausgehen"; aber „wenn jemand,
der Bruder genannt wird", ein Hurer ist oder ein
Habsüchtiger oder ein Götzendiener usw., mit einem solchen
sollen wir keinerlei Umgang haben. Dies war eines
von den Kennzeichen der Jucht, welche die Korinther noch
nicht kannten, und der Apostel belehrt sie nun über das,
was sie zu tun hatten.
Wir sind gehalten, diesem Worte zu gehorchen, und
sollen verstehen, daß wir, wenn jemand aus der Versammlung
hinausgetan worden ist, „nicht einmal mit
einem solchen essen" können, damit er die Bedeutung
des an ihm vollzogenen Ausschlusses erkenne und so dahin
geleitet werde, die Gemeinschaft mit der Versammlung
wiederzufinden. Als böse hinausgetan, behält er diesen
Charakter bis zu seiner Umkehr.
Es war nicht Sache der Versammlung, ein richterliches
Urteil über den Mann zu fällen, sondern angesichts
der Reinheit des Hauses Gottes in dieser Welt den
Sauerteig aus ihrer Mitte Hinwegzutun. Wenn die Korinther
das nicht getan hätten, so würden sie jedes Recht
verloren haben, die Versammlung Gottes in Korinth
(Kap. t, 2) zu sein. Leider kommen auch wir oft in die
Lage, Jucht ausüben zu müssen. Möchten wir es nicht
tun in dem Sinne einer Gerichtshandlung, sondern in
der Absicht der Liebe, daß der Gefallene die verlorene Gemeinschaft
wiederfinde und, indem der Geist durch Demütigung
in seiner Seele wirkt, wieder an den Platz zurückgeführt
werde, der ihm entzogen werden mußte. Laßt
uns aber anderseits niemals in jener falschen Liebe gegen
den Ausgeschlossenen handeln, (der man so oft begegnet,)
2k2
daß wir die brüderlichen Beziehungen zu ihm aufrecht halten;
das würde nur unsere Gleichgültigkeit dem Bösen
gegenüber verraten und tatsächlich verhindern, daß die
Zucht ihre Wirkung auf das Gewissen des anderen ausübe.
Das will nicht sagen, daß wir uns nicht über die
durch den Ausschluß hervorgebrachten Wirkungen unterrichten
und sorgfältig die ersten Anzeichen einer Umkehr
zum Guten überwachen sollen, um so den Gefallenen
auf diesem Wege zu ermuntern, damit das Werk der
Wiederherstellung ein völliges werde. Im 2. Briefe sehen
wir, daß die von den Korinthern beachtete Ermahnung
einen großen Eifer in ihren Herzen wachgerufen hatte,
sodaß sie selbst sich wegen ihres Hochmuts gedemütigt
hatten, und in der Seele des Ausgeschlossenen ein gesegnetes
Werk der Herstellung vorgegangen war. Nunmehr
konnte der Apostel seine Sprache ändern und die Versammlung
ermahnen, den Mann wieder aufzunehmen,
„damit er nicht etwa durch übermäßige Traurigkeit verschlungen
werde".
„Lomm herüber und hilf uns!"
Der Mensch hat eine unsterbliche Seele. Die Leiber
verfallen, die Seelen bleiben. Wenn die so wunderbar
von Gott geschaffene Maschinerie unseres Leibes versagt,
„wenn unser irdisches Haus, die Hütte, zerstört wird",
dann bleibt die Seele bestehen, und sie wird bestehen in
alle Ewigkeit. Es gibt zurzeit wohl an fünfzehnhundert
Millionen unsterblicher Seelen auf Erden. Alljährlich gehen
Millionen hinüber aus der Zeit in die Ewigkeit, um
diese entweder in Glück und strahlendem Licht oder in
213
Unglück und Finsternis zu verbringen. Unsere Eigenart
bleibt allezeit gewahrt. Adam und Eva leben noch, und
ebenso alle ihre unzähligen Nachkommen. Ein Geschlecht
nach dem anderen kommt und geht. Die Erde ist ein ungeheures
Totenfeld; ebenso bergen die Meere ihre zahllosen
Toten. Dauernd haben Millionen und Abermilli-
onen die Grenzen dieser Zeit überschritten, davongetragen
durch eine Macht, auf die sie ohne jeden Einfluß waren.
Das Rad der Zeit dreht sich langsam, aber unwiderstehlich
und unaufhörlich.
Dieses Hinübergehen des Menschengeschlechts aus der
Zeit in die Ewigkeit hat seinen Anfang genommen, als
Adam und Eva infolge ihres Falles das Paradies verlassen
mußten, und hat bis zu dieser Stunde keine Unterbrechung
erfahren, es wird auch keine erfahren bis zu
dem Augenblick, wo jede Zeitrechnung aufhören wird.
Einem ungeheuren Magnet vergleichbar, zieht die Ewigkeit
unentrinnbar alles in ihre Umarmung.
Angesichts dieser ernsten, folgenschweren Tatsache
sollte kein wahrer Christ, kein Jünger, keine Jüngerin
Jesu den Ruf übersehen, der einst an Paulus erging,
aber auch heute noch gilt: „Komm herüber und
hilf uns l" (Apstgsch. Itz, y.)
Beim Anführen dieser Stelle denke ich nicht in erster
Linie an das Missionswerk unter den Heiden, obwohl
der Umstand erschütternd genug ist, daß bis heute der
größere Teil der Erde noch nicht wirklich unter den Schall
des Evangeliums gekommen ist. Hunderte von Millionen
wissen von keinem anderen Ruf als dem des Muezzin,
wenn er vom hohen Minaret herab die gläubigen Mohammedaner
zum Gebet auffordert. Andere Hundert
2:4
Millionen vernehmen keinen anderen Schall als den der
Trommeln in den zahllosen buddhistischen Tempeln Indiens
und Chinas. Und wieder andere, ich denke an Tibet,
wissen nur von Gebetsmühlen und „fliegenden Gebeten",
die, auf Papierfetzen und Lappen geschrieben, an Stangen
und Stricken in der Luft flattern. Welch ein erbarmenswerter
Zustand der Menschenseele! Hunderte und Aberhunderte
von Millionen sind ohne Christum, ganz
abgesehen von den Armen, die noch im traurigsten Fetischdienst
dahinleben!
Aber, wie gesagt, an die Aufgabe, diesen unzähligen
Massen das Evangelium zu bringen, dachte ich jetzt weniger.
Nicht jeder kann als Missionar in die Ferne ziehen,
wenn auch das Wort des Herrn: „Gehet hin in die ganze
Welt, und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung!"
sicherlich zu allen Zeiten gehört und beachtet werden
sollte. Nein, ich dachte mehr an die großen Scharen
in unserer nächsten Umgebung, von denen die meisten sich
Christen nennen, dabei aber keinen Heiland und keine
Hoffnung haben. Viele kennen wohl einen „Seelsorger",
stöhnen aber: „Kein Mensch kümmert sich um meine
Seele!" Im Blick darauf möchte ich fragen: Reden wir
von Christo in unseren Häusern, in unserer Umgebung?
Haben wir wohl schon einmal eine kleine Missionsreise in
unsere Nachbarschaft gemacht?
Stelle dir vor, irgend ein Bekannter läge auf seinem
Sterbebett und sagte dir oder mir mit erlöschender
Stimme:
„Sie haben mich so lange gekannt als einen Menschen,
der nicht errettet war. Warum haben Sie mich nie
auf daö Kreuz hingewiesen und mir Jesum gezeigt? Sie
— 2rs —
wußten, daß Gott Liebe ist, aber Sie haben niemals mit
mir darüber gesprochen. Sie haben sich nie um meine
Seele gekümmert, obwohl Sie wußten, daß Jesus für
Sünder gestorben ist."
Ist eine solche Vorstellung nicht geradezu erschütternd?
Ich vergesse nie die Mitteilung einer älteren gläubigen
Frau, die zu einem sterbenden Hausbewohner gebeten
wurde. Der Mann rief ihr zu: „Frau W., ich muß
sterben!" und sie, ach! sie fand kein Wort des Hinweises
auf Christum. Gott helfe uns unsere Trägheit, oder,
wie im vorliegenden Fall, Verzagtheit und Ängstlichkeit
überwinden, wo es sich um das Heil unsterblicher Seelen
handelt! Wer soll denn den Menschen von einem Retter
sagen, wenn nicht die Erretteten? Ach, daß man so vielfach
die Zeit mit dem Streiten um Lehrpunkte oder gar
mit müßigen Redereien ausfüllt — und die Menschen
brauchen doch so nötig Christum!
Die Tragödie der Menschenseele, wenn ich sie so
nennen darf, ist eine Tatsache, und sie spielt sich ab in
unserer unmittelbaren Umgebung. Wir können unserer
Verantwortung, die wir als Gläubige
den Unbekehrten gegenüber haben,
nicht aus weich en. Vielleicht wendet jemand ein:
„Ich kann doch niemand bekehren! Das ist Sache des
Geistes Gottes, der da weht, wo Er will." Jawohl, aber
weshalb hat der Herr gesagt: „Gehet hin und predigt!"
wenn Er nicht wollte, daß die Seinigen ausgehen und
das Wort der Gnade verkündigen sollten? Weshalb schrieb
einst Paulus an Timotheus: „Ich bezeuge ernstlich vor
Gott und Christo Jesu, der da richten wird Lebendige
und Tote, und bei Seiner Erscheinung und Seinem Reiche:
2rs
Predige das Wort!"? und weshalb seine Frage an
die Römer: „Wie werden sie hören ohne einen Prediger
?" Oder die Anführung aus dem Propheten Jesaja:
„Wie lieblich sind die Füße derer, welche das Evangelium
des Friedens verkündigen, welche
das Evangelium des Guten verkündigen!"?
Daheim zu bleiben und zu schweigen, ist freilich bequemer,
aber Gott wird einen jeden von uns je nach
seinem Maße verantwortlich machen für die Seelen um
uns her.
Es ist schon oft daran erinnert worden, welche Anstrengungen
Satan durch seine Diener macht, um Seelen
in seine Netze zu ziehen und immer fester darin zu verstricken.
Und da sollten wir Gläubige nicht allen Ernstes
an die Nöte und Gefahren der uns umgebenden Menschen
denken und entsprechend handeln? Sollten nicht den Wert
einer unsterblichen Seele bedenken samt der Unmöglichkeit
ihrer Errettung außer durch den Glauben an Christum?
Laßt uns auch nicht vergessen, daß eine für Jesum
gewonnene Seele einen Machtfaktoc für den Heiland darstellt
in dieser Welt!
In Verbindung mit dem Gesagten möchte ich noch
an die Wichtigkeit gemeinsamer Gebetsstunden erinnern.
Manche reich gesegnete Erweckung verdankt ihren Ursprung
dem anhaltenden Beten von zwei oder drei Gläubigen.
Es gibt mancherlei Anliegen, die in der Gebetsversammlung
vorgebracht werden dürfen und sollen. Einen weiten
Raum aber sollte darin gewiß auch die Fürbitte für
die Ausbreitung des herrlichen Wortes Gottes nah und
fern einnehmen. Wenn wir den Ernst unserer Tage vor
Gott erwägen, können wir uns unmöglich damit zufrie
— 2:7 —
den geben, daß wir selbst vor dem kommenden Zorn geborgen
sind. Die in unsere Herzen ausgegossene Liebe
Gottes zwingt uns, auch an unsere Mitmenschen zu
denken.
Der Herr ist nahe. Jeden Augenblick können wir
entrückt werden in den Himmel. Vielleicht sendet Gott
in unseren Tagen den letzten Weckruf über die Erde.
Furchtbares geht in der Welt vor, aber noch ist Gottes
Geist mit Macht bemüht, Seelen zu retten.
Die letzte Garbe wird eingebracht in die himmlischen
Scheuern, bevor „der Tag kommt, brennend wie ein
Ofen", an dem „alle Übermütigen und jeder Täter
der Gesetzlosigkeit zu Stoppeln werden". Bald wird heimgeholt
werden in die himmlische Heimat „der da sät und
der da erntet", und beider Freude wird vollkommen sein.
Wird dereinst unser Lohn groß sein, oder müssen
wir mit dem Dichter klagen:
Soll ich denn mit leeren Händen
Linst vor meinem Heiland stehn,
Rann ich keine Seel' Ihm bringen,
Reine einz'ge Garbe sehn?
Jesus hat mich ja erlöset;
Mich schreckt keine Todesnacht.
Aber leer vor Ihm erscheinen,
Das ist, was mich traurig macht.
Rehrten die verlornen Jahre
Nur noch einmal mir zurück,
Für den Heiland froh zu wirken,
Wäre dann mein ganzes Glück!
Brüder, Schwestern, seid nicht träge,
Wirket, weil der Tag noch winkt,
Werbet Seelen für den Heiland,
Lhe noch die Sonne sinkt!
218
„Heute habe Ich
meinen Rundgang gemacht!"
Im Anschluß an den voranstehenden ernsten Mahnruf
sei noch folgendes erzählt:
Frau B. war Katholikin von Geburt und stand treu
zu ihrer Religion. Erst in vorgerücktem Alter erkannte
sie, daß zur Seligkeit mehr nötig ist als Religion, und
wurde zu Jesu geführt.
Fortan war sie eine glückliche Frau, auch dann noch,
als sie durch ein langes Leiden ans Bett gefesselt wurde
und häufig in ihrem Stübchen allein liegen mußte. Sie
benutzte die Einsamkeit zu treuem, anhaltendem Gebet.
Jeden, der zu ihr kam, überraschte sie durch ihr heiteres
Wesen und den tiefen Frieden, den ihre Seele genoß.
Eines Tages, als ich sie wieder einmal besuchte,
sagte sie zu mir:
„Heute habe ich meinen Rundgang gemacht."
„Ihren Rundgang?" fragte ich verwundert. „Wie
soll ich das verstehen? Sie können Ihr Bett doch garnicht
verlassen?"
„Meinen G ebetS rundgang", erwiderte sie lächelnd,
und als ich sie wohl etwas fragend anschaute,
fuhr sie fort:
„Ja, diesen Rundgang mache ich oft. Als erstes
schenkte mir Gott die Gnade, für meine Kinder zu beten.
Sodann fand ich in Eph. 6, 18 u. 19 die Aufforderung,
Fürbitte zu tun füralleHeiligen, besonders in diesen
Tagen der großen Not, sowie für die Diener des Herrn
in der Nähe und Ferne. Ich bitte Gott, sie zu behüten,
zu stärken und zu segnen und ihnen die Gnade zu scheu-
2ry
ken, überall auf ihrem Wege das Evangelium mit Freimütigkeit
zu verkündigen und die Lehre des Wortes nüchtern
und rein zu bringen. Ich bitte den Herrn, ihnen
eine geöffnete Tür zu geben, aus daß das Wort laufe
und verherrlicht werde und viel Frucht bringe. Weiter
bete ich, daß noch vielen aus allen Völkern die Augen
aufgetan werden möchten, damit sie sich bekehren aus
der Finsternis zum Licht und von der Gewalt Satans
zu Gott. Dann darf ich der Leidenden und Kranken gedenken,
sowie aller derer, die sich in Trauer befinden,
ferner der Alten und Schwachen und nicht zuletzt der
Familienmütter, vor allem solcher mit einer zahlreichen
Kinderschar. O, mein Rundgang ist weit und ausgedehnt!"
Ich hörte still zu und mußte mir sagen: Welch eine
Segensquelle ist doch eine solch einfältig glaubende Seele!
Sich selbst, ihre Leiden und ihre Einsamkeit vergessend,
gedenkt sie anderer fürbittend vor dem Gnadenthron.
Heute befindet sich Frau B. in der Ruhe und Freude
ihres Herrn im Paradies, aber ihre Gebete sind wirksam
gewesen: Gott hat ihnen Erhörung geschenkt. Zn ihrer
Gegend trat eine tiefe, andauernde Erweckung ein. An
fünfzig Seelen bekannten, Jesum als ihren Heiland kennen
gelernt zu haben durch den Glauben an Sern Blut.
Die Versammlung der Gläubigen, mit denen Frau B.
verbunden war, wurde besonders gesegnet. So hatte die
Arbeit, die sie in der Stille mit ganzem Herzen für Christum
und die Seinen getan hatte, wunderbare Ergebnisse.
Wie sehr wäre es zu wünschen, daß mehr Seelen in
dieser Weise jeden Tag „ihren Rundgang" machten! Unsere
Zeit fordert die Gläubigen geradezu auf zu Gebet, Flehen
und Fürbitte in der Furcht Gottes. Deshalb, du liebe.
220
schwache oder durch Leiden ans Bett gefesselte Schwester,
du alter, zu körperlicher Arbeit nicht mehr fähiger Bruder,
die ihr euch vielleicht schon oft gefragt habt: „Was kann
ich für den Herrn tun? Wie könnte ich mich noch nützlich
machen?" hier ist die Antwort. Macht alle Tage euren
„Rundgang", wie Gott es euch aufs Herz legt. Dann
werden eure langen Stunden der Untätigkeit und Einsamkeit
nicht ohne Nutzen sein.
Und unsere jüngeren Brüder und Schwestern?
Könnten nicht auch sie hie und da einen Augenblick in
ihrer Beschäftigung einhalten, um sich dem Gebet zu widmen?
Und sind sie dazu nicht imstande, nun, selbst während
der Arbeit kann das Herz in Tätigkeit sein und
„seinen Rundgang" machen.
Es steht geschrieben: „Mein Haus ist ein Bethaus".
(Luk. 49, 46.) Und wir sind Sein Haus. (Hebr. Z, 6.)
Weil wir aber das Haus unseres „Heiland-Gottes" sind,
welcher will, daß alle Menschen errettet werden „und
zur Erkenntnis der Wahrheit kommen", ruft uns der
Apostel Paulus zu: „Ich ermahne nun vor allen
Dingen, daß Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen
getan werden für alle Menschen". (4. Tim. 2, 4. Z. 4.)
Auf die Kniee denn, du Volk des Herrn! Denn
also werden wir den Sieg davontragen. (2. Chr. 20, 43.)
Zu Anfang der Reformation, als die Feinde der
Wahrheit von allen Seiten Sturm wider sie liefen, hat
jemand gesagt: „Die Reformation wird gerettet werden,
denn die Kinder Gottes beten!"
O das Gebet! Wie viel war der Herr Jesus, unser
göttliches Vorbild, im Gebet! (Lies Mark, 4, ZS; Lukas
3, 24; 5, 45. 46; 9, 48—29; 22, 40.) Man sagt mit
22r
Recht: „Wer viel betet, arbeitet viel". Die Wahrheit dieses
Wortes hat sich immer wieder erprobt. Paulus, der unermüdliche
Apostel der Nationen, betete ohne Unterlaß,
in der Freiheit oder im Kerker. Petrus, der gute Hirte
der ihm anvertrauten Herde, konnte die Gläubigen aus
der Beschneidung auffordern, „besonnen und nüchtern zu
sein zum Gebet", gewiß aus eigener, persönlicher Erfahrung.
Nehemia betete in seinem Herzen, während
er dem König Artaxerxes den Wein reichte. (Neh.
2, z—5.) Daniel betete trotz des furchtbaren Verbotes
des Königs Darius, „daß ein jeder, der binnen dreißig
Tagen von irgend einem Gott oder Menschen etwas erbitten
werde, außer von dem König, in die Löwengrube
geworfen werden solle". „Als Daniel erfuhr, daß die
Schrift aufgezeichnet war, ging er in sein Haus; und er
hatte in seinem Obergemach offene Fenster gegen Jerusalem
hin; und dreimal des Tages kniete er auf seine Kniee
und betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vordem
getan hatte." (Dan. b, 8. zo.) Samuel betrachtete es
als eine Sünde, nicht für das Volk Gottes zu beten,
(z. Sam. 2z, 23.) Und wie viel alle diese Männer gearbeitet
haben, berichtet uns Gottes Wort.
Darum, liebe Geschwister, laßt uns alle jeden Tag
„unseren Rundgang machen"! Er mag anfänglich nur
kurz sein, aber nach und nach wird Gott ihn erweitern.
So viele Leiden und Nöte gibt es, die uns zum Gebet anreizen,
so viele unsterbliche Seelen gehen dem ewigen Verderben
entgegen! Seien wir alle am Werk: Schwache
und Starke, Junge und Alte, „zu aller Zeit betend mit
allem Gebet und Flehen in dem Geiste, und eben hierzu
wachend in allem Anhalten". (Eph. 6, l8.)
222
Man meint manchmal, wenn es einem äußerlich gut
geht, die Ursache davon in seiner eigenen Tüchtigkeit erblicken
zu dürfen, oder, wenn es sich um geistliche Dinge
handelt, den Segen oder die Bekehrung vieler den glänzenden
Gaben einzelner zuschreiben zu müssen; aber
könnte man den Dingen auf den Grund gehen, so würde
man sicherlich oft finden, daß die im anhaltenden Gebet
erhobenen Hände eines den Augen der Menschen verborgenen
Gläubigen mehr die Ereignisse bestimmt haben,
als Tüchtigkeit oder öffentlicher Dienst. Ein solcher Gläubiger
richtet durch seine stillen Gebete oft mehr aus, als
die anderen durch ihre angestrengte Tätigkeit.
Aus einem alten Briefe
... Das gegenseitige Aussprechen, wie Ihr es nennt,
hat gewiß sein Gutes, wenn es im rechten Geiste geschieht.
Ist aber ein Richtgeist wirksam, so geht es sicher ohne
Schaden nicht ab. Wer einen solchen Geist nährt, beweist,
daß er den Splitter in seines Bruders Auge sieht,
den Balken im eigenen Auge aber nicht wahrnimmt.
Geht das so weit, daß er gefühllos, vielleicht gar mit
Wohlgefallen die Fehler des anderen aufzudecken sucht,
so deutet das auf einen traurigen Zustand des Herzens
hin. Das ist wahrlich nicht der Geist Christi. Dieser Geist
offenbart sich in Liebe, Gnade und Sanftmut.
Waö könnte auch einem Fehlenden die Augen öffnen,
wenn nicht die Liebe? Was ihm zurechthelfen, wenn nicht
Gnade und Sanftmut? Wirkt die Ermahnung in dem
Ermahnten das Gefühl: „Ich stehe vor einem Richter",
so wird sie fast immer das Gegenteil von dem
22Z
bewirken, waö sie bezweckt. Ruft sie aber das Bewußtsein
wach: „Der Redende hat dich lieb, meint es gut mit
dir", so wird sie zu Herzen gehen und dann auch wohl
das Gewissen treffen.
Wer sich bei der Beschäftigung mit den Fehlern eines
Bruders oder einer Schwester, neben der Sorge um
die Ehre Gottes, nicht durch die Liebe zu der Seele leiten
läßt, ist zu einem solchen Dienst unfähig. Ohne diese
gesegnete Triebfeder ist jeder Dienst vor Gott ohne
Wert und bleibt, wie gesagt, in den meisten Fällen wirkungslos.
Darum „ist die Liebe Gottes in unsere Herzen
ausgegossen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben
worden ist" (Röm. 5, 5), und der Apostel Petrus
ruft uns die herzliche Ermahnung zu: „So liebet einander
mit Inbrunst aus reinem Herzen", und: „Vor
allenDingen aber habt untereinander eine inbrünstige
Liebe, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden",
(t. Petr, t, 22; 4, 8; vergl. Jak. 5, 49. 20.)
Jemehr wir persönlich die Liebe Gottes kennen und
genießen lernen, je eingehender wir die Liebe Dessen betrachten,
der uns selbst von allen unseren Sünden gewaschen
hat in Seinem Blut, und der uns Tag für Tag
mit vollkommener Liebe pflegt und trägt, desto weiter
werden unsere eigenen Herzen in der Liebe zueinander,
und desto geschickter werden wir zum Dienst an anderen.
Die Liebe Christi ist das einzig würdige Vorbild unserer
Liebe, und sie allein sollte die Quelle unseres Handelns
sein. Laßt uns daher immer fleißiger auö dieser Quelle
schöpfen, zum Segen für uns und zum Nutzen für andere!
224
Kragen aus dem Leserkreise
Was für ein Unterschied besteht zwischen Psalmen, Lobliedern
und geistlichen Liedern? (Eph. 5, H): Rol. 3, (6.)
Ist das griechische Wort für Loblied in Matth. 26, 30 und
Mark. (4, 26 dasselbe wie im Lpheserbrief und Rolosserbrief?
Das Wort „Psalm" (abgeleitet von pssllem: die Lehne
schnellen, die Saite schlagen) hat eigentlich die Bedeutung von
Gesang mit Musikbegleitung, Harfen- oder Zitherspiel. Was
„inhaltlich" unter dem Worte zu verstehen ist, zeigen uns vielleicht
am besten die Psalmen des Alten Testaments. - „Loblied"
(Griech.: Hymne — Gesang, Festgesang zum Preise der
Götter) bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. Sie liegt im
Worte selbst. In den aus Matthäus und Markus angeführten
Stellen steht das Zeitwort (hymnein), von welchem „Hymne"
(Loblied) abgeleitet ist. — „Geistliche Lieder." Da das hier
(vergl. auch Mffbg. 5, (U l4> ich, 3) für „Lied" gebrauchte
griechische Wort (Gde) jedes Lied, auch das weltliche, bezeichnen
kann, fügt der Apostel das Eigenschaftswort „geistliche"
hinzu. Indes ist das nicht so zu verstehen, als ob die vorher
genannten Psalmen und Loblieder nicht auch „geistliche" Gesänge
gewesen wären: sie waren das sicherlich, bildeten aber
zwei besondere Massen derselben.
Alle drei Arten waren unmittelbare, uns heute in ihrer
Kraft nicht mehr bekannte Wirkungen des Heiligen Geistes und
wohl eine Folge des Erfülltseins mit Ihm. (v. (8.) Die Gläubigen
redeten zueinander oder ermahnten sich gegenseitig
(Rol. 3, (6) mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern,
anscheinend sowohl im persönlichen Verkehr, als auch bei
ihren Zusammenkünften (vergl. (. Ror. (4, 26), und in Verbindung
damit sangen und spielten sie dem Herrn in ihrem
Herzen. Dieses gegenseitige „Reden in Psalmen usw." mag,
ähnlich wie das „Reden in Sprachen", wohl bald verloren gegangen
sein, aber Gott hat in Seiner Güte nicht abgelassen,
uns im Laufe der Jahrhunderte immer wieder durch das eine
oder andere Seiner Rinder Loblieder und geistliche Lieder zu
schenken, durch die wir zueinander reden können, und die gar oft
das „Singen und Spielen dem Herrn" in unseren Herzen wachgerufen
haben. Mag durch des Menschen Untreue auch sehr vieles
verloren gegangen sein, Gottes Treue ist dieselbe geblieben^
und Sein Geist wohnt und wirkt nach wie vor in Seiner Versammlung
(Gemeinde).
Darum wir hienteden gelassen lind
Wenn ein erretteter Mensch sich seiner Gotteskindschaft
bewußt wird, so kommt er auch zu der Erkenntnis,
daß Gott ihn aus der Welt und ihren Dingen herausgenommen
und wieder in sie hineingeftellt hat, um
ein Zeugnis für Ihn hienieden zu sein. Zeigt sich der
Wunsch, Gott zu dienen, nicht in einer Seele, so beweist
sie damit entweder, daß sie überhaupt noch nicht
bekehrt ist, — sie mag ernstlich beunruhigt, erweckt gewesen
sein, hat aber wohl noch nie die Reinigung ihrer
Sünden erfahren, — oder aber, daß sie sich in einem
Herzenszustand befindet, der sie praktisch von Gott trennt.
Ich hoffe zuversichtlich, daß keine meiner gläubigen Leser
und Leserinnen sich in einem solchen Zustand befinden,
sondern daß alle mit mir begehren werden, in ihrem geringen
Maße „als Lichter in dieser Welt zu scheinen".
Gott könnte uns ja gleich nach unserer Bekehrung zu
sich in den Himmel nehmen, aber Er tut es nicht, weil
wir als Seine Kinder ein Bild Christi, Seines geliebten
Sohnes, in dieser Welt sein sollen. Er läßt uns zurufen:
„Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu
war!"
Wenn es richtig mit uns steht, können wir auch
gar nicht anders als wünschen, ein Licht und Zeugnis
für Gott in dieser Welt zu sein. Wir bedürfen dazu zwar
der Bearbeitung von oben. Will der Töpfer ein Gefäß
t.xxx 9
22b
nach seinem Geschmack bilden, muß er den Ton auf die
Scheibe bringen. So ist es auch mit uns. Wollen und
sollen wir „Gefäße zur Ehre sein, geheiligt, dem Hausherrn
nützlich, zu jedem guten Werk bereitet", so müssen
wir uns die Bearbeitung auf der Scheibe gefallen
lassen.
Ein anderes Bild: Der siebenarmige Leuchter, der
einst im Allerheiligsten stand, mußte von reinem Golde
in getriebener Arbeit gemacht werden. (2. Mose 25,
3t.—40.) Der Befehl Jehovas an Mose lautete klar und
deutlich: „von reinem Golde" und „in getriebener Arbeit".
Unvermischte Reinheit des Goldes läßt sich nur
durch fortgesetztes Läutern im Schmelztiegel erreichen, und
zur Herstellung eines Kunstwerkes, wie jener Leuchter
war, sind Hammer und Meißel erforderlich. Wirklich reines
Gold ist unveränderlich; man mag es der größten
Gluthitze aussetzen, es nimmt an Gewicht weder zu
noch ab.
Der siebenarmige Leuchter ist bekanntlich ein Bild
von Christo, aber derselbe Geist, der in Ihm in stets
ungeschwächter Kraft wirkte, wirkt auch in den Gläubigen.
Die heißesten Proben stellten bei Christo immer
nur reines, lauteres Gold fest; in uns muß das, was
dem Golde als wertlose Schlacke anhaftet, von ihm abgesondert
werden. W i r werden in den Schmelztiegel gelegt,
damit die Schlacke sich von dem Golde scheide. Der
Prozeß ist schmerzlich, aber notwendig, und je näher wir
Gott kommen, desto mehr werden wir wünschen, dem
Bilde ähnlich zu werden, das Er uns in Christo vor Augen
gestellt hat. Wir begehren mehr und mehr von allem
getrennt zu sein, was unserem geistlichen Wachstum, un
227
serer Förderung im Glauben und dem Zeugnis für Christum
hindernd im Wege steht.
Der Schmelztiegel hat den Zweck, zu lösen und zu
reinigen; der langsam, aber sicher arbeitende Hammer dient
zum Formen und Gestalten. Wir finden beide Prüfungsakten
in der Geschichte der Gläubigen des Alten wie des
Neuen Testaments. Als Abraham seinen einzigen Sohn
opfern sollte, kam er in den Schmelztiegel. Sein Glaube
erwies sich als reines Gold. Als Jakob dadurch, daß Joseph
ihm genommen wurde, in den Schmelztiegel der
Trübsal kam, war die Wirkung eine andere. Er bedurfte
noch der Hammerschläge. Vielleicht tat der Schmelztiegel
deshalb seine Wirkung nicht, weil Benjamin an die Stelle
Josephs trat. Während des ganzen späteren Lebens Jakobs
hörten die Hammerschläge nicht auf. Aber welch
einen herrlichen Abend hatte dieses Leben dann auch! Wer
hätte gedacht, daß Jakob unter dem Hammer so wunderbar
geformt werden würde!
Jur Herstellung des siebenarmigen Leuchters mußte
nicht zunächst eine Form gemacht und dann das Gold
hinein gegossen werden. Nein, das Gold mußte zuerst
gereinigt und dann der Leuchter mühsam aus einem Block
dieses reinen Goldes herausgearbeitet werden.
So müssen auch wir, wollen wir anders wirklich Lichtträger
für Gott sein, Schmelztiegel und Hammer
uns gefallen lassen. Der Tiegel löst, der Hammer formt
und bildet. Würden wir daran immer denken, so würden
wir in den über uns kommenden Prüfungen und Schwierigkeiten
des Weges nur die wunderbare Weisheit Gottes
erblicken. In einer Zeit wie die heutige, wo die Schwierigkeiten
und Nöte sich rund um uns her hoch auftür
228
men, und man nicht weiß, welch neue schwere Prüfung
schon der morgige Tag bringen mag, ist es etwas Großes,
einen Gläubigen sprechen zu hören: „Gott — DeinWeg
ist vollkommen". Aber, vergessen wir es nicht, das
wird nicht in einem Augenblick erlernt.
Man kann zwar so oder ähnlich sprechen in dem
Gleichmut eines Menschen, der sich, weil es einmal nicht
anders ist, in sein Schicksal ergeben hat. Aber das ist kein
Glaube. Dadurch wird Gott nicht verherrlicht. Man hört
zuweilen auch die Meinung äußern, die stille Ergebung in
den Willen und die Wege Gottes sei die höchste Herzensstellung,
die ein Gläubiger erreichen könne. Aber ist das
wirklich so? Es gibt in dieser Hinsicht, wie es mir vorkommt,
vier Stufen. Die erste und niedrigste Stufe heißt
Unterwerfung, die zweite, höhere, aber nicht höchste,
heißt Ergebung; die dritte Stufe ist die Fähigkeit der
Seele, Gott in Seinem Tun zu rechtfertigen,
und die vierte und höchste, Gott für Seine Wege
zu p r ei s e n. Ein um seines Glaubens willen im Gefängnis
Schmachtender schrieb einst an die Wand seiner Jelle:
^lch beuge mich, mein Gott, vor deinem Willen,
Und preisedich für alle deine Wege.
Das war nicht nur Unterwerfung und Ergebung.
Es war auch nicht nur Rechtfertigung des Tuns Gottes,
sondern Dank und Anbetung für alle Seine Wege.
Betrachten wir einen Augenblick jene armen, blutig
geschlagenen Gefangenen in dem finstern Kerker zu Philippi.
Sie murren nicht, klagen nicht, sondern sind so hoch
über die Umstände erhaben, daß sie beten und lobsingen
können. Iu Menschen, die so Sein Lob verkünden, kehrt
Gott selbst ein. Er „umgürtet die Seele mit Kraft und
229
macht ihren Weg vollkommen". (Psalm 18, 30—32.)
Sie wandelt mit Gott, und Gott wandelt mit ihr, bis die
schwachen Arme so stark geworden sind, daß sie den „ehernen
Bogen zu spannen" vermögen (V. 34), und es keine
Schwierigkeit gibt, über die sie nicht erhaben wäre.
In dem ersten Petribriefe finden wir im ersten Kapitel
Prüfungen von feiten Gottes, im zweiten Prüfungen
durch die Ungerechtigkeit der Menschen, im dritten Leiden
um der Gerechtigkeit willen, im vierten Leiden um Christi
willen und im fünften Leiden durch das Wüten Satans.
Alle diese Prüfungen und Leiden müssen nach Gottes Willen
dazu dienen, den Gläubigen zu einem wirksameren
Lichtträger in dieser Welt zu machen. Wie gut, daß wir
in der bildenden und formenden Hand Gottes sind! Die
Menschen erteilen oft harte Schläge, wo weiche, und
weiche, wo harte am Platze wären. Sie schlagen leicht zu
viel oder zu wenig. Aber wir sind in Gottes Händen, und
dieser Gott ist unser Vater, „der — wie der Herr Jesus
gesagt hat — selbst uns lieb hat". Er weiß genau,
wie lang Er das Gold im Schmelztiegel lassen, und wann
Er es unter den Hammer bringen muß. Der Vater weiß
uns so zu behandeln, daß uns nur übrigbleibt, Ihm zu
danken. „Gott — Sein Weg ist vollkommen."
An einer anderen Stelle sagt Gott zu Mose: „Mache
dir zwei Trompeten von Silber; in getriebener Arbeit sollst
du sie machen". (4. Mose 10, 1. 2.) Der Leuchter war
von Gold, die Trompeten waren von Silber, beide aber
mußten in getriebener Arbeit gemacht werden. Gold ist
in der Schrift das bekannte Bild der Gerechtigkeit Gottes,
Silber erinnert an die Erlösung, an das Lösegeld/
2Z0
das Christus bezahlt hat. Der Leuchter hatte sieben
Lampen, die Zahl der göttlichen Vollkommenheit, der
Trompeten waren zwei, eine Zahl, die uns an ein vollgültiges
Zeugnis erinnert. „Aus zweier oder dreier Zeugen
Mund", so lesen wir, „soll jede Sache bestätigt werden."
Ohne auf die eigentliche Bedeutung der Trompeten
näher einzugehen, möchte ich in Verbindung mit dem Bilde
nur einige praktische Gedanken äußern. Niemand ist imstande,
Zeugnis für Gott oder für Christum abzulegen,
der nicht selbst in den Segnungen des Erlösungswerkes
ruht. Nur ein Erlöster und von der Herrschaft der Sünde
Befreiter kann jubeln in dem Bewußtsein, daß das Werk
für ihn vollbracht, ja, daß er „gesegnet ist mit jeder geistlichen
Segnung in den himmlischen Ortern in Christo".
Silber ist ein Edelmetall, wenn auch bei weitem nicht
so wertvoll wie Gold. Werden wir in dem ersten Bilde
daran erinnert, daß Gott selbst in uns hienieden gesehen
werden soll, weisen uns die zwei silbernen Trompeten
wohl mehr auf das Zeugnis hin, das wir durch Wort und
Schrift in dieser Welt ablegen sollen.
Der Apostel Paulus schreibt an Philemon: „Bruder,
ich möchte gern Nutzen an dir haben im Herrn; erquicke
mein Herz in Christo". (V. 20.) So möchte der Herr
auch an uns Nutzen haben. Wir denken gern an Nutzen
und Gewinn, aber meist in eigennützigem Sinne. Ist es
nicht etwas Wunderbares, daß wir Gewinnbringer für
Christum sein dürfen, indem wir von Ihm zeugen und
Seelen Ihm zuzuführen suchen? Solang ich hienieden weilen
und dieses Ziel verfolgen darf, gewinnt Er; wenn ich
sterbe, gewinne ich. Für mich wäre es weit besser, den
— 23b —
Schauplatz der Sünde, der Leiden und Kämpfe verlassen
zu dürfen; aber wenn ich bleibe, kann Christus noch Nutzen
an mir haben.
Die zwei silbernen Trompeten erinnern also an ein
vollgültiges Zeugnis, das auf Grund der vollbrachten Erlösung
abgelegt wird. Auch sie durften ebensowenig g e -
gossen werden wie der Leuchter. So können auch wir
keine wirksamen Zeugen des Herrn in dieser Welt sein
ohne Läuterung und Bearbeitung. Der Silberarbeiter legt
das Silber in den Schmelztiegel und läutert es so lang,
bis sich sein eigenes Bild in dem reinen Silber widerspiegelt.
Dann nimmt er es aus dem Feuer — jede weitere
Minute wäre nutzlos, würde ihm vielleicht schaden —, läßt
es abkühlen und nimmt es unter den Hammer.
Die zwei Trompeten sollten „zur Berufung der Gemeinde
und zum Aufbruch der Lager dienen". Wir werden
an dieses zwiefache Zeugnis erinnert in Kol. b, 23—24,
in dem Evangelium der Gnade, das in der ganzen Schöpfung
verkündigt wird und aus allen Völkern die Berufenen
sammelt, und in der wunderbaren Wahrheit von der
Versammlung (Gemeinde), dem Leibe Christi. Den unbekehrten
Menschen muß gleichsam die erste Trompete geblasen
werden; sobald aber ein Mensch von Herzen sagen
kann: „Ich glaube, daß Jesus für mich gestorben ist", darf
man die andere Trompete an die Lippen setzen und ihm
erzählen, was Christus in der Herrlichkeit droben für ihn
ist. Errettet zu sein, Christum als seinen Erlöser zu kennen,
ist etwas überaus Großes; aber mit dem im Himmel verherrlichten
Menschensohn vereinigt zu sein und Ihn aus
den Himmeln erwarten zu dürfen, ist noch herrlicher. Wir
sind nicht nur aus einer Tiefe errettet, die nicht tiefer hätte
2Z2
sein können (es sei denn die Hölle selbst), sondern auch zu
einer Höhe erhoben worden, die unmöglich höher sein
könnte. Christus ist nach vollendetem Werke in den Himmel
gegangen und hat von dort den Heiligen Geist herniedergesandt,
um uns durch Ihn mit sich selbst zu vereinigen.
Doch während wir im Geiste schon mit Christo
vereinigt sind, sind wir dem Leibe nach noch auf der Erde,
um hienieden für Ihn zu zeugen. Wie Er uns zu wirksamen
Zeugen Seiner Gnade und Herrlichkeit macht, haben
wir gehört. Wir alle haben unsere Aufgabe. Es gibt
genug Arbeit für alle, und jeder von uns hat seinen bestimmten
Auftrag. Ich kann nicht den Platz meines Bruders
ausfüllen, und er nicht den meinen. Des Herrn Wort
an uns alle lautet: „Handelt, bis ich komme!" Und Er
möchte so gern entschiedene, kraftvolle Zeugen und hellbrennende
Lichtträger in uns sehen. Wir haben davon ein
sehr schönes Bild in Gideon und seinen dreihundert Mann,
die dem Feinde „mit Fackeln in ihrer linken und Posaunen
in ihrer rechten Hand" entgegenzogen.
Nun denn, gefällt es Gott, uns in den Staub zu
beugen, uns zu nichts zu machen, so wollen wir Seinem
Tun, das doch nichts als Liebe ist, zuschauen und Ihm still
halten. Nur so können wir in das Bild unseres Herrn verwandelt
werden, sodaß Er, und nur Er, in uns hienieden
gesehen wird.
Darum, sei's Schmelztiegel oder Hammer, „wir wissen,
daß denen, die Gott lieben, alleDinge zum Guten
mitwirken".
233
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorintßer
VII.
K a p i t e l VI.
Kapitel 5 hat uns mit der Jucht beschäftigt, welche
nötig war, um die Heiligkeit des Hauses Gottes aufrecht
zu halten. Die Korinther mußten „den Bösen von sich
selbst hinaustun". Im 6. Kapitel redet der Apostel von
einem anderen Übel, das bei den Korinthern zur Gewohnheit
geworden war und sich leider nur zu oft auch heute
zeigt. Ein Bruder tat dem anderen unrecht, und um ihre
Zwistigkeiten zum Austrag zu bringen, gingen sie vor ein
weltliches Gericht. Der Apostel weist sie mit allem zu
Gebote stehenden Ernst zurecht. Er spricht zu ihnen von
Dingen, die sie wußten, aber vergessen hatten, nicht von
Dingen, die sie noch nicht kannten. Sie besaßen Wahrheiten
genug, um sich in dieser Welt danach richten zu können
in einer Weise, die den Herrn Jesus ehrte. „Wisset ihr
nicht, daß die Heiligen die Welt richten werden?" Wie
solltet ihr euch nun von einer Welt richten lassen, die ihr
selbst einmal richten werdet? Und weiter, wenn ihr ein so
bedeutungsvolles Gericht über sie sprechen werdet, seid ihr
dann unwürdig, über die einfachen Dinge des täglichen
Lebens zu entscheiden? Es handelt sich hier nicht um die
Rache, welche der Herr, wenn Er dereinst mit Seinen
Heerscharen aus dem Himmel wiederkehrt, ausüben wird,
sondern um eine gerichtliche Verhandlung, eine Rechtsprechung.
Viele Stellen der Schrift weisen darauf hin,
daß der Herr bei diesem Kommen sich auf den Thron
Seiner Herrlichkeit setzen wird, um die Völker zu richten,
2Z4
und wir werden Ihm in diesem Gericht beigesellt sein.
Aber davon redet der Apostel hier nicht.
Ferner: „Wisset ihr nicht, daß wir Engel richten
werden?" Man hört dieses Wort oft auf die Engel anwenden,
welche ihren ersten Zustand nicht bewahrt haben,
und die deshalb „zum Gericht des großen Tages mit
ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt werden"
(Jud. 6), oder gar auf den Teufel und seine Engel, die in
das für sie bereitete ewige Feuer geworfen werden. (Matthäus
25, 44.) Mit unrecht, denn es handelt sich hier einfach
um die Tatsache, daß der Thron des Gerichts und
der Herrschaft den Heiligen verliehen werden wird, und
daß dieser Thron über den Engeln steht. Wenn es irgend
eine Regierungshandlung den Engeln gegenüber geben
wird, so wird der Herr uns zur Ausführung derselben benutzen.
Die Engel sind „dienstbare Geister, ausgesandt
zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben
sollen". Es kommt hier nicht in Frage, ihnen eine Vorzugsstellung
zu geben, sie werden im Gegenteil der Oberherrschaft
derer unterworfen sein, welche der Herr sich in Seiner
Regierung zugesellt hat.
„Wisset ihr nicht, daß wir Engel richten werden?
geschweige denn Dinge dieses Lebens. Wenn ihr nun über
Dinge dieses Lebens zu richten habt, so setzet diese dazu,
die gering geachtet sind in der Versammlung." Das Wort
„gering geachtet" will nicht sagen, daß wir Brüder zu
einem solchen Dienst bestimmen sollen, die sich in einem
schwachen geistlichen Zustand befinden. Gering Geachtete
sind solche, die nicht einen besonderen Platz in der Versammlung
haben, wie ihn z. B. Jakobus, Kephas und
Johannes einnahmen, die als Säulen angesehen wurden.
— 2ZS —
(Gal. 2, 9.) Diese gering geachteten Christen waren, ohne
eine besondere Gabe zu haben, nichtsdestoweniger verständige
Männer, denn der Apostel fügt hinzu: „Also
nicht ein Weiser ist unter euch, auch nicht einer, der
zwischen seinen Brüdern zu entscheiden vermag?" Es war
nötig, daß solche Männer eine gute Einsicht hatten, verbunden
mit einem rechtschaffenen, gesunden Sinn, ohne
gerade eine hervorragende Stellung in der Versammlung
einzunehmen.
Beachten wir, wie sehr das die Gewissen der Korinther
treffen mußte! Ihr stolzes Trachten ging nach Menschenweisheit.
Sie konnten Leute nicht genug, erheben, die
nach ihrer Meinung sich in dieser Hinsicht vor anderen hervortaten;
aber wenn die gewöhnlichsten Schwierigkeiten
des täglichen Lebens auftauchten, gab es unter allen ihren
Weisen nicht einen, der zwischen zwei streitenden Brüdern
zu entscheiden vermochte. O möchten wir alle doch ein
tieferes Gefühl von diesen Dingen haben, wenn wir —
wie es vorkommen kann, denn das Fleisch ist in den Versammlungen
der Heiligen überall dasselbe — eine Schwierigkeit
zwischen Brüdern auftauchen sehen! Möchten wir
verstehen, daß die Ordnung solcher Zwistigkeiten nicht zunächst
Sache der wegen ihrer Gaben geachteten Brüder ist,
beziehungsweise daß nicht diese Gaben sie dazu berufen,
Differenzen zu schlichten.
Der Apostel ermahnt hier beide Parteien. Er sagt der
einen, welcher unrecht geschieht: „Warum laßt ihr euch
nicht lieber Übervorteilen?" und der anderen, die unrecht
tut: „Ihr tut unrecht und übervorteilet, und das Brüder!"
Beide Teile werden verurteilt, der eine, weil er das
Unrecht nicht über sich ergehen ließ, der andere, weil er es
2Z6
getan hatte; bezüglich des letzteren fügt er jedoch hinzu:
„Wisset ihr nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht
ererben werden? Irret euch nicht! weder Hurer, ... noch
Diebe, noch Habsüchtige, noch Trunkenbolde, noch Schmäher
... werden das Reich Gottes ererben." Wie überaus
ernst sind diese Worte, geliebte Mitgläubigei Sind solche
Fälle von Ungerechtigkeit, Schmähung, Trunkenheit unbekannt
in den Versammlungen der Gläubigen? Der Apostel
stellt sie mit dem Hurer, von dem er im vorigen Kapitel
gesprochen hat, auf gleichen Boden. Die solches tun
ererben das Reich Gottes ebensowenig wie jener. Alle fallen
unter dgs Urteil der Versammlung und werden als
Böse betrachtet.
Mit Recht sind solche Worte geeignet, uns Schrecken
einzuflößen. Das Reich Gottes nicht ererben, heißt von
seiner Gegenwart ausgeschlossen sein, heißt nicht in den
Himmel eingehen, heißt auf der Erde zum Gericht zurückgelassen
werden. Man darf nicht vergessen, daß das
Wort Gottes niemals die christliche Verantwortlichkeit abschwächt;
wir haben hier ein Beispiel davon. Aber es gibt
eine Hilfsquelle, die Gnade, und wir wissen alle, daß wir
ohne sie nicht bestehen könnten. Nichtbefreite Christen bedienen
sich dieser Worte, um sich einzureden, daß sie, einmal
errettet, wieder verloren gehen können. Das sagt uns
das Wort aber keineswegs; obwohl es uns unsere Verantwortlichkeit
vorstellt, dürfen wir vernehmen, daß es
in dem Herzen Gottes selbst dann noch Hilfsquellen der
Gnade für uns gibt, wenn unsere Taten uns keine Hoffnung
mehr lassen, dem Gericht zu entfliehen. Und indem
unser Gewissen getroffen wird, erfolgt Demütigung; wir
weinen bitterlich, wie Petrus, und sagen zu Gott: „Dein
2Z7
Gericht ist gerecht!" Dann antwortet uns Gott, wie einst
dem David: „Ich habe die Ungerechtigkeit deiner Sünde
vorübergehen lassen". Es gefällt Ihm dann, uns zu zeigen,
daß da, wo die Ungerechtigkeit des Menschen alles
verloren hat, wo die Sünde überströmend geworden, die
Gnade Gottes noch überschwenglicher geworden ist.
Nachdem der Apostel diesen Gegenstand zum Abschluß
gebracht hat, geht er mit V. 1.2 zu dem zweiten Teil
des Kapitels über. Er behandelt in zwei kurzen Versen die
christliche Freiheit. „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles
ist nützlich." Sieh da den Ausgangspunkt unserer Pflicht
als Christen. Wenn es nicht nützlich ist für meine Brüder,
daß ich von meiner Freiheit Gebrauch mache, soll ich es
nicht tun. Niemals hat unser Herr etwas getan, das nicht
anderen zum Nutzen gereicht hätte. „Die Speisen für den
Bauch, und der Bauch für die Speisen; Gott aber wird
sowohl diesen als jene zunichte machen." Im Himmel werden
wir solche Speisen nicht mehr genießen, aber in dieser
Welt gibt es Dinge, von denen ich mit voller Freiheit
Gebrauch machen kann; sie haben aber keinen Bestand.
Hiervon ausgehend zeigt der Apostel, daß es auch
andere, bleibende Dinge gibt: „Der Leib aber nicht für
die Hurerei, sondern für den Herrn, und der Herr für den
Leib". Der Leib bleibt. Die heidnischen Völker hatten alle
kein Gewissen von Hurerei, sie galt ihnen nicht als Sünde;
aber mit ihrer Bekehrung war eine gewaltige Veränderung
in ihnen vorgegangen: ihr Leib war gerade so gut
erkauft worden wie ihre Seele und ihr Geist. Auch fragt
sie der Apostel: „Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Glieder
Christi sind?" (V. 15.) Welch eine Ehre wird damit dem
238
Leibe des Christen zuteil! Er macht fortan gleichsam ein
Stück von Christo aus. Und wir hören dann weiter: „Gott
aber hat sowohl den Herrn auferweckt, als Er auch uns
auserwecken wird durch Seine Macht". Von unseren sterblichen
und verweslichen Leibern wird in dieser Welt nichts
zurückbleiben. Durch eine Macht des Lebens, die sie unverweslich
aus dem Grabe hervorgehen lassen wird, werden
wir verherrlichte Leiber haben, aber es werden unsere
Leiber sein. Von dem Augenblick an, da ich durch den Glauben
und die Gabe des Heiligen Geistes teilhabe an Christo,
ist mein Leib eines Seiner Glieder. Wir können daran nicht
genug denken. Wir bilden als neue Geschöpfe ganz und
gar einen Teil von Ihm, indem das Alte vergangen ist;
das verleiht unserem Leibe Ehre, denn unser Herr hat ihn,
wie alles andere, um den Preis Seines Blutes am Kreuze
erkauft. Im Anfang des Christentums hat eö falsche Lehrer
gegeben, welche die Christen aufforderten, „den Leib
nicht zu verschonen, ihm nicht eine gewisse Ehre zu geben"
(Kol. 2, 23), während der Herr ihm im Gegenteil einen
großen Wert beimißt, da Er ihn unverweslich auferwecken
wird.
Im t8. Verse sagt der Apostel weiter: „Fliehet die
Hurerei! Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist
außerhalb des Leibes; wer aber hurt, sündigt wider seinen
eigenen Leib." Wider seinen eigenen Leib! Soll ich in den
Leib Christi, von welchem der meine ein Glied ist, eine Befleckung
einführen? Wie sollte ein solcher Gedanke unseren
Geist, unsere Herzen, unsere Gewissen treffen! Ist es
möglich, daß ich, der ich so innig mit Christo verbunden
bin, eine Befleckung leichthin behandeln könnte? Diese Ermahnung
ist von ganz hervorragender Wichtigkeit für
239
junge Gläubige, welche den Weg des Glaubens erst beginnen
und mehr als andere den jugendlichen Lüsten ausgesetzt
sind. Mögen sie über dieses Kapitel nachsinnen, damit
sie sich hüten, die Reinheit des Leibes Christi aufs
Spiel zu setzen, ohne davon zu reden, wie sehr sie sich
durch ihr Verhalten dem Gericht Gottes und der Jucht
der Versammlung aussetzen!
Indem der Apostel immer wieder Dinge erwähnt,
welche die Korinther hätten wissen sollen, fügt er hinzu:
„Wisset ihr nicht, daß euer Leib der Tempel des Heiligen
Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und
daß ihr nicht euer selbst seid?" (V. 1.9.) So ist denn unser
Leib nicht nur ein Glied Christi, sondern auch ein Tempel
des Heiligen Geistes. Der Geist, eine Gabe, die wir unmittelbar
von Gott empfangen haben, kann kraft des Erlösungswerkes
in diesem Tempel wohnen. Der Herr Jesus
selbst hat Seinen Leib einen Tempel genannt, und da wir
durch Ihn von der Sünde befreit sind, sind wir berechtigt,
unseren Leib ebenso zu betrachten, wie Er den Seinigen.
Natürlich war Er in sich selbst „das Heilige" (Luk. 1, 35),
was wir keineswegs sind, aber Er hat uns durch Sein
Werk so völlig gereinigt, daß der Heilige Geist in uns
Wohnung nehmen kann. Soll ich nun diesen göttlichen
Gast durch mein Verhalten betrüben, indem ich wie die
Welt wandle, ich, der ich durch das Blut Christi aus ihr
auögesondert bin, und soll ich leben wie diejenigen, deren
Leib noch unter dem unmittelbaren Einfluß Satans steht?
Kann ich da, wo der Geist Gottes wohnt, irgendwelche
Unreinigkeit dulden? Noch mehr: „Ihr seid nicht euer
selbst, denn ihr seid um einen Preis erkauft worden". Ich
gehöre nicht mehr mir selbst an, ich kann nicht mehr mei
240
nen Willen in dieser Welt tun; der Herr hat mich erkauft,
— und um welch einen Preis! — auf daß ich Ihm allein
gehöre und Ihm diene. Der Apostel schließt mit der Mahnung:
„Verherrlichet nun Gott in eurem Leibe!"
Damit endet dieses so wichtige Kapitel, wie übrigens
alle diese Kapitel wichtig sind, die eine solche Fülle von
praktischen Ermahnungen für unser tägliches Leben enthalten.
Gott will, daß wir in wahrer praktischer Absonderung
vom Bösen wandeln bis zu jenem herrlichen Augenblick,
da wir nicht mehr über uns selbst zu wachen oder
den Gurt der Heiligkeit und Gerechtigkeit um die Lenden
unserer Gesinnung zu legen brauchen, sondern, wie jemand
sich ausgedrückt hat, unsere Kleider frei niederfluten
lassen können in einer Umgebung bedingungsloser Reinheit,
um Ihn geschart, der uns für sich erkauft hat auf
immerdar.
Mose und die flevenzig Attesten
Es gibt Fluten und Ebben, Höhen und Tiefen in dem
Leben des Gläubigen. Es brauchte nicht so zu sein, aber
die Erfahrung lehrt, daß es so ist. Auch Mose, der sanftmütigste
Mann auf dem ganzen Erdboden, brach zuweilen
unter der Schwere der Verantwortlichkeit, die auf ihm
lastete, zusammen. So sehen wir es in besonderer Weise
in 4. Mose rr. In der Angst seiner Seele hören wir ihn
zu Gott sagen: „Warum hast du an deinem Knechte übel
getan, und warum habe ich nicht Gnade gefunden in deinen
Augen, daß du die Last dieses ganzen Volkes auf mich
legest? Bin ich mit diesem ganzen Volke schwanger gegangen,
oder habe i ch es geboren, daß du zu mir sprichst:
24r
Trage es in deinem Busen, gleichwie der Wärter den
Säugling trägt, in das Land, das du ihren Vätern zugeschworen
hast? ... Ich allein vermag nicht dieses ganze
Volk zu tragen, denn es ist mir zu schwer. Und wenn du
also mit mir tust, so bringe mich doch um, wenn ich Gnade
gefunden habe in deinen Augen, damit ich mein Unglück
nicht ansehe." (V. ll—lS.)
Warum hast du also getan? — Ich vermag nicht.
— Bringe mich doch um! — Das war in der Tat
ein Tiefstand des Glaubens, wie er wohl selten in dem
Leben dieses Mannes eingetreten ist. Gott hatte ihm einen
hohen Ehrenplatz gegeben, aber Mose zog sich davon
zurück. Es hatte Gott gefallen, ihn hinsichtlich der Leitung
der Gemeinde zu Seinem einzigen Werkzeug zu machen, und
Er hatte es getan, um sich in ihm und durch ihn zu verherrlichen
und ihn selbst mit Ehre und Gunst zu überhäufen.
Freilich, die Verantwortlichkeit war überaus groß,
aber der Glaube würde anerkannt haben, daß Gott auch
für eine solche Aufgabe genügte. Doch Mose blickte auf
sich, auf sein Vermögen, und so war es kein Wunder,
daß er den Mut verlor und zaghaft ausrief: „Ichallein
vermag nicht dieses ganze Volk zu tragen, denn es ist
mir zu schwer". Hatte Gott ihn denn aufgefordert, es
zu tragen, oder gar allein zu tragen? Oder war für Gott
diese Bürde zu schwer? Gott war es, der sie trug, Mose
war nur das Werkzeug, das Er benutzte. Mose hätte ebensogut
von seinem Stabe sagen können, er trüge das Volk;
denn was war er anders in der Hand Gottes, als ein
von Ihm benutztes Gerät?
Sieh hier, mein Leser, den Stein des Anstoßes, über
den so manche Diener Christi straucheln, auch du vielleicht
242
schon manchmal gestrauchelt bist. Und dieses Straucheln
ist umso gefährlicher, weil es den Schein von Demut trägt.
Ein Iurückbeben vor einer Verantwortlichkeit scheint
Mißtrauen gegen sich selbst und Demut des Geistes zu
sein; aber die einzige Frage für uns ist, ob Gott uns
die Verantwortlichkeit auferlegt hat. Ist das der Fall, so
wird Er uns sicher auch die Kraft geben, um sie tragen
zu können, ja, mit Ihm vermögen wir alles zu tragen.
Mit Ihm ist das Gewicht eines Zentners nichts, während
ohne Ihn schon eine Feder uns zu Boden drücken kann.
Wenn jemand in dem eitlen Gedanken, etwas zu sein oder
zu können, eine Bürde auf seine Schultern nimmt, die
zu tragen Gott ihn nicht bestimmt, wozu Er ihm deshalb
auch nicht Kraft und Fähigkeit gegeben hat, so wird er
sicher bald unter dieser Bürde zusammensinken. Aber wenn
Gott sie ihm auflegt, wird Er ihm auch alles Nötige darreichen,
um sie tragen zu können.
Einen Posten zu verlassen, auf den Gott uns gestellt
hat, ist nie ein Beweis von Demut. Im Gegenteil,
wahre Demut wird sich darin kundgeben, daß wir einfältig
auf dem uns angewiesenen Posten ausharren. Es ist
immer nur ein Beschäftigtsein mit unserem armen Ich,
wenn wir unter dem Vorwand unserer Unfähigkeit vor
einem Dienst zurückweichen, den Gott uns aufgetragen
hat. Nicht unsere menschliche Fähigkeit, sondern Gottes
unumschränkte Gnade ist der Boden, auf dem unsere Berufung
erfolgt; darum, wenn ich nicht mit mir beschäftigt
oder mit Mißtrauen gegen Gott erfüllt bin, werde ich
eine Stellung des Dienstes oder des Zeugnisses nicht wegen
der damit verbundenen Verantwortung aufgeben.
Kraft, Einsicht, Fähigkeiten, alles ist bei Gott, und es ist
243
ganz gleich, ob Seine Kraft durch eine oder durch sie-
benzig Personen wirkt. Sie bleibt stets dieselbe. Wenn
deshalb jemand die ihm verliehene Würde ausschlägt, so
trägt nur er den Schaden. Gott zwingt niemand, auf
einem Ehrenposten auszuharren, wenn ihm das Vertrauen
dazu fehlt. Gott hindert ihn nicht, seine hohe Stellung
zu verlassen und einen Platz einzunehmen, den der Unglaube
ihm anweist. Aber wie unermeßlich ist der Verlust!
So war es mit Mose. Er klagte über die Bürde, die
er zu tragen hatte, und schnell wurde sie hinweggenommen,
aber mit ihr zugleich die hohe Ehre, sie tragen zu
dürfen. „Und Jehova sprach zu Mose: Versammle mir
siebenzig Männer aus den Aeltesten Israels, von denen
du weißt, daß sie die Aeltesten des Volkes und seine Vorsteher
sind, und führe sie zu dem Zelte der Zusammenkunft,
daß sie sich daselbst mit dir hinstellen . . . Und
ich werde von dem Geiste nehmen, der auf dir
ist, und auf sie legen, daß sie mit dir an der Last des Volkes
tragen, und du sie nicht allein tragest." (4. Mose
rz, tb. t7.) Nicht mehr Kraft wurde gegeben. Derselbe
Geist wirkte, ob in dem einen oder in den siebenzig. Siebenzig
Menschen hatten in sich nicht mehr Wert oder
mehr Fähigkeiten zu dem vorliegenden Dienst, als ein einziger.
„Der Geist ist es, der lebendig macht; das
Fleisch nützt nichts." (Joh. 6, 63.) So trug Moses
Tun ihm keinerlei Gewinn an Kraft ein, wohl aber einen
großen Verlust an Würde.
Wie bewunderungswürdig ist alledem gegenüber die
gnädige Herablassung und Treue, mit welcher Gott im
nächsten Kapitel für Seinen Knecht eintritt, wenn Mirjam
und Aaron eö wagen, wider ihn zu reden! Da war
244
niemand gleich Mose; er war treu in Seinem ganzen
Hause. Mit ihm redete Gott von Mund zu Mund, und
das Bild Jehovas schaute er. — Aehnlicheö finden wir
zur Zeit des Herrn Jesus, als Johannes der Täufer für
einen Augenblick an Ihm irre wurde und Ihn durch seine
Jünger fragen ließ, ob Er wirklich der Kommende sei.
Glich er nicht einem im Winde schwankenden Rohre? Ja,
aber wenn er in seinem Zeugnis für den Messias zusammenbricht,
tritt dieser im Zeugnis für ihn ein und nennt
ihn den größten der Propheten, von dessen Kommen schon
die Propheten des Alten Bundes geweissagt hatten. Eine
solche Ehre war keinem anderen Menschen zuteil geworden.
O welch ein Gott ist unser Gott! Wie beugt uns
Seine Güte in den Staub! „Ihm sei die Herrlichkeit von
Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen."
Unsere Kleinen *!
*) Dieser während des Weltkrieges im „Botschafter" erschienene
kurze Aufsatz wird auf besonderen Wunsch noch einmal abgedruckt,
in der Hoffnung, daß der stets zeitgemäße Inhalt auch
heute vielen unserer Leser einen Segen bringen wird.
Nur einmal wird uns in den Evangelien berichtet,
daß der Herr Jesus gezürnt habe. „Er blickte
mit Zorn umher auf die Pharisäer", die Ihn hindern
wollten, den Menschen mit der verdorrten Hand am Sabbath
zu heilen. (Mark. Z, 5.) Und nureinmal lesen wir,
daß Er unwillig wurde, nämlich als die Jünger die
Mütter zurückwiesen, welche ihr« Kindlein zu Ihm bringen
wollten, auf daß Er sie anrühre. (Mark. tO, 1.4.)
ES bewegt unsere Herzen, wenn wir unseren teuren
Herrn bei dieser Gelegenheit sagen hören: „Lasset die
245
Kindlein zu mir kommen und mehret ihnen nicht!" Wie
immer, so offenbarte Er auch hier die Natur und die Gesinnung
Gottes, dessen Erbarmen und Mitgefühl für die
kleinen Kinder sich schon Jahrhunderte vorher bei Ninive
erwiesen hatte, als Er hinsichtlich der Zerstörung der großen
Stadt Rücksicht nahm auf die 420 000 unverantwortlichen
Wesen, die zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken
noch nicht zu unterscheiden wußten. (Jona 4, 44.) Es
war die gleiche Liebe Gottes, in welcher „Jesus die Kindlein
in Seine Arme nahm, die Hände auf sie legte und
sie segnete". (Mark. 40, 46.)
In Gott finden wir sowohl ein Vater- als auch ein
Mutterherz. Der Gedanke an Gott als einen liebenden
Vater ist uns wohlvertraut; wir übersehen aber oft, daß
Seine Liebe auch mit der Mutterliebe verglichen wird. Die
sanfte, zarte Berührung der mütterlichen Hand, der keine
andere gleichkommt, die unbedingte Selbstlosigkeit der
Mutter für ihr kleines Kind — ist auch in Gottes Herzen.
„Ich gängelte Ephraim", sagt Jehova in Hosea 44, Z,
indem Er sich eines unmittelbar aus der Kinderstube entlehnten
Ausdrucks bedient. Er „gängelte" Ephraim! Welch
ein Ereignis ist es für eine Mutter, wenn ihr Kleines zum
erstenmal auf seine Beinchen gestellt wird! Das Kind getraut
sich noch nicht allein zu gehen, aber die Mutter hält
es am „Gängelband", oder streckt die schützenden Hände
vor ihm aus, oder schwebt mit ausgebreiteten Armen um
das zaghafte Persönchen her, immer bereit, es aufzufangen,
wenn es fallen will. Das Laufen wird ja nicht mit
einem Male gelernt. Das kleine, ungeschickte Wesen fällt
häufig, aber die Mutter läßt es sich nimmer verdrießen;
mit einem Kuß, oder mit einem fröhlichen: „Das macht
246
nichts!" stellt sie es wieder auf die Füße und läßt es von
neuem gehen. Und je zarter und schwächer das Kindlein,
desto mehr und desto sorglichere Mutterliebe wird ihm
zuteil.
Die Liebe Gottes zu den kleinen Kindern faßt aber
noch mehr in sich als väterliches Wohlwollen und mütterliche
Zärtlichkeit.
Wir lesen in Matth. 48, daß unter den Jüngern die
Frage entstand, wer von ihnen der Größte im Reiche
der Himmel sei. Der Herr benutzte diesen Wortstreit als
Anlaß zu der Erklärung, daß das Heil in Christo auch
für die Kindlein und gerade für sie gekommen sei. Er ruft
ein Kindlein herzu, stellt es in die Mitte Seiner Jünger
und sagt ihnen als allererstes, daß man überhaupt nicht
in das Reich der Himmel eingehen könne, wenn man nicht
umkehre und wie die Kindlein werde. Er sagt aber noch
mehr. „Wer irgend sich selbst erniedrigen wird wie dieses
Kindlein, dieser ist der Größte im Reiche der Himmel;
und wer irgend e i n solches Kindlein aufnehmen wird in
meinem Namen, nimmt mich auf." (V. 4. 5.) Er stellt
das in ihrer Mitte stehende Kindlein den Jüngern als
ein Beispiel vor, als ein Bild jener Demut und Niedrig-
gesinntheit, welche dem Gläubigen geziemen und die allein
ihn „groß" machen im Reiche der Himmel. Wer Christo
nachfolgen will, muß eine Gesinnung haben, die — im
Gegensatz zu dem in der Welt herrschenden Geist — mit
dem hält, was schwach und unansehnlich ist und nicht auf
eigene Kraft vertraut. Wer das tut und irgend e i n solches
Kindlein aufnehmen wird im Namen Christi, nimmt
Christum auf, und wer Christum aufnimmt, nimmt den
Vater auf.
247
Dann, in Vers 6 und 7, redet der Herr von den
„Kleinen (oder Geringen), die an Ihn glaube n", und
spricht ein Wehe über die aus, welche diesen Seinen schwachen,
in der Welt für nichts geachteten Jüngern und Jüngerinnen
einen Anstoß in den Weg legen, ihr Vertrauen
zu Gott zu erschüttern suchen. In den Versen 40—44
kommt Er aber wieder auf die kleinen Kinder M
rück. Man soll sich wohl hüten, sie zu verachten. Die
Gefahr dafür ist da. Man hört häufig Ausrufe wie: „O,
eö ist nur ein Kind! — Kinder sind eine Plage! — Kinder
sind einem immer im Wege!" Man nimmt sich oft
nicht die Mühe, liebende, sorgsame Rücksicht auf sie zu
nehmen und an ihre kostbaren Seelen zu denken. Und doch
sagt der Herr gerade von ihnen: „Ihre Engel in den Himmeln
schauen allezeit das Angesicht meines Vaters, der
in den Himmeln ist. Denn der Sohn des Menschen ist
gekommen, das Verlorene zu erretten."
Weit entfernt, sie zu verachten, zeigen diese!
Worte, wie die göttliche Gnade und Freundlichkeit sich zu
den Kindern herabläßt. Auch wendet der Herr hier, mit
einiger Veränderung, das liebliche Gleichnis von Lukas 45
an, von dem Hirten, der gekommen ist, sein verlorenes
Schaf zu suchen. Das Gleichnis ist hier allgemeiner gehalten,
und die Ausdrücke in bezug auf das Schaf sind
weniger persönlich. Während es in Luk. 45 heißt: „Freuet
euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden,
das verloren war", und: „Also wird Freude im Himmel
sein über einen Sünder, der Buße tut", lesen
wir hier: „Also ist es nicht der Wille eures Vaters, der
in den Himmeln ist, daß eines dieser Kleinen verloren
gehe". (V. 44.) Die kleinen Kinder sind als solche
248
alle zusammen in derselben Stellung vor Gott. In den
Worten des Herrn ist von Buße und Umkehr keine Rede
— kleine Kinder können noch nicht gesucht und g e -
funden werden — wohl aber sagen sie deutlich, daß
auch ihr Heil durch Jesum Christum kommt. Warum
schauen ihre Engel allezeit das Angesicht Seines Vaters,
der in den Himmeln ist? Weil der Sohn des Menschen
gekommen ist, „das Verlorene zu errette n".
Zu diesen Verlorenen, wenn auch nicht Verirrten,
gehören auch die kleinen Kinder. Sie sind „in
Ungerechtigkeit geboren, in Sünde empfangen". (Psalm
54, s.) „Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch."
(Joh. 3, 6.) „Wie könnte ein Reiner aus einem Unreinen
kommen? Nicht ein einziger!" (Hiob 44, 4.)
Kleine Menschenkinder sind noch keine Gotteskinder, denn
solche „sind nicht aus Geblüt, noch aus dem Willen des
Fleisches, noch aus dem Willen deö Mannes, sondern aus
Gott geboren". (Joh. 4, 43.) Aber wenn sie sterben, ehe
sie zu einem Bewußtsein ihrer Verantwortlichkeit gelangen,
dürfen wir im Blick auf sie auf die Gnade Gottes
vertrauen. Er rechnet ihnen das Werk Dessen zu, der
gekommen ist, „um das Verlorene zu erretten". Dasselbe
gilt sicherlich auch für die vielen, die nie in den Besitz
ihrer Geisteskräfte gelangen, in diesem Sinne also bis
an ihr Ende unmündige „Kinder" bleiben.
Man hört zuweilen die Meinung äußern, es gebe
hinsichtlich der Vorrechte einen Unterschied zwischen Kindern
gläubiger und nichtgläubiger Eltern. Zur Stützung
dieser Meinung beruft man sich unter anderem auf die Bibelstelle:
„Euch ist die Verheißung und euren Kindern".
(Apostelgesch. 2, 39.) Man berücksichtigt dabei
249
aber nicht die unmittelbar folgenden Worte: „und allen,
dieinderFernesind,so viele irgend der Herr, unser
Gott, herzurufen wird". Diese Worte beweisen zunächst,
daß der Apostel in dem ersten Teil des Satzes
an das Volk Israel denkt, welchem als solchem die Verheißung
gehörte; und da sie sich auf die vorhergehende Ermahnung
gründen: „Tut Buße, und ein jeder von euch
werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung
der Sünden", so ist ein Hinweis auf die kleinen
Kinder, im Gegensatz zu den herangewachsenen, oder die
Kinder von Gläubigen im Gegensatz zu anderen, von vornherein
ausgeschlossen.
Die Gnade wird vielmehr allen angeboten, sowohl
den im Lande weilenden Israeliten, als auch ihren Landsleuten
in der Ferne, ja, im weiteren Sinne allen von
Gott Herzugerufenen, mögen sie nun dem auserwählten
Volke oder den übrigen Völkern der Erde angehören.
Es ist deshalb nicht unberechtigt, wenn wir mit einem
gewissen Schmerz auf unsere kleinen Kinder blicken, als
auf solche, die „in Sünde empfangen und geboren" und
„von Natur Kinder des Zorns sind, wie auch die übrigen".
(Eph. 2, 3.) Doch eine wichtige Sache haben die
Kleinen den übrigen voraus. Sie sind, wie soeben gesagt,
in ihren ersten Lebensjahren, bis das klare Bewußtsein
von ihrer Verantwortlichkeit erwacht, für ihr Verlorensein
nicht verantwortlich. Sie gehören bis dahin nicht zu
denen, welche „die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen".
(Röm. 4, 48.) Das ist der Anklagepunkt für alle Menschen,
da Gott sich Seinem verirrten Geschöpf niemals
unbezeugt gelassen hat. Die verschiedenen Zeugnisse Gottes
an den Menschen werden im ersten Kapitel des Römer-
250
briefeö aufgezählt: das Zeugnis der Schöpfung, das
des Gewissens und das des Gesetzes, zu welchen
heute noch das Zeugnis des Evangeliums hinzuge-
kvmmen ist. Die Menschheit, im ganzen genommen, hat
auf keines dieser Zeugnisse geachtet und ist in der Gottlosigkeit
geblieben. Kleinen Kindern kann das aber nicht
zur Last gelegt werden, weil sie noch gar nicht unter die
Verantwortlichkeit dieser für sie unverständlichen Dinge
gestellt werden können. Dennoch stehen sie unter den Folgen
der Sünde Adams und bedürfen der Erlösung. Sterben
sie nun im ersten Kindesalter, so erkennt Gott sie als
Sein Eigentum an. Es ist nicht Sein Wille, daß eines dieser
Kleinen verloren gehe. Er rechnet ihnen Christi Opfertod
zu und errettet sie kraft Seiner unumschränkten Gnade
nach einer anderen Regel, als derjenigen, welcher wir unterworfen
sind. Da sie noch nicht unter die Verantwortlichkeit
des Glaubens gestellt sind und demgemäß nicht gerichtet
werden können wie die, welche nicht geglaubt
haben, so stellt Gott sie in der Unumschränktheit Seiner
Gnade unter die Segnung des Todes Jesu Christi. Und
so wird die große Zahl dieser kleinen Wesen mit unsterblichen
Seelen allen denen hinzugefügt, die durch den
Glauben, nach der regelrechten Ordnung der Verwaltung
der Gnade, errettet worden sind.
Gottes große Liebe und Barmherzigkeit wenden sich
diesen kleinen, verlorenen Geschöpfen zu. Wir dürfen also
mit Gewißheit sagen, daß keines von ihnen deshalb in
den Himmel kommt, weil es ein Kind gottesfürchtiger
Eltern ist; aber ebensowenig ist eines von ihnen von dem
Himmel ausgeschlossen, weil es etwa von Götzendienern
oder Gottesleugnern abstammt. Die Kinder eines Mo
251
hammedaners, eines Chinesen oder eines ausgesprochenen
Atheisten haben, wenn sie jung sterben, den gleichen Anteil
an der Gnade Gottes wie ein Christenkind unter den
besten Verhältnissen. Nicht ihrer Abstammung wegen werden
sie errettet; auch nicht ihrer Werke wegen, denn sie
haben keine. Ebenso wenig haben sie auf Grund ihrer Unschuld
einen Anspruch auf den Himmel. Wäre das der
Fall, dann würde ihre Unschuld auch genügt haben, um
sie vor Schmerz und Tod, diesen Folgen der Sünde, zu
bewahren. Die einzige Grundlage ihrer Errettung ist das
Werk Jesu Christi, des Sohnes Gottes, das den noch
nicht Verantwortlichen aus freier, bedingungsloser Gnade
zugerechnet wird.
Wann beginnt aber die Zeit ihrer Verantwortlichkeit?
wann kommt die ernste Stunde, die mit einem
Schlage alles ändert? Wir können diesen Zeitpunkt, der
jedenfalls je nach Veranlagung und Erziehung der Kinder
verschieden ist, nicht wissen noch bestimmen; das vermag
Gott allein. Unsere ernste Pflicht ist es darum, unseren
Kleinen so früh wie möglich von der Liebe Gottes in
Christo Jesu zu erzählen, sie schon von ihren ersten Lebensjahren
an — Schrittchen für Sehnlichen — in der
Zucht und Ermahnung des Herrn zu erziehen und vor
allem sie täglich der Bewahrung Jesu, des großen Kinder-
freundes, zu befehlen.
Was wird es sein, wenn einst Millionen und aber
Mllionen früh abgerufener Kinder mit uns ihre Lobgesänge
im Himmel erschallen lassen werden! Wenn wir
daran denken, erscheinen uns die erschütternden Unglücksfälle,
die eine große Anzahl kleiner Kinder plötzlich mit
in den Tod reißen, weniger schrecklich; wir erblicken selbst
252
darin Gottes Liebe zu den Kindern. Und wie ein stillender
Balsam legt es sich auf das blutende Herz der Mutter, die
ihren kleinen Liebling hat hergeben müssen, wenn sie daran
denkt, daß sie jetzt all ihrer Sorge um die ewige Errettung
des geliebten Kindes enthoben ist, und daß sie es bei
Jesu weiß, dort, wo es nur Glück, Friede und Freude
gibt. Das gequälte Herz wird still, und Preis und Dank
steigen zu dem Gott der Liebe empor.
Kragen aus dem Leserkreise
z. Man hört oft sagen, der Herr Jesus habe in den Himmel
zurückkehren können, ohne zu sterben. — Zst das richtig? Vie
hätten dann die Schriften erfüllt werden sollen?
wenn man so redet, denkt man an die persönliche vollkommenheft
des Herrn Jesus als Mensch und Diener hienieden und
will damit sagen, daß Er für sich selbst in den Himmel hätte zurückkehren
können, ohne durch den Tod gehen zu müssen. Selbstverständlich
wäre das wiederum unmöglich gewesen, weil dann die
Vffenbarung Gottes als Liebe und Licht unvollkommen geblieben
wäre, „wie hätten", so fragt der Linsender der Frage mit Recht,
„die Schriften erfüllt werden sollen?"
Gbwohl also der Ausspruch nicht unrichtig ist, wollen wir
uns doch immer wieder daran erinnern lassen, welch äußerste
Vorsicht am Platze ist, wenn wir von der Person unseres hochgelobten
Herrn und Heilandes etwas aussagen. Bei der allerbesten
Meinung laufen wir Gefahr, Gedanken auszusprechen, die, obwohl
an und für sich richtig, falsch verstanden oder mißdeutet werden
können.
2. was will der Apostel damit sagen, daß „er einen Tag
und eine Nacht in der Tiefe zugebracht habe"?
Das griechische Wort, das im Neuen Testament nur hier
vorkommt, bedeutet „Tiefe, Meerestiefe", wie das der Zusammenhang
der Stelle ja auch klar andeutet. Paulus hatte damals
schon dreimal Schiffbruch gelitten (der in Apostelgesch. 2? berichtete
ereignete sich erst mehrere Jahre später), und war wohl bei
einer dieser Gelegenheiten, auf einem Wrack oder auch nur einem
Wrackstück in dem wogenden Meer umhertreibend, einen Tag und
eine Nacht lang ein Spielball der Wellen gewesen.
„Und ich, wenn ich von der Erde
erhöht bin, werde alle zu mir ziehen."
lAoh. 12,32.1
Es ist eine feierliche Szene, in welche der Evangelist
Johannes uns im 1.2. Kapitel seines Evangeliums (V.
27—33) einführt. Er, der einst zum Vater gesprochen
hatte: „Siehe, ich komme, um deinen Willen zu tun"
(Hebr. 10, y), stand im Begriff, den Ihm von Gott dazu
„bereiteten Leib" auf Seinem Altar hinzugeben. Nur noch
wenige Schritte trennten Ihn von dem Kreuze, dessen
Schatten immer dunkler auf Seinen einsamen Weg fielen.
Schon der Anfang unseres Kapitels entbehrt dieses
dunklen Schattens nicht. In Bethanien, wo Jesus so oft
und gern weilte, hatte man Ihm ein Mahl bereitet, bei
dem Martha diente, während Maria ein Pfund sehr kostbarer
Salbe nahm, die Füße ihres Herrn damit salbte und
sie dann mit ihren Haaren trocknete. Ihre Liebe zu Jesu
war tief und echt, und deshalb empfand sie, mehr als die
übrigen, die furchtbare Feindseligkeit der Juden gegen Ihn,
den sie längst als den Sohn Gottes erkannt, und dessen
Herrlichkeit sie nicht lange vorher (Kap. 11) anbetend geschaut
hatte. Ihr von Gott belehrtes Herz sah den Gegenstand
ihrer heiligen Liebe gleichsam schon in den Händen
Seiner grimmigen Feinde, und so tat sie, was sie zu tun
vermochte. Jesus galt ihr alles, und ihr Herz drängte sie.
Ihm alles zu opfern, was sie besaß.
ttXXX 10
254
Bon Gott selbst unterwiesen, hatte dieses Weib Denar
für Denar zusammengespart, um im geeigneten Augenblick
ein Opfer darzubringen, dessen duftender Wohl-
geruch wieder zu Gott emporstieg. Sie hat selbst wohl
nicht daran gedacht, welch hohe Bedeutung dieses Opfer
in des Herrn Augen haben würde. Die Salbe war sehr kostbar,
aber die Liebe, welche sie darbrachte, war kostbarer.
Leider nicht in den Augen der Jünger. Durch Judas Js-
kariot verleitet, sahen sie in der Verwendung von dreihundert
Denaren für ihren Herrn nur eine Verschwendung!
Wie ganz anders beurteilte der Herr das Opfer der
Maria! Nicht nur rechtfertigte Er ihr Tun, Er brachte eö
auch mit dem Tage Seines Begräbnisses in Verbindung
und fügte dann feierlich hinzu: „Wahrlich, ich sage euch:
Wo irgend dieses Evangelium gepredigt werden wird in
der ganzen Welt, wird auch von dem geredet werden, waö
diese getan hat, zu ihrem Gedächtni ö". Wir finden
diesen Zusatz zwar nicht bei Johannes, dafür aber in der
Geschichte des Lazarus (Kap. 44) bei Erwähnung der
Maria die bedeutungsvolle Einschaltung: „Maria aber war
es, die den Herrn mit Salbe salbte und Seine Füße mit
ihren Haaren abtrocknete". (V. 2.) Auf diese Weise hat
der Herr Seiner geliebten Jüngerin ein Denkmal gesetzt,
das uns stets ins Gedächtnis rufen soll, welch eine Erquickung
ihre verständnisvolle Liebe und Hingebung Seinem
nach Mitgefühl verlangenden Herzen bereitet hat.
Anderseits erinnerte Ihn die Salbung selbst an die vor
Ihm liegende schwere Aufgabe. Und es war der Tod a m
Fluchholz, der Ihm bevorstand!
Dann wechselt die Szene. Unter den Hosannarufen
der Volksmenge hält der Friedefürst auf einem Eselsfüllen,
255
dem Wort deö Propheten entsprechend, Seinen Einzug in
die Stadt des großen Königs. Einen Augenblick scheint es,
als ob die Welt Ihm nachgegangen sei. Pharisäer sprachen
das Wort aus. In Wirklichkeit aber blieb die Tatsache
bestehen: „Er war in der Welt,.. und die Welt kannte Ihn
nicht. Er kam in das Seinige, und die Seinigen nahmen
Ihn nicht an."
Dann kommen Griechen und wünschen Jesum zu sehen.
Die Heidenwelt hat von Ihm gehört und verlangt nach
Ihm. Sie soll auch gesegnet werden mit dem Segen Abrahams,
des Vaters aller Gläubigen, ob Juden oder Heiden.
Der „Sohn des Menschen" soll verherrlicht werden.
Aber wie? Nicht durch die Jubelrufe der Ihn als „König
Israels" begrüßenden Menge. Nein, diese Verherrlichung
hat weder mit Seinem Titel als „Sohn Davids"
zu tun, noch mit Seiner Verherrlichung als „Sohn Gottes"
am Grabe des Lazarus. Der Sohn des Menschen
konnte nur durch Tod und Auferstehung verherrlicht
werden. Der Weg dahin führte über Golgatha.
Aufs neue tritt das Kreuz mit seinen Schrecken vor
die heilige Seele Jesu. „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:
WenndasWeizenkornnichtindieErdefällt
und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber
stirbt, bringt es viel Frucht." Ohne das Kreuz
wäre Er für ewig allein geblieben. Nur auf diesem Wege
konnte reiche Frucht gesammelt werden. Aber durch welche
Not, durch welche Qualen des Leibes und der Seele mußte
Er gehen, um dieses Ziel zu erreichen! „Jetzt ist meine
Seele bestürzt, und was soll ich sagen? Vater, rette
mich aus dieser Stunde!" so schreit Er aus der
Tiefe Seines Herzens zu Gott, aber sofort fügt Er hinzu:
256
,^>och darum bin ich in diese Stunde gekommen. Vater,
verherrliche deinen Namen!"
Ach! diese Stunde konnte Ihm nicht erspart bleiben.
Sollte der Zweck Seines Herniedersteigens vom Himmel
erreicht und des Vaters Name verherrlicht werden,
sollte dem Tode die Macht genommen werden, so mußte
der Heilige in den Tod, der Fürst des Lebens mußte Sein
Leben am Fluchholz lassen.
Dieses furchtbare „Muß" preßt Ihm den Notschrei
aus: „Vater, rette mich aus dieser Stunde!" Welch eine
Gnade, daß wir ein solches Wort aus dem Munde des Gottes-
und Menschensohnes vernehmen dürfen — daß Er
uns (wir sagen es mit Ehrfurcht) menschlich so nahe getreten
ist! Aber noch weiter dürfen wir Ihn begleiten. Gethsemane
naht mit seinem namenlosen Weh, mit seinem
ringenden Kampf. Und wenn vorhin auf das: „Vater, rette
mich aus dieser Stunde!" unmittelbar das: „Vater, verherrliche
deinen Namen!" folgte, so werden wir jetzt den
furchtbaren Seelenstreit zu Ende gehen sehen mit den Worten:
„Mein Vater, wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen
kann, ohne daß ich ihn trinke, so geschehe
deinWill e". (Matth. 26, 42.)
Zn Gethsemane legte sich der Schatten des Kreuzes
schwärzer und drohender auf den Weg unseres leidgewohnten
Herrn, als je zuvor. Niemals vor- oder nachher ist
ein Kampf ausgekämpft worden, der mit diesem auch nur
im entferntesten verglichen werden könnte. Hier liegt der
„Heilige und Gerechte" auf Seinem Angesicht vor dem
Vater, in tiefster Not, in unsagbarer Qual der Seele, und
keine Stimme kommt aus dem Himmel, wie bei Seiner
Taufe durch Johannes oder bei der Verklärung auf dem
257
Berge, kein Donnerwort ertönt wie in Joh. 12. Aber
etwas anderes geschieht. Als die Angst den Höhepunkt erreicht
hat, als „Sein Schweiß wie große Blutstropfen
wurde, die auf die Erde herabfielen", da erscheint Ihm ein
Engel aus dem Himmel, um Ihn zu stärken! O ewiges
Geheimnis — das Geschöpf stärkt den Schöpfer! Einer
der „dienstbaren Geister" steht dem Sohne Gottes in Seinem
ringenden Kampfe bei! Über das Wie dieses Engeldienstes
etwas zu sagen, steht uns nicht zu. Aber welch
heilige Schauer mögen in jener Stunde durch die Reihen
der himmlischen Heerscharen gegangen sein!
Jesus ist ganz allein. Einen Steinwurf weit entfernt
liegen die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes
und schlafen. Er hat sie mitgenommen, damit sie mit
Ihm wachen und beten möchten. Aber sie sind nicht imstande,
der Bitte ihres Meisters zu entsprechen. Er „wartete
auf Mitleiden, und da war keines, und auf Tröster,
und Er hat keine gefunden". (Vergl. Ps. by, 20.) Dreimal
kommt Er zu ihnen in der Hoffnung, Teilnahme und
ein Wort des Verstehens zu finden, aber umsonst; immer
wieder findet Er sie schlafend, und Er spricht zu Petrus, der
ja vor allen übrigen seine Liebe und Treue zu Jesu betont
hatte: „Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht eine
Stunde zu wachen?"
Die Berichte der Evangelisten über diese Vorgänge
sind kurz. Aber der Schreiber des Hebräerbriefeö teilt uns
noch mit, daß der Herr „mit starkem Geschrei und Tränen"
Gott Seine Bitten und Sein Flehen dargebracht habe.
„Mit starkem Geschrei und Tränen!" O waö muß eö
für das liebende Vaterherz Gottes gewesen sein, den Sohn
Seines Wohlgefallens, die Wonne Seines Herzens, auf
258
Seinem Angesicht liegen zu sehen, Sein Flehen zu hören,
Zeuge Seines ringenden Kampfes zu sein und Zhm doch
den Kelch nicht ersparen zu können!
Eö gibt einen bekannten, ergreifenden Liedervers, wel­
cher lautet:
Lines wünsch' ich mir vor allem andern,
Line Speise früh und spät;
Selig läßt's im Tränental sich wandern,
wenn dies eine mit uns geht:
Unverrückt auf einen Mann zu schauen,
Der mit blut'gem Schweiß und Todesgrauen
Auf Sein Antlitz niedsrsank
Und den Kelch des Vaters trank.
Die Dichterworte verraten ein tiefes Empfinden, und
wir können nur wünschen, daß mehr von solchen Gefühlen
und Wünschen in unseren oft so liebeleeren Herzen zu
finden sein möchte. Doch Gethsemane ist nicht das Kreuz.
Es vermag noch kein „seliges Wandern im Tränental"
zu bewirken. Der Herr hat auch nicht in Gethsemane den
„Kelch deö Vaters" getrunken. Sicherlich handelte es sich
in Seinem Kampf um den Kelch, aber getrunken hat
Er ihn erst auf dem Kreuze. Im Geiste durchlebte Er die
vor Ihm liegende Stunde, die ganze Furchtbarkeit des Todes
als Sold der Sünde; dennoch aber begegnen wir in
Gethsemane nur den Schatten deö Kreuzes, zwar
schwärzer und erschreckender als je zuvor, aber doch nur den
Schatten. Nachdem diese schwerste aller Versuchungen
siegreich bestanden ist, schreitet unser hochgelobter Herr, in
völliger Unterwerfung unter den Willen des Vaters, in
Frieden nach Golgatha.
Nunmehr kommt Judas und mit ihm die Schar der
Hohenpriester, der Hauptleute des Tempels und Aeltesten,
mit Schwertern und Stöcken, um Ihn zu fangen, wie
254
man einen Räuber fängt. Die Stunde war gekommen, wo
der Sohn des Menschen in die Hände Seiner gefallenen
Geschöpfe gegeben, wo Er „der Menschen Hohn und der
vom Volke Verachtete" werden sollte. Alle, alle wenden
sich gegen Ihn. „Mehr als die Haare Seines Hauptes sind
derer, die ohne Ursache Ihn hassen." Jahrelang haben sie
sich Seine Hilfsleistungen und Wunder gern gefallen lassen.
Und jetzt? Wie Stiere Basans sperren sie ihr Maul
wider Ihn auf, gleich einem reißenden und brüllenden Löwen.
Von der Unschuld Jesu überzeugt, gibt Pilatus sich
die größte Mühe, Ihn freizugeben. Aber sie ist umsonst.
Des Volkes und der Hohenpriester Toben läßt sich nicht
beschwichtigen. Pilatus hat keine Kraft, ihrem übermächtigen
Verlangen zu widerstehen. Sein eigenes Weib bittet
ihn, „diesen Gerechten" nicht anzutasten. Aber er ist kein
gerechter Richter. Das Wort: „Wenn du diesen losgibst,
bist du des Kaisers Freund nicht", führt die Entscheidung
herbei. Er „übergibt Jesum ihrem Willen".
Satan triumphiert. Er triumphierte schon, als Judas
hinging und den Sohn des Menschen für einen Sklavenlohn
verriet, er triumphierte, als einer Seiner treuesten
Jünger sich verfluchte mit dem Wort: „Ich kenne den
Menschen nicht!" Er triumphierte, als die übrigen Jünger
ihren Meister verließen und flohen. Und wie triumphiert
er jetzt, als er Jesum da hat, wo er Ihn haben will,
in der Hand Seiner blutdürstigen Feinde! O sie machen
ihre Bosheit groß an Ihm. Sie speien Ihn an, krönen
Ihn mit Dornen, Diener geben Ihm Backenstreiche, und
dann „durchgraben sie Seine Hände und Seine Füße".
Jesus, der Sohn Gottes, wird ans Kreuz geschlagen.
260
Damit erfüllt sich das wunderbare Wort: „Und ich,
wenn ich von der Erde erhöht bin, werdeallezu mir
ziehen". Wie? Trotz Schmach und Speichel, Dornenkrone
und Kreuz, Haß und Tücke will Er alle zu sich
ziehen? Za, denn dazu ist Er „in diese Stunde gekommen"!
Bis dahin hatte Jesus den Kelch leiblicher und seelischer
Leiden seitens der Menschen getrunken. Diesen Kelch
hatte Satan gemischt, indem er die Menschen verführte, in
ihren Forderungen betreffs Jesu bis zum Aeußersten zu
gehen. Aber es wartete Seiner noch ein anderer Kelch, unendlich
bitterer als jener, der Kelch, vor dem Ihm in
Gethsemane so gebangt hatte, der Kelch des Zornes und
Grimmes Gottes wider die Sünde.
Diesen Kelch hat, wie uns allen bekannt ist, unser
hochgelobter Herr und Heiland in den drei Stunden getrunken,
in denen die Sonne verfinstert wurde. Die Zeit ist genau
angegeben. Die Finsternis, die über das ganze Land
kam, dauerte von der sechsten bis zur neunten Stunde —
eine verhältnismäßig kurze Zeit. Aber wir erinnern uns
des zweiten Verses aus dem 22. Psalm, der uns einen
Einblick in die Gefühle des unter den Schlägen deö göttlichen
Zornes leidenden Heilandes gestattet: „Mein Gott!
ich rufe des Tages, und du antwortest nicht;
und des Nachts, und mir wird keine Ruh e".
Wenn ein Mensch in höchster Todesnot schwebt, so kann
ihm eine Minute zur Ewigkeit werden. Wie lang, o wie
lang werden unserem geliebten Herrn jene drei Stunden
der Finsternis geworden sein, in welchen Gottes Hand auf
Ihm lastete! In jenen Stunden schrie Er zu Ihm, der
Ihn „in die tiefste Grube gelegt hatte, in Finsternisse, in
261
Tiefen, und dessen Grimm schwer auf Ihm lag". Aber
ach. Er war fern von Ihm! Er hatte Sein Angesicht vor
Ihm verborgen! Drangsal war da, aber kein Helfer! Er
war jetzt nicht nur von Menschen, sondern auch von Gott
verlassen. Die Menschen hatten Ihn verlassen aus Angst
oder Bosheit. Seine Freunde wagten nicht, sich zu Ihm
zu bekennen, und die übrigen hatten nur Lästerworte und
Schmähungen für Ihn: „Andere hat Er gerettet, sich selbst
kann Er nicht retten... Er vertraute auf Gott, der rette
Ihn jetzt, wenn Er Ihn begehrt; denn Er sagte: Ich bin
Gottes Sohn." Aber nun hatte Gott selbst Ihn verlassen
und mit allen Seinen Welken Ihn niedergedrückt! Kein
Lichtstrahl, nichts als Finsternis rund um Ihn her!
Die Leser dieser Zeilen wissen, waö in jenen finsteren
Stunden auf dem Kreuze vorging, daß Jesus Christus,
Gottes Sohn, in diesen Stunden „selbst unsere Sünden
an Seinem Leibe auf dem Holze getragen hat", daß sie
Ihm zugerechnet wurden, so als ob Er selbst sie begangen
hätte, ja, daß Er als unser Stellvertreter vor Gott
zurSünde gemacht war. Gott selbst mußte das Schwert
wider „Seinen Genossen" zücken. „Schwert, erwache wider
meinen Hirten und wider den Mann, der mein
Genosse ist! spricht Jehova der Heerscharen; schlage
den Hirten!" (Sach. 13, 7.)
O ewiges Geheimnis der göttlichen Wege! Ist nicht
gerade in jenen Stunden unendlichen Leidens der Sohn
des Menschen verherrlicht worden wie nie zuvor? Ist nicht
Gott verherrlicht worden in Ihm? (Joh. 13, 31.) Ja,
wer hätte einen solchen Weg gehen, wer die Verherrlichung
eines heiligen Gottes mit der Erlösung des gefallenen Menschen
verbinden, wer die Grundlage zur Ausführung der
262
ewigen Heilsgedanken Gottes legen können, außer Ihm?
Wo sehen wir anderseits alles, was in Gott ist: Seine
Heiligkeit und Liebe, Seine Wahrheit und Güte, Seine
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, in ein solch wunderbares
Licht gestellt, wie gerade in jenen Stunden? Und wer
war imstande, das große Werk zu vollbringen, außer Ihm,
dem Menschen Jesus Christus, der den Vater während
Seines ganzen Lebens und Dienstes hienieden verherrlicht
hatte und nun Gott im Tode verherrlichte hinsichtlich
der Sünde? Darum hat Gott auch Ihn verherrlicht,
und zwar „alsbald, (nach vollendetem Werke) bei
sich selbst verherrlicht". (V. 32.) Wir sehen Ihm heute
zwar noch nicht alles unterworfen, wir sehen aber Jesum,
der ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes
erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.
„Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde ich alle
zu mir ziehen." Das Kreuz ist der einzige Begegnungspunkt
zwischen Gott und dem schuldigen Sünder. Dorthin
müssen alle durch die ewige Liebe gezogen werden. Jene
Worte waren die bedeutungsvolle Antwort Jesu auf den
Wunsch der Griechen, Ihn zu sehen. Eine unmittelbare
Antwort an sie wird uns nicht mitgeteilt. Aber wie weit
gehen die Worte des Herrn über das hinaus, was jene erbaten!
Und so wollen wir, die wir heute Seine Worte
auch für uns in Anspruch nehmen dürfen und Ihn schon
droben verherrlicht sehen, unserem gnädigen Herrn allezeit
dafür dankbar sein, daß Er Fragen, diese und andere,
die für den Augenblick gestellt wurden, in solcher für alle
Ewigkeit bedeutsamen Weise beantwortet hat.
263
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lortnther
VIII.
Kapitel VII.
Wir haben schon früher gesehen, daß die Korinther
wohl in mancher Beziehung unwissend waren und unterwiesen
werden mußten, daß sie aber viele andere Dinge
gut kannten, ohne jedoch deren bedeutungsvollen Inhalt
auf ihr tägliches Verhalten und ihr Versammlungsleben
anzuwenden. Das war tatsächlich noch schlimmer, als wenn
sie von jenen Dingen gar nichts gewußt hätten. Darum
wiederholt der Apostel auch so oft mit gerechter Strenge
sein: „Wisset ihr nicht?" Sie gaben sich keine Rechenschaft
über ihren Todeszustand im Fleische, sondern legten diesem
noch Wichtigkeit bei. Sie hielten sich nicht „der Welt für gekreuzigt",
denn wenn Schwierigkeiten unter ihnen entstanden,
riefen sie den Rechtsspruch der Welt an; gab es sittlich
Böses in der Versammlung, so blähten sie sich auf, anstatt
sich zu demütigen, um so Jucht ausüben zu können. Mit einem
Wort, die ersten Kapitel haben uns gezeigt, daß den
Korinthern eine Hauptsache mangelte, nämlich die Verwirklichung
der Tatsache, daß das Kreuz Christi auf dem Wege
des Gerichts mit dem alten Menschen ein Ende gemacht hat.
So war es gekommen, daß sie, diese Hauptfrage außer acht
lassend, dem Apostel allerlei Einzelheiten als Gewissensfragen
vorzulegen hatten. Nichtsdestoweniger hat Gott diesen
Umstand dazu benutzt, ihnen Aufschluß über die Ordnung
zu geben, welche dem Hause Gottes geziemt.
Sie hatten gefragt, ob man eheliche Beziehungen zueinander
haben solle, ja oder nein, ob Christen, die mit
264
Heiden verheiratet waren, mit diesen leben dürften, auch
was sie mit ihren Kindern machen sollten; ferner ob jemand,
der Sklave war, in dieser Stellung bleiben oder
sich davon freimachen, ob man ledig bleiben oder heiraten
solle, ob man den Götzen Geopfertes essen dürfe, oder ob
man sich davon enthalten müsse. Gott beantwortet diese
Fragen, die an und für sich interessant sind, weil sie die
christliche Freiheit berühren, die sich aber als ins einzelne
gehende Fragen des Geistes der Korinther so sehr bemächtigt
hatten, daß sie darüber die wesentlichen, das Ganze
erfassenden Wahrheiten vernachlässigten. Ähnlichen Seelenzuständen
begegnet man häufig. In demselben Maße,
wie die geistliche Schwachheit zunimmt, beschäftigt man
sich gern mit Nebenfragen, die das Herz mit der Person
Christi nicht unmittelbar in Verbindung bringen. Man verleiht
übertriebene Wichtigkeit der Taufe, der bei der Feier
des Abendmahls zu beobachtenden äußeren Form, der Nahrung,
der Kleidung usw., lauter Fragen, welche Gott bei
Gelegenheit beantwortet, denn Er hat eine Antwort für
alles, die aber Satan gern dazu benutzt, die Seelen von
dem Herrn abzuziehen.
Auffallend ist die Art und Weise, wie der Apostel in
dem vorliegenden Kapitel auf diese Fragen eingeht. Von
V. 4—47 spricht er nicht als inspirierter Apostel, sondern
einfach als Apostel, d. h. mit einer von feiten Gottes
ihm gewordenen Autorität, die nicht Inspiration
(göttliche Eingebung) war, zu deren Ausübung er aber angesichts
ihres Ursprungs berechtigt war; denn er hatte den
göttlichen Auftrag, eine Menge von Fragen in den Versammlungen
zu ordnen (V. 47), wie wir das auch in den
Briefen an Timotheus und Titus sehen. Die Anordnun-
265
gen, die der Apostel hier auf Grund seiner apostolischen
Autorität trifft, unterscheidet er also von dem, was er als
unmittelbar vom Herrn kommend, d. h. als inspiriert ausspricht.
(V. lo.)
Im zweiten Teil dieses Kapitels (V. 25—40) redet
er zu den Korinthern als ein Mann, der geistliche Auto
r i t ä t inmitten der Heiligen besaß. „Ich habe", so sagt
er, „kein Gebot des Herrn; ich gebe aber eine Meinung,
als vom Herrn begnadigt worden, treu zu sein." Darauf
könnte man erwidern: In diesem Falle bin ich also nicht
verpflichtet zu gehorchen. Was?! Sollten wir nicht verpflichtet
sein, auf einen Mann zu hören, der offenbar durch
den Geist Gottes geleitet wird? Wenn wir das, was er
uns sagt, nicht befolgen würden, so wären wir nichts anderes
als Hochmütige, die sich für fähig halten, eine Sache
viel besser zu entscheiden als der Apostel, und wir würden
vergessen, was Gott über den Hochmut denkt.
Doch was istInspiration? Wenn wirerklären
sollten, was göttliche Eingebung ist, würden wir wohl in
große Verlegenheit geraten. Da wir nicht inspiriert sind,
werden wir wahrscheinlich auch nie dahin gelangen, eine
solche Erklärung geben zu können; aber wir wissen, daß
Gott durch Inspiration den von Ihm auserwählten Männern
Seine Gedanken geoffenbart und sie uns durch deren
Vermittlung mitgeteilt hat, und zwar auf eine Weise, die
ebenso vollkommen war, wie jene sie empfingen, indem
sie vor jeder Vermengung mit dem Fleische bewahrt wurden;
denn Gott will, daß Seine für uns bestimmten Gedanken
in ihrer ganzen göttlichen Vollkommenheit zu uns
gelangen.
— 266 —
Die wenigen in unserem Kapitel enthaltenen Stellen
erläutern folgende drei Dinge: die apostolische Autorität,
die göttliche Eingebung und das Recht des geistlichen Christen,
angehört zu werden. Zn B. 6 lesen wir: „Dieses
aber sage ich aus Nachsicht, nicht befehlsweise". Also lediglich
aus Rücksicht auf ihre Schwachheit erteilte er keinen
Befehl, obschon er die Autorität von Gott dazu besaß. In
V. 47: „Also verordne ich in allen Versammlungen". Hier
übt er jene Autorität über die ganze Kirche aus. In V. 25:
„Ich habe kein Gebot des Herrn, ich gebe aber eine Meinung,
als vom Herrn begnadigt worden, treu zu sein".
Er spricht als ein geistlicher Mensch, der Anspruch darauf
hat, gehört zu werden. In V. 40 sagt er: „Ich denke aber,
daß auch ich Gottes Geist habe", der also als solcher angehört
werden muß. — Wenn er zur Inspiration kommt,
sagt er in V. 40: „Den Verheirateten aber gebiete nicht
i ch, sondern der Herr", und in V. 42: „Den übrigen aber
sage ich, nicht der Herr"; er unterscheidet also zwischen
seinem Wort als Apostel und dem ihm eingegebenen Wort.
Das letztere ist das Wort des Herrn, das übrigens schon
auö dem Munde Christi selbst hervorgegangen ist, indem
Er zu den Pharisäern sagte: „Was Gott zusammengesügt
hat, soll der Mensch nicht scheiden". (Matth. 49, 5. 6;
Mark. 40, 6—-y.) Der Herr erinnert bezüglich der Ehe
somit zunächst an das, was von Anfang an durch Inspiration
bezeugt wurde: „Die zwei werden ein Fleisch sein",
bestätigt es dann durch Sein eigenes Wort und stellt es
hier durch das inspirierte Wort des Apostels nochmals fest.
Über dieses 7. Kapitel, das von Banden und Bezie­
hungen redet, die unserem Leben hienieden angehören,
könnte man die Überschrift setzen: Die christliche Freiheit,
267
geregelt durch gänzliche Abhängigkeit von dem Herrn und
Seinem Wort. Der Apostel gibt zu, daß die Umstände verschieden
sind, daß es erlaubt ist, denselben Rechnung zu
tragen, und daß jeder frei ist, für sich selbst darüber zu
urteilen. Wenn es sich indes um den Dienst des Herrn
handelte, wünschte er, daß „alle Menschen wären wie
er selbst". (V. 7.) Dies veranlaßte ihn auch später, zu dem
König Agrippa zu sagen: „Ich wollte zu Gott, daß...
nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören,
solche würden, wie auch ich bin, ausgenommen
diese Bande". (Apstgsch. 2b, 2Y.) Übrigens, mochte es
sich um die Ehe oder um einen Beruf handeln, eö war
nicht verkehrt, anders zu handeln als der Apostel, vorausgesetzt
daß es „im Herrn" geschah, da „jeder seine eigene
Gnadengabe von Gott hat, der eine so, der andere so".
(V. 7. 39.) Die Ehelosigkeit hat ihre großen Gefahren, die
Ehe ihre großen Schwierigkeiten. Möge ein jeder dies vor
dem Herrn erwägen und dann seine Entscheidung treffen;
in dieser Entscheidung gibt es nichts Böses. Der Apostel
macht die Herzen der Korinther, die mit diesen Gedanken
beschäftigt waren, weit; nur sollte das Weib nicht vom
Manne, noch der Mann vom Weibe geschieden werden.
Es gab indes Verhältnisse, die nicht so einfach waren,
wie z. B. dasjenige zwischen einem christlichen Weibe und
einem heidnischen Manne, oder einem christlichen Manne
und einem heidnischen Weibe. (V. 12—1,7.) Sollten solche
sich voneinander trennen? Nach dem jüdischen Gesetz hätte
es so sein sollen, wie wir das aus dem letzten Kapitel des
Buches Esra ersehen: der Israelit mußte sich von seinem
fremden Weibe trennen, um zu der heiligen Gemeinde,
dem Volke Jehovas, gehören zu können. Der Apostel geht
268
von diesem Gedanken aus, um zu zeigen, daß unter der
Regierung der Gnade sich alles in das unmittelbare Gegenteil
des unter dem gesetzlichen System Gültigen verwandelt
hat. Ein christlicher Mann sollte sich nicht von seinem
heidnischen Weibe trennen, weil das Weib durch den
Mann geheiligt war, und umgekehrt. Es braucht nicht gesagt
zu werden, daß der Apostel, wenn er von der Verbindung
eines Christen mit einer Person aus der Welt redet,
keinen Augenblick daran denkt, daß jemand eine derartige
Verbindung nach seiner Bekehrung eingehen könne, vielmehr
setzt er voraus, daß die Bekehrung des einen oder anderen
Teiles erst nach der Heirat stattgefunden hat. Er
gibt also keinerlei Freiheit zu einer Verbindung mit weltlichen
Personen. Indem nun der Ungläubige durch den
christlichen Ehegatten geheiligt ist, sind die aus dieser Verbindung
hervorgegangenen Kinder heilig und durch ihre
Stellung berechtigt, zu dem Hause Gottes zu gehören.
Man darf jedoch nicht vergessen, daß es sich in diesen Kapiteln
um das Haus handelt, nicht etwa um den Leib
Christi. Die Kinder sind in eine Stellung des Geheiligtseins,
der Absonderung versetzt, in ein äußerliches Verhältnis,
das zu der Erde in Beziehung steht. Es handelt sich
hier nicht um ihre ewige Errettung, sondern sie werden als
zum Hause Gottes hienieden gehörend betrachtet, um so all
der Segnungen teilhaftig zu werden, die sich dort finden.
Der Apostel geht nunmehr zu einer anderen Frage
über. Wie sollen sich Christen hinsichtlich der verschiedenen
Beziehungen und Verhältnisse verhalten, in denen sie sich
zur Zeit ihrer Bekehrung befanden? Erstlich: War es von
Wichtigkeit, ob man als Jude oder als Heide berufen war?
Nein; es handelt sich weder um Beschneidung noch um
269
Nichtbeschneidung, sondern „um das Halten der Gebote
Gottes". (V. 18. 19.) Die Sklavenfrage, die er dann berührt,
scheint uns wenig anzugehen, sie ist aber in Wirklichkeit
von großer Wichtigkeit für uns. Viele werden berufen,
während sie sich in einer abhängigen Stellung befinden;
sie möchten dieses Joch gern abschütteln, und dieser
Wunsch wird zum Ausgangspunkt vieler Nöte in unserem
christlichen Leben. Wenn Sklaverei in Frage kommt, könnte
es scheinen, als ob ein Christ sich unverzüglich von solchen
Banden befreien sollte. Der Apostel aber, der selbst den
flüchtigen Sklaven Onesimuö zu Philemon zurücksandte,
gibt keineswegs den Rat, sich von seinem Herrn loszumachen.
Der Sklave sollte in dem Beruf bleiben, in welchem
Gott ihn berufen hatte, denn er war „ein Freigelassener
des Herrn". Wenn Gott ihm aber die Mittel gab, sich loszukaufen,
so sollte er freudig Gebrauch davon machen (V.
21. 22), aber: „ein jeder, worin er berufen worden ist,
bleibe darin bei Gott". (V. 24.)
Endlich hatten die Korinther den Apostel betreffs solcher
befragt, die nie eine eheliche Verbindung eingegangen
waren. Er gibt ihnen Fingerzeige, wie ein geistlicher Mann
gleich ihm sie geben konnte, denn er urteilte, daß auch er
Gottes Geist habe. (V. 40.) Er sagt ihnen, daß der oder
die, welche unverheiratet seien, nicht heiraten sollten. Ohne
solche Bande könnt ihr viele gute Werke tun, denn ihr
braucht dann nur dem Herrn zu gefallen, was das weit
Bessere ist. Ich gebe euch diesen Rat, doch seid ihr frei,
unbedingt frei, nach dem Maße eures Glaubens zu handeln,
vorausgesetzt daß es „im Herrn" geschieht. Auch
fügt er hinzu: „Die Zeit ist gedrängt". Seit dem Kreuz
befinden wir uns in einer Zeit, wo alles mit raschen Schrit
270
ten dem Ende entgegeneilt. Alles vergeht; was wird Bestand
haben? Ladet euch deshalb nicht Dinge auf, die euch
in eurem Vorwärtseilen hindern könnten.
Wir können das heute mit noch viel mehr Grund sagen,
als der Apostel, da wir ganz nahe vor der Ankunft
des Herrn stehen. Wollen wir uns mit allerlei Bürden
und Fesseln beladen, die notwendigerweise eine große Rolle
in unserem Leben spielen müssen? Sie alle werden mit
dem kurzen Dasein vergehen, an das sie geknüpft sind.
Nun wohl denn! laßt uns wie solche sein, die unverheiratet
sind; laßt uns in unserem christlichen Wandel nichts
uns aufbürden, möchte es auch noch so erlaubt oder gar
berechtigt erscheinen! Wenn dieser Gedanke stets in unserem
Herzen lebte, wie würden wir dann vor irdischen Interessen
bewahrt bleiben! Jemehr unsere Herzen von
Christo erfüllt sind, umsomehr werden wir mit Gott beschäftigt
sein, desto eifriger dem Herrn und Seinen Interessen
dienen. Anstatt unter den aufregenden Einflüssen
unserer Umgebung zu leiden, würden wir, immer einfältiger,
glücklicher, ruhiger werdend, diese Welt in wahrer
innerer Ruhe durchschreiten.
Laßt uns denn die Ermahnungen eines Mannes beachten,
der, obwohl denselben heftigen Gemütsbewegungen
ausgesetzt wie wir, in hervorragendster Weise ein „geistlicher
Mensch" war; auch dann, wenn er diese Ermahnungen
nicht befehlsweise auöspricht oder sie mit seiner apostolischen
Autorität bekleidet! Laßt uns ein geöffnetes Ohr
haben, um auf sie zu hören, und Herzen, die bereit sind,
sich den von ihm ausgesprochenen Gedanken zu unterwerfen,
von ihm, der sagen konnte: „Ich denke aber, daß
auch ich Gottes Geist habe"!
271
Sie Zufluchtstädte
lLies q. Mose 33, 5. Mose iys
Das Gesetz vom Sinai bestimmte: „Wer einen Men­
schen schlägt, daß er stirbt, soll gewißlich getötet werden:
hat er ihm aber nicht nachgestellt, und Gott hat es seiner
Hand begegnen lassen, so werde ich dir einen Ort bestimmen,
wohin er fliehen soll". (2. Mose 21, 12. 13.) Das
Gesetz konnte nicht anders, sein Grundsatz ist: ,^Leben um
Leben, Auge um Auge, Iahn um Iahn, Hand um Hand,
Fuß um Fuß". (5. Mose 19, 21.) Wer Menschenblut vergoß,
dessen Blut mußte vergossen werden. Es gab in einem
solchen Falle nur eine Ausnahme: wenn der Totschläger
nicht mit Absicht gehandelt hatte, sondern Gott
hatte es zugelassen, es war ein Unglück geschehen, so wollte
Gott einen Ort bestimmen, wo der Totschläger vor dem
Schwerte des Bluträchers Schutz finden konnte.
Freilich war er auch dann noch nicht in vollkommener
Sicherheit. Er mußte vor die Gemeinde gestellt werden,
und diese hatte darüber zu entscheiden, ob ihn eine Schuld
treffe oder nicht. Erwies er sich als unschuldig, so durfte
er in der Stadt bleiben bis zum Tode des jeweiligen Hohenpriesters.
Ähnlich, obwohl ungleich ernster war es, wenn
jemand nicht vorsätzlich, aber doch in sträflichem Leichtsinn
einen Menschen getötet hatte: er hatte ihn nicht töten wollen,
hatte nicht aus Haß oder Feindschaft gehandelt,
aber doch in der Erregung des Augenblicks ihn mit einem
Gegenstand geschlagen, einem Stein, einem eisernen oder
hölzernen Werkzeug, dessen Benutzung den Tod herbeiführen
konnte. In einem solchen Falle mußte die Gemeinde
genau nachforschen und zwischen dem Schläger und dem
272
Bluträcher Recht sprechen. Handelte es sich aber um einen
Mörder, der seinem Nächsten aufgelauert, mit Vorsatz
ihn totgeschlagen hatte, und er war in eine der Zuflucht-
städte geflohen, so waren die Ältesten seines Wohnortes
verpflichtet, ihn von dannen holen zu lassen und ihn ohne
weiteres der Hand des Bluträchers auszuliefern. Er mußte
sterben. „Dein Auge soll seiner nicht schonen, und du sollst
das unschuldige Blut aus Israel hinwegschaffen." (5.
Mose zy, u-zz.)
Ehe wir weitergehen, mag ein Wort über den Bluträcher
am Platze sein. Gott hatte schon zu Noah gesagt,
daß Er von der Hand eines jeden Menschen, der seinen
Bruder erschlüge, dessen Seele fordern würde, mit der
Hinzufügung: „Wer Menschenblut vergießt, durch den
Menschen soll sein Blut vergossen werden; denn im Bilde
Gottes hat Er den Menschen gemacht". (7. Mose 9, 5. 6.)
Damit ist natürlich nicht gesagt, daß die unter den heidnischen
Völkern jener Tage fast allgemein verbreitete Sitte
der „Blutrache", d. h. der Verpflichtung der nächsten Angehörigen
eines Ermordeten, an dessen Mörder Rache zu
üben, von Gott gewollt gewesen sei. Diese, auch in Israel
herrschende Sitte ist wohl in Zeiten entstanden, als eö noch
keine geordneten Rechtsverhältnisse gab, und wurde, wie
so manches andere, von Gott in Geduld getragen. Obwohl
Sein Gebot an und für sich durch den Bluträcher in Ausführung
kam, dürfen wir doch wohl sagen, daß die Art der
Ausführung Seinen Gedanken nicht entsprach.
Daß die Blutrache nicht nur zur Zeit der Besitzergreifung
des Landes Kanaan, sondern auch in späteren
Jahrhunderten unter Israel bestand und von Gott geduldet
wurde, geht aus 2. Sam. 74, 4—7 klar hervor.
273
Nun, als Israel im Begriff stand, über den Jordan
zu ziehen, bestimmte Gott, daß von den achtundvierzig
Städten des Landes, die den Leviten zum Wohnsitz gegeben
werden mußten, sechs, drei auf dieser, drei auf jener Seite
des Jordan, als Jufluchtstädte für den Totschläger ausgesondert
werden sollten. Sie lagen im Norden, in der
Mitte und im Süden des Landes, sodaß sie von allen, die
das Schwert des Bluträchers zu fürchten hatten, ohne
Zeitverlust und mit nicht zu großer Mühe erreicht werden
konnten. Ihre Namen waren Kedes, Sichern und Hebron
diesseit, und Golan, Ramoth und Bezer jenseit des Jordan.
Der Weg zu den Städten mußte zugerichtet werden
(5. Mose 19, 3), damit kein Hindernis den Fuß des
ängstlich Fliehenden aufhalte.
Wie erinnert uns diese Verordnung, neben der Heiligkeit
Gottes, auch an Seine Güte und Menschenliebe!
Er will nicht den Tod des Sünders, sondern daß er von
seinem Wege umkehre und lebe. Reden die Jufluchtstädte
auch nicht von bedingungsloser Gnade, so zeigen sie uns
doch, wie gern Gott vor dem Gericht schützt, wenn es nur
irgend einen Weg gibt, dem Seine Gerechtigkeit nicht entgegensteht.
Doch abgesehen davon werden wir in der Verordnung
über die Jufluchtstädte manche belehrende Gedanken
finden, vor allem in Verbindung mit der Geschichte
deö um der Väter willen geliebten Volkes Israel. Die
Verordnung ist, wie alle übrigen göttlichen Bestimmungen,
unseres großen Gottes würdig, mag sie auch in ihrer
vorbildlichen Bedeutung die Höhe und Tiefe anderer nicht
erreichen.
Man hat sie oft zum Ausgangspunkt der Verkündigung
des Evangeliums benutzt. Nicht mit Unrecht, doch ist
274
Vorsicht dabei geboten. Die frohe Botschaft von der in
Christo geoffenbarten Liebe Gottes wendet sich bedin-
gungs- und unterschiedslos an alle — an den blutbefleckten
Mörder wie an den nach menschlichem Urteil tadellos
dastehenden Menschen. Das Blut Jesu Christi, des
Sohnes Gottes, reinigt von aller Sünde.
Jedenfalls ist das Bild des um sein Leben fliehenden
Totschlägers ergreifend und mag schon mancher Seele zum
Heil gedient haben. Auch redet es unmittelbar zu unseren
Herzen, wenn wir Gott sagen hören: „Du sollst dir den
Weg zurichten und das Gebiet deines Landes.. indrei
Teile teilen; und das soll geschehen, damit jeder
Totschläger dahin fliehe", und weiter: „auf daß nicht
der Bluträcher... dem Totschläger nachsetze und ihn erreiche,
weilderWeglangist"! Der Weg mußte zugerichtet
werden und durfte nicht zu weit sein. Aus diesem
Grunde gebot Gott weiter: Wenn Jehova die Grenze
Israels erweitern und ihm das ganze, den Vätern zugeschworene
Erbteil geben würde, so sollten den drei erstgenannten
Städten noch drei andere hinzugefügt werden,
„damit nicht unschuldiges Blut vergossen werde inmitten
des Landes". (5. Mose 7y, Z. 6. 8—40.)
Alles das erinnert uns an den neuen Namen, den
Jehova vor Mose ausrief, als dieser zum zweitenmal vor
Ihm auf dem Berge Sinai stand, nachdem Israel durch
seine schwere Sünde (das goldene Kalb) den ersten Bund
gebrochen und so nicht nur jedes Anrecht auf dessen Segnungen
verloren, sondern auch den heiligen und gerechten
Zorn Gottes über sich gebracht hatte. Dieser neue Name
lautete: „Jehova, Jehova, Gott, barmherzig und gnädig,
langsam zum Zorn und groß an Güte und Wahrheit, der
275
Güte bewahrt auf Tausende hin, der Ungerechtigkeit, Übertretung
und Sünde vergibt, — aber keineswegs hält Er
für schuldlos den Schuldigen." (2. Mose 34, 6. 7.) Hätte
Gott, dem Bekenntnis und der Fürbitte MoseS für das
schuldige Volk Gehör gebend, in Seiner Unumschränktheit
sich nicht auf den Boden der Gnade gestellt, als der barmherzige
und gnädige Gott, der mit der Wahrheit, die
Er nimmermehr preisgeben kann, Seine Güte verbindet
und Ungerechtigkeit, Übertretung und Sünde vergibt,
so wäre es mit Israel aus gewesen. Nur ein schonungsloses
Gericht hätte das Volk treffen können.
Im Lichte des eben Gesagten verstehen wir die Verordnung
über die Jufluchtstädte besser. Auf dem Boden
des Gesetzes fußend, konnte sie unmöglich bedingungslose
Gnade verkündigen, der Schuldige konnte nicht für schuldlos
gehalten werden, aber Gott konnte „begnadigen, wen
Er begnadigen, und sich erbarmen, wessen Er sich erbarmen
wollte". (2. Mose 33, 79.) In welch unendlich höherer
Weise aber tritt diese Güte Gottes im Evangelium
zutage! Hier ist der Weg von Ihm selbst zugerichtet — und
wie zugerichtet! — von Ihm selbst kurz gemacht — und
wie kurz! — und alles das für den Schuldigsten unter
den Schuldigen. Nichts steht dem zu Gott Umkehrenden
im Wege, noch heute Gnade, bedingungslose
Gnade zu empfangen, noch heute einen Platz in der
Nähe, ja, am Herzen Gottes zu finden, wo er, von aller
Schuld freigesprochen, für ewig geborgen ist.
Doch wenn Gott uns in dem Totschläger und den Iu-
fluchtstädten nicht ein Bild von Seiner errettenden Gnade
geben wollte, was sollen wir dann daraus lernen? Abgesehen
von der einen und anderen praktischen Belehrung
27 b
wohl folgendes: Gott sah voraus, welch eine furchtbare
Blutschuld Sein eigenes Volk auf sich laden und Sein Land
dadurch verunreinigen würde, und Er macht uns nun mit
den Wegen bekannt, die Er infolge dieser Schuld Sein
Volk führen, wie Er dereinst mit ihm handeln würde.
Beachten wir zunächst, daß die Stadt, in welcher der
Totschläger Zuflucht fand, obwohl sie eine Stadt der Leviten,
der Diener Gottes, war, doch mehr einem Gefängnis
als einem Bergungsort glich. Der Totschläger befand
sich zwar in Sicherheit, war aber von seinem Wohnort,
seiner Familie und seinem Eigentum getrennt und durfte,
wie wir bereits hörten, die Stadt nicht eher verlassen,
als bis der Hohepriester, „den man mit dem heiligen Dl
gesalbt hatte", gestorben war. Dann erst war es ihm erlaubt,
„in daö Land seines Eigentums zurückzukehren".
(4. Mose 35, 25—28.)
Ferner machte Gott einen ernsten Unterschied zwischen
denen, die absichtlich, und denen, die unabsichtlich, aber
doch vielleicht leichtfertig einen Menschen erschlagen hatten.
Nur für den, der unversehens, ohne jede böse Absicht oder
Leichtfertigkeit den Tod eines Menschen verursacht hatte,
gab es eine bedingungslose Aufnahme in die Stadt. So
offenbaren sich denn Gottes Gnade und Gottes gerechte
Regierungswege nebeneinander in dieser Verordnung.
Genau so ist es in den Wegen Gottes mit Israel. Es
gab unter dem Volke solche, die mit bestimmtem Vorsatz
ihren Messias zu Tode brachten, deren tödlicher Haß nicht
ruhte, bis das schreckliche Ziel erreicht war. Sie selbst konnten
keine Schuld an Ihm finden, auch Landpfleger und König
erklärten Ihn für unschuldig. Aber wenn nun Pilatus
nach dreimaliger Erklärung: „Ich finde keine Schuld an
277
diesem Menschen, nichts Todeswürdigeö ist von Ihm begangen",
Wasser nahm, seine Hände vor der Volksmenge
wusch und sprach: „Ich bin schuldlos an dem Blute dieses
Gerechten", antwortete das von seinen Führern irregeleitete
Volk mit dem furchtbaren Rufe: „Sein Blut komme
über uns und über unsere Kinder!"
Nur ein gerechtes Gericht konnte daraufhin über Israel
ergehen. Und so geschah es. Die Mörder kamen um,
und ihre Stadt wurde in Brand gesteckt. Nun aber gab es
auch viele unter dem Volke, die nicht mit jenem tödlichen
Haß erfüllt waren, aber doch auch die Hand gegen ihren
Herrn erhoben hatten, und es gab solche, die nicht einstimmten
in den Rat der Hohenpriester und Schriftgelehrten.
Und siehe da, Der, dessen Blut vergossen wurde, verwandte
sich fürbittend für Seine Feinde bei Gott. „Vater,
vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun", so kam
es über die Lippen des gekreuzigten Herrn. Und fünfzig
Tage später ließ der Geist Gottes durch den Mund des
Apostels Petrus der im Tempel versammelten Menge neben
dem: „Ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet
und... den Urheber des Lebens getötet", die Worte
zurufen: „Brüder, ich weiß, daß ihr in Unwissenheit gehandelt
habt". (Apstgsch. Z, 1,4—77.) Wiederum möchten
wir ausrufen: Welch eine Verbindung von Gerechtigkeit
und Gnade! Viele wurden damals durch die Predigt Petri
ergriffen, taten Buße und fanden einen Bergungsort in
der „Versammlung".
Nicht als ob das der vorbildliche Sinn unserer Verordnung
wäre; sie weist uns kaum auf jene vorläufige
Erfüllung der Gnadengedanken Gottes hin, sondern vielmehr
auf die Wege Gottes mit Seinem Volke auf dieser
278
Erde. Israel i st der Totschläger, der in der Jufluchtstadr
aufbewahrt wird, bis er nach dem Tode des Hohenpriesters
in sein Eigentum zurückkehren kann. Das Volk i st infolge
seiner Blutschuld aus dem Lande seines Besitztums verbannt
und wird, durch Gottes Vorsehung erhalten, im
Gefängnis bleiben müssen, solang Christus als der gesalbte
Priester (nach der Ordnung Aarons) im Heiligtum
droben weilt, um sich für die, die durch Ihn Gott
nahen, zu verwenden. Er kann nicht sterben gleich den
Priestern im Alten Bunde, die durch den Tod verhindert
waren zu bleiben; wohl aber wird Er einmal aus dem Heiligtum
wieder hervortreten, und zwar nicht nur, um Seinem
Volke zu verkündigen, daß Gott seiner Sünden und
Übertretungen nie mehr gedenken will, sondern auch um
als der Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks
Israel Befreiung und Rückkehr in sein Land zu bringen.
Diese neue Art oder Form des Priestertums wird in unserem
Vorbilde durch den Tod des einen und die Einführung
des anderen Hohenpriesters angedeutet.
Jesus wird wiederkommen als der königliche Priester,
„der Priester auf Seinem Thron", und so wie Melchisedek
nicht mit Blut, sondern mit Brot und Wein Abraham
entgegenging und ihn segnete, so wird der aus dem Heiligtum
droben wiederkehrende Herr dem gläubigen Überrest
aus Seinem Volke begegnen mit all den Segnungen
und Freuden, welche das Teil Israels im Tausendjährigen
Reich ausmachen werden. (Die ungläubige Masse des Volkes,
obwohl auch ins Land zurückgeführt, wird im Gericht
umkommen.) Der Herr wird dann nicht länger, dem Bor-
bilde Aarons entsprechend, innerhalb des Vorhangs dienen,
sondern als der wahre Melchisedek, einen neuen Cha
274
rakter Seines Priestertums offenbarend, Seinem Volke
die Segnungen vermitteln, welche „Gott, der Höchste, der
Himmel und Erde besitzt" (der Name, welchen Gott im
Tausendjährigen Reiche annehmen wird) für Sein Volk
bereitet hat. Dann wird der Totschläger die Zufluchtstadt
verlassen und jubelnd zu seinem Eigentum zurückkehren
können. „An jenem Tage, spricht Jehova der Heerscharen,
werdet ihr einer den anderen einladen unter den Weinstock
und unter den Feigenbaum." (Sach. 3, 70.) „Die Befreiten
Jehovas werden zurückkehren und nach Zion kommen
mit Jubel, und ewige Freude wird über ihrem Haupte
sein." (Jes. 35, 70.)
Wir aber, über diese Dinge nachsinnend, wollen heute
schon mit dem Psalmisten ausrufen: „Wie köstlich sind mir
deine Gedanken, o Gott! wie gewaltig sind ihre Summen!
Wollte ich sie zählen, ihrer sind mehr als des Sandes."
Und: „Wollte ich davon berichten und reden, es sind ihrer
zu viele, um sie aufzuzählen." (Ps. 739, 77. 78; 40, 5.)
Mitteilung des Schriftleiters
In letzter Zeit sind mir wiederholt Manuskripte (Erzählungen,
Abhandlungen) zugegangen, ohne daß der Absender
bzw. Verfasser seinen Namen genannt hätte. Dies
veranlaßt mich, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß
derartige Arbeiten, mögen sie an sich auch brauchbar sein,
nicht benutzt werden können und dürfen. Namenlose Zuschriften
pflegen in den Papierkorb zu wandern. Die mir
zugegangenen Arbeiten sind aber noch vorhanden, und ich
bitte den bzw. die Einsender freundlichst, mir nachträglich
ihre Anschrift bekannt zu geben, damit ich mich mit ihnen
in Verbindung setzen kann.
280
Gebell
„Nur auf Gott vertraue still meine Seele l"
spsslm 62, sl
Herr, mach mich still!
Und führten Seine V>ege
Und Seine gute, heiligtreue pflege
Ganz anders mich, als ich es wünsch' und will,
O mach mich still!
Herr, lehre mich
Auf Seins Liebe bauen
Und Seiner Weisheit rückhaltlos vertrauen!
Erschiene auch Sein Tun mir wunderlich,
O lehre mich!
Herr, Su bist treu!
Seit meiner Lindheit Tagen
Hat Seine Güte sorglich mich getragen,
Zm Alter wird sie täglich, stündlich neu.
Aa, Su bist treu!
Herr, bis zum Ziel
Sind nur noch wenig Schritte.
Erhöre gnädig Seines Lnechtes Bitte:
Laß Seinem Vpink mich folgen treu und still
Bis hin zum Ziel!
R. S.
Letztes Gedicht des inzwischen entschlafenen Verfassers, das
er wenige Tage vor seinem friedlichen Heimgang schrieb.
Entlasset mich,
daß ich zu meinem Herrn ziehe!
(Eingesandt)
Der Auftrag Abrahams war durchgeführt, der
Wunsch seines Herzens erfüllt. In hingebender Liebe und
Treue war der älteste Knecht des Patriarchen dem Wun­
sche und Auftrage seines Herrn nachgekommen unter der
offensichtlichen Leitung und dem Segen Gottes. Das Zeugnis
von Abrahams Größe und Hoheit, Macht und Reichtum,
sowie der herrlichen Stellung seines Sohnes war abgelegt
und die Braut für Isaak geworben. Schätze und Kostbarkeiten
waren der Braut übermittelt, und auch die Nahestehenden
waren nicht leer ausgegangen. Nur noch eins
blieb übrig: die Rückkehr! Nun kann er sagen: „Haltet
mich nicht auf, da Jehova Glück gegeben hat zu meiner
Reise; entlasset mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe!"
(4. Mose 24, 56.)
Doch ehe wir etwas näher auf die praktischen Belehrungen
eingehen, die wir in dem vorliegenden so schönen
Kapitel finden, möchten wir zunächst kurz die vorbildliche
Bedeutung der Brautwerbung für Isaak, den Sohn und
Erben Abrahams, berühren: die Erwählung und Berufung
der himmlischen Braut, der Braut Christi. Wie Abraham
seinen Knecht sandte, um für Isaak, den im Bilde
Gestorbenen und aus den Toten Auferweckten, (vergl.
Hebr. 44, 49) die erwählte Braut zu werben und nach
I.XXX II
282
Kanaan zu bringen, so hat auch Gott den Heiligen Geist
herniedergesandt, um Seinem Sohn, dem Auferstandenen
und Verherrlichten, dem Erben aller Dinge, eine Braut
zu sammeln und Ihm diese, die große, unzählbare Schar,
durch die Wüste entgegenzuführen. Es ist sehr bemerkenswert,
daß unmittelbar auf die Opferung Isaaks die Mitteilung
von Rebekkas Geburt folgt, (4. Mose 22, 23.)
Gott sah ihren Ursprung gleichsam im Tode Isaaks, dessen
Weib sie später wurde. Sie war, bildlich gesprochen, Isaak
im Geiste verwandt. In Übereinstimmung hiermit suchte
der Knecht bei der Brautwerbung zunächst an der Gesinnung
des Mädchens festzu stellen, ob sie wirklich das auserwählte
Weib für Isaak sei. (Kap. 24, 44.) Nur eine
Frau, die fähig war, anderen in hingebender Liebe zu dienen
und so „vielen ein Beistand zu sein", (vergl. Röm. 46,
4 u. 2) konnte in Abrahams Haus Aufnahme finden.
Alles was uns hier in der Geschichte Rebekkas im
Bilde gezeigt wird, besitzen wir heute in Wirklichkeit in
Christo. Die Schrift sagt: „Er hat uns auserwählt in
Ihm vor Grundlegung der Welt", und: „In Ihm haben
wir auch ein Erbteil erlangt". (Eph. 4, 4 u. 44.) Ist
es angesichts so hoher Auszeichnungen und Gaben zu verwundern,
wenn bei uns auch die Gesinnung Dessen
erwartet wird, mit dem wir so eng und innig verbunden
sind? So sagt der Apostel: „Diese Gesinnung sei in euch,
die auch in Christo Jesu war" (Phil. 2, 5), und: „Wenn
aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein".
(Röm. 8, y.)
Die Schätze und Kostbarkeiten, welche der Knecht der
Rebekka überreichte, reden vorbildlich ebenfalls von dem,
was der Gläubige in Christo besitzt. So heißt eö in 4. Kor.
283
1, 30: „Aus Ihm aber seid ihr in Christo Jesu, der uns
geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit
und Heiligkeit und Erlösun g". Und wie dann
Abrahams Knecht, wie bereits gesagt, in Liebe und Treue
Zeugnis ablegte von der Größe und dem Reichtum seines
Herrn, sowie von der herrlichen Stellung Isaaks, des Erben
aller Reichtümer Abrahams, so ist es heute die Freude
des Heiligen Geistes, von Christo und Seiner Herrlichkeit
zu zeugen. (Vergl. Joh. 15, 26; 16, 14.)
Diese Freude teilt der Diener, der in Übereinstimmung
mit der Absicht des Geistes seinem Herrn ein williges
Werkzeug sein möchte. Wir erwähnten im Anfang die
Liebe und Treue, mit welcher der Knecht Abrahams dem
Auftrag seines Herrn nachkam, und kommen hiermit auf
die praktische Seite der Begebenheit zurück.
Mit tiefer Freude und Bewunderung lesen wir den
Bericht in 1. Mose 24, und wie könnte es dann anders
sein, als daß der Wunsch in unseren Herzen aufsteigt, diesem
treuen und gottesfürchtigen Knechte zu gleichen im
Dienste unseres Herrn? Mit welch vorbildlicher Treue
führte dieser Mann den ihm übertragenen verantwortungsvollen
Dienst aus! Fürwahr, viel können wir darin von
ihm lernen, die wir heute das Vorrecht haben, als Knechte
und Mägde unserem Gott und Vater und Seinem Sohne
Jesus Christus zu dienen. Entsprechend dem Willen des
in uns wohnenden Geistes geht unsere Berufung in der
Hauptsache dahin, von der Größe und Herrlichkeit Gottes
und Seines Sohnes zu zeugen, die wunderbare Absicht
Gottes zu verkünden, daß Er Menschenkinder sucht als
Braut für Seinen Geliebten, und anderseits solchen, die
da sprechen: „Ich will gehen!" Seine geistlichen Schätze
284
und Kostbarkeiten unter der Wirksamkeit und Leitung des
Heiligen Geistes zu übermitteln.
Hier werden wir an solche Knechte Gottes erinnert,
die vor uns denselben Dienst verrichteten und den Lauf
nach einem reich gesegneten Leben im Glauben vollendeten.
Da ziehen an unserem Auge vor allem die treuen Knechte
des Neuen Testamentes, an der Spitze der reich gesegnete
Apostel Paulus, vorüber. Ihnen folgen andere Gestalten
aus späterer Zeit der Geschichte der wahren Kirche, die ihr
Leben verbrachten, ja, oft verzehrten im Dienste ihres geliebten
Herrn, bis hin in die jüngste Zeit, wo viele von uns
den Verlust eines innig geliebten Mitpilgers und Mitknechtes
betrauern, welcher eingehen durfte zur Ruhe seines
Herrn. Treue Männer Gottes werden von den Zurückbleibenden
schwer vermißt (wie könnte es auch anders sein?)
doch sie haben nach vollendetem Dienst ein Recht, uns
gleichsam zuzurufen: „Haltet mich nicht auf, da Jehova
Glück gegeben hat zu meiner Reise; entlasset mich, daß ich
zu meinem Herrn ziehe!" An uns aber ergeht die Aufforderung:
„Gedenket eurer Führer, die das Wort Gottes
zu euch geredet haben, und, den Ausgang ihres Wandels
anschauend, ahmet ihren Glauben nach!" (Hebr. 43, 7.)
Wirksamer Glaube machte den ältesten Knecht Abrahams
abhängig und gehorsam auf seinem Wege und in
seinem Dienst. So wird er wunderbar von Gott in das
Haus Bethuels geführt, wo sein eigentlicher Dienst beginnt.
„Ich bin Abrahams Knecht." Mit diesen Worten
führt er sich kurz und würdevoll ein, und dann beginnt
er mit seinem Zeugnis über Abraham und seinen Sohn,
bis er schließlich den eigentlichen Zweck seiner Sendung darlegt.
(Kap. 24, 34 ff.)
285
Wie eindrucksvoll sind doch alle diese Dinge,, wie belehrend
und richtungweisend für jeden Knecht des Herrn!
Welch ein Vorrecht, als Knechte Gottes Seinen Rühm D
verkünden und Ihn zu loben „nach der Fülle Seiner
Größe" (Ps. l,Zo, 2), und weiter, von Seinem Sohne zu
reden. Seinem Eingeborenen, den Er lieb hat, den Er geopfert,
und dem „Er alles gegeben hat"! (Vergl. 1. Möse
22, 2; 24, 36.) Dessen Herrlichkeit dürfen wir schildern.
(Vergl. Ioh. 16, 14.) Der Knecht in seiner Person
tritt zurück.
Auch ist es unsere Aufgabe, die Menschen bekannt zu
machen mit der Absicht Gottes, Menschenkinder mit
Seinem Sohne in eine lebendige und ewige Verbindung
zu bringen. Und hat da und dort sich der eine und andere
für diesen „Sohn" entschieden, so ist es unser Vorrecht,
Werkzeug zur Übermittlung Seiner Schätze und Kostbarkeiten
zu sein, welche die Gegenstände unseres Dienstes
bereichern und ihre Herzen erfreuen. (V. 50—53; vergl.
auch Ioh. 16, 14. 15.) Kostbarer Dienst! Der älteste
Knecht Abrahams und viele nach ihm durften ihn tun.
In ihre Fußstapfen laßt uns treten, ihrem Glauben laßt
uns nachahmen, so viele ihrer uns im Worte Gottes in ihrem
Glaubenöleben und mit dem Ausgang ihres Wandels
vorgestellt werden, oder so viele wir selbst in ihrem demütigen
und hingebenden Dienst zu beobachten und zu genießen
das Vorrecht hatten!
Es ist eine Freude für jeden Gläubigen, im Blick auf
den einen oder den anderen der vorangegangenen treuen
Männer Gottes die Worte auf sie anwenden zu dürfen:
„Jehova hat Glück zu seiner Reise gegeben". Wer sie von
Herzen spricht, rühmt nicht den Entschlafenen, sondern gibt
286
Gott allein die Ehre. Anderseits wird Gott ihnen den Lohn
ihrer Treue nicht vorenthalten. Er selbst hat ihnen denselben
zugesagt.
Sie sind bei ihrem Herrn. Nun dürfen wir uns freuen
über die selige Freude, die sie jetzt genießen. Daö möge
einer der letzten Beweise unserer Liebe zu ihnen sein.
Ja, es ist noch eine Ruh' vorhanden
Für den Anecht und für das Volk des Herrn;
wenn des Kampfes Hitze überstanden,
M dann ruht beim Herrn der Diener gern!
Himmelsheimat, stille Friedenswohnung,
wo kein Leid mehr ist und kein Geschrei,
wo des Heilands Nähe die Belohnung
Für die Seinen ist, und alles neu!
Doch wenn Gottes Wort uns an die hinweggegangenen
Diener, an ihren Dienst und an ihren Ausgang im
Glauben erinnert, dann lenkt es unseren Blick auch auf
Den, welcher bleibt, und zwar auf Ihn als den Unveränderlichen.
„Jesus Christus ist derselbe gestern und heute
und in Ewigkeit." (Hebr. 13, 8.)
Aller vorangegangenen Knechte Dienstzeit nahm ein
Ende. Alle konnten sie einst sagen: „Entlasset mich". Sie
leben jetzt, um zu ruhen. Er aber lebt immerdar, um sich
für uns, die wir noch hienieden pilgern, zu verwenden. Daher
vermag Er auch völlig zu erretten, die durch Ihn Gott
nahen. Lies Hebr. 7, 25! Sein Dienst ist mit Seiner Rückkehr
zum Vater noch nicht zu Ende. Wir hören Ihn gleichsam
sagen: „Ich liebe meinen Herrn, mein Weib und meine
Kinder, ich will nicht frei ausgehen". (2. Mose 21, 5.)
Obwohl Er, als Er hienieden weilte, „das Doppelte des
Lohnes eines Tagelöhners gedient hat" (5. Mose 15,18),
stellte sichdieser Knecht Gottes, unser hochgelobter Herr,
287
nach vollendetem Dienst hienieden freiwillig unter das
Wort: „Und er soll ihm dienen auf ewig". (2. Mose 21.,
b.) Von der Seite Gottes aus betrachtet, müssen wir da
ausrufen: Welch eine Verherrlichung Gottes l von unserer
Seite aus betrachtet: Welch ein starker Trost für uns alle!
Bald sind wir alle bei Ihm. Und hat Er droben Seine
teuer Erkauften um sich geschart, dann „wird Er sich
umgürten und sie sich zu Tische legen lassen und wird hinzutreten
und sie bedienen". (Luk. 12, 37.)
Ser Sohn des Menschen tm Himmel
lApstgsch. 1-y.I
Der zweite Bericht des Lukas an seinen Freund Theo-
philus, die sogenannte Apostelgeschichte, nimmt nicht starr
und förmlich die Erzählung da wieder auf, wo der erste
aufgehört hat. Vielmehr greifen die beiden Berichte in
schöner Weise ineinander. Der zweite geht ein wenig zurück
in die Handlungen des ersten und trägt mit einigen abweichenden
Zügen den gleichen Gesamtcharakter. Aber es
ist klar — ich brauche das nicht besonders hervorzuheben —
daß jeder dieser Berichte, das Evangelium des Lukas wie
seine Geschichte der „Taten der Apostel", sein eigenes, besonderes
Gepräge hat.
In den Anfangskapiteln der Apostelgeschichte, mit denen
ich mich jetzt ein wenig befassen möchte, finden wir Jesum
als den in denHimmeln verherrlichten
Menschen, während wir in den ersten Kapiteln des
Evangeliums Gott als geoffenbart im Fleische
dargestellt fanden. Die Person ist selbstverständlich in beiden
Fällen ein und dieselbe.
288
Manches was mit dem Sohne des Menschen im
Himmel in Verbindung steht, erfahren wir aus den Evangelien,
wo ab und zu aus jenes Geheimnis hingewiesen
wird. Der Herr selbst spricht davon, daß Er während des
gegenwärtigen Zeitalters dort zur Rechten der Macht
sitzend gesehen werden wird, und daß Er zu seiner Zeit von
dort kommen wird auf den Wolken des Himmels. (Matth.
26, 64i) Weiter hören wir aus Seinem eigenen Munde,
daß Er nach Seinem Kommen auf dem Thron Seiner
Herrlichkeit sitzen wird. (Matth. 25, 3b.) Das sind nur
zwxi Beispiel? von der Art, in welcher im voraus von diesem''
groMi Geheimnis geredet wurde. Aber die in den
Evangelien geschaute Person ist Gott, grossen bartim
Fleische, und als solche auf Erden tätig. In den Kapiteln
der Apostelgeschichte dagegen, welche die Berichte der
Evangelisten fortsetzt, ist von dem im Himmel verherrlichten
Menschen die Rede und davon, wie Er
dort tätig ist.
Das erste Kapitel berichtet, wie der Herr Jesus, der
als Gott, geoffenbart im Fleische, hienieden war, gen Himmel
stieg. '
Im zweiten Kapitel wird der verheißene Geist gegeben,
und Petrus beginnt seine Rede, indem er ihr diese
Gabe, der Prophezeiung Joels gemäß, gleichsam als Text
zugrunde legt. Nach Anführung der betreffenden Stelle
fährt er fort: „Männer von Israel, höret diese Worte:
Jesum, den Nazaräer, einen Mann, von Gott an euch erwiesen
durch mächtige Taten und Wunder und Zeichen,
die Gott durch Ihn in eurer Mitte tat, wie ihr selbst wisset,
— diesen, übergeben nach dem bestimmten Ratschluß und
nach Vorkenntnis Gottes, habt ihr durch die Hand von
289
Gesetzlosen ans Kreuz geheftet und umgebracht." Darauf
zeigt er an Hand von Stellen aus dem 16. und 110.
Psalm, daß dieser also von Gott auf Erden feierlich anerkannte
Mensch jetzt aus den Toten auferweckt und zur
Rechten Gottes im Himmel verherrlicht worden ist.
In dieser Weise wird das Geheimnis von dem in dis
Himmel erhöhten Sohn des Menschen, Jesus von Nazas
reth, öffentlich kundgetan. Dann spricht Petrus, so wie dis
Evangelisten bereits von dem Herrn Jesus gesprochen hab
ten als Dem, der hienieden wandelte, diente, sich abmühte
und litt, in dem vorliegenden und den folgenden Kapitelck
von den Wegen und Wunderwirkungen des jetzt in deck
Himmel emporgestiegenen Jesus. So sagt er uns beispielSÄ
weise in dem gleichen 2. Kapitel, immer noch im Gb
danken an Joel, daß es der in jener Prophezeiung erwähnte
Gott ist, der jetzt Seinen Geist auf diese Erde gesanLE
hat. Nach Joel hat also der G o t t I s ra e ls dieses große
Pfingstwunder getan, nach Petrus der in den Himmel eb
höhte Mensch. b.!
Ist dieser Beginn der Geschichte der Wunderwirkrms
gen und Herrlichkeiten des zur Rechten Gottes verherrliche
ten Jesus von Nazareth geradezu erhaben, so ist es die
Fortsetzung nicht weniger, wenn Petrus erklärt, daß:W
sich gesetzt habe, bis zu dem Tage, wo Seine Feinde Jhm^
als „meinem Herrn" von Psalm 1.1.0, gelegt werden zum
Schemel Seiner Füße. Auf der Autorität dieser Dingbfrw
ßend, fordert er sodann das ganze Haus Israel auf,.-deck
Menschen, den sie einst gekreuzigt hatten, sowohl als HeM
als auch als Christus anzuerkennen. Und wenn dann ems
Anzahl seiner Zuhörer, durch diese Predigt aufs tiefste
erschüttert, fragt: „Was sollen wir tun?" weist enste
290
hin auf die Kraft des „Namens" des Verherrlichten und
sagt ihnen, daß sie in diesem Namen Vergebung ihrer
Sünden und die Gabe des Heiligen Geistes empfangen
würden.
Im dritten Kapitel teilt uns derselbe Apostel verschiedene
andere große Dinge über den in den Himmel erhöhten
Menschensohn mit: Durch Glauben an Seinen Namen
hatte Sein Name dem lahmen Bettler, der an der schönen
Pforte des Tempels saß, vollkommene Gesundheit gegeben.
Er war der durch Moses in 5. Mose 18 verheißene
Prophet. Der Himmel hatte Ihn zunächst ausgenommen,
aber zur bestimmten Zeit würde Er auf diese Erde zurückkehren
und Zeiten der Erquickung und der Wiederherstellung
aller Dinge mit sich bringen.
Im vierten Kapitel verkündigt er dann in diesem Jesus
„die Auferstehung auö den Toten" und stellt Ihn
selbst dar als den „Eckstein", nach Psalm 118, sowie als
den Einen, den Gott zum Heil gesetzt hat in dieser schuldbeladenen
Welt. Im weiteren Verlauf des Kapitels abN
bringen er und seine Mitgläubigen in Jerusalem den Namen
dieses Jesus als die Grundlage all ihres Vertrauens
und ihrer Segensansprüche vor den „Herrscher", den
Gott, der den Himmel und die Erde und das Meer gemacht
hat.
Im fünften Kapitel endlich bezeugen Petrus und die
anderen Apostel angesichts des Synedriums, daß diese
hochgelobte Person, die jene ermordet hatten, indem sie
Ihn an ein Holz hängten, von Gott „durch Seine Rechte
zum Führer und Heiland erhöht worden war" —
beides für Israel, mochte es sich handeln um ihre Segnung
oder um Seine Herrschaft über sie.
291
So haben wir in diesen verschiedenen Reden ein umfassendes
und mannigfaches Zeugnis über den Menschen
im Himmel, ein Zeugnis fürwahr, das sich in wundervoller
Weise anschließt an das so unaussprechlich machtvolle
und gesegnete Zeugnis der Evangelien über den Sohn des
Vaters auf Erden, Gott, geoffenbart im Fleisch.
Mit dem fünften Kapitel endet das unter der Leitung
des vom Herrn gesandten Geistes abgelegte apostolische
Zeugnis. Wir schreiten vom Zeugnis zu einer E r -
scheinung. Nachdem wir bis dahin von dem verherrlichten
Menschen gehört haben, wird jetzt berichtet, wie
Er für einen Augenblick gesehen wird. Petrus hatte
Ihn verkündigt, Stephanus sieht Ihn. Beide Männer
geben gleicherweise, wenn auch auf verschiedene Art,
demselben großen Geheimnis Zeugnis, daß der Sohn deö
Menschen im Himmel zur Rechten Gottes Seinen Platz
eingenommen hat. Stephanus wird von gottlosen Männern
aus der Stadt hinausgestoßen, um gesteinigt zu werden.
Dabei leuchtet aber sein Angesicht wie eines Engels
Angesicht. Sein Auge wird geöffnet. Unverwandt gen
Himmel schauend, sieht er die Himmel geöffnet, sieht die
Herrlichkeit Gottes und Jesum, „den Sohn des Menschen",
zur Rechten Gottes stehen.
So wird hier dem Menschen im Himmel durch das
Auge des Stephanus Zeugnis gegeben, wie vorher durch
den Mund des Petrus. Der Geist erfüllt den einen, sodaß
er einen inspirierten Bericht über Ihn zu geben vermag,
und Gott öffnet das Auge des anderen, um Ihn
in Seiner Herrlichkeit zu schauen. Aber der Gegenstand
ist der gleiche: Der verherrlichte Mensch, der Sohn des
292
Menschen im Himmel, Jesus von Nazareth zur Rechten
der Majestät in der Höhe, Er, welcher als „Gott, geoffenbart
im Fleische", hienieden in tiefer Niedrigkeit lebte und
diente, der gekreuzigt, begraben und auferweckt wurde,
und der jetzt als Mensch zum höchsten Ehrenplatz droben
erhöht worden ist.
Noch eins bleibt zu erwähnen übrig betreffs der Offenbarung
dieses großen Geheimnisses. Im neunten Kapitel
erscheint der verherrlichte Mensch vom Himniel her
einem Menschen auf Erden. Nicht lange vorher war Er von
einem Seiner leidenden Heiligen geschaut worden
an dem Ihm gebührenden Platz im Himmel, in Seiner
heiligen, friedevollen Herrlichkeit; so hatte Stephanus Ihn
gesehen, gerade als ob Er bereit stünde, ihn mit segnendem
Willkommensgruß bei sich zu empfangen. Hier aber wird
Er, und zwar in erschreckender Majestät, in dem blendenden
Glanz richterlicher Herrlichkeit von dem Verfolger
SeinerHeiligen geschaut. Er erscheint hier als Einer,
der bereit steht und die volle Macht dazu hat, das Blut
Seiner gemordeten Herde zu rächen. Freilich triumphiert
im vorliegenden Fall die Gnade über das Gericht. Aus
dem Verfolger wird ein Zeuge und Apostel. Aber die Art
der Erscheinung zeigt uns klar, daß der Mensch im Himmel
auch in einem richterlichen Charakter droben wartend
sitzt, als der Rächer, der zur gegebenen Zeit alles auf Erden
geschehene Unrecht rächen wird. Diese ernste Tatsache
sehen wir hier verbürgt. Daß Jesus in verschiedenen Charakteren
Seinen Platz im Himmel eingenommen hat, wissen
wir. Er ist dorthin zurückgekehrt als dem Ort, der Ihm
von jeher gehörte, zu der Herrlichkeit, die Er bei dem Vater
hatte, ehe die Welt war. Er ist hingegangen, um im
293
Vaterhaus die vielen Wohnungen für Seine Auserwählten
zu bereiten, ist hingegangen als unser Vorläufer. Er hat
in der von Gott aufgerichteten „Wohnung" als unser Hohepriester
Seinen Platz eingenommen. Und auch als der
Anfänger und Vollender des Glaubens ist Er dorthin gegangen,
sowie als Der, welcher die Reinigung unserer Sünden
vollbracht hat. Aber Er ist auch dort, um als Adonai
(Herr) zur Rechten Jehovas Seinen Platz einzunehmen,
bis Gott Seine Feinde legt zum Schemel Seiner Füße.
Jur Entfaltung dieses letzten Charakters muß Er auf diese
Erde zurückkehren, so wie Er im vorliegenden Falle der
Straße naht, die von Jerusalem nach Damaskus führte,
um hier gleichsam ein Beispiel des Zukünftigen zu geben
und das Todesurteil über den grausamen Verfolger der
Seinen, Saulus von Tarsus, zu fällen.
I. G. B.
Unterredungen über den ersten Brief
an die Korinther
ix.
Kapitel VIII bis IX, 23.
In den Kapiteln 8 und y antwortet der Apostel auf
zwei weitere Fragen. Im 8. Kapitel handelt es sich darum,
ob man von dem essen dürfe, was den Götzen geopfert
worden war, eine an sich recht trockene Frage, derentwegen
aber der Geist Gottes sich unmittelbar an das Gewissen
der Korinther wendet. Es möchte uns vielleicht scheinen,
als ob dieser Gegenstand, weil er uns nicht persönlich angeht,
beiseite gelassen werden könnte. Wir werden aber
sogleich sehen, daß wir ihn durchaus nicht weglassen dür-
244
fen. Der Apostel beginnt mit den Worten: „Wir wissen"
— bezeichnender Ausdruck der christlichen Erkenntnis
— „denn wir alle haben Erkenntnis", und macht dann
eine kleine Einschaltung: „Die Erkenntnis bläht auf, die
Liebe aber erbaut. Wenn jemand sich dünkt, er erkenne etwas,
so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll;
wenn aber jemand Gott liebt, der ist von Ihm erkannt."
(V. 4—Z.) Das ist doch wahrlich etwas, das uns alle angeht!
Die Frage der Götzen wird für einen Augenblick beiseite
gelassen. Man kann das Wort sehr gut kennen, kann
es klar im einzelnen wie als Ganzes auslegen, kann die
Lösung der Schwierigkeiten finden, die es uns bietet, und
dabei kann diese so wünschenswert scheinende Erkenntnis
eine Quelle geistlichen Hochmuts werden, welcher die
schlimmste Form allen Hochmuts ist. Und gerade in diese
Schlinge waren die Korinther geraten. Ihre Erkenntnis,
der sie noch neue Teile hinzuzufügen wünschten, hatte sie
aufgebläht. Der Apostel kommt in seinem Brief wiederholt
auf diese Sünde zurück. Hüten wir uns, bei der Beschäftigung
mit göttlichen Dingen — wobei ich garnicht
an die menschliche, völlig unzulängliche Erkenntnis denke,
denn um diese handelt es sich hier überhaupt nicht — nach
Erkenntnis zu suchen, ohne daß unser Gewissen dabei in
Tätigkeit tritt, denn „Erkenntnis bläht auf"! Haben wir
nichts als sie, so ist es schlimm um uns bestellt. Es gibt
nur eins, was erbaut: nicht die Erkenntnis, sondern die
Liebe, und wenn man nicht von der Liebe geleitet wird,
ist keine Erbauung möglich. Wir werden in Kapitel 44
sehen, daß Erbauung der Zweck aller Tätigkeit in der Versammlung
ist; ohne sie bleibt jede Predigt wertlos. „Die
Liebe aber erbau t." „Wenn jemand sich dünkt, er
295
erkenne etwas, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen
soll." Und dann fügt der Apostel hinzu: „Wenn
aber jemand Gott liebt, der ist von Ihm erkannt". Von
Ihm erkannt! Das ist eö, was ich als Christ nötig habe.
Ich bedarf der Erkenntnis, die Gott von mir
hat. Das macht mich los von mir selbst. Die Augen Gottes
und nicht die meinigen sind's, die mich erforschen und
die beurteilen, ob in meinem Herzen Liebe zu Ihm vorhanden
ist. Im Evangelium Johannes fragt der Herr gelegentlich
der Wiederherstellung des Petrus ihn dreimal:
„Liebst du mich?" Petrus wird dadurch gründlich gede-
mütigt. Er besaß ohne Zweifel Liebe zum Heiland, aber
er antwortet, was ein gedemütigtes Herz stets antworten
sollte: „Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich
lieb habe". Er verließ sich auf die Erkenntnis Gottes und
nicht auf seine eigene. In dem Wunsche, die Augen Gottes
möchten ihm ins Herz hineindringen, sagte er gleichsam:
„Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz".
(Ps. t39, 23.) Die traurige Erfahrung, die er gemacht,
hatte ihm gezeigt, daß er selbst in bezug hierauf nicht klar
sah; aber daß Christus ihn völlig erkannte, war sein Trost.
Hüten wir uns also davor, die Erkenntnis um ihrer selbst
willen zu suchen! Ohne die Liebe, welche erbaut, gibt sie
nur Veranlassung zum Fallen.
Der Apostel fährt dann fort: „Wir wissen, daß ein
Götzenbild nichts ist in der Welt, und daß kein anderer
Gott ist als nur eine r". Für die Menschen gibt es viele
Götter und viele Herren, viele, welche Götter genannt
werden, sei es im Himmel oder auf der Erde; aber „für
uns istein Gott, der Vater, von welchem alle Dinge sind,
und wir für Ihn, und e i n Herr, Jesus Christus, durch
2tzb
welchen alle Dinge sind, und wir durch Ihn". (V. 6.) Das
ist die christliche Erkenntnis. Dann heißt es weiter: „Die
Erkenntnis aber ist nicht in allen", d. h. es gab unter
den Korinthern Leute, welche, aus dem Heidentum hervorgegangen,
noch nicht klar erfaßt hatten, daß das Götzenbild
in sich selbst nichts war. Wenn solche dann etwas aßen,
was einem Götzenbild geopfert worden war, so befleckten
sie, indem sie sich nicht von dem Götzenbild freizumachen
vermochten, ihr schwaches Gewissen. Wie sollten sich nun
die Korinther diesen schwachen Seelen gegenüber verhalten?
Der Apostel gibt ihnen diesbezügliche Verhaltungsmaßregeln.
Du bist durchaus frei, ist der Sinn seiner
Worte, den Götzen Geopfertes zu essen. Wenn aber ein
Bruder, für den der Götze noch etwas ist, dich essen sieht,
veranlassest du ihn, denselben Weg zu gehen wie du. Dadurch
wird aber sein Gewissen befleckt, und wenn du sein
Gewissen befleckt hast, kommt der Bruder um. Das will
nicht sagen, daß dieser Bruder ewig verloren gehen wird,
sondern daß ich dafür verantwortlich bin, wenn ein schwacher
Bruder auf einen Todeöweg gerät. Gott ist mächtig,
ihn durch Seine Gnade von diesem Wege zurückzubringen.
Ich aber habe durch meine Erkenntnis etwas getan, wodurch
mein Bruder umkommt. Durch diese Handlung
„sündige ich gegen Christum".
Der Schluß deö Kapitels lautet, kurz gesagt: Alles
geschehe in Liebe für Christum! Wenn es so steht, kann
ich sicher sein, daß es zur Erbauung meines Bruders dienen
wird anstatt zu seinem Verderben.
Wenn das erste unserer beiden Kapitel von der Freiheit
in bezug auf die Götzenbilder handelt, so redet das
297
zweite von der Freiheit bezüglich des Dienstes. Damit erhalten
wir die Antwort des Apostels auf die letzte der von
den Korinthern an ihn gerichteten Fragen. Es gab unter
ihnen Leute, die sich anmaßten, die gleichen Rechte wie
Paulus zu haben (vergl. Kap. 4), und die sogar seine
Apostelschaft in Frage stellten. Die Korinther, welche durch
seinen Dienst bekehrt worden waren, hatten gemeint, sich
die Freiheit nehmen zu dürfen, Paulus bezüglich seiner
Apostelschaft zu befragen. Darauf stellt der Apostel zunächst
die Gegenfrage: „Bin ich nicht ein Apostel?" Ein
Apostel war durch die Tatsache ausgezeichnet, daß er den
Herrn gesehen hatte. Nun, Paulus hatte Ihn gesehen.
(V. 4.) Was das Ergebnis seines Werkes betraf, so waren
sie selbst der Beweis davon. (V. k—3.) Es gab nun
unter den Christen zu Korinth, wie es immer vorkommt,
solche, die aus der Versammlung Gottes ihre Welt machten,
um dort eine Rolle zu spielen, sich eine Stellung zu
verschaffen und die Macht an sich zu reißen. Jur Erreichung
dieses Zieles suchten sie den Einfluß derer zu untergraben,
die Gott selbst für Sein Haus bestellt hatte.
Wenn ein Bruder nach persönlicher Autorität in der Versammlung
trachtet, setzt er sich notwendigerweise in Gegensatz
zu denen, welchen der Herr diesen Platz anvertraut
hat. Diesen Gegenstand schneidet der Apostel an, um zu
zeigen, daß er dieselben Rechte und dieselbe Freiheit besaß
wie alle anderen Apostel: das Recht zu essen und zu
trinken, das Recht zu heiraten und sein Weib mit sich
umherzuführen. „Oder haben allein ich und Barnabas
nicht ein Recht, nicht zu arbeiten?" Die anderen Apostel
arbeiteten nicht, während Paulus Zelte machte, indem er
damit einen der geringsten Berufe ausübte, um von seiner
298
Hände Arbeit seinen und der anderen Unterhalt zu bestreiten.
Hatte er nicht das Recht, von seinem Dienst irgend
einen Nutzen zu erwarten? Das Wort selbst belehrte
die Brüder über diesen Punkt: „Du sollst dem Ochsen,
der da drischt, nicht das Maul verbinden". War Gott
etwa für die Ochsen besorgt? Diese Stelle aus dem 5. Buch
Mose fand also unmittelbare Anwendung auf die Arbeit
derer, welche für den Herrn tätig waren. Aber der Apostel
hatte auf alle diese Vorteile verzichtet. Er hatte volle Freiheit,
in seinem Dienst von allen Rechten Gebrauch zu machen,
welche Gott denen verleiht, die sich mit dem Evangelium
beschäftigen. Aber er hatte sich ihrer freiwillig begeben
und wollte jetzt seinen Ruhm nicht zunichte gemacht
sehen. Wehe ihm, wenn er nicht erfüllte, was als „eine
Notwendigkeit ihm auflag"! Aber sein Ruhm war mit
dem Evangelium verknüpft, weil ihm sein ganzes Herz
gehörte. Sein Ruhm war, das Evangelium kostenfrei zu
machen, ihm keinerlei Kosten zu bereiten. Er wollte es
ebenso frei sehen, wie sich selbst. Sein ganzes Leben war
darauf gerichtet.
Vom 19. Verse an behandelt der Apostel noch einen
anderen Punkt. Er war frei, völlig frei; aber er, der allen
gegenüber frei war, hatte sich allen zum Sklaven gemacht.
Hier haben wir einen der schönen Züge im Charakter dieses
treuen Knechtes Gottes: Er hatte nie an sich selbst
gedacht, während andere, die seine Apostelschaft angris-
fen, auf deren Trümmern selbst groß zu werden begehrten.
Er gab sich keine Mühe, sich selbst zu verteidigen.
Er hatte nur einen Gedanken: möglichst viele für das
Evangelium zu gewinnen. Hatte er es mit Juden zu tun.
299
so war er ihnen wie ein Jude. „Er war allen alles geworden,
auf daß er auf alle Weise etliche errettete." (V.
2r. 22.)
Wie oft hört man diese Stelle anführen, um die Vermengung
der Christen mit der Welt zu rechtfertigen! Es
sei nicht nötig, sagt man, sich von ihr zurückzuziehen; der
Apostel sei ja selbst allen alles geworden, und wir sollen
ihm doch nachahmen, um die Welt für Christum zu
gewinnen. Gottes Wort enthält keinen derartigen Gedanken.
Der Apostel war völlig abgesondert von der Welt und
von allen Vorteilen, die sie ihm bieten konnte. Er achtete
alles für Dreck (Phil. Z, 8), um Christum zu gewinnen.
Wenn es sich darum handelte, Seelen zu gewinnen, wurde
er allen alles. Völlig frei gegenüber Juden, Griechen und
sämtlichen Heidenvölkern, machte er sich allen zum Sklaven,
um sie zu Christo zu führen. Er stellte sich nicht unter
das Gesetz, um die Juden zu gewinnen, aber er begegnete
ihnen auf ihrem Boden, um sie zu überführen.
In dieser Weise ging er von Synagoge zu Synagoge, indem
er sie mit „Männer, Brüder" anredete. Er berief sich
ihnen gegenüber auf die Autorität der heiligen Schriften
des Alten Testaments, welche sie als das Wort Gottes
anerkannten, um ihnen den Messias zu verkündigen, den
sie erwarteten, und um ihnen aus ihrem Gesetz und ihren
Propheten zu zeigen, daß Christus dieser Messias war. Er
war ohne Gesetz in Athen und verkündigte dort den
Schöpfer-Gott, um sie zu dem „unbekannten Gott", zu
Christo zu führen. Er predigte den Römern „Gerechtigkeit
und Enthaltsamkeit und das kommende Gericht", um
ihre Gewissen aufzurütteln und sie zu veranlassen, zu einem
Erlöser Zuflucht zu nehmen. Unter den Christen von
— zoo —
Korinth war er schwach, um die Schwachen für das Kreuz
Christi zu gewinnen.
Wie könnten wir uns in irgend einer Weise mit der
Welt verbinden, um die Welt zu retten, da wir ihr doch
gekreuzigt sind? Aber wir können sie im Geiste des Apostels
durchschreiten, um „auf alle Weise etliche zu erretten",
indem wir „alles um des Evangeliums willen tun, auf
daß wir mit ihm teilhaben mögen". (V. 23.) Paulus sah
sozusagen im Evangelium eine Person, für die er arbeitete
und litt; er machte sich völlig eins mit allem, was
ihr widerfuhr.
Gebe Gott, daß wir in diesen Dingen dastehen, wie
der Apostel es tat! Möchte das Evangelium Christi —
Christus selbst — einen solchen Platz in unseren Herzen
einnehmen, daß es die Triebfeder unseres ganzen Lebens
hienieden ist! Wir sind alle dazu berufen, seine Mitteilnehmer
zu sein, wie es der Apostel im Anfang seines Briefes
an die Philipper ausspricht, die er in dieser Hinsicht sehr
lobt. Fragen wir uns, ob unsere Herzen, wenn das Evangelium
in dieser Welt leidet, dergestalt mit ihm verbunden
sind, daß wir die Schmach mitempfinden, die ihm
widerfährt, oder ob wir uns mitfreuen, wenn es Fortschritte
macht, und wir ein wenig mithelfen dürfen! Gott
beruft uns dazu. Jeder kann an dieser Guten Botschaft
teilnehmen durch seine Worte, seine Gebete, sein Mitempfinden,
seine Dienste, oder auch einfach dadurch, daß
er ihre Bedeutung in diesen „schweren Zeiten" zu würdigen
weiß. Möge Gott uns geben, das Evangelium höher
zu schätzen, als unsere so leicht gleichgültigen und weltlichen
Herzen es uns leider ost schätzen lassen!
— zor —
Der Himmel ist offen
(Ansprache, vor Jahren bei der Beerdigung eines alten
Knechtes des Herrn gehalten.)
Es hat mich heute nachmittag ein Wort fortwährend
beschäftigt. Wir lesen es in Offbg. 4, 4: „Nach diesem
sah ich: und siehe, eine Tür war aufgetan in dem Himmel,
und die erste Stimme, die ich gehört hatte wie die
einer Posaune mit mir reden, sprach: Komm hier herauf,
und ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen muß."
Meine lieben Geschwister! Der Himmel ist nicht so
fern von uns, wie wir gewöhnlich denken; nein, er ist
nahe! Als der Herr Jesus auf dieser Erde wandelte,
hören wir einmal, daß der Täufer den Himmel über Ihm
aufgetan sah, und daß der Heilige Geist wie eine Taube
auf Ihn herniederkam und auf Ihm blieb. Johannes sah
also den Himmel offen! Und als Stephanus heimging,
heißt eö auch von ihm, daß er die Himmel geöffnet und
den Herrn Jesus zur Rechten Gottes stehen sah! Ich wiederhole
also: Der Himmel ist garnicht so fern. Wir denken
ihn uns wer weiß wie weit, aber wir sehen, daß er
nahe, ganz nahe ist. Es bedarf nur eines Schrittes, und
wir sind dort. Aber was noch köstlicher ist, auch wir dürfen
heute sagen: „Wir sehen den Himmel offen!" Er war
einst offen über dem Herrn Jesus und über Stephanus
und, wie wir in diesem Verse sehen, auch über Johannes.
Dann hören wir eine Stimme — dieselbe wie im 4. Kapitel,
also die Stimme des Herrn Jesus — zu ihm sagen:
„Komm hier herauf!" „Eine Tür war aufgetan in dem
Himmel", und in demselben Augenblick wurde Johannes
im Geiste dorthin versetzt und sah! Bis dahin hatte er
Z02
nur geglaubt. Er war durch die Wüste gepilgert, die
wahrlich ermüdend für ihn gewesen war, und befand sich
nun — ein alter Pilger — auf der Insel Patmos. Und
hier war es, wo der Herr Jesus ihm zurief: „Komm hier
herauf, und ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen
muß". Und dann wurden seine Augen aufgetan
und sahen wunderbare Dinge. Er sah den Thron Gottes
und Den, der darauf sitzt, und um den Thron her, unter
dem Bilde der vierundzwanzig Ältesten, sah er alle Erlösten,
die vom Glauben zum Schauen gekommen sind.
Welch ein Anblick! Dies hat mich heute viel beschäftigt
im Blick auf den teuren Entschlafenen. Der Herr hat auch
ihm gleichsam zugerufen: „Komm hier herauf!" und so
ist auch er, wenigstens in einem Sinne, vom Glauben
zum Schauen gekommen. Er ist eingegangen durch die
offene Tür.
Ja, liebe Geschwister, die Tür des Himmels ist offen
für die Kinder Gottes! Wie einst der Himmel sich auftat
über Johannes und über Stephanus, so sehen wir jetzt
schon mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des
Herrn und werden verwandelt nach demselben Bilde, und
bald wird auch uns zugerufen werden: „Kommt hier herauf,
und ich werde euch zeigen, was nach diesem geschehen
muß".
Der Herr ist nahe! Unsere Lieben, die, dem
Ruf des Herrn folgend, uns vorangegangen sind, genießen
schon Seine Gegenwart, wenn sie Ihn auch heute noch
nicht in der Weise sehen, wie sie (und wir alle) Ihn dann
sehen werden, wenn Er kommt, um uns alle zu sich zu
nehmen; aber sie sind bei dem Herrn! Das ist
ein kostbarer Trost.
— ZOZ —
Halten wir denn diese beiden Gedanken fest: Zunächst,
daß der Himmel nahe, daß er über uns offen
ist, und daß wir unsere lieben Entschlafenen bei dem Herrn
wissen, und dann, daß es nicht mehr lange dauern wird,
bis auch wir Seinen Ruf hören, ihm folgen und heimgehen
werden, um dann alle zusammen ewig mit Ihm
zu leben. Bald wird die Posaune Gottes ertönen, und ihr
Schall wird in alle Gräber der Heiligen hineindringen;
s i e werden auferstehen, und w i r werden verwandelt werden,
um für immer bei dem Herrn zu sein! Das war es
auch, waö den teuren Entschlafenen — meinen, ja, ich
darf wohl sagen, unseren lieben Vater — in der letzten
Zeit seines Hierseins so viel beschäftigte.
„Was wird es sein, Jesum zu sehen!" sagte er noch
am Tage vor seinem Tode zu mir.
„Ja, Vater", erwiderte ich, „nicht lange mehr, dann
wirst du Ihn sehen", worauf er nach einer Weile — das
Sprechen fiel ihm schwer — hinzufügte: „O Jesum zu
sehen, wie Er ist — o Ihm gleich zu sein!"
Das ist auch unsere Hoffnung. Damit beschäftigen
wir uns, und damit dürfen wir einander ermuntern. Indem
ich nun all den lieben Geschwistern, welche heute hier
erschienen sind, herzlich danke für die Liebe und Teilnahme,
die sie uns und unserem lieben entschlafenen Vater erwiesen
haben, möchte ich ihnen zum Abschied noch die Worte
mit auf den Weg geben:
Der Himmel ist nahe und offen über uns. Ein Va -
ter ist dort, der uns unaussprechlich liebt. Ein Vaterherz
ist dort, voll Verlangen, uns dort zu haben. Ein
Vaterhaus ist offen für uns, und wir sind auf dem
Wege dahin. Ein liebender Herr und Heiland ist dort, der
304
sich allezeit für uns verwendet. Und nicht lange mehr, und
der Kommende wird kommen und nicht verziehen.
Das Heimweh wächst,
Und der Geliebte naht.
Wir gehen jetzt auseinander, aber dort werden wir
uns wiederfinden. Und wenn der Herr uns noch ein wenig
hier lassen will, möchten wir dann an Seiner Hand in
kindlichem, einfältigen Glauben unsere Straße ziehen und
die Zeit treu auönutzen, wie auch unser lieber, entschlafener
Vater sie treu ausgenutzt hat!
„Allezeit bei dem Herrn!"
(Gedanken von G. V. W.)
Eö ist sehr gesegnet, die verschiedenen, sich in den
einzelnen Briefen findenden Gedanken des Geistes Christi
in bezug auf die Ankunft des Herrn zu betrachten. Im
Brief an die Epheser stellt der Herr sich selbst eine herrliche
Kirche als Seine Braut dar, die weder Flecken noch Runzeln
hat. Zm Philipperbrief sehen wir arme Geschöpfe,
welche in ihren Leibern der Niedrigkeit seufzen. Christus
will in ihnen wirken und diesen niedrigen Leib in einen
verherrlichten umwandeln. Dann finden wir im Brief an
die Kolosser ein mit Christo in Gott verborgenes Leben,
das mit Ihm in Herrlichkeit geoffenbart werden soll. In
kurzer Zeit wird Er, der unser Leben ist, zurückkommen,
und wir mit Ihm. Endlich wird in 4. Zoh. 3 das durch
Christum bewirkte innige Verhältnis von Kindern zum
Vater dargestellt. Er behandelt sie als Seine Kinder. Sie
werden den Sohn sehen und Ihm gleich sein, und Er wird
sich ihnen zeigen, wie Er ist.
Z05
Die Heiligen, welche bereits heimgegangen sind, genießen
noch nicht die vollkommene Segnung, haben aber
einen gewaltigen Schritt vorwärts getan. Die Stellung
der Gläubigen wird durch den Tod nicht verändert. Sie
warteten, während sie hienieden waren — sie warten auch
jetzt noch in der Gegenwart des Herrn in einem besonderen,
herrlichen Zustande. In Verbindung mit dem ersten
Adam finden wir niemals den Gedanken ausgedrückt, daß
die Seele an einem Platze und der Leib an einem a n -
deren sein sollte. Bei der Steinigung des Stephanus sehen
wir, wie der Herr unmittelbar die Seele zu sich nimmt,
und so ist es auch mit allen Geliebten, die in Jesu entschlafen
sind. Das gibt dem Herzen Trost, wenn es über
die entstandene Lücke betrübt ist und die Bitterkeit fühlt,
die in der Wegnahme geliebter Personen liegt.
Der Tod ist eine bittere und demütigende Sache, da
durch ihn allen Plänen ein Ende gemacht wird und alle
natürlichen Bande gelöst werden; und doch ist in ihm etwas
verborgen, was die Gläubigen nicht erfahren haben
würden, wenn sie eben nicht durch den Tod aus diesem
Leben in die Gegenwart des Herrn gegangen wären: die
Erfahrung des ganzen Mitgefühls, das der Herr an den
Tag legte, als der Tod kam und sie hinwegführte.
Der Herr selbst wird kommen, um Sein Volk zu sich
zu nehmen. Es ist unaussprechlich köstlich, den Herrn bei
diesem Vorgang zu betrachten — zu sehen, wie Er, der
Sohn des Menschen, sich vom Throne des Vaters erhebt,
und wie Er, der Überwinder des Grabes, die Leiber der in
Ihm Entschlafenen dem Staube des Todes entreißt. Die
— 306 —
Fülle der Herrlichkeit ist jetzt in Ihm verborgen, aber bald
wird sie geoffenbart werden. Der Herr selbst wird mit
gebietendem Zuruf herniederkommen vom Himmel, und
der gesegnete Klang Seiner Stimme wird von all den
Seinigen gehört werden, mögen sie noch hienieden wandeln,
oder mögen ihre Leiber schon in Staub zerfallen sein.
Die in Christo Gestorbenen werden „zuerst" auferstehen.
Ich möchte um alles in der Welt dieses Wörtchen
„zuerst" nicht missen, weil es gerade das in sich schließt,
was ich immer an dem Herrn gewahre, nämlich, daß Er
Seine Liebe zuerst und besonders da offenbart, wo sich
Schwachheit zeigt. Einer solchen besonderen Liebe bedarf
ich, und mein Herz bedarf ihrer in meiner Schwachheit.
Welch ein Gedanke, daß der Herr Jesus ein jedes
der Seinigen zu finden wissen wird, um es aus dem
Staube des Todes aufzuerwecken! Er wird die Erde zwingen,
das, was ihrem Schoß übergeben wurde, wieder herauszugeben.
Er wird einem jeden einen Leib der Herrlichkeit
geben und jedes Herz in Seine eigene Gegenwart und
Herrlichkeit versetzen. Die höchste Stellung, die wir erdenken
können, besitzt der Sohn des Menschen in der Herrlichkeit
des Vaters, und wir sehen diesen Sohn des Menschen
sich erheben und von dieser Höhe herniedersteigen,
um die Leiber der im Herrn Entschlafenen aufzuerwecken.
Ein jeder von ihnen gibt durch seine Auferstehung Zeugnis,
daß der Herr Jesus, der Sohn Gottes, die Auferstehung
und das Leben ist. Jeder einzelne wird auf das
erste Wort von Ihm, dem Erstgeborenen aus den Toten
und dem Erstgeborenen vieler Brüder, aus dem Staub
307
des Todes hervorgerufen, um ewig bei dem Herrn zu
sein. Das ist für meine Seele unendlich lieblich und entspricht
vollkommen der göttlichen Gnade. Was wäre es,
wenn Gott Seinen Sohn zum Haupt über alle Dinge gesetzt
und nicht die Herzen Seines Volkes für diesen Herrn
selbst zubereitet hätte? Wenn Er plötzlich die Tore des
Himmels öffnen würde, so würde ich doch in allem, was
ich dort erblicke, nicht das finden, was ich in dem Worte
finde: „Für immer bei dem Herrn". Der Gedanke, daß ich
den Herrn sehen und für immer bei Ihm sein werde,
bringt mein Herz zum Überfließen. Ist es wirklich möglich,
daß der Herr, der mich von der Zeit an, wo Er mir
das Leben gab, mit einer solchen Geduld und Liebe getragen
und mich mit einer so heiligen Sorgfalt überwacht
hat, sagen kann: „Du wirst mir entgegen gehen!"? Und
mehr als das: Er wird herniederkommen, um mit mir in
der Luft zusammenzutreffen! Ja, meine Augen werden
Ihn sehen, meine Ohren werden Ihn hören, Ihn, der mich
geliebt und sich selbst für mich dahingegeben hat! Was
wußte der sterbende Räuber von dem Paradiese? Nichts,
aber er wußte, daß er bei Ihm sein würde, dem er seine
Seele für Sein Reich anvertraut hatte. Es liegt mir nichts
daran, wo ich bin, wenn ich nur bei Ihm bin. Alles
ist in diesem „bei Ihm" eingeschlossen; und das ist es, was
wir in dem Iwischenzustand sein werden: ausheimisch von
dem Leibe und einheimisch bei dem Herrn. Wenn ich dieses
Kleid ablege, so wird es nur sein, um bei Ihm zu
sein, der die immer sprudelnde Quelle all der Segnungen
ist, die heute schon meine Seele erquicken. Das neue Jerusalem
würde ein armseliger Platz sein ohne Ihn. Ja,
was wäre ohne Ihn der ganze Glanz der himmlischen
Z08
Herrlichkeit? Für mich gibt es nur eins — ich werde für
immer bei Ihm sein.
Was wär' der Himmel ohne Dich,
Und alle Herrlichkeit?
Soch stehe!
.Er spricht zu ihnen: Ich bin's, furch»
tet euch nicht! Sie wollten Ihn nun in das
Schiff nehmen, und alsbald «ar das
Schiff an dem Lands, zu welchem sie
hinfuhren."
lN°h. S,2I.s
Ls heulet der Sturm, es treiben die Wellen,
Ls dröhnet das Schifflein, als wollt' es zerschellen;
Doch siehe! am Steuer mit mächtiger Hand
Sitzt Zesus und führet das Schifflein ans Land!
Ls schreitet der Pilger mit wankendem Schritte,
Ls zeigt die Gefahr sich bei jeglichem Tritte;
Doch siehe! der Heiland, Lr schreitet voran,
Tritt nieder die Dornen, macht eben die Bahn!
Ls stöhnet der Kämpfer auf mühsamen Wegen,
Ls stürzet der Feind sich mit Wut ihm entgegen;
Doch siehe! der Sieger, der göttliche Held,
Hat völlig am Kreuze zur Schau ihn gestellt.
Ls dringen die Seufzer aus blutenden Herzen,
Ls fließen die Tränen, als Zeugen der Schmerzen;
Doch siehe! das freundliche Auge des Herrn
Schaut mitleidsvoll nieder, Lr tröstet so gern!
Lnechtesart
Zwischen dem Knecht Gottes und dem, was man
sonst unter der Bezeichnung „Knecht" versteht, ist ein
grundsätzlicher Unterschied. Dieser ist gedungen und arbeitet
um Lohn. Jener sagt: „Ich liebe meinen Herrn".
(2. Mose 21, 5.) Die Liebe, nicht der Lohn, ist ihm Beweggrund
für Arbeit und Dienst.
Für jeden Knecht Gottes, und jede Magd, ist unser
Herr das Vorbild. Er kam, „um zu dienen und Sein
Leben zu geben als Lösegeld für viele". Der Knecht Gotteö
mißt Gesinnung, Wort und Tun nach dem Maßstab, den
der Herr selbst darstellt, indem Er sagt: „Lernet von
mir!"
Verweilen wir zunächst einen Augenblick bei der ergreifenden
Szene aus Evangelium Joh. 13, in der wir
unseren anbetungswürdigen Herrn buchstäblich den Dienst
eines Sklaven verrichten sehen. Bei dieser Gelegenheit
sprach Er das Wort: „Ein Knecht ist nicht größer als sein
Herr" (V. 16), *) und zwar sagte Er es nach dem Dienst,
den Er soeben den Seinen geleistet hatte, geleistet in dem
vollen Bewußtsein, „daß der Vater Ihm alles in die
Hände gegeben, und daß Er von Gott ausgegangen
war und zu Gott hingehe". (V. 3.) Durch dieses Wort
unseres Herrn ist ein für allemal festgelegt, daß jemand,
der sich vor einer Dienstleistung scheut, die sein Herr
getan hat, sich nicht als Sein Knecht erweist. Es handelt
sich hier um einen unscheinbaren Dienst. Und doch —
*) Beachtenswert ist, daß der Herr den Düngern dieses
Wort später noch einmal ins Gedächtnis ruft. (s)oh. 20.)
l^xxx 12
-- Z10 —
dieser Dienst ist nicht leicht. Viel leichter scheint es, dem
Mitknccht Rat und Lehrer zu sein, als ihm den Dienst zu
tun, von dem der Herr sagt: „Ihr seid schuldig",
ihn einander zu leisten. (V. 1.4.) Aber wie nötig ist er!
Beruht nicht der allgemein niedrige Zustand unter den
Geliebten des Herrn zum großen Teil aus der Vernachlässigung
dieses Dienstes, die zum Verlust der Gemeinschaft
mit dem Herrn Jesus führen muß? (Vergl. V. 8.)
Dieser Verlust aber hat notwendig weitere Verluste im
Gefolge. Deshalb sollte jeder Knecht diesen niedrigen
Dienst tun. Sein Herr hat ihn getan, und Er hat die
Notwendigkeit desselben mit Seinen Worten an Petrus
(V. 8) und dem: „Ihr seid schuldig!" deutlich genug
betont.
Dieser Dienst erfordert keine hervorragenden Geistesgaben.
Er hat nur zur Voraussetzung, daß der Knecht
nicht größer sein will als sein Herr. Wie beschämend daher,
wenn jemand einer solch einfachen und natürlichen Bedingung
nicht zu entsprechen vermag! Der Herr Jesus
schließt Seine Belehrung über den Gegenstand mit den
Worten: „Wenn ihr dies wisset, glückselig seid ihr,
wenn ihr es tut". (V. 17.)
Ein weiteres Wort des Herrn, das zunächst jedermann
herzerforschend zur klaren Stellungnahme Ihm
gegenüber nötigt, das aber im engeren Sinne auch den
Knecht angeht, lautet: „Niemand kann zwei Herren dienen".
Jeder Leser dieser Zeilen möge sich daher wohl
fragen: Wem diene ich? Denn der Herr sagt: „Nicht jeder,
der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel
eingehen, sondern wer den Willen meines
Vaters tut". (Matth. 7, 21.)
— 3tk —
Der Knecht Gottes kennt seinen Herrn, und Ihm
dient er, weil er Ihn liebt. Ein anderer Grund kommt
für den Knecht nicht in Frage. Wie viele Gefahren es
anderseits für den Knecht in seinem Dienst gibt, lehren
uns die Ermahnungen der Schrift. Paulus schreibt an die
Korinther: „Ihr seid um einen Preis erkauft; werdet
nicht der Menschen Sklave n". (t. Kor. 7, 23.)
Menschenfurcht und Mcnschengefälligkeit sind Dinge, die
den Gläubigen seinem Herrn untreu werden lassen. So
heißt es schon in den Sprüchen: „Menschenfurcht legt einen
Fallstrick". (Kap. 2d, 25.) Und an die Galater schreibt
der Apostel: „Wenn ich noch Menschen gefiele, so
wäre ich Christi Knecht nicht". (Kap. t, t0.) Treu seinem
Herrn, verkündigte er das Evangelium einzig und allein
nach Seinem Willen, mochte er damit auch die Menschen
nicht allgemein zufrieden stellen können, vielmehr manchen
ein Anstoß werden, wie auch sein Herr es gewesen war.
Groß und erhaben steht das Bild des Herrn Jesus
vor uns, wenn wir Seinen Weg als Knecht Gottes verfolgen.
Ging es um Seinen Dienst, so erkannte Er selbst
Seine Mutter nicht an, wenn sie Ihn zum Handeln nach
ihren Gedanken zu veranlassen suchte. Mit den Worten:
„WaS habe ich mit dir zu schaffen, Weib? Meine
Stunde ist noch nicht gekommen", weist Er Maria in
ihre Schranken zurück. Und wenn einer für seine habsüchtigen
Zwecke Seine Autorität als Lehrer in Anspruch
nehmen will, so antwortet Er ihm: „Mensch, wer hat mich
zu einem Richter oder Erbteiler über euch gesetzt?" Er
„redete die Worte Gottes", und Er schwieg nach
Gottes Willen. Dieser Wille regierte Sein Tun. Er sagt
durch den Mund des Propheten von Seinem Gott: „Er
Z42
weckt jeden Morgen, Er weckt mir das Ohr, damit
ichhöre, gleich solchen, die belehrt werden". (Jes. 50,4.)
Gibt es Worte, die deutlicher die Abhängigkeit unseres
Herrn von Seinem Gott bezeugen, die zugleich aber auch
klarer dartun könnten, daß Er wirklich Mensch geworden
ist. Er, durch Den und für Den alle Dinge gemacht sind?
Kein irdischer Knecht vermag je dieses wunderbare Vorbild
des Menscben vom Himmel zu erreichen, denn bei
Ihm gab es kein Hemmnis, das der Verwirklichung des
„Ich liebe meinen Herrn" hindernd im Wege gestanden
hätte. So kann Er in den Worten des Propheten fortfahren:
„Der Herr, Jehova, hat mir das Ohr geöffnet,
und ich, ich bin nicht widerspenstig gewesen, bin nicht
zurückgewichen". Darum auch kann Gott Ihm Zeugnis
geben: „Siehe, mein Knecht,... mein Auserwählter,
an welchem meine Seele Wohlgefallen hat: Ich habe
meinen Geist auf Ihn gelegt". (Jes. 42, 4.)
O es ist der Mühe wert, den Spuren des Herrn Jesus
zu folgen, die Er bei Seinem Wege als Knecht hier auf
Erden hinterlassen hat. Gewiß, diese Spuren führen in
Tiefen. Sein Weg ist für uns ein Weg der Selbstverleugnung,
aber es ist der Weg, den unser Herr ging, und:
„Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr". Doch gibt
es Tiefen auf diesem Wege, in die wir Ihm nicht zu folgen
vermögen. Betrachten wir sie, so bleibt uns nur eins
übrig: Wir beugen uns anbetend vor Ihm, der sie durchschritten
hat.
Doch folgen wir noch ein wenig weiter den Spuren
unseres Herrn! Er ging umher, „wohltuend und heilend".
Er machte kund, daß Gott Sein Volk besucht hatte.
Gott wohnte unter Menschen. Die Herrlichkeit Gottes
— 313 —
offenbarte sich durch Wort und Tun des „Eingeborenen
vom Vater". Und die Volksmengen „verherrlichten Gott"
angesichts dieser Herrlichkeit. (Matth. 9, 8; 15, 31.) Hier
gibt es, wenn auch in bescheidenem Maße, eine Nachfolge
für uns, denn haben wir nicht auch das hohe Vorrecht,
kundtun zu dürfen, was Gott ist, „die Tugenden Dessen
zu verkündigen, der uns berufen hat aus der Finsternis
zu Seinem wunderbaren Licht"? (1. Petr. 2, 9.) Der
Herr machte den Reichtum und die Gnade Gottes kund.
In gleichem Maße wie Er vermögen wir das nicht.
Aber können wir nicht von dem Reichtum und der Gnade
Gottes zeugen? Wohl dem Knecht, der in einer armen
Welt den Reichtum der Gnade und Herrlichkeit Gotteö
verkündet, indem sein ganzes Auftreten und Wesen beweist,
daß seine Worte der Ausdruck einer gegründeten
Überzeugung, eines gottgewirkten Glaubens sind!
Der Herr redete wie Einer, der Gewalt hat, nicht
wie die Schriftgelehrten. Bei Ihm war, wenn wir so sagen
dürfen, das Handeln die Bestätigung Seines Wortes,
Wort und Tun ein Zeugnis. O daß bei allen Knechten
und Mägden des Herrn Wort und Tun übereinstimmend
sein möchten in der Darstellung des Wortes des Lebens!
(Phil. 2, 15. 16.)
Überaus wertvoll ist es, den Herrn Jesus in Hinsicht
auf Seine Stellung zu Anerkennung, Recht und Lohn zu
betrachten. Jeder Arbeiter hat rechtlich begründeten Anspruch
auf Lohn, und es ist ein Verstoß gegen göttliche
und menschliche Ordnung, wenn jemandem verdienter
Lohn vorenthalten wird. Der Knecht Gottes aber mußte
klagen: „Umsonst habe ich mich abgemüht, vergeblich
und für nichts meine Kraft verzehrt". So war es tat-
344
sächlich, soweit der Mensch in Frage kam: Er fand weder
Recht, noch Lohn, noch Anerkennung. Galt es Sein Recht,
so wurden falsche Zeugen gedungen. Galt es die Lohnfrage,
so erschien sogar Seinen Jüngern das Tun der Maria
als „Verlust" und „Verschwendung". Von Seinem Volke
sagt Er durch den Propheten: „Sie wogen meinen Lohn
dar: dreißig Silbersekel", und nennt ihn „den herrlichen
Preis, dessen ich von ihnen wertgeachtet bin!" (Sach. 44,
42. 43.) Wahrlich, von feiten der Menschen war Ihm
nichts zuteil geworden. „Umsonst" und „für nichts" war
Sein Abmühen gewesen. „Kreuzige Ihn!" riefen alle, zu
deren Gunsten Er Seine Kraft verzehrt hatte.
Aber Gott hatte Kenntnis von der Arbeit Seines
Knechtes. Und im Bewußtsein der Gerechtigkeit Gottes
sagt der treue Knecht: „Mein Recht ist bei Jehova und
mein Lohn bei meinem Gott". (Jes. 49, 4.) Gott wird
Ihm Recht und Lohn in göttlicher Weise geben. Schon
hat Er Ihn „in sich selbst verherrlicht" (Joh. 43, 32) und
Ihn, der wegen des Leidens des Todes unter die Engel
erniedrigt war, „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt".
(Hebr. 2, y.) Er hat zu Ihm gesagt: „Setze dich zu meiner
Rechten, bis ich deine Feinde lege zum Schemel deiner
Füße". (Hebr. 4, 43.) NachGottesWillen werden
einmal alle Seine Feinde und Verächter den einstigen
Knecht als Herrn über alles anerkennen. (Lies Phil.
2, 40. 44.) Dann ist es an Ihm, die Menschen Recht
und Gerechtigkeit zu lehren, an Ihm auch, Lohn auszuteilen.
Er, der Gott einst hier auf Erden in Gnade offenbarte,
wird dann die Menschenkinder richten und sie
überführen von der Gerechtigkeit Gottes und von
ihrer eigenen Ungerechtigkeit.
— 345 —
Aber nicht nur durch Gericht und Gerechtigkeit
wird Gott die Größe und Herrlichkeit des himmlischen
Menschensohnes offenbaren. Er wird Ihn auch darstellen
als Den, in welchem gesegnet werden alle Völker
der Erde, denn Er spricht: „Es ist zu gering, daß du
mein Knecht seiest, um die Stämme Jakobs aufzurichten
und die Bewahrten von Israel zurückzubringen; ich
habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um inein
Heil zu sein bis an das Ende der Erde". (Jes. 49, b.)
Was wird es sein, wenn wir Jesum also geehrt sehen
und erkennen werden, daß Ihm, unserem Herrn, die
Huldigung aller himmlischen Scharen und aller Heiligen
gilt, und wir dann mit ihnen einstimmen: „Du bist würdig,
Du allein"! Dann würd auch jeder Knecht, jede Magd
des Herrn zu Recht und Anerkennung kommen. Vielleicht
ergeht es ihnen auf Erden in bezug hierauf manchmal ähnlich
wie einst ihrem Herrn selbst. Doch der Herr kennt
Seine Knechte und Mägde und ihr Tun. Das ist die
Hauptsache. Daher tut jeder Knecht gut, seine Hoffnung
auf Ihn allein zu setzen, der hienieden Feindschaft für
Liebe erfuhr, und der gesagt hat: „Siehe, ich komme bald
und mein Lohn mit mi r". Ist es nicht auch schon
Belohnung in sich, von Herzen sprechen zu können: „Ich
liebe meinen Herrn"? Der Apostel Paulus war
ein treuer Knecht. Er hatte gelernt, sich „in allem als
Gottes Diener" zu erweisen. (2. Kor. 6,4—40.) Das kostete
zwar Selbstverleugnung, aber ohne sie ist ein rechter
Kncchtsstand für uns nicht denkbar. Der verherrlichte
Mensch Gottes im Himmel war des Apostels Ziel. (Phil.
Z, 44.) Ihn hier auf Erden darzustellen, war seine und
ist auch heute unsere Berufung. Wenn wir bei Jesu sind.
— 346 —
dann wird der wunderbare Liebesplan Gottes völlig kundwerden,
indem Er uns dazu bestimmt hat, „dem Bilde
Seines Sohnes gleichförmig zu sein". Dann sind wir dem
verherrlichten Herrn gleich. Für jetzt aber ist es der
Wille Gottes, „daß das Leben Jesu an u n s e r e m st erblich
e n Fleische offenbar werde". (2. Kor. 4, 40. 44.)
Das geht nur auf dem Wege des Herrn Jesus, des „Menschen
vom Himmel", und geschieht notwendig auf Kosten
des „Menschen von der Erde". Letzterer bildet ein Hemmnis,
darum bleibt der Weg des Knechtes Gottes hier mit
Selbstverleugnung, Kampf und Leiden verbunden, und ein
Ausgleich ist dabei nicht möglich. Wer einen solchen anstrebt,
wird ein unglücklicher Mensch: Niemand kann
zwei Herren dienen.
Wohl uns, die wir himmlische Menschen sind, deren
Bürgertum im Himmel ist, „von woher wir auch den
Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren
Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit
mit Seinem Leibe der Herrlichkeit"! (Phil. 3, 20. 24.)
Diese unsere Erwartung steht vor baldiger Erfüllung.
Dann folgt auf Kampf und Arbeit die Ruhe, auf treuen
Dienst der Lohn, auf Not und Mühsal selige Freude bei
unserem Herrn. Jetzt ist es an uns, glaubend unsere Überzeugung
zu verwirklichen, daß Er, der Mensch Gottes und
Knecht von ehemals, bald alle, die hier an Seinem
Knechtsein teilgenommen haben, in Seine Herrlichkeit einführen
und sie als Seine Geliebten, als Seine „Genossen"
(Hebr. 3, 44), die sich als solche bewährt haben, dem
Vater verherrlicht darstellen wird.
— 347 —
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorinther
x.
Kapitel 9, 24 — 4 0, 43
Mit dem 23. Verse deö 9. Kapitels findet die Behandlung
des ersten großen Gegenstandes dieses Briefes,
der Ordnung, welche dem Hause Gottes geziemt, ihren
Abschluß. Von Kapitel 40, 44 an haben wir es mit der
Ordnung in der Versammlung (Gemeinde) als Leib Christi
zu tun. Vorher aber, in den zwischen diesen beiden großen
Abschnitten liegenden wenigen Versen, finden wir eine Einschaltung
von besonderer Wichtigkeit, die eigentlich weder
das Haus noch den Leib Christi, sondern das christliche
Bekenntnis betrifft, das damals entstand und heute
Gemeingut der ganzen zivilisierten Welt ist.
Nebenbei sei bemerkt, daß eine einfache und logische
Einteilung nach Gegenständen, so wie hier im Korintherbrief,
sich oft in den Schriften findet. Nehmen wir z. B.
das in seiner Gesamtheit so wenig verstandene Buch der
Offenbarung. Dieses Buch möchte ich das am regelmäßigsten
von allen biblischen Büchern eingeteilte nennen. Wir
nennen ferner den Propheten Jesaja, dessen einzelne Teile
in geradezu auffallender Weise zu bezeichnen der Heilige
Geist Sorge getragen hat. Schließlich möchte ich noch die
Psalmen erwähnen. Sie sind in Gruppen und Unterabteilungen
zusammengestellt, damit jede falsche Auslegung
vermieden werde. Nicht anders ist es mit den übrigen
Büchern. Nur bedarf es da manchmal aufmerksameren
Forschens, um in deren Aufbau einzudringen. Geben wir
— Z48 —
uns aber ernstlich Mühe, das Wort zu studieren, so wird
uns sein Gesamtplan vertrauter werden. Es geht in der
Tat nicht an, das Worl^zu lesen, ohne eö zugleich zu studieren,
denn das hieße einerseits, es unehrerbietig behan­
deln, und anderseits, sich der Gefahr aussetzen, die Gedanken
Gottes nicht zu verstehen. Wir müssen lernen, das
Wort „recht zu teilen", wie der Apostel an Timotheus
schreibt. Ein solches Forschen im Wort kann vor allem
allen denen nicht genug empfohlen werden, welche noch
Anfänger auf dem Wege des Glaubens sind. Aber eö muß
im Aufblick zu Gott, in Abhängigkeit von dem Heiligen
Geiste und unter Gebet geschehen. Diese drei Stücke machen
uns erst fähig, uns die Schätze des Wortes anzueignen.
Beschäftigen wir uns nur oberflächlich damit, so werden
wir das Wort sicher nicht kennen lernen. Ohne Zweifel
wird unsere Erkenntnis stets eine stückweise bleiben.
Aber indem wir darin Fortschritte machen, gehen wir der
Vollkommenheit entgegen bis zu dem Augenblick, wo alles
Stückwerk zu Ende sein wird und wir den Herrn erkennen
werden, wie auch wir von Ihm erkannt worden
sind. Man hat dieses Fortschreiten mit dem Jugehen auf
eine Lampe verglichen, die am Ende eines langen Ganges
aufgestellt ist. In dem Maße, wie wir uns der Lichtquelle
nähern, wird es Heller und Heller um uns, und wenn wir
die Lampe endlich erreicht haben, können wir sie mit Händen
greifen und uns ganz aneignen. Ähnlich wandelt der
Christ dem Herrn entgegen.
Jeder, der bekennt, dem Herrn anzugehören, ist auch
dafür verantwortlich. Ihm nachzukommen. In der vorliegenden
Stelle (Kap. y, 24—27) spricht der Apostel
zuerst von dieser Verantwortlichkeit, indem er sich selbst
— zr9 —
als Beispiel darstellt. Er nahm es wahrlich nicht leicht
damit. Die Korinther hätten das wissen sollen, aber sie
wandelten nicht nach dieser Erkenntnis. Der Apostel stellt
ihnen die Notwendigkeit vor, daß das christliche Leben ein
wahres, öffentliches Zeugnis angesichts der Welt sein muffe.
Tatsächlich gibt es für den Christen ein inneres Leben und
ein öffentliches Zeugnis. Von dem letzteren ist hier die
Rede. Paulus führt als Beispiel die olympischen Spiele
an, bei denen es darauf ankam, den Kampfpreiö im Wettlauf
oder im Kamps Mann gegen Mann zu erlangen —
und zwar öffentlich, vor aller Augen. Unser öffentliches
Zeugnis vor der Welt besteht aus denselben beiden Stük-
ken. In Phil. 3 sagt der Apostel, daß er „hinjage zu dem
Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo
Jesu". Die Berufung ist, vor Gott „heilig und tadellos"
zu sein in Liebe, wie Christus es war. „Die Hoffnung der
Berufung" (vergl. Eph. 1, *l8) bedeutet, diesen Zustand
zu erreichen. Das wird dann der Fall sein, wenn
wir diesen Charakter nicht nur i n Christo, wie heute, sondern
m i t Christo tragen werden, dann, wenn wir in der
gleichen Herrlichkeit sind wie Er. Um den Preis zu erlangen,
müssen wir in der Rennbahn laufen. Und um ihn
davonzutragen und uns nicht überholen zu lassen, müssen
wir so laufen, als ob wir ihn allein erringen wollten.
Der Apostel warf alles, was ihn in diesem Wettlauf behindern
konnte, als Dreck beiseite. Als Dreck! Was achtete
dieser Mann nicht alles für Dreck! (Vergl. Phil 2,
5—8.) Wie steht's in dieser Hinsicht mit uns? Erblicken
wir in den Dingen dieser Welt, in dem, was sie als Vorteile
bietet, in ihren Schätzen usw., aber auch in ihren
Eitelkeiten ebensoviele Netze, in denen wir uns leicht ver
320
fangen können, ebenso viele Bürden, die abgeworfen werden
sollten? Wenn der Soldat den Befehl erhält, eine erhöhte
feindliche Stellung zu nehmen, legt er sein Gepäck
unten am Hang ab, wenig besorgt darum, ob er eö auch
wiederfindet. Laßt uns ferner bedenken, daß wir in Gegenwart
von Tausenden von Zeugen zu laufen haben! Und
um nicht am Ende völlig beschämt dazustehen, bedürfen wir
nicht nur der Eigenschaft, die das Wort mit „Tugend"
bezeichnet, sondern auch des Ausharrens, eines befreiten
Herzens, und Augen, die unentwegt aus das Ziel, auf
Christum, gerichtet sind. Ohne Zweifel wird durch Gottes
Gnade eine große Zahl dieses Ziel wirklich erreichen; aber
jeder von uns sollte sich sagen, daß eö nur einen Kampfpreis
gibt, und sollte so laufen, als ob nur einer ihn erringen
könnte. Welch einen Eifer würde dieser Gedanke
Hervorrufen!
Neben dem Wettlauf gibt es auch Kampf. Unser
Kampf ist wider die geistlichen Mächte. Wenn wir uns bei
dem Wettlauf nicht aufhalten lassen sollen durch Ermüdung,
Entmutigung oder durch die Welt, so sollen wir uns
im Kampf nicht behindern lassen durch die Schlingen, die
der Feind uns unaufhörlich legt. Eine der Vorbedingungen
zum Siege ist, „in allem enthaltsam zu sein".
(V. 25.) Wir müssen in der rechten Weise für den Kampf
vorbereitet sein, ehe wir die Rennbahn betreten. Enthaltsamkeit
ist keine leichte Sache. Sie erfordert unausgesetztes
Aufmerken und beständige Selbstverleugnung. Aber
ein solcher Preis muß angelegt werden, wenn wir als
Kampfbelohnung eine unvergängliche Krone erlangen wollen.
Der Apostel hatte alle Bedingungen treu erfüllt und
konnte so am Ende seiner Laufbahn sagen: „Ich habe den
— 321 —
guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich
habe den Glauben bewahrt; fortan liegt mir bereit die
Krone der Gerechtigkeit, welche der Herr, der gerechte
Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tage;
nicht allein aber mir, sondern auch allen, die Seine Erscheinung
lieben". (2. Tim. 4, 7. 8.)
Im vorliegenden Kapitel, in Vers 26, stellt Paulus
sich, wie gesagt, selbst als Beispiel hin. Sein Kampf war
echt und kein Scheingefecht. Das beweist uns seine ganze
Apostel-Laufbahn. Er kämpfte wirklich, mochte er es
nun mit der Feindschaft der Menschen oder mit den Versuchen
Satans zu tun haben, die Seelen von Christo abzuziehen.
Wenn der Feind die Wahrheit des Evangeliums
zu zerstören suchte, indem er Seelen unter das Gesetz
zurücksührte, oder wenn er darauf ausging, das Kreuz
Christi zunichte zu machen, indem er die Korinther wieder
unter weltliche Grundsätze brachte, immer fand er den
Apostel auf dem Plan. Aber mehr noch, um diesen Kampf
zu führen, lebte Paulus enthaltsam: er zerschlug seinen
Leib und führte ihn in Knechtschaft, indem er in nichts dem
Fleisch Raum ließ und durch die Energie des Heiligen
Geistes Herr darüber war, denn er fühlte die ganze Verantwortlichkeit
des christlichen Bekenntnisses. Er sagt nicht
(V. 27): „auf daß ich nicht, nachdem ich geglaubthabe",
sondern: „auf daß ich nicht, nachdem ich anderen
gepredigt habe, selbst verwerflich werde"; denn es
handelt sich hier um Bekenntnis, nicht um Glauben,
um Verantwortlichkeit, nicht um Gnade. Es ist
möglich, daß jemand schöne Gaben empfangen hat und
davon Gebrauch macht; ja, es kann sogar sein, daß Gott
ihn zur Rettung von Seelen benutzt, und trotz alledem
Z22
kann ein solcher Mensch selbst verwerflich werden. Wie
immer, wenn der Apostel von der Verantwortlichkeit redet,
gebraucht er Ausdrücke, Hie so bestimmt wie möglich sind.
Gaben besitzen, einen öffentlichen Dienst ausüben, anderen
predigen, und dabei vor Gott dastehen ohne Wirklichkeit,
was einen selbst angeht, ohne Selbstgericht, ohne
Selbstverleugnung, mit einem Wort, ohne wahres inneres
Leben, das dem Bekenntnis entspricht, alles das ist
völlig wertlos. Versuchen wir nicht, wie es so oft geschieht,
dem Gewicht des Ausdrucks „verwerflich werden" auszu­
weichen! Ein Verwerflicher ist von Gott verworfen und zur
ewigen Strafe verurteilt. Das will nicht sagen, daß der
Apostel im geringsten an der Vollkommenheit der Gnade
gezweifelt hätte, sondern nur, daß er es ernst nahm mit
seinem Lauf, mit seinem Kampf und seinem Zeugnis, und
daß er in jeder Hinsicht der Feierlichkeit der göttlichen Ansprüche
Rechnung trug.
Nachdem der Apostel sich selbst als Beispiel zu seinem
Bekenntnis dargestellt hat, kommt er auf die bekennende
Christenheit zu sprechen. Hier möchte ich zunächst
ausdrücklich betonen, daß es nicht, wie oft gesagt wird,
zwei Arten von Bekenntnis gibt, ein wahres und ein falsches.
ES gibt nur ein Bekenntnis, aber dieses kann, wie
wir aus dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen ersehen,
von Leben aus Gott begleitet sein oder nicht. Wir
werden noch von der Wertlosigkeit des christlichen Bekenntnisses
ohne Leben hören. Zunächst aber möchte ich, daß
wir es machen wie der Apostel, nämlich damit beginnen,
die Wirklichkeit des christlichen Bekenntnisses bei uns
selbst zu suchen, bevor wir von anderen reden.
Z2Z
In den ersten vier Versen des 10. Kapitels beschäftigt
Paulus sich mit der Frage: Was ist das christliche
Bekenntnis, und welches Anrecht gibt es auf das ewige
Heil? Er gibt selbst die Antwort auf diese Frage, indem
er die bekennende Christenheit in einer Weise verurteilt,
die nicht ernster und bestimmter sein könnte. Als Beispiel
dient ihm das Volk Israel, indem er seine Geschichte auf
das anwendet, was aus dem Christentum geworden ist.
Israel war nach dem Lande Kanaan aufgebrochen unter
der Führung der Wolke. Von den ersten Schritten durch
die Wüste an war die Wolke sein Schutz bei Tage und sein
Licht in der Nacht gewesen. Sie war der Wohnsitz des Gottes
der Herrlichkeit. Das ganze Volk war durch das Rote
Meer hindurchgegangen, das Symbol des Todes Christi
unter Gottes Gericht. Beides, Wolke und Meer, gehört
ebensowohl der bekennenden Christenheit an, wie dem Volke
Israel nach dem Fleische, indem sowohl Gottes Gegenwart
als auch die Kenntnis des durch das Blut des Erlösers
erlangten Heils dadurch versinnbildlicht wird. „Und
alle wurden aus Moses getauft in der Wolke und in dem
Meere." (V. 2.) Israel mußte durch eine Taufe hindurch,
die das Wort mit der christlichen Taufe vergleicht. Sie
waren alle auf Moses als ihr Haupt getauft worden,
d. h. sie hatten sozusagen die Tracht Moses' getragen, wie
der Bekenner die Tracht Christi trägt. Israel hatte Moses
in der Wolke und im Meer angenommen. DaS christliche
Bekenntnis erkennt einerseits als Herrn einen l e -
bendigen Christus an, der ihm Schutz und Licht ist,
und anderseits einen gestorbenen Christus, auf den
man getauft ist, denn, beachten wir es wohl, die Taufe
ist nichts anderes als das äußere Zeichen des christlichen
Z24
Bekenntnisses. Israel hatte das Manna gegessen und das
Wasser aus dem Felsen getrunken, was geistlichcrweise
nichts anderes darstellt als den Sohn Gottes, der vom
Himmel herniedergekommen ist, um das Volk zu speisen,
und den Heiligen Geist, der gekommen ist, um es zu tränken.
An diesen Segnungen hat auch die Christenheit Anteil,
von der geschrieben steht, daß sie „die himmlische
Gabe geschmeckt habe und des Heiligen Geistes teilhaftig
geworden sei". (Hebr. 6.) Beachten wir, daß hier weder
die Rede ist von den jüdischen Opfern, den Vorbildern der
Erlösung, noch vom Essen des Fleisches und vom Trinken
des Blutes Christi, wovon der Herr selbst sagt, daß dadurch
das ewige Leben mitgeteilt werde. Was haben aber
Israel die äußeren Vorrechte gebracht? Haben sie daö
Volk zu erretten vermocht? Und werden sie die bekennende
Christenheit erretten? Ach, von allen, die aus Ägypten
ausgezogen waren, haben nur zwei Männer des Glaubens
den Jordan überschritten, um in das verheißene Land einzugehen.
Was aber hat den Zorn und das Gericht Gottes über
dieses Volk gebracht?
1. Sie haben nach bösen Dingen gelüstet.
2. Sie sind Götzendiener gewesen.
Bei der Erwähnung des Götzendienstes fällt auf, daß
der Apostel nicht das Aufstellen des goldenen Kalbes erwähnt,
sondern das daran anschließende Festgelage, was
auch so charakteristisch ist für die bekennenden Christen:
„Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und
sie standen auf, zu spielen". (V. 7.)
3. Sie hatten Hurerei getrieben mit den Töchtern
Moabs, mit den Feinden Gottes.
325
4. Sie hatten den Christus versucht.
5. Sie hatten gemurrt.
Ist nicht alles dies mit Recht auf die bekennende
Christenheit anwendbar, die dereinst mit demselben Gericht
gerichtet werden wird?
Der Apostel fährt fort: „Alle diese Dinge widerfuhren
jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu
unserer Ermahnung". (V. 41.) Hier spricht Paulus zu
solchen, die nicht bloße Bekenner sind, sondern die Leben
aus Gott haben. Ein jeder von ihnen wird vor die Frage
gestellt: Ist das mein Fall? Gelüstet mein Herz nach
bösen Dingen? Finde ich meine Freude an zeitlichen Genüssen?
Zweifle ich an der Liebe Christi? Bin ich unzufrieden
und murre, wenn mir Prüfungen auf meinem
Lebenswege beschieden sind? Laßt uns auf der Hut sein!
Das Gericht Gottes trifft alle, die solche Wege gehen.
Unsere ganze Verantwortlichkeit tritt hier vor unsere Augen.
Wenn der Apostel im y. Kapitel von seiner Verantwortlichkeit
gesprochen hat, ist die unsrige etwa weniger
groß? Wenn das christliche Bekenntnis, wenn die
Christenheit trotz der zahllosen Segnungen, mit denen Gott
sie überhäuft hat, unter Sein Gericht fallen muß, sollte
ihr Los da nicht „zu unserer Ermahnung dienen, auf welche
das Ende der Zeitalter gekommen ist"? Achten wir
darauf, daß es stets so sei! Wir sind nicht dazu berufen,
das Gericht über die Christenheit auszusprechen. Das ist
Gottes Sache. Aber Er will, daß wir diese Wahrheiten
auf unseren eigenen Zustand anwenden, daß wir uns fragen:
Gibst du, der du göttliches Leben und den Heiligen
Geist besitzest, der gekommen ist, um in dir Wohnung zu
machen, — gibst du dich mit äußerem Schein zufrieden,
Z26
indem du dich auf de» gleichen Boden stellst wie ein Bekenner
ohne Leben? Wenn wir die Gnade Gottes verstanden
haben, werden wir entschieden mit allen solchen Dingen
brechen, wie der Apostel Paulus es getan hat. Seit
dem Tode Christi ist „das Ende der Zeitalter auf uns gekommen",
hat für uns die Verantwortlichkeit des Menschen
als Sünder aufgehört, da Christus die Sünde
am Kreuz für einen jeden getragen hat, der an Ihn
glaubt. Als Christen sind wir in eine ganz neue Sphäre
eingetreten, den Kreis der himmlischen Segnungen. Aber
wir müssen diese Stellung verwirklichen, und unsere Verantwortlichkeit
als Christen bleibt dabei voll und ganz
bestehen. Es ist überaus wichtig, daß wir von dem Ernst
erfüllt sind, den unser Christenleben in sich trägt (möge
Gott ihn in der Seele eines jeden von uns vermehren!),
und daß wir verstehen, daß wir uns nicht aus einen mehr
oder weniger korrekten äußeren Wandel beschränken dürfen,
wie die Bekenner ohne Leben, sondern daß unser innerer
Zustand damit übereinstimmen muß. Wenn wir fühlen,
wie sehr wir in unserer Verantwortlichkeit gefehlt haben,
dann laßt uns, indem wir uns demütig vor Gott
beugen, auch die Kraft haben zu sagen: Ich habe gegen
Dich gesündigt!
Eins bleibt, mit dem wir jederzeit rechnen können,
nämlich daß Gott treu ist. Ich werde mancherlei trübe
Erfahrungen machen müssen, wenn ich, den Korinthern
gleich, nicht von vornherein am Kreuz über mein Ich den
Stab gebrochen habe; aber Seine Gnade kann sich nicht
verändern. Er ist mächtig, mich wiederherzustellen. Ich
kann mich nur auf Ihn stützen. Wird Er mich im Stich
lassen? Niemals! Wenn ich aber nur einen Augenblick
327
Seine Hand loslasse, werde ich zu Fall kommen. Und wie
viele beschämende und oft nachhaltige Fehltritte im Leben
des Christen haben ihre Ursache darin gehabt, daß der Betreffende
im Vertrauen auf sich selbst den mächtigen, treuen
Arm losgelassen hat, der ihn allein halten konnte!
„Meine Gnade genügt dir"
l2. Lor. 12, y.I
„Meine Gnade genügt dir." So lautete die Antwort
des Herrn auf die flehende Bitte Seines Knechtes. Luther
übersetzt: „Laß dir an meiner Gnade genügen!" — und sicherlich
ist es der Wunsch des Herrn, daß wir uns an ihr
genügen lassen sollen. Aber es heißt doch: „Meine Gnade
genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht".
Das ist eine Behauptung, eine Feststellung von
feiten Gottes selbst. Es ist wohl die kürzeste Beschreibung
der Fülle Seiner Gnade und dessen, was sie vermag,
die wir im Worte finden. Es ist das Selbsturteil Gottes
über Seine Gnade. Der Herr will dir und mir damit sagen:
Was meine Gnade vermag und dir darreicht, das genügt
völlig, um dich keinen Mangel leiden zu lassen. Es
vermag alle deine Bedürfnisse zu stillen und dich völlig
glücklich zu machen, auch in Leiden. Es wird Kraft und
Segen sein für deinen Dienst. Etwas anderes und mehr
brauchst du nicht.
So liegt in den Worten: „Meine Gnade genügt dir",
auch eine wunderbare tröstliche Zusage. Doch eins ist
dabei erforderlich, nämlich, daß wir uns selbst aufgeben
und vergessen, indem wir das Fleisch beständig im Tode
halten und auf Gott blicken, der die Quelle unserer Kraft
Z28
ist. Gottes Kraft ist-gerade das, was meiner Kraftlosigkeit
entspricht. Keiner hat das wohl so verstanden und verwirklicht
wie Paulus, dem hier gesagt wurde: „Meine
Gnade genügt dir". Daher kann er auch an die Philipper
schreiben: „Die wir durch den Geist Gottes dienen und
uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch vertraue
n". (Kap. 3, 3.)
Wie leicht kann es dahin kommen, daß unsere Herzen
sich nicht mit der Gnade des Herrn begnügen wollen.
Wir meinen dann, dieser und jener Sache noch zu bedürfen,
um wirklich glücklich und zufrieden sein zu können,
dies oder jenes noch tun zu müssen, um etwas ausrichten
zu können. Damit beweisen wir aber nur, daß wir
mit uns noch nicht zu Ende gekommen sind und Seine
Gnade in ihrem Reichtum und ihrer Kraft noch wenig
kennen gelernt haben. Wir sind noch nicht dahin gekommen,
uns Gott ganz hinzugeben und, wie ein anderer
gesagt hat, „nach unserem Maße mitJhm zu den-
k e n". Suchen wir also Seine Gnade immer besser kennen
zu lernen! Dann werden wir auch erfahren, daß sie in
jedem Falle, das heißt für alles genügt, daß aber Seine
Kraft nur in unserer Schwachheit vollbracht wird. Wir
weisen dann unserem Ich den oben genannten einzig richtigen
Platz an. Nur wenn es im Tode gehalten wird, kann
die Kraft Christi sich völlig in uns entfalten, und dann
besitzen wir sowohl Kraft zum Dienst als auch zum Ausharren
in Leiden und Prüfungen und sind glücklich und
zufrieden mit Seiner Führung und dem uns zugemessenen
Teil. Wir ruhen dann in Seiner Liebe.
Wenn wir das oben Gesagte richtig erfaßt haben,
dann wird auch Gottes Gnade uns in allen Lagen und
329
Verhältnissen genügen, weil wir einerseits die Gnade und
Seine Kraft kennengelernt haben und anderseits zu einem
Bewußtsein unserer Schwachheit, ja, völligen
Ohnmacht gelangt sind. Dann sind wir da, wo wir, hilflos,
uns Helsen, ratlos, uns raten, trostlos, uns trösten,
kraftlos, uns stärken, hungrig und durstig, uns sättigen
und erquicken lassen.
Also wirdSeineKraft in Schwachheit vollbracht,
d. h. sie kommt in ihr zur vollen Auswirkung, sei
es bei uns selbst, sei es durch uns (als Werkzeuge und
Kanäle) bei anderen. Seine Kraft ist dann die Kraft
unseres Dienstes. Das ist der Weg für das Licht, um zu
scheinen in der Finsternis. Es ist der leere Kanal für den
sich ergießenden Segensstrom. Hier rauscht der Regen auf
die dürre Flur, hier benetzt der Tau des Himmels die Herzen,
und Ruhe, köstliche Ruhe wird schon hienieden von
dem müden Pilger und Kämpfer genossen.
Glaube nur schwinget die Flügel hinauf,
Und bei der Treue beschwerlichem Lauf
Fallen von dort auf des Manderers Pfad
Leuchtende Strahlen: Gnade um Gnad'.
Eine gute Antwort
Ein Blatt erzählt von einem Prediger, der eines Nachmittags,
als er seinen Anzug für Gemeindebesuche ordnete,
einen Knopf am Hemdkragen vermißte und darüber alle
Geduld verlor.
„Wirst du mir denn endlich den Gefallen tun", fuhr
er scharf und spitz seine Frau an, „und die fehlenden
Knöpfe annähen? Ich hab's dir schon hundertmal gesagt,
ich kann diese Unordnung nicht leiden."
3Z0
So ging es eine Weile fort, bis die arme Frau in
Tränen ausbrach und das Zimmer verließ.
Der gestrenge Prediger besuchte nun zuerst den guten
Ionas, der vom Rheumatismus hart geplagt wurde, und
fand ihn geduldig und ergeben; dann den jungen Hall,
der die Lungenschwindsucht hatte und mit Freuden bereit
war, abzuscheiden und bei Christo zu sein; ferner eine
fromme, alte Großmutter, die in ihrer armen, elenden
Kammer saß und fröhlich eins ihrer guten, alten Lieder
sang; zuletzt eine junge Frau, die einige Wochen vorher
ihr einziges Kind begraben und Trost und Kraft gefunden
hatte in dem Frieden ihres Gottes.
Der Prediger kam nach Hause, ganz erfüllt von dem,
was er gesehen und gehört hatte.
„Was für ein erstaunliches Ding ist doch Gottes
Gnade!" sagte er zu seiner Frau, als er in seinem bequemen
Stuhl Platz genommen hatte. „Wunderbar! Alles
vermag Gottes Gnade!"
„Ja", antwortete seine Frau; „aber eins vermag
Gottes Gnade nicht."
„Wie denn? Was denn? Wie meinst du das?" fuhr
er ganz erregt auf.
„Ich meine, das kann Gottes Gnade nicht, dich sanftmütig
und geduldig erhalten, wenn — ein Hemdenknopf
fehlt."
Das war für ihn eine ganz neue Seite der Lehre von
der Gnade.
„Du hast recht", sagte er nach einer Weile; „aber ich
denke, es soll anders werden."
— Z3r —
Kragen aus dem Leserkreise
Welche Personen wurden in Antiochien zuerst „Christen" genannt?
(Apstgsch. ff, 26.) Wurden sie von Ungläubigen, die dem
Evangelium noch fernstanden, so bezeichnet? Ist nach s. Petrus
H, )6 anzunchmen, daß dic Bezeichnung „Christ" Gott wohlgefällig
ist?
Die ersten Christen wurden im Blick auf ihre Verbindung
mit ihrem Herrn „Jünger" und „Jüngerin" (Apstgsch. si, f. 36),
im Blick auf ihr Verhältnis zueinander „Brüder" (Apstgsch. ff, f)
genannt.
Daß die „Jünger" zuerst in Antiochien „Christen" genannt
wurden, lag wohl daran, daß die hauptsächlich durch die Tätigkeit
von Saulus und Barnabas in jener Stadt ins Leben gerufene
Versammlung durch ihre Größe und Lebendigkeit die Blicke
ihrer heidnischen Umgebung (insbesondere wohl auch der römischen
Behörde, denn Antiochien war der Sitz des Statthalters von
Syrien) auf sich zog. Ulan merkte, das waren andere Leute als
die ebenfalls in Antiochien zahlreich vertretenen Juden. Lhri -
st u s war der Mittelpunkt ihrer kehre und ihres Lebens, und so
nannte mau sie zum Unterschied von den putzen „Christen". Daß
die „Jünger" des Herrn sich diesen Namen beigelegt haben, ist
kaum anzunehmsn. Daß aber der Heilige Geist die Benennung
„Christ" anerkannt hat, geht aus s. Petr. H, )6 wohl unzweifelhaft
hervor.
Am Lude der Apostelgeschichte begegnen wir dem Namen
„Christ" noch im 26. Kapitel, wo König Agrippa zu Paulus
sagt: „In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden".
Der Nams wurde wohl schon früh Gemeingut der Gläubigen
an den Herrn Jesus Christus. Bekannt sind dis berüchtigten
Christen- Verfolgungen einzelner römischer Kaiser, vor
allem Neros und Diokletians.
— 332 —
Ausblick
Lin Glanz von Himmelsherrlichkeit
Durchleuchtet unsre Tage:
„Der Herr ist nah!" V Mort voll Kraft,
Du Trost in jeder Lage!
Drum aufgeschaut in Kampf und Leid,
Glücksel'ge Braut, und sei bereit;
Harr' deinem Herrn entgegen!
Bald kehrt von Müh' und Wanderfahrt
Die Fremdlingschar zum Frieden.
Durch höchste Gnade ward ihr dort
Tin köstlich Teil beschieden.
vergessen ist der Müste Graus,
Menn heim sie ruft ins Vaterhaus
Der Mund des Twigtreuen.
Und wunderbare Herrlichkeit,
voll sel'ger Friedensstille,
Genießet ihre Seele dann
In ungeahnter Fülle.
Auf ewig schaut sie unverhüllt
vollkommner Schönheit göttlich Bild
In Ihm, dem Menschensohne.
Den Gott des Lichtes werden wir
In Seinem Licht erkennen;
Frohlockend beten wir Ihn an,
Ihn, den wir „Vater" nennen.
Die Sehnsucht, die das Herz erfüllt,
Ja, jede Träne wird gestillt
An Seinem Vaterherzen.
P. B.
Januar 1932
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist naße." lphll. 4, s-I
Achtzigster
Jahrgang
1
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Ser Brief an die Galater sKortsetzungl .... y
Hirt und Herde.............................................iy
„Er ist unser Kriede"................................... 25
Verlag und Schriftlsitung R. Brockhaus
XVuppertal-Elberfeld / Postfach 227
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Betrachtungen über die Leidensgeschichte des Herrn
Aus dem Inhalt:
Von Bethanien nach Gethsemane / Verrat und Gefangennahme /
Sie nächtliche Gerichtsverhandlung / Sie Verleugnung / Schmach
und Speichel / Barabbas oder Hefus? / Sie Kreuzigung / Ser
Schächer am Kreuz / Siehe, deine Mutter! / Siehe, das Lamm
Gottes! / Es ist vollbracht!
Zn Original-Ganzlelnenband mit Goldprägung RN 3, -
R. Lrockhaus, Verlag, Wuppertal//Elberfeld
Oer erfüllte Ausgang
auf bestem holzfreien Papier gedruckt, in Original "Ganzleinen»
band mit Goldprägung RN. 3-
Sie im Kahre lyrS in der „Tenne" unter obigem Titel erschls-
nene Aufsatzreihe, die das Leiden und Sterben des Herrn zum
Gegenstand hat, erscheint hiermit, neu überarbeitet, auf vielfachen
XVunsch als Luch. Ursprünglich für di« Äugend bestimmt, wird
die Betrachtung In der Neubearbeitung sicherlich auch Von gereift
teren Lhristen gern und mit Nutzen gelesen werden.
Aus Großvaters Zugendzeit
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früheren Jahrgang dieser Zeitschrift erschienen ist, noch bekannt
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in der Hoffnung, daß die Erzählung in dieser Zeit, wo
Hoffnungslosigkeit gerade die Strebsamen unter der Äugend ergriffen
hat, vielen Leiern eine Ermunterung sein wird. Zn anschaulicher
Weise, mit Humor gewürzt, werden di« Erlebnisse und
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und Gottesfurcht, zielbewußt seinen Weg geht.
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Sie im stuhrs igrö in der „Tenne" unter obigem Titel erschienen«
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Wunsch als Luch. Ursprünglich für di« Äugend bestimmt, wird
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früheren Jahrgang dieser Zeitschrift erschienen ist, noch bekannt
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Kebruar 1932
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." lphil. 4, Z.f
Achtzigster
Jahrgang
2
Inhalt s«tt«
Gottes Tun mit den Gelingen..........................29
Ser Brief an die Galater sSchlußl................... 40
Hirt und Herde sSchlußl................................50
Verlag und Schriftleitung R. Lrockhaus
XVuppertal^Elberfeld / Postfach 227
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Altere
Botschaftern Jahrgänge
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eitarz 1932
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphtl. 4. Z-I
Achtzigster
Zahrgang
3
Inhalt s«tt«
„Es ist vollbracht"......................................... 57
Unterredungen über den ersten Brief an die
Korinther I...................................................6s
Galater 5.24 - 26 ............................... ... . 74
Sie sogenannte „Lrüderstunde"...................... 77
„Laßt uns Gnade haben".............................81
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schon gelesen?
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beschäftigt sich der Verfasser von „Sie Herrlich *
keit unsere« Herrn Jesus Christus in Seiner
Menschheit" mit dem ältesten Luche der Sibel.
Sie Menschen, di« vor der großen §!ut gelebt
haben, erstehen vor unseren Augen, wenige
Gläubig«, viele Ungläubige, und den Abschluß
dieser ersten Keitperivde mit ihrer Gottlosigkeit
bildet das groß« Verderben, das „alle umbrach-
te". Nur acht Personen bleiben am Leben. Noah
setzt die Geschichte der Gläubigen fort. Abraham,
Isaak, Jakob und Joseph erscheinen, sie alle
mehr oder weniger Glaubenshelden und Gottes-
kämpfer. In dl« großartig« Einfachheit des biblischen
Serichts führt uns der Verfasser in seiner
eigenartig fesselnden Weis« «in, und staunend
nehmen wir wahr, wie der ganze herrliche Ratschluß
Gottes über alt« und neue Geschlechter
schon in diesem ersten Luche der Heiligen
Schrift in wunderbaren Lildern enthalten ist.
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di« Karten der Ausführung A auf der
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belspruch svter Ausführungenl und Vordruck zum
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vier Ausführungenl und Vordruck zum Ausfüllen
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Ashrgang
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Inhalt
Ein V?ort über die christliche Taufe................
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorintherll.........................................
„Dort bin ich daheim"...............................
Kragen aus dem Leserkreise.........................
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Haben Sie
N.G Lellett: Vie V^elt VVk del Klut
und die Patriarchen
schon gelesen?
Zn diesem Werk sdas Luch ist Zld Seiten stark!
beschäftigt sich der Verfasser von „Sie Herrlich-
leit unseres Herrn Jesus Christus in Seiner
Menschheit" mit dem ältesten Luche der Libel.
Sie Menschen, die vor der großen §!ut gelebt
haben, erstehen vor unseren Augen, wenige
Gläubige, viele Ungläubig«, und den Abschluß
dieser ersten Feitperiode mit ihrer Gottlosigkeit
bildet das große Verderben, dos „alle umbrach-
te". Nur acht Personen bleiben sm Leben. Nosh
setzt di« Geschichte der Gläubigen fort. Abra-
hsm, Zsssk, Iskob und Joseph erscheinen, sie alle
mehr oder weniger Glsubensheiden und Gottes-
kämpfer. Zn die großartige Einfachheit des biblischen
Serichts führt uns der Verfasser in seiner
eigenartig fesselnden Weise ein, und ftsnnend
nehmen wir wahr, wie der gsnz« herrliche Ratschluß
Gottes über alte und neu« Geschlechter
schon in diesem ersten Luch« der Heiligen
Schrift in wunderbaren Lildern enthalten ist.
Ser Land in Original-Ganzleinendecke mit Goldtitel kostet
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buntfarbiges Lild trägt nebst dem Aufdruck
„Herzliche Einladung zur Sonntsgschule", enthalten
di« Karten der Ausführung A suf der
anderen Seite Raum für die Adresse, «Inen Ll-
belspruch svier Ausführungenl und Vordruck zum
Ausfüllen der Orts- und Zeitangabe, Ausführung
s ein Lied mit vierstimmigen Noten seben-
falls vier Ausführungen! und Vordruck zum Aus-
süllen der Orts- und Zeitangabe.
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Der erfüllte Ausgang
(Lukas g, sf)
Vetrachtungen
über üie Leiöensgeschichte öes Herrn
Inhalt: Von Bethanien nach Gethsemane — verrat und
Gefangennahme — Die nächtliche Gerichtsverhandlung
- Vie Verleugnung — Schmach und Speichel —
Neue Verhandlung vor dem Hohen Rat — Das Ende
des Verräters — Pilatus — Herodes — Barabbas
oder Jesus? — Siehe, der Mensch! — Siehe, euer
Rönig! — Aus dem Lager hinaus - Vie Lreuzigung
- Vater, vergib ihnen — Schmähungen bis in den
Tod — Der Schächer am Lreuz — Siehe, deine
Mutter! — Siehe, da» Lamm Gottes! — Es ist
vollbracht!
In Vriginal-Ganzlelnenbanü m. Goldprägung RM. Z.-
Gethsemane
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Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Mai iyZ2
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphtl. 4, s.I
Achtzigster
Zahrgang
5
Inhalt s-lt-
Sienst...........................................................uz
Ein verderbliches Netz..................................12z
Unterredungen über den ersten Brief an die
Norintherlll........................................... 127
„Viele Erste «erden Letzte, und Letzte Erste
sein.".................................................... 134
Bis Er uns ruft l sGedicht)............................ 139
Kragen aus dem Leserkreise........................... izy
Verlag und Schriftleitung R. Srockhaus
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und das Gebet
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den Brief an die Römer
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R. B.: Gedanken über
den Brief an die Galater
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134 Setten. Zn starkem Umschlag RN 1,50
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den Brief an die Römer
300 Seiten, mit einer kurzen Inhaltsübersicht.
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Mni 1YZ2
Lotsch^fter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. q, z-I
Achtzigster
Jahrgang
6
Inhalt sei««
Abjathar....................................................... iqi
Unterredungen über den ersten Brief an die
LorintherIV...........................................151
„wenn anders"...........................................159
Lindersegen................................................. 167
Verlag und Schriftleitung R. Lrockhaus
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8 Seilen.................................... Preis 5 Pfg-
Nr. 251
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Gottes Tun mit den Seinigen
und das Gebet
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Nr. 2öö
R.S.:
Christus oder der Antichrist?
rpen erwarten wir?
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5022 ^alvleder mit Roischmtt............................................................ 13.—
50z Halbfranz, Lederrüchen. Lederecken und Goldschnitt . . . 18.50
504 Saffianleder mit Marmorscbrntt............................................ 20.—
5042 Saffimle^er m>t Rotschnitt....................................................... 2070
505 Saffianleder mir Spangenp äguna und Goldschnitt . . . 25.50
506 Satfianls er mit Goldsekn» t und Goldlinien .......................... 27.—
507 sckwarz ode braun Saffianleder mir Reichgvldverzierung a» f
Rücken. Vorder- und Rückleite. Innenkanten vergoldet, mit
Goldschnitt.............................................................................................. zd.-
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doo Ganzleinen mit Marmorschnitt oder Rotschnitt...... z.-
doi tzalbledermit Marmorschnitt.......................................... g.zo
b»2 Leder mit Marmorschnitt oder Rotschnltt................ z.zo
603 Saffianleder mit Goldschnitt......................... d.30
dog Saffianleder, persisch sSchuUklappsns mit Rotschnitt ... y. -
doz S-ffianleder, perffsch fSchutzklappens Mit Goldschnitt . . . lo.—
dod l ff. sch »siz Saffian, Znnenkanten vergoldet, «eich, mit Rot-
Goldschnitt ......................................................................................... I2.zo
dodllff. braun Saffian dto. dto................................................................ lz.50
do? l in ff. schwarzem, weichen, perstschen Einband, lSchutzklappenl
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dio Ganzlelnen mlt Rotschnitt................................................ 2-so
dli Leder ml Rvtsch itt.......................................................... 4.—
di2 Leder mit Goldschnitt ................................................................... S-—
dlz Saffianleder, perfffch lSchutzklappenf mit Rotschnitt ... 7 so
dl4 Saffianleder. herffsch jSchutzklappens mit Go dschnitt . . . ».so
dis > ff- schwarz Saffian, Znnenlanten vergoldet, weich mit Rot-
Gol ichnitt ......................................................................................... lo.so
dis II ff. braun Saffian dto. dto............................................................... 11.2s
dld l in ff scbwarzem, weichen perffichen Einband.sSchutzklappenf
Marokkoleder, mit Rot Goldschnitt sLakters........................... lzso
didllin braunem Ssxterband......................................... 14.2s
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R. B.: Gedanken über
den Brief an die Galater
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134 Seiten. Zn starkem Umschlag RN 1,50
Zn Ganzleinen geb. mit Goldtitel RN 2,25
Krüher ist erschienen:
R. B.: Gedanken über
den Brief an die Römer
300 Seiten, mit einer kurzen Inhaltsübersicht.
Zn Ganzleinen geb. mit Goldtitel RN 3,15
Als Auszug aus dieser Schrift erschien:
Ser Christ und das Gesetz
Gedanken über Römer 7
28 Seiten.....................................RN 0,20
Zn Amerika bestelle man bei
Anton Speise
Paterson N. Z.
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Zn der Schweiz bei
R. MÜller^Lersting HuttwillLt.»ern,
Stechtenstrsii«
Gedruckt bei K. u. V. Lrockhau», L.»G.» ZpuppertsI^LIberfeld
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Herrn in der Herne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Aull 1YZ2
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, 2->
Achtzigster
-ahrgang
7
Inhalt Seite
169 Ser Stein..................................................
Unterredungen über den ersten Brief an die
LorintherV.........................................
„Ein Kluch Gottes ist ein Gehängter." ....
„Geliebte, laßt uns einander liehen l" . . . .
Israel fGedichtf.........................................
179
187
195
196
Verlag und Schristleitung R. Blockhaus
Wuppertal-Elberfeld / Postfach 227
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Plo.
-7L Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, Sie in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen ........................... -o
-7d Naaman, der Syrer............................................... so
-7g Der Vater und der verlorene Sohn.......................jo
-rr Der gefangene Paulus vor dem Lönig Agrippa . . -o
jrb Bist du deiner Errettung gewiß?...........................js
-ry L. H. M-: was ist die Wiedergeburt?...................»o
jrr Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?...................................... -o
j«tz Gibt es eine AUvcrsöhnung?...............................................-s
-go Ein Wort über die christliche Taufe.....................................-s
ro- Der wahre Grund des Friedens / ros Oer Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je r pfg., -so Stück . -so
ros Gerechtfertigt und befreit....................................... -o
ro4 R. B.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis............................................... 40
ros was ist die Heiligung nach der Schrift? . . . . ro
rod R. B.: Der Christ und das Gesetz (Röm. 7) . . ro
r»7 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" .... -0
ror Oer Gläubige und der verfall.............................. 40
rog L. H. M.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
r-o R. B.: Der Tisch des Herrn...................................jo
rj- Der Unterschied zwischen der Ankunft Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit ............................ -0
r-r Alles in Christo....................................................40
rjs Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause ro
r-s Vie persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.............................................................. so
r-b Ewige Verdammnis und wiederbringungslchre . . so
r-r R. B.: Nach Wahl der Gnade.............................. so
r-g R. B-: wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? so
rro Die Vollgültigkeit des Opfers Christi.......................-o
rr- R. B.: „Ich komme bald!" Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn . . so
rrr Vas Reich der Himmel und die Lirche Christi . . ro
rr4 Ein Wort über Frauendienst..............................-s
rrs R. B.: Gethsemane.......................................... 40
rrb R. B:. Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . -0
rr? I. N. Varby: Vie Opfer des s. Buches Mose und
ihre vorbildliche Bedeutung.................................... so
rr« Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn -0
rrg Nehemia oder: Das Bauen der Mauer...................ro
»so I. N. varby: was ist eine Sekte?........................ »
rs- Die Versammlung und die Zucht...........................zs
Nr. Pf».
isr Hütet euch! Liu Wort der Warnung für di« gegenwärtige
Zeit....................................................... -o
133 R. 2).: „Da bin ich in ihrer Mitte".......................-o
134 Ein Wort über Gebetsheilungen...........................-o
137 Christus dec Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? ... -s
131 Gottes Wort und Gebet...................................... -s
13g Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet.......................-o
14- Vas Abendmahl des Herrn.....................................s
141 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . . -s
143 was ist Anbetung?............................................... -o
144 „Alles geschehe anständig und in «Ordnung" . . . . j»
14^ „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören ....................................................-0
147 Segnung u. Ruhe. Lurze Gedanken über das Buch Ruth -0
144 Vie Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe -0
is; Gottes Tu» mit den Seinigen und das Gebet ... -3
isi R. B.: Das Reich Gottes...................................-0
IS4 R. B.: Über das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 10
iss R. B.: Vie Lhe des Christen.................................. so
iss Vie Welt und der Christ....................................... -0
isg R. B.: Vie Braut, das Weib des Lammes .... 10
ibo „Auf daß sie alle eins seien".................................. 10
iö; „Ich bin'sl" oder: Oie Stimme Jesu im Sturm . . rs
1S1 R. B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes? ... so
lös Was Hiob zu lernen hatte, oder: wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?............................... 40
it>4 L. B.: Ver Sabbath und der Tag des Herrn ... 40
ibS R. B.: Christus oder der Antichrist? wen erwarten
wir?............................................................. -0
iS» Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht.................... 7
ibg L. H. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? .... 7
170 I. N. Darby: Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw............................................................ -0
17- H. R.: Oer Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit...............................................10
173" I. N. Darby: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes...........................................................10
174 Gottesdienst und Dienst am Wort..................... 40
17s R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde .... -0
17b R. B.: Vie Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi....................................................so
177 R. B.: Älteste und Diener...................................... 1»
17g Vie Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle.......................................... -5
ir- R. B..- „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 10
rgo wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 1
itz- Zeichen dec Zeit (vierseitiger Traktat).........................1
August 1Y32
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." fphll. q, z-I
Achtzigster
-ahrgsng
8
Inhalt Settr
Ser Berg Zion.............................................. 197
Unterredungen über den ersten Brief an die
Korinther VI..............................................205
„Komm herüber und Hllfunsl"..................... 212
„Heute habe ich meinen Rundgang gemacht." 218
Aus einem alten Briefe..................................222
Kragen aus dem Leserkreise..........................224
Verlag und Schriftleitung R. Blockhaus
Vuppertal-Llverfeld / Postfach 227
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. pfg.
- 7S Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für soiche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen ........................... -o
- 7d Naaman, der Syrer............................................ jo
- 7g Der Vater und der verlorene Sohn....................jo
jrr Der gefangene Paulus vor dem Äönig Agrippa . . jo
jrö Bist du deiner Errettung gewiß?...........................js
j»7 L. H. M.: Was ist die Wiedergeburt?...................ro
jrr Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?...................................... -o
- rg R. B.: Gibt cs cme Allversöhnung?............................-s
- go R v.: Ein Wort über die christliche Taufe . . . . -8
ro; Der wahre Grund des Friedens / ror Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je r pfg., -oo Stück . -so
ros Gerechtfertigt und befreit....................................... -o
ro4 R. B.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenschkaf und
ewige Verdammnis............................................... 40
ros was ist die Heiligung nach der Schrift? . . . . ro
rod R. B.: Der Thrift und das Gesetz (Röm. 7) . . ro
r»7 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" . . . . -0
ror Der Gläubige und der verfall.............................. 40
rog L. H. M.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
r-o R. B.: Oer Tisch des Herrn.................................. jo
rj- Der Unterschied zwischen dec Ankunft Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit ........................................-0
r-r Alles in Lhristo....................................................40
rzs Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause ro
rjs Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.............................................................. so
r-d Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . so
rjr R. B.: Nach Wahl der Gnade ........ so
rjg R. B.: wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? so
rro Die Vollgültigkeit des Opfers Lhristi.......................;o
rr- R. B.: „Ich komme bald!" Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn . . so
rrr Das Reich der Himmel und die Lirche Lhristi . . ro
rr4 Lin Wort über Frauendienst..............................-s
rrs R. B.: Gethsemane.......................................... 40
rrö R. B:. Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . -0
rr7 I- N. Darby: Die Opfer des s. Buches Mose und
ihre vorbildliche Bedeutung.................................... so
rrr Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn -0
rrg Nehemia oder: Vas Bauen der Mauer...................ro
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434 Huret euch! Li« Wort der Warnung für die gegenwärtige
Zeit....................................................... )0
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437 Christus der Mittelpunkt, oder: warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? ... ;s
43» Gottes Wort und Gebet...................................... -s
43g Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet.......................jo
44) Das Abendmahl des Herrn.....................................5
444 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . . -s
443 was ist Anbetung?............................................... -o
444 „Alles geschehe anständig und in Ordnung" ....;»
44s „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehöcen....................................................jo
447 Segnung u. Ruhe. Lurze Gedanken über das Buch Ruth jo
44» Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe jo
4»; Gottes Tun mir den Seinigen und das Gebet ... zs
4S4 R. B.: Das Reich Gottes...................................jo
4S4 R. B.: Uber das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 40
485 R. B.: Die Lhe des Christen.................................. vo
48» Vie Welt und der Christ....................................... -0
45g R. B.: Oie Braut, das Weib des Kammes .... 40
4do „Auf daß sie alle eins seien".................................. 40
4b; „Ich bin's!" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 4»
4b 4 R. B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes? ... so
4ös was Hiob zu lernen hatte, oder: wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?............................... 40
4d4 L. B.: Der Sabbath und der Tag des Herrn ... 4s
4bb R. B.: Christus oder der Antichrist? wen erwarten
wir?............................................................. ;o
4b» Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht.................... 7
4bg L. H. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? .... 7
470 I. N. Darby: Li» Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw............................................................ ;o
47; H- R.: Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit...............................................40
»73 I. N. Darby: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes...........................................................40
474 Gottesdienst und Dienst am Wort............................40
47 s R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde .... jo
47- R. B.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi....................................................so
477 R. B.: Älteste und Diener...................................... 40
47g Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle.......................................... -5
4»; R. B.: „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Won über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 40
4go wohin sollen wir gehend (vierseitiger Traktat) . . 4
4g; Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat).........................4
R. Lrockhaus, Verlas, Wuppertal Elberfeld
Nsu ist spsokisnsn:
R. B.r Gedanken über
den Brief an die Galater
sSonderdruck aus „Botschafter")
134 Seiten. In starkem Umschlag RN 1,50
In Ganzleinen geb. mit Goldtitel RN 2,25
Krüher ist erschienen:
R. L.: Gedanken über
den Brief an die Römer
300 Seiten, mit einer kurzen Inhaltsübersicht.
In Ganzleinen geb. mit Goldtitel RN 3,15
Als Auszug aus dieser Schrift erschien:
Ser Christ und das Gesetz
Gedanken über Römer 7
28 Seiten.....................................RN 0,20
Zn Amerika bestell« man bei
Anton Weise Paterson N I.
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In der Schweiz bei
R. Nüller-Lersting HuttwiliRt.Bern,
Slechtenstraße
Gedruckt Sei K. u. V. Srockhau«, L.-G.» Wuppertal-Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Nitteilungen aus dem Werke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
September 1932
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." lvbtl. 4, s>I
Achtzigster
Jahrgang
y
Inhalt
darum veir hienieden gelassen sind................
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorinther VII............................................
Mose und die fleöenzig Altesten...................
Unsere kleinen............................................
Kragen aus dem Leserkreise........................
S«it<-
225
233
240
244
252
Verlag und Schriftleitung R. Lrockhaus
duppertal-Elkerseld / Postfach 227
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Rr. Pf«.
-7S Vie beiden Schwestern / Zwei ernst« Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen ........................... -o
-7- Naaman, der Syrer............................................. jo
17g Der Vater und der verlorene Sohn.......................jo
-rr Der gefangen« Paulus vor dem Länig Agrippa . . -o
jrd Bist du deiner Errettung gewiß?...........................js
j»7 L. H. M.: was ist die Wiedergeburt?...................ro
j»r Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?...................................... -s
-rg R. B.: Gibt cs eine Allversöhnung?....................... IS
-gs R. B.: Ein Wort über die christliche Taufe . ... -s
ro- Der wahre Grund des Friedens / ror Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je r pfg., -oo Stück . -so
ros Gerechtfertigt und befreit....................................... -o
ro4 R. B.: Unsterblichkeit der Seele, Seelenfchlaf und
ewige Verdammnis............................................... 40
ros was ist die Heiligung nach der Schrift? . . . . ro
rod R. B.: Der Thrift und das Gesetz (Röm. 7) . . ro
roy „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" . . . . -o
ros Oer Gläubige und der verfall ........ 40
rog L. H. M.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
r;o R. B.: Der Tisch des Herrn.................................. jo
rj- Oer Unterschied zwischen der Ankunft Lhristi zur Ausnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit ........................................-o
r-r Alles in Thrifts....................................................40
rjs Du und dein Haus, oder: Der Thrift in seinem Hause ro
rj» Vie persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde...............................................................so
r-d Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . »0
r-r R. B.: Nach Wahl der Gnade.............................. so
rj- R. B.: Wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? so
rro Die Vollgültigkeit des Opfers Lhristi.......................-0
rr- R. B.: „Ich komme bald!" Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn . . so
rrr Das Reich der Himmel und die Lirche Lhristi . . ro
rr4 Ein Wort über Frauenüienst.............................. -s
rrs R. B.: Gethsemane...........................................4»
rrd R. B:. Oer Richterstuhl und der Gläubige . . . . -0
rr? I- N. Darby: Die Opfer des s. Buches Mose und
ihre vorbildliche Bedeutung.................................... so
rr» Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn -s
rr- Nehemia oder: Das Bauen der Mauer...................ro
»so I. N. Darby: was ist eine Sekte?........................ »
Vie Versammlung und di» Zucht................... . -»
Nr. pfg.
rsr Hütet euch! Li» Wort der Warnung für di« gegenwärtige
Zeit....................................................... t»
rss R. B.: „Da bin ich in ihrer Mitte".......................jo
-S4 Lin Wort über Gebetshtilungen...........................1»
LS7 Christus der Mittelpunkt, oder: warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . )5
rsr Gottes Work und Gebet...................................... zs
rsg Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet.......................jo
r4f Da« Abendmahl des Herrn.....................................s
242 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . . zs
24s was ist Anbetung?............................................... jo
244 „Alles gescheht anständig und in Ordnung" . . . . j»
24» „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören....................................................)o
247 Segnung u. Ruhe. Lurze Gedanken über das Buch Ruth jo
24» Oie Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe zo
rsz Gottes Tun nur den Seinigen und das Geber . . . -s
2S2 R. B.: Das Reich Gottes...................................jo
2S4 R. D.: Uber das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 20
2SS R. B.: Dir Lhe des Christen.................................. »0
rsr Die Welt und der Christ....................................... )o
rsg R. B.: Die Braut, das Weib des Lammes . . . . ro
2do „Auf daß sie alle eins seien" ...................................20
rd; „Ich bin'sl" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . ro
rd2 R. B.: Gibt es eine Auferstehung des Leibes? ... »0
rös was Hiob zu lernen hatte, oder: Wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?............................... 40
2S4 L. B.: Der Sabbath und der Tag des Herr» ... 40
2dd R. B.: Christus oder der Antichrist? wen erwarten
wir? ..................................................... . fo
rdr Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht.................... 7
rdg L. H. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? .... 7
270 I. N. Darby: Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw............................................................ )o
27) H. R-: Der Brief des Judas, oder: Vie letzten Tage
der Christenheit...............................................20
»7S I. N. Darby: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes...........................................................ro
274 Gottesdienst und Dienst am Wort...........................40
27s R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde . . . . -0
27b R. B.. Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Lhristi....................................................so
277 R. B.: Älteste und Diener...................................... ro
27g Vie Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwatt.
Lin Ruf an alle.......................................... )»
2»; R. D.: „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
wo« über Versöhnung, Sühnung u. Stelvertretung ro
rgo wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . r
rs) Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat) ...... 1
R.Vrockhaus/ Verlag/ Wuppertal-Llberfelö
Das
Laschenlieüerbuch mit Koten
Kleine Sammlung geistlicher Lieber^
ist in neuer Auflage, auf gutem, nicht durchscheinendem
Dünndruckpapier gedruckt, erschienen.
Neu ist die Beifügung eines Vers Verzeichnisses
zur Erleichterung des Auffindens der Deder.
Nr. 611 Saffianleder mit Rotschnltt ................. 4.-
Nr. 612 Saffianleder mit Goldschnitt ................ 5.-
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vergoldet, mit Rot-Goldschnitt... 10.—
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Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Vie Aalender für das Aahr lyzz
werden voraussichtlich in diesem Monat erscheinen
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„Ser Bote des Friedens"
mit täglichen biblischen Betrachtungen, Beispielen aus
dem Leben und Gedichten.
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usw., reich illustriert.
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„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Oktober 1HZ2
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." fphil. q, z.s
Achtzigster
Aahrgang
10
Inhalt seit«
„Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin,
werde alle zu mir ziehen."......................
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorinther VIll.........................................
Sie Aufluchtstädte......................................
Mitteilung des Schriftleiters......................
Gebet (Gedicht)............................................
253
26z
27l
279
2S0
Verlag und Schriftleitung R. Lrockhaus
Wuppertal-Elberfeld
Postfach 227 / Postscheckkonto Löln 15639
Betrachtungen über öas Mort Gottes
L. H. M.: Sie fünf Bücher Mose
5 Lande. In Halbleinen gebunden................... d.-
Jn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel.............12.-
preise der einzelnen Bände:
1 bis 4. Mose Halbleinen je RM 1.80,- 5. Mose. 2.50
1. bis 4. Mose Ganzleinen je RM 2.50, 5. Mose. 3.-
H.R.: Die Bücher Samuel bis Esther
3 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 9.-
preisr der einzelnen Bände:
Oie Äücher Samuel..................................... 3 —
Oie Bücher der Könige.................................. 3 80
Die Äücher Esra, Nehemia und Esther............ 2.20
I. R. D.: Das Reue Testament
5 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 20. -
preise der einzelnen Bände:
Matthäus und Markus.................................. 3.60
Lukas und Johannes...................................... 4.-
Apostelgeschichte bis II. Korinther...................... 4.50
Galater bis Philemon.................................. 5.-
Hebräer bis Offenbarung............................... 4.50
Geschenkausgabe in Kassette:
5 Lände in Halbfranz (Lederrllcken und -ecken) mit
Kopfgoldschnitt...............................................30.-
U.B.: Gedanken über den Brief an die Römer
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel............. 3.15
Gedanken über den Brief an die Galater
In starkem Umschlag...................................... 1.50
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel............ 2.25
Billige Linzelbänöchen in starkem Umschlag:
H.R.: Oer Prophet Hosea...................................... 1.10
Oer Prophet Maleachi......................... - .80
I-R. O.: Sprüche, Prediger, Lied der Lieder.............-.40
Oie Apostelgeschichte....................... 1.10
Oer Aries an die Römer................. 1.10
Oie Lriefe an die Korinther........... 1.35
Oie Lriefe an die Galater und Epheser .... 1.35
Oie Briefe an die Philipper und Kolosser .... 1.25
Oie Lriefe an die Thessalonicher ......... 1.10
Oie Äriefe an Timotheus, Titus und Philemon . 1.25
Oer Brief an die Hebräer.............. 1.-
Oer Brief des Jakobus und die Lriefe des Petrus - SO
Oie Lriefe des Johannes und der Brief des Judas -.90
Oie Offenbarung.......................... 1.25
An unsere Leser!
Mit tiefem Schmerz machen wir hiermit unseren Lesern
Mitteilung von dem Heimgang des langjährigen
Schriftleiters deS „Botschafter^
Ruöols Vcockhaus.
Ganz unvermutet schnell nahm der Herr ihn fort aus
seinem arbeitreichen Leben, das in den letzten Jahren nicht
ohne mancherlei Beschwerden war, und führte ihn, den trotz
zunehmender Schwäche immer noch rastlos Tätigen, ganz
sanft an Seiner treuen Hand hinüber in die Wohnungen
des ewigen Friedens. Bei Ihm darf er jetzt der seligen
Stunde entgegenharren, von der er in seinem Leben so oft
geredet und geschrieben hat,
Der sel'gen Stund',
Voll Wonne und Entzücken,
Wenn Seine Braut Ihm wird entgegenrücken.
„Er ist's!" frohlockt dann jeder Mund.
Uns aber schenke der Herr Gnade und Kraft, solange
Er noch verzieht, die Arbeit deö teuren Entschlafenen in
seinem Geist und seiner Gesinnung fortzusetzen, allzeit deö
Herrn Winks gewärtig.
Treu unö still
Vis hin zum Ziel!
Im Namen des Verlags
Wilh. Vcockhaus
R. Vrockhaus, Verlag, Wuppertal-Llberfelö
G. Vrieger:
Der Käme/
öer über jeöen Namen ist.
(Verlag R. Müller-Kersting, tzuttwil)
Ltett!
Kartoniert ............................................... RM. t.SO
2n Ganzleinen gebunden .............................RM. 2 20
Eine beachtenswerte Abhandlung, die in überzeugender Weise
mit einem bisher wenig beachteten, dabei aber sehr wichtigen
Gegenstand der göttlichen Wahrheit bekannt zu machen sucht.
Das Such ist allen denen gewidmet, die „Sein Wort bewahren
und Seinen Namen nicht verleugnen".
Bemerkt sei noch, daß ein Teil des Reinertrages für das Werk
in China bestimmt ist.
LHringend wird gebeten, Neubestellungen oder etwaige Kündigungen des
^/„Botschafter", der „Samenkörner" usw. für das Hahr lyzz Seim Verlag
oder bei den bisherigen Leforgern, wenn möglich, bi» zum i. Januar
bewirken zu wollen. Kalls bis zu diesem Zeitpunkt keine Veränderungen
angemeldet sind, wird angenommen, daß die bisherige Anzahl such weiter
gewünscht wird. V?er die Schriften nicht gut bezahlen kann, bestelle deshalb
nicht ab, sondern setze sich betreffs billigeren oder ganz unentgeltlichen Le-
zugs mit dem Schriftenbesorger seines Ortes oder dem Verlag selbst in
Verbindung. Sen Schriftenbesorgern sei an dieser Stelle herzlich gedankt für
ihr« oft mühevolle Arbeit! Sicher, der Herr wird such diesen Dienst belohnen.
Zn Amerika bestelle man bel
Anton v?eise Paterson rr. I.
Zn der Schwel, bei
R. Müller-Lersting HuttELt.serni
Siechtenstrsße
Gedruckt Sei Z. u. V. Lrockhau», L.-G-, Vuppertsl^Elderfelb
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Vie Aalender für das Zahr lyzz
sind erschienen:
Abreißkalender
„Ser Bote des Friedens"
mit täglichen biblischen Betrachtungen, Beispielen aus
dem Leben und Gedichten.
Preis..................................................... Mk. 095
Ver Block allein, in Buchform
in Kunstleder gebunden
Preis..................................................... Mk. 1.50
Zn 2 Teile gebunden
Preis..................................................... Mk. 1.75
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„Botschafter des Friedens"
m. Kalendarium, Erzählungen, zeitgemäßen Betrachtungen
usw., reich illustriert.
Preis..................................................... Mk. 0.50
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R-Müller^ersting HuttwiliLt.s-rni
Siechtenstraß«
Gedruckt Sei 8- u. V. Srockhau», L.-B., Wuppertal-Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Zperke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
November 1932
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphil. 4, 3-1
Achtzigster
Zahrgang
Inhalt S«It«
Entlasset mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe! 281
Ser Sohn des Menschen im Himmel .... 287
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorlnther IX..............................................29z
Ser Himmel ist offen.....................................301
„Allezeit bei dem Herrn l"........................... 304
Soch flehe! lGedichts.....................................308
Verlag und Schristleitung R. Brockhaus
Wuppertal-Elberfeld
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Betrachtungen über öas Wort Gottes
L. H. M.: Die fünf Bücher Mose
s Äände. In Halbleinen gebunden................... 9.-
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bis 4. Mose Halbleinen je RM 1.80,- 5. Mose. 2.50
1. bis 4. Mose Ganzleinen je RM 2.50- 5. Mose. 3.-
H.R.: Die Bücher Samuel bis Esther
3 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 9-
preise der einzelnen Bände:
Oie Lücher Samuel..................................... 3.—
Oie Äücher der Könige.................................. 3 80
Oie Äücher Esra, Rehemia und Esther............. 2.20
I. U. D.: Das Reue Testament
s Lande. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 20.-
preise der einzelnen Bände:
Matthäus und Markus.................................. 3.60
Lukas und Iohannes..................................... 4.-
Apostelgeschichte bis II. Korinther...................... 4.50
Galater bis Philemon.................................. 5.-
Hebräer bis Offenbarung............................... 4.50
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5 Lände in Halbfranz (Lederrücken und -ecken) mit
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R.B.: Gedanken über den Brief an die Römer
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Gedanken über den Brief an die Galater
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H.R.: Oer Prophet Hosea..................................... 1.10
Oer Prophet Maleachi......................................-.80
I.R.O.: Sprüche, Prediger, Lied der Lieder............ -.40
Oie Apostelgeschichte...................................... 1.10
Oer Ärief an die Römer............................... 1.10
Oie Äriefe an die Korinther............................. 1.35
Oie Äriefe an die Galater und Epheser .... 1.35
Oie Briete an die Philipper und Kolosser .... 1.25
Oie Äriefe an die Thessalonicher ................... 1.10
Oie Briefe an Timotheus, Titus und Philemon . 1.25
Oer Brief an die Hebräer............................ 1-
Oer Brief des Iakobus und die Äriefe des Petrus - .90
Oie Briefe des Johannes und der Ärief des Judas -.90
Oie Offenbarung......................................... 1.25
R. Vrockhaus, Verlag, Wuppertal-Elberfelü
I. G. Vellett: Die Welt vor öer Klut unö üie RM
Patriarchen
Inhalt: Oie Welt vor der Flut, Noah, Abraham,
Isaak, Iakob, Ioseph.
In Original-Ganzleinenband mit Goldprägung .... 3.60
Die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus
in Leiner Menschheit
In starkem Umschlag ........................................ 0.80
In Original-Ganzleinenband..............................135
Kritz von Hietzell: Der erfüllte Ausgang (Luk. 9/ Zi)
Betrachtungen über die Leidensgeschichte des Herrn.
In Original-Ganzleinenband mit Goldprägung .... 3.-
C. H. M.: Das Leben öes Glaubens
in Beispielen aus dem Leben Davids, des Königs
von Israel.
In starkem Umschlag ........................................ 1.60
In Ganzleinen gebunden ................................. 2.35
Das Lieb öer Lieüer
Betrachtungen über das Hohelied.
In starkem Umschlag ........................................ 1.35
In Ganzleinen gebunden ................................... 1.80
H. C. Voorhoeve: Die Meöerkunft unseres Herrn
Jesus Christus
und die damit in Verbindung stehenden Ereignisse.
In starkem Umschlag ..........................................1.35
In Ganzleinen gebunden ................................. 1.80
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Paterson N. I.
2ZZ North 7th Street
Zn der Schwel» Ss!
R. Mülle»Lerstina
HuttvotllLt.SernI
Kiechtenftra^e
Dezember 1932
Botschafter
des
Heils in Christo
„s« Herr ist nahe." sphll. q, 2-1
Achtzigster
Jahrgang
12
Inhalt s-it«
Lnechtesart................................................. 309
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorinther X..............................................317
„Meine Gnade genügt dtr"........................... 327
Eine gute Antwort........................................329
Kragen aus dem Leserkreise........................... 331
Ausblick s Gedicht)........................................332
Verlag und Schriftleitung R. Blockhaus
'Vuppertal-Elberfeld
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Laschenlieüerbuch mit Noten
/Kleine Sammlung geistlicher Lieber^
ist in neuer Auflage, auf gutem, nicht durchscheinendem
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Goldschnitt (Laxier)...............12.50
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3 Lände. Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 9-
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Lukas und Zohannes...................................... 4.-
Apostelgeschichte bis II. Korinther...................... 4.50
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Hebräer bis Offenbarung............................... 4.50
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Oie Briefe an die Galater und Epheser .... 1.35
Die Lriefe an die Philipper und Kolosser .... 1.25
Oie Lrieke an die Thessalonicher ................... 1.10
Oie Lriefe an Timotheus, Titus und Philemon . 1.25
Oer Brief an die Hebräer............................ 1 —
Oer Brief des Zakobus und die Briefe des Petrus - 90
Oie Lriefe des Zohannes und der Brief des Zudas - .90
Oie Offenbarung......................................... 1.25