Botschafter des Heils in Christo 1933

02/06/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger
Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1933Seite
Du aber bleibst"1
Unterredungen über den ersten Brief an die Korinther6
6. 46. 68. 97. 125. 148. 174.
Mose in der Herberge"15
Gedanken20
Das samaritische Weib21
Israel in der Wüste29
Fragen aus dem Leserkreise.55
Die Herrlichkeit Gottes57
Sein Weg (Gedicht).84
In dem Schatten Seiner Flügel85
Der Christ und die Astrologie105
Der Friede Gottes111
Dreierlei Einheit113
„Es ist der Herr!"120
Warnungsworte für die heutige Zeit:138
Weltlichkeit
Gebetsversammlungen167
Das Mahl des Herrn.194
Der eine Leib249
Demut279
Wie betest du? (Gedicht).140
Wenn ich erzählen wollte...".141
Gehe hin und tue desgleichen!".155
Drei seilnahmøvolle Fragen169
Alter Spruch178
Zucht und Einheit im Handeln179
Weshalb felern wie ben ersten Tag ber Woche?.188
Lob der Güte Gottes (Geicht),196
Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht197
Was die Schrift mir sagt.225
Die Armen im Geiste"236
Ihr aber seid Christi Leib, und Glieber insonderheit251
Gott allein die Ehre (Gedicht)252
„Die Elenben der Herde"253
Prophetin, Führerin und aussätzig260
Die Königin von Scheba266
Vom Rechnen272
Wie kann ich am besten meinem Herrn dienen?.276
Die Taufe der Busse281
Das kananäische Weib292
Was haben sie in deinem Hause gesehen?".297
Wie Gott unterweist309
Lieben wir Sein Wort?.321
Die zwei Stäbe326
Er gab Seinen Sohn331
Gnade allein (Gedicht).331

Botschafter
des
Heils in Christo
„Der Herr ist nahe." (Phil. 4, 5.)
Einundachtzigster Jahrgang
Verlag von R. Brockhaus
Wuppertal-Elberfeld
1 9 33
Gedruckt bei K. u. V. Lrockhsus, S.» B-, Wuppertal» Elberfeld
Inhaltsverzeichnis
Seite
„Du aber bleibst".................................... 4
Unterredungen über den ersten Brief an die Korinther
. . 6. 46^ 68. Y7. 425. 448. 474. 24Z
Mose in der „Herberge" ....... 45
Gedanken ................................................ 20. 53
Das samaritische Weib
24. 37. 75. 89. 432. 459. 483. 249. 244
Israel in der Wüste .......... 29
Fragen aus dem Leserkreise.............................. 55. 442
Die Herrlichkeit Gottes ........ 57
Sein Weg (Gedicht) .......... 84
In dem Schatten Seiner Flügel ...... 85
Der Christ und die Astrologie ....... 405
Der Friede Gottes .......... 444
Dreierlei Einheit ........................................................443
„Es ist der Herr!"............................................................420
Warnungsworte für die heutige Zeit:
Weltlichkeit ............................................................438
Gebetöversammlungen..........................................467
Das Mahl des Herrn . .......................................... 494
Der eine Leib ......... 249
Demut ........... 279
Wie betest du? (Gedicht) ........ 440
„Wenn ich erzählen wollte..."......................................... 444
„Gehe hin und tue desgleichen!" ...... 455
Seit,
Drei teilnahmsvolle Fragen............................ 1.69. 206
Alter Spruch ........... 178
Zucht und Einheit im Handeln . . . . . . 179
Weshalb feiern wir den ersten Tag der Woche? . . 188
Lob der Güte Gottes (Gedicht) ....... 196
„Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht" . . . 197
Was die Schrift mir sagt .......................................... 225
Die „Armen im Geiste" ........ 2Z6
„Ihr aber seid Christi Leib, und Glieder insonderheit"
..............................................................................251
Gott allein die Ehre (Gedicht) ....... 252
„Die Elenden der Herde" ........ 253
Prophetin, Führerin und — aussätzig .... 260
Die Königin von Scheba .... 266. 303. 316
Vom Rechnen ..................................................................272
Wie kann ich am besten meinem Herrn dienen? . . 276
Die Taufe der Buße ......... 281
Das kananäische Weib ......................................................292
„Was haben sie in deinem Hause gesehen?" . . . 297
Wie Gott unterweist . ......................................................309
Lieben wir Sein Wort?..................................................... 321
Die zwei Stäbe..................................................... . 326
Er gab Seinen Sohn ......................................................331
Gnade allein (Gedicht) ......................................................332
„Su aber bleibst"
lpsalm io2j
Wenn „der Prediger" das Ergebnis seiner Prüfung
von allem, was „unter der Sonne" ist, kundgibt, so beginnt
er mit den Worten: „Eitelkeit der Eitelkeiten!....
Eitelkeit der Eitelkeiten! alles ist Eitelkeit.... Ein Geschlecht
geht, und ein Geschlecht kommt." Und dabei betrachtet
er die Dinge auf Erden noch nicht einmal gemäß
der göttlichen Offenbarung, sondern sieht sie, wie sie sich
den Sinnen des Menschen darbieten. „Die Erde besteht
ewiglich", so urteilt er. Das prophetische Wort dagegen
enthüllt uns, daß „die Erde und die Werke auf ihr verbrannt
werden". (2. Petr. Z, 10.) Auch der Psalm, dem
die Überschrift dieser Zeilen entnommen ist, kündigt an,
daß Himmel und Erde „untergehen" werden. Wahrlich,
eine niederschmetternde Offenbarung für den Menschen!
Angesichts dieser ernsten Wahrheit ist es für den
Gläubigen, der sich auf einem Schauplatz befindet, wo
alles dem Wechsel und der Vergänglichkeit unterworfen
ist, ein starker Trost, jemand zu kennen, ja, mit ihm aufs
innigste verbunden zu fein, der da „bleibt", und der
auch „derselbe bleibt", „bei welchem keine Veränderung
ist noch eines Wechsels Schatten". Unbedingte
Sicherheit gibt ihm da die Gewißheit, auf dem
unerschütterlichen Felsen des Wortes zu stehen, das „in
Ewigkeit feststeht in den Himmeln" (Ps. bk 9, 89), und
das nicht vergehen wird, selbst dann nicht, wenn der
Himmel und die Erde vergehen. (Vergl. Luk. 21, 3Z.)
UXXXI 1
2
Alles hier auf Erden ist vergänglich, alles verändert
sich. Selbst das Beste und Wertvollste entgleitet unseren
Händen und entschwindet unseren Blicken. Welch tiefe Seelenübungen
ruft diese an und für sich trostlose Tatsache
hervor, wie viele bittere Enttäuschungen, wie viel Kummer
und Weh hat sie im Gefolge! Vergebens schaut das Herz
hier unten nach etwas Bleibendem aus. Das, was unerschütterlich
ist, muß es anderswo suchen.
Es hat kaum eine Zeit gegeben, wo die Unbeständigkeit
und Unsicherheit alles Irdischen so deutlich in Erscheinung
getreten wäre, wie die beiden Jahrzehnte, die jetzt
fast vollendet hinter uns liegen. Das Wort des Apostels
im ersten Korintherbrief von „der Ungewißheit des Reichtums"
hat sich bewahrheitet wie wohl nie. Mancher, der
noch vor nicht langer Zeit glaubte, auf Grund seiner Vermögenslage
unbesorgt in die Zukunft blicken zu können,
steht heute vor einem Nichts. Geschäfte, die nach menschlichem
Urteil aufs sicherste gegründet schienen, sind zerrüttet.
Angestellte und Arbeiter, die dachten, ihre Stellung
böte jede Aussicht auf ein sicheres, wenn auch bescheidenes
Auskommen, sind stellen- und brotlos geworden. Wird es
jemals wieder anders werden? so fragen sorgenvoll die
Menschen. Der politische wie der wirtschaftliche Himmel
hängt voll schwarzer Wolken, und noch will kaum ein
Lichtstrahl durch das Dunkel dringen. In solch finsterer
Zeit hat allein der Glaube einen festen Ruhepunkt. Er
kann sagen: „Du aber bleibst", und: „Du aber
bleibst derselbe".
Wie alles um uns her vergänglich ist, so sind auch wir
es. „Was ist euer Leben?" fragt Jakobus. „Ein Dampf
ist es ja, der eine kleine Zeit sichtbar ist und dann ver
z
schwindet." (Kap. 4, 44.) Wie es in der Natur Frühling,
Sommer, Herbst und Winter gibt, so gibt es auch im
Menschenleben ein Kommen, ein Wachsen und Blühen,
ein Fruchttragen, und dann ein Vergehen. Mancher fühlt
sich in voller Lebenskraft, und dennoch — ein Schritt ist
zwischen ihm und dem Tode. „Handbreiten gleich hast Du
meine Tage gemacht", sagt der Psalmist. (Ps. Zy, 5.) Andere
fühlen das allmähliche Schwinden ihrer Kräfte.
Langsam, aber sicher geht's bergab. Und wieder andere
merken deutlich, daß ihr Lebensfaden bald abgeschnitten
wird. Alles bekundet, daß „wir hier keine bleibende Stadt
haben". Auch das verflossene Jahr hat uns diese Tatsache
oft genug vor Augen geführt. Wir beklagen den Verlust
teurer Angehöriger. Liebe Freunde hat der Tod von unserer
Seite genommen. Treue, geschätzte Diener des Herrn
haben den Schauplatz ihres gesegneten Wirkens verlassen,
und ihr Fehlen wird schmerzlich empfunden. Alles dies ist
dazu geeignet, unsere Herzen mit Schmerz, Sorgen und
Befürchtungen zu erfüllen. Wie beruhigend klingt da das
Wort: „Du aber bleibst"! Ja, Jesus, Gottes Sohn, un­
ser Herr und Heiland, bleibt!
Es ist auffallend, daß das Wort: „Du aber bleibst",
in einem Psalm vorkommt, der die Überschrift trägt: „Gebet
eines Elenden, wenn er verschmachtet und seine Klage
vor Jehova ausschüttet". Wer ist der Elende? Ach, niemand
anders als der leidende Messias schüttet in Seiner
Betrübnis und Verwerfung in diesem Psalm Sein Herz
vor Seinem Gott aus. Verweilen wir einen Augenblick
bei dem ergreifenden Gebet!
Zuerst tritt der Herr hier vor uns als der vollkommene
Mensch, der als Messias Seinen Platz inmitten Sei
4
nes irdischen Volkes eingenommen hat. Er wird „von
Gott emporgehoben" — war es nicht etwas Großes,
der Messias, das Haupt Seines Volkes, zu sein? —
muß dann aber wieder von Ihm „hingeworfen" werden
(V. 40), um des Zornes und Grimmes willen, die über
das Volk kommen sollten. Er, der Messias, mußte verworfen
und, wie Daniel prophezeit, „hinweggetan werden und
nichts haben". Seinem persönlichen Gefühl der Verwerfung,
in Verbindung mit dem Überrest, wird in dem Psalm
herzerschütternd Ausdruck gegeben. Nachdem dann von der
Wiederherstellung Zions gesprochen worden ist, hören wir
im 23. und 24. Verse den Messias noch einmal klagend
rufen: „Er hat meine Kraft gebeugt auf dem Wege, hat
verkürzt meine Tage. Ich sprach: Mein Gott, nimm
mich nicht hinweg in der Hälfte meiner Tage!" Wie drückt
sich in diesen Worten tiefste Erniedrigung und größte
menschliche Schwachheit aus! Aber unmittelbar erfolgt
Gottes herrliche Antwort. Er erinnert Ihn, der eben noch
flehte: „Nimm mich nicht hinweg!" daran, daß Er der
Schöpfer selbst sei, der Himmel und Erde erschaffen habe,
und der bleiben würde, wenn diese untergingen, denn
Seine Jahre würden nicht vergehen. (Vergl.
V. 25 bis 27 mit Hebr. 4, 44. 42.)
Hier haben wir es mit Gegensätzen zu tun, wie sie
größer und wunderbarer kaum gedacht werden können.
Sie stehen in Verbindung mit dem Geheimnis Seiner gesegneten
Person: vollkommener Mensch und zugleich Gottes
Sohn, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Auf der einen Seite
tiefste Erniedrigung, auf der anderen unerforschliche Größe.
Er, der Erniedrigte, Verworfene, ist nichtsdestoweniger
der Schöpfer und Erhalter aller Dinge, der Jehova des
5
Alten Testaments. Mit dieser Seiner herrlichen Größe
wie anderseits Seiner tiefen Erniedrigung ist die zukünftige
Wiederherstellung Israels unter seinem Messias aufs
engste verknüpft. Aber mehr als das. Von diesen beiden
Stücken hängt auch für den Gläubigen der Jetztzeit alles
ab, sowohl seine ewige Sicherheit als auch seine gegenwärtige
Kraft und Freude. Bedeutet es für die Seele nicht
tiefe Befriedigung, jemand vertrauen zu dürfen, der alles
erschaffen hat und erhält, und dem daher alles zu Gebote
steht, der sich aber zugleich völlig einsgemacht hat mit
den Leiden und Kümmernissen Seines Volkes?
Unser Psalm bezeugt aber nicht nur, daß Jesus, der
Sohn Gottes, ewig ist: „Du aber bleibst", sondern auch,
daß Er unveränderlich ist: „Du aber bist derselbe". Er
ist keinem Wechsel unterworfen. So wie Er gestern war,
so ist Er heute, und so bleibt Er in Ewigkeit. Wie Er einst
während Seines Wandelns auf Erden mitfühlte und teilnahm
an allem, was Sein Volk betraf, so nimmt Er auch
heute droben, als unser „großer Hohepriester", den innigsten
Anteil an allem, was jedem einzelnen der Deinigen
begegnen mag. Er tut es als Einer, der hier sowohl die
Widerwärtigkeiten und Enttäuschungen des Weges, als
auch die Feindschaft, den Hohn und die Verachtung der
Menschen aus eigener Erfahrung kennengelernt hat. Und
Er „bleibt Priester aufimmerda r", indem „Er ein
unveränderliches Priestertum hat". Ein solcher aber „vermag
uns völlig zu erretten", d. h. uns sicher durch diese
Zeit zu bringen, bis wir das Ziel unserer Wüstenreise erreicht
haben.
Mit Ihm, „der bleibt", und welcher „derselbe"
bleibt, sind wir unauflöslich verbunden. Mag dann auch
6
auf Erden alles dem Wechsel unterworfen sein, mag alles
schwinden, mögen selbst die Grundfesten wanken — wir
stehen auf einem Felsen, der unerschütterlich ist. Mögen
selbst Himmel und Erde vergehen — es ist und bleibt unsere
felsenfeste Gewißheit und unser süßer Trost, daß Der,
welcher jene dann wie ein Gewand zusammenwickeln wird,
unser Erlöser und unser bester Freund ist. Auch von
uns bleibt wahr, was Er von Seinem irdischen Volke
sagt: „Die Berge mögen weichen und die Hügel wanken,
aber meine Güte wird nicht von dir weichen". (Jes. 54.
40.) Wahrlich, da können wir getrost und vertrauensvoll
den Weg auch in das Neue Jahr antreten. Mag da kommen,
was will, die Schwierigkeiten werden nie größer werden,
als Der ist, den wir als den Unwandelbaren und Allmächtigen
kennen.
Laßt uns denn, da wir auf dem Wege sind, ein unerschütterliches
Reich zu empfangen, Gott wohlgefällig zu
dienen suchen in Frömmigkeit und Furcht. Die Gnade allein
kann uns dazu fähig machen. Aber diese Gnade ist
stets für uns da.
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorinther
XI.
Kapitel4S,44bis44,4 6.
Der Schluß von Kapitel 40 sowie die nachfolgenden
Kapitel beschäftigen uns mit einem neuen Gegenstand,
nämlich der Ordnung und den Einrichtungen der Versammlung
als Leib Christi. In bezug auf den „Leib" sowohl
als auch auf das „Haus" unterscheidet sich der erste
7
Brief an die Korinther wesentlich von dem an die Epheser.
Der Epheserbrief zeigt uns die Versammlung, wie sie
„wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn". Er redet
von ihr als einer „Behausung Gottes im Geiste", zeigt
sie uns aber auch als den mit seinem verherrlichten Haupt
im Himmel verbundenen Leib. Die Versammlung ist hier
der Leib Christi gemäß den ewigen Ratschlüssen Gottes.
Schließlich spricht der Epheserbrief noch von der Versammlung
als dem Weibe Christi, das mit Ihm eine Einheit
bildet, indem „die zwei ein Fleisch sind", obschon dieses
Weib Ihm unterworfen ist. Es ist das Weib, so wie Christus
die Versammlung sieht, aber Er „reinigt" sie hienie-
den, auf daß Er sie sich selbst heilig und tadellos in der
Herrlichkeit darstelle.
Demgegenüber betrachtet der erste Korintherbrief, wie
wir gesehen haben, die Versammlung als ein durch den
Menschen errichtetes Haus. Hier ist der Mensch verantwortlich
für die beim Bauen verwendeten Stoffe und auch
für die Ordnung, die in diesem Hause herrschen soll. Und
wenn es sich um die Versammlung als Leib Christi handelt,
so stellt uns der erste Brief an die Korinther ebenfalls
etwas ganz anderes vor Augen als der Epheserbrief.
Ebenso wie das Haus wird hier der Leib vom Gesichtspunkt
der Verantwortlichkeit des Menschen aus betrachtet.
Die Art und Weise der Betätigung wird beschrieben,
die erforderlich ist, um Christum hienieden darzustellen.
Dieser Gedanke wird durch all die Kapitel, die wir noch
zu betrachten haben, bis zum Schluß von Kapitel 44 sort-
geführt. Es ist Aufgabe der Versammlung, die dem Leibe
Christi obliegenden Verrichtungen, sowie seine Einheit zur
Darstellung zu bringen. Von welch großer praktischer
8
Wichtigkeit dieser Gesichtspunkt ist, geht schon daraus hervor,
daß wir, und wären wir auch nur zu zwei oder drei,
gehalten sind, die Einheit des Leibes Christi in dieser Welt
und die dieser Einheit geziemende Ordnung sichtbar darzustellen.
Aus diesem Grunde ist der dem Tisch desHerrn
in den Versen 44—22 des vorliegenden Kapitels angewiesene
Platz sehr bemerkenswert. Zunächst und als
Hauptpunkt gilt festzustellen, daß es in dieser Welt eine
Darstellung der Einheit des Leibes gibt. Diese Einheit
besteht. Es ist nicht unsere Sache, sie zu machen. Da
ist, wie im Epheserbrief gesagt wird, ein Leib und ein
Geist. Das hat Gott getan. Und nun ist es an uns, die
wir hienieden sind, diese Einheit vor der Welt darzustellen.
Tatsächlich gibt es nur einen einzigen Platz, wo dies geschehen
kann: der Tisch des Herrn. Das „eine
Brot", das wir auf diesem Tische haben, und an dem
wir alle teilnehmen, ist das sichtbare Zeichen, daß wir
alle e i n Leib sind. Ob die Welt es sehen will oder nicht,
ändert nichts an dieser Tatsache. Ich wiederhole: Da ist
ein Zeugnis, das einzige, das von dieser Einheit abgelegt
werden kann, ein Zeugnis, von Gott aufgerichtet. Und
gerade dieser Umstand macht das Mahl des Herrn (in
diesem seinem Teil, denn wir reden hier noch nicht vom
Mahl deö Herrn als Gedächtnis mahl) so überaus
bedeutungsvoll für uns. Laßt es uns nie vergessen! Versammeln
wir uns nicht um den Tisch des Herrn, um an
diesem einen Brote teilzunehmen, so verraten wir damit
eine sträfliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Zeugnis
der unserer Verantwortlichkeit anvertrauten Darstel­
lung der Einheit.
y
Doch erinnern uns diese Verse auch daran, daß wir
uns noch über eine andere Tatsache Rechenschaft geben
sollten, und zwar darüber, daß man auch um den Tisch
des Herrn versammelt sein kann, ohne die Einheit des
Leibes darzustellen. Dies scheint mir ein wichtiger Punkt
zu sein, der sehr ernst zu unseren Gewissen redet. Kann
eine Versammlung von sich sagen, daß sie die Einheit am
Tische des Herrn darstelle, wenn sie, wie in Korinth, innerlich
gespalten und in schlechtem geistlichen Zustand ist,
voller Eifersüchteleien und Streitigkeiten, und ohne praktische
Einigkeit? Gewiß nicht! „Ich rede als zu Verständigen",
sagt der Apostel, „beurteilet ihr, was ich sage!"
(V. KS.) Wenn auch der Tisch des Herrn der Ausdruck
der Einheit des Leibes Christi ist, so haben wir dennoch
nicht das Recht, zu behaupten, daß wir diesen Tisch haben
und also die Einheit des Leibes darstellen, wenn wir im
praktischen Leben uneins sind. Denn beachten wir es wohl:
Dieser ganze Brief handelt nicht, wie der Epheserbrief,
von dem, was Gottes Ratschlüsse enthalten, sondern von
unserer Verantwortlichkeit und von der praktischen Dar­
stellung dessen, was Gott aufgerichtet hat. Wir können
also durch unsere Schuld das unermeßliche Vorrecht verlieren,
die Grundwahrheit zu verkündigen, daß es in dieser
Welt einen Leib Christi gibt, von dem alle Christen,
eins miteinander, Glieder sind. Gott sei Dank, dieser eine
Leib bleibt inSeinenAugen bestehen. Wenn wir aber
untreu sind, wird er durch uns vor den Augen der Welt
nicht mehr zur Darstellung kommen. Welch ein Verlust
für den Herrn und für Sein Zeugnis!
In Vers "lö fährt der Apostel fort: „Der Kelch der
Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft
10
des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist
eö nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus?" Zu
dem Ausdruck „Gemeinschaft" möchte ich bemerken, daß
sie einen zwiefachen Charakter hat. Aus dem 1. Brief des
Johannes, Kapitel 1, ersehen wir, daß, dank dem Umstand,
daß wir das ewige Leben besitzen, „unsere Gemeinschaft
mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus
ist". Dort wird uns die Gemeinschaft als ein Genuß
und ein gemeinsames Teil mitdemVater und dem
Sohne dargestellt. Wir genießen den Sohn, wie Ihn
der Vater genießt, und den Vater, wie Ihn der Sohn genießt,
und wir können an allem Teil haben, was Ihr Teil
ist. In unserem Kapitel ist dagegen die Gemeinschaft das
gemeinsame Teilnehmen der Gläubigen
an allen Segnungen, die uns durch das
BlutChristi gebracht worden sind. Das geht
nicht so weit wie das Teil, das wir bei Johannes finden,
aber es ist dennoch eine unermeßlich große Segnung. An
dieser Stelle wird zuerst der Kelch und dann das Brot
genannt. Weshalb, ist nicht schwer zu verstehen. Es ist das
Blut Christi, dem wir alle diese Segnungen verdanken.
Durch Sein Blut sind wir erkauft, gerechtfertigt, geheiligt,
haben wir Frieden erlangt, treten wir ins Heiligtum
ein, sind wir zu Gott gebracht und befähigt worden, vor
Gott zu stehen, ohne ein Gewissen von Sünde zu haben.
Mit einem Wort, das Blut Christi ist stets Quelle und
Ausgangspunkt all unserer Vorrechte. Der Kelch ist ein
Kelch der Segnung. Wir haben Gemeinschaft mit diesem
Blut, d. h. wir genießen, und zwar gemeinsam, alles,
was uns dieses Blut bringt. Sollten wir da diesen
Kelch nicht segnen? „Das Brot, das wir brechen, ist die
11
Gemeinschaft des Leibes des Christus." Gemeinsam genießen
wir die Teilhaberschaft an diesem Leibe und machen
uns eins mit ihm. Wenn das eine Brot auf den Tisch
gelegt wird und wir brechen es, so bringen wir damit gemeinsam
zur Darstellung, daß wir alle zusammen zu diesem
einen Leibe gehören: wir stellen die Einheit dar. In
Kapitel 11 bedeuten Blut und Leib (das Blut vom Leibe
getrennt) den Tod. Durch die Teilnahme am Abendmahl
verkündigen wir Seinen Tod, feiern wir das Gedächtnis
Seiner selbst und Seiner Leiden.
Auf das nun Folgende möchte ich im einzelnen nicht
näher eingehen. Der Apostel stellt den Tisch des Herrn
dem jüdischen Altar gegenüber und nennt als Gegensatz
dazu den Tisch der Dämonen. Er zeigt, daß, wenn auch
das Götzenbild an sich nichts ist, sich hinter ihm die Dämonen
verbergen — eine ernste Sache —, und er will
nicht, daß die Christen am Tisch der Dämonen sitzen. Der
Heide hat Gemeinschaft mit den Dämonen. Der Jude, der
an den Opfern teilnimmt, hat Gemeinschaft mit dem Altar;
und der Christ, der am Tische des Herrn teilnimmt,
hat Gemeinschaft mit Christo.
Wie steht es mit uns? Wünschen wir die Einheit des
Leibes darzustellen, oder machen wir es wie die Welt, indem
wir gehen, wohin es uns gut dünkt? Laßt uns verständig
sein und den Herrn nicht zur Eifersucht reizen!
Die Verse 23—33 enthalten die Mahnung, daß nicht
jeder sein eigenes Interesse, sondern das des anderen suche
— die ganz natürliche Folge der Tatsache, daß wir
ein Brot, ein Leib sind. Der Apostel schließt mit den
Worten: „Ob ihr nun esset oder trinket oder irgend etwas
12
tut, tut alles zur Ehre Gottes". (V. 31.) Bei dieser Stelle
möchte ich einen Augenblick verweilen. Ein Christ mit zartem
und ängstlichem Gewissen fragt sich oft: Ist es recht
oder unrecht, dies oder jenes zu tun? Das könnte ich ihm
auch nicht sagen. Aber im Worte Gottes findet ein
solcher eine vollkommene Richtschnur, die für alle Umstände
seines Lebens paßt, mag es sich handeln um Essen
und Trinken, um Ruhen oder Tätigsein, um Haus oder
Reise, um Einladungen oder Teilnahme an Festen oder
um irgendwelche Beziehungen zu der Welt, mit einem
Wort, um alles; und diese Richtschnur heißt: die Ehre
Gottes. Wie aber kann ich alle diese Dinge zur Ehre
Gottes tun? Indem ich ein Nachahmer des Herrn bin, der
nur diese Richtschnur hatte. „Seid meine Nachahmer",
ruft Paulus, „gleichwie auch ich Christi!" (Kap. 11, 1.)
Dann ist alles einfach. Wenn ich mich dieser Richtschnur
bediene, so weist sie mir ohne Zögern, ohne Gewissensunruhe
den rechten Pfad. Sie wird den ganzen Wandel des
Christen in dieser Welt regeln. Es steht auch geschrieben:
„Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen, als dem
Herrn und nicht den Menschen". (Kol. 3, 23.) Recht
oder nicht recht tun heißt also: Tue ich es für Ihn? Bin
ich z. B. im Zweifel, ob ich dieses oder jenes Haus aufsuchen,
ob ich diesen oder jenen Besuch machen soll, so
brauche ich mich nur zu fragen: Tue ich es für Christum?
Kann ich einen Besuch nur dann machen, wenn ich den
Herrn gleichsam draußen lassen muß, sollte ich mich dann
dazu verstehen? Würde ich in diesem Fall nicht besser darauf
verzichten? Nein, ich kann meinen Herrn nicht vor
der Türe lassen, wie man seinen Mantel im Vorraum
läßt. Christus verdient einen anderen Platz. Hat Er die
— zz —
sen Platz in meinem Herzen, dann muß ich Ihn mitnehmen.
Auf diese Weise werden unsere einfachsten Beziehungen
ohne Schwierigkeit vollkommen geregelt. Möge Gott
uns schenken. Seinen Gedanken in dieser Hinsicht zu entsprechen!
Wenn dem so ist, wird in unserem Leben alles
gut gehen, und Gott wird verherrlicht werden.
In seinen weiteren Ausführungen (Kap. rr, 2—tb)
berührt der Apostel eine Sache, die auf den ersten Blick
als eine untergeordnete Frage erscheint, und zu der, wie
ich annehmen möchte, wohl die Korinther Veranlassung
gegeben hatten. Soll ein Weib mit bedecktem oder unbedecktem
Haupt zu Gott beten? Es ist eine Frage zweiten
Ranges, der aber Gott große Bedeutung beimißt. Ohne
Zweifel war es nötig, daß die Korinther darüber Bescheid
wußten, denn der Apostel schreibt: „Ich will aber, daß
ihr wisset". Ich habe mich oft gefragt, warum der Apostel
diese Frage in Verbindung mit solch wichtigen Wahrheiten
behandelt hat. Und ich habe mir die Antwort gegeben,
daß in den Augen Gottes nichts ohne Bedeutung ist, wenn
es sich um die Verherrlichung Christi handelt. Ob ein
Weib mit bedecktem oder unbedecktem Haupt betet, ist Gott
nicht gleichgültig. Diese Sache berührt nämlich, im Vorbild,
die Beziehungen Christi zu Seiner Versammlung,
des „Mannes" zum „Weibe". Wir finden hier, unter einem
anderen Charakter, das Verhältnis wieder, von dem
Eph. Z, kV mit den Worten redet: „auf daß jetzt den
Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Ortern
durch die Versammlung kundgetan werde die gar
mannigfaltige Weisheit Gottes". Hier lesen wir: „Darum
soll das Weib eine Macht auf dem Haupte haben, u m
14
der Engel willen". (V. 10.) Nach diesem Wort
schauen die Engel, wenn ihre Augen auf dem ihrem Mann
unterworfenen Weibe ruhen, darin die mannigfaltige
Weisheit Gottes und werden mit ihr bekannt. Gott wollte
ihnen in der Erscheinung des Weibes, das ihr Haupt bedeckt
hat, ein Beispiel geben von der Unterwürfigkeit des
„Weibes" unter ihren „Mann", der Kirche unter Christum.
Das ist ohne Zweifel der Grund, weshalb wir hier
vor diese Frage gestellt werden, obschon es sich in dem
besonderen Fall einfach um etwas handelte, was das Verhalten
der Frauen in den Versammlungen betrifft.
Der Apostel gibt drei Gründe an, weshalb das
Weib, „das betet oder weissagt", sich bedecken soll. Den
ersten findet er in der Schöpfung: „Denn der Mann
ist nicht vom Weibe, sondern das Weib vom Manne; denn
der Mann wurde auch nicht um des Weibes willen geschaffen,
sondern das Weib um des Mannes willen" (V.
8. y); den zweiten in der Natur: „Oder lehrt euch nicht
auch selbst die Natur, daß, wenn ein Mann langes Haar
hat, es eine Unehre für ihn ist? usw." (N. 14. 15.) Die
Natur wird zum Zeugen dafür angerufen, daß das Weib
ein Zeichen seiner Unterwürfigkeit unter den Mann auf
dem Haupt haben soll. Das paßt freilich wenig zu den
frauenrechtlerischen Anschauungen von heute. *) Man wird
stets Frauen finden, die bereit sind, hierüber zu streiten,
denn es gefällt ihnen immer weniger, einen Platz der Abhängigkeit
einnehmen zu sollen. Um solchen den Mund
zu schließen, nennt der Apostel einen dritten Grund, die
*) Wie würde sich der längst entschlafene Verfasser wohl
ausdrücken angesichts der heutigen kurzen Lsaartracht vieler Frauen
und Mädchen! (Anmerkung des Übersetzers.)
— IS —
Schicklichkeit: „Wenn es aber jemand gut dünkt,
streitsüchtig zu sein, so haben wir solche Gewohnheit nicht,
noch die Versammlungen Gottes". (V. 16.) Eine gewisse
Ordnung und Wohlanständigkeit, gemäß dem, was sich
schickt, sollten in den Versammlungen Gottes beobachtet
werden. Es handelt sich also hier nicht nur um den Platz,
der dem Weib in der Schöpfung und nach der Natur
zukommt, sondern auch um die Ordnung in der Kirche,
um das, was der Versammlung Christo gegenüber geziemt.
Im 11. Verse fügt der Apostel noch hinzu: „Dennoch
ist weder das Weib ohne den Mann, noch der Mann
ohne das Weib im Herrn". Damit führt er die gegenseitige
Stellung von Mann und Weib auf den gemeinsamen
Boden zurück: im Herrn steht das Weib auf
dem gleichen Boden wie der Mann, so daß dieser nicht
daran denken darf, seine Gefährtin zu unterjochen. Sie
ist seine Gehilfin. Er ist ihre Stütze. Aber im Herrn sind
sie eins.
So gibt es also eine Ordnung, die in den Beziehungen
zwischen Ehegatten zu beobachten ist, damit Der, welcher
aller Herr ist, in der Versammlung verherrlicht werde.
Mose in der „Herberge"
l2. 2Nose q, 24 - 26.1
Das Tun Gottes mit Mose in der Herberge mag auf
den ersten Blick recht unverständlich erscheinen, und das
umsomehr, weil Mose im Begriff stand, dem Befehl
Jehovas gemäß das Volk Israel aus der Knechtschaft
des Pharao zu befreien.
— 16 —
Die Schrift schildert uns eingehend, wie schwer es
Mose gewesen war, sich Gottes Willen zu fügen. Wiederholt
hatte er sich geweigert, zu dem Pharao zu gehen, um
ihm im Namen JehovaS zu sagen: „Laß mein Volk ziehen!"
Ein über das andere Mal hatte er Gott zu beweisen
gesucht, daß er nicht der Mann sei, der als Retter Israels
in Frage komme. „Wer bin ich", hatte sein erster
Einwand gelautet, „daß ich zu dem Pharao gehen, und
daß ich die Kinder Israel aus Ägypten herauöführen sollte?"
„Siehe, sie werden mir nicht glauben", sein zweiter.
Die Worte, mit denen sie ihn damals — vierzig Jahre
waren seitdem verflossen — abgewiesen hatten, (lies
Kap. 2, 14) klangen ihm noch so in den Ohren, daß er
nicht den Mut fand, sich dem Volk zum zweiten Mal als
Retter vorzustellen. Und als Gott ihm dann Zeichen an
die Hand gegeben hatte zum Beweise, daß E r ihn sandte,
hatte er sich auf seine mangelnde Redegabe berufen: „Ach,
Herr! ich bin kein Mann der Rede, weder seit gestern noch
seit vorgestern, noch seitdem du zu deinem Knechte redest;
denn ich bin schwer von Mund und schwer von Junge".
(Kap. 4, 10.) Schließlich, als Gott auch diesem Einwand
begegnete, hatte er sogar gewagt, Jehova eine ganz allgemeine
Absage zu erteilen: „Ach, Herr! sende doch, durch
wen du senden willst!" (V. 13.) Erst nachdem der Zorn
Jehovas wider ihn entbrannt war, hatte er sich bereit erklärt,
Seinen Befehl auszuführen.
Und nun hatte Mose die Reise nach Ägypten angetreten,
indem er einzig und allein dem bestimmten Gebot
Gottes nachgab, und siehe, da geschah es „auf dem Wege",
daß „Jehova ihn anfiel und ihn zu töten suchte".
Wie ist das zu erklären?
— 17 —
Nun, die folgenden Verse beweisen, daß Mose sich
in seinem Hause eine ernste Unterlassung hatte zuschulden
kommen lassen. Er hatte, vielleicht aus Schwachheit Jip-
pora gegenüber, die ihrem Sohn das „Messer" ersparen
wollte, versäumt, seinen Sohn zu beschneiden. Bevor aber
Gott durch Mose Ägypten wegen seiner Sünden richten
konnte, mußte erst die Sünde aus der eigenen Familie
des Retters hinweggetan sein. Gott ist „zu rein von Augen,
um Böses zu sehen". (Hab. 1, 13.) Er richtet die
Sünde, wo Er sie findet, und zwar zuerst bei denen, die
Ihm am nächsten stehen. Später, nach dem Gericht Gottes
an den beiden Söhnen Aarons, muß Mose selbst zu seinem
Bruder sagen: „In denen, die mir nahen, will ich geheiligt
werden". (Z. Mose 10, 3.) Und daß dieser ernste
Grundsatz sich durch die ganze Schrift, Altes und Neues
Testament, hindurchzieht, beweisen klar die Worte des
Apostels Petrus in seinem ersten Brief: „Die Zeit ist gekommen,
daß das Gericht anfange bei dem Hause Gottes".
(Kap. 4, 17.) Von dieser allgemein gültigen Regel
macht auch ein Mose keine Ausnahme, denn bei Gott gilt
kein Ansehen der Person.
„Jehova fiel ihn an und suchte ihn zu töten."
Was nun? Ist da noch Rettung möglich?
Der Tod mit all seinen Schrecken hatte sich offenbar
derart auf Mose gelegt, daß er selber in diesem Augenblick
nicht imstande war, das Versäumte nachzuholen. Da
aber tritt Jippora auf den Schauplatz, sein Weib, das, wie
oben angedeutet, ihm bis dahin in seinem Hause in göttlichen
Dingen mehr ein Hindernis als eine Hilfe gewesen
sein mochte. Gott stellte sie vor eine ernste Wahl. Sie hatte
es in der Hand, das Gericht, welches über ihrer Familie
— 18 —
schwebte, abzuwenden, indem sie das Versäumte nachholte,
oder es kommen zu lassen, indem sie auch weiterhin
das dem Abraham und seinem Samen gegebene Gebot
Gottes (1. Mose 17, 10) unbeachtet ließ. Zippora wählte
das erste. Es war ein schmerzlicher Weg für sie und ihren
Sohn. Aber sie gehorchte. (V. 25.) Daraufhin zog Gott
das Schwert des Gerichts von ihrem Hause zurück. „Da
ließ Er von ihm ab."
Zn der Beschneidung wurde das Todesurteil über
das Fleisch ausgesprochen. Zn Gottes Diensten gibt es
für das Fleisch keine Verwendungsmöglichkeit. Gott wird
sich im Kampf mit Satan, dem großen Widersacher, und
seinen Mächten niemals des Fleisches bedienen oder es irgendwie
anerkennen. Was uns in der Beschneidung im
Bilde gezeigt wird, das besitzt heute der Gläubige in Wirklichkeit
in Christo. So schreibt der Apostel an die Kolosser:
„Zn welchem (Christo) ihr auch beschnitten worden seid
mit einer nicht mit Händen geschehenen Beschneidung, i n
dem Ausziehen des Leibes des Fleisches,
in der Beschneidung des Christ» ö". (Kap. 2,
11.) An dieser Beschneidung haben alle teil, die in Wahrheit
an Christum geglaubt haben. Der Augenblick naht,
wo Äott das Gericht über alles Fleisch bringen wird. Aber
an dem Gläubigen ist es bereits vollzogen, und zwar am
Kreuz, an seinem Stellvertreter Zesus Christus. Auf
Grund dieser großen Tatsache kann der Apostel schreiben:
„Daher kennen wir von nun an niemand nach dem Fleische...
Wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue
Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu
geworden." (2. Kor. 5, 16. 17.)
Soll der Dienst eines Gläubigen von Segen sein, soll
— iy —
er an Gottes Statt zu seinen Mitmenschen von Tod und
Gericht, von Leben und Errettung reden, so muß er etwas
von diesen Dingen erkannt haben; auch muß in seinem
Leben ihre Verwirklichung gesehen werden. Das gleiche gilt
von jedem Gläubigen, ob Mann oder Weib, ob Jüngling
oder Jungfrau. Allen gelten die Worte: „Also auch ihr,
haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo
Jesu". (Röm. 6, 11.)
Und wenn nun Gott heute, so wie einst Mose in der
Herberge, dem einen oder anderen der Seinigen auf seinem
Wege ein Halt zuruft, um ihn auf dies oder jenes,
sei es bei ihm persönlich oder in seinem Hause, aufmerksam
zu machen, was gerichtet und beseitigt werden muß,
laßt uns dann auch darin Seine Liebesabsichten erkennen!
Er will nur unseren Nutzen, will, daß „wir Seiner
Heiligkeit teilhaftig werden". (Hebr. 12, 10.)
Noch ein kurzes Wort zum Schluß unserer Begebenheit.
Nachdem Jippora die Beschneidung an ihrem Sohn
vollzogen hat, spricht sie zu ihrem Mann: „Fürwahr, du
bist mir ein Blutbräutigam!" Ein wichtiger Ausruf! Will
er nicht darauf Hinweisen, daß mit dieser Handlung gleichsam
ein neuer Anfang in der Verbindung zwischen Mose
und Jippora gemacht wurde? Nachdem Jehova Seine
Hand auf Mose gelegt hatte, um ihn durchs Gericht wegzunehmen,
empfing Jippora ihn jetzt wieder von Gott
zurück, aber auf Grund ganz neuer Beziehungen, auf
Grund des Todes und des Blutes. „Damals sprach
sie „Blutbräutigam" der Beschneidung wegen."
Hier stehen wir vor einem wunderbaren Geheimnis:
Die neue Verbindung zwischen Zippora und Mose,
wenn wir sie so nennen dürfen, die gegründet war auf
20
den Tod und das Blut, weist uns in ernster, aber auch
lieblicher Weise hin auf unsere Verbindung mit unserem
himmlischen Bräutigam, wie sie heute schon besteht, und
wie sie ewig bestehen wird mit Christo, dem verherrlichten
Haupte Seines Leibes droben. Die Grundlage dieser kostbaren
und ewigen Verbindung ist und kann nichts anderes
sein als der Tod und das Blut des Sohnes Gottes
selbst. Auf diesem Boden stehend, konnte Petrus an jene
armen verfolgten Gläubigen seiner Tage schreiben: „Ihr
wisset, daß ihr nicht mit verweslichen Dingen, mit
Silber oder Gold, erlöst worden seid..., sondern mit
dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl
und ohne Flecken", (k. Petr, k, k8. ky.) Und auf dem­
selben Boden stehend, jubeln die Erlösten heute: „Dem,
der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen
hat in Seinem Blute und uns gemacht hat zu einem Königtum,
zu Priestern Seinem Gott und Vater: Ihm sei
die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewig-
keitl Amen." (Offbg. z, 5. 6.)
Gedanke
Es tritt oft ein Fuß den anderen, der Zahn beißt
oft die Junge, es stößt sich mancher selber mit einem
Finger ins Auge und tut ihm wehe. Aber da ist reiche
Vergebung und hat ein Glied mit dem anderen Mitleid
und Geduld, sonst könnte der Leib nicht erhalten werden.
Also soll auch unter den Menschen Versöhnung, Vergebung,
Einigkeit, Liebe und freundlicher Wille sein.
Luther
21
Sas samariltsche VL>elb *j
*) Aus den Papieren eines Heimgegangenen.
vor Jahren (ls)23) ist von dem gleichen Verfasser eins
längere Abhandlung über Nikodemus im „Botschafter" erschienen,
die, wie wir hörten, durch ihre besondere Art manchem
Leser Freude gemacht hat. wir erhoffen das gleiche auch von dieser
Arbeit des längst Entschlafenen, dis uns kürzlich für den „Botschafter"
zur Verfügung gestellt wurde.
Da die Betrachtung sehr lang, auch nicht in allen Teilen
zur Veröffentlichung an dieser Stelle geeignet ist, bringen wir sie
auszugsweise. Die Schristleitung.
i.
Am Jakobsbrunnen
(Joh. 4, 1-7.)
„Das samantische Weib" — so ist sie uns bekannt.
Ihr Name wird nicht genannt. Namen machen vertraut.
Gleichwohl, der Name allein tut's nicht. Vertraut werden
uns die Frauen, deren Namen genannt sind — eine
Martha, eine Maria — dadurch, daß wir sie in einen
persönlichen Verkehr, in ein Verhältnis zum Herrn
treten sehen. Entsprechend dem Gefühlsleben des Weibes
ist dieser Verkehr durch eine besondere Wärme und Innigkeit
gekennzeichnet. Aber abgesehen von dem hervorragenden
Platz, den hierin einzelne Frauengestalten einnehmen,
finden wir verhältnismäßig wenig längere Unterweisungen
und Belehrungen an Frauen gerichtet. In
der Regel sind es kurze Begegnungen, die von Seiner
Wundermacht, von Seiner Offenbarung in Gnade Zeugnis
ablegen, die aber nur von kurzen, wenigen Worten begleitet
sind. Längere Unterredungen sind selten. Völlig eigenartig
ist ein Zwiegespräch wie dasjenige, aus dessen
bewegtem Inhalt „das samaritische Weib"
unserem Gedankenkreis so vertraut geworden ist. Ja, so
22
einzigartig, daß es eigentlich nur ein Gegenstück hat —
des Nikodemus Besuch bei demHerrn Jesus
in der Nacht und die uns bekannte tiefsinnige
Unterredung. Diese beiden Zwiegespräche stellen zwei völlig
verschiedenartige Typen dar. Der Heilige Geist hat
sie nebeneinander gestellt, sicher nicht ohne bestimmte Absicht.
So große Gegensätze sie enthalten — gerade sie reizen
zu einer Gegenüberstellung, um äußere und innere
Vergleiche daran zu knüpfen.
Ohne einen anderen Namen als diesen, ist uns „das
samaritische Weib" doch eine der bekanntesten Figuren des
Neuen Testaments, eine von unseren Herzen liebgewonnene
Seele. Wir beschäftigen uns gern mit ihr. Unter den
Zeugnissen von des Herrn suchender Heilandsliebe nimmt
sie einen hervorragenden Platz ein. Viel würde fehlen,
wenn sie fehlen würde. „Ein samaritisches Weib"
— so nennt sie sich selbst. So werden wir sie einst kennen.
Nach Gottes wunderbaren Heilsgedanken wird sie
die Veranlassung, daß wir unseren geliebten Herrn von
einer ganz neuen Seite kennen lernen, die unsere Herzen
nicht nur mit Bewunderung, nein, auch mit inniger Zuneigung
erfüllen muß. Unser Vertrauen zu einem solchen
Herrn muß unbegrenzt sein. Wie tief läßt Er sich herab!
Wie leuchten uns in Seiner Menschheit die Strahlen
Seiner sittlichen Herrlichkeit entgegen! Welche Hoheit in
Seiner Erniedrigung! Welch eine herrliche Kundmachung
Gottes in Gnade, geoffenbart in Ihm, dem eingeborenen
Sohn! Die Tragweite Seines vollendeten Werkes,
dessen Ausdehnung — in der Geschichte des samaritischen
WeibeS erscheinen sie dem geöffneten Auge unbeschränkt
in ihrer vollen Größe. Freude, tiefe Freude durchströmt
23
eine Seele, die Ihn liebt, Ihn so kennen zu lernen, sich
sagen zu dürfen: Das ist auch mein Jesus.
Im Anfang des Kapitels wird uns mitgeteilt, daß
der Herr Judäa verlassen hatte. Sicher nicht mit leichtem
Herzen. Galt doch Sein Wirken in erster Linie Seinem
Volke. „Gehet nicht auf einen Weg der Nationen, und
gehet nicht in eine Stadt der Samariter; gehet aber vielmehr
zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel"
(Matth, 10, 5. 6), so hatte Seine Anweisung an Seine
Jünger gelautet. Aber der Argwohn Seines Volkes, die
Eifersucht seiner Führer trieb Ihn hinweg. Er ging der
offenen Feindschaft der Pharisäer aus dem Wege. So
wandte Er sich wieder nach Galiläa, der Stätte Seines
ersten Wunders (Zoh. 2, 11), dem erkorenen und durch
die Schrift verkündeten Hauptfchauplatz Seines Wirkens.
„Er mußte aber durch Samaria ziehen."
„Er mußte"! Was mag es bedeuten, dieses „mußte"?
Sicher mehr, als das einfach Natürliche, der geographisch
kürzeste Weg. Ein „M üssen" in Verbindung mit
Ihm kann nur eine besondere Bedeutung haben, wird
nie ohne göttlichen Grund sein. (Vergl. hierzu Luk. 19, 5.)
Ja, an einen göttlichen Ratschluß können wir denken, an
Seinen von der väterlichen Führung völlig abhängigen
Weg. Gottes Rat und Bestimmung entsprach es, daß der
Herr den Samaritern den Heilsgruß bringen mußte, den
Sein geliebtes Volk in Judäa verschmähte. Bei dem großen
Heilsauftrag an die Jünger in Apstgsch. 1, 8 erinnern
wir uns daran, daß der Boden in Samaria durch diese
Reise des Herrn zubereitet war.
24
„Er kommt nun in eine Stadt Sama-
rias, genannt Sichar, nahe bei dem Felde,
welches Jakob seinem Sohne Joseph
g a b."
Unweit einer Stadt, Sichar, wird Haltgemacht. Es
ist aller Wahrscheinlichkeit nach das alte Siche m. *) Zwischen
den Bergen Ebal und Gerisim war es in landschaftlich
bevorzugter Gegend reizvoll gelegen. Hier betreten wir
eine geweihte Stätte. Alte Erinnerungen stellen sich vor
die Seele. Auf seinem Zuge durch das Land Kanaan machte
Abraham dort halt. Dort erschien ihm Jehova und verhieß
seinem Samen das Land. Dort errichtete er dem Jehova
einen Altar, (7. Mose 72, 6. 7.) Dieselbe Stätte
war durch einen Altar Jakobs geheiligt. Er errichtete
ihn zum Andenken seiner glücklichen Heimkehr aus Mesopotamien.
(7. Mose 33, 78—20.) Daran will wohl der
Schreiber erinnern, indem er des Feldes Erwähnung tut,
das Jakob seinem Sohne Joseph schenkte. (Vergl. 7. Mose
48, 22.) Hier ruhten die Gebeine Josephs. (Jos. 24, 32.)
Durch Josua wurde Sichern zur Leviten- und Freistadt bestimmt.
(Jos. 20, 7; 27, 27.) Jerobeam erhob es zu seiner
Residenz. (7. Kön. 72, 25.) Später finden wir es als
Hauptsitz des samaritischen Religionskultus. Ein weiteres
Bild alter Erinnerungen taucht hier auf vor unseren Blik-
ken. Es ist der alte Jakobsbrünnen. Eine Viertelstunde
südlich von Sichern gelegen, nennen ihn die Araber
heute noch Bir - Iakob. Von den Christen wird er der
Brunnen des „samaritischen Weibeö" genannt.
*) Nach einigen soll Sichar (eig. Sychar) nicht Sichem selbst,
sondern eine besondere, in der Nähe von Sichem gelegene Stadt
gewesen sein. Anm. d. Schriftleitung.
25
„Es war aber daselbst eine Quelle Ja-
kobs. Jesus nun, ermüdet von der Reise,
setzte sich also an die Quelle nieder. Es
war um die sechste Stunde."
„Ermüdet von der Reise", „a l s o" setzt Er sich nieder.
Nach anstrengender Reise im Sonnenbrand *), ein müder
Wanderer — der Brunnen wird Sein Ruheplatz. Ein
Mensch wie wir, von gleichen Umständen abhängig, denselben
Wirkungen unterliegend, denselben Mühsalen unterworfen.
Wie gering sind Seine Ansprüche! Ist es nicht ergreifend,
Ihn so zu sehen? Ungern verzichten wir auf unsere
Mittagsruhe, auf unsere gewohnte Bequemlichkeit.
Er ist nicht nur ermüdet. Er ist auch durstig und hungrig.
Es ist die „sechste Stunde", also Mittagszeit. Deshalb hat
Er die Jünger in die Stadt gesandt, um Speise zu kaufen.
s) viele Ausleger nehmen mit dem Verfasser an, daß die
sechste Stunde hier wie in Matth. 2?, H5, Mark. s5, 33, kuk.
23, nach jüdischer Stundenzählung die Mittagsstunde bedeute.
Andere sind der Ansicht, daß Johannes, wie er es in Rap. s9>
tut, auch im vorliegenden Kapitel die römische Stundenzählung
(von Mitternacht bis Mitternacht) anwende. Danach hätte
die Unterredung des Herrn mit dem Weibs nicht mittags um
zwölf, sondern morgens um sechs Uhr begonnen.
Diese Annahme mag das eine und andere für sich haben,
ist aber nicht beweiskräftig. Daß Johannes sich in Rap. (9- bei
der Schilderung einer römischen Gerichtsverhandlung, der
römischen Zählung bedient, hat seine guten Gründe. Warum
aber sollte er es an den anderen Stellen tun? Rap. ss, 9- sO
dient auch nicht zur Stützung der Annahme. Zweifellos war die
Nittagstunde weit eher geeignet für eine ungestörte Unterhaltung
am Brunnen als die Morgenstunde. Zn der Mittagssonnenglut
kam sicherlich niemand zum Wasserschöpfen heraus, der nicht, wie
die Samariterin, einen ganz besonderen Grund dazu hatte.
Anm. d. Schriftleitung.
„Da kommt ein Weib aus Samar ia,
Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr:
Gib mir zu trinken."
2b
Durch die Gegenwartsform führt uns der Schreiber
mitten in die Handlung. Auch hier die Zeitangabe — die
sechste Stunde — nicht ohne Bezug auf das Kommen des
WeibeS. Mittagszeit, zum Wasserschöpfen in jenen Gegenden
eine ungewöhnliche Stunde. Zitternde Glut liegt auf
dem staubigen, schattenlosen Wege. Kein Lüftchen regt sich.
Menschenleer die Straße. Einsam wandelt sie zum Brunnen.
So kam sie schon oft. Sie ist stadtbekannt. Niemand
will mit ihr zu tun haben. Sie fühlt die weite Kluft, die
sie von den anderen trennt. Deshalb wählt sie die Stunde,
in der sie ungesehen schöpfen kann. Sie ist nicht gewohnt,
andere zu treffen. Aber da sitzt schon jemand am Brunnen.
Sie stutzt. Ein Blick genügt, ihr zu sagen: es ist kein
Bekannter, kein Stadtgenosse. Ein Wanderer, ein Fremdling
muß es sein. Seine Kleidung, vielleicht auch Seine
Züge verraten ihr den Juden.
Der Krug ist bald gefüllt. Gewohnterweise will sie
ihn zur Schulter emporschwingen. Da läßt sich des Fremden
Stimme vernehmen: „Gib mir zu trinken". Erstaunt
blickt sie auf. Ein unendlich mildes, gütiges Auge sieht sie
auf sich gerichtet. Daß Sein Blick nicht ohne ein besonderes
Interesse auf ihr ruhte, daß er eine gewisse Anteilnahme
für sie enthalten, ist ihr wohl nicht entgangen.
„Gib mir zu trinken" — nicht viele Worte,
eine einfache Bitte. In der Mitteilung dieses einfachsten
menschlichen Bedürfnisses vollzieht sich die schicklichste Annäherung.
Wie belehrend für uns! Leicht kann man durch
eine auffällige, aufdringliche Bemerkung die gesuchte Annäherung
in ihr Gegenteil verwandeln. Aber wen die Liebe
treibt, wen der Geist Gottes leitet, dem wird Er auch die
Gelegenheit zu einer passenden Anknüpfung geben. Die
27
erste Anknüpfung ist keineswegs immer leicht. So einfach
als möglich sollte sie sein, je harmloser, desto besser.
Stets sollte sie taktvoll sein. Man weiß nie, mit wem
man zu tun hat. Auch das Traktatanbieten und -verteilen
erfordert Takt. Das Gegenteil von einer gewissen
Überlegenheit, die die Herzen verschließt, statt sie zu öffnen,
ist am Platze. Wir sollten uns stets als Beauftragte
Dessen fühlen, der gekommen ist, um zu dienen. Wir
sollten auch im Geist die Bittenden sein. Vom Pharisäertum
sollten wir auch schon den Schein meiden. Anderseits
sollte man auch nicht zu ängstlich sein. Zn den vorkommenden
Mißbräuchen liegt für uns keine Entschuldigung.
Hier heißt's insbesondere: „Wenn aber jemand von
euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott,., und sie
wird ihm gegeben werden". (Zak. t, 5.) Gewiß, es kostet
jeden Überwindung, Verleugnung, den einen mehr, den
anderen weniger, je nach Charakter und Veranlagung. Es
heißt auch „zu gelegener und ungelegener Zeit". Es gibt
verpaßte Gelegenheiten, Gelegenheiten, die nicht wiederkehren.
Vor allem gehört Liebe dazu. Liebe ist stets mit
Verleugnung und Kampf verbunden.
„Gib mir zu trinke n." Sicher will der Herr
damit zunächst Sein einfaches Bedürfnis kundgeben. Doch
viel tieferer Sinn liegt in Seiner Bitte. Nicht nur das
Bedürfnis, das Er, der an menschlicher Schwachheit teil-
nimmt, hat, ist darin ausgedrückt. Es ist der gesuchte Annäherungspunkt.
In ihrer Seele hat Er gelesen. Er kennt
ihre Vergangenheit, ihr Leben in der Gegenwart in Sünde
und Schande. Zhm ist auch das bekannt, was sie sich selbst
am liebsten verbergen möchte, ihr Kummer, ihr geheimes
Weh. Er sieht das tiefe Verlangen eines trotz ungezügelten
28
Genießens im Grunde stets unbefriedigten Herzens. Was
Ihn erfüllt, es ist das Dürsten, einer unglücklichen, niedergedrückten
Seele in ihrer Not zu helfen. Ihn drängt
die suchende Heilandsliebe zu einem von den Menschen
verstoßenen, von der Welt der Ehrbaren völlig aufgegebenen
Weibe. Er streckt die rettende Hand aus zu einer
armen, verlorenen Sünderin. Tiefes, inniges Verlangen,
„des Vaters Werke zu wirken", erfüllt Seine Seele.
„Gib mir zu trinken" — das ist auch heute
Sein großes. Sein sehnsuchtsvolles Verlangen. So sucht
Er auch jetzt noch eine gelegene Zeit, einen einsamen Ort
mit einer einsamen Seele. Hat Er sie schon mit dir gesucht?
Hat Er nicht auch dich schon um einen Dienst gebeten,
damit Er dir in Wahrheit dienen könne? Ja, wie
oft mag Er dich schon gebeten haben: Gib mir — nicht
dein Vermögen, deine Güter, dein Geld! Gib mir — nicht
deine Gaben, deine noch so guten Vorsätze, dein noch so
eifriges Bemühen! Er will mehr haben. Unermüdlich tönte
die Bitte. Fand sie dein Ohr? Bedenke, die Bitte geht von
Ihm aus!
„Gib mir zu trinken" — es will sagen: „Gib
mir, mein Sohn, meine Tochter, dein Her z". Gib d i ch
mir, gib dich ganz, gib dein alles, dich selbst. Kein
Durst ist so brennend wie Sein Durst, kein Verlangen
heißer, inniger als das Sein igel Sein Verlangen ist,
daß elende Sünder, irrende, schuldbeladene Sünderinnen
sich von Ihm finden lassen, damit sie dann auch Ihn
erquicken.
Holdsel'aer, treuer Friedefürst,
N)ie hat Dich nach dem Heil gedürst't,
Dem Hell verlor'ner Sünder!
Israel In der Düste
Die Wüste ist weder das Ziel noch der Ausgangspunkt
unseres Weges. Sie ist vielmehr die Stätte, wo wir
Erfahrungen während des Weges zu machen haben. Gott
hat uns mit erhobener Hand aus der Macht des Feindes
und der Welt herausgeführt. Das Blut des Lammes und
der Gang durch die Fluten des Roten Meeres bilden im
Gleichnis die Grundlagen unserer Erlösung, unserer Errettung.
Der Wegweiser zeigt nach der himmlischen Heimat,
in der wir uns der Stellung nach jetzt schon befinden.
Aber in der Wirklichkeit unseres praktischen Lebens wandern
wir durch die Wüste dem himmlischen Vaterlande zu.
Dieser Weg ist reich an Erfahrungen. Wir lernen hier die
Liebe und Fürsorge Gottes kennen, aber auch die Angriffe
des Feindes. Persönliche Treue und die Echtheit unseres
Glaubens werden auf die Probe gestellt: wir lernen uns
selbst kennen. Alle diese Erfahrungen sind gesegnet. Sie
lehren uns, den Blick nach oben zu richten, uns auszustrecken
„nach dem, was vorn ist", und, das Ziel anschauend,
hinzujagen zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes
in Christo Jesu. Der Brief an die Philipper, der uns diese
Gedanken enthüllt, ist das Buch der Erfahrungen für den
Weg durch die Wüste.
Wenn wir uns nunmehr mit den Wegen Israels
durch die Wüste beschäftigen wollen. Wegen in alter Zeit,
Wegen auch, die noch der Zukunft angehören, so sollen uns
t_xxxi r
30
diese Belehrungen des Wortes Gottes zur eigenen Ermahnung
dienen. Wir erinnern uns zur Anwendung auf das
eigene Herz und Gewissen jener bitteren Erfahrungen,
die das irdische Volk Gottes auf seinem ersten Zuge durch
die Wüste machen mußte; wir kennen aber auch die vielen
Beweise der Güte und Geduld Gottes, die Israel immer
wieder schmecken durfte. Trotz seiner Herzenshärtigkeit
wurde das Volk geleitet „gleich einer Herde in der Wüste".
(Psalm 78, 52; vergl. auch Jes. 63, 77—14.) Alles
dies geschah, um Israel zu demütigen, zu versuchen, und
um zu erkennen, was in seinem Herzen war (5. Mose 8,
2). Es war ein Weg der Zucht. Dennoch zerfiel in diesen
vierzig Jahren kein Kleid. Kein Fuß war geschwollen —
die Fürsorge Gottes wachte. Seine Liebe war es, die den
Weg bestimmte, und die zum sicheren Ziel führte. Zugleich
offenbarte Gott, was in Seinem Herzen war. Das 23. und
24. Kapitel des 4. Buches Mose zeigen die Gedanken Gottes
über Sein Volk. Bileam, der heidnische Prophet, wird
zum Munde Gottes, wenn er seine Augen auf das Volk
Jehovas richtet. In den beiden ersten Spruchreden (Kap.
23) zeigt er die Grundlagen, die von Gott gelegt
sind: Israel ist abgesondert und wird nicht unter die Nationen
gerechnet (es handelt sich hier um die Absonderung
der Stellung nach). Im zweiten Spruche sieht er sie gerechtfertigt
durch Gott, ohne Ungerechtigkeit oder Unrecht.
Dann aber richtet der Prophet sein Angesicht nach der
Wüste hin, sieht Israel gelagert nach seinen Stämmen
(Kap. 24, 7. 2) und spricht „enthüllter Augen" von der
Schönheit des Volkes und schließlich von seiner Zu-
kunfr in Christo. Die Grundlagen waren gelegt: Absonderung
und Rechtfertigung von feiten Gottes. Der Blick
— 31 —
nach der Wüste hin aber offenbart die gegenwärtige Stellung
in den Augen Gottes, offenbart das Volk als schön
trotz aller Fehler und Schwächen auf dem Wege. Wie redet
das auch heute zu unseren Herzen! Gott sieht uns trotz
all unserer Fehler als solche, die schön sind, schön in Christo.
Ja, Er schaut uns in dem geliebten Sohne. In Ihm,
dem Herrn Jesus, entfaltet sich die Schönheit der „Zelte
Jakobs". Ist es nicht eine wunderbare Tatsache, daß gerade
die Wüste, der Blick nach der Wüste hin, diesem Platz
der Erfahrungen und der Zucht, dazu dient, die Schönheit
der Geliebten Gottes in Seinen Augen zu enthüllen? DaS
ist Liebe, göttliche Liebe, die wir von Tag zu Tag mehr
schätzen lernen sollten.
Nach langen Jahren befindet sich Israel im Lande.
Die Wüste liegt hinter ihm, zugleich aber auch alle Erfahrungen,
die es dort machen mußte. Sie werden gründlich
vergessen. Dennoch trägt Gott daö Volk mit unermüdlicher
Geduld. Er gibt ihm Richter und von Samuel ab Propheten
und in David schließlich einen König nach Seinem
Herzen. Manche dieser Männer machen ihre Erfahrungen,
gleich Israel, in der Wüste, in einem dürren und lechzenden
Land ohne Wasser. Sie spüren gleichsam den Wegen
Israels noch einmal in der Wüste nach, so Simson in
Richt. 15, 18. 19, und besonders David auf seiner Flucht
vor Saul (vergl. Psalm 63). Die Wüste ist die Schule
Gottes, die Stätte der Erprobung. Hier hatte einst Mose,
den Spuren Israels voranschreitend, die Herde seines
Schwiegervaters gehütet (2. Mose 2 und 3) und dabei
gelernt, ein sanftmütiger Mann zu werden. Hier begegnete
ihm Gott im Dornbusch. Hier mußte in späteren Ta-
32
gen, den Spuren Israels nachschreitend, der Prophet Elia
sich selbst, aber auch die Güte Jehovas kennen lernen
(4. Kön. 49). Sie erwies sich nicht in dem Winde der Macht,
nicht in dem Erdbeben und dem Feuer des Gerichts, sondern
in dem Ton eines leisen Säuselns. Dann aber schreitet
Elia weiter. In 2. Kön. 2 verfolgt der große Prophet
in den Tagen des Abfalls den Weg Israels im Lande.
Er geht von Gilgal nach Bethel, von dem Ort des Selbstgerichts
zu dem der Anbetung — ach, was hatte Israel
aus diesen Stätten gemacht! (vergl. Amos 4, 4; Hosea 4,
45; 9, 45) — von da nach Jericho und bis an den Jordan,
ja, er durchschreitet diesen Fluß des Todes. So weist
er im Vorbild den Weg eines Größeren, der nach ihm kom­
men sollte.
Auch Johannes der Täufer ist ein Vorläufer dieses
Größeren. Und auch sein Platz ist in der Wüste. „Stimme
eines Rufenden: In der Wüste bahnet den Weg Jehovas;
ebnet in der Steppe eine Straße für unseren
Gott!" (Jes. 40, 3.) In Matth. 3 nimmt Johannes
diese Stellung ein. Er predigt in der Wüste von Judäa.
Das Volk muß zu ihm hinausgehen, um sich auf den gleichen
Boden zu stellen. Israel muß sich gleich seinen Vätern
kennen lernen in der Wüste, es muß seine Sünden
erkennen und Buße tun, um in das verheißene, jetzt nahegekommene
Reich der Himmel eingehen zu können. Infolge
seines Abfalls von Gott muß es den Weg von der
Wüste zum Jordan, den es schon einmal gegangen war,
noch einmal machen. Aber es ist nur ein Überrest, der in
die Wüste hinausgcht und sich taufen läßt. Pharisäer und
Sadduzäer, die Führer des Volkes, sind nicht gewillt, in
Wahrheit ihren Platz des Hochmuts und Unglaubens zu
— 33 —
verlassen. Ihr Hinausgehen bedeutet keine wirkliche Umkehr
zu Gott, und deshalb entfliehen sie auch nicht dem
kommenden Zorn. Diese Leute „machten in bezug auf sich
selbst den Ratschluß Gottes wirkungslos". (Luk. 7, 20.)
Aber jetzt tut sich eine neue Szene vor unseren Blik-
ken auf, ein Bild unvergleichlicher Schönheit. Der Herr
Jesus selbst erscheint am Jordan. Er kommt aus Galiläa,
um sich von Johannes taufen zu lassen. Er nimmt den
Platz des armen, bußfertigen Überrestes ein und macht
sich eins mit ihm. Er, der verheißene König und Messias
des Volkes. (Vergl. Ps. 76, 3.) Das Zeugnis des Vaters
zu dieser Handlungsweise des geliebten Sohnes offenbart
die herrliche Fülle der Gottheit.
Aber noch mehr: Der Herr wird von dem Geiste in
die Wüste hinaufgeführt (Matth. 4) und wird dort von
dem Teufel versucht. Der König Israels folgt hier aus
freien Stücken den Spuren Seines Volkes. Aus Ägypten
hatte Gott Seinen Sohn gerufen (Matth. 2, 75).
Durch denGeist wurde Er in die Wü ste hinaufgeführt,
und schließlich nahm Er selbst die Schwachheiten des
Volkes auf sich und trug ihre Krankheiten (Matth. 8, 77).
In der Wüste, wie überall, erwies Er sich als Der, welcher
siegreich aus der Prüfung hervorging. Da, wo Israel in
seiner Verantwortlichkeit gefehlt hatte, wo es den Angriffen
des Feindes nicht standgehalten, als es auf sich selbst
gestellt war, wo es nicht gelernt hatte, daß „der Mensch
nicht von Brot allein lebt, sondern von jedem Worte,
das durch den Mund Gottes ausgeht", da schlug der Herr
den Feind mit den Waffen völligen Gehorsams gegenüber
Gott und Seinem Wort. Er erwies sich als der wahre Zeuge
Jehovas. Seine Absicht war, das Volk auf diesem Wege
34
mit sich zu verbinden und in den Genuß der Segnungen
des verheißenen Reiches einzuführen. Aber Israel verwarf
Ihn, verwarf den Gesandten Gottes. Der Weg des Herrn
führte, wie der des Elia angedeutet hatte, durch die Wasser
des Todes, führte Ihn ans Kreuz, wo Er für die Sünden
Seines Volkes litt.
Welch ernste Folgen zeitigte die Verwerfung des
Herrn für Sein irdisches Volk! Gericht durch die Zerstörung
Jerusalems, Gericht aber auch am Ende der Tage!
Ja, Israel muß sogar nochmals in die Wüste gebracht werden,
muß sich von Grund aus kennen lernen, muß im innersten
Herzen erkennen, welche Schuld es auf sich geladen
hat. Dort, in der Wüste, wird der Platz sein, da Gott
mit Seinem Volke über seine Sünden rechten wird.
In Hes. 20 stellt Gott der Nation jenen ersten Weg
durch die Wüste vor, auf welchem das Haus Israel seine
ganze Widerspenstigkeit gegen Gott und Seine Gebote erwiesen
hatte. Dann spricht Er von dem Götzendienst im
Lande und der Tatsache, daß die Nachkommen den Spuren
der Väter gefolgt seien. Das Gericht kann nun nicht
ausbleiben: Das Haus Israel wird aus den Völkern herausgeführt
und aus den Ländern gesammelt werden, und
dann wird Er sie in die Wüste der Völker bringen und dort
mit ihnen rechten von Angesicht zu Angesicht (Hes. 20,35).
Die Empörer werden auögeschieden. In das Land Israel
kommt keiner von ihnen (V. 38). Ehe sie Kanaan erreichen,
werden sie, wahrscheinlich von dem kommenden König
des Nordens, bekämpft und aufgerieben (Jes. 28,
4-4).
Israel noch einmal in der Wüste! Der Herr lockt sie
dorthin und redet zu ihren Herzen (Hosea 2, 44). Und
35
dann spricht Er: „Das Volk der dem Schwerte Entronnenen
hat Gnade gefunden in der Wüst e. Ich will gehen,
um Israel zur Ruhe zu bringen" (Jerem. 31, 2). Wie liebevoll
ist die Stimme Gottes! Auch wenn Er züchtigen
muß. Seine Gedanken bleiben dennoch Gedanken des Friedens
für die Seinen und erweisen Seine unendliche und
unermüdliche Liebe.
Auch die Offenbarung schildert im 12. Kapitel den
Weg Israels in die Wüste. Das Weib, ein Bild Israels,
flieht vor der Wut des auf die Erde geworfenen Drachen
und findet einen Bcrgungsort in der Wüste. Dort wird
der Überrest ernährt, fern von dem Angesicht der Schlange.
Moabiter und Araberstämme werden in jenen Tagen den
Flüchtlingen Schutz und Nahrung gewähren (Jes. 16, 4
und 21,14). Aber das Herz des Volkes dürstet nach Gott
in diesem dürren und lechzenden Land ohne Wasser
(Psalm 63). Aus dem Lande des Jordan, dort, wohin
einst das bußfertige Volk zu Johannes in die Wüste gekommen
war, gedenkt der Überrest seines Gottes (Psalm
42, 6) und muß seine Blutschuld, die Verwerfung und
Kreuzigung des Herrn Jesus, bekennen (Psalm 51). Dennoch
darf der Glaube im Schatten der Flügel Gottes jubeln
(Psalm 63, 7). Er sieht die Befreiung voraus. Dreieinhalb
Jahre dauert die Prüfungszeit in der Wüste (Of-
fenbg. 12, 14), dann wird der Herr erscheinen, die Macht
des Feindes vernichten und Sein Volk auö der Wüste
heraufführen: „Wer ist sie, die da heraufkommt von der
Wüste her, sich lehnend auf ihren Geliebten?" (Hohel. 8,
5; vergl. auch 3, 6). Nun dauert es nicht mehr lange, bis
das Reich des Segens aufgerichtet wird. Bald wird jeder
einzelne der Gläubigen aus Israel in Ruhe unter seinem
36
Weinstock und unter seinem Feigenbaum sitzen, und niemand
wird sie aufschrecken (Micha 4, 4). Israel ist endgültig
aus der Wüste zur Ruhe gebracht, und der Herr
Jesus wird Sein Reich in Gerechtigkeit und Frieden regieren.
In jenen Zeiten der Gerichte sind wir, die Gläubigen
der Jetztzeit, bereits droben bei unserem Herrn. Unser Pfad
durch die Wüste ist schon durchschritten, wenn Israel noch
einmal in die Wüste gebracht werden muß. Und unser
himmlisches Teil steht höher als die irdische Ruhe, deren
sich Israel erfreuen wird. Darüber sollten unsere Herzen
dankbarer und freudiger werden. Besteht nicht auch eine
der wichtigsten Ermahnungen unseres „Wüstenwegbuches",
wenn ich so sagen darf, des Philipperbriefes, darin,
daß wir uns freuen sollen, freuen im Hinblick auf das
herrliche Ziel, das unser wartet?
Die gegenwärtige Zeit der Prüfungen ist nicht ohne
Nutzen. Sie trägt, wenn wir sie richtig verstehen, für Gott
köstliche Frucht. In der sengenden Glut der Wüstensonne
reifen die Früchte des Gehorsams, die Früchte der Erfahrungen
mit Gott. Wir wollen uns die Schwierigkeiten des
Weges nicht verdrießen lassen. Mögen sie sich höher und
höher türmen: Der Herr ist nahe! Die Vatertreue und
Liebe Gottes trägt uns auf Adlersflügeln durch die Wüste.
Er bahnt uns den Weg durch den Sand, bereitet uns Oasen
der Erfrischung. Ja, Güte und Huld werden uns folgen
alle Tage unseres Lebens, und wir werden wohnen im
Hause Jehovas auf immerdar.
37
Sas samaritische Detv
ii.
„Lebendiges Wasser"
(Zoh. 4, 9-72)
„Das samaritische Weib spricht nun zu
Ihm: Wie bittest du, der du ein Zudebist,
von mir zu trinken, die ich ein samariti-
schesWeib bin? (Denn die Juden verkehren
nicht mit denSamariter n.)"
Sie wundert sich, sie ist erstaunt. Wie kommt es, daß
du bittest, ja, daß du mit mir überhaupt sprichst? Du ein
Jude — ich ein samaritisches Weib! Hier zu dem
Weibe braucht der Herr nicht zu sagen wie zu Nikodemus:
„Wundere dich nicht". Es kommt bei ihr ganz von selbst,
sie gibt ihrem Erstaunen rückhaltlos Ausdruck. Auch ist eö
nicht allein Neugierde. Sie fühlt das Leutselige aus der
Bitte. „Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres
Heiland-Gottes erschien." (Tit. 3, 4.) Luther übersetzt:
„Freundlichkeit und Leutseligkeit". Letzterer Ausdruck
hat mir stets gut gefallen, besonders in Verbindung
mit I h m. Die Leutseligkeit in Person war Er. Sie war
es, die Ihm die Herzen der Niedrigen erschloß, sie ließ
auch die Armen im Geiste zu Ihm Vertrauen gewinnen.
Sie ermutigte auch Zöllner und Sünder, Ihm zu nahen.
Sie fühlten sich zu Ihm hingezogen. Auch das samaritische
Weib mochte ein Gefühl davon haben, daß sie keinem Vorurteil
bei Ihm begegnete. Sie mochte fühlen — inSei -
nen Augen bist du auch noch etwas anderes. Vom Standpunkt
ihrer Stadtgenossen aus ein für allemal abgetan,
38
zu einer bestimmten Klasse, der niedrigsten, gerechnet —
hier war Einer, der noch etwas in ihr fand, Dem sie nicht
zu schlecht war.
Etwas derart mochte das Weib aus dieser Bitte herausfühlen.
Aber statt ihr Folge zu leisten, statt dem durstigen
Wanderer den Krug zum Trinken hinzuhalten, reizt
es sie zu fragen. Erst muß es heraus: Wie kommt das?
Was hat das für einen Grund? Was steckt dahinter? Das
ist mehr als eine gewöhnliche Sache. — Za, das Wundern
ist stets ein leiser Anfang. War es nicht auch so bei uns?
Fragten wir uns nicht auch offen oder im stillen: Warum
begegnet das mir? Warum ich, gerade ich? Bin ich es
etwa wert? Suchte ich es? Wie soll ich mir das besondere
Interesse erklären, das der oder die mir sonst gleichgültigen
oder gar unbekannten, mich garnichts angehenden
Menschen mir entgegenbrachten? Sogar solche Menschen,
deren Verkehr ich garnicht einmal suchte, denen ich garnicht
undeutlich zu verstehen gegeben, daß sie mir „unsympathisch"
waren. Tatsächlich hat sie über dem Wundern
die erste Bitte ganz vergessen. Ja, am Ende, als der
gefüllte Krug stehen bleibt, hat der Herr den erbetenen
Trunk, Seinen leiblichen Durst zu löschen, noch nicht erhalten.
Auf das Verhältnis zwischen Juden und Samaritern
geht der Herr zunächst nicht ein. Ihre eigentliche Frage
beantwortet Er garnicht. Wohl benutzt Er, sie durchschauend,
die darin ausgesprochene Neugierde. An ihr Wundern
knüpft Er deutlich an. Du wunderst dich über meine
Bitte, scheint Er zu sagen — wie würdest du dich wundern,
wenn dukenntest, wenn du wüßtest-------------
„Jesus antwortete und sprach zu ihr:
3Y
Wenn du die Gabe Gottes kenntest, und
wer es ist, der zu dir spricht: Gib mir zu
trinken, so würdest du Ihn gebeten haben,
und Er hätte dir lebendiges Wasser
gegebe n."
Gottes Gabe — das ist der Anknüpfungsgegenstand.
Gott ist es, der allen willig gibt. Er ist stets der
Gebende. Er gab den Sohn. Er ist der Geber all der herrlichen
GotteSgaben. In allen Seinen Gaben den Geber zu
erkennen. Ihn anzuerkennen. Ihm Dank zu opfern, Ihm
so näher tretend, das ist der Weg, auf dein das „Heil
Gottes" zu finden ist. Hierin hat Er sich keinem Menschen
gegenüber „unbezeugt gelassen", „indem Er Gutes tat
und euch vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gab
und eure Herzen mit Speise und Fröhlichkeit erfüllte".
(Apstgsch. 14, 17.) Ja, wer ist ein Geber wie Er! Wie
viel hat Er uns gegeben, an uns getan, sich an uns erwiesen
von unserer Jugend an! Wie mannigfach, wie vielseitig
sind Seine Gaben! Wie unendlich groß ist ihre Summe!
Wie unerschöpflich sind sie! Wenn wir nur an die mannigfachen
Gaben des Leibes und Geistes denken. Wir verstehen
des großen Dichters Schiller begeisterte Worte: „O
eine edle Himmelsgabe ist das Licht der Augen! Alle Wesen
leben vom Licht---------". Ja, wir haben alle wenig
darüber nachgedacht, nehmen es so hin als etwas Natürliches,
was sich beinahe von selbst versteht. Der Krieg *)
hat vielen die Augen öffnen müssen, hat auch uns belehrt,
was die Gaben Gottes, was Seine täglichen Gaben für
unser Lcibesleben eigentlich bedeuten. Oft ist mir das kind­
*) Die Abhandlung ist während des Weltkrieges geschrw
ben worden. Anm. d. Schriftleitung.
40
liche Gebet eines alten achtzigjährigen, jetzt Heimgegangenen
Bruders eingefallen, das er jeden Morgen beim Erwachen
betete: „Mein erst Gefühl sei Preis und Dank!"
Ich kenne einen Bruder, der in seinem Dankgebet bei seinem
Morgenfrühstück für jede Gabe einzeln seinen Dank
Gott darbringt. Daß Er des Leibes Bedürfnis so bereitwillig,
so unermüdlich stillt, daran können wir zunächst Seine
Güte und Freundlichkeit erkennen. Aber es wäre doch ein
niedriger Standpunkt, wenn unser Erkennen dabei stehen
bliebe. Wozu denn das alles? Sollte denn im Essen und
Trinken, sollte im steten Wechsel des Leibesverlangens
und seiner nie andauernden Befriedigung das „Leben"
bestehen? Sollten wir daraus nicht ahnen, ja, erkennen,
daß ein solcher Geber uns mehr geben will, daß Er auch
das Bedürfnis der Seele stillen kann und will? daß alles
Irdische eigentlich zu Höherem gegeben ist? „Wer nicht
so von der Gabe zum Geber aufsteigt, erkennt sie eben
nicht, weiß nicht, wozu sie gegeben ist."
„Die Gabe Gottes." Aus den gemeinsamen
Gott hinweisend, hebt Er sie empor aus den engen Schranken
des Juden und des Samariters. Er stellt sich gleichsam
mit ihr auf denselben Boden. Für das Weib eine Rätselrede,
die ihre Neugierde erst recht hervorruft, ihr Wundern
verstärkt, die Wendung zu der anzubietenden geistlichen
Gabe vorbereitet. Bei Nikodemus die „neue G e -
bur t" — hier das „lebendige Masse r", zwischen
beidem offenbart sich die Ähnlichkeit. In beidem liegt etwas
Geheimnisvolles, etwas, das zu weiteren Fragen reizt.
„Wenn du die Gabe Gottes kenntest!" Wenn du das Bedürfnis
nach Lebenswasser hättest! so wäre wohl die natürliche
Fortsetzung gewesen. So hätten wir sie erwartet.
— 4r —
Statt dessen die bedeutsame Wendung: und „wer es
ist, der zu dir spricht".
„Wer es ist"? — eine persönliche Frage. Wie wenig
ist das törichte, selbstsüchtige Herz des Menschen fähig,
darauf einzugehen! Was Er für dich sein kann und
will, du arme, unwissende, auch wohl gleichgültige, von
Ihm so weit abgekommene Seele! Das Weib, wie wenig
versteht sie Ihn! Höchstens daß ihre Neugierde gereizt
wird. Daß Er kein gewöhnlicher Jude ist, hat sie schon aus
Seiner Bitte merken können; diese war ja gegen alle Regel,
allem Herkommen, aller Sitte widersprechend. „Und
wer es ist"— darin liegt zugleich eine Antwort auf
ihre Frage — der zu dir „spricht", nicht „bittet":
„Gib mir zu trinken". Augenscheinlich will der
Herr ihrem: „Du bittest", schon eine andere Wendung
geben. Er will ihr die Bitte in den Mund legen. In Seinem
„der zu dir spricht" ist schon ein Anklang enthalten
an Sein späteres: „der mit dir redet". In ihm
liegt der leise Wink: der dir noch mehr zu sagen hat, der
dir noch andere Gaben geben kann. Von Ihm zu hören
hast du jetzt Gelegenheit.
„Du würdest Ihn gebeten haben,
Und Er hätte dir lebendiges Wasser
gegebe n."
Bitten und Geben — eine natürliche Verbindung,
wie Ursache und Wirkung. Bitten ist des Menschen
natürliche Stellung. „Bittet, und es wird euch gegeben
werden." Gott will gebeten, Er will der Gebende sein.
In gewissem Sinne ist Er stets der Gebende, und der
Mensch ist nicht der Bittende, sondern der Nehmende. Er
ist so daran gewöhnt und nimmt Seine Gaben sozusagen
42
selbstverständlich. Er denkt kaum daran, daß sie ihm fehlen
könnten, denkt kaum darüber nach, wie wunderbar sie
ihm zufließen. Sie fließen ungerufen, ungebeten, unaufhörlich,
jeden Tag, jede Stunde. Wie wunderbar sie Gott
im einzelnen hervorbringt! Ereignisse und Zeiten wie vergegenwärtige
Weltkrieg mußten, wie gesagt, hereinbrechen,
um auf manches ihr Schlaglicht zu werfen. Vielen könnten
die Augen aufgegangen sein, sie hätten Ihn erkennen
können als den Geber aller guten Gaben. Die Herrlichkeit
der Schöpfung, ihr Entstehen, ihre Größe dünkt uns ein
großes Wunder. Ich bewundere nicht minder die stets sich
erneuernde Kraft, Sein Wirken fort und fort, Seit» Schaffen
im kleinen, Sein wunderbares Erhalten. Nicht
minder Sein Hervorbringen einer vollen Ähre — dreißig-,
sechzig-, hundertfältig — aus dem einen Korn, der Vielheit
dicker, glatter Knollen aus dereinen Kartoffel, dem
einzigen Auge. Jst's nicht ein Wunder vor unseren Augen?
— O, wenn dukenntest, wenn duwüßtest! Wie wenig
ist der Mensch der Bittende! O, Er ist stets der Gebende!
Selbst Seine höchste Gabe, den geliebten
Sohn, hat Er nicht vorenthalten. Er bietet sie dir an. Er
ist der Rufende, ja. Bittende. O kennten wir Seine
Güte, Seine Liebe — wir würden bitten. Bitten heißt vertrauen,
setzt Vertrauen voraus auf die Geneigtheit, auf
die Zuneigung des anderen. Verständest du diese meine
Liebe, die dir durch m i ch geoffenbart wird, dein Herz würde
mir vertrauen, würde sich mir öffnen! Wie wenig kennt
der Mensch den göttlichen Geber! Er bittet nicht einmal.
Ehe er eine Bitte wagt, versucht er sich auf jede Weise selbst
zu helfen. Gottes Güte, die er so oft genossen, die er einatmet
wie die Luft, zieht der Mensch so wenig in Rechnung.
43
Von Gottes Liebe hat er keine Ahnung. Lieber bleibt er in
seinem verkommenen Zustand. Er muß schon aufgefordert
werden wie daö Weib; aber auch dann verhält er sich
meist gleichgültig, ja, ablehnend. Am Brunnen des Lebens
stehend, schöpft er und schöpft. Er verläßt sich auf sich
selbst, auf sein Schöpfgcfäß. Den tiefen Durst in seiner
Seele läßt er bestehen, dem Jistcrnenwasser, den toten
Wassern läuft er nach. Das Verlangen nach dem „lebendigen
Wasser" — er hört es wohl anpreisen, ahnt, hört es
von ferne rauschen — läßt er unbefriedigt. Wie mancher
geht so dahin, fragt nicht nach dem Leben, bleibt im Tode,
erstarrt in Selbstsucht, versinkt in Sünde. Beweglich
dringt die Bitte an sein Ohr: „Laß dich versöhnen mit
Gott!" — keine Bitte in eigenem Namen, nein, im Na­
men des Bittenden am Jakobsbrunnen.
Wie ist Sein Bemühen so lieblich, sich ihr bekannt
zu machen, das Vertrauen bei ihr zu wecken, sich als der
Gebende zu erkennen zu geben!
„Lebendiges Masse r"? — Das Weib versteht
Ihn nicht. Ein tieferer Sinn, wie die prophetische Sprache
ihn kennt, kommt ihr wohl kaum zum Bewußtsein. Aber
wie merkwürdig ihr dieses freundliche Angebot vorkommen
mag, der Zweck ist erreicht. Ihre Aufmerksamkeit ist
erregt. Den Doppelsinn mag sie zunächst nicht fassen. Daö
Natürliche, Nächstliegende liegt ihr im Sinn. Offenbar
denkt sie an Quellwasser. Aber nicht nur dieses hat
ihr Interesse geweckt, es verbindet sich auch mit derPer -
s o n Dessen, von dem sie es erbitten soll. In ihrer Antwort
kommt dies zum Ausdruck.
„Das Weib spricht zu Ihm: Herr, du
hast kein Schöpsgefäß, und der Brunnen
44
ist tief; woher hast du denn das lebendige
Wasser? Du bist doch nicht g r ö ß e r (vergl. Ioh.
8, 53) als unser Vater Jakob, der uns den
Brunnen gab, und er selbst trank aus demselben
und seine Söhne und sein Vieh?"
„Das Weib spricht zu Ihm: Herr."
Die rätselhafte Rede des merkwürdigen Fremdlings
hat's ihr doch angetan. Aber noch fühlt sie sich bemüßigt,
an Seinen Worten Kritik zu üben. Seine wunderliche Verheißung
in Zweifel zu ziehen. Wohl macht sie einen Unterschied,
fühlt den Gegensatz heraus, denn sie wiederholt
Seinen Ausdruck „lebendiges Wasser" und zwar mit dem
bestimmten „das" — „das" Wasser, das du mir schon
gegeben hättest, wenn ich darum gebeten hätte. Aber sie
begnügt sich mit der Frage: „Woher?" Sie verlangt
zunächst garnicht nach dem anderen Wasser, das Er geben
wollte. Als Samariterin ist sie stolz auf ihren Jakobsbrunnen.
Wenn Er etwa glaubte, den Juden ihr gegenüber
hervorkehren zu müssen, so gut wie dieser kann sie
sagen: „Unser Vater Jakob". Ja, hier hat er gewohnt,
diesen Brunnen hat er uns gegeben. Wir haben sozusagen
das erste Anrecht darauf. Die Samariter — der Herr
nennt sie in Luk. 47, 48 Fremdlinge — leiteten ihre Abstammung
von Joseph her, dem sein Vater das Feld geschenkt
hatte. Seine, des Vaters Jakob, Sachkenntnis
wirst du doch nicht bestreiten können, der war doch in solchen
Dingen unbestrittene Autorität. Er trank daraus, seine
Söhne und sein Vieh. Allen gab er gutes, reichliches
Wasser. Menschen und Tiere waren vollkommen davon
befriedigt. Und was für ihn gut genug war, wird es doch
auch für uns und wohl auch für — dich sein. Du bist doch
45
nicht etwa größer als er, dünkst dich nicht etwa eine höhere
Person zu sein? Die von den Vätern überkommenen Vorzüge
und ererbten Güter — denen wir alle anhängen —
will sie sich doch nicht ohne weiteres streitig machen lassen.
Gegen eines Nikodemus grobsinniges Mißverstehen (vergl.
Kap. Z, 4) kann man ihre Entgegnung ein fast harmloses
Brunnengespräch nennen. Wie ein Brunnen sprudeln
auch ihre Worte. Der Herr macht ihr aus Ton und
Sprache ihrer Einwendungen keinen Vorwurf. Auf die
Frage nach Seiner Person, auf eine Vergleichung mit „des
Patriarchen Hoheit" läßt Er sich garnicht ein. Ihrer Geistesart
entsprechend, wagt sie es. Sein Angebot Ihm als
unbegreiflich, ja, als töricht entgegenzuhalten. Wie sollte
ich als Samariterin von dir, dem Juden, besseres Wasser
erbitten? Dazu hast du ja gar kein Schöpfgefäß wie ich, und
der Brunnen ist tief. Du kannst mir ja nicht einmal von
diesem Wasser geben. Woher wolltest du denn das
Quellwasscr nehmen? Dies versteht sie offenbar unter
dem „lebendigen Wasser". So wird 4. Mose 26, 19
das Quellwasser genannt, das die Knechte Isaaks beim
Graben fanden.
Er bleibt bei der Sache. Durch ihr „W oher" hat sie
ihr Interesse zu erkennen gegeben. Dem Herrn geht es
darum, sie dabei festzuhalten. Den Unterschied zwischen
dem Wasser ihres geliebten Jakobsbrunnens und der vom
Herrn dargebotenen Gabe hat sie doch gemerkt. Daß der
Herr ein Wasser von anderer Beschaffenheit meint, hat sie
wohl verstanden. Diesem Gegensatz will der Herr mit
„diese m" Wasser erneuten Ausdruck geben.
46
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lortnrher
XII.
Kapitell!,17 — 34
Wenn man den Brief an die Epheser und den Brief
an die Kolosser mit dem vorliegenden vergleicht, so kommt
man zu einem überraschenden Ergebnis betreffs der Punkte,
in denen die verschiedenen Briefe sich voneinander unterscheiden.
Selbstverständlich trennt der Geist Gottes in
keinem dieser drei Briefe die Versammlung, als Leib, von
ihrem Haupt. Aber der Epheserbrief stellt uns das
Haupt und den Leib dar, den einen neuen Menschen,
die Versammlung als „die Fülle Dessen, der alles
in allem erfüllt", während der Kolosserbrief redet vom
Haupt des Leibes, und der Korintherbrief den
Leib des Hauptes ins Licht rückt. Die Darstellung
der Einheit des Leibes Christi hienieden haben wir bereits
im zehnten Kapitel gesehen. Nachdem dann im Anfang des
elften gezeigt worden ist, was dem Weibe geziemt dem
Manne gegenüber, als Vorbild der Beziehungen der Braut
zum Bräutigam, — denn „der Christus ist das Haupt
eines jeden Mannes" (V. 3) — geht der Apostel mit dem
17. Verse über zu den Verrichtungen des Leibes,
einem ganz neuen Gegenstand, der bis zum Schluß
von Kapitel 14 behandelt wird.
Wie soll, wenn wir als Versammlung zusammenkommen
— hier haben wir wieder den Leib
— die Versammlung sich verhalten? Diese Frage ist für
uns von grundlegender Wichtigkeit. Ohne Zweifel sind die
47
Verhältnisse heute nicht mehr die gleichen wie damals,
wo die Versammlung in Korinth sich an einem einzigen
Ort versammelte. Aber mögen wir auch nur zu zwei oder
drei im Namen des Herrn versammelt sein, so haben wir
uns doch der Ordnung zu befleißigen, die dem Leibe Christi
hienieden geziemt.
Indem wir näher auf den Gegenstand eingehen, finden
wir zuerst, was das Zusammenkommen der
Versammlung überhaupt ist: „Denn fürs erste,
wenn ihr als Versammlung zusammenkommet..." (V.
48.) Es gibt also in dieser Welt etwas, das als ein „Zusammenkommen
der Versammlung", des Leibes Christi,
bezeichnet wird. Die Schrift belehrt uns darüber, daß jedes
„Zusammenkommen als Versammlung" einen gemeinsamen
Zug trägt. Der Herr ist persönlich und im
Geiste in ihrer Mitte — ein Umstand, der diesem Zusammenkommen
einen Segens-Charakter verleiht, den Christen,
die sich einfach zur Evangelisation oder zur Wortverkündigung
zusammenfinden, nie kennen lernen werden.
Außer diesem allgemeinen Charakterzug hat das Zusammenkommen
als Versammlung aber noch seine besonderen
Züge. Den ersten Platz nimmt das Zusammenkommen
zum Gottesdienst ein, mit dem Gedächtnismahl des Todes
des Herrn als Mittelpunkt. An zweiter Stelle steht das
Zusammenkommen zum Gebet, das allerdings hier nicht
erwähnt wird. Wir finden es in Matth. 48. Diese Stelle
gibt uns Aufklärung darüber, daß ein Zusammenkommen
als Versammlung selbst dann möglich ist, wenn nur zwei
oder drei sich um Jesum als ihren Mittelpunkt versammeln.
An dritter Stelle käme das Zusammenkommen zur
Erbauung, wie es Kapitel 44 unseres Briefes schildert.
48
Wenn der Apostel sich jetzt im einzelnen mit dem Zusammenkommen
als Versammlung beschäftigt, muß er
mit einem Tadel beginnen: „Indem ich aber dieses vorschreibe,
lobe ich nicht, daß ihr nicht zum Besseren, sondern
zum Schlechteren zusammenkommet". (V. 47.) Im zweiten
Vers des vorliegenden Kapitels hatte er schreiben können:
„Ich lobe euch..., daß ihr die Überlieferungen, wie
ich sie euch überliefert habe, festhaltet". Aber wie sah es
in Wirklichkeit mit dem Beobachten dieser Überlieferungen
aus? Der erste Punkt, der schon im ersten Kapirel in
allgemeiner Weise erwähnt wurde, hier aber in Verbindung
mit den Zusammenkünften als Versammlung hervorgehoben
wird, betraf die Spaltungen unter ihnen. Sein
Tadel betreffs dieser Dinge ist in sehr ernste Form gekleidet.
Wenn Christen bei ihrem Zusammenkommen als Versammlung
imstande waren, auf diese Weise ihre Gemeinschaft
untereinander und mit dem Herrn darzustellen, wie
durfte es dann unter ihnen zu Spaltungen und Sektenbildung
kommen? Freilich hatten ihre Spaltungen sie noch
nicht, wie es später der Fall war, äußerlich voneinander
getrennt; aber wenn sie auch noch miteinander in Verbindung
waren, so verstanden sich die also versammelten
Gläubigen doch nicht mehr. Das war der Beginn des späteren
Zerfalls. Sobald die apostolische Autorität nicht mehr
vorhanden war, um die Gläubigen zusammenzuhalten, ja,
in gewissem Maße sogar noch vor dem Abschluß der Laufbahn
des Apostels Johannes, haben diese Spaltungen zu
Trennungen geführt, und nach und nach ist die Kirche in
zahllose Sekten zerfallen. Der Apostel lobt diese Unordnung
in ihrer Mitte nicht. Im Gegenteil. Aber es gab
damals und, Gott sei Dank! es gibt auch heute noch in der
49
Versammlung Christi Männer, die, anstatt diese Trennungen
gutzuheißen, kräftig dagegen auftreten. Auf solche
Männer wendet Gott das Wort an: „auf daß die Bewährten
unter euch offenbar werden". (V. 19.)
Von diesem ersten Tadel muß der Apostel zu einem
zweiten übergehen. „Wenn ihr nun an einem Orte zusammenkommet,
so ist das nicht des Herrn Mahl essen."
(V. 20.) Zu jener Zeit pflegten die Gläubigen wohl das
Mahl des Herrn vor oder nach ihrem Liebesmahl (griech.:
Agape) zu feiern. Dazu brachte ein jeder sein eigenes Mahl
mit, aber anstatt auch andere daran teilnehmen zu lassen,
behielten sie ihre Vorräte für sich selbst, und so gingen
die einen satt und gar trunken nach Hause, was damals
unter den Heiden als wenig entehrend galt, während andere
hungrig waren. Die Unordnungen, die durch die Verbindung
des Liebesmahls mit dem Mahl des Herrn eingedrungen
waren, geben dem Apostel Gelegenheit, zwischen
beiden einen Trennungsstrich zu ziehen und jedem seinen
Platz anzuweisen (vergl. V. 33 u. 34). Über das Mahl
des Herrn erteilt er dann eine besondere Belehrung, weil
dieser Gegenstand durch die anderen Apostel bisher nicht
völlig geoffenbart worden war, denn in der Tat gibt der
Apostel durch Offenbarung die Wahrheit in bezug
auf diese Einrichtung bekannt. Er hatte unmittelbar vom
Herrn empfangen, was er ihnen mitgeteilt hatte. (V. 23.)
Das Mahl des Herrn hat nicht die gleiche Bedeutung
wie der „Tisch des Herrn" im zehnten Kapitel, wo die
Einheit des Leibes Christi dargestellt wird. Das Mahl ist
eine Gedächtnisfeier. Wenn wir den „Tisch" nur
da finden, wo die Einheit ins Licht gerückt wird, so ist dem
nicht so beim Abendmahl. Das letztere ist eine in der Chri
so
stenheit bekannte Sache, die, wenn auch unvollkommen,
so doch aufrecht gehalten wird. Brot und Kelch werden
dabei als Erinnerungszeichen des Todes Christi anerkannt.
Und wir haben Ursache, Gott zu danken, daß es so ist.
Allerdings erinnert die Feier des Abendmahls im allgemeinen
in der Christenheit in nichts an eine gemein-
s a m e Feier. Sie wird mehr als eine Sache des einzelnen
betrachtet. Trotzdem werden gottesfürchtige Seelen gewiß
einen Segen haben, wenn sie sich des vollbrachten Werkes
Christi auf diese Weise für sich selbst erinnern.
Vier Dinge haben wir hier in Verbindung mit dem
Mahle des Herrn zu beobachten. In erster Linie ist es eine
Gedächtnisfeier an diePerso n des Herrn. Zweimal hat
der Herr, als Er Brot und Kelch nahm, den Jüngern gegenüber
wiederholt: „Dies tut zu meinem Gedächtnis".
Wenn wir an diesem Mahl tcilnehmen, ohne daß unsere
Herzen von Ihm selbst erfüllt sind, so entsprechen wir diesen!
Seinem Wunsch nur unvollkommen. An zweiter Stelle
ist dieses Mahl eine Erinnerung an Sein Werk. „Dieser
Kelch", sagt der Herr, „ist der neue Bund in meinem
Blute." Wie wir wissen, wird zu einem noch zukünftigen
Zeitpunkt ein neuer Bund mit Israel geschlossen werden,
nicht mit uns, denn nie ist mit der Kirche ein alter
Bund geschlossen worden. Aber die Christen genießen gegenwärtig
schon voll und ganz den Segen, den in der Zukunft
dieser neue Bund dem Volke Israel bringen wird.
Aus dem achten Kapitel des Briefes an die Hebräer, und
zwar in der Anführung des Propheten Jeremias, ersehen
wir, daß dieser Bund viererlei umfaßt. Zuerst heißt es:
„Denn dies ist der Bund, den ich dem Hause Israel errichten
werde nach jenen Tagen, spricht der Herr: Indem
— S1 —
ich meine Gesetze in ihren Sinn gebe, werde ich sie auch
ans ihre Herzen schreiben". (V. 10.) Das ist ganz etwas
anderes als der Bund des Gesetzes, das sich an das natürliche
Herz des Volkes richtete, und das von diesem niemals
erfüllt werden konnte. Dieser neue Bund wird nicht wie
der alte ein von zwei Parteien geschlossener Bund sein,
sondern wird ganz und gar von einer abhängen,
rind zwar von dem Herrn, der selbst das Werk in
ihren Herzen vollführen wird. Was uns betrifft,
so braucht dieses Werk nicht mehr getan zu werden. Es ist
schon vollbracht. — Betreffs des zweiten Punktes heißt
es: „Ich werde ihnen zum Gott, und sie werden mir zum
Volke sein". Die Beziehungen Israels zu Jehova werden
wiederhergestcllt werden. (Hos. 1, 10.) Für uns bestehen
sie bereits, denn wir dürfen Ihn schon heute unseren Gott
und Vater nennen. — Was den dritten Punkt anlangt, lesen
wir: „Und sie werden nicht ein jeder seinen Mitbürger
und ein jeder seinen Bruder lehren und sagen: Erkenne den
Herrn! denn alle werden mich erkennen vom Kleinen bis
zum Großen unter ihnen". (V. 11.) Wir besitzen heute
diese Erkenntnis Gottes durch die Tatsache, daß wir neue
Herzen empfangen haben und in eine neue Verbindung
mit Ihm gebracht worden sind, während Israel noch auf
den Bund wartet, der ihm dies alles bringen wird. —
Der vierte Punkt endlich ist: „Denn ich werde ihren Ungerechtigkeiten
gnädig sein, und ihrer Sünden und ihrer
Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken". (V. 12.)
Israel wird später, und dann für immer, von seinen Sünden
befreit, die aus Gottes Gedächtnis gänzlich getilgt
sein werden. Wir aber können dies schon heute von unö
sagen auf Grund des Werkes Christi, daö wir im Glau
S2
den angenommen haben. Wir besitzen also schon jetzt alles,
was der neue Bund Israel bringen wird, ohne daß dazu
dieser Bund mit uns geschlossen worden wäre. In diesen
vier Punkten finden wir die christlichen Segnungen vereint.
Aus diesem Grunde wird der Kelch, das Sinnbild
des Blutes Christi, der Kelch des neuen Bundes genannt.
Wie wir oben sahen, haben wir im Abendmahl zunächst
das Gedächtnis des Todes deöHerrn, und zweitens
das Gedächtnis Seines Werkes. Weiter lesen wir:
„Denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket,
verkündiget ihr den Tod des Herrn". Das Abendmahl
ist also eine Verkündigung des Todes des
Herrn inmitten der Welt. Hier, auf diesem Schauplatz,
gibt es eine solche Sache: Die Versammlung Christi vereint,
um diese große Tatsache zu verkündigen und bekannt
zu machen. Die Versammelten brauchen dazu nicht die
Stimme zu erheben. Die Tatsache an sich, daß die Christen
versammelt sind, um alle miteinander das Gedächtnismahl
ihres Herrn zu feiern, verkündet der Welt, mag sie
es beachten oder nicht, den unendlichen Wert des Kreuzes
Christi.
Viertens finden wir im Abendmahl noch etwas, das
untrennbar damit verbunden ist. Wir feiern es, „bis Er
k o m.m t". Wir erwarten Seine Wiederkunft. Die Verkündigung
Seines Todes wird während der ganzen Zeit
Seiner Abwesenheit fortgesetzt; sie wird aufhören, sobald
Er gekommen ist. Dann wird die Welt, sich selbst überlassen,
für immer dessen beraubt sein, was sie verachtet
hat; diejenigen aber, welche diesen Tod in so großer
Schwachheit verkündigt und ihn so unvollkommen verstanden
haben, sie werden ihn miteinander in der himm
53
lischen Herrlichkeit in unaufhörlichen Lobgesängen feiern,
geschart um das geschlachtete Lamm selbst.
In bezug auf die Feier des Abendmahls waren in
Korinth betrübende Dinge vorgekommen. Manche nahmen
unwürdiglich daran teil. ES ist nötig, die Bedeutung dieser
feierlichen Handlung zu verstehen und, so man teilhat
an einem Christus, der für unsere Sünden gestorben
ist, nicht zu essen und zu trinken, ohne „den Leib zu unterscheiden".
Sonst ißt und trinkt man sich selbst Gericht.
Wie ernst ist das! Die unwürdige Art, daö Mahl des
Herrn zu feiern, ohne es von einer gewöhnlichen Mahlzeit
zu unterscheiden, mußte Gericht bringen auf diese Kinder
Gottes in Korinth, ein Gericht, das in dieser Welt
über sie kam, da sie ja dem ewigen Gericht nicht mehr
ausgesetzt waren. Es gab deshalb unter ihnen manche
Schwache und Kranke, und ein gut Teil waren bereits
durch den Tod weggerafft worden. Diese Sünde war für
manche „eine Sünde zum Tode", für die man nicht beten
konnte. Auch für uns ist die Sache von heiligem Ernst,
was wir wohl beachten sollten. Nie dürfen wir bei der
Feier des Mahles des Herrn das Selbstgericht vergessen,
damit Er nicht genötigt wird, unö zu richten wegen unseres
Mangels an Ehrfurcht und Wachsamkeit beim Vornehmen
dieser Handlung, zu der Er unö selbst geladen hat.
Gedanken
„Da Er die Seinigen, die in der Welt waren, geliebt
hatte, liebte Er sie bis ans Ende." (Zoh. tZ, "l.)
Das ist eine Wahrheit, die von allen Gläubigen nicht
nur durch den Glauben erkannt wird, sondern auch
54
durch die Erfahrungen, die sie von dieser Liebe machen.
Köstlich ist es, die Liebe Christi zu genießen in einer
kalten, liebeleeren Welt — eine Liebe, die schon vor
Grundlegung der Welt aus dem Herzen Gottes hervorsprudelte,
als Er uns in Christo auserwählte. Richtet der
Herr Jesus jetzt Seinen Blick auf dich oder mich, so sieht
Er einen von denen, die der Vater vor aller Zeit erwählt
hat, um „begnadigt zu sein in dem Geliebten", einen von
denen, in welchen es Ihm gefiel die Herrlichkeit Seiner-
Gnade zu offenbaren. Muß nicht der Sohn, angesichts
unserer Vereinigung mit dem Vater in Ihm, uns lieben?
Hat Er sich nicht selbst für uns dahingegeben und uns
durch Sein Blut die Vergebung der Vergehungen erwirkt?
Sind wir nicht mit Ihm begraben durch die Taufe auf
den Tod und wieder auferweckt? Können wir je unsere
Blicke zum Himmel erheben, ohne die Reichtümer der
Gnade Gottes zu schauen, der uns in Christo in die himmlischen
Orter versetzt hat?
Während wir durch die Proben und Schwierigkeiten
dieses Erdenlebens gehen, ist es eine herrliche Erquickung,
die Tröstungen zu empfangen, die uns von Gott zufließen,
uns, Seinen Kindern; aber es ist eine noch größere Gnade,
sagen zu können: „Ich habe Gemeinschaft mit den Gedanken
und Gefühlen des Vaters in bezug auf Seinen eingeborenen
Sohn". Es gibt nichts Köstlicheres, als auf diese
Weise einzudringen in die Gefühle des Vaters für den
Sohn Seiner Liebe.
„Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort
halten, lind mein Vater wird ihn lieben, und wir werden
zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen."
55
Hier redet der Herr in einem anderen Sinne von Seiner
Liebe als in der anfangs angeführten Stelle, wo Er
sagt, daß Er die Seinen liebe bis anüEnde.
Er spricht hier von einer Liebe, die sich in denen offenbart,
die in Seiner Gemeinschaft wandeln und Sein Wort halten.
Johannes liebte den Herrn. Er hielt Sein Wort. Seine
Seele empfing daher die Mitteilung einer Liebe, die ihn
einführte in die Gemeinschaft mit dem Vater und dem
Sohne. Besteht dieses vertraute Verhältnis auch zwischen
uns und dem Herrn Jesus? Halten wir Sein Wort?
„Wohnt" es „reichlich" in uns? (Vergl. Kol. 3, *l6.)
Christus hat unö schon geliebt, als Er, da wir tot in Sünden
waren, Sein Leben für unö hingab. Jetzt aber liebt Er
uns als Seine Jünger, und Seine Liebe, die ausgegossen
ist in unsere Herzen, erquickt, tröstet und stützt uns,
während wir die Wüste durchschreiten.
Kragen aus dem Leserkreise
Wie ist die Stelle Phil. 3, 2 zu verstehen? s. Was für
Leute der damaligen Zeit meint Paulus? 2. Welche Personen
der heutigen Zeit gehören in diese Rubrik, und wo haben wir
sie zu suchen?
f. Dis Personen, welche der Apostel als „Hunde" und „böse
Arbeiter" bezeichnet, waren jüdische Gesetzlehrer, die den Lhri-
sten aus den Nationen sagten: Ihr müßt beschnitten werden und
das Gesetz Rioses beobachten, sonst könnt ihr nicht errettet werden.
Wir wissen aus anderen Briefen des Apostels, wieviel Unheil
diese Leute anderswo bereits angerichtet hatten, von ihnen
schreibt Paulus an die Galater, daß sie „nebeneingekommen waren,
um unsere Freiheit auszukundschaften, welche wir in Christo
Zesu haben, auf daß sie uns in Knechtschaft brächten; denen wir
auch nicht eine Stunde durch Unterwürfigkeit nachgegeben haben".
(Gal. 2, H. ö.s Diese Menschen wollten das Christentum
mit dem Judentum vermengen und das Gesetz als Zoch auf den
Hals der Zünger legen, ein Joch, das, wie Petrus sagt, „weder
56
unsere Väter noch wir zu tragen vermochten". (Apstgsch. 1,5, sO.)
In Verbindung hiermit sei daran erinnert, daß es böse Lehrer
und falsche Propheten schon zu allen Zeiten unter dem Volke
Gottes gegeben hat. Wenn der Apostel von „Hunden" redet,
mögen ihm wohl die Worte des Propheten vor Augen gestanden
haben, der im Blick auf solche Lehrer entrüstet ausrief:
„Seine Wächter sind blind, sind alle ohne Erkenntnis: sie alle
sind stumme Hunde, die nicht bellen können... Und die Hunde
sind gefräßig, kennen keine Sättigung; und das sind Hirten!"
(Jes. 56, sO. s s.) Außerdem ist das Wort „Hunde" in der
Schrift der Ausdruck von etwas verächtlichem, Unreinem, (vergl.
ps. 22, s6; Matth. 7, 6; s5, 26.)
Weiter redet der Apostel von „Zerschneidung". Die „Beschneidung"
hat in dem Tode Lhristi ihre Erfüllung gefunden:
„In welchem ihr auch beschnitten worden seid mit einer nicht
mit Händen geschehenen Beschneidung, in dem Ausziehen des
Leibes des Fleisches, in der Beschneidung des Lhristus". (Uol.
2, ss.) predigte man trotzdem den Christen Beschneidung und
führte sie aus, so zerstörte man damit völlig die Grundlagen des
Christentums. Mit Recht braucht daher der Apostel das Wort
„Zerschneidung" im Blick auf jene „bösen Arbeiter". Beachtenswert
ist die Häufung scharfer, ja, verächtlicher Ausdrücke hinsichtlich
solcher Lehrer.
2. Wir brauchen in unseren Tagen nicht lange nach Personen
zu suchen, die dasselbe tun wie jene „bösen Arbeiter",
nämlich zerstören und zerschneiden. Sie begegnen uns gleichsam
auf Schritt und Tritt. Wir wollen sie nicht mit Namen nennen.
Sie kennzeichnen sich durch die gleichen Grundzüge wie die eben
genannten Lehrer jener Tage. Sie verfälschen und untergraben
das Christentum. Statt daß sie den Seelen das Werk Lhristi mit
seinen gesegneten Folgen für den Gläubigen, die Buße zu Gott
und den Glauben an Len Herrn Jesus vorstellen, kommen sie mit
gesetzlichen Vorschriften und bringen Dinge, die ganz und gar
verwirren. Man möchte sie unter jene Leute rechnen, von denen
der Apostel an Timotheus schreibt, daß sie vom „ungehcuchel-
ten Glauben abgeirrt und sich zu eitlem Geschwätz gewandt haben,
die Gesetzlehrer sein wollen und nicht verstehen, weder was
sie sagen, noch was sie fest behaupten". ((. Tim. (, 6. 7.) Gott
hat die Angriffe des Feindes gegen die Grundlagen des Christentums
in den Tagen der Apostel zugelassen, um uns durch sie göttliche
Unterweisungen zu geben, damit wir heute wissen, wie wir
uns solchen Leuten und ihren Lehren gegenüber zu verhalten haben.
Die Ermahnung an Timotheus: „von diesen wende dich
weg!" (2. Tim. 5, 5) gilt auch für unsere Tage.
Sie Herrlichkeit Gottes *!
(Ich. -n)
„Herr, siehe, der, den du lieb hast, ist krank."
Die beiden Schwestern müssen den Herrn Jesus gut
gekannt haben! Andere hätten vielleicht viele Worte gemacht.
S i e wußten, daß die Botschaft in dieser Form für
Ihn genügte. Sie beriefen sich einfach auf Seine Liebe zu
ihrem Bruder. Der Herr liebte sie alle drei, „die Martha
und ihre Schwester und den Lazarus" (V. 5), denn alle
drei gehörten zu den Schafen, die Ihm folgten. „Lazarus,
unser Freun d", sagt Er in Vers Welch ein Ausdruck
inniger Vertrautheit! In Seiner herablassenden Güte nennt
Er auch uns Seine Freunde. (Vergl. Kap. tS, "l5.)
Im ersten Verö des Kapitels wird Maria, obwohl
zweifellos die jüngere der beiden Schwestern, zuerst genannt,
wohl deshalb, weil sie eö war, „die den Herrn mit
Salbe salbte und Seine Füße mit ihren Haaren abtrocknete".
Diese Handlung war damals noch nicht geschehen,
aber man sieht, wie es die Freude des Heiligen Geistes ist,
auf diesen Dienst hinzuweisen, der wie ein duftender
Wohlgeruch zu Gott emporsteigen sollte. Wenn uns dann
aber in Vers 5 mitgeteilt wird, daß der Herr Jesus die drei
Geschwister in Bethanien liebte, ist es wieder schön zu se-
*) Kurze Aufzeichnungen, die gelegentlich der vorjährigen
Elberfelder Konferenz (März fg32) niedergeschrieben worden
sind, hauptsächlich von einem holländischen Freunde. Sie schienen
uns wert, einem weiteren Kreise zugängig gemacht zu werden.
Die Schriftleitung.
ÜXXXl 3
58
hen, daß hier Martha voransteht. Niemand soll denken,
daß der Herr Martha weniger liebte als Maria.
Nachdem der Herr die Botschaft empfangen hat,
macht Er sich doch nicht sogleich auf den Weg. Warum
nicht? Die beiden Schwestern hatten etwas zu lernen. Es
gibt Höheres für Ihn als das Beantworten und Befriedigen
der Wünsche des menschlichen Herzens. Dieses Höhere
ist die Ehre und Verherrlichung Gottes — eine Wahrheit,
die heute noch genau so in Kraft ist wie damals.
Aber dürfen wir bei dem Zögern des Herrn nicht
auch daran denken, daß Er noch keinen Auftrag von oben
hatte, nach Bethanien zu gehen? Er war ja freiwillig
Knecht geworden und mußte „die Werke Dessen wirken,
der Ihn gesandt hatte". (Kap. y, 4.) Der Herr lernte
auch hier, „obwohl Er Sohn war", den Gehorsam.
Er ließ sich nicht leiten durch Sein vollkommenes
menschliches Mitgefühl, sondern durch den Willen des Vaters.
Für uns steht in Röm. 42, 2 geschrieben, daß wir
„prüfen mögen, was der gute und wohlgefällige und
vollkommene Wille Gottes ist". Aber unser göttlicher
Herr, der auch vollkommener Mensch war, tat allezeit das
dem Vater „Wohlgefällige". (Kap. 8, 29.) Bei Ihm gab
es kein Prüfen in bezug auf diesen Willen. Seine Abhängigkeit
von dem Vater und dem Willen des Vaters war
vollkommen.
Die Schwestern teilen Jesu nur die einfache Tatsache
mit. Auch wir brauchen es Ihm nur anzuzeigen, wenn wir
etwas auf dem Herzen haben. Welch eine Ermunterung!
Wie wert der kleine Geschwisterkreis in Bethanien dem
Herrn war, geht wohl schon aus der Aufzählung der einzelnen
Namen hervor. Dann aber wird ausdrücklich hin
Sy
zugefügt, daß Jesus die drei Geschwister liebte. Dasselbe
gilt von uns. Er kennt uns mit Namen und versichert uns,
daß Er uns lieb hat. Haben wir dann eine Schwierigkeit
wie diese Schwestern, so können auch wir sie ruhigen Herzens
Seiner Liebe und Allmacht übergeben. Er antwortet
nach Seiner Liebe, aber auch nach Seiner Weisheit,
denn Seine Gedanken und Wege sind höher als die mistigen.
Der Ausgang der Dinge rechtfertigte voll und ganz
die Verzögerung der Reise nach Bethanien. Der Herr wandelte
im Licht der Auferstehung. Dennoch blieb Sein Herz
empfänglich für den Kummer anderer. Dreierlei wird unö
in diesem Kapitel vor Augen gestellt:
1. Der Weg des Herrn in Gemeinschaft mit Seinem
Vater.
2. Sein tiefes Mitgefühl.
3. Seine Macht.
Die Schwestern mußten lange auf den Herrn warten.
Ihre Liebe wurde einer schweren Probe unterzogen.
Aber sie haben die Probe bestanden, weil sie wußten, daß
Jesus sie liebte. Auch wir sollten uns mehr mit Seiner
Liebe zu unö, als mit unserer Liebe zu Ihm beschäftigen.
„Herr, siehe, der, den d u lieb hast, ist krank."
Wichtig und ernst ist das in Vers 9 und 10 Gesagte.
Die Worte des Herrn in diesen Versen bedeuten: Der treue
Diener wandelt den ganzen Tag im Lichte, im Gegensatz
zu denen, die in der Nacht wandeln, wie es die Führer
des Volkes Israel taten. Wenn man in der Nacht wandelt,
kann man das Licht dieser Welt nicht sehen, und da
man in sich selbst auch kein Licht hat, stößt man an. Wir
müssen im Licht wandeln, im Licht Gottes. (1. Joh. 1, 7.)
60
Tun wir das, dann stoßen wir nicht an, sondern empfangen
das nötige Licht und die nötige Kraft.
In Vers 11 finden wir den schönen und für uns
tröstlichen Gedanken, daß der Tod der Seinen für den
Herrn nur ein Einschlafen ist. Zugleich aber hören wir
Sein Wort, ein Wort, das nur der Sohn Gottes sprechen
kann: „Ich gehe hin, auf daß ich ihn aufwecke".
Mit ruhiger Gewißheit hat der Herr auf den Auftrag des
Vaters gewartet. Sobald Er ihn aber empfangen hat, zögert
Er nicht mehr. Wie sicher sind Seine Schritte! Er
konnte sagen: „Er weckt jeden Morgen, Er weckt mir das
Ohr, damit ich höre gleich solchen, die belehrt werden".
(Jes. so, 4.)
In Vers 16 wird Thomas genannt. Kürz vorher hatten
die Jünger auf die Bemerkung ihres Meisters hin,
daß Er wieder nach Judäa zu gehen beabsichtige, im Blick
auf das in Kap. 10, 39 Mitgeteilte ihre Besorgnis geäußert,
wie es Ihm dort wohl ergehen werde. Wollte Er sich
wirklich in die Hände der Mörder begeben? Thomas hatte
den Herrn lieb. Er sagt zu seinen Mitjüngern: „Laßt auch
uns gehen, auf daß wir mit Ihm sterben". Ermeinte,
was er sagte. Seine Worte beweisen seine Anhänglichkeit
an den Herrn. Sein Fehler war nur, daß er nicht an den
Fürst des Lebens dachte, denn das war Der, mit
dem er in den Tod gehen wollte. Thomas war noch nicht
in die Gedanken des Herrn eingedrungen. Sonst hätte er
nicht so sprechen können. Immerhin verraten seine Worte
seine Liebe zu Jesu. Ist es nicht lieblich, daß derselbe Evangelist,
der in Kap. 14, 5 und 20, 25 Aussagen dieses Jüngers
mitteilen muß, die seine Unwissenheit und seinen Mangel
an Verständnis betreffs der Person des Herrn bewei
61
sen, hier eine tiefergreifende Äußerung von ihm verzeichnet,
eine Äußerung, welche die innige Zuneigung dieses
Jüngers zu seinem Herrn beweist?
Zweimal sagt der Herr: „Laßt uns gehen" — laßt
uns „nach Judäa", laßt unö „zu ihm" (Lazarus) gehen!
(V. 7 u. 15.) Judäa, das war der Platz, wo Seine Hasser
wohnten; „zu ihm", das war der, den Er Freund nennt.
Im ersten „Laßt uns gehen!" erblicken wir Seine Abhängigkeit
vom Vater, im zweiten Seine Liebe zu den
Seinen.
In Bethanien angekommen, ist Sein erstes Wort an
Martha: „Dein Bruder wird auferstehen". Marthas Antwort
zeugt von ihrem Glauben an das, was die Schrift
sagt. (V. 24.) Ihre Worte stimmen mit dem letzten Verse
der Prophezeiung Daniels überein: „Du aber gehe hin
bis zum Ende; und du wirst ruhen, und wirst auferstehen
zu deinem Lose am Ende der Tage". Aber anderseits beweist
das, was sie sagt, daß sie des Herrn Meinung ganz
und gar nicht erfaßt hat. Sie gibt den Worten des Herrn
eine gewisse Einschränkung. Sie will Ihn ein wenig verbessern.
Der Herr zeigt ihr dann, wer Er ist. Er selbst ist „die
Auferstehung und das Leben". Dieses Wort des Herrn
geht sehr weit. Das Größte, was Martha sich hätte vorstellen
können, war, daß Er, der Herr Jesus, ihren Bruder
auferwecken würde, obschon etwas derartiges noch nie
geschehen war. Nun kommt der Herr mit dieser ganz neuen
und herrlichen Offenbarung, die wir einigermaßen kennen
mögen, die aber für Martha unbegreiflich war. So
etwas hatte sie noch nie gehört; es war ganz neu für sie.
Sie geht deshalb auch sogleich fort. Das Gehörte ging
62
ganz und gar über ihre Begriffe. Der Herr hatte auch
nicht gesagt: /Verstehst du dies?' sondern: „Glaubst
du dies?" Welch ein Trost würde es für Martha gewesen
sein, wenn sie den Herrn verstanden hätte! Aber sie
fühlte unwillkürlich: Hier war eher Marias Platz, und
darum ging sie und rief ihre Schwester.
Christus ist alles. Er ist Gott selbst, der „I ch b i n".
(2. Mose 3, 1.4.) Er kann sagen: „Ich bin die Auferstehung
und das Leben". In Ihm ist göttliche Macht. Was
die Auferstehung betrifft, so kann Er sie ausüben und h a t
sie ausgeübt betreffs Seiner selbst. Er kann sagen: „Brechet
diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde
i ch ihn aufrichte n". (Kap. 2, 19.) Hier übt Er sie
aus betreffs des Lazarus. Er i st die Auferstehung in der
gegenwärtigen Macht eines göttlichen Lebens. So ist Er
auch nicht nur Der, der daö Leben gibt, der „lebendig
macht, welche Er will", wie es in Kap. 5, 21 heißt, nein,
Er ist das Leben selbst.
Vers 11 ist für alle Gläubigen sehr tröstlich: Wenn
ein Gläubiger entschläft, wird der Herr ihn auferwecken.
Aber all die schönen Titel des Herrn, die in diesem Evangelium
aufgezählt werden, und all Seine Herrlichkeiten
würden uns nichts helfen, wenn nicht Er, der das Leben
ist, selbst in den Tod gegangen wäre.
Dann kommt Maria. Als sie Jesum sieht, fällt sie
„Ihm zu Füßen". (V. 32.)
In Luk. 10, 39 finden wir Maria ebenfalls zu Jesu
Füßen, Seinem Worte zuhörend. Und in Joh. 12, 3 treffen
wir sie wieder zu Seinen Füßen, wie sie die Füße des
Herrn salbt und sie mit ihren Haaren trocknet. Dreimal
finden wir sie zu den Füßen des Herrn: lernend, weinend,
63
salbend — drei Dinge, die auch für uns von so großer
Bedeutung sind: Lehre, Gebet und Anbetung.
Lazarus wird aus dem Tode gerufen durch die Macht
des Lebens in Jesu. Welch eine Kraft war dazu nötig!
Was mag in diesen Augenblicken alles in dem Herzen des
Herrn vorgegangen sein! Er befand sich auf dem Schauplatz
der Sünde, dem Gebiet des Teufels, denn der Teufel
hat „die Macht des Todes". (Hebr. 2, 14.) Die Begegnung
an dem Grabe des Lazarus, die Erfahrung alles
dessen, was die Sünde angerichtet hat, auch der Mangel
an Glauben bei Martha, den Jüngern und den Juden
— alles das ergriff und bewegte Sein Herz aufs tiefste.
Unser Erfassen aller dieser Dinge ist gering, doch ist es
der Mühe wert, uns, soweit unser Verständnis es zuläßt,
ein wenig Rechenschaft zu geben über die Gefühle,
die den Herrn so bewegten.
Dreimal lesen wir im Johannes-Evangelium, daß
der Herr „sich erschütterte", oder daß Er „bestürzt, erschüttert"
war. (Kap. 11, 33; 12, 27; 13, 21.) In unserem
Abschnitt aber wird noch ein Ausdruck hinzugefügt,
den wir sonst nicht finden: „Jesus seufzte tief im
Geist (oder „wurde heftig bewegt") und erschütterte sich".
(V. 33.) „Jesus vergoß Tränen." (V. 35.) „Jesus, wie­
derum tief in sich selbst seufzend, kommt zur
Gruft." (V. 38.)
Maria war am meisten imstande, in die Gedanken
des Herrn einzudringen. Mit ihr konnte der Heiland weinen.
Die Juden meinten. Er weine nur, weil Er Seinen
Freund verloren hatte, und der Herr seufzt darauf „wiederum
tief in sich selbst". Ach, da war niemand, der Ihn
verstand. Später, in Kap. 14, 9, muß Er zu Philippus
64
sagen: „So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich
nicht erkannt?" — Sollte der Herr dasselbe auch von
uns sagen müssen? Ach, auch wir vermögen bei allem,
was uns geschenkt ist, oft noch so wenig in Seine Gedanken
einzugehen, aus Mangel an geistlichem Verständnis,
aus Mangel an Glauben. Und was hat Jesus nicht alles
für uns getan! Sollte uns geholfen werden, dann war
nicht, wie bei Lazarus, ein Machtwort genügend. (V. 43.)
Sollten wir aus unserem Elend, unserer Not, unserem
sündigen Zustand errettet werden, dann mußte Er unseren
Platz einnehmen, dann mußte Er zur Sünde gemacht
werden. Das war der einzige Weg zu unserer Rettung!
Nicht einer von denen, die wir in den Versen 33—37
reden hören, hat die Bedeutung jener Stunde verstanden.
Nicht die Dinge oder Umstände haben den Herrn Jesus
erschüttert, nein. Er erschütterte s i ch. Die Ursache der heftigen
Bewegung des Herrn war in erster Linie die Macht
des Todes, die so sichtbarlich am Grabe des Lazarus in
Erscheinung trat.
Doch dürfen wir gewiß in dem Verhalten unseres
teuren Herrn auch Seine Teilnahme an dem Leid der Familie
erblicken. Es war hier wie bei allen Heilungen, die
Er an Kranken und Schwachen vollzog: Er fühlte mit.
„Fürwahr, Er hat unsere Leiden getragen, und unsere
Schmerzen hat Er auf sich geladen." Er fühlte tief das
Leid der beiden Schwestern. Selbst wir fühlen angesichts
des Todes, wenn eins unserer Lieben abgerufen worden
ist: Das sind die Folgen der Sünde. Was muß der Anblick
des Todes für Ihn gewesen sein, der sich die Auferstehung
und das Leben nennen konnte! Wenn der Tod
— 65 —
schon für die Menschen etwas so Schreckliches ist (V. 3y),
wieviel mehr dann für Ihn!
Viele werden in unserer Zeit durch den Tod weggenommen.
Aber wir dürfen uns auch dabei des Mitgefühls
unseres liebenden Herrn erfreuen. Daö ist ein Trost für
uns in allen Lebenslagen^
Beim Lesen von Vers 40 könnte man meinen, er
greife auf Vers 4 zurück, wo der Herr von der „Herrlichkeit
Gottes" gesprochen hatte. Aber daö ist nicht der Fall.
In Vers 40 wendet sich der Herr an Martha, und
Seine Worte beziehen sich auf die Verse 25 u. 26, wo Er
gesagt hatte: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.
... Glaubst du dies?" Jetzt erinnert Er sie: „Habe ich dir
nicht gesagt, wenn du glauben würdest, so würdest du
die Herrlichkeit Gottes sehen?" Es war etwas wunderbar
Herrliches, was der Herr ihr mitgeteilt hatte, und ihre
Seele hätte schon im voraus davon genießen können, aber
sie glaubte nicht, weil sie nicht begriff.
In der Auferweckung des Lazarus sehen wir die Herrlichkeit
Gottes, und zwar geoffenbart in der Herrlichkeit
des Sohnes. In Kap. 42, 28 sagt die Stimme aus dem
Himmel: „Ich habe ihn (meinen Namen) verherrlicht
(das war bei der Auferweckung des Lazarus der Fall) und
werde ihn auch wiederum verherrlichen". Diese Verherrlichung
Seines Namens sollte durch die Auferstehung Christi
selbst geschehen.
Wie überwältigend muß es doch für die Umstehenden
gewesen sein, als Lazarus aus dem Grabe kam, vor
allem auch für die Schwestern! Jesus, der Herr, drang
in das Haus des Starken ein und raubte ihm seinen
Hausrat.
— 66 —
Bevor der Herr Lazarus auferweckte, läßt Er den
Stein wegnehmen. Das war in diesem Falle nötig. Bei
der Auferstehung des Herrn selbst wurde der Stein von
Engeln weggewälzt, aber nur zu dem Iweck, um zu
zeigen, daß das Grab leer war; und während bei Lazarus,
der, an Füßen und Händen gebunden, aus dem Grabe
kam, der Herr den Umstehenden gebieten muß: „Löset ihn
auf und laßt ihn gehen!" wurden bei der Auferstehung des
Herrn die leinenen Tücher durch einen Engel zusammengewickelt.
Alles bewies Seine göttliche Herrlichkeit.
Am Grabe des Lazarus gibt es keine Erscheinungen
strahlender Pracht oder himmlischen Glanzes wie bei der
Auferstehung des Herrn. Der Herr spricht nur ein Wort.
ES ist die sittliche Herrlichkeit Gottes, die hier geschaut
wird, nicht die Herrlichkeit des Himmels. Doch wie erhaben
ist diese sittliche Herrlichkeit! „Herr, er riecht schon,
denn er ist vier Tage hier", hatte Martha gesagt. Aber
ob Lazarus vier Tage oder vier Jahre im Grabe gelegen
hätte, war für den Herrn dasselbe. In jedem Fall hatte
sich die ganze Macht des Todes bereits an Lazarus erwiesen.
Der Herr hatte die Dinge sich so weit entwickeln lassen,
weil die Herrlichkeit Gottes geschaut werden sollte.
Wie wird erst diese Herrlichkeit sich entfalten, wenn einmal
der Schall der letzten Posaune in die Gräber aller
in Jesu Entschlafenen dringen wird!
Auch bei der Auferstehung der Gläubigen braucht
kein Stein weggewälzt zu werden. Lazarus wurde in seinem
„natürlichen" Leibe auferweckt. Deshalb mußte der
Stein weggewälzt werden. Die Gläubigen dagegen werden
in „geistigen Leibern" auferweckt werden (vcrgl.
1. Kor. 45, 44), in denen sie durch Gräber und Türen hin-
67
durchgehen können. Ihre Auferstehung wird der des Herrn
Jesus gleich sein. In einem Augenblick werden die Entschlafenen
unverweslich auferstehen, während die Lebenden
in einem Nu verwandelt und Auferstehungsleiber empfangen
werden.
Lazarus wurde nicht dadurch auferweckt, daß der Tod
zunichte gemacht worden war (vergl. b. Kor. 45, 54. 55),
sondern durch das Machtwort des Sohnes Gottes. In
Kap. 5, 25 lesen wir, daß die Toten die Stimme des Sohnes
Gottes hören, und daß die, welche sie gehört haben,
leben werden. Aber dort handelt es sich nicht um die leibliche
Auferweckung, sondern um geistliches Leben. Der Herr
redet an jener Stelle symbolisch. Geistliches Leben wird
dem Menschen mitgeteilt, der durch die Sünde tot ist.
Nachdem Lazarus aus den Toten auferweckt worden
ist, steht er noch an Händen und Füßen gebunden da. Die
Umstehenden lösen dann auf des Herrn Geheiß die Tücher
auf. Hat dies auch eine geistliche Bedeutung? Sicherlich.
Es steht in Verbindung nut der Befreiung des Gläubigen.
Leben aus Gott gibt der Herr allein. Das Gnadenwerk
aber, einander von allerlei Banden zu befreien, überläßt
Er den Seinigen.
Welch eine schöne Aufgabe war es, Lazarus von seinen
Banden zu befreien! Und welch eine hohe Aufgabe ist
uns gestellt, um sie an denen zu verrichten, die neues Leben
empfangen haben! Ja, in dem Maße, wie wir selber
mehr und mehr den Reichtum der Gnade unseres teuren
Herrn kennen lernen, werden wir alle stets freier und
glücklicher, und werden unsere Augen geöffnet werden,
um Gottes Herrlichkeit mehr und mehr zu erkennen.
68
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lortnther
XIII.
Kapitel 12.
Das vorliegende Kapitel ist, wenn ich mich so ausdrücken
darf, ein Lehrgang „geistlicher Physiologie"?) Wie
diese Wissenschaft die Bestimmung und die Verrichtungen
der Organe des menschlichen Körpers erklärt und was sie
leitet, so zeigt uns hier der Heilige Geist die Beziehungen
der Organe des Leibes Christi zueinander, die besonderen
Verrichtungen eines jeden einzelnen, den Endzweck,
dem alle zustreben sollen, sowie die alleinige Quelle aller
Tätigkeit dieses Leibes. Kapitel 14 stellt uns den Leib sodann
dar in bezug auf die einträchtige Betätigung seiner
Organe. Wenn nun schon die Beobachtung des menschlichen
Körpers in seinen Lebensverrichtungen ein wunderba­
res Schauspiel bietet, wie stellt sich erst in dieser Hinsicht
der Leib Christi dar! Aber da ist es nötig, daß alle Glieder
eines Sinnes sind, indem jedes seinen Platz einnimmt,
jedes bei seiner Verrichtung bleibt, und indem
sie, einzeln und alle zusammen, ihre Kraft aus der Q u e l-
l e schöpfen — denn dafür sind sie verantwortlich —, auf
daß, wie es heißt, „keine Spaltung in dem Leibe sei".
(V. 25.) Das ist es, was die Korinther (und wir alle mit
ihnen) in besonderer Weise zu lernen hatten.
Laßt unS nun zuerst sehen, wie dieses Kapitel den
Leib darstellt. Wie schon gesagt, haben wir hier nicht wie
*) Physiologie Lehre von den Lebensgesetzen der organischen
Körper.
69
im Brief an die Epheser den Leib Christi in seiner Vereinigung
mit seinem verherrlichten Haupt im Himmel, sondern
den Leib an dem Platz, den er hienieden in den Augen
Dessen einnimmt, der sein Haupt ist. Dieser Leib wird
„der Christus" genannt. (V. 72.) Er ist eins mit
Ihm, oder besser gesagt/Christus macht ihn eins mit sich
selbst. Daö war die erste Wahrheit, die Saulus von Tarsus
auf seinem Wege nach Damaskus zu lernen hatte.
„Was verfolgst du mich?" rief der Herr dem Manne
zu, der Ihn in Seinen Gliedern auf der Erde wutschnaubend
verfolgte. In ihrer Gesamtheit stellten sie Christum
hienieden dar. Sie bildeten ein aus verschiedenen Gliedern
zusammengesetztes Ganzes, das durch den Heiligen
Geist unauflöslich mit Christo verbunden war — ein Ganzes,
das der Leib Christi genannt wird: „Ihr aber
seidChristiLeib, und Glieder insonderheit". (V. 27.)
Sehr beachtenswert ist, daß hier die Versammlung
in Korinth der Leib Christi genannt wird. Diese Bezeichnung
gilt also nicht nur der Gesamtheit der Gläubigen,
aller derer, welche „an jedem Orte Seinen Namen anrufen",
sondern auch der Darstellung dieses Leibes in einer
örtlichen Versammlung, hier in Korinth. Man wird einwenden,
daß es eine Versammlung, die, wie damals, alle
an einem einzigen Ort versammelten Gläubigen umfaßt,
heute nicht mehr gibt. In der Tat ist das, was der Herr
in Korinth und „an jedem Orte" eingerichtet hatte, durch
die Schuld derer zerstört worden, denen die Verantwortlichkeit
dieser Darstellung anvertraut worden war. Aber
wen» wir auch diesen ursprünglichen Charakter der örtlichen
Versammlung verloren haben und ihn nicht wieder
herbeiführen können, wenn durch unsere Schuld alles in
70
Verfall geraten ist, so stehen wir doch nicht hilflos da.
Wir wissen aus Matth. *l8, daß eine Versammlung durch
zwei oder drei dargestellt werden kann, die sich in Seinem
Namen und nach dem Grundsatz der unzerstörbaren
Einheit des Leibes Christi versammeln. So sind dieses
Kapitel und die nachfolgenden ebenso verbindlich für uns,
wie sie es in jener Blütezeit der Versammlung zu Korinth
für die damalige Zeit waren. Laßt sie uns daher auf uns
anwenden, und entziehen wir uns nur nicht den Pflichten,
die sie uns auferlegen!
Nachdem wir gesehen haben, wie dieser Brief den
Leib betrachtet, wollen wir jetzt Ursprung und Quelle der
Verrichtungen seiner verschiedenen Organe prüfen. Diese
Quelle ist der Heilige Geist. Bevor aber der Apostel
hierauf eingeht, warnt er die Korinther vor der Gefahr jener
übersinnlichen Offenbarungen, wie sie im Heidentum
vorkamen, von dem sie ausgegangen waren. (V. "l — 3.) Es
bestand für sie die Möglichkeit, die Wirksamkeit böser Geister
mit der des Heiligen Geistes zu verwechseln. Ein satanischer
Geist war wohl imstande, Wunder zu tun, wie
einst Jannes und Jambres eö getan hatten; er konnte sowohl
in Sprachen reden als auch außergewöhnliche Dinge
hervorzaubern, um die Seelen sich nachzuziehen. Und ich
möchte fragen: Sind etwa diese Gefahren seitdem verschwunden?
Wohl hat das Heidentum in unseren Ländern
der Christenheit Platz gemacht, aber — es ist schrecklich,
dies feststellen zu müssen — diese letztere ist selbst ein
Tummelplatz der Geister der Finsternis geworden! Wieviele
derartige Erscheinungen können wir in unseren Tagen
beobachten! Der Spiritismus in all seinen vielen Formen
gewinnt immer mehr Anhänger. Möchte man nicht
— 74 —
sagen, daß das christliche Haus, wie es einst das jüdische
sein wird, bereits von sieben Geistern, böser als der erste,
bewohnt wird? (Vergl. Matth. 42, 44. 45.) Der Apostel
gibt den Korinthern ein Mittel an die Hand, um solche
Geister zu unterscheiden. Er sagt ihnen, was der Geist Gottes
immer tun wird, was dagegen die bösen Geister nie
tun. Der Heilige Geist erkennt die Autorität des Herrn
Jesus an; die bösen Geister dagegen leugnen sie und fluchen
ihr sogar. „Niemand sagt, im Geiste Gottes redend:
Fluch über Jesum! und niemand kann sagen: Herr Jesus!
als nur im Heiligen Geiste." (V. Z.)
Mit dem Heiligen Geist ist es nicht wie mit den Geistern
des Heidentums, das die Korinther verlassen hatten:
ihrer waren viele. Er aber ist Einer. Er ist auch nicht
ein Einfluß, sondern eine Person: Er teilt einem jeden
insbesondere aus, wie Er will. (V. 41.) Ja, noch viel
mehr: Er ist Gott. Derselbe Geist reicht dar. Dem-
selbenHerrn gehören die verschiedenen Dienste. Derselbe
Gott wirkt alles in allem, und wie Er, so wirkt
dieser selbe Geist alles. (V. 5. 6. 44.) Der Geist teilt
die Gaben aus, so wie im Brief an die Epheser Christus
sie gibt. (Eph. 4, 8.)
Aber wenn wir auch durch einen Geist zu einem
Leibe getauft worden sind, so teilt ihm eben dieser Geist
doch verschiedene Gnadengaben aus. Es besteht also
Verschiedenheit in der Einheit. „Nun aber sind der Glieder
zwar viele, der Leib aber isteine r." „Denn auch der
Leib ist nicht ein Glied, sondern viele." (V. 20 u. 44.)
Jedes Glied hat seinen ihm angewiesenen Platz in der Gesamtheit
des Leibes. Kein Organ kann ein anderes ersetzen.
„Wenn aber alle ein Glied wären, wo wäre der Leib?"
72
(V. 7Y.) Ein Organ kann sich auch nicht von einem anderen
trennen noch auf das andere eifersüchtig sein. Das
wäre Hochmut, und Hochmut trennt uns in praktischer
Hinsicht stets von der Gesamtheit des Leibes. „Wenn der
Fuss spräche: Weil ich nicht Hand bin, so bin ich nicht von
dem Leibe; ist er deswegen nicht von dem Leibe?" (B. 75.)
Kein Organ kann sich den Platz eines anderen aneignen;
keins genügt, um den Leib darzustellen. „Wenn der ganze
Leib Auge wäre, wo wäre das Gehör?" (V. 77.) Ein Organ
kann auch nicht ein anderes verachten oder ohne dasselbe
fertig werden. „Daö Auge kann nicht zu der Hand
sagen: Ich bedarf deiner nicht; oder wiederum das Haupt
(das höchste Organ) zu den Füßen (den niedrigsten): Ich
bedarf euer nicht." (V. 27.)
Die Ausführungen des Apostels sind in zwiefacher
Hinsicht von Bedeutung. Erstens stellen wir die Einheit
des Leibes Christi nicht wirklich dar, wenn nicht jedes
Glied und jedes Organ den ihm vom Geiste Gottes angewiesenen
Platz einnimmt. Zweitens darf man nicht nach
einer Sonderstellung trachten, denn das hieße sich von
dem Leibe trennen, den Gott gebildet, und an dem Er uns
gesetzt, wie es Ihm gefallen hat. (V. 78.) Die
Verwirklichung der Einheit schließt den eigenen
Willen aus.
Ferner sind die Glieder des Leibes gegenseitig verantwortlich.
Um jede Neigung eines Gliedes, sich mit seinen
Vorzügen anderen gegenüber zu brüsten, zu unterdrücken,
hat Gott Sorge getragen, die Organe des Leibes,
welche die unehrbareren zu sein scheinen, zu bekleiden, um
so die Wichtigkeit darzutun, die Er ihnen beimißt. So
sind die verborgensten Organe, wie Herz, Nieren, Magen
73
usw., die am meisten umkleideten, und ohne sie wäre in der
Tat jedes Leben im Leibe unterbunden. Also sind die Glieder
dazu gesetzt, sich gegenseitig behilflich zu sein, und nicht
dazu, einander zu bekämpfen oder gar zu verdrängen, „auf
daß keine Spaltung in dem Leibe sei, sondern die Glieder
dieselbe Sorge füreinander haben möchten". (V. 25.)
Was ist nun der Zweck dieser einträchtigen Tätigkeit
der Organe? Der Nutzen! „Einem jeden aber wird die
Offenbarung des Geistes zumNutzen gegeben." (V. 7.)
Wenn wir das verstanden haben, werden wir nicht dulden,
daß unsere Tätigkeit innerhalb des Leibes irgendwie gehemmt
werde, sondern werden, indem wir uns Rechenschaft
geben von dem, was uns zu tun obliegt, unsere
Verrichtung treu zu erfüllen suchen, im Gedanken an den
Nutzen, den das Ganze daraus ziehen soll. Leider antworten
viele Glieder am Leibe Christi auf diese Ermahnung
mit völliger Untätigkeit. Unsere geistliche Trägheit findet
es bequemer, andere an unserer Stelle tätig zu sehen, und
wir reden uns gern ein, daß am Leibe Christi ganz gut ein
Glied das andere vertreten und dessen Verrichtung übernehmen
könne. Das heißt aber den Gedanken des Heiligen
Geistes widersprechen. Laßt uns doch dieses Kapitel wieder
und wieder lesen, und möchte ein jeder von uns sich
fragen: Entsprichst du dem, was Der von dir erwartet,
der „einem jeden insbesondere austeilt, wie Er will"?
Wir leiden es gern, daß ein oder zwei Gaben unter den
Kindern Gottes ausgeübt werden, während viele andere
völlig brachliegen. Ist das aber der ordnungsmäßige Zustand
des Leibes Christi?
Von den Verrichtungen der Gaben geht der
Apostel in Vers 27 zu ihrer Aufzählung über, denn
74
in der Versammlung zu Korinth fehlte keine Gnadengabe.
(Vergl. Kap. 4, 7.) Zu beachten ist, daß Paulus am Anfang
des Kapitels von Gaben geredet hat, die man „g e -
legentliche" nennen könnte: das Wort der Weisheit,
das Wort der Erkenntnis und Glaube. Diesen Gaben läßt
er solche folgen, denen er einen untergeordneteren Platz
anweist: Heilungen, Wunderwirkungen, Prophezeiung
(meines Erachtens handelt es sich hier einfach um Voraussagung
zukünftiger Dinge), Unterscheidung zwischen bösen
Geistern und dem Geiste Gottes, sowie Sprachen. Am Ende
des Kapitels stellt der Apostel zunächst die bleibenden
Gaben vor Augen: Apostel, Propheten, Lehrer.
(V. 28.) Ihnen läßt er dann, wie im ersten Fall, Gaben
folgen, denen er denselben niedrigeren Platz anweist: Wunderkräfte,
Heilungen, Hilfeleistungen, Negierungen, Sprachen.
Dadurch wurde das Trachten der Korinther zunichte
gemacht, diese letzteren Gaben wegen des persönlichen Ansehens,
das sie ihnen verschafften, an die erste Stelle zu
rücken. In beiden Fällen nehmen die Sprachen den letzten
Platz ein. Übrigens sind diese Wundergaben der ersten Zeiten
der Versammlung sehr bald verschwunden.
Die Aufzählung der „größeren Gnadengaben", d. h.
der Apostel, Propheten und Lehrer, weicht darin von derjenigen
in: Epheserbrief ab, daß dieser noch die Evangelisten
nennt, deren Betätigung für das Bilden des Leibes
von Bedeutung ist. Der Brief an die Korinther erwähnt
die Evangelisten überhaupt nicht, weil er von den Verrichtungen
des Leibes redet, und nicht von der Art
und Weise, wie er gebildet wird. Die Apostel sind die
Vertreter der Autorität, die Propheten die der Offenbarung,
die Lehrer die der Unterweisung. Diese drei Gaben
75
bleiben bestehen, die erstere insofern, als sie ein für allemal
den Grund im geschriebenen Wort gelegt hat. Die Bedeutung
und die Rolle der zweiten werden wir im 14. Kapitel
finden, und die dritte fehlt nie, wenn es sich darum
handelt, durch die Erkenntnis des Wortes zu wachsen.
Diese drei Gaben werden „größere" genannt, aber der
Apostel spielt besonders auf die beiden letzteren an, wenn
er den Korinthern empfiehlt, um sie zu „eifern", denn
der Grund kann nicht von neuem gelegt werden. Die Aufforderung,
nach diesen zu trachten, richtet sich aber ebensogut
an uns, wie an alle, welche den Namen des Herrn
anrufen.
Sas samarttische
in.
„Dieses Wasser"
(Zoh. 4, 13—15)
„Jesus antwortete und sprach zu ihr:
Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird
wiederum dürsten."
„Jeden, der von diesem Wasser trinkt,
wird wiederum dürsten" — das ist eine so einfache
Tatsache, daß jeder sie zugeben muß. Und doch, wie
viel ist damit gesagt! Immer läßt es neuen Durst entstehen,
immer neues Dürsten, nie ein Stillstand. Und was
dann? Dann kommt das Verdursten, das — Sterben.
Ist damit der Durst gestillt? Manche wähnen das. Aber
dann erst kommt das wahre, ewige Dürsten. „Es ist
dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach — ja, da-
76
nach aber das Geri ch t." Das ewige Darben und Dürsten!
Wie viele Wasser werden gesucht und getrunken!
Aber so viele hienieden, ebenso viele Wasser deö Todes.
„Jeden, der von diesem Wasser trinkt,
wird wiederum dürste n." Man könnte es über jeden
Brunnen schreiben. Und nicht nur über diese, nein,
überall, wo Menschen schöpfen, wo sie ihren Durst durch
irdische, durch menschliche Mittel zu löschen trachten. Von
Vergnügen zu Vergnügen, von Stätte zu Stätte eilen sie.
Ein kurz vorübergehendes Genießen, bald wieder Enttäuschung,
Leere, immer wieder Durst. Selbst die Stätten der
Wissenschaft und der Künste — wie hoch werden sie gepriesen
—: Sind's Brunnen lebendigen Wassers? Löschen
sie je wahren Durst? Trinken, trinken ist der Zeiten Ruf
und Drang. Der Durst ist gewaltig. Zu den Brunnen
läuft, rennt alles. Immer neue tun sich auf, werden gegraben.
Überall werden sie angepriesen. Die meisten trinken
nach der Väter Weise aus liebgewordenen Brunnen an
althergebrachten Stätten. Und wie wenige merken die
Krankheit ihres Dürstens, diese schleichende, diese immer
tödliche Krankheit!
Des einen Versuchungen sind sinnlicher Art. Sinnliche
Neigungen, unreine Gedanken machen ihm zu schaffen.
Er folgt seiner Lust, geht Wege der Sünde. Was ist
das Ende? Bitterkeit über Bitterkeit. Ist er aufrichtig,
und kommt er, wie er ist, in das Licht Gottes, so wird
das tiefe Bewußtsein seines Zustandes ihn ins Selbstgericht
treiben.
Bei dem anderen sind es die Triebe der Eigenliebe.
Der Hochmut, der Selbstsuchtskitzel, die „Ichsucht"
— auch auf geistlichem Gebiet — verblenden ihn.
77
Oder Neid und Habsucht sind es, die ihn umstricken.
Gegenüber den Äußerungen und Folgen unreiner Leidenschaften
entziehen sie sich mehr oder weniger der äußeren
Wahrnehmung. Je mehr sie aber dem Betreffenden selbst
verborgen sind, eine desto größere Gefahr bilden sie durch
ihre steten, andauernden Wirkungen. Die Herzen verdorren.
Unmerklich geraten sie in einen Zustand der Erstarrung,
in dem sie zuletzt kaum noch etwas fühlen. Die „Ichsucht"
denkt nur an sich. Liebe denkt an andere. Es gibt
auch eine geistliche „Ichsucht". Ihre Worte fließen wie
Ol, aber im Innern ist Stein, harter, glatter Stein, ein
triefender Felsen.
Die fleischlichen Genüsse, in denen das Weib lebte —
hatten sie ihr Befriedigung gewährt? Ach, je feuriger die
menschliche Natur, umso heißer das Dürsten! Die Leere
in ihrem Herzen war immer größer geworden. Hatten die
Genüsse ihren Durst gelöscht? Sie hatten ihn nur gesteigert,
hatten sie nur elender gemacht. Wie viel enttäuschte
Hoffnungen, zerstörte Illusionen! Sie war vor dem
Äußersten nicht zurückgeschreckt. Auf dieser abschüssigen
Bahn gibt es keinen Halt. Ein Schritt auf ihr zieht den
anderen nach sich. Wie oft mochte sie sich Besserung gelobt
haben! Am Morgen Reue. Am Abend nahte die Versuchung,
und alles war vergessen. Immer tiefer war sie
gesunken. Schmach und Schande hatte sie über sich gebracht.
O, die Sünde baut nicht auf. Sie zerstört, sie zerreißt,
oder sie stumpft ab, macht unempfindlich. Trümmerfelder
säumen ihre Bahn. Verbrannte Stätten, leere Orter
bezeichnen ihren Weg.
„Das ist das tiefste Herzeleid,
Wenn um die Sünde die Seele schreit."
78
Die „W urzelalles Übels" nennt der Herr die
Habsucht. Wenn wir in Seinem untrüglichen Licht ihre
Wirkungen fühlen — sollte ihre Verurteilung uns weniger
am Herzen liegen? Unsere Eigenliebe, der wir auf
Schritt und Tritt unterliegen, sollte sie uns weniger ins
Gebet treiben? Man kann dabei geneigt sein, im Vergleich
zu den Gekennzeichneten der vorgenannten Klasse, der eigenen
Tugendhaftigkeit ein besonderes Verdienst zuzuschreiben.
Auf keinem Gebiet steckt ja der Pharisäer so tief in
uns wie auf diesem. Vom Standpunkt der Ehrbarkeit und
Unbescholtenheit ist man gewöhnt, auf jene tief herabzusehen.
Aber vor dem Herzenskündiger stehen sie vielleicht
in ganz anderem Licht. Im Heiligtum wird anders gewogen.
Dort wird mit einem anderen Maßstabe gemessen. Ein
zerbrochenes Herz, ein gedemütigter Geist steht höher im
Wert bei Ihm als einer, der den Schild seiner Tugend so
blank wähnt. Wie kam es, daß Nikodemus die Tür sozusagen
verschlossen fand, das samaritische Weib dagegen
fand sie weit geöffnet? Die Ursache lag nicht beim Herrn,
sie lag in Nikodemus. Bei Nikodemus trat Ihm der Wissensdünkel,
das Standesbewußtsein, das Vorurteil entgegen.
Nikodemus war durchaus nicht bereit, sich, sein
Leben aufzugeben. Das Evangelium, das sich an Sünder
richtet, fand bei ihm keinen Raum. Lauter Hindernisse
waren zu überwinden. Das Weib hatte wahre Bedürfnisse,
wenn sie sie im Anfang auch nicht verstand. Sie kam, wie
sie war. Sie wollte nicht besser scheinen. Auf eigene Gerechtigkeit,
Tugendhaftigkeit, Ehrbarkeit konnte sie nicht
pochen. Ihr konnte Er in Gnade begegnen. Das Evangelium
ist die gute Botschaft der Liebe Gottes für verlorene
Sünder.
— 7Y —
„W er irgend aber vondemWasser trinken
wird, daö ich ihm geben werde, den wird
nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das
Wasser, daö ich ihm geben werde, wird in
ihm eine Quelle Wassers werden, daö ins
ewige Leben quill t."
„W erirgendaber" — nicht alle kommen, nicht
alle lassen es sich darreichen, nicht alle trinken. Aber wer
irgend trinkt — keiner ist ausgeschlossen, es sei denn, er
schließe sich selber aus. Auch kein anderer kann es geben,
keine menschliche Autorität, sei es selbst ein „Vater Jakob".
Wer irgend aber — es gehört ein Wille dazu, eine
Entscheidung für den Geber selbst.
„Das ich ihm geben werde." Iu der Entschließung
gehört die Bitte. Wie freundlich ist die Ermunterung
dazu! Er hat sie ihr vorhin schon nahegelegt.
„Wenn du kenntest, so würdest du gebeten haben." Von
dieser Voraussetzung ist natürlich die Erfüllung des Anerbietens
— „das ich geben werde" — abhängig. Wer
aber trinkt — es ist ein Fahrenlassen der einst so gesuchten
Wasser, ein Verzicht auf alle bisher so geschätzten
Brunnen. Eine Entschließung für dieses Wasser ausschließlich
— für kein anderes mehr — ist damit verbunden,
eine Entscheidung nicht nur für die Gabe,
sondern zugleich für den Geber. Es soll auch nicht nur
ein Kosten, ein Versuchen sein, nein, ein volles, ganzes
Trinken, ein fortgesetztes Nehmen und Empfangen dessen,
was E r selbst in dieser Gabe geben möchte. Wer so trinkt,
findet nicht nur Befriedigung seiner Bedürfnisse hienieden
für eine Zeit. Dessen Durst wird in Wahrheit gestillt.
Er wird volles Genüge haben hier und dort. Ihn wird
80
„n ichtdürsteninEwigkei t". Lebenswasser, Ewigkeitswasser,
fort und fort, unaufhörlich. Wohl hat man
es in sich selbst, aber nur als göttliche Gabe, immer in
Verbindung mit Ihm. Ich werde es geben. Nicht
ist's ein Trinken wie früher, in ungestilltem Drang, von
Durst zu Durst, von Pein zu Pein. Kein täuschender Wechsel
der Selbstbefriedigung, nein, Leben, volles Genüge,
Friede, tief wie ein Strom, Gnade in Fülle, immer weiter,
immer herrlicher, unermeßlich wie das Meer, in das
alle Wasser fließen. „Aus Seiner Fülle haben wir alle
empfangen, und zwar Gnade um Gnade."
Als ein bewegliches Bild und Gleichnis zieht sich durch
das ganze Wort Gottes das Wasser, „das Wasser des Lebens".
Es gibt diesem Wort oft die tiefere Bedeutung,
Farbe und Klang, Schönheit und Fülle. Im letzten Kapitel
der Offenbarung bricht aus dein Throne Gottes und des
Lammes hervor der „Strom des Wassers des Lebens".
(Offbg. 22, t—S.) „Und wen da dürstet, der
komme; wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst."
(V. 77.) Ja, es ist das Wasser, das Leben wirkt
und Leben gibt, Leben aus Gott, ewiges Leben, das „in ihm
eine Quelle Wassers wird, das ins ewige Leben quillt".
„Quillt", „eine Quelle".
Du hast sicher auch schon vor einer Quelle gestanden.
Was hatte sie dir zu sagen? Aus der Tiefe dringt'S
hervor, unaufhörlich, unerschöpflich. Wie es emporquillt,
— du siehst keinen Zufluß, es quillt und quillt aus verborgener
Tiefe und Kraft, geheimnisvoll. Du stehst auch
vor einem „Woher und Wohin". Die Quellen unserer
Flüsse und Ströme habe ich mit Vorliebe aufgesucht. Ich
konnte sie nur mit einem Gefühl der Ehrfurcht betrachten.
— 8r —
An ihrer Stelle sind sie eingesenkt, brechen hervor, strömen
fort und fort. Großes, Gewaltiges hat hier oft einen
geringen Anfang. Jede hat ein Endziel, das Meer. Sie
erinnern mich ganz besonders an Gottes Größe und Kraft,
geoffenbart in der Schöpfung, an den gewaltigen Kreislauf
in ihr, an das „als noch keine Quellen waren, reich
an Wasser". Wasser ist das eigentliche Symbol der lebenden
Schöpfung, ihr Lebenselement. Wo kein Wasser ist,
ist kein Leben; ohne Wasser ist sie tot. Wasser kannst du
nicht fesseln. Du kannst es wohl aufhalten, aber es steigt
und steigt. Es muß seinem Drang gehorchen. Seine Natur
ist Bewegung, sein Trieb, daß es fließt, daß es quillt.
In sich selbst hat der Mensch keine Quelle. Er muß
stets zu anderen Quellen laufen, aus anderen Quellen
schöpfen. Alle Quellen der Weltlust, alle Brunnen der
Weltweisheit, mögen sie noch so lustig springen und sprudeln,
aus einer noch so großen Tiefe zu strömen scheinen,
sie sind keine wahre innere Quelle. Wenn's darauf ankommt,
halten sie nicht stand, lassen im Stich, einmal
versiegen sie doch. Innerlich befriedigen sie dich nicht. Den
ewigen Durst, den unstillbaren, stillen sie nimmer. Sie
hinterlassen nur einen umso größeren Durst, die „ewig
brennende Pein". Im besten Falle „quille n" sie in dieses
kurze vergängliche Leben. Sie scheinen zu quillen.
Wahres Quellwasser ist nur das Leben des Geistes aus
Gott, das Er wirkt, Lebenswasser, das Seine Gabe ist.
Wer es empfängt, in dem wird es zu einem Quellbrunnen,
zu einer Quelle, eingesenkt in sein Inneres. Zu anderen
Quellen braucht ein solcher nicht mehr zu gehen. Er hat
diese Quelle in sich selbst. In ihm quillt sie fort und
fort. In erster Linie sprudelt sie für ihn, ihn zu laben, zu
82
erquicken. Dann soll sie auch für andere strömen. Erst muß
ich selbst getränkt sein, wenn sie durch mich zu anderen
fließen soll. Das wird sie ganz von selbst tun, wenn ich ihr
freien Lauf lasse. „Wer an mich glaubt, gleichwie die
Schrift gesagt hat, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen
Wassers fließen." (Ioh. 7, 38.) Diese Quelle in mir
versiegt nicht mehr. Auch was sie hervorbringt, ihr Wasser,
ist von einer ganz anderen Beschaffenheit, von ganz
anderem Geschmack. Es entspricht ganz anderen Bedürfnissen,
einer völlig veränderten Natur. Es gewährt nicht
nur bleibende, sondern stets reichlichere Genüsse. Daö
Ewige wird uns vertraut. Himmlische Erquickungen durchströmen
daö Herz. Tiefe, lebendige, bleibende Hoffnungen
erfüllen es. Diese Quelle quillt nicht nur für das gegenwärtige
Leben, begleitet nicht nur seinen kurzen Lauf, sie
geht mit hinüber in jenes Leben, ist gewissermaßen ein Anfang
davon. Sie strömt hinein in des ewigen Lebens Fülle.
Sie kehrt zurück zu ihrem Urquell, zu Gott, aus dem sie
stammt. Wie das Meer aller Quellen eigentlicher Ursprung
ist, und alle Quellen wieder zu ihm fließen, so kehrt das
Ewige zum Ewigen zurück.
„Das Weib spricht zu Ihm: Herr, gib
mir dieses Wasser, damit mich nicht dürste,
und ich nicht hierher komme, um zu schöp-
f e n."
Das ist eine Antwort, die vielen nicht gefällt. In den
Rahmen einer Bekehrung paßt sie schlecht hinein. Zwar hat
sie den Herrn insofern nicht ganz mißverstanden, daß Er
nur ein „Wunderwasser" für alles leibliche Genügen
meine. Seine Worte vom „ewigen Leben" haben wohl
einen Eindruck auf sie gemacht, aber-------- finden wir in
83
ihrer Antwort nicht etwas von dem dem natürlichen Menschen
so nahe liegenden Ausweichen, wenn eine Sache ihm
unbequem wird? Wenn er sie auch nicht recht hat verstehen,
nicht hat fassen können, er will sich doch keine Blöße
geben. Das Zeugnis Gottes hat er wohl gespürt, aber er
sucht ihm eine natürliche Wendung zu geben. So redet er
etwas, wovon er sich im Augenblick keine Rechenschaft
gibt, bei dem er sich selbst nichts Rechtes denkt. Zwischen
dem Ahnen eines höheren Sinnes und den: Herabsinken
zum niederen hin und her schwankend, bleibt er in dem
niederen hangen.
Aber eins ist doch erreicht. Sie sagt: Gib mir!
Sie bittet. Darauf hat der Herr es von vornherein angelegt.
Sie bittet auch um „dieses Wasser", das Wasser,
das Er hat, das Er geben kann. Sie will also doch ein
anderes Wasser, als sie es zu schöpfen gewohnt ist.
Aber obwohl sie den Unterschied macht, bringt sie doch den
alten Sinn hinein, klebt sie an der alten Vorstellung.
„Damit ich nicht hierher komme." Der
Wunsch, nicht mehr kommen, nicht mehr schöpfen zu müssen
— ist es nicht auch der Ausdruck ihres unbefriedigten,
ihres stets enttäuschten Herzens? Ist es nicht das Verlangen
dieses Herzens nach Ruhe und Frieden? „Damit
ich nicht hierher komme!"
Wie weit Sein Anerbieten für das bedürftige Herz
verstanden werden, wie weit es Eingang finden mochte,
mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls hält der Herr den
Zeitpunkt für gekommen, einen anderen Weg einzuschlagen.
Er, der große Seelenkundige, weiß den richtigen
Augenblick zu treffen. Er weiß: die Verheißung des Heils,
der freundliche Zuspruch des Evangeliums können nicht
84
eher in einem Herzen Wurzel fassen, bis die Überführung
der Sünde hinzukommt. Dem verlangten Trost, der
Hilfe muß die freie Bahn gebrochen sein. Ihr Bitten kann
Er nur gewähren, indem Er ihr Bekenntnis hervorlockt.
Er kann es ihr nicht ersparen. An die Stelle ihres:
„damit ich nicht hierher komme", tritt Sein:
„kommher,aberbringedeineSündenmi t".
Das Berühren ihrer Schuld kann Er nicht umgehen. Sie
muß aufgedeckt werden. Aber Er sagt nicht mehr als nötig
ist, kein Wort. Wie zart Er sie anfaßt! Er, der ihre Umstände
genau kennt, legt nur den Finger auf die wunde
Stelle, nicht mehr.
Sein V>eg
„Ich will dich unterweisen und dich lehren den
weg, den du wandeln sollst; mein Auge auf dich richtend,
will ich dir raten." (Psalm 32, 8.)
Der eigne Weg — ich hab' gesehen,
wie manchen er zu Fall gebracht.
Erst ist es ein gar sonnig Gehen,
Dann aber düstre, dunkle Nacht.
Der eigne Weg — auch ich erwählte
Ihn öfters schon, bis ich erfuhr,
Daß mir der Segen Gottes fehlte
Auf solcher selbstgewählter Spur.
Nun ist's mein brünstiges Begehren,
Das stündlich ich im Herzen heg':
Herr, wollest meinem Fuße wehren,
Wenn er betritt den eignen Weg!
Und wollest meine Augen rühren
Zum rechten Seh'n im Wsggewühl
Und dann mich fassen und mich führen
Auf Deinem Weg ans sel'ge Ziel!
G. H.
Zn dem Schatten Seiner Klügel
„Jerusalem, Jerusalem, ... wie oft habe ich beim
Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein
versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!"
(Matth. 23, 37.)
Diese ernsten Worte sprach der Herr kurz vor Seinem
Tode weinend über Jerusalem. Gleich der Henne, die
in rührender Weise ihre Küken vor dem herannahenden
Räuber unter ihren Flügeln in Sicherheit bringt, hat der
Herr Jesus Sein Volk, das Er mit göttlicher Liebe liebte,
immer wieder gerufen und es um sich zu versammeln gesucht,
um es so aus der Hand seiner Feinde zu retten,
dem Wort des frommen Zacharias gemäß: „Gepriesen sei
der Herr, der Gott Israels, daß Er besucht und Erlösung
geschafft hat Seinem Volke, ... daß wir, gerettet aus
der Hand unserer Feinde, ohne Furcht Ihm dienen sollen".
(Luk. t, 68. 74.) Aber das arme Volk, das „die
Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannte", verwarf seinen
Erretter. Der Untergang Jerusalems war daher die unausbleibliche
Folge der Verwerfung des Messias.
Bei alledem war der Herr hier, wie immer in solchen
Stunden, nicht ohne Trost. In die Zukunft schauend, fügte
Er hinzu: „Ihr werdet mich von jetzt an nicht sehen, bis
ihrsprechet: Gepriesen sei, der da kommt im Namen
des Herrn!" Was die Väter verschmäht haben, die Kinder
werden es dankbar ergreifen. Im Blick hierauf hatte ja
schon der Prophet gesagt: „Jehova der Heerscharen wird
dXXXI 4
8b
herniedersteigen, um auf dem Berge Zion und auf Seinem
Hügel zu streiten. Gleich (über ihren Jungen) schwirrenden
Vögeln, also wird Jehova der Heerscharen Jerusalem
beschirmen: beschirmen und erretten, schonen und
befreien."' (Jes. 34, 4. 5.) Herzergreifende Worte aus
dem Munde Dessen, der hier auf dem Olberg die Zerstörung
Jerusalems beweinte! Wie wird der Überrest später
an solche und ähnliche Worte denken, wenn er seinem
Befreier zujubeln wird: „Gesegnet, der da kommt im Namen
Jehovas!" (Ps. 448, 26.) Dankbar werden sie dann
den Schutz unter den Flügeln des Gottes Israels genießen,
wenn ihnen „die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen
wird mit Heilung in ihren Flügeln". (Mal. 4, 2.)
„Wie köstlich ist deine Güte, o Gott! und Menschenkinder
nehmen Zuflucht zu deiner Flügel Schatten."
(Pf- 36, 7.)
Ebenso wie „die Gnade Gottes erschienen ist, heilbringend
für alle Menschen" (Tit. 2, 44), so bieten auch
die Flügel des Gottes Israels Schutz und Segen allen
Menschenkindern, die sich im Glauben und Vertrauen zu
diesem Gott wenden. Von dieser allumfassenden Tatsache
gibt uns die Geschichte Ruths ein wunderschönes Beispiel.
Diese Frau gehörte einem Volke an, das in besonderer
Weise unter dem Fluche stand. „Es soll kein Ammo-
niter noch Moabiter in die Versammlung Jehovas kommen;
auch das zehnte Geschlecht von ihnen soll nicht in
die Versammlung Jehovas kommen ewiglich." So hatte
das Gesetz bestimmt. (5. Mose 23, 3.) Dieses Gesetz verschloß
der Moabktin Ruth unerbittlich den Weg in die Gemeinde
Jehovas. Aber Ruth kam auch nicht, um das Ge
87
setz, sie kam, um Gnade zu suchen, und wie wurde sie
von dem Gott Israels empfangen, dessen Güte so „köstlich"
ist! Boas, der „vermögende Mann", sagte zu ihr:
„Jehova vergelte dir dein Tun, und voll sei dein
Lohn von Jehova, dem Gott Israels, unter dessen
Flügeln Zuflucht zu suchen du gekommen bist!" (Ruth
2,12.) Und dann verlieh ihr die Güte Gottes einen Platz
inmitten des Volkes, ja, fügte sie als Stamm-Mutter ein
in das Geschlechtsregister des Herrn Jesus, des Sohnes
Davids, des Königs Israels. (Matth. 1, 5.)
„Sei mir gnädig, o Gott, sei mir gnädig! denn zu
dir nimmt Zuflucht meine Seele, und ich will Zuflucht
nehmen zu dem Schatten deiner Flügel, bis vorübergezogen
das Verderben." (Ps. 57,1.)
Die Schrift redet an verschiedenen Stellen von einem
„bösen Tage" oder von „bösen Tagen". (Vergl. Eph.
5, 1b; 6, 13.) Im allgemeinen kann die ganze Zeit der
Abwesenheit des Herrn von dieser Erde als ein „böser
Tag" angesehen werden. Aber es gibt Zeiten in dem Leben
des Gläubigen, die vor anderen „böse" erscheinen. Tage,
wo er durch große Schwierigkeiten zu gehen hat, und wo
ihn der Feind in ganz besonderer Weise seine Macht fühlen
läßt, so daß auch sie mit Recht „böse Tage" genannt werden
können. Wo findet dann der Bedrängte Schutz und
Sicherheit? Allein in der Gegenwart Gottes, unter dem
Schatten Seiner Flügel. Als David an solch einem bösen
Tage von Saul verfolgt wurde und vor ihm in die Höhle
floh, da fühlte er, daß es bei Menschen keine Hilfe für
ihn gab. Seine Hilfe konnte nur von dem Gott Israels
kommen. So zögerte er nicht, seine Zuflucht „zu dem
88
Schatten Seiner Flügel" zu nehmen, bis das Verderben
vorübergezogen war. Zn der Tat, „der Name Jehovas
ist ein starker Turm; der Gerechte läuft dahin und ist
in Sicherheit". (Spr. 18,10.) Und je näher der Gläubige
dem Ziele kommt, desto größer werden oft die Proben
und Schwierigkeiten. Aber Gott sei Dank! er wird auf
dem Wege „durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt"
werden. (1. Petr. 1, 5.) Gott wird die Deinigen nie im
Stich lassen, wenn sie ihr Vertrauen auf Ihn setzen. Das
hat David auch bezeugen dürfen. In einem anderen Psalm
rühmt er: „Du bist mir eine Zuflucht gewesen, ein starker
Turm, vor dem Feinde". Za, noch mehr, er ist so ergriffen
von der Hilfe Gottes, die er an Tagen der Bedrängnis
erfahren hat, daß er voll froher Zuversicht sagen
kann: „Ich werde weilen in deinem Zelte in Ewigkeit,
werde Zuflucht nehmen zu dem Schutze deiner Flüge l".
„Bewahre mich wie den Augapfel im Auge; birg
mich in dem Schatten deiner Flügel." (Ps. 17, 8.)
Das Auge, das empfindlichste Glied am Körper, wie
leicht kann es verletzt werden! Der Psalmist bittet nun,
daß Gott ihn in Seiner Gemeinschaft bewahren möge „wie
den Augapfel im Auge". Diese Gemeinschaft, das fühlt er,
konnte ebenso leicht getrübt werden, wie der Augapfel
verletzt. So fleht er, gleichsam mit Furcht und Zittern:
„Birg mich in dem Schatten deiner Flügel!"
Kostbar ist es, wenn eine Seele, indem sie zugleich
ihr ganzes Vertrauen auf Gott setzt, ängstlich darum besorgt
ist, daß die Gemeinschaft mit dem Vater und dem
Sohne nicht irgendwie gestört werde. Das geht weiter,
als vor Schwierigkeiten und Gefahren sich zu flüchten zu
89
dem „Schutze Seiner Flügel" Eine solche Seele darf freudig
bekennen: „Wer im Schirm des Höchsten sitzt, wird
bleiben im Schatten des Allmächtigen".
„Denn du bist mir zur Hilfe gewesen, und ich werde
jubeln in dem Schatten deiner Flügel." (Ps. 63, 7.)
So jauchzt schließlich der Gerechte, der am bösen
Tage sein Vertrauen auf Gott gesetzt, der erfahren hat,
daß Er eine Hilfe ist, reichlich gefunden in Drangsalen;
der da geblieben ist im Schatten des Allmächtigen, im
steten Genuß der Segnungen eines persönlichen vertrauten
Umgangs mit Ihm, und dessen Blicke nun voll Erwartung
auf die glückselige Zeit gerichtet sind, wo das Vaterhaus
droben ihm auf ewig seine Tore erschließen wird. Tiefstes
Vertrauen gibt sich in diesen wundervollen Worten kund,
der Zuversicht jenes vielgeprüften Mannes gleich, der an
einem noch viel böseren Tage schreiben konnte: „Der Herr
wird mich retten von jedem bösen Werk und bewahren
für Sein himmlisches Reich, welchem die Herrlichkeit sei
von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen." (2. Tim. 4, 48.)
Sas samaritische Vstetb
IV.
„Das Heil ist aus den Juden."
(Joh. 4, 46—22.)
„Jesus spricht zu ihr: Gehe hin, rufe deinen
Mann und komm hierher. Das Weib antwortete
und sprach: Ich habe keinen Mann."
Wie wichtig ist oft die Antwort, wenn eine bestimmte
Frage, eine direkte Aufforderung in einer bestimmten
— yo -
Sache an uns ergeht! Wenn wir die Antwort des Weibes
beurteilen wollen — wie wenig war sie auf eine solche
Frage vorbereitet! Das kam plötzlich. Ein Pfeil aus dem
Köcher Gottes. Er hat getroffen. Zwar scheint sie zu widersprechen,
aber ihr Widerspruch ist keine Ableugnung, eher
ein halbes Zugeständnis. Der Herr nimmt es gnädig an,
deutet eS so, als hätte eS gelautet: Ich habe wohl jemand,
aber nicht als „Mann", ich habe kein Recht, ihn so zu
nennen. Wie freundlich kommt Er ihr zu Hilfe! Wie viel
können wir dabei lernen! Er nimmt das Beste an, daß
sie sich nicht nur getroffen, sondern auch beschämt fühle.
Was sie noch verschweigen möchte, die ganze Wahrheit,
zieht Er liebend hervor.
„Jesus spricht zu ihr: Du hast recht gesagt:
Ich habe keinen Mann; denn fünf Männer
hast du gehabt, und der, den du jetzt hast,
ist nicht dein Mann; hierin hast du wahr
gerede t."
So legt Er die ganze Wahrheit hinein. Gleichsam,
als wolle Er ihr Geständnis erweitern, ihr zu dem vollen
Bekenntnis verhelfen. So kann Er ihre ganze Schuld aufdecken.
Er faßt sie zusammen, als wäre dies alles in ihrem
ersten Eingeständnis enthalten, wäre dessen logische Folge.
Im Gegensatz zu den fünf Männern, die du doch gehabt
hast, ist der, den du jetzt hast, nicht dein Mann. Hierin
hast du wahr geredet.
Wie muß gerade durch diese schonende Auslegung
ihrer Worte das Weib sich beschämt und gestraft gefühlt
haben! Auf einmal ist ihre ganze Lebensschuld vor ihr
aufgerollt, die Decke fortgezogen von ihrem Leben. Da
ist Einer, der es genau kennt in allen seinen Einzelheiten,
91
Jäh, blitzartig ist sie beleuchtet worden. Aus tiefer Nacht
kn grelles, blendendes Licht gerückt. Aber so niederschmetternd,
so schmerzlich es für sie ist, das Licht findet keinen
Widerstand bei ihr. Sie hält still. Sie sinkt nicht zu Boden
wie Saulus von Tarsus, aber sie läßt sich aufdecken. In
beiden Fällen — das Licht siegt über die Finsternis. Sie
versucht nichts zu bemänteln. Sie sucht sich nicht zu rechtfertigen.
Sie versucht auch nicht, andere zu beschuldigen.
Wie anders ist das oft bei uns! Man hat so leicht eine
Entschuldigung zur Hand, möchte andere mitverantwortlich
machen. Ja, wenn die und die Umstände oder Einflüsse
nicht gewirkt hätten! Wenn „der" oder „die" nicht gewesen
wären! Wenn ich eine andere Erziehung gehabt,
eine andere Berufswahl hätte treffen können! Hätten in
dieser oder jener Entscheidung nur freie Wahl, eigene
Selbstbestimmung mir zugestanden! Hätte ich nicht unter
diesem oder jenem Zwang gestanden! — Wie leicht betrachten
wir uns als ein Opfer der Verhältnisse, der Verkettung
der Umstände! Oder wir suchen für unsere Ir­
rungen und Fehltritte Mitschuldige in unserer Umgebung,
in der wir aufgewachsen sind, in die man uns gebracht
hat. — Bei dem Weibe nichts von alledem. Sie sucht sich
nicht zu rechtfertigen. Es ist kein unumwundenes, aber
ein stillschweigendes Zugeständnis. Es kommt fast einem
Bekenntnis gleich. Sie hält diesem Lichte stand.
„Das Weib spricht zu Ihm: Herr, ich sehe,
daß du ein Prophetbi st."
Ich sehe — das ist die Sprache eines überführten
Gewissens. Wenn sie auch nicht sagt: Ja, Herr, ich bin eine
große Sünderin, so will sie doch sagen: Du hast recht,
es ist die volle Wahrheit über mich, ich sehe, daß du
Y2
alles weißt. Aber nicht nur die Wahrheit ist ihr in Ihm
begegnet, sie fühlt — der dir so dein ganzes Leben aufdeckt,
Er tut es nicht, um dich nur zu strafen, zu verurteilen.
Sie fühlt einen anderen Beweggrund. Er läßt
sie wohl ihre Sünde fühlen, aber Er verachtet sie nicht.
Sie fühlt. Er will sie nicht noch mehr erniedrigen, sie
nicht noch unglücklicher, ihren Zustand noch hoffnungsloser
machen. Im Gegenteil, Er kann und will ihr Helsen.
Aus ihrem Kummer und Elend will Er sie erheben. Obwohl
Er ihre Sünde nicht billigen kann, Er ist nicht
gegen s i e. Sie fühlt sich angezogen. Der Herr zeigt uns,
wie wir's machen sollen, um Seelen zu gewinnen. Wie
herrlich tritt uns hier die Liebe Gottes zu dem verlorenen
Sünder entgegen!
„Unsere Väter haben auf diesem Berge
an gebetet, und ihr saget, daß in Jerusalem
der Ort sei, wo man anbeten müsse."
An eine äußere Form der Religion gewöhnt, ist die
Frage des Gottesdienstes bei den meisten das nächste Anliegen,
wenn eine Seele in Unruhe um ihr Seelenheil
gerät. Zu sehr hat sich der Mensch daran gewöhnt, daß
von seiner Seite etwas geschehen müsse, um sich Gott
angenehm zu machen. Noch beruft sie sich auf die Väter,
„unsere Väter", die gemeinsamen Stammväter. Jakob,
ja, sogar Abraham — hier haben sie ihre Wohnplätze
gehabt. Hier haben sie ihre Altäre errichtet. Hier haben
sie angebetet. Der Boden war geheiligt. Mit Berufung
darauf hatten die Samariter die Stätte des nach geschichtlicher
Überlieferung einst auf dem Berge Gerisim erbauten,
aber später zerstörten Tempels für ihre Opferdienste beibehalten.
Der Trotz, die Feindschaft gegen das Juden
— 43 —
tum — hier in ihrem eigenwillig behaupteten Gottesdienste
fanden sie ihren hartnäckigsten Ausdruck:
„und ihr saget, daß in Jerusalem der Ort sei,
wo man anbeten müsse." Sie fragt nicht — wer mag nun
Recht haben? Ist es auf unserer Seite oder auf Seiten
der Juden? — Statt dessen das zutrauliche, schon mehr-
persönliche — „ihr saget". Er, als der von ihr anerkannte
Prophet, wird es ihr wohl sagen können. Von
Ihm erwartet sie die Wahrheit. Seiner Entscheidung
möchte sie sich wohl fügen.
,/Jesus spricht zu ihr: Weib, glaube mir, es
kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem
Berge, noch in Jerusalem den Vater
anbeten werdet."
Der Herr kennt ihre Gedanken. Auf dem Grunde
ihrer ahnenden Seele sieht Er den Durst nach der Wahrheit.
O wie unfähig ist der Mensch, wenn es darum geht,
diese zu erfassen, wie hilflos in sich selbst! Wie unwissend,
wenn es sich um das Himmlische handelt! Er rennt hierhin
und dorthin, greift nach diesem und jenem. In dem
Nebel eigener Vorstellungen und fremder Lehrmeinungen
sucht er sich vergeblich einen Weg. Er kann sich selbst nicht
zurechtfinden. Wer kann mir helfen, wer mich erretten —
lautet der Aufrichtigen Fragen.
Nur der Gla u b e errettet. „Glaube m i r", sagt
der Herr. Er sieht das aufrichtige Verlangen. Dem hervorbrechenden
Glauben dieses armen Weibes streckt Er
die freundliche Retterhand alsbald entgegen: „Weib,
glaube mir". Wie huldreich diese einzigartige Anrede
in diesem einzigartigen Gespräch über ein Thema, worüber,
wie gesagt, der Herr nur bei dieser Gelegenheit
44
sich vernehmen läßt. Auf das zutrauliche und fragende
„ihrsaget" das noch zutraulichere: „Glaubemi r".
WaS Er, der Prophet, ihr darüber zu sagen hat, — hoch
erhebt es sich über jedes streitende „wir" und „ihr" zwischen
Samaritern und Juden. „Glaube m i r!" Wo es
sich um das Verhältnis zu Gott handelt, tritt Er stets
der Menschheit entgegen in der vollen Wahrnehmung Seiner
Würde, Seiner einzigen Person.
„Es kommt die Stund e." Nicht ohne Absicht
wählt der Herr die gebräuchliche — übrigens von Ihm
öfter angewandte — Form der prophetischen Kundmachung.
Des Weibes Ausspruch — „ich s ehe, daß du
ein Prophet bist" — alsogleich wird er durch Ihn bestätigt.
„W eder auf diesem Berge noch in Jerusalem"
— keine geweihte Stätte, kein noch so geheiligter
Ort vermag zu befriedigen. Da kann kein wirklicher
Durst gelöscht werden. Die Seele, die nach Gott dürstet,
die wirklich Ihm zu nahen wünscht, eine solche Seele verlangt
mehr. Und Er, der ihr im Anfang die Gabe Gottes
angeboten. Er kann ihr mehr geben als die „Väter".
„Den Vater anbeten", das ist etwas ganz
Neues, Großes. Den Vater zu offenbaren war Er
gekommen. Das war der Zweck Seiner Sendung. Es war
das Ziel der Sehnsucht eines von Liebe erfüllten Herzens.
„Ich habe deinen Namen geoffenbart den Menschen, die
du mir aus der Welt gegeben hast," — so dringt es in
Zoh. 47 aus Seinem Herzen empor zum Vater. Sie gehörten
Ihm. Er mußte sie haben. Zu einer Elenden,
einer Unwürdigen vom Vater reden war für Ihn eine
Freude.
45
„Ihr betet an und wisset nicht, was;
wir beten an und wissen, was, denn das
Heil ist aus den Juden."
Was sie „anbeten" nennt, ist eigentlich gar keine Anbetung.
Weder über die Person, an die sie gerichtet ist,
noch über das Ziel vermag sie sich Rechenschaft zu geben.
Es ist ein unbestimmtes Etwas, worüber sie sich selbst
nicht klar ist. Das wirkliche Bewußtsein, eine Person anzubeten,
die lebendige Beziehung zu ihr fehlt ihr. Daher
das bezeichnende „was", das der Herr gebraucht. Der
Herr will sie dahin bringen. Dabei kann Er ihr vom Heil
reden, von der Errettung, die Er ihr bringen wollte.
„Ihr betetan lind wisset nicht, wa s." —
Ist das nicht die Kennzeichnung des religiösen Menschen
und seines toten Gottesdienstes? Ohne Gott in Wahrheit
zu kennen, ohne durch einen Heiland Leben aus Gott empfangen
zu haben, glaubt er Gott dienen zu können. Die
Samariter mit ihrem selbsterwählten Betört sind nicht
in den Wegen des Gehorsams nach Gottes Anordnung und
Willen geblieben. Ihr Gottesdienst entbehrt daher der
Grundlage. Das Heil ist aus den Juden. Damit bestätigt
der Herr Gottes Ordnung und Heilsplan, widerspricht der
irrigen Meinung des Rationalismus, jeder müsse sich seinen
Glauben selbst wählen können. Der Mensch kann nicht
seinen Weg gehen. Dieser Weg muß notwendig von
Gott absühren. Es gibt einen von Gott gewollten, von
Ihm geoffenbarten Weg, den wir nur im Gehorsani
gegen Ihn und gegen Sein Wort gehen können. Jedes
Abweichen von demselben in eigenwilligem Dienst muß
zur Verdunklung der klaren Erkenntnis deö von Gott
gebotenen Weges, muß zum kirchlichen Verfall führen.
96
Eine innere Verfinsterung bis zur vollständigen Unwissenheit
hinsichtlich des vermeintlichen Anbetenö ist die natürliche
Folge. Wieviel von diesem im Samaritertum gekennzeichneten
Wesen steckt auch heute nicht nur in dem toten
Kirchentum orthodoxer Religionen, sondern auch in manchen
religiösen Richtungen.
„Wir beten an und wissen, was, denn
das Heil ist aus den Jude n." Mit diesem „w i r"
stellt sich der Herr klar auf den Boden des Judentums.
Er ordnet sich ein in die Stellung des von Gott auserwählten
Volkes. Wie sehr Er auch durch dessen innere
Blindheit, seine Verstockung den Gedanken Gottes gegenüber
zu Strafen genötigt ist, für die Stellung dieses Volkes
tritt Er voll und ganz ein. Gottes Auswahl, Seine
Ratschlüsse werden von Ihm bestätigt. Es ist und bleibt
das geliebte Volk. Ihnen ist das prophetische Wort anvertraut.
Auf keinem anderen Wege können die Gedanken
Gottes erkannt, aus keiner anderen Quelle als aus diesem
Wort kann das wahre „Wissen" geschöpft werden. Aus
ihnen sollte das Heil kommen. Die Samariter besaßen
nicht das prophetische Wort. Der wahre Grund der Anbetung,
Sinn und Ziel derselben, mußte ihnen fehlen. Nur
die, die das ganze Wort hatten, konnten auch ein Verständnis
wahrer Anbetung haben. Immer wieder stellt
der Herr selbst „M oses und die Prophete n" als
die untrennbare Quelle göttlicher Offenbarung hin. „Das
Heil ist ans den Juden." Es ist und bleibt das Volk Gottes.
Wenn unser natürlicher Sinn uns reizt, in die allgemeine
Verachtung dieses Volkes einzustimmen, laßt uns
stets bedenken — unser geliebter Herr war aus ihnen.
Wir kennen aus dem prophetischen Wort Gottes Liebe zu
97
diesem Volk. Wir wissen, welch herrliche Zukunft ihm Vorbehalten
ist. Gottes Gnadengaben sind unbereubar. Seine
Liebesabsichten wird Er erfüllen. A u s ihm, aus diesem
Volke, kam das Heil, das ist der Heiland, der Messias.
„Aus dessen Sauren — dem Samen Davids — hat Gott
nach Verheißung dem Israel als Erretter Jesum gebracht."
(Apstgsch. 43, 23.)
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lortnther
XIV.
Kapitel 4 2, 3 4 — 4 4 , 4
Jur letzten Verse des 42. und im ersten des 44.
Kapitels fordert der Apostel die Heiligen in Korinth auf,
„um die größeren geistlichen Gaben" zu eifern. Christen
führen oft diese Worte im Munde; aber es fragt sich, ob
sie damit einen Wunsch aussprechen, der wirklich dem
G r u n d ihrer Herzen und Gewissen entspringt. „Eifern"
bedeutet nicht einen einfachen Wunsch, sondern ein brennendes
Bedürfnis. Es mag uns an Gaben in Form verschiedener
Dienste nicht mangeln; hier aber ist die Rede
von „größeren Gnadengaben". Daß Christen, welche gewohnt
sind, alles von einem von Menschen eingesetzten
Mann zu erwarten, keinerlei ernstliches Verlangen nach
geistlichen Gaben für sich selbst hegen, ist weiter nicht
verwunderlich, denn sie haben ja, was sie wünschen. Aber
die Frage ist, ob solche, die Besseres als das besitzen,
solche, die die Gnade aus einein Kreise herausgeführt hat,
wo die Gaben verkannt werden, ein wirkliches Verlangen
danach baben. Laßt uns diesen Gedanken in unseren Her
98
zen erwägen! Wir werden die größeren Gaben nur dann
erlangen, wenn wir uns von unserer geistlichen Gleichgültigkeit
freimachen und um jene eifern. Eine weitere
Frage ist: Welche Beweggründe leiten uns bei solchem
Eifern? Wir selbst? Das unserer Person gezollte Ansehen,
oder unser eigener Ruhm? Dann würden wir nichts von
dem verstanden haben, was das 1.2. Kapitel uns vorstellt.
Oder leitet uns das Wohl unserer Brüder, der
Nutzen für den Leib Christi, die Verherrlichung des Herrn?
In diesem Fall betreten wir „einen weit vortrefflicheren
Weg". Gebe Gott, daß dieser brennende Eifer für Ihn
und die Erbauung der Heiligen bei uns vorhanden sei!
Das ist's, was der Apostel uns empfiehlt.
Im 12. Kapitel haben wir gesehen, daß die Gaben
verschieden sind, aber daß es größere unter ihnen gibt,
besonders eine. Das 14. Kapitel belehrt uns diesbezüglich,
daß der, welcher weissagt, größer ist als der, welcher
in Sprachen redet. Nun war es eben diese letzte Gabe,
welche die Korinther vor allem schätzten, weil sie ihnen
Ansehen verlieh in den Augen der anderen. Niemals aber
sind die Gaben, die den Menschen in den Vordergrund
stehlen, die größten. Selbst die Erkenntnis bläht auf; je­
mand, der viel im Wort geforscht und sich so ein großes
Verständnis erworben hat, ist in Gefahr, von sich selbst
etwas zu halten. Die Erkenntnis Christi allein macht
demütig.
Indem der Schreiber die Apostel gleichsam etwas
beiseite stellt, als solche, die mit einer Aufgabe betraut
waren, die andere nicht hatten, fährt er fort: „Zweitens
Propheten". (V. 28.) Es ist hier nicht das gleiche wie
in Eph. 2, 20, wo Paulus von der Prophezeiung spricht
yy
als einer Gabe, die den Aposteln gegeben war. Hier nennt
er die Propheten neben ihnen, ähnlich wie in Eph. 4,44,
und fügt an dritter Stelle die Lehrer hinzu. Wir haben
es hier also mit zwei Klassen von Männern zu tun, von
denen die ersteren, die Propheten, berufen waren, den
übrigen die Gedanken Gottes zu offenbaren, und die letzteren,
sie in der Wahrheit zu unterweisen. Jedoch macht der
Apostel, wenn es sich um Prophezeiung handelt, einen
Unterschied zwischen dem Offenbaren zukünftiger
Dinge und dem Offenbaren der gegenwärtigen
Gedanken Gotte 6. In bezug auf die erste Art
der Offenbarung sagt er in Kap. 42, 40: „einem anderen
aber Prophezeiung", und in Kap. 43, 2: „Wenn ich
Prophezeiung habe", in bezug auf die zweite Art heißt
es in Kap. 44, 4: „Eifert aber um die geistlichen Gaben,
vielmehr aber, daß ihr weissaget". Ist uns diese Gabe
noch nie begegnet? Haben wir nicht schon, wenn sie in der
Versammlung zur Ausübung kam, sagen müssen: „Für-
wahr, dieser Mann ist ein Prophet. Er hat uns Dinge
Gottes enthüllt und uns in einer ganz neuen und unerwarteten
Weise in Seine Gegenwart geführt"?
Im 42. Kapitel haben wir die Lehre von den
Gaben des Heiligen Geistes und im 44. die Ausübung
derselben; dazwischen, in Kap. 43, erklingt
das Hohelied der Liebe, diese so unerläßliche Grundbedingung
zur Ausübung der Gaben. Ohne die Liebe — beachten
wir es wohl! — sind sie durchaus unnütz. Man
kann die hervorragendsten Gaben besitzen; aber ist nicht
die Liebe ihre Tn'ebkraft, so haben sie keinen Wert. Die
Liebe ist ihr Gradmesser. Wenn unsere Tätigkeit in der
Versammlung dem Wunsch entspringt, den Menschen zu
— roo —
gefallen oder uns selbst Geltung zu verschaffen, so taugt
sie weniger als nichts, ist vom Übel und steht in keinerlei
Beziehung zum Dienst des Herrn. „Suche ich Menschen
zu gefallen?" schreibt der Apostel an die Galater. „Wenn
ich noch Menschen gefiele, so wäre ich Christi Knecht nicht."
(Kap. i, ro.) '
Der „noch weit vortrefflichere Weg" ist also die
Liebe. In Kap. 14 werden wir sehen, daß von ihr alles
abhängt, obschon das Wort „Liebe" selbst dort nirgends
vorkvmmt. In diesem Kapitel kommt der Apostel immer
wieder auf die Erbauung zu sprechen. Ohne Liebe ist
es aber unmöglich, die Versammlung zu erbauen. „Die
Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut." (Kap.
8, 1.) Ich kann vielleicht meinen Zuhörern sehr interessante
Dinge sagen; wenn sie aber dazu angetan sind, die
Aufmerksamkeit auf m i ch zu richten, so dienen sie zu nichts
anderem, als mich selbst zu erhöhen und die Seelen von
Christo abzuziehen.
Zn dem vorliegenden Kapitel wird zunächst gezeigt,
daß man alle geistlichen Vorzüge besitzen kann, ohne daß
irgend etwas Gutes dabei herauskommt. „Wenn ich mit
den Sprachen der Menschen und der Engel rede" (wonach
bekanntlich geräde die Korinther vor allem trachteten),
„aber nicht Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden
oder eine schallende Zimbel." Ein Scball! Wenn inan
eine eherne Glocke anschlägt, so gibt es einen Ton, der
eine Weile nachhallt, aber dann ist alles wieder still. Der
Ton mochte wohlklingend sein oder widerhallen, wie der
einer Zimbel, er hat aber keine weitere Wirkung gehabt,
als in der Luft zu verhallen. „Und wenn ich Prophezeiung
habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß...".
— 101 —
Hier redet der Apostel von der Offenbarung zukünftiger
Dinge und von der Erkenntnis der Geheimnisse in der
Schrift. „Und wenn ich asten Glauben habe, so daß ich
Berge versetze." In diesen Worten spielt er auf die Macht
an, von der der Herr zu den Jüngern sagte: „Wenn ihr
Glauben habt ... wenn ihr zu diesem Berge sagen werdet:
Werde aufgehoben und ins Meer geworfen! so wird
cs geschehen". (Matth. 21, 21.) Wenn ich diese Macht
ohne die Liebe habe, so bin ich nichts. Man kann einen
großen Einfluß ausüben, kann in besonderer Weise begabt
sein, um außerordentliche Taten zu vollbringen, und
doch völlig zuschanden werden; denn diese Gaben bedeuten
nichts vor Gott. In Vers 3 geht der Apostel noch weiter:
Jemand verteilt alle seine Habe zur Speisung der Armen,
bringt sich selbst in äußerste Armut, so daß er schließlich
lüchts mehr hat als den nackten Leib... und ihn gibt er
noch hin, um verbrannt zu werden! Ich denke nicht, daß eö
sich hier um das Märtyrertum handelt, denn als Paulus
diesen Brief schrieb, wurden noch keine Märtyrer zur
Schlachtbank geführt. Ich glaube vielmehr, daß er in allgemeinem
Sinn redet: Jemand mag sich so weit preisgeben,
daß nichts mehr von ihm übrigbleibt. Er mag seine
Selbstverleugnung so weit treiben, daß er sich selbst opfert.
Was für ein Held! werden die Leute von einen: solchen
Menschen sagen. Aber „wenn er nicht Liebe hat, so ist es
ihm nichts nütze".
Derartige Worte lassen unö besser verstehen, wie
nächtig die Liebe in der Ausübung der Gaben ist. Fehlt sie
in unseren Herzen, so kann das nur ein Grund zu tiefer
Demütigung sein. Wie können wir ohne Liebe unseren Brüdern
dienlich sein? Wie ohne sie der Welt das Evangelium
102
verkündigen? Im Blick hierauf konnte der Apostel von sich
selbst sagen: „Die Liebe des Christus drängt uns". Die
Liebe gab seiner Predigt Kraft. Ohne sie hatten die hervorragendsten
Gaben keinen Wert. Anderseits kann es sein,
daß eine unscheinbare Gabe, die in unseren Augen wenig
Wert hat, die gesegnetsten Früchte trägt, weil die Liebe ihre
Triebkraft ist.
Alles dies führt den Apostel dahin, die Liebe zu beschreiben.
Er gibt nicht eine eigentliche Erklärung des Begriffs
Liebe — Liebe ist das Wesen und die Natur Gottes
selbst —, sondern beschreibt vielmehr die Liebe in ih -
rer Tätigkeit, und das ist es ja, was uns zu wissen
nottut. Ähnlich ist es mit der Schilderung bezüglich des
Glaubens in Hebräer 41. Dieses Kapitel stellt die Betätigung
des Glaubens dar, seine Kraft, statt
daß es eine Erklärung des Glaubens gibt — Glaube
ist die Annahme des Zeugnisses Gottes über Seinen Sohn.
Wenn wir die Verse 4—7 unseres Kapitels in ihrer
Gesamtheit betrachten, werden wir uns davon überzeugen,
daß nur ein Mensch die Liebe vollkommen in die Tat umgesetzt
hat — Jesus. Diese Verse sind also nichts weniger
als eine Beschreibung der Tätigkeit der Liebe Christi in dieser
Welt. Wir finden hier, und zwar nicht ohne Grund,
vierzehn Charakterzüge der Liebe aufgezählt. Die Zahl sieben
bedeutet eine Vollzahl, vierzehn sozusagen die Vollzahl
der Vollzahl. Sieben bedeutet Vollkommenheit, vierzehn
mehr als Vollkommenheit.
Im Blick auf unseren eigenen Zustand mögen wir
uns wohl fragen, ob wir, wenn auch nur unvollkommen,
die Liebe, so wie wir sie in diesem Abschnitt dargestellt finden,
praktisch ausüben. Müssen wir nicht, nachdem wir alle
— ros —
diese Punkte gelesen haben, mit tiefer Beugung bekennen,
daß unser Verhalten nicht dementsprechend gewesen ist?
Müssen wir nicht bei der Betrachtung jedes einzelnen
Punktes sagen: Daran habe ich es fehlen lassen? Aber
durch diese Selbstprüfung angesichts eines vollkommenen
Vorbildes gewinnen wir an Erfahrung und werden angespornt,
in unserer christlichen Tätigkeit mehr Liebe zu beweisen.
Beachten wir die verschiedenen Eigenschaften der Liebel
Der Gesamtcharakter aller ist Selbstentäußerung.
Neid, Großtuerei, Hochmut sind ebensoviele Züge der
menschlichen Selbstsucht. Oft muß ich vor dem Wort stillstehen:
„Sie gebärdet sich nicht unanständig". Ein Christ,
der es an Takt fehlen läßt, wie man zu sagen pflegt, handelt
sicherlich nicht in der Liebe. Infolgedessen findet man
oft bei Christen ohne sogenannte Erziehung viel mehr Takt
als bei anderen, die eine solche genossen haben. Aus dem
einen Grund, weil die Liebe ihr Handeln leitet, reden sie
weder noch handeln sie unpassend. Weiter: „sie läßt sich
nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich
nicht über die Ungerechtigkeit". Das sind Worte, die uns
sehr zu denken geben. Sind wir nicht oft viel schneller bereit,
die Fehler unserer Brüder ans Licht zu ziehen als ihre
guten Seiten? Sind wir nicht, wenn wir von ihnen reden,
gar leicht geneigt, sie herabzusetzen? Die Liebe tut nichts
dergleichen. „Sie freut sich mit der Wahrheit." Oft findet
man die Wahrheit ohne Liebe. Dann verwundet sie die Seelen,
anstatt sie anzuziehen, hält ab und stößt zurück. Der
Apostel verletzte niemand, weil er Liebe hatte. Anderseits
findet man auch oft Liebe ohne Wahrheit. In diesem Fall
ist es eine Liebe ohne Gegenstand, etwas, was nicht den
^04
Namen Liebe verdient, denn die Wahrheit ist Christus,
Sein Wort, Sein Geist.
Der Apostel schließt seine Aufzählung mit den Worten:
„Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles,
sie erduldet alles". Man findet in der Liebe nicht nur negative
Züge, d. h. was sie nicht tut (wovon wir eben gesprochen
haben), sondern auch eine positive (bejahende) Kraft,
die befähigt, alles zu ertragen: Beschwerden, Mühen,
Leiden; alles zu glauben. Alles glauben ist nicht
Leichtgläubigkeit, die jeder Lüge glaubt, sondern die Bereitwilligkeit,
bei anderen das Gute anzunehmen, anstatt
das Gegenteil. „Alles hoffen" bedeutet, mit Vertrauen
in die Zukunft schauen, darauf rechnen, daß man bei anderen
das Gute verwirklicht sehen wird, anstatt ihnen zu
mißtrauen, was im Grunde nichts anderes ist, als der
Gnade zu mißtrauen. „Alles erdulde n" bedeutet, ohne
zu klagen durch Verleumdung, Beleidigung und Mißachtung
hindurchzugehen. Der Apostel schließt mit den Worten:
„Die Liebe vergeht nimmer".
Sodann zeigt er, daß alle Gaben und Sprachen, alle
Erkenntnis und Weissagung weggetan werden wird, um
dein Vollkommenen Platz zu machen. Dann werden auch
wir wegtun, was kindisch ist. Das Kind redet (Sprachen),
denkt (Prophezeiung), urteilt (Erkenntnis) wie ein Kind.
Aber das alles wird ein Ende haben, wenn wir von Angesicht
zu Angesicht sehen und erkennen werden, wie auch
wir erkannt worden sind.
Drei Dinge, fügt der Apostel noch hinzu, charakterisieren
den Christen und bleiben inmitten so vieler vergänglicher
Dinge bestehen: Glaube, Hoffnung, Liebe. Aber
auch der Glaube wird einmal ein Ende finden und durch
los
das Schauen ersetzt werden. Die Hoffnung wird ein Ende
nehmen und durch den Besitz Christi, ihres Gegenstandes,
ersetzt werden. Nur eins wird nie aufhören: „Die Liebe
vergeht nimmer". Sie ist größer als die „größeren Gnadengaben",
größer selbst als Glaube und Hoffnung, die
für die gegenwärtige Zeit bleiben. Wenn die Liebe
das Wesen Gottes selbst ist, so anderseits auch Seine erhabenste
Tätigkeit, ein Meer von Glückseligkeit, in welchem
wir dereinst in Ewigkeit schwimmen werden, ohne
je seine User zu erreichen, denn es gibt keine. Wir werden
Ihn sehen, wie wir gesehen worden sind, Ihn erkennen,
wie wir erkannt worden sind, und Ihn endlich, endlich lieben,
wie Er uns liebt, mit einer unaussprechlichen Liebe.
Möchte dieser Gedanke unsere Herzen erfüllen und sie
überströmen lassen!
Ser Christ und die Astrologie *!
*) Nachstehende Zeilen gehen uns von einem Leser des
„Botschafter" zu, der auf seinen Geschäftsreisen mit Erstaunen
und Bestürzung astrologische Schriften in christlichen ksäusern gefunden
hat, wo sie. wie er schreibt, „sicher nicht vermutet werden
konnten". Da es sich um eins in der Tat sehr ernste Angelegenheit
handelt, ist sein Mort der Marnung gewiß angebracht.
Die Schriftleitung.
„Ziehet an die ganze Waffenrüstung Gottes, damit
ihr zu bestehen vermöget wider die Listen des Teu-
f e l s", schreibt der Apostel an die Epheser, und sicher ist
cs heute wichtiger als je, diese Ermahnung zu befolgen.
Das gilt auch in bezug auf die so modern gewordene
Sterndeuterei, die Astrologie, denn wir können sie mit
Recht eine der großen Listen Satans nennen, mit denen
er in unseren Tagen mehr und mehr die Menschen zu be
tOV
tören sucht. Aber ist denn Sterndeutung etwas Böses?
fragst du vielleicht. Nun, sicher hat Gott schon große Er­
eignisse durch besondere Sternbilder und Erscheinungen
am Himmelszelt der Menschheit kundgetan, aber sind die
Sterne je dazu bestimmt gewesen, dem Menschen Aufschluß
zu geben über seine Zukunft, wie die Astrologen behaupten?
Ganz gewiß nicht.
Die Schrift sagt uns weder in der Schöpfungsgeschichte
noch sonstwo viel über die Sterne. In t. Mose 1
heißt es einfach, daß Gott „die Sterne machte". Andere
Stellen reden von der Unzählbarkeit der Sterne und der
Schönheit der Sternbilder. Alle Stellen weisen darauf
hin, daß auch die Himmelskörper mit zur Verherrlichung
der Macht des Schöpfers dienen, der da „zählt die Zahl
der Sterne, sie alle nennt mit Namen". (Ps. t47, 4.)
So hat es Ihm auch gefallen, das größte Ereignis,
das je geschehen ist, die Menschwerdung des Sohnes Gottes,
die Geburt des Heilandes, den heidnischen Magiern
durch „Seinen Stern" kundzutun, woraufhin diese Män­
ner aus dem Morgenland eilends gen Jerusalem zogen,
um dem neugeborenen König der Juden zu huldigen.
Wunderbar ist das in Matthäus 2 diesbezüglich Mitge­
teilte: „Und siehe, der Stern, den sie im Morgenlande gesehen
hatten, ging vor ihnen her, bis er kam und oben über
dem Orte stand, wo das Kindlein war. Als sie aber den
Stern sahen, freuten sie sich mit sehr großer Freude."
Durch das Mittel des Sternes also hatte Gott Seine Botschaft
an diese Männer gelangen lassen. Und als sie in der
Königsstadt, in Jerusalem, angekommen waren, erschien
ihnen der Stern erneut und zog sogar, der Stimme seines
Schöpfers gehorchend, vor ihnen her, war ihr Wegweiser
— 107 —
bis zu dem Ort, wo das Wunder aller Wunder geschehen,
und das Heilige, das geboren, zu sehen war.
Wir sehen: Großes hat Gott durch den Stern den
Menschen angekündigt, und eS wird wiederum Großes
geschehen, wenn einmal die Himmelskräfte bei der zweiten
Ankunft des Sohnes des Menschen erschüttert werden.
(Vergl. Jes. 13, 9. 10; 34, 2—4; Joel 2, 10. 11;
3,15. 16; Hes. 32, 7. 8.) „Und dann wird das Zeichen
des Sohnes des Menschen in dem Himmel erscheinen;
und dann werden wehklagen alle Stämme des Landes,
und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf
den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit."
(Matth. 24, 29. 30.)
Wenn wir uns aus Gottes Wort darüber belehren
lassen, wozu Er die Sterne als einen bedeutsamen Bestandteil
Seiner Schöpfung dienen lassen will, so kommen
wir, wie mir scheint, bald auf den richtigen Boden, auf
dem wir bei Beurteilung aller menschlichen Versuche, die
Sternbilder und Erscheinungen am Himmelszelt zu deuten,
stehen sollten, nämlich den Boden der Ehrfurcht vor
der gewaltigen Hand des Allmächtigen, „der in Licht sich
hüllt wie in ein Gewand, der die Himmel ausspannt gleich
einer Zeltdecke". (Ps. 104, 2.)
Wollen wir da noch fragen, wes Geistes die Zeitungen
und Zeitschriften sind, die, wie die Pilze aus sumpfigem
Erdboden aufschießend, in langer Reihe, jede Woche
oder jeden Monat neu, an den Zeitungsständer: und Kiosken
aushängen und von verwirrten und verirrten Menschenkindern,
die ratlos dem Geschehen der Zeit gegenüberstehen,
gierig verschlungen werden — jene Zeitungen und
Schriften, die da dreist behaupten, aus der Beobachtung
108
der Sterne und ihrer Bahnen, ihrer Stellung zueinander,
aus Tierkreiszeichen und dergleichen mehr, die Zukunft
von Menschen und Familien, ja, von ganzen Völkern voraussagen
zu können?
Die Astronomie ist sicher eine ernst zu nehmende
Wissenschaft, die auch von dem Gläubigen mit Nutzen studiert
werden kann, wenn es in der rechten Stellung des
staubgeborenen Geschöpfes dem großen Schöpfer gegenüber
geschieht. Gibt sie uns doch Kunde von Stellung,
Alter und Lichtstärke der vielen Sterne und Sternbilder
und den von Gott bestimmten Gesetzen, nach denen sie seit
Ewigkeiten ihre festgestellten Bahnen ziehen und zur Belebung
des Weltalls dienen.
Astrologie ist aber ganz etwas anderes. Der
Astrologe, der Sterndeuter, verläßt den Boden der Wissenschaft
und begibt sich auf den der Spekulation, und zwar
auf einen der schlimmsten Art, wo er der List und Lüge
Satans rettungslos preiögegeben ist. Der Astrologe wagt
es, arif aberwitzige Weise den Vorhang zu lüften, den Gottes
Ratschluß für die Augen des Menschen vor die Zukunft
gezogen hat. Und wer ihm folgt, ist in großer Gefahr,
in die Hände des Fürsten der Gewalt der Luft, des
Weltbeherrschers dieser Finsternis, zu geraten, dem die
geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Ortern
als willige Diener zur Verfügung stehen, um ihre dämonische
Macht über Menscbenherzen auszuüben. Erfahrungen
beweisen das.
Schon zu allen Zeiten hat menschlicher Vorwitz, voin
Feinde verführt, sich mit Wahrsagerei und Sterndeuterei
befaßt. Hören wir aber, was Gott uns darüber sagt! Zu
Seinem Volke Israel spricht Er: „Es soll keiner unter dir
-- Ivy —
gefunden werden, der... Wahrsagern treibt, kein Zauberer
oder Beschwörer oder Magier... Denn ein Greuel
für Jehova ist ein jeder, der diese Dinge tut; und um
dieserGreuel willen treibt Iehova, dein
Gott, sie (di e N a ti v n r n) vor dir aus... Denn
diese Nationen, die du austreiben wirst, hören auf Zauberer
und auf W a h r s a g c r; du aber — nicht also hat
Jehova, dein Gott, dir gestattet." (S. Mose 18, 10—14.)
Sage nicht: Diese Worte hat Jehova nur zu Israel gesprochen!
Bezeugt die Tatsache, daß Gott um dieser
Greuel willen die Nationen vor Israel austreiben
wollte, nicht deutlich, wie Er über solche Dinge denkt?
Aber wir brauchen nicht bei Mose stehen zu bleiben. Jesajas,
der Prophet, der über viele fremde Völker geweis-
sagt hat, ruft Babylon, dieser gefallenen „Herrin der Königreiche",
anf Gottes Geheiß zu: „Sie mögen doch auftreten
und dich retten, die H im m el s zerl e g er,*) die
Sternebeschauer, welche jeden Neumond kundtun,
was über dich kommen wird!... Siehe, sie sind
wie Stoppeln geworden, Feuer hat sie verbrannt! Vor der
Gewalt der Flamme konnten sie ihr Leben nicht retten."
(Kap. 47, 13. 14.) Und wenige Kapitel vorher fällt Gott
Sein Urteil über die Sterndeuter mit den wenigen, aber
klaren und unzweideutigen Worten: „Ich, Jehova, bin
es... der die Wunderzeichen der Lügner vereitelt und
die Wahrsager zu Narren macht". (Jes. 44, 24. 25.)
Auch das Wort, das einst Samuel zu Saul reden mußte,
als dieser in bezug auf die Behandlung der Amalekiter
*) Lin besonders treffender Ausdruck, da die Astrologen
buchstäblich den stimme! in zwölf Abschnitte zerlegen, wobei jeden,
einzelnen Teil besondere Bedeutung für bestimmte Lebensgebiete
des betreffenden Menschen zugemessen wird.
110
ungehorsam gewesen war, gehört hierher: „Wie Sünde
der Wahrsagerei ist Widerspenstigkeit". Was aber
sind die heutigen Astrologen anders als moderne Wahrsager?
Hüten wir uns vor ihnen und ihrem Tun!
Ich denke, die angeführten Stellen aus Gottes untrüglichem
Wort werden genügen, um dem Gläubigen, der
seinen Weg in Unterwürfigkeit unter dieses Wort gehen
will, die Stellung zu zeigen, die er der Astrologie gegenüber
einzunehmen hat. Wenn dieses Wort allzeit Richtschnur
für unser Leben ist, so werden wir nie irregehen.
Wenn wir, wie einst Daniel und Joseph, diese treuen Männer
an fremdem Hof und leuchtenden Vorbilder für alle
Zeiten, auf Gottes Stimme achten, so werden gebahnte
Wege in unseren Herzen sein, und unsere Schritte werden
befestigt. Wir werden dann nicht in Gefahr kommen, ungöttlichen
Reden von Menscben unser Ohr zu leihen, die an
ihre Weissagungen wohl oft genug selbst nicht glauben
und aus der Stellung von Horoskopen *) ein gutes Geschäft
machen.
*) Horoskop nennt man die Schicksal-deutung, die der
Astrologe aus dem Stande der Gestirne bei der Geburt eines
Menschen errechnet.
Was die Aufgabe von uns Gläubigen im Blick auf
Gegenwart und Zukunft ist, sagt uns klar die Schrift:
„W achet also, denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde
euer Herr kommt... Deshalb auch ihr, seidbereit!"
(Matth. 24, 42. 44.) „Und dieses noch, da wir die Zeit
erkennen, daß die Stunde schon da ist, daß wir aus dem
Schlaf aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung
näher, als da wir geglaubt haben: Die Nacht ist weit vorgerückt,
und der Tag ist nahe." (Röm. 13, 11.12.)
— irr —
Ser Zrlede Gottes VW- 4,6.7.j
Haben wir Kummer und Sorgen, so müssen wir gehen
und sic Gott bringen. Das wird uns so über unsere
Sorgen hinausheben, daß wir uns inmitten derselben in
Ihm freuen können.
Und was bekommt das Herz, das alle seine Sorgen
Ihm übergeben hat? Die Antwort, die es wünscht? Nicht
immer, obwohl es oft der Fall ist. Aber es bekommt Sei -
nenFriedenzu genießen. Gott wird nicht von Sorgen
erfüllt und bekümmert. Sein Thron wird ebensowenig
erschüttert durch die Bosheit und Torheit der Welt als
durch die Fehltritte, die Seine Kinder begehen. Gib Ihm
deine Sorgen, so wird Er dir Seinen Frieden geben,
den unaussprechlichen Frieden des Gottes, der das
Ende von Anfang an kennt. Dieser Friede, den Er stets genießt,
wird dein Herz und deinen Sinn bewahren in Christo
Jesu.
Wir werden deswegen nicht gleichgültig oder kalt
und sorglos sein, denn wir bringen unsere Anliegen „mit
Danksagung" vor. Wer danksagt, rechnet auf Gott. Die
Seele, die Ihm alles übergeben, die Seine Hand in der
Prüfung gefühlt hat, kann sagen: Es ist Seine Sache,
nicht die meinige. Wie glücklich ist ein jeder, der in der
gesegneten Gemeinschaft mit Christo durch diese Welt geht,
der durch den Geist Gottes sich erheben kann über die nur
ihm bekannten Sorgen seines Herzens und seine äußeren
Umstände! In der Kraft dieses Geistes kann er sich erfreuen
kn Gott. Seine Liebe kann ungehindert ausströmen gegen
die Brüder. Und sein Herz lebt in den Dingen, in denen
Christus leben würde, wenn Er hier wäre. i.,N. s.
— 112 —
Kragen aus dem Leserkreise
Wie ist Gal. 6, H zu verstehen? Ls heißt doch: „Wer sich
rühmt, der rühme sich des Herrn"! (s. Aor. 1, 3s.)
Die beiden angegebenen Schriftsteller! stehen scheinbar im
Widerspruch zueinander, in Wirklichkeit sind sie aber eng verbunden.
Gal. 6 zeigt nur zu deutlich, wie notig wir die Ermahnung
haben: „Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn". Die
Neigung des menschlichen Herzens geht immer dahin, sich zu
rühmen, und das nicht nur in den gewöhnlichen Dingen dieses
Siebens, sondern ganz besonders auch auf religiösem Gebiet.
Der Herr hatte den Dienst des Apostels unter den Galatern
gesegnet. Ihre Glückseligkeit war so groß gewesen, daß sie,
wie der Apostel sich ausdrückt, „wenn möglich, ihre Augen ausgerissen
und ihm gegeben hätten". (Rap. -1, s5.) Diese Tatsache
war ein Ruhm für seine Arbeit unter ihnen. Dann aber waren
Männer, die das Gesetz predigten, in das Arbeitsfeld des Apo
stels eingedrungen, die das Ergebnis all seiner Mühe zu zerstören
suchten. Nicht genug damit, daß sie sich darin gefielen,
selbst Juden zu sein, legten sie anderen schwere Lasten auf und
rühmten sich dann ihres Tuns. Der Apostel schreibt: „Sie wollen,
daß ihr beschnitten werdet, auf daß sie sich eures
Fleisches rühmen". (Kap. 6. s3.) In der Tat ein trauriges
Werk! Sie hatten weder für den Herrn gearbeitet noch für
Ihn gelitten. Hätten sie das getan, so hätten sie auch Ruhm für
sich gehabt, dem Wort des Apostels gemäß: „Lin jeder prüfe
sein eigenes Werk, und dann wird er an sich selbst allein und
nicht an dem anderen Ruhm haben". Ja, hätten sie nur ihr
Werk in der Gegenwart Gottes geprüft, so würden sie darin
für sich keinen Ruhm gefunden haben. Aber statt ihr Werk
zu prüfen, rühmten sie sich in dem Werk des Apostels.
Wenn der Apostel sein Werk prüfte, so hatte er im Blick
darauf Ruhm, den er sich auch nicht nehmen lassen wollte. Meral,
s. Ror. 9> s5.) Ls ist etwas anderes, „Ruhm zu haben" als
„sich zu rühmen". So wichtig und erstrebenswert das eine ist, so
verwerflich ist das andere.
Hatte nicht auch der Hauptmann von Rapernamn Ruhm im
Blick auf das, was er für die Juden getan hatte? Lr rühmte
sich aber dessen nicht. Im Gegenteil, er hatte ein so tiefes Gefühl
von seiner Unwürdiakeit, daß er dem Herrn sagen ließ:
„Bemühe dich nicht, denn ich bin nicht würdig, daß du unter mein
Dach tretest". (Luk. 7. 1—6.) Ls ist einem treuen Diener Lhre
genug, seinem Herrn in Schwachheit dienen zu dürfen. Lin so!
cher wird sich niemals seiner selbst rühmen.
Srelerlel Einheit
In Seinem Gebet in Joh. 1.7 redet der Herr von
dreierlei Einheit im Blick auf die Gläubigen und auf ihre
Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn.
„Heiliger Vater!" so betet Er in Vers 11, „bewahre
sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, aufdaß
sie eins seien, gleichwie wir." Das ist die erste
Art der Einheit, wovon der Herr in diesem wunderbaren
Gebet spricht.
Welch vollkommene und innige Übereinstimmung bestand
allezeit zwischen dem Vater und dem Sohne! Von
Anfang bis zu Ende Seines Weges trat diese Übereinstimmung
und Gemeinschaft bei jeder Gelegenheit hervor.
Eins in Vorsatz und Zielen, eins in Denken und Empfinden,
eins in Worten und Werken! „Die Worte, die ich
zu euch rede", sagte der Herr bei einer früheren Gelegenheit,
„rede ich nicht von mir selbst; der Vater aber, der
in mir bleibt. Er tut die Werke." (Ioh. 14, 10.) Zn Seinem
letzten Gebet nun gibt Jesus dem Wunsche Seines
Herzens Ausdruck, daß dies auch bei uns der Fall sein
möchte. Es ist unser gesegnetes Vorrecht, mit Gott in
Übereinstimmung zu sein, und das inmitten einer Welt,
die Gott aus all ihrem Denken und Handeln völlig ausgeschaltet
hat. Das setzt selbstverständlich eine völlige Absonderung
von dem Geist dieser Welt voraus. Deshalb
wendet der Herr sich mit dieser Bitte auch an den heiligen
Vater, heiliger Vater! bewahre sie in deinem
d-XXXI s
— 444 —
Namen." Unmöglich können wir mit einem verunreinig­
ten Herzen und Gewissen Gemeinschaft haben mit Gott.
Aus diesem Grunde ermahnt das Wort uns immer wieder
zu einem heiligen Wandel. „Wie der, welcher euch
berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem
Wandel", schreibt Petrus in seinem ersten Brief, „denn
es steht geschrieben: „Seid heilig, denn ich bin heilig"."
(Kap. 4, 45. 46.) Und den Korinthern ruft Paulus
das ernste Wort zu: „Sondert euch ab, spricht der Herr,
und rühret Unreines nicht an". (2. Kor. 6,47.)
In Verbindung mit dieser Aufforderung zu völliger Absonderung
von jeglicher Ungerechtigkeit heißt es dann in
der angeführten Stelle weiter: „Und ich werde euch aufnehmen;
und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet
mir zu Söhnen und Töchtern sein". Unserem Ver­
halten und Wandel, ja, unserem ganzen Leben sollte beständig
die Inschrift „Heilig dem Herrn!" aufgeprägt
sein. So war es in dem Leben des Elisa. Die Sunamitin
konnte von ihm sagen: „Ich merke, daß dieser ein
heiliger Mann Gottes ist, der beständig bei uns durchzieht".
(2. Kön. 4, 9.) Wenn alle Gläubigen mit Gott
denselben Weg gehen und dasselbe Ziel verfolgen, unter
Beachtung der Ermahnung des Apostels: „Werdet vollkommen,
... seid eines Sinnes, seid in Frieden"
(2. Kor. 43, 44), dann sind sie auch untereinander eins
und erfüllen so den Wunsch ihres Herrn: „auf daß sie
eins seien, gleichwie wir".
Als der Herr jenes Gebet sprach, stand Er im Begriff,
diese Welt zu verlassen. Die Seinigen, die Ihm
der Vater gegeben, und die Er bis dahin selbst behütet
hatte, übergibt Er nunmehr den Händen Seines Vaters
— -ns —
mit der Bitte, d-aß Er sie fortan bewahren möge. Dabei
sieht aber Sein Auge zugleich — und das ist so ergreifend
schön — die große, unzählbare Schar, die im Laufe der
Jahrhunderte durch die Verkündigung der Worte der
Apostel an Ihn glauben würde. Infolgedessen fährt Er
fort: „Nicht für diese allein bitte ich, sondern auch für
die, welche durch ihr Wort an mich glauben; auf daß sie
alle eins seien, gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir,
auf daß auch sie in uns eins seien, auf daß die Welt
glaube, daß du mich gesandt hast". (V. 20.21.)
In diesen Worten werden wir einen Schritt weiter
geführt. Der Herr sagt hier nicht, wie im 11. Verse, „auf
daß sie eins seien, gleichwie wir", sondern: „auf daß sie
in uns eins seien". Damit kommt Er auf die zweite
Art der Einheit zu sprechen. Hier handelt eö sich um unsere
Gemeinschaft mit dem Vater und mit
Seinem Sohne Jesus Christus, um unseren
„Zugang zu dem Vater". (Eph. 2, 1,8.) In Übereinstimmung
hiermit schreibt Johannes in seinem ersten Brief:
„Auf daß auch ihr mit uns Gemeinschaft habet; und zwar
ist unsere Gemeinschaft mit dem Vater und mit
Seinem Sohne Jesus Christus. Und dies schreiben
wir euch, auf daß eure Freude völlig sei." (Kap. 1,
3. 4.) Als der Herr auf Erden weilte, stand Er, „der
zweite Mensch vom Himmel" (1. Kor. 15,47), in Seiner
Vereinigung mit dem Vater ganz allein. Er wollte aber
— und dafür sei Sein Name ewig gepriesen! — in dieser
Stellung nicht allein bleiben. Deshalb ist Er für uns gestorben
und wieder auferstanden, um „viele Söhne zur
Herrlichkeit zu bringen". Erst nachdem Seine Seele „das
Schuldopfer gestellt" (Jes. 53, 10), nachdem Gott „den
— rrb —
großen Hirten der Schafe aus den Toten wiedergebracht"
hatte (Hebr. 43, 20), konnte der Herr zu Maria sagen:
„Geh hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich
fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater, und zu
meinem Gott und eurem Gott". (Joh. 20, 47.) Erst nachdem
Er von den Hörnern der Wildochsen erhört worden
war, konnte Er den Namen Gottes Seinen Brüdern
verkündigen. (Pf. 22, 2t. 22.) Im Blick auf diese Vollendung
Seines Werkes hatte Jesus schon einmal zu Seinen
Jüngern gesagt: „An jenem Tage werdet ihr erkennen,
daß ich in meinem Vater bin, und ihr in mir und
ich in euch". (Joh. 44, 20.) Und auf Grund dieser göttlichen
Tatsache betet Er jetzt: „Auf daß sie alle eins seien,
gleichwie du, Vater, in mir und ich in dir, auf daß auch
sie in uns eins seien".
Kann es wohl etwas Größeres geben als eine solche
Vereinigung, eine Gemeinschaft der Gedanken und der
Gefühle mit dem Vater und dem Sohne? Kann man sich
denken, daß Kinder Gottes, die diese von Gott geschaffene
Einheit und Gemeinschaft kennen und zu verwirklichen
suchen, auf den Gedanken kommen, Gemeinschaften
zu gründen oder sich bereits bestehenden anzuschließen?
Nein, solche werden sich im Gegenteil „befleißigen,
die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande
des Friedens". (Eph. 4, 3.) Was würde die Folge sein,
wenn alle Gläubigen in Treue untereinander wandelten,
indem sie nur einen Vorsatz, nur ein Ziel hätten und
einmütig, „eines Sinnes", ihren Weg miteinander gingen?
O, die Welt würde dahin geführt werden, die göttliche
Tatsache zu glauben, daß der Vater den Sohn gesandt
hat. So war es im Anfang der christlichen Kirche.
— 447 —
Von dieser Zeit lesen wir: „Die Menge derer aber, die
gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele".
(Apstgsch. 4,32.) Alle diese „verharrten in der Lehre der
Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des
Brotes und in den Gebeten" (Kap. 2, 42); und das Zeugnis
von der Einheit der Gläubigen wurde mit solcher Kraft
abgelegt, daß „von den übrigen keiner wagte, sich ihnen
anzuschließen". (Kap. 5, 43.)
Leider ist es dem Feinde nur zu bald gelungen, diese
sichtbare Einheit der Gläubigen zu zerstören. Schon in
den Tagen der Apostel zeigten sich die Anfänge der Trennungen
unter den Christen. Ernst redet deshalb der Apostel
zu der Versammlung in Korinth: „Ich ermahne euch
aber, Brüder, durch den Namenunseres Herrn
Ies u 6 Christus, daß ihr alle dasselbe redet und nicht
Spaltungen unter euch seien, sondern daß ihr in demselben
Sinne und in derselben Meinung völlig zusammengefügt
seiet". (4. Kor. 4, 40.) Ach, diese eindringliche Mahnung
ist nicht beherzigt worden. Wie sieht es in unseren Tagen
in dieser Beziehung aus! Was sich damals im Keime
zeigte, das hat sich im Laufe der Zeit zur reifen Frucht
entwickelt. Schier unzählbar sind die Trennungen und Benennungen
auf christlichem Gebiet, und leider nur zu wahr
sind die bekannten Worte:
Ganz zertrennt die Heil'gen stehen,
Einheit ist nicht mehr zu sehen.
Satans List hat sie zerstöret,
Sünd' und Welt manch Herz betöret,
Ach, wie sehr wirst Du entehret!
Angesichts dieser traurigen Tatsache erfüllt es unsere
Herzen mit anbetender Freude, daß durch Gottes
Gnade und Treue die Zeit kommen wird, wo Seine Kin
— 118 —
der „in eins vollendet" dastehen werden, so daß die Welt
erkennen wird, daß der Vater „sie geliebt, gleichwie
Er den Sohn geliebt hat". (Vergl. V. 23.) Herr Jesus,
komm! singen wir in der Erwartung dieser Herrlichkeit,
denn wenn dieser Teil des Gebetes unseres Herrn sich erfüllen
wird, befinden wir uns nicht mehr in diesem Leibe
der Schwachheit. Dann ist der Zeitpunkt da, wo das Vollkommene
gekommen, und das, was stückweise ist, weggetan
sein (1. Kor. 1,3,10), die Zeit, wo die Herrlichkeit
Gottes an uns geoffenbart sein wird, in deren Hoffnung
wir uns jetzt schon rühmen (Röm. 5, 2). Es ist die Zeit,
wo das Wort des Sehers von Patmos über „die Braut,
das Weib des Lammes", seine ewige Erfüllung finden
wird: „Und sie hatte die Herrlichkeit Gottes. Ihr Lichtglanz
war gleich einem sehr kostbaren Edelstein, wie ein
kristallheller Iaspisstein." (Offbg. 21,9.11.)
Indem der Herr diese himmlische Herrlichkeit der
Seinigen, in der Er sie der Welt darstellen wird, Voraussicht,
kommt Er auf die dritte Art der Einheit zu sprechen,
die höchste von allen:
„Auf daß sie eins seien, gleichwie w i r eins sind."
„Ich in ihnen, und du in mir." „Das ist nicht", wie ein
anderer Schreiber sagt, „die einfache, vollkommene Einheit
von Vers 11, noch das gegenseitige Verhältnis und
die Gemeinschaft von Vers 21. Es ist Christus in allen
Gläubigen, und der Vater in Christo — eine Einheit, nicht
nur in Gemeinschaft, sondern indem alles mit seiner
Quelle in vollkommener Verbindung steht. Christus, den
allein die Gläubigen offenbaren sollten, ist in ihnen, und
der Vater, den Christus vollkommen geoffenbart hat,
ist in Ihm."
rry
„Auf daß sie in eins vollendet seien." Wenn es
sich um unsere Stellung als Kinder Gottes handelt, so
sind wir jetzt schon vollendet, aber nur „in Ihm". (Kol.
2, ro.) Was wird es erst sein, wenn die Gläubigen in
der Herrlichkeit, in eins vollendet, dem Bilde Seines
Sohnes gleichförmig sein werden? In der Herrlichkeit
werden sie eins sein, wie der Vater und der Sohn
eins sind — der Vater in dem Sohn, und der Sohn in
ihnen allen. Und diese dritte Einheit wird in ihrer herrlichen
Entfaltung von aller Augen gesehen werden.
Christus wird mit den Seinigen auf diese Erde hcrab-
steigen. „Er wird kommen, um a n j e n e m Ta g e verherrlicht
zu werden in Seinen Heiligen und
bewundert in allen denen, die geglaubt haben." (2. Thess.
r, ro.)
„Auf daß die Welt erkenne, daß du mich gesandt
und sie geliebt hast, gleichwie du mich geliebt hast." Heute
soll die Welt durch das einheitliche Zeugnis der Gläubigen
glauben, daß der Vater den Sohn gesandt hat. Später
wird sie, was sie jetzt nicht glauben will, erkennen.
Heute „erkennt uns die Welt nicht, weil sie Ihn nicht
erkannt hat", (t. Ioh. 3, t.) Dann wird sie erkennen,
daß, wie der Herr sagt, „du sie geliebt
hast, gleichwie du mich geliebt hast". Dann
wird auch das an die Versammlung in Philadelphia gerichtete
Wort seine Erfüllung finden: „Ich werde sie zwingen,
daß sie kommen und sich niederwerfen vor deinen
Füßen und erkennen, daß ich dich geliebt
habe". (Offbg. 3, 9.)
— 120 —
„Es Ist der Herr!"
(Zoh. 21, 7.)
Angesichts des reichen Fischzugs, der nach völlig erfolgloser
Nachtarbeit den Gehorsam der Jünger dem Wort
des Herrn Jesus gegenüber lohnte, sagte der Jünger, „welchen
Jesus liebte", zu Petrus: „Es ist der Herr!" Er
wußte sich geliebt von Jesu, und er wurde als erster überführt
von der Anwesenheit des Herrn, den er an Seinem
Tun erkannte, sowohl in Hinsicht auf die fürsorgende
Liebe, die ihren Bedürfnissen begegnete, als auch hinsichtlich
Seiner Größe als Gebieter und Herr über alles, auch
über das, „was die Pfade der Meere durchwandert" Viel­
leicht ist diesem Jünger schon bei dem erfolglosen Fischen
in der Nacht der Gedanke aufgestiegen: „Es ist der Herr",
zumal sie zweifellos kein Gebot des Herrn hatten, im
See Tiberias zu fischen. Ein Herz, das sich geliebt weiß
von Jesu, empfindet gar bald, wenn es am verkehrten
Platz ist. Anscheinend hatte Petrus in dieser Hinsicht kein
so zartes Empfinden wie Johannes. Er hatte die übrigen
verleitet mit seinem: „Ich gehe hin fischen". Die Anwesenheit
und das Tun des Herrn aber erkennt nur der
Jünger, den Jesus liebte, d. h. der im Genuß dieser Liebe
stand.
Dieser Umstand ist von Bedeutung für unser tägliches
Leben. Auf unserem Lebenswege begegnen uns Menschen
und Dinge mancher Art. Es gibt Dinge, die dem erfolglosen
Fischen der Jünger vergleichbar sind. Wohl uns,
wenn sie uns zu der Frage nötigen: Befinde ich mich am
rechten Platz? oder: Ist mein Tun in Übereinstimmung
mit dem Herrn? Erfahren wir anderseits Segnungen
— i2r —
irgend welcher Art, so erkennt ein die Liebe Jesu genießendes
Herz dankbar Ihn als den Segensspender an.
Unser ganzes Leben setzt sich zusammen aus Einzelheiten,
und in Röm. 8, 28 finden wir das bekannte Wort,
daß „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten
mitwirken". Auf dem durch dieses Wort gekennzeichneten
Boden der Abhängigkeit verharrt der Gläubige, selbst wenn
ihm für den Weg und für manche Dinge auf ihm zunächst
jedes Verstehen fehlt. Wenn uns darum zu tun ist, glücklich
unsere Straße zu ziehen, dann müssen wir lernen,
in den Dingen des täglichen Lebens, des Alltags,
Ihn zu sehen, um angesichts dieser Dinge, die uns so oft
im Alltagsgewande zeigen, zu erkennen: „Es ist der Herr".
Wenn wir das lernen, so b e g e g n e n wir diesen Dingen
der Lage entsprechend: Wir sehen in ihnen Seine Hand,
erkennen Seine Gegenwart und Sein Tun und nehmen
in diesem Bewußtsein allen Umständen gegenüber
den entsprechenden Platz ein. Wie mancher ernste, schwere,
bittere Weg brauchte nicht gegangen zu werden, wenn an
seinem Ausgangspunkt gefragt würde: „Ist es der Herr?"
Und mancher Weg, der uns schwer und bitter dünkt, wird
leichter, wenn wir erkennen: „Der Herr ist es, der ihn
uns gehen läßt". Und selbst wenn es sich um einen Weg
handelt, dem vergleichbar, den David gehen mußte, als
Simei ihm fluchte (lies 2. Sam. "lb, 5 usw.), ein Weg,
auf dem David sich des Wortes an ihn erinnert haben
wird: „Siehe, ich will aus deinem Hause Unglück über
dich erwecken" (2. Sam. 1.2, 11), ja, wenn die Geheimnisse
der göttlichen Regierungswege unsere Seelen in Not
und tiefe Übungen bringen, sodaß wir im Blick auf das
gerichtete Böse weinend das Haupt verhüllen müssen
122
(2. Sam. 15, 30), so dürfen wir doch auf solchem Wege
tiefer Demütigung uns aufrichten an dem Bewußtsein,
daß wir auch auf ihm Gegenstand Seiner göttlichen, nie
versagenden Liebe sind. Das Dunkel, das auf solchem Wege
unseren Geist umhüllt, kann leicht dahin führen, daß das
Bewußtsein der Liebe Gottes schwindet, und doch ist es
Seine väterliche Absicht, uns „Seiner Heiligkeit teilhaftig"
zu machen. (Hebr. 12, 9. 10.) David gibt uns
in dieser Hinsicht ein wertvolles Beispiel. Freilich hatte
er sich auch auf gottgemäße Weise verurteilt und zu der
Gnade Gottes seine Zuflucht genommen (vergl. Ps. 51).
Das ist naturgemäße Voraussetzung für das oben Gesagte.
Wie ist uns so wohl, wenn wir in den Einzelheiten
des Lebens die gute, sorgsame, treue Hand unseres gütigen
Herrn sehen, wenn wir, in Einfalt glaubend, in allen Be-
gegnissen Ihn erkennen! Auf diesem Boden haben wir eine
kostbare Verheißung: „Erkenne Ihn aus allen deinen
Wegen, und Er wird gerade machen (ebnen) deine
Pfade" (Sprüche 3, 6). Was kann es Besseres geben
für den Menschen Gottes auf der Erde, als wenn er im
Alltagsleben mit dieser Zusicherung Gottes rechnet! In
Belastungsproben, denen Gottes Weisheit ihn aussetzt,
wird sich der Christ nur dann und nur in dem Maße bewähren,
wie er mit hingebendem Vertrauen erkennt: „Es
ist der Herr". Ohne dieses Vertrauen wird er jedenfalls
mehr oder weniger das Gleichgewicht verlieren und versagen.
Wie gut für uns, daß wir auf allen Wegen, bei
jedem Schritt, Ihn erkennen können, wenn wir wol-
l e n. Daß wir es können, lehrt das obige Wort.
Vielleicht erfolgt hier von einem Leser der Einwurf:
„Auf meinem Wege vermag ich bei aller Mühe den
— 123 —
Herrn nicht zu erkennen. Daö Dunkel nimmt täglich zu;
ich weiß nicht mehr ein und aus."
Darauf sei nochmals hervorgehoben, daß eö Johannes
war, der erkannte: „Es ist der Herr". Petrus
hatte wiederholt Gelegenheit gehabt, in des Herrn Tun
Seine Größe und Erhabenheit zu sehen (vergl. Matth.
17, 27 und Luk. 5, 4—9), aber hier erkennt nicht er,
sondern der Jünger, den Jesus liebte, daß der am
Ufer stehende Unbekannte der Herr ist. Nur daö Bewußtsein
und der Genuß der Liebe des Herrn macht fähig.
Ihn in Seinem Tun zu erkennen zu einer Zeit, wo das
natürliche Auge Ihn nicht sieht, und natürliche Sinne
Ihn nicht verstehen.
Bei einem Weg freilich, der von vornherein ohne
Ihn gegangen wurde, ist es verständlich, wenn es zunächst
schwer ist, auf solchem „Weg der Mühsal" Ihn zu
erkennen. Aber auch ein solcher Weg, „eingeengt von hinten
und von vorn", gibt dem Psalmisten Anlaß, das Angesicht
Gottes zu suchen. Und am Schluß des Psalmes
(Ps. 139) fleht er: „Sieh, ob ein Weg der Mühsal
bei mir ist, und leite mich auf ewigem Wege!" In der Erkenntnis,
daß er leicht fehlgehen kann, überläßt er Gott
das Urteil über seinen Weg und bittet um Leitung auf
dem ewigen Wege.
Die Neigung zum Selbstbetrug ist in unseren Herzen
so groß, daß sogar die Gefahr besteht, von Leitung
des Herrn zu reden, wenn es sich um Wege handelt, die
in offenbarem Widerspruch zu Seinem Wort stehen. Redet
nicht z. B. die Stelle: „Seid nicht in einem ungleichen
Joche mit Ungläubigen", klar genug? Wie könnte da
der Herr die Seinigen je einen solchen Weg führen? Wäre
124
es nicht ehrlicher, anstatt in solchen Fällen von Leitung des
Herrn zu reden, lieber zu sagen: „Ich will diesen Weg
gehen, weil er mir gefällt"? Der Weg wird dadurch freilich
nicht besser, und die Folgen des Weges werden nicht
leichter, aber die Lage ist wenigstens geklärt, und jede
unnütze und das Zeugnis schädigende Heuchelei wird vermieden.
Verunehrung des Namens unseres Herrn und uneinbringlicher
Verlust für den Christen sind in jedem Falle
das Ergebnis eines solchen Weges, auch dann, wenn durch
schön klingende Worte der Schein der Abhängigkeit gewahrt
und die Umgebung vorübergehend dadurch getäuscht wird.
Es ist das erhabene Teil aller Kinder Gottes, auf
der Pilgerreise hienieden Ihn zu erkennen auf all e n Wegen.
Aber dieses Teil kann verloren gehen. Der gläubige
Jakob hatte die Fähigkeit zu dieser Erkenntnis eingebüßt,
als er seinen Vater und seinen Bruder Esau betrog. (Vergl.
1. Mose 25, 31 usw. und 27, 79 usw.) Kein Wunder, daß
ihn bei solchem inneren Zustand Furcht und Schrecken selbst
in der Stunde ergreifen, wo Gott ihm in herablassender
Gnade begegnet, ihm kostbare Verheißungen gibt und
ihm Sein Geleit für den Weg zusichert. (Vergl. 7. Mose
28, 13—77.)
Gleichen wir nicht manchmal dem Jakob? Nach Gottes
Absicht sollten wir, eingehend auf Seine Gedanken
über uns, allezeit die Freundlichkeit Seines väterlichen
Angesichts und die wohltuende Wärme Seines Vaterher-
zenö genießen. Aber die Unruhe unseres eigenen Herzens
und vielleicht gar ein gequältes Gewissen lassen Genuß und
Freude nicht aufkommen. Die Kraft zum Zeugnis fehlt,
und es ergibt sich das Bild des „elendesten von allen Menschen",
dessen Auge sich nicht zu erheben vermag über die
— 12S —
Armseligkeit des Diesseitigen, um den auferstandenen und
verherrlichten Menschen Jesus Christus im Himmel anzuschauen
mit der lebendigen Hoffnung, Ihn bald zu
sehen, wie Er ist. Dies ist das kostbare Teil aller
Erlösten, und zu denen zählen wir durch Seine Gnade. Und
bis wir Ihn also sehen, dürfen wir hienieden glaubend Ihn
erkennen auf allen unseren Wegen.
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lorlnther
xv.
Kapitell
Nachdem im 12. Kapitel von der Lehre bezüglich der
Gaben und im 1.3. von der zu ihrer Ausübung nötigen Liebe
die Rede gewesen ist, finden wir jetzt in Kapitel 14 die
Art und Weise, wie diese Gaben in der Versammlung
ausgeübt werden sollen. Dieses Kapitel besteht aus
zwei Teilen. Der erste Teil (Vers 1—25) redet allgemein
von der Ausübung der Gaben in der Versammlung und
davon, was bei einem Zusammenkommen der Versammlung
zur Erbauung geschieht. Der zweite Teil (Vers 26 bis
40) hat die Ordnung zum Gegenstand, die der Versammlung
beim Zusammenkommen geziemt.
Unstreitig ist angesichts des Verfalls der Kirche diese
Versammlung, von der es Vers 23 heißt: „Wenn nun die
ganze Versammlung an einem Orte zusammenkommt",
heute nicht mehr vorhanden; gleichwohl sind die Christen
auch heute bezüglich dieses Punktes so verantwortlich, als
wenn die ganze Gemeinde Christi sich mit ihnen versammelte.
Mögen es auch, wie wir schon mehrmals gesagt ha
— 126 —
ben, nur zwei oder drei sein, welche die Versammlung nach
Matth. 18 darstellen, so müssen diese doch die für die Gemeinde
in ihrer Gesamtheit gültigen Charakterzüge tragen.
Die Ausübung der Gaben hat keinen anderen Zweck
als die Erbauung; denn Erbauung ist der alles beherrschende
Gedanke dieses Kapitels. Wenn irgend eine Gabe
zur Ausübung kommt ohne dieses Ergebnis, so ist es, wie
man hier sieht, viel besser, wenn es gar nicht geschieht. Dies
führt uns zu dem im letzten Kapitel ausgedrückten Gedanken
zurück: Dient eine Gabe der Versammlung wirklich
zur Erbauung, so geschieht es, weil die Liebe sie begleitet.
Viele Brüder in Korinth redeten in fremden Sprachen.
Aber was kam dabei heraus? Wenn ich z. B. in der Versammlung
Chinesisch sprechen würde, so wäre das ohne
Zweifel eine Gabe des Geistes; aber ich würde, wenn ich
nicht übersetzt werde, nur mich selbst erbauen, anstatt die
Versammlung. Wenn aber außer mir niemand erbaut würde,
so wäre das nicht Liebe, sondern Selbstsucht, mithin
das Gegenteil von Liebe. Der Apostel hebt diese Tatsache
nachdrücklich hervor und zählt zugleich die Segnungen auf,
die durch die Gabe der Weissagung der Versammlung zuteil
werden, im Gegensatz zu der Gabe der Sprachen. Denn
hier handelt es sich um den Gegensatz zwischen diesen beiden
Gaben.
Was ist nun eigentlich Weissagung? Wie wir im 12.
Kapitel gesehen haben, gibt es, abgesehen vom Apostelamt,
zwei kostbare Gaben, welche größer sind als die übrigen:
den Lehrer und den Propheten. Hier redet der Apostel in
erster Linie von den Propheten. Der Lehrer lehrt, vermittelt
die Erkenntnis; der Prophet offenbart. (Vergl.
Vers 5.) Zu allen Zeiten haben die Propheten die verborge
r27
nen Dinge Gottes geoffenbart. Die Propheten in Israel
haben ihr Volk über seine Zukunft aufgeklärt, sowie über
die Gerichte, die es treffen werden; sie haben ihm geoffenbart,
in welcher Weise Gott das zukünftige Reich des Messias
auf Erden aufrichten wird. Die Propheten des Neuen
Testaments stellen das Gericht vor Augen, das über die
christliche Welt kommen wird, ferner die Ankunft des Gesetzlosen,
des Antichrists, dann das himmlische und irdische
Reich Christi, das nach diesen Gerichten aufgerichtet werden
soll, sowie die zukünftigen Segnungen der himmlischen
Heiligen. Alle diese einst verborgenen, geheimnisvollen
Dinge sind uns durch die Propheten geoffenbart worden.
Heute sind diese Offenbarungen abgeschlossen. Es
bleibt ihnen nichts mehr hinzuzufügen. Sowohl über den
gegenwärtigen Zustand der Christen und der Welt als auch
über die zukünftigen Dinge ist das uns zu wissen Nötige
vorausgesagt. Gleichwohl wird die prophetische Gabe auch
heute noch ausgeübt. Das ersehen wir aus unserem Kapitel.
Der Prophet bedient sich des Wortes Gottes, der
Heiligen Schriften, um durch die Kraft des Heiligen Geistes
deren Geheimnisse zur Erbauung der Versammlung
zu entwickeln. Diese Seite der prophetischen Gabe dauert
fort, auch seitdem die Heiligen Schriften abgeschlossen vorliegen.
Noch vor kaum hundert Jahren z. B. wartete kein
Christ auf das Kommen des Herrn Jesus zur Entrückung
der Gläubigen, und doch reden fast alle Bücher des Neuen
Testaments davon. Der prophetische Geist hat nun diese
im Wort enthaltene Wahrheit aufgegriffen, um sie zur gegebenen
Zeit wieder auf den Leuchter zu stellen. Wir könnten
derartige Beispiele vervielfältigen. Das Wort Gottes
liegt „vollendet" und unwandelbar vor uns; aber im Lauf
428
der Jahrhunderte sind viele seiner wichtigen Wahrheiten
gänzlich übersehen und toter Buchstabe geworden. Der prophetische
Geist hat sie nun wieder ins Acht gerückt, indem
er die Seelen in die Gegenwart der göttlichen Wahrheit
brachte. Eine bemerkenswerte Folge dieser Tätigkeit des
prophetischen Geistes zu allen Zeiten ist, daß die Seelen
gezwungen werden, zu bekennen: „Gott ist wirklich unter
euch" in der Versammlung. Ungläubige oder gänzlich unkundige
Seelen werden durch den Propheten in unmittelbare
Beziehung zu Gott gebracht. „Wenn aber alle
weissagen, und irgend ein Ungläubiger oder Unkundiger
kommt herein", schreibt der Apostel, „so wird er von allen
überführt, von allen beurteilt; das Verborgene seines Herzens
wird offenbar, und also, auf sein Angesicht fallend,
wird er Gott anbeten und verkündigen, daß Gott wirklich
unter euch ist." (V. 24. 25.) Das ist die Wirkung, welche
die prophetische Gabe in der Versammlung im Blick
auf die Erbauung hervorbringt. Das Gewissen des Ungläubigen
oder Unkundigen wird derart getroffen, daß er
ganz unwillkürlich die Gegenwart Gottes in der Versamm­
lung anerkennt.
Möge Gott uns die Gnade schenken, daß wir um jene
Gabe eifern, in der Liebe wandeln und nach Weissagung
trachten! Sollte Gott, wenn Er uns solches empfiehlt,
nicht auch unserem Verlangen danach entsprechen?
Das Wort, dem wir in diesem Kapitel immer wieder
begegnen, ist Erbauung. Nicht weniger als siebenmal
kommt es vor. Um die Wirkung der Weissagung auf die
Seelen der versammelten Gläubigen zu beschreiben —
nicht, was Weissagung ist —, sagt der Apostel: „Wer
aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Er
— r2y —
Mahnung und Tröstung". (V. 3.) So wie er in Vers 24
und 25 die Wirkung dieser Gabe auf die Gewissen der Unkundigen
und Ungläubigen beschreibt, zeigt er hier die mit
der Ausübung der Prophetengabe verbundenen Segnungen
inmitten der Versammlung. Es ist beachtenswert, daß
es sich in beiden Fällen um die Versammlung handelt,
nicht um irgend ein anderes Zusammenkommen. Wir sollten
daher alle bestrebt sein, tiefer in die Erkenntnis darüber
einzudringen, waö ein Zusammenkommen zur Erbauung
ist, wenn die Versammlung sich zu diesem besonderen
Zweck um die Person des Herrn schart. Dieses Kapitel stellt
uns nicht denHerrn p e r s önlich in der Mitte der Deinigen
vor, wie an den Stellen, wo vom Gottesdienst oder
vom Gebet die Rede ist; aber es sagt: „Gott ist wirklich
unter euch". *) Das liegt einfach daran, daß hier von:
Heiligen Geist die Rede ist, der im Leibe Christi
durch die Gaben wirkt, nicht, wie im Epheserbrief, von
Christo, der sie gibt. Der Heilige Geist ist gegenwärtig,
teilt selbst die Gaben aus und führt gleichsam den
Vorsitz bei ihrer Ausübung. Also, Gottist da. Welch eine
Gnade für den Ungläubigen, solches miterleben zu dürfen!
Er fällt auf sein Angesicht und bekennt: Zum erstenmal
in meinem Leben bin ich in unmittelbare Berührung
mit Gott gekommen.
*) eQ d^iuiQ (in euch), wie Rol. l, 27.
Wir leben gewiß heute in einer Zeit äußerster
Schwachheit und Niedrigkeit inmitten des Verfalls, den
wir Christen selber verschuldet haben. Trotzdem dürfen wir
aber sicher sein, daß, wenn wir anders unsere Zusammenkünfte
zur Erbauung den göttlichen Gedanken gemäß zu
gestalten begehren, wir auch erfahren werden, daß Gott
— rzo —
wirklich unter uns ist, und dann werden wir, trotz des
Verfalls, Segnungen genießen, die wir vorher vielleicht
nie gekannt haben. Wenn wir um die geistlichen Gaben eifern,
so werden wir, daran zweifle ich keinen Augenblick,
die Ergebnisse eines solchen Eiferns zu spüren bekommen.
Verweilen wir jetzt noch einen Augenblick bei dem
zweiten Teil unseres Kapitels. Ein Kennzeichen der Versammlung
ist die Ordnung. Davon redet unser Kapitel
vom 26. Vers ab. In der Versammlung zu Korinth
herrschte große Unordnung. Zwei oder drei Personen standen
auf und redeten in Sprachen, ohne daß ein Ausleger
da war, und somit ohne zu erbauen. Damit trachteten diese
Leute, vielleicht ohne sich selbst Rechenschaft davon zu geben,
in erster Linie nach etwas, was sie in ihren eigenen
und anderer Augen erhob. Mehrere Brüder redeten gleichzeitig.
Der Apostel sagt ihnen, daß zwei oder drei in Sprachen
reden konnten, aber „nacheinander", und nur unter
gleichzeitiger Auslegung ihrer Sprache. Ebenso konnten
zwei oder drei Propheten reden. (Hier heißt es nicht:
„a l l e" Propheten, wie in V. 24.) Wenn aber der Geist
Gottes einem zweiten ein Wort gab, so sollte der erste
schweigen, denn „die Geister der Propheten sind den Propheten
untertan". Die geistliche Kraft in dem Propheten
ist dem Propheten unterworfen, so daß er imstande ist,
abzubrechen und den Platz anderen zu lassen. Auf diese
Weise wird die gottgemäße Ordnung im Leibe Christi aufrecht
erhalten.
Ium Schluß wendet sich der Apostel an die Frauen
— wie wir wissen, nicht zum erstenmal in diesem Briefe.
Man kann sich nicht genug demütigen betreffs der Dinge,
— rzr —
die in unseren Tagen unter den Christen vorgehen. Frauen
ergreifen das Wort, halten Vorträge, predigen und beten
in der Versammlung oder doch da, wo man als Versammlung
zusammenzukommen vergibt. Solches entspricht aber
nicht dem Charakter und der Stellung des Weibes, wie
das Wort sie darstellt. Aber der Apostel geht noch weiter
und sagt: „Es istschändlich für ein Weib, in der Versammlung
zu reden". Sollte das nicht genügen, um diese
Frage ein für allemal zu regeln? Außerdem ist es eine Sache
des Gehorsams dem Gebot des Herrn gegenüber:
„Oder ist das Wort Gottes von euch ausgegangen? oder
ist es zu euch allein gelangt? Wenn jemand sich dünkt, ein
Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, was ich euch
schreibe, daß es ein Gebot desHerrn i st".
Schon oft haben wir Gelegenheit gehabt, diese Dinge
Schwestern in Christo vorzustellen. Aber der Geist, der
heutzutage in der christlichen Welt weht, ist nicht der Geist
Gottes, sondern der Geist der uns umgebenden Welt. Erführt
die Seelen, die dies nicht beachten, aus einen Weg
der Unabhängigkeit, der mit Ungehorsam gegen Gottes
Wort anfängt. Sollte man sagen, daß auf ein solch bestimmtes
Gebot des Herrn hin das Weib noch wagen würde,
den ihm von Gott angewiesenen Platz zu verlassen?
Nicht oft kleidet der Apostel das, was er zu sagen hat, in
Befehlsform. Wir finden kaum zwei oder drei solcher Fälle
in den Schriften des Apostels Paulus. Da ist es doch sehr
beachtenswert, daß er hier so redet, als ob er den Ungehorsam
der Christenheit voraussehe und im Blick darauf dafür
Sorge trage, eine Sache in Befehlsform zu kleiden, welche
die Menschen so gern als nebensächliche Einzelheit betrachten,
an die man sich nicht so genau zu halten braucht. Ge
rZ2
genüber solch sträflicher Gleichgültigkeit und Stellungnahme
sprechen wir mit dem Apostel: „Wenn aber jemand
unwissend ist, so sei er unwissend".
Laßt uns achthaben auf daö ganze Wort. Es ist
verbindlich für alle Einzelheiten unseres christlichen Lebens.
Aber einem bestimmten Gebot gegenüber ist ohne
weiteres Unterwerfung geboten. Vergessen wir auch nicht,
daß die Ordnung in der Versammlung Gottes den Engeln
als Beispiel gegeben ist, worin sie die gar mannigfaltige
Weisheit Gottes schauen.
Sas samaritische Vstetv
v.
„W ahrhaftige Anbeter"
„Es kommt aber die Stunde und ist
jetzt, da die wahrhaftigen Anbeter den
Vater in Geist und Wahrheit anbeten
werden; denn auch der Vater sucht solche
als Seine Anbeter."
Über ihre falschen religiösen Vorstellungen hat der
Herr das Weib unterwiesen. Die Vorrechte des Judentums
hat Er festgestellt. Nun fährt Er fort in Seiner Offenbarung.
„Es kommt aber die Stunde." Er begleitet sie
mit dem bezeichnenden „aber". Das „weder — noch" will
Er ihr jetzt erklären. Diese Art der Anbetung, sie war einmal
die rechte, aber nun ist es damit vorbei. Mag auch Jerusalem
dafür der Ort gewesen sein, sie gehört der Vergangenheit
an. Nach Jerusalem brauchst du nicht mehr zu gehen.
Etwas ganz Neues verkündige ich dir. Eine neue Zeit
— rzz —
ist angebrochen. Das Bisherige waren nur Schatten. Jetzt
sinken sie; die Wirklichkeit tritt vor die Seele. All ihr Ahnen,
Suchen und Sehnen soll sich nun erfüllen. Das
wahre Wesen erscheint. Der Vorhang zerreißt. Ein neues
Heiligtum tut sich auf. Weit und groß wird der geöffnete
Blick. Er scheidet nicht mehr Samariter und Juden. Er
kennt keine Unterschiede. Er kennt nur Anbeter,
„wahrhaftige Anbeter, die den Vater in Geist
und Wahrheit anbeten"---------.
„W ah r hastige Anbete r." Ja, hier stehen wir
einer ganz neuen Sache gegenüber. Etwas ganz Neues
steht der Vater im Begriff auf der Erde einzuführen. Den
Menschen will Er auf einen Boden stellen, den er bis dahin
nicht betreten konnte. Er will ihn in ein Verhältnis
zu Sich bringen, wie er es vordem nicht gekannt. Er will
Kinder, die dem Vater Anbetung in Geist und in
Wahrheit darbringen. Der Vater nimmt ein ganz besonderes
Interesse an „dieser Stunde". Wunderbar, über dieses
erhabene Thema redet der Herr mit einem armen,
sündigen Weibe. An des Weibes Frage scheinbar anknüpfend,
verschmäht Er nicht diese Gelegenheit, diesem Vorhaben
des Vaters, Seinem Verlangen Ausdruck zu geben.
Ohne Zweifel war das Verständnis des Weibes dafür
gering. Aber ihre Unwissenheit hindert Ihn nicht, ihr diese
tiefen Gedanken zu verkündigen. So wird sie gleichsam zur
Trägerin einer so großen, herrlichen Offenbarung. Merkwürdig,
über dieses Thema redet der Herr nur bei dieser
Gelegenheit. Außer bei Seiner Zurückweisung des Seine
Anbetung für sich heischenden Teufels finden wir diesen
Gegenstand kaum in Seinen sonstigen Reden. Dem Versucher
tritt Er entgegen mit dem Hinweis: „Es steht ge
— 134 —
schrieben: Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und
Ihm allein dienen". (5. Mose b, 13.) Das Gespräch mit
Nikodemus, dem frommen Juden und strengen Beobachter
des Gesetzes, erhebt sich nicht bis zu dieser Höhe.
Was ist nun Anbetung? Wie ist sie zu erklären?
Anbetung wird in der Regel jeder Gottesdienst genannt.
Anbetung in weiterem Sinne ist nicht nur die Ehrbezeugung,
der Ausdruck der Ehrerbietung des Geschöpfes, die
ihm allein geziemende Verehrung seinem Schöpfer gegenüber.
Sie ist etwas anderes als nur die Anerkennung von
Gottes Größe und Macht. Sie ist mehr als Bewunderung
Seiner Herrlichkeit, ja, Seiner Vollkommenheiten. Auch
die Schöpfung preist ihren Schöpfer, freilich ohne Einsicht.
Anbetung ist des Menschen höchste Erhebung zu Gott,
seine volle Hingabe an Ihn, tiefe, innere Weihe an Ihn.
Sie ist durchaus eine Sache des Herzens. Sie setzt ein gekanntes
Verhältnis voraus, das Seiner Offenbarung in
Gnade entspricht. Der Mensch mag getauft und konfirmiert
sein, er mag sein christliches Bekenntnis im allgemeinen
hochhalten, er mag auch in andächtigem Ernst dessen
gottesdienstlichen Gebräuchen obliegen — er ist doch
kein Anbeter. Wenn er auch gelehrt ist, daß Gott sein
Vater sei, in Wirklichkeit kennt er Ihn doch nicht in diesem
innigen, persönlichen Verhältnis. Einzig durch die Wiedergeburt,
im lebendigen Glauben an Ihn, den der
Vater gesandt hat als Heiland und Erretter, kann er den
Vater kennen lernen. Wohl war der für die Erkenntnis
noch unerfüllte Glaube an den Zukünftigen auch im Alten
Bunde der echte Grund wahren Anbetens. Aber erst der
Sohn konnte den Namen des Vaters offenbaren. Er
allein konnte dem Vater „wahrhaftige Anbeter"
— rzs —
erwecken. O Er stand hier im Begriff, dies zu tun, dem
Vater eine Anbeterin zuzuführen.
Wenn wir erklären wollen, was Anbetung eigentlich
bedeutet, so müssen wir fragen, was ihr Gegenstand sei.
Ihr einziger Gegenstand kann nur Gott sein. Nichts Geringeres,
kein anderes Wesen, kein Mensch, kein Engel.
Das eigene „I ch" ist ausgeschlossen. Andere Beweggründe
dürfen nicht vorhanden sein. Als Gott gehört Ihm alle
Herrlichkeit. Er läßt sich herbei, sich von uns erheben zu
lassen. Was könnte mich höher erheben, als Ihn, den
Höchsten, erheben zu dürfen? Anbetung ist etwas, was der
Mensch Gott darbringt. Er darf I h m etwas bringen. Es
muß also etwas sein, woran Gott Wohlgefallen empfindet,
was Seiner Herrlichkeit Freude bereitet. Müssen wir da
nicht in erster Linie an die Wertschätzung Dessen denken,
den E r uns gegeben hat? Er ist Seine höchste Gabe. Wollen
wir Gott ehren, wollen wir Ihn verherrlichen, ja, wollen
wir Ihn, Sein Herz, wahrhaft erfreuen? Wir können
es durch nichts mehr, als indem wir in Seine Gedanken
und Gefühle in bezug aus Seinen Sohn eingehen. Zn
Ihm, dem Eingeborenen, hat Er von jeher Seine Wonne
gefunden. Dieses Wohlgefallen an Ihm hat Er in besonderer
Weise gesunden und bezeugt, als Sein Eingeborener
hinging, um Mensch zu werden, als Er kam, um Seinen
Willen zu tun. Für Ihn war Er das vollkommene
Brandopfer, der sich selbst ohne Flecken Gott geopfert
hat, in vollkommener Liebe und Gehorsam, Gott
zu einem duftenden Wohlgeruch. „Darum liebt mich der
Vater, weil ich mein Leben lasse." Seines Vaters Herrlichkeit
stand auf dem Spiel. Er hat sie überaus herrlich
gemacht. Er hat sie triumphieren lassen. Durch Ihn ist die
136
sittliche Herrlichkeit Gottes in ihrem vollen Glanze hervorgestrahlt.
Durch den Menschen war Er verunehrt worden.
Nie hätte der unschuldige Mensch Ihn so verherrlichen
können. „Ich habe dich verherrlicht auf der Erde." Das
konnte nur der Sohn sagen. Er ging hin in vollkommener
Liebe und in vollkommenem Gehorsam. Sein Weg führte
Ihn an das schreckliche Kreuz. Sollten wir errettet werden,
so mußte Er für uns eintreten. Er mußte sterben, weil
wir Sünder waren, arme, rettungslos verlorene Sünder,
sündig durch und durch. Er, der „Sünde nicht kannte",
mußte „für uns zur Sünde gemacht" werden. Das Gericht
mußte Ihn treffen, das Gericht des heiligen Gottes
wider die Sünde. Gottes Angesicht verbarg sich Ihm nicht
nur, der ganze gerechte Zorn Gottes gegenüber der Sünde
wälzte sich auf Ihn herab. Gott mußte Ihn „zerschlagen".
Denkst du an alle deine Sünden? Der Mensch sucht
sie vor Gott zu verbergen. Gott gedachte an alle, und
für jede derselben mußte Christus leiden, gestraft werden.
Keine konnte Ihm erspart bleiben. Er trug sie alle in die
unmittelbare Gegenwart Gottes, des heiligen und gerechten
Gottes. Er litt die Strafe für sie, deine und meine
Strafe. Jesaja 53 ist dafür ein unauslöschliches Dokument.
Je öfter ich es lese, desto mehr ergreift es mich in allen
Fasern meines Herzens. Die überaus dunkle Szene dort
am Kreuz tritt überwältigend vor meine Seele. Was kann
sie anders auslösen in mir als heißes Dankgefühl neben
innigstem Mitfühlen für Seine Angst und Schmerzen?
Ihr Strom muß zu Ihm ausströmen, muß in Bewunde­
rung, Lob und Preis emporsteigen, muß sozusagen untersinken
in dem unergründlichen Meer Seiner Liebe. Das
ist A n b e t u n g.
— 131 —
Unser Herr hat eine besondere Stunde, ein Mahl des
Gedächtnisses dafür eingesetzt. Es entsprach der Sehnsucht
Seines Herzens, dies zu tun. Er wußte, daß nichts uns so
innig mit Ihm, Seiner Person, verbinden könne. Unsere
Herzen sollten eine Gelegenheit, einen Platz finden, an dem
sie ihrer Liebe, ihrem Dankgefühl Ausdruck geben könnten.
Dieses Vorrecht uns jetzt schon auf dieser Erde einzuräumen
war Er liebend bedacht.
ES ist ein Unterschied, ob ich sage: Ich bin errettet,
mir sind meine Sünden vergeben, oder ob ich sagen kann:
Ich habe einen Gegenstand, der mein ganzes Herz anzieht,
der es mit Freude und Bewunderung erfüllt. Diese
Freude und Bewunderung kann ich rühmen vor der ganzen
Welt. Aber nichts macht mich so glücklich, als wenn
ich sie vor Ihm, meinem Herrn selbst, rühmen darf, als
wenn ich eintreten darf ins Heiligtum und darf dort Ihm
selbst die Opfer des Lobes und Dankes darbringen. So
tadellos Leben und Wandel eines Christen sein mögen,
ohne die Anbetung fehlt etwas — der duftende Wohlgeruch
für Ihn. Wo eine kräftige Entfaltung des Lebens
Christi vorhanden, wird die Anbetung sich von selbst fin­
den.
„Tut dies zu meinem Gedächtnis" — drückt es nicht
die ganze Innigkeit dieses Verhältnisses aus? Es ist, als
wollte Er sagen: Das tat ich für dich — was tust du
für m i ch ! Seht, so liebte ich euch — nun tut auch ihr mir
etwas zuliebe! „Tut dies zu meinem Gedächtnis" — es
ist, als wenn Er zu den Seinigen sagte: Ich erwarte jetzt
ein Opfer von eurer Seite. Ich erwarte das Opfer des
Lobes, „das ist die Frucht der Lippen, die Seinen Namen
bekennen". (Hebr. iz, 15. 16.) Der Gedanke an Sein
— rzs —
Werk, an das kostbare Blut, mit dem Er uns gewaschen
hat von unseren Sünden, von der ersten bis zur letzten
— stimmt es nicht immer wieder zu Lob und Anbetung?
Und umsomehr, als wir fühlen, wir sind so unwürdig zu
einem solchen Lobe, so ganz und gar verderbt in uns selbst.
Treibt nicht dieses Gefühl gerade den schwächsten Gläubigen
zu immer neuem Lob? Vergegenwärtigt er sich, wie tief
der Herr hinabgestiegen ist, wie tief Er sich erniedrigen
mußte, so wird er sagen: Ich begehre keine Ehre mehr für
Mich, sondern alle Ehre für Ihn. Ich wünsche nur als ein
Zeugnis für Ihn einen Platz in der Welt zu haben, nur
Seine Herrlichkeit, Seine Liebe rühmen zu können.
Das Kreuz ist und bleibt der Platz, wo Gott vollkommen
verherrlicht wurde, und zwar durch Seinen geliebten
Sohn. Hier strahlt uns eine Herrlichkeit entgegen,
gegen die alles verblaßt auf Erden und im Himmel. Sie
wird auch dort alles überstrahlen. Das geschlachtete Lamm
wird der Träger, der Mittelpunkt aller zukünftigen Herrlichkeit
sein. Die Anbetung, die wir hier auf der Erde schon
darbringen — es ist der Anfang von dem, was wir im
Himmel tun werden. Dort wird es unsere beständige, unsere
ewige Beschäftigung sein.
Weltlichkeit
Ein Warnungswort für den heutigen Tag.
Der Hauptzweck Satans in unseren Tagen, für den
er jegliche Anstrengung macht, besteht darin, das Bekenntnis
der höchsten und heiligsten Wahrheit mit Weltlichkeit
zu vereinigen.
— 1Z9 —
Wie weit ist ihm dies gelungen?
Die Christen um uns her erwarten mit Recht eine
ausgeprägte Un - Weltlichkeit bei denen, die sich hoher
Wahrheiten rühmen und bekennen, Christum von Herzen
zu lieben. Finden sie solche Un-Weltlichkeit bei uns?
Nehmt euch in acht, ihr alle, die ihr euch mit einer
„gekreuzigten Welt" (vergl. Gal. 6, 1.4) einlaßt! Das
einzige, was verhindern kann, daß die wunderbaren Wahrheiten,
die wir haben, verachtet und mit Füßen getreten
werden, ist, daß ihre Zeugen in ihrem Wandel beweisen,
daß sie „nicht von der Welt sind", wie Christus nicht
von der Welt war.
Mit dem Bösen beschäftigt sein, ist indessen nicht der
Weg, die Dinge zu bessern. Beschäftigung mit
Christo und Hingabe an Ihn können allein
wahre Nicht-Weltlichkeit hervorbringen, sonst wird ein Übel
nur durch ein anderes ersetzt, und am Ende verbirgt sich
dann unter einem strengen Äußeren eine Selbstgenügsamkeit,
welche dem Geiste Christi ebenso entgegen ist wie
Weltsinn und weltliches Benehmen.
Wenn Christus der Beweggrund unserer Un-Welt-
lichkeit ist, so wird alles recht sein. Ist es aber unser eigenes
Ich, so taugt sie nichts, weil unser Ich ebenso weit von
Christo entfernt ist wie die Welt. Er will weder Klöster
noch Einsiedeleien, sondern Herzen, die sich verwaist fühlen
und sich nach einem abwesenden Herrn sehnen — Herzen,
die vor der Liebe zur Welt und dem, was in der Welt
ist, bewahrt bleiben durch den ihnen immer gegenwärtigen
Gedanken: „Er ist nicht hier".
I. N. D.
140
V>le betest du?
Vie betest du? Kannst wie ein Kind du beten,
Das bittend an des Vaters Knie sich lehnt
Und wunschvoll, was sein kleines Herz ersehnt,
Ihm sagen muß? Lag, kannst du also beten
Zu deinem Gott und Vater immerzu —
Wie betest du?
Was betest du? Lind's Worte leeren Schalles,
Ist's kippenwerk, davon das Herz nichts weiß?
Lag, oder glüht die Brust dir brünstig heiß,
Liegst du vor Ihm? Lagst du Ihm alles, alles,
Wie dir ums Herz, so schlicht, geradezu —
Was betest du?
Wo betest du? Nur dort, wo andre beten,
Wo es geboten, und wo jedermann
Dein Beten sehen oder hören kann?
Hast du kein Kämmerlein, mit Ihm zu reden,
Wo's niemand sieht, allein in heil'ger Ruh —
Wo betest du?
Wann betest du? Lag, ist dein ganzes Leben
<Lin unaufhörlich inniges Gebet?
Lag, oder heißt, wenn deine Lippe fleht,
Dich nur die Not den Blick zum Himmel heben?
Und trittst du dann mit heißem Dank herzu?
Wann betest du?
G wohl dir, Herz, wenn dein Gebet nie schweiget,
Wenn überall vor deinem Gott du stehst;
Wenn gläubig du aus Herzenstiefen flehst,
Und dein Gebet doch Kindesstammcln gleichet!
Und klinget Gottes Amen dann hinzu,
Dann betest Lu!
G. H.
„Denn ich erzählen wollte . — "
(Hebr. 11, 32.)
„Und was soll ich noch sagen? Denn die Zeit würde
mir fehlen, wenn ich erzählen wollte von Gideon und Barak
und Simson und Iephta und David und Samuel."
Za, die Zeit mochte ihm wohl fehlen zum Schreiben.
Aber gab es nicht vielleicht noch einen anderen Hinderungsgrund?
Wenn wir fortlaufend unsere Bibel lesen, so wie
wir es mit einem anderen Buch machen, und auf diese
Weise z. B. hintereinander die Bücher Richter, Ruth und
1. Samuel lesen, bis wir zum Schluß im Anfang des 16.
Kapitels von der Ankündigung des Königs nach dem Herzen
Gottes hören, so kann eine Empfindung über uns
kommen, die sich als ein heiliges und doch freudiges Erschauern
bezeichnen läßt. Eine Fülle schon gehabter und
durchdachter Gedanken aus dem Vorangegangenen wogt
in der Seele und läßt ahnen, was der Schreiber des Briefes
an die Hebräer empfunden haben muß, als er so hineingeriet
ins Darstellen der Helden des Glaubens aus
seinem Volke. Was er, von Abel über Henoch und Noah
zu Abraham hingelangend, von diesem und weiter von
Mose, mitsamt den wunderbaren Führungen Gottes bis
zum Eintritt des Volkes in das Land, gesagt hat, hat ihn
so überwältigt, daß er das übrige nur noch in gedrängter
Kürze darzustellen vermag.
I^XXX! 6
142
Das überwältigend Große des an seinem Geiste Vorübergezogenen
hat ihn ja schon bewogen, in den Versen
13—16 eine kurze Einschaltung zu machen, eine Einschaltung,
die uns packt und mitreißt: „Diese alle sind im
Glauben gestorben und haben die Verheißungen nicht
empfangen" — von ferne nur gesehen haben sie sic
und begrüßt und also keine Ansprüche auf irdischen Besitz
erhoben!
Und wie es so geht, wenn während eines Vortrags die
Seele hingerissen wird von einem großen Gegenstand:
— da ist nicht mehr kleinliche Beachtung zeitgeschichtlicher
Genauigkeit ausschlaggebend, sondern die sittlichen Erwägungen,
die schon längst in der Seele ihren Niederschlag
gefunden haben. So stellt der Schreiber Gideon vor Barak,
Simson vor Jephta, David vor Samuel. Die Empfänger
seines Briefes, wohlvertraut mit ihrer eigenen Geschichte
und mit den sorgfältig gehüteten Schriften, verstanden
es zweifellos sehr wohl, daß er den Finger darauf
legte, daß Gideon, obwohl zunächst zaghaft im Glauben,
durch sein Tun dem Beobachter mehr Bewunderung abringt
als Barak, der einem Weibe, der Richterin Debora,
die Bedingung stellt: Wenn du nicht gehst, gehe ich
auch nicht, womit dann ganz in Übereinstimmung steht,
daß nicht ihm, sondern einem Weibe, Jael, dem Weib
Hebers, des Keniters, der Ruhm wird, die Bezwingerin
des feindlichen Feldherrn zu sein.
Auch daß Simson vor Jephta genannt wird, hat
Gründe, von denen der Schreiber annehmen darf, daß
sie den Lesern seines Briefes ohne weiteres klar sind. Jephta
zeigt sich, als er mit dem Gegner, dem Ammoniterkönig,
die Feindseligkeiten eröffnet, als ein geschichtskundiger und
143
auf Jehovas Hilfe rechnender, kühner Stratege (Richter
11, 12—27), aber später erscheint er in Worten und
Handlungen als ein Hitzkopf, der seiner Tochter Leben verdirbt
und zweiundvierzigtausend Volksgenossen, Ephrai-
miter, in den Tod schickt, anstatt sie, wie Gideon, durch
vernünftiges Zureden zu beruhigen. (Kap. 11, 24—12, 6.)
Und Simson verrichtet Heldentaten, die nicht oder nur annähernd
ihresgleichen haben (vergl. seine Geschichte mit
2. Sam. 23 oder 1. Chron. 11), gibt sich aber immer
wieder bedauerliche, sündhafte Blößen durch seine Sinnlichkeit.
Trotzdem ist er, von höherer Warte aus betrachtet,
insofern vor Jephta zu stellen, als er ein Sohn der
Verheißung ist wie Isaak, vor seiner Geburt schon zu
seinem Dienst bestimmt, und nicht von Stammesgenossen
berufen wie Jephta. Auch ist der in seinen Tagen neu auf
den Schauplatz tretende Feind, der Philister, der Feind,
den endgültig der König nach dem Herzen Gottes besiegen
soll.
Hiermit sind wir bei David angelangt. Nicht Samuel,
der Prophet, ist der Mann der Ratschlüsse Gottes,
sondern David, der erste des erwählten Königsgeschlechts,
aus dem der Christus, der wahre Gesalbte und König,
kommen soll. Schon im Anfang seiner Geschichte stellt David
im Vorbild durch die Besiegung Goliaths mit der
Schleuder den Sieg des Christus über den echten Goliath,
Satan, dar.
Weiter ist zu bemerken, daß der zeitlich vor David
stehende Samuel dadurch, daß er als letzter in der Linie
aufgezählt wird, der erste in der langen Reihe der Propheten
wird, die jetzt folgen und auf Den Hinweisen, über
welchen geschrieben steht: „Nachdem Gott vielfältig und
144
auf vielerlei Weise ehemals zu den Vätern geredet hat in
den Propheten, hat Er am Ende dieser Tage (der alten
Haushaltung) zu uns geredet im Sohne". (Hebr. 1, 1.)
Aber was ich eigentlich, von 1. Sam. 16, 1—13
ausgehend, sagen wollte, ist dies: Beim Lesen dieses Abschnitts
treten dem mit der Schrift Vertrauten unwillkürlich
die vielen, vielen Beispiele lebendig vor die Seele, in
denen Jehovas Herz sich dadurch offenbart, daß Er immer
und immer wieder mit Menschen Verkehr pflegt und
Menschen ins Vertrauen zieht (vergl. 1. Kön. 12, 1y bis
24; Hiob 1, 6—12), ganz so, als ob Er diesen Umgang
brauche zu Seiner eigenen Befriedigung.
Wenn wir von diesem Verkehr Gottes mit den Menschenkindern
im 1. Buch Mose lesen, so macht er auf uns
den Eindruck des Natürlichen, Selbstverständlichen, Lieblichen.
Als Schöpfer hatte Gott die Menschen ins Dasein
gerufen, hatte den ersten von ihnen, Adam, bekannt gemacht
mit dem, was die Menschen in Seiner Schöpfung
sein durften und sollten, was sie tun und lassen sollten.
Daß Er na ch dem Sündenfall geradeso einfach mit ihnen
verhandelt wie vorher, finden wir weiter nicht verwunderlich.
Der Verkehr Gottes mit Seinen Geschöpfen trägt
nach wie vor einen ganz natürlichen, vielfach sehr lieblichen
Charakter. (Vergl. die Verhandlungen mit Adam und Eva,
mit Kain, Noah, mit Pharao und Abimelech wegen Sara,
mit Hiob und seinen Freunden.)
Schon nicht mehr als so selbstverständlich empfinden
wir es aber, wenn wir die ersten Keime Seiner Ratschlüsse
erblicken in der Erwählung eines Mannes, Abrahams,
und eines Volkes, das entsprossen ist aus den zwölf
Urenkeln dieses Mannes. Da beginnt Staunen ins Herz
145
cinzuziehen. Wir sehen den Schöpfer-Gott sich mit diesem
Manne in Verbindung setzen, zu ihm in ein Verhältnis
kommen, das bei aller Wahrung der geziemenden Ehrfurcht
von feiten Abrahams dem allmächtigen Besitzer
Himmels und der Erde gegenüber eine Freundschaft genannt
werden kann, die an Vertrautheit nichts zu wünschen
übrigläßt. (Vergl. 2. Chron. 20, 7; Jes. 41, 8; Jak. 2,
2Z.) Berufung, wiederholte, sich im Werte steigernde Segensverheißungen,
Besuche, Vertrauenskundgebungcn
(Kap. 18 u. 19), Vertrauenserprobungen (Kap. 22) auf
der einen Seite. Völligstes Vertrauen und ergreifende Beweise
dieses Vertrauens bis zu dem Urteil: „Gott vermag
auch aus den Toten zu erwecken", auf der anderen Seite.
Das ist keine Selbstverständlichkeit mehr.
Das Staunen wird zur Bewunderung bei der Betrachtung
der Unterredungen Gottes mit Jakob und des
geduldigen Tragens der Torheiten dieses Mannes, und es
geht über in Anbetung ob den Beweisen von Liebe, Barmherzigkeit
und Gnade sowie dem Verlangen nach einem
Vertrauensverhältnis, alles Dinge, die wir erblik-
ken, nachdem Gott sich Israel durch Erlösung zum Volk
gemacht hatte. Von der Berufung Moses' am Horeb an
bis zu Samuel: welche Fülle von Offenbarungen des Herzens
Gottes! Mit Moses redet Er von Mund zu Mund,
und er schaut das Bild Jehovas. (4. Mose 12, 8.) Wohnen
will Er unter Seinem Volke, und Er tut es. Bei aller
Aufrechterhaltung Seiner Heiligkeit Israels trotzigem Widerstreben
gegenüber bricht es durch, daß Er sich mit ihnen
aussprechen muß, nachdem die Führer vom Schauplatz abgetreten
sind, und wäre es auch nur, um ihnen Hartes zu
sagen. (Richt. 2, 1—S.)
— I4b —
Und nun, nachdem die Wirkung auch von dieser daö
Herz anpackenden Aussprache gar bald verraucht ist, hebt
die Reihe der Männer an, durch die Er immer wieder Rettung
schafft, und mit denen Er Unterredungen pflegt, welche
die Eindrücke, die wir bereits empfangen haben, noch
vertiefen. Welche Herablassung der Unwissenheit und dem
Zaudern Gideons gegenüber! Welches Wohlwollen, welche
Huld und Nachsicht gegen Simsons Eltern! Und dann
endlich Samuel! Wenn Eli einer Offenbarung Gottes unwürdig
ist, so hat Er sich schon einen jungen Knaben zubereitet,
mit dem Er Verkehr haben, dem Er Seine Pläne
offenbaren, den Er ins Vertrauen ziehen kann. Bedenken
wir es: einen Knaben! Und nachdem einmal der Anfang
gemacht ist, öffnet sich immer wieder das Herz Gottes
und ergießt von seinem Inhalt in ein empfängliches
Menschenherz. „Jehova fuhr fort, in Silo zu erscheinen;
denn Jehova offenbarte sich dem Samuel in Silo durch
das Wort Jehovas." (1. Sam. Z, 21.)
Welch vertrautes Hin- und Herreden zwischen Jehova
und Samuel wegen des Begehrens eines Königs und
dessen Wahl und Salbung! (1. Sam. 8 u. 9.) Desgleichen
bei der Verwerfung des Königs! (Kap. 15.) Bei der Salbung
Davids ist es nicht anders. Bei dieser Gelegenheit
nehmen wir zugleich bewundernd das Vorhandensein eines
klaren Bewußtseins über Gottes Gedanken bei Samuel
wahr, als die Söhne Jsais an ihm vorübergehen. Ohne zu
wissen, ob noch mehr Söhne vorhanden sind, vermag er
bestimmt zu sagen: „Jehova hat diesen nicht erwählt",
und als dann endlich der rechte kommt, vernimmt er klar
das Wort: „Auf, salbe ihn!"
Und wenn wir nun unseren Gedanken freien Lauf
147
lassen, durch die ganze Schrift hindurch, und hier die sich
häufenden Mitteilungen, Ermahnungen, Warnungen,
Drohungen, Ermunterungen oder Darbietungen von herrlichen
Zukunftsbildern in den Schriften der Propheten
wahrnehmen; wenn wir die vertrauten Reden mit einigen
dieser letzteren, z. B. Jeremia, bis hin zu den Propheten
nach der Gefangenschaft lesen; wenn wir auch all der
Treuen gedenken, denen die Worte ins Herz drangen, um
ihnen zur Freude und Wonne zu werden (Zer. 15,16); ja,
wenn wir alles zueinem Bilde vereinigt vor uns haben:
möchten wir da nicht niedersinken und in Anbetung verharren?
Und wenn wir dann schließlich diesen Jehova-Gott
in Person, als Mensch, in die Mitte der Menschenkinder
treten sehen und Ihn kennen lernen, wie Er mit ihnen —
mit uns Menschen! — als Mensch verkehrt, redet,
mitempfindet, ihnen zu Hilfe kommt, über sie weint wegen
Seiner unverstandenen Liebe, ja, sich für sie in den
Tod gibt; und noch weiter: wie Er nicht ruht noch rastet
(auch jetzt nicht), um sie zu sich zu bringen in Seine Herrlichkeit,
wie Er schließlich für immer bei ihnen wohnen
(Offbg. 21), auf ewig also mit ihnen verbunden sein will,
muß es einem da nicht wie Schuppen von den Augen fallen,
so daß man anbetend ausruft: Dieser in Jesu geoffenbarte
Gott der Liebe braucht dich, Menschenkind, will
dich haben zum Freund, Genossen, Vertrauten!? (Vergl.
Joh. 15, 14. 15 und z. Joh. 15; Hebr. z, 1 und Ps.
45, 7; Matth. 13, 11 und Eph. 1, 9 usw.) Für Zeit und
Ewigkeit will Er dich haben, nicht die Engel!? (Hebr. 2,
5 u. 1. Petr. 1,12.)
Und diesem, wie wir zu sagen wagen, heißen Verlangen
des Herzens des Schöpfer-Heiland-Gottes, das sich
— 148 —
nicht mit der Gesellschaft der Engel zufrieden gibt, vermöchtest
du zu widerstehen? brächtest es über dich, dich
demselben nicht rückhaltlos hinzugeben?
Ich schließe mit dem Bekenntnis und dem Wunsch
eines Dichters, indem ich mir seine Worte zu eigen mache:
Nur bei Dir ist völliges Vergnügen,
Darum will ich fest an Dich mich schmiegen.
Du, mein Freund, ich sag's mit heil'ger ^che»,
Nichts kann Deine Liebe je erreichen,
Nichts die zarte Freundschaft sondergleichen,
Die da täglich tiefer wird und neu.
Unterredungen über den ersten Brief
an die Korinther
XVI.
Kapitel l S, 1- 17.
Wenn das erste Kapitel unseres Briefes vor allem die
Tatsache betont, daß das Kreuz Christi das Ende des
Menschen nach dem Fleische bedeutet, weil das Verhalten
der Korinther die Frucht ungerichteten Fleisches war, so
gibt uns das 15. Kapitel einen noch viel einfacheren Begriff
vom Kreuz. Unter den Korinthern gab es gewisse
Leute, welche die Lehre von der Auferstehung angrifsen,
indem sie lehrten, „es gebe keine Auferstehung der Toten",
und man ließ sie ruhig gewähren. Diese Lehre „zerstörte"
aber den Glauben; daher wiederholt der Apostel zwei- oder
dreimal, daß, wenn die Korinther sie annähmen, ihr
„Glaube eitel sei". Bei dieser Gelegenheit erinnert er sie
an das einfache Evangelium, das er ihnen gepredigt hatte;
und ich muß sagen, daß ich keine Stelle im ganzen Neuen
14S
Testament kenne, die uns das Evangelium einfacher und
klarer in seinen Grundzügen darstellte.
Bevor ich aber näher auf das Kapitel eingehe, möchte
ich bemerken, daß der Feind, wenn er die Lehre Christi angreift,
stets bezweckt, unsere Seelen vom Himmel zu lösen
und sie auf die Erde herabzuziehen. Ich führe drei Beispiele
zum Beweis dieser Behauptung an. Als erstes Hy-
menäus und Philetus (2. Tim. 2, 1,7. t8). Diese beiden
Männer behaupteten, daß „die Auferstehung schon geschehen
sei", und zerstörten auf diese Weise den Glauben etlicher.
Zweitens die Leute, die in der Versammlung zu Korinth
lehrten, daß es „keine Auferstehung der Toten gebe".
Nun, wenn es überhaupt keine Auferstehung der Toten
gibt, dann ist uns der Himmel verschlossen, und wir können
niemals mit unseren verherrlichten Leibern dort einziehen,
denn in diesem ganzen Kapitel handelt es sich um
die Auferstehung desLeibes. Wenn anderseits die Auferstehung
schon geschehen ist, dann sind wir dazu verurteilt,
in dieser Welt zu bleiben, mit all unseren irdischen Gedanken
und ohne jede himmlische Hoffnung. Um diese ihre
falsche Lehre zu stützen, beriefen sich jene Männer zweifellos
auf den Ausspruch des Apostels, daß wir mit Christo
auferweckt sind. In einem dritten Fall (2. Thess. 2, 2)
lehrten falsche Lehrer, daß „der Tag des Herrn" da sei.
Die armen Thessalonicher mochten in der Drangsal der
Verfolgung, die sie zu erleiden hatten, wohl versucht sein
zu denken, der Tag des Gerichts sei gekommen. Aber das
Kommen Christi geht dem Tage des Herrn voraus. Indem
nun diese falsche Lehre jene Tatsache untergrub, entzog
sie zugleich der Wahrheit von dem Kommen des Herrn
in Gnade, der Hoffnung der Thessalonicher, den Boden.
— rso —
Wir leben heute in den traurigen Zeiten deö Endes,
und da gilt es, ebenso wie damals, sich davor zu hüten,
unser Ohr solch schriftwidrigen Lehren zu leihen. Der Zweck
Satans ist, wie gesagt, uns von Christo zu trennen und
uns in die Welt einzureihen, so als ob wir immer in ihr
zu bleiben hätten. Wie überaus wichtig ist es in solche,,
Tagen, die Lehre des Evangeliums festzuhalten! Ich habe
schon oft Christen sagen hören: „Ich lege nicht so viel Wert
auf die Lehre. Was uns nötig ist, ist p ra k ti s ch e s Christentum."
Wer aber so denkt, setzt sich der Gefahr aus,
durch den Feind vom Herrn und Seinem Wort abgelenkt
zu werden. So würde ein Angriff auf die Lehre von der
Auferstehung und der Ankunft des Herrn nichts anderes
bedeuten, als die Seelen wieder auf einen Boden zurückzuführen,
wo Satan alle Gewalt über sie hat. In den gefährlichen
Zeiten, durch die wir hindurchmüssen, ist es vor
allem wichtig, hierauf mit aller Entschiedenheit hinzuweisen.
Der 2. Brief an die Thessalonicher, der 2. an Timo­
theus, der 2. Brief des Petrus und der des Judas zeigen
uns, daß Satan weniger oft sucht, die Seelen in sittliches
Verderben und Böses zu stürzen, als ihnen vielmehr den
Geschmack an dem lauteren Evangelium zu nehmen, denn
er weiß sehr wohl, daß wir in seiner Macht sind, wenn
wir das Evangelium preisgeben. Die gotteslästerlichen Lehren
des Unglaubens sind die deutlichsten Kennzeichen der
Endzeit. Mele Christen lassen sich in ihrem Urteil durch
die Tatsache beirren, daß sie anerkannt Ungläubige manchmal
ein äußerlich tadelloses Leben führen sehen. Sie vergessen
dabei, daß Gott vor allem darüber Rechenschaft
fordern wird, wie die Menschen Seinen geliebten Sohn
behandelt und Sein Werk gewürdigt haben.
Kommen wir jetzt auf die ersten Verse unseres Kapitels
zurück! „Denn ich habe euch zuerst überliefert, was
ich auch empfangen habe." (V. Z.) Die Korinther hatten
daö Evangelium durch Vermittlung des Apostels empfangen,
der es seinerseits auch empfangen hatte. Paulus sagt
hier nicht: „von dem Herrn empfangen" — als eine besondere
Offenbarung — sondern einfach „empfangen".
„Die Schriften" hatten ihn über das belehrt, was er den
Korinthern mitgeteilt hatte. Wie der Apostel besitzen wir,
um das Evangelium kennen zu lernen, eine einzige Quelle:
„die Schriften". Dieses einfache Evangelium hatten die
Korinther ausgenommen und waren durch dasselbe „errettet"
worden. Und worin bestand es? Darin, daß „Christus
für unsere Sünden gestorben ist, nach den Schriften;
und daß Er begraben wurde, und daß Er auferweckt worden
ist am dritten Tage, nach den Schriften".
Wir finden im Kreuze Christi einen unerschöpflichen
Schatz von Wahrheiten. Betrachten wir es im einzelnen,
so finden wir, daß sich die Stunden am Kreuz aus verschiedenen
Abschnitten zusammensetzen, und die Betrachtung
eines jeden einzelnen dieser Abschnitte ist unendlich
kostbar. Hier aber stellt der Apostel das Kreuz als ein
Ganzes dar. „Christus ist für unsere Sünden gestorben,
nach den Schriften." Die Seele, welche dieses Evangelium
ausgenommen hat, isterrettet. Sie braucht nichts anderes
mehr. Die Schriften geben Zeugnis von der Tatsache.
Das Alte Testament ist voll davon. Das Gesetz stellt uns
von Anfang bis Ende ein Opfer vor Augen, das für die
Sünden des Volkes gestorben ist. Abel tritt vor Gott mit
einem Opferlamm und empfängt das Zeugnis, daß er gerecht
sei. Die Psalmen zeigen uns, daß die Opfer nur als
— 152 —
Vorbilder aus den Tod des Lammes Gottes Wert haben.
(Vergl. Ps. 40, 6. 7.) Der erste der Propheten, Jesaja,
verkündigt diesen Tod. Einer der letzten, Sacharja, bestätigt
ihn: „Schwert, erwache wider meinen Hirten!"
Nach den Schriften beruht jede Segnung auf der Grundlage,
daß Christus für unsere Sünden gestorben ist. Welche
Kraft liegt doch in dem einfachen Evangelium!
Weiter: „Er wurde begraben". Sein Sühnungswerk
hat im Grabe sein Ende gefunden, wo alle Sünden, die Er
getragen hat, gleichsam mit Ihm begraben worden sind.
Schließlich: „Er ist auferweckt worden am dritten
Tage, nach den Schriften". Hinweise auf diese Seine Auferstehung
am dritten Tage finden sich ebenso wie diejenigen
auf Seinen Tod von Anfang bis Ende in den Schriften.
So steht Isaak drei Tage unter dem Urteil des Todes.
Dann findet Abraham einen Stellvertreter für ihn und
erhält am dritten Tage seinen Sohn gleichsam in Auferstehung
zurück. Jonas ist drei Tage im „Schoße des
Scheols" im Bauch des großen Fisches. Am dritten Tage
wird er ans Land auögespieen und schaut das Licht wieder.
In den Evangelien weist der Herr zu verschiedenen Malen
auf diese große Tatsache hin. Immer wieder kündigt Er
dem Volk und Seinen Jüngern diesen dritten Tag an. Der
Prophet Hosea sagt: „Er wird uns nach zwei Tagen wieder
beleben, am dritten Tage uns aufrichten". (Kap. 6, 2.)
Doch wir wollen die Anführungen hierüber nicht noch mehr
häufen. Wie gesagt, zeugen die Schriften von Anfang bis
Ende von diesen Dingen.
Jedoch bedurfte es neben dem Zeugnis der Schriften
noch dessen der Augenzeugen der Auferstehung. Wir finden
sie in den folgenden Versen. Gott hat dafür Sorge getra-
— rs3 —
gen, daß ihrer viele sind. Außer von den Zwölfen ist der
auferstandene Herr von mehr als fünfhundert
Brüdern auf einmal gesehen worden, wahrscheinlich
in Galiläa. Angesichts solcher Zeugnisse war es
trotz aller Bemühungen des Feindes unmöglich, dieses Ereignis
zu leugnen. Was wäre auch geworden, wenn die
Auferstehung nicht stattgefunden hätte? Wir wären noch
in unseren Sünden, rettungslos verloren. So sind diese
beiden Tatsachen, der Tod und die Auferstehung Christi,
unzertrennlich miteinander verbunden, wie es im Nömer-
brief heißt: „Er ist unserer Übertretungen wegen dahingegeben
und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden".
(Kap. 4, 25.) Wenn Gott Jesum im Grabe gelassen
hätte, so wäre damit erwiesen, daß das zu unserem
Heil unternommene Werk kläglich gescheitert ist, und die
Jünger wären als falsche Zeugen erfunden worden.
Es scheint fast so, als ob die Leute, welche den Korinthern
diese umstürzlerischen Lehren brachten, die Auferstehung
Christi nicht geleugnet hätten. Sie zogen aber keinerlei
Rückschlüsse daraus. Wie die Sadducäer leugneten
sie die Auferstehung der Toten. Es ist der Apostel, der den
Schluß zieht, daß in diesem Fall der Mensch Christus Jesus
auch nicht auferweckt worden sei. Wenn die Menschen
nicht auferstehen, hat auch Christus nicht auferstehen können.
Von all den Zeugen der Auferstehung war der Apostel
selbst ihr ganz besonderer Zeuge. Jesus war von ihm gesehen
worden wie von einer unzeitigen Geburt, einem vorzeitig
geborenen Kinde, das kein Recht hat zu leben. Trotzdem
hatte er das Vorrecht gehabt, als der erste den auferstandenen
Herrn in der Herrlichkeit zu schauen. Die
1S4
Apostel hatten Ihn nach Seiner Auferstehung in ihrer
Mitte gesehen, sodann, wie Er, sie verlassend, vor ihren
Augen entschwand. Paulus aber hatte etwas ganz anderes
gesehen. Für ihn hatte sich der Himmel geöffnet, und er
hatte sich diesem Menschen Jesus gegenüber befunden —
dem Gott, der Licht ist — und war davon in den Staub
geworfen worden. Aber diese selbe Persönlichkeit hatte voller
Gnade mit ihm geredet. Der, welcher Licht ist, ist auch
Liebe. Paulus war in diesem Menschen Gott begegnet
zum Heil. „Ich bin nicht würdig, ein Apostel genannt zu
werden", sagt er, „aber durch Gottes Gnade bin ich, was
ich bin." Er, der sich selbst keinerlei Verdienst beimißt,
wird der größte der Apostel. „Und Seine Gnade gegen
mich ist nicht vergeblich gewesen." (V. 10.) Immer die
Gnade! Wenn Paulus das Mittel geworden ist, um dieses
Evangelium mit einer ganz besonderen Kraft zu verkündigen,
so doch nur durch die Gnade Gottes in Christo.
Wenn man das Evangelium der Auferstehung nicht
annimmt, stürzt alles zusammen: das Werk des Heils,
die Vergebung der Sünden, die Rechtfertigung. Ja, der
Erlöser selbst ist verloren. Wie ist doch sogar die bekennende
orthodoxe Christenheit, welche die Auferstehung bejaht,
weit davon entfernt, ihr die Bedeutung zu geben, die ihr
zukommt! Die Auferstehung des Leibes findet wenig
Raum in der Predigt. Es scheint manchmal, wenn man
diese im übrigen durchaus achtenswerten Christen hört,
als ob der Zustand der Seele nach dem Tode alles sei,
was ihre Gedanken beschäftigt.
Möge Gott uns davor bewahren, irgendetwas von
dem Evangelium, wie die Schriften es lehren, aufzugeben!
Möge es uns im Gegenteil geschenkt sein, in diesen gefahr
1.55
vollen Zeiten unverrückt an diesem einfachen Evangelium
festzuhalten: dem Tod Christi für unsere Sünden und
Seiner Auferstehung, welche gleichzeitig die Besiegelung
Seines Werkes und die Gewähr für unsere eigene Auferstehung
ist. Satan wird immer darauf ausgehen, diese
großen Wahrheiten in unseren Herzen zu verkleinern, um
uns den irdischen Dingen anzupassen, die uns weder Kraft,
noch Freude, noch Gewißheit zu geben vermögen. Daher
schreibt Paulus mit Recht an Timotheus: „Halte im Gedächtnis
Jesum Christum, auferweckt aus den T o-
t e n". (2. Tim. 2, 8.)
„Gehe hin und tue desgleichen!"
Vor mir liegt ein kurzer Bericht über das Leben und
den Charakter des am 30. November 1820 in Kleinhünin-
gen bei Basel zur Ruhe seines Herrn eingegangenen Pfarrers
Preiswerk. Das Heft ist vor mehr als hundert Jahren
gedruckt worden und sicherlich längst vergriffen und
vergessen. Doch fand ich einige der darin geäußerten Gedanken
so schön und beherzigenswert, daß ich sie an dieser
Stelle zu unser aller Nutzen wiedergeben möchte.
Über seinen Werdegang schreibt Preiswerk selbst:
„Von meiner Mutter genoß ich eine gottesfürchtige
Erziehung (der Vater konnte sich weniger damit abgeben,
weil er den ganzen Tag auf dem Büro beschäftigt war).
Die Fürsorge für mein inneres Leben nahm schon vor
meiner Geburt ihren Anfang, denn meine selige Mutter
pflegte ihre Kinder, selbst als sie noch nicht geboren waren,
ihrem Schöpfer und Heiland mit vielem Gebet zu
— rss —
empfehlen und vorzüglich für sie zu erbitten, daß Er ihnen
diejenigen Gaben schenken wolle, die sie bedürften,
um ehrlich durch die Welt zu kommen und selig zu sterben.
(Merkt euch dies, ihr Mütter!) Dieses Gebet wurde auch
an mir erhört. Gott gab mir gute, aber nicht hervorstechende
Naturgaben. Ich konnte bei anhaltendem Fleiß alles
lernen, was ich nötig hatte, aber mich vor anderen besonders
auszeichnen konnte ich nicht.
„Ich war zur Kaufmannschaft bestimmt, aber als ich
bald das Gymnasium verlassen sollte, gab ein Hausbesuch
eines würdigen Predigers bei meinen Eltern mir eine ganz
andere Bestimmung. Er riet nämlich meiner Mutter, mich
dem Predigtamt zu widmen. Diesen Rat teilte sie mir mit,
als ich aus der Schule kam. Ich ging nun allein in meine
Kammer und weinte mich recht satt. Dann entschloß ich
mich aber mit völliger Überzeugung, diesen Ruf als von
Gott anzunehmen. Meine Tränen hatten einen sonderbaren
Grund. Ich hatte bisher die Überzeugung, durch die Kaufmannschaft
würde ich in der Welt ein großes Glück machen.
Nun aber sah ich diese schöne Hoffnung vereitelt,
denn von dem Predigtamt erwartete ich keine Reichtümer.
Ich beweinte also mein eingebildetes Weltglück, aber nur
dies einzige Mal."
Aus den Erzählungen Preiswerks geht hervor, daß
er in seinen Jugendjahren einen ausgezeichneten, wissenschaftlichen
Unterricht von einem gelehrten Verwandten
genossen hat... Weil die menschliche Gelehrsamkeit ihm
aber nicht genügte, so forschte er unermüdlich Tag und
Nacht im Neuen Testament und prüfte die Lehre desselben
— gemäß der Anleitung unseres Herrn: „Wenn jemand
Seinen (GotteS) Willen tun will, so wird er von der Lehre
— 757 —
wissen, ob sie aus Gott ist, oder ob ich aus mir selbst rede"
(Ioh. 7, t7) — durch Anwendung aus seinLe-
ben selbst.
Über seine Glaubensüberzeugung spricht er sich wie
folgt aus:
„Ich glaube von ganzem Herzen, daß die Bibel Gottes
Wort sei. Ich glaube alles, was ich bestimmt und klar
darin ausgedrückt finde, doch so, daß die Bibel durch die
Bibel, sonst durch nichts, erklärt werde. Ich trachte nach
meinem Vermögen zu tun, was sie uns befiehlt, und zu
fassen, zu erfahren und zu genießen, was sie uns heißt...
Wie weit ich eö darin gebracht habe, kann ich nicht bestimmen.
So viel aber darf ich sagen: Ich habe Ruhe gefunden
für meine Seele! Das danke ich allein meinem Erlöser.
So wenig sich aber ein fixer (feststehender) Grad
von Wärme und Kälte für Basel oder Petersburg angeben
läßt, so wenig gibt es einen für das menschliche Herz.
Der Kälte können wir in den Wohnzimmern durch Feuerung
begegnen. Mein oft sehr kaltes Herz kann ich durch
Gebet und Gottes Wort gewöhnlich bis auf einen erträglichen
Grad erwärmen."
Das Wort Gottes wurde ihm ein Richter der Gedanken
und Gesinnungen des Herzens (Hebr. 4, 72), so daß
schließlich alles, sowohl die Größe seines Verderbens, als
auch die Notwendigkeit der Versöhnung, klar und aufgedeckt
vor seinen Augen lag. Nachdem er die Gnade der
Versöhnung an seinem eigenen Herzen erfahren hatte, hing
er mit einem wahrhaften Nathanaels-Sinn an seinem Heiland
Jesus Christus und rief wie jener Mann — nur nicht
ein-, sondern unzähligemal aus —: „Du bist Gottes
Sohn! — Du bist der einzige Heiland der Welt! — Es ist
r58
in keinem anderen Heil, ist auch kein anderer Name den
Menschen gegeben, darinnen wir sollen selig werden."
Niemand und nichts war mehr Gegenstand seiner
Beurteilung als er selbst und sein eigenes Tun und Wesen,
denn die Beobachtung seines eigenen Herzens überzeugte
ihn, daß es oft nur einer kleinen Übereilung oder
eines Mangels an Wachsamkeit bedarf, um in eine Sünde
verwickelt zu werden. Je schärfer und genauer er es aber
mit sich selbst nahm, desto schonender wurde er im Urteil
über seine Brüder... Für jeden Fehler, den andere gegen
ihn begingen, fand er eine Entschuldigung. Jeder, auch
der größte Sünder, fand bei ihm ein teilnehmendes Herz.
In den großen Staatoveränderungen während und
nach den letzten Kriegen seiner Zeit sah er nie das Werk
einzelner großer Menschen, sondern das Werk eines Gottes,
der das Gericht zum Siege führen will, und der zu
Seinem Zweck Werkzeuge wählt, wie Er sie für gut befindet,
der auch jedem derselben ein Ziel setzt, wie weit
es gehen darf.
In seinen und seiner Umgebung Schicksalen fand er
nichts klein, nichts zufällig. Jedes Ereignis war ihm entweder
Ermahnung, Warnung, Züchtigung, Liebe, Stärkung
oder ein sonstiger Segen Gottes, „weil er in der
Überzeugung immer fester wurde, daß Gott Seine Stimme
außer in Seinem Wort auch zum großen Teil in den Geschehnissen
unseres Lebens hören läßt".
Sein Haus wie sein Herz stand zu jeder Zeit der tätigen
Bruder- und Menschenliebe offen, und selten ging der
besuchende Freund ohne ein wohltuendes Gefühl des Gewinnes
an klarer, belehrender oder tröstender Wahrheit
von ihm nach Hause zurück.
— rsy —
Einige Monate vor seinem glücklichen Heimgang befiel
ihn ein Leiden, das sich gegen das Ende hin immer
mehr zu einem sehr schmerzhaften gestaltete, über dieses
Leiden heißt es von ihm:
Ze mehr der Leib gepeinigt wurde, desto mehr wurde
der Geist in Gott gestärkt. Selten nahm man einen trüben
Blick an ihm wahr. Von Klagen war keine Rede, aber
loben hörte man ihn den Namen des Herrn. Wenn sich
der Mund vor Schmerzen krampfhaft zusammenzog, so
lächelte doch das Auge gen Himmel empor.
Von seinem Heimgang wird berichtet:
Zm Glauben und dem Frieden Gottes entschlief er
sanft und selig am Z0. November 7820. Er starb nicht
— nein, er lebte hinüber, um vollen Lebensgenuß
zu empfangen. Der lebendige Geist fuhr aus, ausgenommen
von dem Lebendigen, der tot war, aber der da lebt von
Ewigkeit zu Ewigkeit. — Seine Prüfungszeit dauerte 67
Jahre und einige Monate.
Sas samaritische Vsteib
VI.
„In Geist und Wahrheit"
„In Geist und Wahrhei t." Wie schwerwiegend
sind diese Worte in Verbindung mit Anbetung! Wer könnte
sie erschöpfen? Das Weib verstand unter Anbetung sicher
nicht viel mehr als die Darbringung bestimmter Opfer,
die Verrichtung gewisser äußerlicher Zeremonien. „In
Geist und Wahrheit" will sagen — nicht durch äußeren
— Ibv -
Gottesdienst. Nur in der Kraft und unter der Leitung des
Heiligen Geistes kann der Mensch Gott dienen.
„Denn auch der Vater sucht solche als
Seine Anbeter." Luther hat übersetzt „will haben",
d. h. „erfordert" sie Seinem Wesen gemäß.
Nur solche kann Er als Seine Anbeter annehmen und gelten
lassen. Aber es dürfte wohl mehr sagen. Der Vater
sucht, d. h. Er hat ein so großes Interesse, Er mißt ihnen
einen so hohen Wert bei. Er hat ein so großes Verlangen.
Denn Seine Wonne ist an den Menschenkindern.
Er suchte auch dieses arme, sündige Weib, Er wollte
sie als Anbeterin haben. Wunderbare Gnade! Was
wollte Er von ihr? Hat Er ihr nicht schon im Anfang verraten
— ich suche dich? Za, ich suche dich im Namen
meines, des Vaters — wir suchen solche als wahrhaftige
Anbeter. Nicht nur unter den zu Jerusalem anbetenden
rechtgläubigen Juden, nein, auch unter den Samaritern
suchen wir. Mögen diese auch ihren Gottesdienst, ihre Anbetung
nach ihrer eigenen Meinung eingerichtet haben, Vater
und Sohn suchen einzelne oder einige, wo sie sich finden
lassen. Es scheinen immer nur wenige zu sein, wenn
man sie suchen muß. Seit neunzehnhundert Jahren währt
dieses Suchen schon. Überall geschieht's, an allen Brunnen
der Erde, an entlegenen, unscheinbaren Stätten. Einsame,
abgeirrte, verzweifelte, in Schande und Elend verkommene
Menschen, kummervolle, schuldbeladene Seelen ließen
sich finden. Welch einen Wert sie haben für Gott, wer
kann es verstehen? Des Herrn tiefe Worte in Zoh. 17
— „die dumir aus der Welt gegeben hast. Dein waren
sie, und m i r hast du sie gegeben" — lassen uns etwas davon
ahnen. Ja, sie lassen uns einen Blick tun in das Herz
161
von Vater und Sohn. Welch einen Wert müssen wir für
den Vater haben, wenn Er uns den Sohn als Seine
Gabe gegeben. Welch einen Wert für den Sohn, wenn Er
sagt: „Dein waren sie, und mir hast du sie gegeben".
Geliebter Leser, der du auch einmal von Ihm gesucht wurdest,
stehe still, staune und — bete an! Wenn wir an
uns denken — was suchen wir? Was haben wir
bis jetzt, was haben wir heute gesucht? „Sage mir, was
du suchst"--------------
„In Geist und Wahrheit anbeten" heißt
auch anbeten in der inneren Verwirklichung der von Ihn:
gemachten Einheit. Wahre Anbetung kann nur im Heiligen
Geiste, im Geiste der Einheit geschehen. Wenn ich
auch nur mit wenigen zur Feier Seines Gedächtnisses an
einem Orte versammelt bin und anbete, so bekenne ich doch
mit allen Gläubigen auf der Erde, welcher Partei und
welcher Nation sie angehören mögen, imGeiste vereinigt
zu sein. Alle, die durch Sein Blut erkauft sind, die ewiges
Leben von Ihm empfangen haben, sind darin eingeschlossen.
Sie sind SeinLeib. Unsere Anbetung hier, so
schwach sie scheinen mag, ihr geistiger Inhalt muß der
Anbetung entsprechen, wie sie uns im Himmel gezeigt
wird. „Gott ist ein Gei ft", nur diesem Geist kann
sie entsprechen.
Derselbe Schreiber, der hier die Anbeter des Vaters
die wahrhaftigen Anbeter nennt, schreibt am Schluß
seines 1. Briefes: „Hütet euch vor den Götzen!" und im
vorhergehenden Verse: „Wir wissen aber, daß der Sohn
Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben
hat, auf daß wir den Wahrhaftigen kennen; und wir sind
— rb2 —
in dem Wahrhaftigen, in Seinem Sohne Jesus Christus.
Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben."
Dreimal nennt er Ihn den Wahrhaftigen. Wenn
Er uns ein Verständnis gegeben hat, daß wirdenWa h r-
haftigen kennen, wenn wir in dem Wahrhaftigen
sind — wie kann Er anderes von uns erwarten,
als daß wir wahrhaftige Anbeter sind? Der Herzenszustand,
die Wahrheit im Innern ist die unerläßliche
Grundlage aller Anbetung. „Laßt uns hinzutreten mit
wahrhaftigem Herzen!" fordert der Schreiber des
Hebräerbriefes auf. (Kap. "lo, 22.)
Aber das ist nicht alles. Wie schon des weiteren ausgeführt,
der Gegenstand muß Christus sein. Auf
Ihn muß der Blick gerichtet, Seine Gegenwart muß verwirklicht
werden. Er ist es, der allein das Lob anstimmen
kann und will. Er allein. Vieler Mund mag stumm
bleiben. Aber wo die Herzen von Ihm erfüllt sind, da
wird auch der Mund sich öffnen. Die Danksagung der
vielen wird überfließen. Nicht viele Worte tun's — im Gegenteil.
Offenbart sich unsere Schwachheit, unsere Armut
nicht oft gerade darin, daß wir so wortreich sind? Ich
will nicht von solchen reden, die sich gern reden, ja, sich
gern beten hören. Wie muß die Selbstgefälligkeit in dieser
Form Gott ein Greuel sein! Auf dem Kreuz ist die Heiligkeit
Gottes aufs klarste ans Licht getreten. „Deinem
Hause geziemt Heiligkeit, Jehova, auf immerdar." (Ps.
9Z, 5.) Nie wird die äußere Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft
die innere persönliche Verwirklichung ersetzen
können, selbst wenn der Gottesdienst der betreffenden Gemeinschaft
einwandfrei schriftmäßig ist, wenn bei den Zusammenkünften
die Anbetung als vom Geiste geleitet sich
163
erwiesen. Für den einzelnen kommt alles an auf den Zustand
des Herzens, auf die „Wahrheit im Innern". Sein
Innerstes muß vor Gott offen liegen. Es muß ihm darum
zu tun sein, daß vor Ihm keine verborgene Falte vorhanden
ist. Wie oft hindern ungerichtete, nicht bekannte
Sünden die wahre Anbetung! Für ein gleichgültiges Herz
kann es eine Sache der Gewohnheit, des Pflichtgefühls
werden. Wo wahre Anbetung ist, wird auch ein weltlich
gerichtetes Herz sich nicht glücklich, nicht heimisch fühlen.
Ein hochmütiges Herz, besonders ein geistlich hochmütiges
Herz, wird an den anderen irgend einen Anstoß zu nehmen
sich berechtigt glauben, und zwar umsomehr, als es sich
über sich selbst täuscht. Ein verunreinigtes Herz aber wird
sich verurteilt oder gestraft fühlen, oder es wird noch mehr
abgestumpft und verhärtet werden. Aber sind nicht manche
Gebete mehr Vorträgen ähnlich, die der Betende statt an
Ihn an seine Zuhörer zu richten scheint? Oder sind wir
nicht an manche Ausdrücke, sie mögen noch so schöne Worte
enthalten, so gewöhnt, daß sie ohne tiefere Wirkung verhallen?
Sind unsere Gebete nicht oft mehr eine Sache der
Erkenntnis als eine Sache des Herzens? Viele Gebete
sind gewiß ernst und aufrichtig gemeint, aber sie atmen
nicht den Geist wahrer Anbetung. Es ist keine Anbetung
im Geist und in der Wahrheit. Wären wir wirklich arm,
d. h. arm im Geist, arm in uns selbst, so wäre dem Geiste
Raum gegeben, in uns zu wirken. Ist das Herz von nichts
anderem als von Ihm erfüllt, so wird von selbst der
Strom der Danksagung aufsteigen. Die „Quelle", von
Ihm eingesenkt, wird emporquellen. Durch den Geist
geleitet, wird sie zur Anbetung werden.
— rb4 —
Wollen wir wissen, was vollkommene Anbetung ist,
so müssen wir die Szene in Offenbarung 4 und 5 betrachten.
Inmitten des Thrones, umgeben von unzähligen
Engelscharen, den lebendigen Wesen und den Ältesten, ist
der einzige Gegenstand das g e s ch lach te te Lam m. Vor
Ihm fallen sie nieder und preisen Ihn mit lauter Stimme.
Aus ihrem Munde tönt dasneueLied. Vereint mit
allen Geschöpfen im Himmel und auf der Erde und unter
der Erde, bringen sie Dem, der auf dem Throne sitzt, und
dem Lamm „die Segnung und die Ehre und die Herrlichkeit
und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit". — Was
werden wir im Himmel tun? Wir werden anbeten. Wir
werden ganz darin aufgehen. Aber wir machen hier schon
einen Anfang davon. Dort wird die Anbetung unsere eigentliche
Beschäftigung sein. Dort erblicken wir die ganze
Tragweite Seines Werkes, schauen an und fassen die ganze
Größe der Liebe. Dort freuen wir unö unaufhörlich in ihren
Strahlen, die, lange verhüllt, in ihrem vollen Glanz
hervorbrechen. Das Kreuz, das wir hier bewundern, ist
unö nicht nur daö sittliche Wunder des Weltalls, sondern
der vollkommene, ewige Ausdruck, der Mittelpunkt göttlicher
Liebe.
„Gott ist einGeist, und die Ihn anbeten,
müssen in Geist und Wahrheit anbe-
t e n."
„Gott ist ein Geist." Was folgt daraus für die Anbetung?
Kann Ihm ein äußerliches Anbeten wohlgefällig
sein? O nein. Wie kann durch die Beobachtung bloß äußerlicher
Dinge und Zeremonien eine unmittelbare Verbindung
von Geist zu Geist entstehen? Sie wird nicht nur zu
einer leeren Form, sie kann auch einem heuchlerischen We
— lb5 —
sen ihre Hülle leihen. Sie ist in Gefahr, zuletzt in götzendienerisches
Tun zu versinken. Seinem Wesen nach kann
Gott nur geistige Anbeter haben.
„Und die Ihn anbeten, müssenin Geist und Wahrheit
anbeten."
Um also anbeten zu können, muß eine besondere
Grundlage gelegt sein. Der Grund muß so fest und untrüglich
sein, daß Gott selbst dadurch befriedigt ist. Zu
diesem Zweck muß die Sünde vom Anbeter entfernt
sein. Es genügt nicht, daß ihm die Sünden vergeben
sind. Der Anbeter muß das Bewußtsein haben: die
Sünde ist hinweggetan.
Dies ist geschehen durch das Opfer Christi, der sich
„durch den ewigen Geist Gott geopfert hat". Der Preis
dieses kostbarsten aller Opfer ist von Gott angenommen
worden. Dieses Opfer ist „ein für allemal" geschehen. Es
ist ein vollkommenes Opfer. Eine vollkommene, eine ewige
Erlösung ist erfüllt. Die Sünde ist völlig hinweggetan,
der Wille Gottes, ihrer nie mehr zu gedenken, ist unabänderlich,
so daß es von feiten Gottes kein Erinnern mehr
an sie geben kann. Durch diesen Willen sind wir geheiligt.
So vollkommen dieses Werk ist, so ewig in seiner
Wirkung, ebenso vollkommen ist unsere Heiligung. Was
unser Gewissen betrifft, so sind wir auch gereinigt,
und zwar nicht nur von Sünden gereinigt, sondern in
allem, was von der Natur des sündigen Menschen stammt.
Wir haben ein vollkommenes Gewissen vor Gott. Vor
Ihm stehen wir nicht mehr auf Grund dessen, was wir
sind, sondern was Christus ist. Und wer ist dort im Heiligtum?
Es ist Jesus, unser Hoherpriester. Er
weilt nicht nur dort für uns, sondern Er hat sich auch
— rsb —
„für immerdar" gesetztzur Rechten Gottes. Das ist der
große Beweis. Er selbst ist der große Zeuge. Durch nichts
könnte die Annahme dieses Werkes, gegründet auf die Gerechtigkeit
Gottes, durch nichts unsere Annahme, die
Ruhe und Sicherheit unserer Stellung, klarer und deutlicher
erwiesen sein. Wie Seine Stellung dort unveränderlich
ist, kann sich auch unsere Stellung nie verändern.
Wir sind nicht nur durch Sein Opfer vollkommen gereinigt,
wir sind auch in dem Werte Seiner gesegneten Person
vor Gott dargestellt. So haben wir völlige Freimütigkeit,
ins Heiligtum einzutreten, ins Allerheiligste, nicht in
jene Stätte, in welche als Vorbild der Hohepriester allein,
und zwar nur einmal im Jahre, hineingehen durfte. Nicht
wie Israel, das in Jerusalem anbetete, ohne je wirklich
in die Gegenwart Gottes zu kommen, oder gar wie die
Samariter auf dem Berge Gerisim. Wir können eintreten
ins himmlische Heiligtum, in die Gegenwart Gottes selbst,
zu jeder Zeit. Wir können beständig dort weilen. Zn völliger
Freiheit, mit Freimütigkeit können wir dort mit Gott
verkehren. Das ist der gesegnete Platz eines Anbeters
im Heiligtum. Alles ist göttlich. Der Wille Gottes ist die
Quelle. Christus, der Sohn Gottes, hat diesen Willen erfüllt.
Aber es war Sein eigener und freier Wille. — O
welch ein wunderbarer Wille! — Und der Heilige Geist,
der in uns wohnt, bezeugt es uns. Von Ihm belehrt und
geleitet, kann der Anbeter im Heiligtum erscheinen, „um
dem lebendigen Gott zu dienen". „Die Herzen besprengt"
und den „Leib gewaschen mit reinem Wasser",
will Er das Opfer der Anbetung in Geist undWahr-
heit als duftenden Wohlgeruch entgegennehmen. Auf
unserer Seite kann dies nur verwirklicht werden durch den
167
Glauben. Um diese Gnade zu genießen, muß ich sie kennen,
muß sie in mich aufnehmen in der „völligen Gewißheit":
hier ist mein Platz, dies ist das wahre Heiligtum,
dies ist der neue und lebendige Weg, erschlossen durch das
Blut Jesu. Nicht alle Kinder Gottes verwirklichen diese
Stellung eines wahren Anbeters im Glauben. Sie verwechseln
ihren Zugang zu Gott, ihre Annahme, ihre Stellung
vor Gott, ihre Gerechtigkeit kraft des Opfers Christi
— die nie unterbrochen, nie verändert werden können —
mit der Gemeinschaft, deren Genuß durch die Sünde unterbrochen
werden kann. Sie verwechseln den „Hohenpriester"
Jesus mit dem „Sachwalter". Des Sachwalters
Tätigkeit besteht darin, daß, „wenn jemand gesündigt hat"
(1. Joh. 2, 1), Er die Seele in die unterbrochene Gemeinschaft
zurückführt, diese wiederherstellt. So ist dadurch,
daß Priestertum und Sachwalterschaft in der Person
Christi sich vereinigen, die Vollkommenheit und die Herrlichkeit
unserer ewigen Stellung, in welche die göttliche
Gerechtigkeit uns einführte, vereinbar mit dem Zustand
eines unvollkommenen und fehlenden Geschöpfes hienie-
den.
Vstarnungsworte für die heutige Keil
a) Gebetö-Versammlungen.
Ist nicht große Gefahr vorhanden, daß eine „Gabe
des Gebets" sich unter uns entwickle? Ich meine damit
ein weitläufiges Aufzählen kostbarer Wahrheiten, die den
meisten und sicherlich Gott, der sie gegeben hat, wohl bekannt
sind, und dabei eine ermüdend häufige Wiederholung
Seines Namens. Wird nicht die Zeit in unseren Ge
— 1b8 —
betsversammlungen zum großen Teil mit der Ausübung
dieser unschriftgemäßen Gabe ausgefüllt, oft so,
daß wirkliches Beten dadurch ausgeschlossen wird?
Gibt es nicht unter uns eine wachsende Zahl solcher,
die da meinen, um ihrer „vielen Worte willen" erhört
zu werden, die ihnen sehr geläufig sind, während sie von
„unablässigem Beten" vielleicht nur wenig wissen?
Es ist nicht nötig, daß wir anderthalb Stunden zusammenbleiben,
oder selbst nur eine Stunde. Besser, weit
besser ist es, einfach und demütig die Bitten, die wir auf
dem Herzen haben, mit Danksagung vorzubringen
und dann auseinanderzugehen, als Gott lediglich einen eitlen
Ersatz für Gebet und Flehen darzubieten.
Gebet erzeugt Gebet. Und ein kurzes, ernstes Rufen
erweckt und ermutigt zu einem anderen, während eine
zwanzig Minuten und länger dauernde Wiederholung der
Wege und Handlungsweise Gottes den Geist nahezu löscht.
Es würde einem gemeinsamen Flehen zum Herrn
sehr förderlich sein, wenn besondere Gebetsgegenstände
beim Beginn der Versammlung bekannt gemacht würden,
auf daß alle eins wären, um was sie bitten wollen. In
diesem wie in allem anderen wünscht und verlangt Gott
Wirklichkeit. Und in dem Maße, wie diese fehlt, kann
die Gebetsversammlung Ihm nicht wohlannehmlich sein,
mag sie auch noch so gut besucht werden. Vergessen wir
auch nicht, daß es das „inbrünstige Gebet eines Gerech -
t e n" ist, das viel vermag. (Jak. 5,16.) Wenn jemand,
der in ungerichteter Sünde wandelt, für andere zu bitten
wagt — wie kann er auf Erhörung rechnen?
I. N. D.
Srei teilnahmsvolle Kragen
i.
Die Betrachtung der ersten Frage führt uns in den
Kerker, wo die Gefangenen des Königs von Ägypten lagen,
und bringt unö in Verbindung mit Joseph, dem Manne
so vieler Übungen, die bis zur tiefsten Erniedrigung
führten. Nicht eigene Schuld hatte ihn an diesen Platz gebracht,
sondern die schändliche Verleumdung eines gewissenlosen
Weibes. Treu hatte er sich davor gehütet, ein
großes Übel zu tun und wider Gott zu sündigen (lies
1. Mose 39), und nun ertrug er Beschwerden um des Gewissens
vor Gott willen, indem er ungerecht litt.
(1. Petr. 2,1.9.) Andere Leiden, solche seitens seiner Brüder,
ivaren vorangegangen, und dann war diese neue Prüfung
gekommen: „Man preßte seine Füße in den Stock, er
(wörtlich: seine Seele) kam in das Eisen". (Ps. ISS, 18.)
Gerechtigkeit und Treue auf seiner Seite, Ungerechtigkeit,
Wollust, Untreue gegen Gott und Menschen und Verleumdung
auf der anderen Seite — das war, menschlich
betrachtet, die Ursache seiner neuen Prüfung. Was wird in
diesen Jahren in seinem Herzen vorgegangen sein! Das
Tun der Menschen, und daß Gott ihnen alles dies zuließ
— wie wird er darüber gesonnen haben! Schwer war sein
Stand schon im Vaterhause seinen Brüdern gegenüber gewesen,
noch schwerer sein Weg von dem Tage an, als er
uxxxi 7
170
sich zum letzten Male von seinem Vater verabschiedete,
seinen hartherzigen Brüdern begegnete und ein Opfer ihres
Neides und Hasses wurde. Wie schwer und hart war
das alles von der menschlichen, wie geheimnisvoll und dunkel
von der göttlichen Seite aus betrachtet! Und nun —
neues Leid, neue Proben, und das als Opfer der schändlichsten
Intrige. Wie würde das alles enden? Würde er je
wieder das teure Angesicht seines geliebten Vaters sehen?
Hatte Gott vergessen, gnädig zu sein?
Joseph hatte in der Schule Gottes mancherlei zu lernen,
und — erhat gelernt. Der schwere Weg diente ihm
zur inneren Läuterung. Gott wurde durch ihn verherrlicht,
aber auch Menschen trugen ihren Gewinn davon. Daö wird
immer da der Fall sein, wo Leiden und Übungen nicht zur
Mutlosigkeit oder Erbitterung, sondern zur Bewährung
führen. So nehmen wir bei Joseph ein reges Interesse und
ein warmes Herz für seine Leidensgenossen wahr. Die eigene
Mühsal nahm ihn nicht derart gefangen, daß nicht
auch noch warme Gefühle für die Kümmernisse anderer
bei ihm vorhanden gewesen wären.
Zwei Hofbeamte, der Schenke und der Bäcker des
Ägypter-Königs, die sich gleich ihm in jenem Kerker befanden,
und zu deren Bedienung Joseph bestellt war, hatten
beide in einer Nacht einen Traum. „Und Joseph kam am
Morgen zu ihnen und sah sie, und siehe, sie waren mißmutig.
Und er fragte die Kämmerer des Pharao, die mit
ihm im Hause seines Herrn in Gewahrsam waren, und
sprach: Warum sind eure Angesichter heute so trübe?"
(1. Mose 40, 1—7.) Wie schön! Er weicht den mißmutigen
Gesichtern nicht aus. Er überläßt die Kämmerer nicht
ihren düsteren und furchtsamen Gedanken, denkt nicht nur
— 171 —
an seine eigene Plage, sondern möchte ihren Kummer teilen.
Er weiß, wie wohl es tut, das Herz der Teilnahme
zu erschließen, und so sucht er durch seine liebe- und teilnahmsvolle
Frage sie dahin zu leiten, sich ihm anzuvertrauen.
Er ist bereit, auch ihre Last noch auf sein Herz
zu nehmen.
O daß wir Joseph darin gleichen möchten! Viel können
wir von ihm lernen, besonders in den leiderfüllten,
schweren Tagen unserer gegenwärtigen Zeit. Groß ist die
Gefahr, über sich selbst nicht hinauszukommen, oder, sofern
man noch an andere denkt, von ihnen wohl Mitleid
zu erwarten, aber nicht fähig zu sein, es selbst zu spenden
und anderer Lasten zu tragen. Auf diese Weise kann man
aneinander vorübergehen, indem man wohl von dem anderen
etwas erwartet, aber selbst nichts bietet oder nichts zu
bieten weiß. Und doch steht jedem Gläubigen ein so reicher
Quell zur Verfügung, aus dem er andere zu tränken
vermag. Wir können einander nicht in dem Sinne Gutes
weissagen, wie Joseph dem Schenken weissagte. Aber wir
haben weit Besseres zu bringen. Wir können uns selbst
und andere trösten aus dem göttlichen Born, aus
dem ein jeder frischen Mut und neue Kraft schöpfen kann.
Wir können zueinander reden durch Sein kostbares Wort.
Welch reicher Trost, welch freundliche Ermunterung liegt
schon in der einen, bekannten Stelle: „Er gibt dem
Müden Kraft, und dem Unvermögenden reicht E r Stärke
dar in Fülle. Und Jünglinge ermüden und ermatten, und
junge Männer fallen hin; aber die auf Jehova harren,
gewinnen neue Kraft: sie heben die Schwingen
empor wie die Adler; sie laufen rind ermatten nicht, sie gehen
und ermüden nicht." (Jes. 40, 29—Z1.) Keiner
— 172 —
braucht zu sagen: „Mein Weg ist verborgen vor Jehova,
und mein Recht entgeht meinem Gott" (V. 27). Nein,
allezeit, trotz aller Einflüsterungen des Feindes, bleibt das
Wort wahr in Ps. 10, 14: „Du, du schaust auf
Mühsal und Gra m".
Der Feind ist freilich bemüht, uns und andere dahin
zu bringen, daß das Wort Gottes mit seinen Tröstungen
und Verheißungen seine Schönheit, Kraft und Frische für
uns verliert. Er weiß, wie viel damit erreicht ist. Aber, ihr
lieben Leser, es sei uns allen zugerufen: Gottes Wort „vermag
aufzuerbauen". E r weiß „den Müden durch ein Wort
aufzurichten". (Apstgsch. 20, 32; Jes. 50, 4.)
. Welche Kraft, welch ein Vertrauen drückt sich doch in
dem Psalmwort aus: „Jehova wird's für mich
vollenden"! (Ps. 138, 8.) Za, Er „wird nicht ruhen.
Er habe denn die Sache.. zu Ende geführt". (Ruth 3,18.)
Wenn nötig, bringt Er Himmel und Erde in Bewegung,
wenn Er einherfährt zur Hilfe der Seinigen.
Wer das weiß und in seinem Leben verwirklicht, der
wird dann auch, gleich Joseph, vor andere hinzutreten wissen
und teilnehmend fragen: Warum sind eure Angesichter
heute so trübe? Dann wird das Vertrauen erwachen,
die Herzen werden sich öffnen, und wir dürfen weinen mit
den Weinenden, die Kleinmütigen trösten und uns der
Schwachen annehmen. (Röm. 12, 15; 1. Thess. 5, 14.)
Solche Teilnahme, solch liebevoller Dienst bringt uns selbst
den reichsten Segen, denn „die segnende Seele wird reichlich
gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt".
(Spr. 11, 25.)
Möge doch niemand denken: Ich habe mit mir selbst
genug zu tun, oder: ich kann so schlecht trösten; mir feh
— r7Z —
len die passenden Worte, und mit reichen Mitteln kann ich
auch nicht dienen; mir gebricht's ja selbst an Mitteln und an
Kraft. Das mag in gewissem Sinne und bis zu einer gewissen
Grenze zutreffen. Aber wie wenig gehört oft dazu,
ein Herz zu erfreuen, neue Hoffnung zu wecken und den
Glauben des anderen zu stärken! Wie wohltuend ist oft
schon ein freundlicher Mick, ein herzliches Wort, ein warmer
Händedruck! Eine Dichterin sagt schön und beherzigenswert
darüber:
Ls war nur ein sonniges Lächeln.
Ls war nur ein freundliches Wort,
Doch scheuchte es lastende Wolken
Und schwere Gedanken fort.
Ls war nur ein warmes Grüßen,
Der tröstende Druck einer Hand,
Doch schien's wie die leuchtende Brücke,
Die Himmel und Lrde verband.
Lin Lächeln kann Schmerzen lindern,
Lin Wort kann von Sorge befrein,
Lin Händedruck Sünde verhindern
Und Liebe und Glaube erneun.
Ls kostet dich wenig, zu geben
Wort, Lächeln und helfende Hand —
Doch armselig, kalt ist dein Leben,
Wenn keiner solch Trö st en empfand.
Nicht unbeachtet lassen wollen wir zum Schluss die
herrlichen Folgen, die für Joseph selbst aus seiner freundlichen
Frage hervorgingen. Sie war der Ausgangspunkt
zu seiner späteren Erhöhung. In diesem Falle ersproß der
größte Segen dem, der Auge und Herz nicht vor den: verschloß,
was das Herz der anderen bewegte.
— ri4 —
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lortnther
XVII.
Kapitel 15, 20 — 34
„Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt,
der Erstling der Entschlafenen."
Beachten wir, daß dieses Kapitel von der Auferstehung
des Christen handelt und kein Wort von der des
Ungläubigen sagt. Wenn es eine Anspielung auf diese
macht, dann nur in den Worten: „dann das Ende". (V.
24.) Was die Christen betrifft, so zeigt der Apostel, daß
ihr Los innig mit demjenigen Christi selbst verknüpft ist,
und daß, wenn Christus aus den Toten auferstanden ist,
auch wir alle auf dieselbe Weise auferstehen müssen. Diese
Wahrheit ist unlöslich verbunden mit der ganzen Lehre
von der Kirche, dem Leibe Christi, wie Paulus sie den Korinthern
dargestellt hatte. Nur ist Christus zuerst aus
den Toten auferstanden, denn Er muß in allen Dingen den
Vorrang haben. Er ist, in der Auferstehung, die erste
Frucht, der Erstling der zukünftigen Ernte. Wer „in dem
Adam" ist, ist dem Tode verfallen, und das einzige Mittel,
diesem Schicksal zu entrinnen, ist, „in Christo" zu
sein, einLeibmit Dem, welcher, nachdem Er gestorben
war (wie das in die Erde gelegte Weizenkorn stirbt), in der
Auferstehung viel Frucht getragen hat. Wenn ich dem
ersten Menschen, Adam, angehöre, so ist es zum Tode,
denn es heißt: „Gleichwie in dem Adam alle sterbe n",
oder: Denn „eö ist dem Menschen gesetzt, einmal zu st e r-
b e n". Wenn ich aber dem letzten Adam angehöre, so ist
das unmittelbare Gegenteil die Folge. Es besteht dann
175
für mich keine Notwendigkeit mehr, zu sterben, und
selbst der Tod meines Leibes wird nicht mehr als Tod bezeichnet,
sondern wird mit einem Schlaf verglichen, aus
dem ich von einem Augenblick zum anderen wieder aufwachen
kann.
Dem Erstling, Christus, werden die angereiht, „welche
des Christus sind bei Seiner Ankunft". Diese Ankunft
ist also das Zeichen zur Auferstehung, der herrlichen
Vollendung der beiden Wahrheiten, welche das
Evangelium uns vorstellt: Tod und Auferstehung Christi.
Es kann sein, daß Er heute oder morgen, oder in einem
Jahr, oder auch erst nach einem Menschenalter kommt.
Daö wissen wir nicht, und Er will es uns auch nicht wissen
lassen, damit wir Ihn erwarten. Auf diese Weise erhält
Er uns beständig in der Erwartung Seiner Ankunft. Wenn
wir wüßten, daß gewisse Ereignisse Seiner Ankunft vorauszugehen
hätten, so würden wir auf diese Ereignisse
warten und nicht auf Ihn selbst.
In den: Augenblick Seiner Ankunft also wird die
Auferstehung aus den Toten stattfinden. Aber mehr als
das: Daö Kommen des Herrn wird, obwohl es ein Ereignis
ist, z w e i I w e ck e n dienen: Er kommt in Gnade,
und Er kommt, um Sein Reich aufzurichten. Infolgedessen
werden auch zwei Klassen von Heiligen auferweckt
werden, und die erste Klasse, die, als erster Akt Seines
Kommens, auferweckt wird, wird wiederum aus zwei
Gruppen von Heiligen bestehen: zunächst aus denen, die
vor der Gründung der Kirche da waren, d. h. aus den
Heiligen des Alten Testaments, die sich zum voraus durch
den Glauben das Opfer des Lammes Gottes zu eigen gemacht
haben, und sodann aus der Kirche, der Braut Chri
— 176 —
sti *). Zusammen werden sie in die Luft entrückt, dem
Herrn entgegen, um auf immer bei Ihm zu sein.
*) Diese letztere besteht sowohl aus den entschlafenen und
auferweckten, als auch aus den dann noch lebenden und verwandelten
Heiligen. Aber der Apostel behält sich die Erwähnung dieser
letzteren bis zum Schluß des Kapitels vor, weil dies ein den
Korinthern bis dahin noch unbekanntes Geheimnis war.
Der zweite Akt des Kommens des Herrn, der dem
oben erwähnten zweiten Zweck dient, umfaßt eine neue
Klasse von Heiligen, die ihrerseits wiederum aus mehreren
Gruppen besteht:
1. Die erste finden wir in Offbg. 6, y. Es sind die,
welche nach der Entrückung der Kirche als erste den Märtyrertod
erleiden, während der prophetischen Epoche, die
der letzten Hälfte der Jahrwoche Daniels vorangeht. Diese
Gläubigen werden als Seelen unter dem Altar gesehen.
Sie rufen: „Bis wann?" worauf ihnen gesagt wird, daß
sie noch eine kleine Zeit warten sollen.
2. In Offbg. 11 finden wir eine zweite Gruppe Märtyrer,
die während der letzten Hälfte der Jahrwoche Daniels
in Jerusalem getötet werden.
z. Eine dritte Gruppe heiliger Märtyrer findet sich
in Offbg. 13, 15. Es sind Gläubige aus den Juden, die
sich geweigert haben, das Bild des Tieres anzubeten.
4. Schließlich haben wir in Kap. 15, 2—4 der Offenbarung
noch eine vierte Gruppe Märtyrer aus den Nationen.
Es sind die Überwinder über das Tier, über sein
Bild und über die Zahl seines Namens.
Wie wir sehen, besteht diese zweite Klasse von Heiligen
ausschließlich aus Märtyrern, die während des zweiten
Akts des Kommens des Herrn auferweckt werden.
In Offbg. 20, 4 finden wir beide Klassen in der
777
Auferstehung vereint. Sie sitzen auf Thronen, und es
wird ihnen gegeben, Gericht zu halten. Alles dies, was wir
soeben ausgeführt haben, ist in dem uns beschäftigenden
Kapitel in das einfache Wort zusammengefaßt: „sodann
die, welche des Christus sind bei Seiner Ankunft". (V. 23.)
Der Apostel fügt hinzu: „dann das Ende". Dieses
kurze Wort umfaßt das Gericht der auferstandenen Toten
vor dem großen weißen Thron nach den tausend Jahren
der Königsherrschaft Christi, sowie den Zeitpunkt, wo
der Herr dieses Reich Seinem Gott und Vater übergibt,
während Er zugleich auf ewig Seinen Charakter als Haupt
der Versammlung, als „Mann" Seines Weibes beibehalten
wird. Dann wird Gott alles in allem sein. Das ist
der Inhalt dieser wichtigen Einfügung.
Im 29. Verse kehrt der Apostel zu dein in Vers 79
verlassenen Gegenstand zurück.
„Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft
werden, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt werden?
warum werden sie auch für sie getauft?"
Dieser Vers bietet keine Schwierigkeit, wenn man
ihn mit Vers 78 verbindet. Wenn Christen entschlafen,
treten andere an ihrer Statt durch die Taufe in den Genuß
der christlichen Vorrechte hienieden ein. Die Reihen haben
sich gelichtet, aber Gott sorgt dafür, daß die Lücken wieder
ausgefüllt werden, um Sein Heer in dieser Welt vollzählig
zu erhalten. Andere nehmen den Platz der Entschlafenen
ein, damit das gemeinsame Zeugnis für den Herrn
weiter bestehe. Ich möchte für mich annehmen, daß die
„Toten" hier, wie in Offbg. 74, 73, Märtyrer sind; doch
ist dies nicht von Belang. Es gibt eine Taufe für die Toten;
diese Taufe bringt neue Bekehrte an die Stelle und
178
an den Platz derer, welche den Schauplatz dieser Welt
verlassen haben, damit des Herrn Heer imstande ist, den
Kampf bis zu Seiner Ankunft fortzusetzen.
Der Apostel fügt dann noch hinzu: „Wenn ich, nach
Menschenweise zu reden, mit wilden Tieren (ein bildlicher
Ausdruck wie der von dem „Rachen des Löwen" in 2.
Tim. 4,17) gekämpft habe zu Ephesus, was nützt es mir,
wenn Tote nicht auferweckt werden?" Wozu dienen mir
dann all meine Drangsale? Wozu sterbe ich täglich? Gibt
es keine Auferstehung, dann „laßt uns essen und trinken,
denn morgen sterben wir"! Dann laßt uns lieber die Welt
und das Leben genießen, da ja mit ihm doch alles zu Ende
ist! Auch wir können sagen: Wozu alle unsere Prüfungen,
wenn es keine Totenauferstehung gibt? Aber — durch die
Prüfungen bereitet uns der Herr für die Herrlichkeit zu,
wie Gold im Schmelztiegel geläutert wird. Der Apostel
schreckte nicht vor Drangsalen zurück. Im Gegenteil, er
rühmte sich ihrer. Er kannte kein erhabeneres Los hienieden,
als für Christum zu leiden. Das bedeutete für ihn
mehr als alle von den Menschen so heißbegehrten Ehren.
Daher ermahnt er die Korinther, aufzuwachen, um rechtschaffen
nüchtern zu leben, und nicht, wie sie es nur zu
gern taten, die Gemeinschaft der Welt wieder aufzusuchen,
die doch nur ihr Christentum verdarb und schuld daran
tvar, daß mehrere von ihnen bereits die Erkenntnis des
wahren Charakters Gottes verloren hatten.
Atter Spruch
Tu alles schlecht und recht, verstell' dich nimmer nicht!
Du hast mit Gott zu tun. der dir ins sterze sicht.
17Y
Zucht und Einheit im Handeln *!
*) Indem ich die folgenden Zeilen von I. N. Darby,
die bereits in einem früheren Jahrgang des „Botschafter" gestanden
und außerdem in der noch vorliegenden Schrift „Die
Versammlung uns die Zucht" Aufnahme gefunden haben, nochmals
abdrucke, komme ich dem ganz besonderen Wunsch eines
Lesers nach. Ls scheint, daß gerade über diese Dinge vielfach
Unklarheiten bestehen. Da der Gegenstand ohne Frage sehr wichtig
ist, sei der kurze Artikel der besonderen Beachtung aller Leser
empfohlen.
Als allgemeine Grundlage des Handelns wird anerkannt,
daß jede Versammlung von Christen, die im Namen
des Herrn Jesus Christus und in der Einheit Seines
Leibes versammelt sind, sobald sie als Körperschaft handelt,
dies tut unter ihrer eigenen Verantwortlichkeit gegenüber
dem Herrn, wie z. B. wenn sie Jucht ausübt oder
irgend etwas derartiges tut; so auch, wenn sie im Namen
des Herrn diejenigen zuläßt, die in ihre Mitte kommen,
um an Seinem Tische teilzunehmen. Jede Versammlung
handelt in einem solchen Fall aus eigenen: Antrieb und
in ihrem Bereich, indem sie über rein örtliche Dinge entscheidet,
die aber nichtsdestoweniger eine Tragweite haben,
welche sich auf die ganze Kirche erstreckt. Die geistlichen
Männer, die sich dieser Tätigkeit widmen und sich mit den
Einzelheiten beschäftigen, bevor der Fall vor die Versammlung
gebracht wird, damit das Gewissen aller an der Sache
beteiligt sei, können selbstverständlich in sehr nützlicher
Weise und mit Sorgfalt auf die Einzelheiten eingehen;
aber wenn sie irgend eine Sache entscheiden wollten
ohne die Versammlung der Heiligen (selbst in den
gewöhnlichsten Dinge n), so würde ihre Handlung
nicht mehr die der Versammlung sein und könnte nicht anerkannt
werden.
180
Wenn solch örtliche Angelegenheiten in dieser Weise
durch eine in ihrem Bereich handelnde Versammlung zur
Entscheidung gebracht worden sind, so sind alle anderen
Versammlungen der Heiligen, als in der Einheit des Leibes
stehend, gebunden, das, was getan worden ist, anzuerkennen,
indem sie (wenigstens solange nicht das Gegenteil
bewiesen ist) es für ausgemacht halten, daß alles in
richtiger Weise und in der Furcht Gottes, im Namen des
Herrn geschehen ist. Ich bin gewiß, daß der Himmel diese
heilige Handlung anerkennt und bestätigt; ja, der Herr
hat gesagt, daß es so sein werde. (Matth. 18, 18.)
Es ist oft ausgesprochen und anerkannt worden, daß
die Jucht, welche in dem „von euch selbst hinaustun"
(1. Kor. 5, 13) besteht, das letzte Mittel sein soll, zu dem
man seine Zuflucht nimmt, und zwar nachdem jede Geduld
und Gnade erschöpft ist, und wenn ein längeres Gehenlassen
des Bösen nichts anderes sein würde als eine
Verunehrung des Namens des Herrn und ein Verbinden
des Bösen (praktischerweise) mit Ihm und den: Bekenntnis
Seines Namens. Anderseits geschieht die Jucht des
Ausschlusses stets im Blick auf die Wiederherstellung dessen,
an dem man sie ausübt, und niemals, um sich seiner
zu entledigen. So ist es auch mit den Wegen Gottes mit
uns. Gott hat immer das Wohl der Seele, ihre Wiederherstellung
zu voller Freude und Gemeinschaft, im Auge,
und niemals zieht Er Seine Hand zurück, bevor dieses Ergebnis
erreicht ist. Die den Gedanken Gottes entsprechende,
in Seiner Furcht ausgeübte Jucht hat dasselbe Ziel. Sonst
ist sie nicht von Gott.
Aber wenn auch eine örtliche Versammlung wirklich
in ihrer eigenen und persönlichen Verantwortlichkeit da
— 181 —
steht, und ihre Handlungen, vorausgesetzt, daß sie von
Gott sind, die anderen Versammlungen binden, wie in der
Einheit eines einzigen Leibes, so hebt doch diese Tatsache
nicht eine andere von der größten Wichtigkeit auf, die
manche zu vergessen scheinen, nämlich daß die Stimme
der Brüder anderer Örtlichkeiten ebenso viel Freiheit hat
wie die der Brüder des Ortes, sich in ihrer Mitte hören zu
lassen, um die Angelegenheit einer Versammlung zu besprechen,
obwohl sie örtlich nicht zu dieser Versammlung
gehören. Sich dem widersetzen, würde tatsächlich einer ernsten
Leugnung der Einheit des Leibes Christi gleich sein.
Weiter kann das Gewissen und der innere Zustand
einer örtlichen Versammlung derart sein, daß sie kein Bewußtsein
oder doch nur ein sehr unvollkommenes Verständnis
von dem hat, was der Ehre Christi und ihr selbst
geziemt. Das alles macht dann das Auffassungsvermögen
so schwach, daß keine geistliche Kraft mehr vorhanden sein
kann, um das Gute und das Böse zu unterscheiden. Vielleicht
können auch in einer Versammlung Vorurteile, Übereilung,
oder auch die Geistesrichtung und der Einfluß einer
oder mehrerer Personen das Urteil der Versammlung
irreführen und so bewirken, daß sie die Zucht unrichtig
ausübt und einem Bruder schweren Schaden zufügt. Zn
einem solchen Falle ist es ein wahrer Segen, wenn geistliche
und einsichtsvolle Männer aus anderen Versammlungen
ins Mittel treten und das Gewissen der Versammlung
wieder auf den rechten Weg zu bringen suchen, wie
auch dann, wenn sie kommen auf Bitten der Versammlung
oder auf Bitten solcher, deren Angelegenheit im Augenblick
die Hauptschwierigkeit bildet. Statt daß ihr Dazwischentreten
in einem solchen Augenblick als ein unbe
r82
rechtigtes Eindringen betrachtet werden dürfte, muß es
vielmehr angenommen und im Namen des Herrn anerkannt
werden. Wollte man anders handeln, so würde man
damit ganz einfach die Unabhängigkeit gutheißcn und die
Einheit des Leibes leugnen. Nichtsdestoweniger dürfen diejenigen,
welche kommen und so handeln, nicht getrennt
von dem übrigen Teil der Versammlung handeln, sondern
das Gewissen aller muß berücksichtigt werden.
Sollte eine Versammlung jede Vorstellung zurückweisen
und es ablehnen, die Hilfe und das Urteil anderer
Brüder anzunehmen, so ist, nach Anwendung aller Geduld,
eine Versammlung, die mit jener in Gemeinschaft
stand, berechtigt, deren irrtümliche Handlung für nichtig
zu erklären und die zurückgewiescne Person, falls man sich
in bezug auf sie getäuscht hat, zuzulassen. Doch wenn man
bis zu diesem äußersten Schritt kommt, so hat sich die
Schwierigkeit zu einer Frage der Verweigerung der Gemeinschaft
mit jener Versammlung gestaltet, die verkehrt
gehandelt und auf diese Weise selbst ihre Gemeinschaft
mit den übrigen, die in der Einheit des Leibes handeln,
gebrochen hat. Solche Maßregeln können nur nach viel
Sorgfalt und Geduld getroffen werden, damit alle die
Handlung als von Gott kommend anerkennen können.
Ich mache auf diese Gegenstände aufmerksam, weil
eine Neigung vorhanden sein könnte, das Einschreiten solcher,
die in Gemeinschaft sind und aus anderen Orten
kommen, für unberechtigt zu erklären und eine Unabhängigkeit
im Handeln in jeder örtlichen Versammlung aufzustellen.
Jede Handlung ist jedoch, wie ich im Beginn anerkannt
habe, zunächst Sache der örtlichen Versammlung.
— rsz —
Vas samartttsche Delb
VII.
„Ich weiß"
„Das Weib spricht zu Ihm: Ich weiß, daßder
Messias kommt, welcher Ch ri stu s g e na n n t
wird; wenn jener kommt, wird Erunö alles
verkündige n."
Ich s e h e — ich w e i ß. Zwischen diesen beiden Punkten
liegt der große Vorgang innerer Geisteserweckung. Eö
ist die Geburtsstunde des neuen Menschen.
Ich s ehe — das war, als der Herr Sein Licht auf
sie fallen läßt, als sie sich ganz von Ihm aufgedeckt sieht.
Sie sieht, was sie ist. Sie erkennt ihre große Sündenschuld.
„In Deinem Lichte sehen wir daö Licht." Das muß voran-
gehen. Vor diesem „Sehen" gibt eö kein „Wissen". Viele
wollen vorher „wissen", aber sie bleiben blind über sich
selbst. „Wenn du wüßtest", hat der Herr im Anfang gesagt.
„Ich weiß", kommt jetzt als Antwort aus ihrem
Munde. Es ist kein Ablenken, kein Hinauöschieben mehr.
Es ist auch mehr, als daß „der kümmerliche Kein: sama-
ritanischer Messiashoffnung in ihr lebendig wird". Sie
will damit nicht etwa wie im Anfang sich hervortun, daß
sie auch als Samariterin den Messias erwartet. Vom ersten
„Herr" an ist eö wie eine Ahnung in ihr aufgedäm­
mert — Er sucht dich. Von dem: „gib mir zu trinken"
— „wenn du die Gabe Gottes kenntest, und wer cs ist"
— „du würdest Ihn gebeten haben" — „Er hätte dir gegeben"
— bis zu dem: „glaube mir" — „es kommt die
Stunde" — „der Vater sucht" — hat dieses Gefühl sich
stetig in ihr gesteigert. Nicht nur der Gewissenspfeil hat
r84
ihr Innerstes durchbohrt. Seine leisen Winke, Seine zarten
Lockungen haben den Grund gelockert, den Boden vorbereitet.
Jst's ihr nicht immer eigener, immer wärmer
ums Herz geworden? Schmolz nicht aller Widerstand hinweg?
Brach's nicht mit Allgewalt sich Bahn durch ihre
Seele? Fiel's nicht wie lauter Sonnenblicke hinein? Ja,
kann'ö wohl noch anders sein als daö eine — Er sucht
dich?
Seine Person ist der unwiderstehliche Magnet gewor-
„Durch Liebe sanft und tief gezogen,
Neigt sich mein Alles auch zu Dir." —
Eine einzige Frage preßt ihr Innerstes zusammen. Sie
möchte sich auf ihre Lippen drängen: „Bist du nicht
gar der Messias selber?" Sie wagt es noch nicht auözu-
sprechen. Ium offenen Ausbruch ihrer Gefühle vermag sie
sich nicht zu erheben. So übermächtig, so unfaßbar ist ihr
alles noch. Noch weniger vermag sie es in die richtigen
Worte zu fassen. Aus ihrer bisherigen Vorstellung sucht
sie das Beste hervor, was sie hat.
Ich weiß. Der Messias kommt — Er wird
alles verkündigen.
Dem Herrn läßt sie das letzte Wort. Und Er „w e i fi"
es besser. Er sieht das tiefe Verlangen, das heiße Dürsten.
Er sieht in ihre Seele, wie Er von Anfang an getan. Er
versteht die Frage. Er muß sie beantworten. Er kann nicht
anders. Die „G a b e", die längst ihr angepriesene — nun
kann Er sie nicht länger zurückhalten. Die Schleusen öffnen
sich. Der Strom bricht hervor. Die Wasser fließen.
Er nennt Sein Schäflein mit Namen, Er gibt sichihr.
In des einsamen, kummervollen, verachteten Weibes
Seele tönt es hinein — Sein:
185
„Ich bin's, der mit dir redet"....
Leise sind die Jünger hinzugetreten. Ihre Einkaufsgeschäfte
haben sie besorgt. „Über diesem", d. h. wohl gegen
Ende des Gesprächs, sind sie genaht. Sie wundern
sich, daß Er mit einem Weibe redet, mit einem Weibe
aus Samaria. Ihr Herr und Meister in eifriger Unterhaltung,
allein mit einem Weibe, einer Samariterin, am öf­
fentlichen Brunnen, und dazu in so vertraulicher Haltung
und Gebärde — das hat sie ganz verwirrt gemacht. Ob
sie eine Ahnung haben, in welchem Ruf sie steht? Jedenfalls
hält es sie in achtungsvoller Entfernung. Erstaunt
stehen sie beiseite, wagen nicht, Ihn zu unterbrechen. Sie
merken wohl, eS handelt sich um einen wichtigen« Gegenstand.
Sie fürchten. Ihn zu stören, aber sie verstehen Ihn
nicht. Wie vielen geht's heute so! Bei dein einen löst es
Erstaunen aus, bei dem anderen Befremden, bei einigen
gar Entsetzen, je nach Veranlagung. Ihre Verwunderung
würde sich wohl zur Mißbilligung gesteigert haben, hätten
sie alles gewußt. Dünken wir uns nicht auch zu ehrbar,
mit einer solchen Person anzubinden? Sind wir vorurteilsfrei
genug? Fürchten wir nicht für unseren Ruf und Charakter?
Besitzen wir genug inneren Halt, Takt, Verständnis,
Gnade, Demut, Liebe? Wieviel gehört dazu, einem
solchen Standpunkt sich anzupassen, sich über die
Kluft hinwegzusetzen! Ein klein wenig Sauerteig verdirbt
dabei alles. Er genügt, den Versuch zu schwächen, die
Kraft des Geistes zu lähmen. ReineBeweggründe,
starke Liebe gehören unbedingt zusammen. Dabei aufrichtige
Selbsterkenntnis, sowie ein ungewöhnliches Maß
verständnisvollen Eingehens auf Veranlagung, erbliche
Belastung, Erziehung, Vorleben usw.
— r86 —
Die Jünger mußten ihre Lektion stets neu lernen.
Anstatt sich dessen zu erfreuen, was sie bereits von Ihm
kannten — immer wieder entstanden Fragen und Iweifel
in ihren Herzen. Ihre unausgesprochenen Fragen: „WaS
suchst du" — „was redest du mit ihr?" — zeugen davon.
Wie oft wurde Er mißverstanden! Aber der Herr gab,
wirkte unaufhörlich, unbekümmert um den Beifall der anderen.
Da, wo Er nur geringes Verständnis, wenig Entgegenkommen
findet, teilt Er im Überfluß mit. Je weniger
es in dem Menschen selbst Anziehendes gab, desto mehr
teilte Er aus. Wie erhöht das Seine Güte! Wie unähnlich
sind wir Ihm! Bei uns ist es umgekehrt. Wie oft hören
wir: der und die ist mir sympathisch. Unsere Natur sucht
und findet in dem anderen etwas Anziehendes, sei cs
Gleichartiges oder Entgegengesetztes. Wir suchen eine Ergänzung,
etwas, wofür wir besonders empfänglich sind
oder Verständnis haben, oder wofür wir bei dem anderen
Verständnis erwarten. Oder das Gegenteil — dann ist
der andere uns „unsympathisch".
Wie anders unser geliebter Herr! Nie suchte Er sich.
Nie handelte Er nach Gunst. Unbekümmert uni Lob oder
Tadel suchte Er nie Seine eigene Ehre. Und wiewohl Er
unermüdlich die Leiden der Menschen zu lindern suchte,
auf welche Art sie auch Seine Hilfe suchen mochten — Er
opferte nichts von den Rechten Gottes. Der Jünger Wundern,
ihr Nötigen, Speise zu nehmen, ihre Ungeduld —
tun nicht zu sagen Eigenliebe — gibt dem Herrn sogleich
Gelegenheit und Veranlassung zu einem Seiner herrlichsten
Gespräche mit Seinen Jüngern. Darauf einzugehen,
muß ich mir an dieser Stelle versagen. Aber ein anderes
Wort von Ihm tritt vor meine Seele. Ich möchte eS hier-
r87
hersetzen. „Ich preise dich, Vater, Herr deö Himmels und
der Erde, daß du dies vor Weisen und Verständigen verborgen
hast, und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja,
Vater, denn also war es wohlgefällig vor dir." (Matth,
bt, 25. 26.) — Das ist nicht nur feierliche Anrufung, das
ist auch die innerste Zustimmung deö Sohnes zu des Vaters
gerechtem, alle Dinge umfassenden, durchschauenden
Ratschluß. Wenn der Sohn über diesen Ratschluß in Lob
und Preis auöbricht, so muß es ein überaus herrlicher
Ratschluß sein. Für viele freilich enthält er tiefen Ernst,
gleichwohl bleibt er immer ein gerechter Ratschluß.
Nicht alle werden errettet. Die falsch Klugen, die hochmütig
Weisen, die in sich selbst Weisen, die nach dem Fleische
sich passend Dünkenden — ihnen bleibt's verborgen. Nicht,
daß es ihnen entzogen würde, sie entziehen es sich selbst.
Den Selbstweisen es offenbaren, die Satten, Selbstbefriedigten
trösten, ist unmöglich. Wer nicht nehmen will, dem
kann nicht gegeben werden. Der Ratschluß, der allein
zu preisen ist, der gerechte, untadelige Ratschluß des Vaters
ist — das Heil wird jedem «»geboten, frei und ohne
Forderung. Aber die Entscheidung liegt beim Mensche n.
Sie liegt in der ihm von Gott eingeräumten Freiheit
des Neh m c n ö. Der Vater will allen Sein Heil offenbaren,
der Sohn alle erquicken. Aber nur die Mühseligen
können erquickt werden. Nur den die Wahrheit und
Weisheit Suchenden, den Gelehrigen kann Er sie offenbaren.
Der Sohn drückt mit Seinem „J a" Sein Siegel
auf diesen vollkommenen und „wohlgefälli-
g e n" Willen Gottes. In Seinen: „Ja" liegt die völlige
Übereinstimmung von Vater und Sohn. Hierin hat der
Sohn sich beruhigt, und wir sollten es nicht? Es ist der
— 1S8 —
Wille, der sich an den „U n m ündige n" als herrlicher,
seliger, an den durch ihre eigene Schuld Verlorenen
als gerechter erweist. Er wird auch in alle Ewigkeit Recht
behalten gegenüber allen denen, die in ihrer verneinenden
Weisheit weiser, klüger und gerechter sein wollen als Gott.
In der sogenannten Prädestinationslehre (Lehre
von der Auserwählung, Gnadenwahl, Röm.
9) suchen sie ihres Gewissens letzte Entschuldigung, ihrer
Weisheit äußersten Triumph und furchtbare Anklage gegen
Gott. — „Gerechter Vater! — und die Welt hat dich
nicht erkannt." (Ioh. 17, 25.)
„Unmündig e" — ein liebliches Wort! Nicht alle
wollen dazu gehören. Man kann auch sagen Einfältige.
Solche kennt das Wort an vielen Stellen. Die Kleinen
sind's, die sich weisen und ziehen lassen. Wenn sie auch
Männer und Sieger werden, sie müssen alle einmal klein
gewesen sein. Gerade der kindliche Sinn ließ sie zu Großen
werden. Vor sich selbst bleiben sie immer klein. Ihrem
einfältigen Sinn konnte die Weisheit sich offenbaren.
deshalb feiern wir den ersten Tag
der Epoche?
Wohl schon manchem Herzen ist der Gedanke aufgestiegen:
Warum ist der christliche Feiertag nicht auf den
Todestag unseres Herrn, den Freitag, gelegt worden? oder
warum ist nicht der Sabbath, dieser dem Volke Israel
von Gott selbst ausdrücklich eingesetzte Tag, also der
Samstag, der Ruhe- und Feiertag geblieben? Warum ist
der Sonntag, der erste Tag der Woche, unser Feiertag?
Diese Frage kurz zu untersuchen und zu beantwor
18Y
ten *), sowie einen Augenblick bei der Größe und Herrlichkeit
dieses Tages zu verweilen, dürfte für unsere Seelen
mit Nutzen und Segen verbunden sein.
*) Ausführlich ist dies geschehen in der Schrift: Der Sabbath
und der Tag des Herrn, die heute in 3. Auflage vorliegt.
(Hb Seiten stark. Preis HO pfg.)
Da ist in erster Linie die Tatsache hervorzuheben, daß
der Sonntag, der „erste Tag der Woche", der Tag de r
Auferstehung unseres Herrn und Heilandes
ist. Die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten
aber ist das Ereignis, das wie kein zweites den Gläubigen
Veranlassung gibt, Gott zu loben und zu preisen. Wir
danken Gott dafür, daß Er Seinen Sohn in die Welt gesandt
hat. Wir danken dem Herrn dafür, daß Er Gottes
Willen getan und gehorsam gewesen ist bis zum Tode am
Kreuze. Aber daß Jesus Christus nach vollbrachtem Werk
auferstanden ist aus den Toten, bringt unsere Herzen zum
Überfließen. Denn diese Tatsache ist der Beweis, daß unsere
Sünden für immer getilgt sind. Sie bekundet, daß wir
in ewige Beziehungen zu Gott gebracht sind, und daß wir
auf einem unerschütterlichen Felsen stehen, der in Ewigkeit
nicht wanken und weichen wird.
Es bedarf keiner Worte, daß der Tod des Herrn die
Grundlage von allem ist, von unserer Errettung und
von unserem ewigen Heil, denn „ohne Blutvergießung
gibt es keine Vergebung". Die Sünde war etwas
Furchtbares. Ihr „Kommen in die Welt" (Röm. 5, 12)
stellte Gott vor eine Aufgabe, der gegenüber alles bis dahin
Geschehene eine Kleinigkeit war, denn bis zur Stunde
hatte Gott gesprochen, „und es war". „Durch Gottes
Wort sind die Welten bereitet", durch Sein Wort war
— 190 —
eine in Schönheit prangende Erde ins Dasein gerufen worden.
Nun war alles verdorben. Die Schlange hatte triumphiert.
„Warum hat der allmächtige Gott diese Katastrophe
nicht verhindert?" fragt der ungläubige Mensch.
Gott ließ es zu, weil Er Seine Gedanken unumschränkter
Liebe an einem nichtswürdigen, gefallenen Geschöpf groß
machen wollte, antworten wir auf Grund der Schrift.
Wir sagten vorhin: Gott „sprach, und es war; Er gebot,
und es stand da". (Ps. 33, 9.) Er ist der Allmächtige.
Aber auf einem Schauplatz der Sünde Seine Liebe und
Seine Güte offenbaren zu können, und das unbeschadet
Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit, das war nur möglich
durch das Opfer SeinesEigenen, SeineSge-
liebten Sohnes. Dazu mußte Gott ein Opfer bringen,
das an daö Vaterherz die allerschwersten Anforderungen
stellte, und das den Sohn zwang, sich zu nichts zu machen,
Knechtsgestalt anzunehmen und sich bis in den Tod
am Kreuz zu erniedrigen. Gott h a t dieses Opfer gebracht,
und auf Grund des vollkommenen Opfers Jesu Christi
kann und muß jetzt alles, was Satan an Bosheit und
Schlechtigkeit getan hat und noch tut, dazu dienen, Gottes
Liebe, Zärtlichkeit, Milde, Langmut und Geduld im schönsten
und herrlichsten Lichte erstrahlen zu lassen. Aber Der,
welcher „unserer Übertretungen wegen dahingegeben wurde",
mußte auch „unserer Rechtfertigung wegen auferweckt"
werden. (Röm. 4, 25.) Denn wäre Christus nicht
auferweckt, so wären wir noch in unseren Sünden. (4. Kor.
15, 17.) So ist es der Tod Christi und Seine
Auferstehung, die uns einen Platz außerhalb der Atmosphäre
der Sünde und des Todes gegeben hat. Weil Christus
gestorben u n d auferstanden ist, versammeln wir nnS
— 191 —
am ersten Tage der Woche, dem Auferstehungötage, während
rings um uns her noch die Sünde triumphiert, zum
Loben und Danken und zur Betrachtung Dessen, der für
uns starb und auferweckt wurde.
Es liegt etwas überaus Kostbares darin, daß Gott
nicht etwa den Todestag des Herrn, den Freitag, zu unserem
Feiertag bestimmt hat. Der Tag, an dem Gott Sein
Angesicht von Seinem Sohne abwenden mußte, konnte
kein Tag der Freude, wohl aber ein Tag der Trauer sein.
Gott will aber nicht, daß wir trauern, sondern daß wir
uns freuen möchten.
Und der Sabbath? Wie könnten wir, die wir durch
Christi Blut erlöst und freigemacht sind, den Sabbath
feiern, den Tag der Juden, den Tag des dem Volke Israel
und ihm allein gegebenen Gesetzes? Wie sollten
wir je wieder in irgendeiner Weise unter das Gesetz zu-
rückkehren, jenes Gesetz, von dem Paulus sagt, daß er ihm
„gestorben sei", durch das „niemand vor Gott gerechtfertigt
wird", das „zur Knechtschaft gebiert" (Gal. 2, 1.9;
3, 11; 4, 24), das „nichts zur Vollendung gebracht
hat" (Hebr. 7, 19), ja, dessen „Ende" Christus selbst ist?
(Röm. 10, 4.) Der gebrochene Sabbath der Juden
brachte Christum ins Grab, in welchem Er den Sabbath
über lag. Wie könnte da ein Christ den Sabbath feiern?
Wie gesagt, ist der Tod unseres Herrn Jesus die
Grundlage unserer Errettung. Aber alle Segnungen,
einem gewaltigen Strome gleich, haben ihre Quelle in
Seiner Auferstehung. Christus ist auserstanden, nachdem
das Werk der Sühnung vollbracht
war, und somit verkündet die Auferstehung laut und
deutlich, daß das Werk, das Christus getan hat, von Gott
ry2
angenommen ist. Erst in Seinem Tod und Seiner Auferstehung
sind wir mit Ihm vereinigt. Vorher war Er allein.
„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt,
bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel
Frucht." (Joh. 42, 24.) In der Auferstehung ist alles
verändert; alles ist neu geworden. Wohl scheint, äußerlich
betrachtet, der Tod und die Auferstehung Christi n ichts
in der Welt geändert zu haben. Die Welt entledigte sich
einst Dessen, der ihrem Gewissen und Herzen eiir Ärgernis
war, und die, welche das Licht hassen, leben weiter in
der Finsternis. Betrachten wir aber die göttliche Seite,
dann ist alles verändert. Denn der Tag des Herrn vereinigt
die Gläubigen nicht nur, um dessen zu gedenken,
was geschehen i st, sondern auch, um sich dessen zu freuen,
was geschehen wird: Der Herrlichkeit Gottes in Christo
Jesu, welche, von den Gläubigen schon jetzt im Glauben
geschaut, einmal in Macht geoffenbart werden wird. Hat
es je in allen Zeitaltern etwas gegeben, das größer wäre
als das, was die Gläubigen am ersten Wochentage — am
Sonntag — genießen dürfen? Sie erinnern sich des für
sie gestorbenen Heilandes, freuen sich, daß Gott ihnen
alles bezüglich Seiner Gedanken und Ratschlüsse geoffenbart
hat, und jauchzen in der Erwartung, daS, waö sie
jetzt stückweise genießen, bald droben in Vollkommenheit
haben zu dürfen.
Der Tag der Auferstehung läßt uns auch
an den Tag der Ewigkeit denken. Der erste Tag
ist gleich dem achten Tag der Woche. Der achte Tag des
Laubhüttenfestes, von dem es heißt: „Du sollst nur fröhlich
sein!" war der Höhepunkt des Festes. Dieser Tag
führt über die Grenzen der alten Schöpfung hinaus in
— 19Z —
die neue Schöpfung, den ewigen Zustand. Da wird Gott
in Seiner „Hütte" (der Kirche oder Versammlung) bei
den Menschen wohnen. (Offbg. 21, Z.) Dann wird Gott
alles in allem sein. Er will nicht nur die Kirche gesegnet
sehen, sondern alles, was Ihn umgibt. Alles das, was
Christus durch Seinen Tod und Seine Auferstehung erworben
hat, wird dann in ewiger Schönheit geschaut wer­
den.
Indem nun „der erste Tag der Woche", wie eben angedeutet,
auf die neue Ordnung der Dinge, die himmlische
Auferstehungs-Herrlichkeit hinweist, läßt er uns damit auch
an die Entrückung, unser Eingehen ins Vaterhaus denken.
So erinnern wir uns am Tage deö Herrn auch in besonderer
Weise an Seine Wiederkunft und damit an die Zeit, wo
wir in ewiger Vollkommenheit Lob und Anbetung Dem
darbringen werden, der uns hienieden schon befähigt hat,
Ihn, wenn auch in Schwachheit, so doch dankbaren, glücklichen
Herzens zu preisen. Weder der Freitag noch der
Sabbath vermöchte diese Hoffnung in uns zu wecken noch
lebendig zu erhalten, wohl aber der Auferstehungötag,
denn Christus ist der „Erstling der Entschlafenen".
Wenn nun noch gefragt werden sollte, wo in der
Schrift die Feier deö ersten Wochentages geboten wird,
so lautet die Antwort: Nirgendwo. Ein Gebot wurde unter
dem Gesetz für die Feier des Sabbaths gegeben;
da, wo „die Gnade herrscht", gibt es in bezug auf den
Sonntag weder Gesetz noch Verordnung. Aber außer durch
die Auferstehung des Herrn ist dieser Tag in solch beachtenswerter
Weise vor allen anderen ausgezeichnet und von
ihnen abgesondert worden — ich erinnere an das Erscheinen
des Herrn in der Mitte der Seinigen (Zoh. 20, 19
— 794 —
und 26), an die Ausgießung des Heiligen Geistes am
Pfingsttage (dem fünfzigsten Tage nach der Auferstehung
des Herrn, also auch einem ersten Wochentag),
an das Zusammenkommen der ersten Christen zur Feier
des Abendmahls (Apstgsch. 20, 7), an seine Bestimmung
als „des Herrn Tag" (Offbg. 7, 70) —, daß wahrlich
Grund genug vorhanden ist, ihn als den Festtag der
Gläubigen anzusprechen, der gefeiert werden wird, solange
sich die Kirche Christi auf diesem Schauplatz befindet.
Es ist „des Herrn Tag" — küriako — dem Herrn
gehörig oder geweiht —, der Ihm gehört, und den Ihm
zu weihen unser, d. h. aller Gläubigen in Christo gesegnetes
Vorrecht ist.
Vstarnungsworte für die heutige Zett
t>) Das Mahl des Herrn
„Wer also irgend das Brot ißt oder den Kelch des
Herrn trinkt unwürdiglich, wird des Leibes und Blutes
des Herrn schuldig sein. Ein jeder aber prüfe sich selbst,
und also esse er von dem Brote und trinke von den«
Kelche." (7. Kor. 77, 27. 28.)
Essen wir also, und trinken wir also? Oder ist
das Mahl des Herrn eine so regelmäßige und beständige
Gewohnheit für uns geworden, daß seine Feierlichkeit nur
wenig gefühlt wird? Es ist sehr zu befürchten, daß dies
der Fall ist, und daß manche nach einer Woche voll Gleichgültigkeit
und Kälte leichtsinnig dem Tische nahen, mit
schlechtem Gewissen und weltlichem Herzen, mit teilweise
oder ganz uneingestandener Sünde.
— rys —
Ungerichtete Sünde aber hindert jede
Gemeinschaft.
Unter solchen Umständen stimmt unsere Gegenwart
nicht nur den Ton der ganzen Versammlung herab, sondern
wir kommen unter das schreckliche Gericht, von dem
dieses Kapitel redet.
Es ist wahr, wenn jemand schreibt: „Der Tod Christi
hat die Sünde abgeschafft. Sünde oder Gleichgültigkeit
mit der Verkündigung dieses Todes in Verbindung bringen,
heißt daher den Tod Christi entweihen... Sünde in die
Gegenwart des Sinnbilds bringen, das den Tod selbst darstellt,
in welchem Er für die Sünde litt, ist etwas, das
nicht geduldet werden kann."
Kein Wunder, daß die Erinnerung an den Herrn
kalt und lieblos, daß die Anbetung schwach ist oder ganz
fehlt, wem, der Tisch von vielen umgeben ist, die unwür-
diglich essen und trinken.
Trunkenheit, die unter den Korinthern bis zu ihrer
Bekehrung als ein religiöser Brauch geübt wurde, war
sicher eine schreckliche Sünde gegen den Herrn. Aber was
ist sie im Vergleich mit dem fürchterlich gleichgültigen und
verhärteten Zustand, in welchem jetzt viele Seinem Tische
nahen? Und wie besonders schrecklich ist es, wenn dies der
Fall ist unter uns, denen Seine Liebe den Charakter und
die Heiligkeit dieses Tisches völlig bekannt gemacht hat!
O denkt an Seine Augen wie Feuerflammen, die
herniederschauen auf solche Seelen in unseren Sonntagmorgen-
Versammlungen! Sicher essen und trinken viele
sich selber Gericht.
(Aus einem Briefe von I. N. D.)
146
Lob der Güte Gottes
Da ich, Herr, Dich noch nicht kannte,
Und in Sund', / Tot und blind,
Dir den Nucken wandte,
Da hast Du bewahrt mein Leben,
Und mich nicht / Dem Gericht
Nach Verdienst ergeben.
Wenn ich damals wär' gestorben,
Ach, mein Herr, / Ewig wär'
Meine Seel' verdorben.
Du, Du hast verschont in Gnaden
Und mich gar / Immerdar
Nur zur Buß' geladen.
Zwar bin ich nicht treu geblieben,
Wie ich sollt', / Wie ich wollt',
Dich allein zu lieben.
Aber Du bleibst ohne Wanken
Immer doch / Treue noch;
Könnt' ich recht Dir danken!
Deine Güte muß ich loben,
Die so treu / Mir stund bei
In so manchen Proben.
Dir hab' ich es nur zu danken,
Daß ich doch / Stehe noch,
Der so leicht kann wanken.
Möcht' Dich alle Welt erkennen
Und mit mir / Danken Dir,
Und in Liebe brennen!
Deine Güte laß mich loben
Hier auf Erd', / Vis ich's werd'
Tun vollkommen droben. Terstegen
„Laufe Wahrheit und verkaufe sie nicht"
(Spr. 23, 23.)
Es ist eine sehr alte Unterweisung eines Vaters an
seinen Sohn, mit der wir es hier zu tun haben. Obschon
sie aber vor Jahrtausenden niedergeschrieben wurde, hat
sie doch weder an Kraft noch an Bedeutung verloren, denn
auch sie gehört zu den Schriften, von denen der Apostel
Paulus schreibt, daß sie „von Gott eingegeben und nütze
sind zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur
Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch
Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt".
(2. Tim. 3, 1.6. 17.) Daher bleibt sie für alle
Zeit als eine ernste Mahnung bestehen.
Doch wo ist Wahrheit zu finden? Wo ist der Felsengrund
für den haltlosen Fuß? Findet man sie in der Welt?
Trauernd muß der Prophet feststellen: „Das Recht ist
zurückgedrängt, und die Gerechtigkeit steht von ferne; denn
die Wahrheit ist gestrauchelt auf dem Markte,
und die Geradheit findet keinen Einlaß, und die Wahrheit
wird vermißt". (Jes. 59, 14. 15.)
Dann aber betrat der Sohn Gottes den Schauplatz
der Ungerechtigkeit mit den Worten: „Ich bin die
Wahrheit". (Joh. 14, 6.) Durch Ihn ist sie „ge-
worde n". Alles wurde durch Ihn in das rechte Licht
gestellt. Für alles war Er der richtige Maßstab.
Auch das Wort ist „die Wahrheit". Der Herr
uxxxi 8
— 198 —
bezeugt es selbst in Seinem Gebet (Ioh. 17) an den Vater:
„Heilige sie durch die Wahrheit: Dein Wort ist
Wahrheit". (V. 17.)
Und der Geist ist ebenfalls die Wahrheit, denn der
Apostel Johannes schreibt: „Der Geist ist es, der da zeugt,
weil der Geist die Wahrheit ist". (1. Ioh. 5, 6; vergl.
auch Ioh. 16, 13.)
Wer Wahrheit sucht — hier ist sie zu finden, nur
hier allein.
' Als der Herr, der treue und wahrhaftige Zeuge,
vor Pilatus stand, bezeugte Er von sich: „Ich bin dazu
geboren und dazu in die Welt gekommen, auf daß ich der
Wahrheit Zeugnis gebe. Jeder, der aus der Wahr-
heit ist, hört meine Stimme." Pilatus hatte auf dieses
so tief bedeutungsvolle Wort nur die Antwort: „Was
ist Wahrheit?" (Ioh. 18, 37. 38.) Armer Mann! Er war
keiner, der Wahrheit kaufen wollte. Er war nicht „aus
der Wahrheit". Im Gegenteil, er war aus dem Bösen;
er gehörte zu denen, zu welchen der Herr einmal gesagt
hatte: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel", der, wie
eö weiter heißt, „in derWahrheit nicht bestanden ist,
weil keine Wahrheit in ihm ist". (Ioh. 8, 44.)
Was ist Wahrheit? so spricht das Geschöpf zu seinem
Schöpfer, der die Wahrheit ist, in wegwerfendem
Ton. Auf diesen Ton ist der natürliche Mensch abgestimmt,
der eine mehr, der andere weniger. In einer Welt der
Lüge scheint es ja töricht, nach Wahrheit zu suchen. Aber:
„Kaufe Wahrheit!" ruft die göttliche Stimme. Zu
haben ist sie, denn „Jehova gibt Weisheit; aus Seinem
Munde kommen Erkenntnis und Verständnis"
(Spr. 2, 6.)
ryy
Das Kaufen ist eine persönliche Sache. Keiner kann
für den anderen kaufen, auch nicht der Vater für seine
Kinder. „Wer ein Ohr hat, der höre!" so heißt
eö zu aller Zeit in der Heiligen Schrift. Jeder ist für sich
selbst verantwortlich, zu hören und zu kaufen, und Gott,
der Herzenskenner, weiß und sieht, ob wahre Willigkeit
dazu vorhanden ist. Er „kommt dem entgegen, der Freude
daran hat, Gerechtigkeit zu üben, denen, die auf Seinen
Wegen Seiner gedenken". (Vergl. Jes. 64, 5.)
„Kommet, kaufet ohne Geld und ohne Kaufpreis
Wein und Milch!" (Jes. 55, r.)
Hiermit muß der Kaufende beginnen. Der Trauernde
und der Dürstende (denn nur um solche handelt es sich)
empfängt den Wein der Freude, dem Worte Christi gemäß:
„Glückselig die Trauernden, denn sie werden
getröstet werden!" (Matth. 5, 4.) Dann aber empfängt
der Kaufende auch Milch: die für das neue Leben nötige
Nahrung und Stärkung, und das alles umsonst. Umsonst
bietet Gott jedem Dürstenden Seine Gabe an. „Wer da
will, nehme das Wasser des Lebens umsonst." (Offbg.
22, 47.)
Nun lehrt aber die Schrift an vielen Beispielen, und
die Erfahrung bestätigt es, daß das Kaufen der Wahrheit
an gewisse Voraussetzungen geknüpft ist. Mit anderen
Worten: die Wahrheit kostet etwas; es muß etwas aufgebracht
werden, um in ihren Besitz zu gelangen. Mit dieser
Tatsache muß jeder Kaufende rechnen.
Eine der ersten Voraussetzungen ist die Gottesfurcht.
„Die Furcht Jehovas ist der Weisheit Anfang", steht geschrieben.
„Gute Einsicht haben alle, die sie ausüben."
200
(Ps. 111, 1.0.) Von dieser Tatsache liefert das Leben Josephs
ein schönes Beispiel. Über dem Wege dieses treuen
Mannes stand gleichsam geschrieben: „Ich fürchte Gott".
Und was war die Folge? „Jehova war mit Joseph und
wandte ihm Güte zu und gab ihm Gnade." (1. Mose
ZS, 21.)
Daß der Erwerb der Wahrheit an Gottesfurcht geknüpft
ist, sehen wir auch bei Daniel und seinen Freunden.
Auch ihnen gab Gott infolge ihrer Gottesfurcht
„Kenntnis und Einsicht in aller Schrift und Weisheit".
(Dan. 1,17.)
Gott verkauft Seine Wahrheit nicht dem gesetzlosen
Menschen, aber „dem Menschen, der Ihm wohlgefällig
ist, gibt Er Weisheit und Kenntnis". (Pred. 2, 26.)
Neben der Gottesfurcht ist, um in den Besitz der
Wahrheit zu kommen, ein anhaltendes Forsche n in der
Schrift unter Gebet erforderlich. Das geht schon aus des
Herrn bekanntem Wort hervor: „Bittet, und eS wird euch
gegeben werden; suchet, und ihr werdet finden... Denn
jeder Bittende empfängt, und derSuchende findet."
(Matth. 7, 7. 8. Vergl. auch Spr. 8, 35.)
Weiter darf es der Kaufende auch am Glauben
nicht fehlen lassen, wie Jakobus schreibt: „Wenn jemand
von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott, der
allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm
gegeben werden. Er bitte aber im Glauben, ohne irgend
zu zweifeln." (Kap. 1, S. 6.)
Salomo, der seinem Sohne unser Wort: „Kaufe
Wahrheit" mit auf den Weg gab, hatte selber durch
Gottesfurcht und Gebet einen Reichtum an Weisheit und
Erkenntnis erlangt, dergleichen die Könige, die vor ihm
201
waren, nicht gehabt hatten, und dergleichen auch keiner
nach ihm haben sollte. (2. Chron. 1, 7—12.)
„Kaufe Wahrheit und verkaufe sie nicht."
Wir hörten bisher von einigen Personen, welche die
erste Aufforderung beachtet haben. Joseph, Daniel und
seine Freunde, Salomo haben Wahrheit gekauft. Wie aber
steht es um die Beachtung der zweiten Aufforderung:
„Verkaufe sie nicht!"? Leider muß die Schrift auch
von manchen reden, die diese Mahnung nicht beherzigt haben.
Ich möchte da zunächst Esau nennen. Er gehört freilich
nicht zu denen, welche Wahrheit gekauft haben.
Aber er war ein Mann, der leichtfertig, ja, man möchte
sagen, ruchlos sein köstlichstes Teil verkaufte. Esau war
der Erstgeborene und besaß infolgedessen alle Vorrechte
desselben. Aber er „verachtete das Erstgeburtsrecht"
(1. Mose 25, 34) und verkaufte es, verkaufte es buchstäblich
für ein Linsengericht. Die Schrift nennt ihn daher
einen Ungöttlichen, der die Gabe Gottes nicht schätzte, und
der dann, als er den Segen ererben wollte, „verworfen
wurde". (Hebr. 12, 17.)
Auch Simson gehört zu denen, welche das „Verkaufe
sie nicht!" unbeachtet gelassen haben. Die Geburt
Simsons hatte der Engel Jehovas mit den Worten angekündigt:
„Ein Nasir Gottes soll der Knabe sein von Mutterleibe
an bis zum Tage seines Todes" (Richt. 13, 7.)
Gott hat Großes durch diesen Mann getan zum Nutzen
Seines Volkes Israel, aber in welch trauriger Weise hat
er den Platz des für Gott Abgesonderten aufgegeben!
Sklave eines schlechten Weibes, verriet er ihr sein Geheimnis,
verlor infolgedessen seine beiden Augen und starb
dann mit seinen Feinden an einem Tage.
202
Was aber soll man sagen, wenn man an das Ende
Salomos denkt, dieses von Gott so außergewöhnlich begabten
und in jeder Beziehung ausgezeichneten Mannes,
dem wir das Wort verdanken: „Kaufe Wahrheit und verkaufe
sie nicht"? Als er alt geworden war, verkaufte er
alles — und das noch um einen recht schnöden Preis —,
was er in seinen jungen Jahren von Gott gekauft hatte.
Die Folgen waren erschreckend. „Da erzürnte Jehova wider
Salomo, weil er sein Herz von Jehova abgewandt
hatte, der ihm zweimal erschienen war und ihm betreffs
dieser Sache geboten hatte, nicht anderen Göttern nachzuwandeln;
aber er beobachtete nicht, was Jehova geboten
hatte. Und Jehova sprach zu Salomo: Darum, daß solches
bei dir gewesen ist, und du meinen Bund nicht beobachtet
hast,... so werde ich dir das Königreich gewißlich entreißen."
(t. Kön. 1K, 9—tt.) Ja, Gottesfurcht ist sowohl
zum Erwerb als auch zum Bewahren der Wahrheit nötig.
Wie ganz anders als die genannten drei Männer
handelte dagegen Naboth, der Jisreeliter! (t. Kön. 2t.)
Als der gottlose König Ahab das Ansinnen an ihn stellte,
ihm seinen Weinberg zu verkaufen, wies Naboth es mit
den Worten zurück: „Das lasse Jehova fern von mir sein,
daß ich dir das Erbe meiner Väter geben sollte!" Und er
starb lieber, als daß er gegen das bestimmte Gebot Jehovas
ungehorsam gewesen wäre. (4. Mose 36, 7—9.) Es
handelte sich für ihn um die Verteidigung dec Wahrheit
im Blick auf das Erbe seiner Väter. Er „verkaufte sie
nicht".
Wir kommen jetzt zur Betrachtung einer anderen Seite
der Wahrheit, wie sie uns aus Grund der Auferstehung
20Z
und Verherrlichung unseres Herrn Jesus Christus in den
Briefen des Neuen Testaments vorgestellt wird, der Wahrheit,
von welcher der Herr selbst noch kurz vor Seinen,
Tode zu den Jüngern geredet hatte: „Noch vieles habe ich
euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn
aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen
ist, wird Er euch in die ganze Wahrheit
leite n." (Joh. 16, 12. 13.)
Schon die Propheten waren beim Schreiben ihrer
Schriften von dem Geiste Christi geleitet worden. (Vergl.
1. Petr. 1, 11.) Wieviel mehr wurden die Apostel durch
den Heiligen Geist beim Schreiben der Briefe geleitet,
indem Er sie nach den Worten des Herrn „in die ganze
Wahrheit leitete"!
„Die ganzeWahrhei t." Welche Tiefen liegen
in diesen wenigen Worten! Seinen ganzen Ratschluß
hat Gott uns in Seiner Gnade verkündigen lassen.
(Apstgsch. 20, 27.) Kein Wunder, daß Paulus, dem „die
Gnade gegeben war, unter den Nationen den unausforsch
lieh en Reichtum des Christus zu verkündigen
und alle zu erleuchten, welches die Verwaltung des
Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen
war in Gott", (Eph. Z, 8. y) angesichts dieser Tatsache
darum bat, daß die Heiligen „völlig zu erfassen vermöchten,
welches die Breite und Länge und Tiefe lind Höhe sei,
und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe deö
Christus". (Eph. 3, 18. 19.) Kein Wunder auch, daß
Johannes immer und immer wieder von derWahrheit
schreibt. Wie oft kommt dieses Wort allein schon in seinem
kurzen 2. Brief vor: „Der Älteste der auserwählten
Frau und ihren Kindern, die ich liebe in derWahrheit;
204
und nicht ich allein, sondern auch alle, welche dieWahr -
heil erkannt haben, um der Wahrheit willen, die in
uns bleibt und mit uns sein wird in Ewigkeit... Ich
freute mich sehr, daß ich einige von deinen Kindern in
der Wahrheit wandelnd gefunden habe, wie wir von
dem Vater ein Gebot empfangen haben." Wenn daher
schon zu Salomos Zeiten die Mahnung „Kaufe Wahrheit
I" beherzigenswert war, wieviel mehr heute!
Leider haben die Christen im Laufe der Jahrhunderte
ein Stück Wahrheit nach dem anderen verkauft. Denken
wir nur an die Wahrheit von der Rechtfertigung aus
Glauben, von der Einheit des Leibes Christi, von welchem
Christus droben das verherrlichte Haupt ist, von dem
Kommen des Herrn für die Seinen, von der Wahrheit der
himmlischen Berufung der Kinder Gottes im Gegensatz
zu der Hoffnung Israels usw. Wie traurig hat es Jahrhunderte
hindurch inmitten der Kirche ausgesehen! Ja,
auf das betrübendste haben sich die Worte des Herrn erfüllt:
„Als aber der Bräutigam verzog, wurden sie alle
schläfrig und schliefen ein". (Matth. 25, 5.)
Gott sei Dank, hat es aber doch immer wieder Männer
gegeben, die durch Gottes Gnade dahin geführt wurden,
„Wahrheit zu kaufens. Als Gott im tb. Jahrhundert
die Wahrheit von der Rechtfertigung aus Glauben, im
Gegensatz zu der Lehre der Rechtfertigung aus Werken,
von neuem auf den Leuchter stellte, da waren es besonders
die Reformatoren, die diese Grundwahrheit des Christentums
für einen hohen Preis kauften.
Ähnlich war es, als der Herr im Anfang des vorigen
Jahrhunderts Seiner Kirche längst vergessene Wahrheiten
(dürfen wir nicht sagen: die ganze Wahrheit?)
205
wieder offenbarte. Auch da haben treue Männer, unter
dein Einsatz eines hohen Kaufpreises, die Wahrheit gekauft,
haben sie unter mancherlei Verfolgungen verkündigt
und, soweit Gott ihnen Gnade gab, auch darüber geschrieben.
Wir, die wir heute die Wahrheit gleichsam geerbt
oder gelernt, sie aber nicht wie jene um einen hohen Preis
gekauft haben, stehen in Gefahr, die von Gott gesteckten
Grenzen zu verrücken und so, ohne daß wir es merken,
die Wahrheit wieder zu verkaufen.
In seinem letzten Brief muß der große Apostel seinen
geliebten Timotheus an die traurige Tatsache erinnern,
daß alle, die in Asien waren, sich von ihm abgewandt hatten.
(2. Tim. 1, 15.) Woran lag das? Sicherlich daran,
daß der Weg der Wahrheit ihnen zu schmal und die
Schmach Christi ihnen zu drückend geworden war. Ja, es
kostet etwas, die Wahrheit festzuhalten. Das wußte der
bewährte Mann, der sich einen „Verwalter der Geheimnisse
Gottes" (1. Kor. 4, 1) nennen durste, wohl, und
deshalb „zerschlug er seinen Leib und führte ihn in Knechtschaft,
auf daß er nicht, nachdem er anderen gepredigt,
selbst verwerflich würde". (1. Kor. 4, 27.)
Dürfen wir aber, wenn wir von der Mahnung:
„Verkaufe sie nicht!" reden, nicht auch auf unseren Herrn
Jesus Christus selbst Hinweisen, der uns in allem das
leuchtende Vorbild ist und bleibt? Als der Teufel Ihn
versuchte und Ihn auch gleichsam aufforderte, die Wahrheit
zu verkaufen, sich selbst untreu zu iverden, indem er
sagte: „Ich will dir alle diese Gewalt und ihre Herrlichkeit
geben; denn mir ist sie übergeben, und wem irgend
ich will, gebe ich sie. Wenn du nun vor mir anbeten willst,
206
soll sie alle dein sein", da schlug der Herr ihn mit dem
Wort: „ES steht geschrieben: „Du sollst den Herrn, deinen
Gott, anbeten und Ihm allein dienen"". (Luk. 4.)
Ein bewährter Diener deö Herrn hat einmal gesagt:
„Es ist zweierlei, die Wahrheit ergriffen zu haben, oder
von ihr ergriffen zu sein. In diesen letzten Tagen tut unö
Standhaftigkeit im Glauben not, sowie ein weites Herz,
daö alle Heiligen umfaßt, dann aber auch Weisheit, welche
weiß, das Köstliche von dem Gemeinen auözuscheiden,
und schließlich Gehorsam. Der Gehorsam ist stets demütig
und fest."
Im Blick auf daö irdische Erbe lautet ein bekanntes
Wort:
Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es, um es zu besitzen.
Diese Worte sollten auch von uns, und besonders von
den Jüngeren unter uns, im Blick auf unser geistliches
Erbe beobachtet und verwirklicht werden. Die Wahrheit
muß gekauft werden, um in wirklichem Besitz geschätzt
und genosftn werden zu können. Die Beachtung der Aufforderung:
„Verkaufe sie nicht!" wird dann die bei­
nahe selbstverständliche Folge sein.
Sret teilnahmsvolle Kragen
ii.
Die zweite Frage, über die ich ein Wort, und zwar
vor allem zu meinen Brüdern, sagen möchte, führt
unö in den engsten Familienkreis ein. Sie berührt daö
Verhältnis zwischen Mann und Weib. Wir finden sie in
1. Sam. 4, 8. Sie kommt aus dem Munde Elkanaö, des
207
Mannes der Hanna, der Mutter des Propheten Samuel.
„Und Elkana, ihr Mann, sprach zu ihr: Hanna, warum
weinst du? und warum issest du nicht? und warum ist
dein Herz betrübt? Bin ich dir nicht besser als zehn
Söhne?"
Der ganze Bericht, sowie die Frage selbst beweist,
daß sie einein Herzen entsprang, das ein tiefes Verständnis
hatte für den Schmerz der weinenden Frau. Dieses
liebende Verständnis war keine Selbstverständlichkeit. Eö
hätte nach Lage der Dinge auch anders sein können. Hanna
war kinderlos. Ihre große Sehnsucht nach einem Sohn
hatte sich nicht erfüllt. Peninna, das andere Weib Elka-
nas, machte sich die Gelegenheit zunutze, ihre Nebenbuhlerin
zu kränken, wie sie nur konnte. Es wäre kein so großes
Wunder gewesen, wenn Elkana sich dadurch hätte beeinflussen
lassen, denn kein Kind zu haben, galt in Israel
als Schande und als ein Zeichen göttlichen Gerichts, oder
zum mindesten göttlicher Ungnade, und Peninna hatte ihrem
Mann Kinder, Söhne und Töchter, geschenkt. Aber
Elkana liebte Hanna trotz ihrer Kinderlosigkeit, und er
bewies ihr, daß sie ihm trotz dieses Mangels lieber war
als Peninna. Wenn er opferte, gab er „Peninna und allen
ihren Söhnen und ihren Töchtern Stücke; aber Hanna
gab er ein doppeltes Stück". (V. 4. 5.) Wenn nun
auch aus dem biblischen Bericht hervorgeht, daß selbst
die so deutlich bekundete Liebe ihres Mannes nicht imstande
war, das Herzeleid dieses armen, niedergebeugten
und schwer gekränkten Weibes zu stillen — der, welcher
ihr allein helfen konnte, war Gott, und zu Ihm redete
sie aus der Fülle ihres Kummers und ihrer Kränkung
heraus —, so muß ihr doch das treue Mitfühlen Elkanas
208
eine große Hilfe gewesen sein, und seine freundlichen Worte
an die Weinende sind aller Beachtung wert.
Nicht Unkenntnis läßt ihn fragen: „Hanna, warum
weinst du? und warum issest du nicht? und warum ist
dein Herz betrübt?" O nein. Die hinzugefügten Worte:
„Bin ich dir nicht besser alszehnSöhne?" zeigen klar,
daß ihm die Ursache ihrer Tränen wohl bekannt war. Es
ist das Ergreifen der Gelegenheit, um zu ihrem Herzen zu
reden und sie in Liebe zu trösten. Sein ganzes bisheriges
Verhalten ihr gegenüber kam ihm dabei zu Hilfe. Seine
Liebe zu Hanna war gegründet und auf mancherlei Weise
bewiesen. Er hatte ein Recht, zu fragen: „Bin ich dir nicht
besser als zehn Söhne?" Er konnte sie Hinweisen auf
das, was er ihr bisher gewesen war.
Fürwahr, das Beispiel dieses Mannes mögen wohl
alle auf sich anwenden, denen Gott eine Lebensgefährtin
an die Seite gestellt hat. Wir Männer haben dadurch
„Gutes gefunden und Wohlgefallen erlangt von Jehova".
(Spr. t8, 22.) Sollten wir diese Gabe Gottes nicht
ehren und schätzen? (t. Petr. Z, 7.) Unsere Frauen sind
von Gott selbst unserer Liebe, unserer zärtlichen Sorge
und Pflege anbefohlen. (Eph. 5, 25 ff.) Sie sind unser
Fleisch und Gebein — wahrlich Grund genug, sie zu nähren
und zu pflegen. Und so warm schlägt Gottes Herz
für die Frauen, die nach Seinem Wort das „schwächere
Gefäß" sind, daß Er die Männer ermahnt, sie „zu lie­
ben, gleichwie auch der Christus die Versammlung
geliebt und sich selbst für sie
hingegeben hat".
Zehn Söhne hätten für Hanna das nicht sein können,
was Elkana für sie war. Ihm brannten die Tränen seines
209
geliebten Weibes auf der Seele, und wenn er auch die Ursache
genau kannte — er mußte mit ihr reden, mußte versuchen,
Balsam in ihr beschwertes und verwundetes Herz
zu gießen. Und daß er sie an seine Liebe zu ihr erinnern
durfte, gab, wie bereits erwähnt, seinen Worten
Kraft.
Elkana, du bist längst gestorben, aber wie redest dl«
noch zu unseren Herzen und Gewissen! Doch noch mehr.
Du, o Gott, redest selbst durch ihn zu uns. Wir vernehmen
Dein stilles, aber deutliches Mahnen, Deinen Weckruf
an unsere Liebe und Einsicht der uns von Dir gegebenen
Frau gegenüber, und wir beugen uns vor Dir ob unseres
vielen Fehlens.
„Bin ich dir nicht besser als zehn Söhne?" so konnte
die Liebe fragen. Elkana war n i ch t die Ursache der Tränen
seines Weibes. Seine Frage enthielt für ihn keinen
Stachel.
Aber haben w i r uns nicht schon einmal in solchem
Falle fragen müssen, ob wir vielleicht gar selbst die Ursache
von Tränen waren durch Härte und Lieblosigkeit,
durch zu wenig oder überhaupt nicht bewiesene Hilfsbereitschaft,
durch Mangel an Verständnis für körperliche
Schwachheit und seelische Bewegungen? Oder sollten gar
unter den Lesern dieser Zeilen solche sein, die es nicht wissen,
fühlen und empfinden, daß ihre Frau um ihretwillen
des Nachts so manche Träne in die Kissen
weint?
So wollen wir denn Elkana zu uns reden lassen und
uns immer wieder der lieblichen und doch so ernsten Ermahnungen
erinnern, die wir in Epheser 5, 25—ZZ;
t. Petr. Z, 7 und an anderen Stellen finden.
— 210 —
Die lieben Schwestern aber, die diese Zeilen lesen,
möchte ich bei der Gelegenheit an das Wort Salomos erinnern:
„Die Anmut ist Trug, und die Schönheit Eitelkeit;
ein Weib, das Jehova fürchtet, sie wird gepriesen
werden" (Spr. ZI, 30.) Wahre Gottesfurcht wird sich
letzten Endes immer wieder als das erweisen, was Wohlgefallen
erwirbt vor Gott und Menschen.
Ehe wir die Betrachtung dieses Gegenstandes schließen,
sei noch hinzugefügt, daßwahres Christentum ohne
die Verwirklichung oben erwähnter Dinge nicht denkbar
ist. Wer ein Christ sein will, muß sich zunächst in seinem
Hause bewähren. Stimmt es in Haus und Familie nicht,
während wir vielleicht draußen dem Herrn dienen wollen,
so wird das Fehlen dieses ersten Erfordernisses über kurz
oder lang irgendwie zutage treten zur Verunehrung Gottes
und zu unserer eigenen Beschämung.
III.
Die dritte Frage, die wir noch kurz behandeln wollen,
richtete ein großer Herr an seinen Untergebenen, nämlich
der König Artasasta (Artaxerxes I., Langhand) an seinen
Mundschenk Nehemia.
Etwa vier Monate, bevor diese Frage gestellt wurde,
hatte Nehemia Kunde erhalten von dem Unglück und der
Schmach seiner Brüder, die im Lande Israel weilten, sowie
von der Verwüstung der Mauer Jerusalems. Weinen
und Trauer hatte diese Botschaft bei ihm hervorgerufen.
Fastend und betend hatte er auf seinem Angesicht gelegen
vor dem Gott des Himmels und hatte Ihn um Gnade
angerufen für seine unglücklichen Landsleute, und für sich
selbst um die Gunst, Barmherzigkeit zu finden vor dem
— 2U —
Könige, wenn er fürbittend bei ihm eintreten würde für
sein Volk.
Dann kam wieder die Zeit, wo er als Mundschenk
seines Amtes zu walten und dem König den Wein zu
reichen hatte. An diesem Tage trat Nehemia zum erstenmal
als ein Trauernder vor seinen königlichen Herrn.
Die Spuren des Fastens und des tagelangen Leidtragens
waren zweifellos an ihm wahrzunehmen. Das paßte wenig
zu dem festlichen Gelage. Der König hätte Ursache
gehabt, den Diener seine Ungnade fühlen zu lassen, denn
traurige Gesichter wollten die Herrscher jener Tage, die
über uneingeschränkte Macht verfügten, bei ihren Beamten
nicht sehen. Aber siehe da, statt Ungnade freundliche,
teilnehmende Worte. Sicherlich war es eine Antwort Gottes
auf das Flehen Seines Knechtes. Aber da Nehemia
ein Mann ohne Rang und Ansehen war — wenigstens
hören wir nichts davon, daß er, ähnlich wie Daniel, eine
hervorragende Stellung bekleidet hätte —, ist die teilnahmsvolle
Art der Frage doch sehr auffallend und eindrucksvoll.
„Warum ist dein Angesicht traurig?" fragt
Artasasta, „und doch bist du nicht krank; es ist nichts anderes
als Traurigkeit des Herzens." Aber Artasasta
fragt nicht nur teilnehmend, er handelt auch entsprechend.
Nachdem Nehemia ihm sein Herz ausgeschüttet
und dem König seine große Bitte vorgetragen hat, erhält
er einen langen Urlaub und weitgehendste Unterstützung
zur Ausführung des großen und gesegneten Werkes, über
welches das Buch Nehemia ausführlich berichtet. Die
freundliche Frage des Königs muß in der Hand Gottes
dazu dienen, die Entwicklung der Dinge nach Seinen Gedanken
herbeizuführen und zu vollenden. Wie aber muß
2r2
anderseits daö Herz des trauernden Gefangenen durch die
unerwartete Teilnahme seines königlichen Herrn getröstet
und erquickt worden sein! Mit welchen Gefühlen der Dankbarkeit
und Verehrung wird er ihm in späteren Jahren
gedient haben! (Kap. r3, 6.) Wie wird er für des Königs
Wohlfahrt vor seinem Gott, dem Gott deö Himmels,
fürbittend eingetreten sein!
Fürwahr, Frage und Verhalten jenes Gewaltherrschers
geben uns ein beachtenswertes Beispiel zur Nachahmung.
Wenn jener heidnische König seinem Gefangenen und
Untergebenen gegenüber freundlich und teilnahmsvoll handelte,
wieviel mehr sollte die Frucht des Geistes: Liebe,
Freundlichkeit und Gütigkeit (Gal. 5, 22), im Verkehr
mit Angestellten und Untergebenen bei uns gefunden werden!
Es ist nicht so einfach, das ganze Leben hindurch in
dienender Stellung zu sein und zu bleiben. Luther sagt
irgendwo in seinen Schriften: „Die Herren und Frauen
sollen ihre Knechte, Mägde und Arbeitsleute nicht wütender
Weise regieren, nicht alle Dinge aufs genaueste
suchen, zuweilen etwas nachlassen und um des Friedens
willen durch die Finger sehen. Denn es können nicht alle
Dinge allezeit schnurgleich gehen." Verständige und richtige
Worte! Aber Liebe, Freundlichkeit und Gütigkeit —
das geht weiter. Daö geht auch weiter, als einem jeden
das seinige zur rechten Zeit zukommen zu lassen, ja, weiter,
als vielleicht etwas mehr zu tun, als was vor Gott
und Menschen recht ist. Die Liebe sucht daö Herz des anderen.
Freundlichkeit und Gütigkeit nehmen Anteil an seinem
Ergehen, dem Menschen zur Ermunterung und
zum Segen, und Gott zur Ehre.
213
Unterredungen über den ersten Brief
an die Lortnther
XVIII.
Kapitel 1 5, 35 — 5 8 und Kapitel 16
Wie wir bereits sahen, ist die Auferstehung unserer
Leiber eine Wahrheit von allergrößter Bedeutung. Denn
wenn es keine Auferstehung des Leibes gibt, so gibt eö
auch keine Auferstehung Christi, und damit wären wir
noch in unseren Sünden. Es ist nötig, dies mit aller Entschiedenheit
zu betonen, für solche, welche dieser Wahrheit
einen untergeordneten Platz einräumen möchten. Andere
Briefe reden mehr allgemein von der Auferstehung.
Als Christen besitzen wir diese schon heute. Wir sind mit
Christo auferweckt. In Ihm besitzen wir ein Auferstehungsleben;
aber unsere Leiber sind noch nicht auferstanden,
und darum allein handelt eö sich in dein vorliegenden
Kapitel.
Eö gab solche, die, um ihren Verstand zu befriedigen,
zu wissen wünschten: „Wie werden die Toten auferweckt?
und mit was für einem Leibe kommen sie?" Der
Apostel gibt auf diese Frage keine unmittelbare Antwort,
denn das Wort Gottes ist nicht dazu da, die menschliche
Neugierde zu befriedigen. „Tor!" ruft er aus. Die gestellte
Frage, die so sehr der Luft menschlicher Weisheit
entsprach, welche die Korinther atmeten, war nichts als
Torheit. Der Schreiber erinnert an das Wort des Herrn,
daß das Weizenkorn, das in die Erde fällt, sterben muß,
tim viel Frucht zu bringen. Wie es nun mit Christo war in
bezug auf die Auferstehung, so auch mit den Christen. Wir
können also darauf rechnen, daß, wenn unser Leib, dem
214
Weizenkorn gleich, in die Erde gelegt wird, auch wir auferstehen
werden, wie Er. Es wird in der Auferstehung
dasselbe Korn sein, und dennoch nicht dasselbe. Was unö
angeht, muß daö Korn verwesen, um unverweslich aus
seinem Grabe hervorzugehen. Das war bei Christo nicht
der Fall, denn Er hat die Verwesung nicht gesehen. Du
sagst: Es ist also nicht dasselbe Korn. Der Apostel sagt:
„Was du säst, du säst nicht den Leib, der werden soll, sondern
ein nacktes Korn, es sei von Weizen oder von einem
der anderen Samen. Gott aber gibt ihn: einen
Leib, wie Er gewollt hat, und einem jeden der
Samen seinen eigenen Leib." Hierfür liefert er dann Beispiele,
indem er zeigt, daß es in der natürlichen Schöpfung
verschiedene Arten Fleisch gibt. Ium Beweise führt er die
vier Arten von Geschöpfen dieser Schöpfung an: Menschen,
Vieh, Vögel und Fische, von denen im 1. Kapitel
deS 1. Buches Mose die Rede ist.
Aber weiter: Wenn es in der Schöpfung irdische Leiber
gibt, so gibt es auch himmlische: Sonne, Mond und
Sterne. Alle sind herrlich, aber in ihrer Herrlichkeit sind
sie voneinander verschieden. Wie uns nun die alte Schöpfung
über diese Verschiedenheiten belehrt — in der Auferstehung,
in der neuen Schöpfung, wird es dasselbe sein.
Was in Verwesung gesät wird, wird auferweckt werden
in Unverweslichkeit; aber niemals wird „die Verwesung
die Unverweslichkeit ererben". Der natürliche Leib ist nicht
derselbe wie der geistige Leib. Wir haben in dem auferstandenen
Herrn, der in allem den Vorrang einnimmt,
das Beispiel eines geistigen Leibes: Er kann durch den
das Grab verschließenden Stein gehen, kann bei verschlossener
Tür in das Zimmer eintreten, wo die Jünger ver
215
sammelt sind, auch kann Er sich in einem Augenblick von
Emmaus nach Jerusalem versetzen, rind alles dies in einem
durchaus wirklichen Leibe — Er ißt und trägt die
Male des Speeres und der Nägel an sich, wie Er sie immer
tragen wird. Wie der Himmlische ist, so werden auch
die Himmlischen sein, wenn sie Ihm einmal gleich sind,
mit demselben Leib bekleidet wie der Herr Jesus, den Er,
der Erstling, besitzt, um ihn auf ewig in der Herrlichkeit
zu behalten.
Mit deni 51. Vers kommen wir dann zu einer Wahrheit,
die deshalb so wichtig ist, weil sie den in diesem Kapitel
behandelten Gegenstand vervollständigt. Diese Wahrheit
leitet unsere Gedanken über zum 4. Kapitel des ersten
Thessalonicherbriefes, wo wir Ähnliches, aber nicht das
gleiche finden. Die Thessalonicher erwarteten seit ihrer Bekehrung
den Herrn (Kap. 1, 10), lind die Verwandlung
war offenbar kein Geheimnis für sie. Wohl waren ihnen
die Einzelheiten der Ankunft des Herrn nur unvollkommen
bekannt, und der Apostel befleißigt sich deshalb, sie
nut ihnen vertraut zu machen. Wenn sie auch Jesum erwarteten,
daß Er sie lebend zu sich entrücke, so wußten
sie doch nicht, daß die Auferstehung der entschlafenen Heiligen
ebenfalls bei der Ankunft des Herrn stattfinden
würde, daß im gleichen Augenblick die Gläubigen aus ihren
Gräbern hervorkommen und in einem Nu zu Ihm
hin entrückt werden würden, zusammen mit ihnen, den
Lebenden, die noch nicht durch den Tod gegangen waren.
Die Korinther hingegen, die anderseits nötig hatten, in
bezug auf die Wahrheit von der Auferstehung der Toten
befestigt zu werden, wußten von der Verwandlung der
Lebenden, welche den Thessalonichern vertraut war, über
216
Haupt noch nichts, und der Apostel belehrt sie darüber,
daß diese unauflöslich mit der Auferstehung verbunden
sei. Diese Verwandlung der Lebenden war eine solche Wirklichkeit
für den Apostel, daß er, wiewohl er sich für den
Märtyrertod bestimmt wußte, sagt: „Wir werden zwar
nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt
werden". Um einen dem verherrlichten Leibe Christi gleichförmigen
Leib zu erhalten, ist es nicht nötig, aus den To­
ten auferweckt zu werden; man kann auch verwandelt
werden. Wir haben hier zwei verschiedene Ausdrücke:
„Denn dieses Verwesliche muß Unverweslichkeit
anziehen, und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen".
(V. 53.) Der erste Ausdruck bezieht sich aus die
Toten, der zweite auf die Lebenden. Nur die Toten haben
die Verwesung gesehen, während die Lebenden sterblich
sind. Kraft des Sieges Christi wird dieser sterbliche Leib
in einen unsterblichen verwandelt werden, wird dieser verwesliche
Leib in die Unverweslichkeit eingehen. „Verschlungen
ist der Tod in Sieg." Der Prophet Jesaja, dein diese
Anführung entnommen ist, rief einst aus: „Den Tod
verschlingt Er auf ewig", jetzt aber heißt es als
Folge der Auferstehung Christi: „Verschlungen ist
der Tod in Sieg", obwohl dieses Wort für uns noch nicht
erfüllt ist. Auch kann der Apostel sagen: „Wo ist, o Tod,
dein Stachel? wo ist, o Tod, dein Sieg?" (V. 55.) Um
den Tod darzustellen, spielt er auf den Skorpion (den
Tod) und seinen Stachel (die Sünde) an. Der Tod hatte
den Sieg über uns davongetragen und herrschte über unö,
nachdem er uns durch die Sünde vergiftet hatte. Jetzt
aber haben wir schon teil an dem Siege Christi. Aus diesem
Grunde fügt der Apostel hinzu: „Gott aber sei Dank,
217
der uns den Sieg gibt (nicht geben wird) durch unseren
Herrn Jesus Christus!" Der durch Ihn davongetragene
Sieg ist ein Sieg für u n s. Wir haben ihn. Er ist unser.
Seit dem Kreuz ist Satan ein besiegter Feind. Das beweist
die Auferstehung. Der Tod ist zunichte gemacht, und
die Sünde gesühnt und hinweggetan vor Gott.
Obwohl nun der Sieg errungen ist, haben wir dennoch
als das Heer des Herrn unsere Stellung zu wahren
bis zu Seiner Ankunft. Daher die Ermahnung: „Seid
fest, unbeweglich!" Die Seelen, welche ihren Grund in
Christi Sieg gefunden haben, die das Leben des letzten
Adam besitzen, der ein „lebendig machender Geist" ist
(V. 45), sind imstande, fest zu stehen. Aber wir müssen
uns gegenseitig dazu anspornen, „allezeit überströmend
zu sein in dem Werke des Herrn", in der Überzeugung,
daß Er von allem Kenntnis nimmt, was für Ihn geschieht,
und daß unsere „Mühe nicht vergeblich ist im
Herrn". Gott führt gleichsam ein Gedächtnisbuch, in das
Er alles einträgt, was für Christum getan wird, während
von dem, was wir für uns selbst getan haben, nichts
darin zu finden sein wird.
Am Anfang des 16. Kapitels sehen wir dann, in
welcher Weise für den Herrn gearbeitet werden kann. Paulus
gab selbst das Beispiel dazu, und andere mit ihm.
Er ging völlig auf in dem Werke des Herrn. Desgleichen
Timotheus (V. 10), und ebenso Stephanas und sein
Haus. (V. 15. 1b.) Sind diese Beispiele nicht ermunternd?
Ein jeder von uns ist dazu berufen, am Werke
des Herrn mitzuarbeiten, darin aufzugehen, und die große
Hilfe dabei ist die Gewißheit des von Christo davongetragenen
Sieges. Aber es gibt etwas, das oft genug unsere
218
Arbeit unfruchtbar macht, und das ist der Mangel an
Liebe. Das sagt uns deutlich V. 13 und 14 unseres Kapitels.
„Wachet", heißt eö dort, „stehet fest im Glauben;
seid männlich, seid stark! Alles bei euch geschehe
inLieb e." Die Liebe ist genau so gut die Triebfeder unserer
Tätigkeit nach außen hin, wie sie in Kapitel 13 die
Triebfeder unserer Tätigkeit in der Versammlung ist, die
Triebfeder eines christlichen Lebens, das für Christum und
für Gott Frucht bringt. Die Liebe hat Christum zum Gegenstand:
„Wenn jemand den Herrn Jesus Christus nicht
lieb hat, der sei Anathema; Maran atha!" (V. 22.) „Der
Herr kommt", und dann wird Er jedes Werk richten,
das nicht aus Liebe zu Ihm geschehen ist. Wenn wir uns
freilich selbst, unserer eigenen Verantwortlichkeit überlassen
bleiben, o wie erbärmlich schwach verwirklichen wir dann
alle diese Dinge! Aber wir sind nicht ohne Hilfsquellen.
Wenn dieGnade mit uns ist, wird alles gut werden.
Wir bedürfen der Gnade Gottes, um das Werk des
Herrn tun zu können, um fest zu stehen, um alles in der
Liebe zu tun. Die Gnade ist das einzige, worauf wir unbedingt
rechnen können. Diese Gnade wird uns nie mangeln,
wenn wir sie anrufen, anstatt uns auf unseren guten
Willen oder unsere natürliche Tatkraft zu verlassen.
Der Apostel schließt mit den Worten: „Meine Liebe
sei mit euch allen in Christo Jesu!" In dem weiten Herzen
des Apostels war die Liebe mit ihnen allen. Auch
darin diente er ihnen als Beispiel. Seine Liebe war ohne
Unterschied mit allen Heiligen, denn er kannte die Größe
der Liebe Christi gegen sich selbst.
„Amen!"
2ry
Sas samaritische Detv
VIII.
„Dieser ist doch nicht etwa der Christus?"
Kehren wir zurück zu unserer Szene: „Ich bin'S".
Was nun folgt, was weiter vor sich geht zwischen dem
Herrn und dem Weibe — der Schreiber schweigt darüber.
Es ist seine Art, zu schweigen, wo Er redet. Es gibt
auch Szenen, die sich nicht beschreiben lassen. Das eine
Wort „M a r i a", die Antwort „Rabbun i" sagen mehr
als jede Beschreibung. Jedes weitere Wort würde den
Eindruck schwächen.
Wir hören auch kein Wort mehr von dem Weibe.
Ihr Mund ist verstummt. In tiefes Sinnen, in stummes
Staunen ist sie versunken. In Worte kann sie's nicht fassen.
Zu Großes, zu Gewaltiges stürmt auf sie ein. Sie
möchte niedersinken, Seine Füße umklammern. Übervoll
ist ihr Herz. Da gewahrt sie der Jünger Nähe. Aufgescheucht
aus ihrer stillen Hingxnommenheit, flieht sie hinweg.
Den fragenden Blicken ist sie plötzlich entschwunden.
Ein Strom der Gnade hat sich in ihre Seele ergos­
sen, freie, vollkommene, unverdiente Gnade. Ihr armes
Herz durchströmt es mit nie gekannter Wonne. Für den
Krug, das Zeichen ihrer täglichen Mühsal, ist kein Raum
mehr. Wie hernach des Heilands Speise — er bleibt stehen.
Sorge, Kummer, Elend und Schande sind vergessen.
In ihrem Inneren strömt tiefes, heißes Dankgefühl. Zum
Überlaufen voll ist ihr Herz. Der Strom will weiter fließen.
Nun quillt sie empor, die „Quelle lebendigen Was-
220
serö". Wenn die Freude zu groß ist, kann man sie nicht
für sich behalten.
Die Stadt ist erreicht. Nun geht's von Haus zu
HauS, von Bekannten zu Bekannten. „Kommet und
sehet" — das sind die großen Einladungöworte des
Evangeliums. (Vergl. Ioh. k, 3Y. 4b.) Was ihr von mir
wisset — auch nicht wisset — ja, „alles, was irgend
ich getan" — der Fremde am Brunnen draußen,
alles hat Er mir gesagt. Alles? — In dem einen,
was Er aufgedeckt — vor ihrem Gewissen ist es alles.
Welch einen Eindruck muß es auf die Leute machen, die sie
kennen, die sie gemieden haben! Ihretwegen hatte sie sich
einsam zum Brunnen geschlichen. Und jetzt deckt sie selbst
alles auf, ohne allen Rückhalt, spricht mit Bewunderung
von dem Fremden, der ihr „alle s gesag t", hält Ihn
wohl gar für den „Messias" selber. Welch eine Kraft
in dem Zeugnis dieses Weibes! Wie durchschlagend ist die
Wahrheit! Viele zwar mögen den Kopf schütteln, viele
laut es sagen oder bei sich denken: Was, von diesem Weibe
sollten wir etwas annehmen, von ihm uns belehren lassen?
Mancher aber fühlt sich getroffen. Den Mann mußt
du auch kennen lernen, der einem sein ganzes Leben
aufdecken und dabei noch solch eine Freude verursachen
kann — so denken sie. Wie sie sitzen und stehen — erst
einzelne, dann immer mehr — eilen sie hinaus zum Brunnen.
Das Zeugnis dieses Weibes, welch ein Beispiel, welch
eine Belehrung auch für uns! Sie war im Lichte Gottes,
es gab keinen Rückhalt mehr zwischen Ihm und ihr. —
Jst's so mit dir gewesen, lieber Leser? Dann kannst du
auch dein Leben vor den Menschen aufgedeckt sehen,
221
wirfst kein Mäntelchen mehr darüber hin — im Gegeilteil,
kannst offen davon reden, kannst laut rühmen: „Wem
viel vergeben ist, der liebt viel".
„Dieser ist doch nichtetwa der Christ u s?"
Wie wunderbar war den Samaritern diese Kunde! Sollte
es wirklich der Messias sein? Sollte Er sich hier am Geri-
sim offenbaren? Merkwürdig, wie diese Botschaft auf die
Samariter wirkt, bei denen die Hoffnung doch bei weitem
nicht genährt war wie in Israel.
Dieser ist doch nicht etwa der Christus?
Warum aber bei dem Weibe diese Frageform gegenüber
des Herrn klarer Offenbarung: „Ich bin's"? Für
sie ist es doch keine Frage mehr. Offenbar stellt sie die
Frage an ihre Mitbürger, damit sie sich selbst die Antwort
holen möchten. Sie selbst sollen sich die Überzeugung verschaffen.
Mele glaubten ja schon „um des Wortes des
Weibes willen": „Er hat mir alles gesagt, was
irgend ich getan habe". Das Weib war ihnen wie ein
„Wunder". Sie gehörte zu der Schar derer, von denen
der Herr dem Johannes im Gefängnis sagen läßt: —
„und Armen wird gute Botschaft verkündigt". (Luk. 7,
22.) Sie war ja eine der Armsten. Um Seiner Wunderwirkung
an einem solchen Weibe willen glauben sie. Wenigstens
war das der Anfang ihres Glaubens. Aber die
wahre Wirkung muß von Ihm selbst ausgehen, von
Seiner Person; sie wird durch Sein Wort hervorgebracht.
Nicht umsonst hebt der Evangelist hervor, daß
viele mehr an Ihn glaubten um Seines Wortes
willen. Viele! — wie segnet der Herr das freimütige
Zeugnis dieses armen Weibes! Von diesen aber, die zuerst
nur auf des Weibes Rede hin geglaubt hatten, geben viele
222
wiederum selber Zeugnis, daß sie nun durch SeinWort
zum vollen Glauben an Ihn gekommen sind.
„Wir glauben nicht mehr um deines
Redens willen" — es klingt fast wie eine Abweisung
des Weibes, soll aber wohl keine sein. Jin Gegenteil.
Das Weib hat gesagt: „Kommet und sehet". Überzeugt
euch selber! — Sie sind gekommen, sie haben
gesehen. Jetzt können sie auch sagen: Wir haben Ihn
jetzt selbst gesehen und gehört. Du hast recht, jetzt
sind wir überzeugt wie du, aber aus uns selbst. Jetzt
wissen wir.
Sie bitten Ihn, bei ihnen zu bleiben. Liebliche Bitte!
Wie gern erfüllte Er sie! Aus der kurzen Brunnenrast
werden zwei Tage. Er ist ihnen mehr als der „Prophet",
als der „König", ja, als der erwartete „Messias". Er
ist Der, der ihr aufrichtiges Verlangen befriedigt, ihr Dürsten
stillt. Mit der in der ganzen Stadt bekannten Sünderin
stellen sie sich auf gleichen Boden. Mit ihr haben sie
den gleichen Gegenstand. Er ist ihr „Heiland", der
sündigen Menschheit Heiland.
Einer Samariterin, einer schuldbeladenen Sünderin
hat Er sich als der Messias offenbart! Und nicht nur das.
Zu einem Kanal des Segens für andere wird sie gebraucht.
Sie ist dazu ausersehen, sie hat das Vorrecht, die Botschaft
von Ihm an ihre Stadtgenossen, ihre Volksgenossen bringen
zu dürfen. Wie ganz anders, als wir handeln würden,
handelt E r. Wieviel können wir, wieviel kann der Evangelist
aus diesem Abschnitt lernen! O es ist etwas Großes,
Herrliches um das Evangelium! Ein über alles hoher
Dienst, es dem Menschen bringen zu dürfen. Die „gute
Botschaft" nennt es sich. Wahrlich, eine überaus gute
22Z
Botschaft, eine himmlische Botschaft, von allen Botschaften
die beste, die Gott an den Menschen richten konnte.
Welch ein Vorrecht, Ihm darin helfen. Ihm darin dienen
zu dürfen! Wieviel Gnade, wieviel Weisheit von oben
gehört dazu! Wie sehen wir sie in unserem Abschnitt entfaltet!
Wie verschiedenartig offenbart sie sich einem sama-
ritischen Weibe und einem Nikodemus gegenüber, und doch
so ganz ihrem Herzenszustand angepaßt! Wir sprechen
viel von einer Gabe für das Evangelium. Es zu bringen,
es in einer größeren Versammlung zu verkündigen,
erfordert sicher eine Begabung. Aber sie ist nicht zu
vergleichen mit irgend einer sogenannten Begabung in rein
menschlichem Sinne. Sie ist eine viel höhere Gabe, eine
„G a b e" im wahren Sinne des Wortes. Nicht eine Sache
des Kopses, der Erkenntnis. Es ist eine Sache des Herzens,
des Gefühls. Die Triebfeder muß die Liebe sein, die
Liebe von oben. Manche Verkündigung des Evangeliums
geht über die Köpfe hinweg, weil sie mehr dem
Kopf als dem Herzen entsprang. Die Gnade, die ich bringen
will, muß ich nicht nur einmal erfahren haben; ihr
Geist muß mich erfüllen. Nur im Bewußtsein der vollen,
freien, unverdienten Gnade vermag ich, anderen sie zu
bringen. Nur wahre Selbsterkenntnis, aufrichtiges Selbstgericht
befähigen mich, im Herzen des anderen zu lesen.
In seine Lage und Umstände muß ich mich versetzen, mich
mit ihm einsmachen können. Da, wo er ist, muß ich ihm
begegnen. Das Verlorene zu suchen, dem Sünder nachzugehen,
es erfordert vor allem Abhängigkeit, Niedrigge-
sinntheit, wahre, herzliche Demut, Liebe. Nur einen
Lehrer gibt's, von dem wir lernen können. „Einer, Christus,
ist unser Meister."
224
„Er hat mir alles gesagt, was irgend
ich getan habe."
Für jeden Menschen muß einmal dieser Augenblick
kommen, wo er völlig aufgedeckt, wo ihm „alles gesagt"
wird. Geschieht es nicht hier, so muß esdort geschehen.
Der Unterschied ist groß. Es entscheidet über sein
Los für immer. Lasse ich mir hier meine Schuld zeigen,
komme ich in Sein Licht, in Seine göttliche Gegenwart,
so werde ich sehen. Ich treffe zusammen mit demselben
Jesus vom Brunnen zu Sichar. Du fürchtest dich noch,
alles, ja, alles dir sagen zu lassen. Za, Menschen, denen
man „alles sagen" könnte, gibt es nicht. Nur Einen
gibt's, dem man alles sagen kann. Man braucht auch nicht
viel zu sagen. Man braucht nur zu kommen,
zu kommen, wie man ist, s i ch selbst alles sagen
zu lassen. Zn jedem Leben gibt es wohl irgend etwas,
das man ängstlich verbirgt, oft nur einen gewissen Punkt,
vor Gott, vor den Menschen, ja — vor sich selber. Laß dir
sagen — den richtigen Punkt kennt Er doch ganz genau.
Willst du ihn dir nicht nennen lassen? O das Weib am
Jakoböbrunnen möge dir Mut machen! Laß die schwere
Bürde dir nehmen, dich befreien von dem geheimen Bann,
die harte, drückende Fessel dir lösen. Versuch's nur — du
ahnst nicht, welche Bergeölasten von deinem Herzen sinken.
Versuch's, komm und sieh — „wer Er ist".
Laß dir Seinen Gnadenstrom der Vergebung, Sein „l e -
bendigeS Wasser" gießen in deine schuldbeladene,
lechzende Seele. Dann wird's auch in dein armes Herz
tönen innig und mild:
„Ich bin's, der mit dir redet."
Vstas die Schrift mir sagt *j
*) Die folgenden Ausführungen sind alt und schon vor vielen
Jahren im „Botschafter" erschienen. Da es aber heute bei den
sich immer wieder neu erhebenden und an den Gläubigen herantretenden
Fragen wichtiger denn ss erscheint, in der Wahrheit befestigt
und sich dessen klar bewußt zu sein, wessen man belehrt
worden ist, und was man glaubt, so wurde ein nochmaliger Abdruck
dringend empfohlen. Zch möchte jedoch hierzu bemerken,
daß ein einfaches Lesender Ausführungen ihren Zweck nicht erfüllen
dürfte. Nur wer sich die Mühe macht, diese Zusammenstellung
unter sorgfältiger Heranziehung der zahlreichen angegebenen
Bibelstellen zu st u d i e r e n, wird wirklichen Nutzen und inneren
Gewinn davon haben.
i.XXXl d
Die nachstehenden Zeilen sind niedergeschrieben worden
in Beantwortung einer an den Schreiber gerichteten
Bitte, eine Darstellung dessen geben zu wollen, was er
glaube. Dabei aber wurde dem Bittsteller gesagt, daß der
Schreiber niemals ein Glaubensbekenntnis, auch kein von
ihm selbst aufgestelltes, unterschreiben werde, nicht unterschreiben
könne, weil alle menschlichen Feststellungen
der Wahrheit weit, weit hinter der Schrift zurückblieben,
selbst wenn alles dem geschriebenen Worte unmittelbar
entnommen würde. In dieser Überzeugung hat die Niederschrift
den Schreiber nur noch mehr befestigt.
Zn erster Linie können wichtige Punkte ausgelassen
oder andere eingefügt werden, die besser nicht da wären.
Und selbst vorausgesetzt, daß alles in Ordnung wäre, würde
das Geschriebene doch immerhin mehr einem gemachten
Baume gleichen als einem gewachsenen. Wie
226
Lin «Sott
und di«
gdttlich«
Sreieinheit
ganz anders ist es mit dem Wort! Das Wort gibt die
Wahrheit in ihren lebendigen Wirkungen. Es gibt in Verbindung
mit Gott, in Verbindung mit dem Menschen, mit
dem Gewissen, mit dem göttlichen Leben, und das ist etwas
ganz anderes. Um zu unserem Bilde zurückzukehren: Eine
solche Niederschrift ist nicht der gewachsene Baum, sondern,
wenn auch alles darin enthalten ist, doch nur ein Haufe
in Bündel gebundener Hölzer. Dennoch hatte der Schreiber
kein Bedenken, die gestellte Frage zu beantworten und das,
was er glaubt, niederzuschreiben. Aber, wie gesagt, das
Nachstehende wird dargeboten mit der tiefen Überzeugung
von der Unvollkommenheit jeder menschlichen Zusammenstellung
der Wahrheit, und in dem Bewußtsein, daß noch
vieles mehr da ist, was gelehrt werden könnte und sollte.
Jedenfalls aber kann er von dem Dargebotenen sagen:
„Dies glaube ich. Das sagt mir die Schrift."
Die Schrift sagt mir, daß es einen lebendigen Gott
gibt *), der uns in Christo völlig geoffenbart worden?) und
durch Ihn als Vater, Sohn und Heiliger Geist bekannt
gemacht worden ist^), und zwar in der Einheit der Gottheit^),
obwohl geoffenbart als unterschiedlich wollend^),
wirkend^), sendend, gesandt?), kommend^), austeilend?),
oder in anderer Weise handelnd; oder, wie man sich gewöhnlich
ausdrückt, da sind drei Personen in einem
Gott, oder Drei einheit in Ein heit. Gott ist der Schöp-
1) z. Tim. 2, 5; z, ;o u. a. St. S) Ioh. z8. S) Matth.
3, zs. z7; 28, z9; Lph. 2, z8. t) Ioh. 5, z9; z. Kor. z2,
6. «) Ioh. 6, 38—-HO; Ioh. 5, 2t; z. Ror. z2, zz. -) Ioh. 5,
^7; i.Ror. ;2, U- ') Ioh. 26; ;5, 26; 5, 2^.37; I.petr.
l, (2; l- b) Ioh. ^3, 26; ^6, 7. 8. ^3. »)
l- Ror. z2,
227
fer aller Dinge; aber der Schöpfungsakt wird persönlich
dem Worte und dem Sohne beigemessen, sowie der Wirksamkeit
des Geistes Gottes?)
Die Schrift sagt mir, daß das Wort, welches bei Gott
und welches Gott war, Fleisch wurde und unter uns wohn- AAA""
te2), indem der Vater den Sohn sandte als Heiland der
Welt?) Er ist als der Christus von einem Weibe geboren E«>isr«tt
worden^), durch die Kraft des Heiligen Geistes, der über
die Jungfrau Maria kam?) Er war wahrer Menschs),
ohne Sünde?) In Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit
leibhaftig?) Er ist der verheißene Same Davids dem
Fleische nach^), der Sohn des Menschen") und der Sohn
Gottes"), als Sohn Gottes in Kraft erwiesen dem Geiste
der Heiligkeit nach durch Toten-Auferstehung"), eine
hochgelobte Person, Gott und Menschs), der Mensch Christus
Jesus"), der gesalbte Mensch"), Jehova, der Netter
(Heiland)?«)
Die Schrift sagt mir, daß Jesus Christus für unsere
Sünden gestorben ist nach den Schriften"), nachdem Er «csrii«
einmal in der Vollendung der Zeitalter geoffenbart worden
ist zur Abschaffung der Sünde durch Sein Opfer"),
daß Er unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze
i) s. Mose s, s—2; Hiob 26, (3; Joh. s, s—3; Rol. s,
(6; Hebr. s, 2. Joh. s, s. 2. s-s. s) s. Ish. 4, sh. Gal.
4, 4. °) kuk. s, 35. °) Phil. 2, 7; Hebr. 2, sh. (7; s. Joh.
2; 2. Joh. 7. ?) kuk. s, 35,- s. Joh. 3, 5. ») Rol. 2, 9.
°) Röm. s, 3; Apstgsch. 2, 30; (3, 23; 2. Tim. 2, 8. ") Matth.
(6, (3 u. a. St. ") Joh. l, (8. 34 u. a. St. Röm. s, 4.
") Phil. 2, 6—(0; 2. Ror. 5, 49—2s; Hebr. s u. 2; s. Joh.
2, 23—3, 3; 5, 20; Gffbg. 22, s2. s3; Joh. s, s. s4; 8, 58
u. v. a. ") s. Tim. 2, 5. ») Apstgsch. sO, 38. ») Matth, s, 2s.
Das Vort Christus oder Messias bedeutet gesalbt, und Jesus oder
Josua: Jehova (oder Iah), der Retter. s. Ror. (5, 3.
Hebr. 9> 26.
228
St- Voll»
komm-n»
h-it de»
Verles
Lhrtsti
Sie
lkrsmoeite
de» Verles
Lhrtsti
getragen hat, indem Er, der Gerechte, für die Ungerechten
litt, auf daß Er unö zu Gott führet, und daß Er unsere
Gerechtigkeit vor Gott ist?)
Ferner sagt mir die Schrift, daß Gott also die Welt
geliebt hat, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf
daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern
ewiges Leben habe^), aber daß zu diesem Zweck, da Gott
ein gerechter und heiliger Gott ist, der Sohn des Menschen
auf daö Kreuz erhöht werden mußte?) Dort am Fluch-
holze hat Er selbst unsere Sünden an Seinem Leibe getragen^),
dort wurde Er, der Sünde nicht kannte, für uns
zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit
würden in Ihm?)
Die Schrift sagt mir, daß Jesus Christus eine ewige
Erlösung erfunden hat?), daß durch Sein Opfer die
Sünden aller derer, die an Ihn glauben, ein für allemal
abgewaschen sink?), und daß durch den Glauben an Ihn
auch ihre Gewissen gereinigt sind?) Gott gedenkt nie mehr
ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten.") Ferner empfangen
sie als von Gott Berufene die Verheißung des ewigen
Erbes.") Auf immerdar vollkommen gemacht, haben
sie schon jetzt Freimütigkeit zum Eintritt in das Heiligtum
durch Sein Blut, auf dem neuen und lebendigen Wege,
welchen Er uns eingeweiht hat.")
Die Schrift sagt mir, daß der Herr Jesus Christus
für alle gestorben ist, daß Er sich selbst gegeben hat zum
Lösegeld für alle, und daß Er Sühnung getan hat für un-
') z.petr. 2, 2-z; 3,^8. t-Uor. t, 30; hebr. 9, 2^.
°) Ioh. 3, tS. >h. 3, t-l. l5> °) t-petr. 2. 2-^. °) 2. Ror.
5, 2t. ') Hebr. 9, t-l- stebr. 9,22; t». 2. °) Hebe.
9, tH; lv, 2- r°) chebr. zo, t7. ") kjebr. 9, z5. i-) Hebr. tO,
l-l- l9- 20.
22Y
sere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern
auch für die ganze Welt?)
Die Schrift sagt mir, daß Er aus den Toten aufer- AAA,
standen ist-), auferweckt durch Gott, durch die Herrlich-
keit des VatersH, daß Er auferstanden ist in der Kraft «rsE«
Seiner Person und hinaufgestiegen in die Höhe?), nachdem
Er „durch sich selbst die Reinigung der Sünden bewirkt
hat", und daß Er dort zur Rechten Gottes sitzt?)
Die Schrift sagt mir, daß nach Christi Himmelfahrt
der Heilige Geist auf die Erde herabgesandt worden ist,
damit Er in Seinem Volk einzeln und gemeinsam wohne,
so daß sie in beiderlei Hinsicht der Tempel Gottes sind?)
Die, welche geglaubt haben, sind versiegelt?) und gesalbt s>Lu»i»rn
mit diesem Geiste?) Durch Ihn ist die Liebe Gottes ausgegossen
in ihre Herzei?), und sie haben nicht einen Geist der
Knechtschaft empfangen, sondern den Geist der Sohnschaft,
in welchem sie rufen: Abba, Vater!?")
Die Schrift sagt mir, daß die Gläubigen nach der Er,
göttlichen Unterweisung Gottes Sohn aus den Himmeln
erwarten??) Sie haben die Verheißung, daß sie nie ver- »«»««rn
loren gehen werden, und daß niemand sie aus der Hand
Christi rauben wird??), sondern daß Gott sie befestigen
r) 2. Ror. 5, t^,' z.Tim. 2, 6; z.Ioh. 2, 2. -) t-Ror.
t5,20; Matth. 28, 6 u. v. a. St. -) Apstasch. 3, Ioh. 2, t9'.
Röm. 6, -t; Lph. t, 20. i) Mark. t6, t§; Cuk. 2H, 5t; Lph. -t,
8—tO u. a.St. °) tsebr. t, 3: t0, t2; Lph. t, 20. 2t u. a. St.
b) Iah. t6, 7; 7, 3s>; Röm. 8, s>; der Vater sendet: ?oh. t^l, 26;
Christus sendet vom Vater: Ioh. t^t, s6. t?-26; Röm. 8, tt:
t. Uor. 6, t9: 3, l6; Lph. 2,22; t-Aor. t2, t3; Lph. 5, 30;
t, 23 u. a. St.H Lph. t. s3; 2. Lor. t, 22. b) 2. Ror.t, 2t;
t. ?oh. 2, 20 u. 27. s) Röm. 5, 5. ") Röm. 8, t§- s3; Gat. -t,
S; >h. t^,20. ") t-Thess. t, t0; Tit. 2, t2. t3; kuk. t2,
35—37. ))oh. tv, 28.
230
wird bis ans Ende, damit sie untadelig seien an dem Tage
ihres Herrn Jesus Christus?)
Die Schrift sagt mir, daß Christus wiederkommen
»«s» Lhriiu wird, um Seine durch Sein Blut Erkauften zu sich zu neh-
rlufnshm! men?) Dabei wird Er die Seinigen auferwecken oder, falls
, .der sie noch leben, verwandeln, indem Er ihre Leiber zur
Gleichförmigkeit mit Seinem verherrlichten Leibe umgestalten
wird, nach der Kraft, mit der Er vermag, sich alle
Dinge zu unterwerfen?) Die von ihnen, welche vorher
starben, weilen bis zum Auferstehungstage bei Ihm im
Paradiese?)
seicht Die Schrift sagt mir, daß Gott einen Tag gesetzt hat,
der w«ie an dem Er diesen Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird
durch einen „Mann", den Er dazu bestimmt hat, wovon
Er allen Menschen den Beweis gegeben hat, indem Er
Ihn aus den Toten auferweckte?) Dieser „Mann", unser
Herr Jesus Christus, wird am Ende auf dem großen weißen
Throne sitzen und die Toten, vornehm oder gering,
richten?)
Un^rrb, Die Schrift sagt mir, daß, während Gott allein in
drr S-«I- und durch sich selbst Unsterblichkeit ha?), die Engel dem
Tode nicht unterworfen sint?), und daß der Tod eines
Menschen, sei er gottlos oder wiedergeboren, das Leben
seiner Seele nicht berührt, sondern daß alle, wenn auch
gestorben, Gott leber?), und daß die Bösen ebensowohl
auferweckt werden wie die Gerechten.^)
r) z.Ror. z, 7-9. -) Ioh- 3. °) s. Thess. (6. z7;
z. Ror. z5, 22. 23. 5z. 52; Phil. 3, 2V. 2z. t) 2. Aar. 5, 8;
Luk. 23, H3; Apstgsch. 7, 59. °) Apstgsch. z7, 3z. °) Gffbg. 20,
iz. z2. ') z. Tim. 6, zs. S) Luk. 20, 36. S) Luk. z2, 4. 5;
Matth, zo, 28; Luk. z6, 23; 20, 38. ") Ioh- 5, 28. 29;
Apstgsch. 2§, z5.
— 231 —
Die Schrift sagt mir, daß ein jeder von uns für sich vAdnUch«
selbst Gott Rechenschaft gebens, und daß er empfangen
wird, waS er in dem Leibe getan bat, es sei Gutes oder Bö- r«o«n -
seS?) Wie der Gerechte ewiges Leben ererbt«), so wird der d-mmni«
Gottlose gestraft werden mit ewigem Verderben vom Angesicht
des Herrn. Er wird hingehen in die ewige Pein
und in den Feuersee geworfen werden, der bereitet ist dem
Teufel und seinen Engeln?)
Die Schrift sagt mir, daß der Mensch, um in das
Reich Gottes einzugehen, von neuem, aus Wasser und a«vurt
Geist, geboren werden muß«), da er von Natur tot in Sünden
und ein Kind des Zorns ist.«) Der Same der Wiedergeburt
ist Gottes Wort?) Durch den Glauben wird der
Mensch ein Kind Gottes?)
Die Schrift sagt mir, daß der Gott und Vater unse- s«Lhrist-
res Herrn Jesus Christus uns in Ihm auserwählt hat vor Wl^vor
Grundlegung der Welt, damit wir heilig und tadellos vor
Ihm seien in Liebe?)
Die Schrift sagt mir, daß die Gläubigen errettet und
gerechtfertigt sind durch Glauben an Christum Jesum, r«chtigr«tt
kraft dessen ihnen Gerechtigkeit zugerechnet wird?«) Christus,
der gehorsam war bis zum Tode, und der auf dem
Kreuze ein vollkommenes Werk für sie vollbracht hat"),
ist jetzt ihre Gerechtigkeit geworden^), und „wir find Got-
1) Röm. tl. t2. 2) 2. Ror. 5, tO. °) Röm. 6, 22. 23:
Matth. 25. 16. t) Matth. 25. 1t; 2. Thess. t, 7-9; Matth.
25, 16; Gffbg. 20, sS. ö) Joh. 3. 3 u. 5. °) Lph. 2, t u. 3;
2. Ror. 5, t1> ') Iak. t. sS; t- Petr. t. 23. ») Gat. 3. 26.
») Lph. t, 4- ") Röm. 5, t- 2; Gal. 3, tl- tl- 21—26; Röm.
1. t6; Lph. 2. 8; 2. Ror. 5. 7; Gal. 2, 20; Hebr. tl.
Apstgsch. t3, 3Z; Gat. 3, 6. 9; Röm. 1, 21- 25 u. v. a. St.
") Phil. 2. 8; Joh. s7, 1; ffebr. 7, 27; 9, 25—28; sO, s2.
t8. ir) t- Ror. t, SO.
2Z2
-esu» und
dl« Ver»
ssmmlung
IGeineinde
- ecclesls.
S«r
Gläubige -
«In Mrnseh
„In
Christo"
tes Gerechtigkeit geworden in Ihm"?) Wie Sein kostbares
Blut uns von aller Sünde reinigt, so sind wir persönlich
annehmlich gemacht in dem Geliebten?), und wie
durch des einen Menschen (Adam) Ungehorsam die vielen
in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so
werden durch den Gehorsam des Einen (Christus) die
Vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt?)
Die Schrift sagt mir, daß Jesus Christus die Versammlung
(Gemeinde — ecclesia) geliebt und sich selbst
für sie hingegeben hat, auf daß Er sie heilige und reinige
durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, damit Er
sie sich selbst als eine verherrlichte Gemeinde darstelle, die
weder Flecken noch Runzel noch etwas dergleichen habe?)
Die Schrift sagt mir, daß die, welche den Heiligen
Geist empfangen haben, sich der Tatsache bewußt sind,
daß sie „in Christ o" sind, und Christus in ihnen. Sie
wissen, daß nicht nur Er in Gottes Gegenwart für sie erscheint
als ihr großer Hohepriester und Sachwalter, sondern
daß sie „in Ihm" sind, der zur Rechten Gottes sitzt?)
Sie sind in Gottes Augen der Sünde gestorben und sollen
sich auch selbst dafür halten, da sie den alten Menschen
ausgezogen und den neuen angezogen haben. Sie leben
Gott in Christo Jesu (Christus ist ihr neues Leben). Sie
sind der Welt gekreuzigt und dem Gesetz gestorben?) Wenn
nun die Gläubigen in Christo sind, und Christus in ihnen
ist, so sind sie berufen, das Leben Jesu an ihrem sterblichen
Fleische zu offenbarer?) und so zu wandeln, wie Er gewan-
2. Ror. 5. 2z. -) Lph. z, 6. °) Röm. 5, zy. Lph.
5, 25—27. °) Lph. 2, 6; tzebr. 9, 2-z; zo, z2. °) Rol. 3, 3.
-z. 9. zo; Röm. 6, 6. ll; Gal. 2, 20; 6, zq. 7) Ioh. z-z, 20;
Röm. 8, zo; 2. Ror. zo.
— 2ZZ —
delt hat *), indem Gott sie in die Welt gestellt hat als
Briefe Christi?), dessen Gnade ihnen genügt, und dessen
Kraft in ihrer Schwachheit vollbracht wird?)
Die Schrift sagt mir, daß Christus, als Er in die
Höhe Hinaufstieg, Gaben empfing für die Menschen, zur
Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für
die Auferbauung deö Leibes Christi, und daß aus Christo
der ganze Leib, wohlzusammengefügt und verbunden durch
jedes Gelenk der Darreichung, für sich das Wachstum des
Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe?) Außerdem
sagt mir die Schrift, daß es in der Versammlung
(Gemeinde) Ämter (Aufseher, Älteste und Diener) gibt,
zur Bedienung der Gläubigen und zur Ordnung äußerer
Angelegenheiten?)
Die Schrift sagt mir, daß der Herr zwei feierliche
Bräuche oder Verordnungen hinterlassen hat, die beide
auf Seinen Tod Bezug haben, der eine einleitend und einmalig,
der andere sich ständig wiederholend in der Kirche
Christi — Taufe und Abendmahl (Mahl deö Herrn)?)
Die Schrift sagt mir, daß jede Versammlung Gottes
durch eine wortgemäße Ausübung der Jucht gebunden ist,
sich rein zu erhalten in Lehre und gottseligem Wandel?)
Die Schrift sagt mir, daß, wie die Gnade und unum-
- t) s. Ioh. 2, 6. 2) 2. Lor. 3, 3. 2) 2. Lor. s2, 9- r) Lph.
6—s3; Apstgsch. 2, 33; s. Lor. s2, 28; Röm. s2, 6;
s. Petr, q, sO. ss; Matth. 25, s-s; Luk. s9, s3. °) Apstgsch. 6,
s—6; 20, 28; s. Tim. 3, s —sO. s2. s3; 5, s7; Tit.
l, 5—9: Jak. 5, s-s; s. Petr. 5, s—-s. «) Matth. 28, s9;
Mark, s6, s6; Apstgsch. 2, 38; 8, s2. s6. 36; 9, s8; Lph. -s,
5; s. Lor. s, s7; s. Petr. 3, 2s; Röm. 6, 3; Lol. 2, s2;
Matth. 26, 2S—28; Mark, s-s, 22. 23; Luk. 22, s9. 20;
s. Lor. ss, 23—26; sO, s-s—s7. ') Lsebr. s2, s5—s7;
s. Tim. 3, sS; Tit. 3, sO. ss; s. Lor. 5, 7. s3.
Gaben un
Ämter in
der Ver»
fammlung
sGemeind«
Tauf« und
Abendmahl
Sie Ver,
fammlung
lGemetnd«!
und di«
Sucht
St« chrtstl.
Nachfolge
2Z4
Si«
Heillguna
nach
d«r Schrift
LHristi. LH«
Christlich«
Lindere
«rjiehung
schränkte Liebe Gottes die Quelle und der Ursprung aller
Segnung sind'), wir der beständigen Abhängigkeit von jener
Gnade bedürfen, um Ihm nachfolgen und zu Seiner
Verherrlichung wandeln zu können, indem Er uns ein Beispiel
hinterlassen hat, auf daß wir Seinen Fußstapfen fol­
gen?)
Die Schrift sagt mir, daß die Gläubigen geheiligt
oder für Gott abgesondert sind durch Gott, den Vater,
mittelst des ein für allemal geschehenen Opfers Jesu Christi,
sowie durch die Wirksamkeit und Kraft des Heiligen
Geistes mittelst der Wahrheit, so daß alle Christen Heilige
sind?) Ferner sagt sie mir, daß wir in unserem praktischen
Zustande nötig haben, der Heiligkeit nachzujageitt) und
heranzuwachsen zu dem Maße des vollen Wuchses der
Fülle des Christus, indem wir in Sein Bild verwandelt
werden, dem wir bald in Herrlichkeit völlig gleichgestaltet
werden sollen?)
Die Schrift sagt mir, daß die Ehe von Gott eingesetzt
ist?)
Die Schrift sagt mir, daß es die Pflicht des Gläubigen
ist, seine Kinder in der Jucht und Ermahnung des
Herrn zu erziehen?)
1) Joh. 3, 16. 2?; z. Lor. 2, 12; 4. ?; Lph. 2, 7—10;
Tit. 2, H- 2) Ioh. ^5, 5,- Phil. 2, 12. 13; 1. Thess. 5, 17;
Röm. 12, 12; Luk. 18, 1; 2. Petr. 1, 5—10 u. v. a. St.;
Joh. 8, 12; 10, 4; 12, 26; 17, 10; 2. Lor. 5, 15; 1. Lor.
6, 19. 20; Röm. 14, 7. 8; 1. Lor. 10, 31; Lol. 3, 17; 1. Joh.
2, 6; 1. Petr. 2, 21- s) ^ud. Hebr. 10, 10; 2. Thess. 2,
13; 1. Lor. 6, 11; Joh. 17, 17. 19; 1. Petr. 1, 22; Röm. 1,
7; 1. Lor. 1, 2; Lph. 1, 1 u. a. St. «) Hebr. 12, 14; 2. Petr.
3, 14. °) Lph. 4, 13. 15; 2. Lor. 3, 18; 1- Joh. 3, 2. 3;
Lph. 4, 1; Lol. 1, 10; 1. Thess. 2, 12; 5, 23. °) 1. Mose 2,
21—25; Matth. 19, 4—6; Lph. 5, 22—31; Lol. 3, 18. 19.
?) Lph. 6, 1—4; Lol. 3, 20. 21; Matth. 19, 13—15.
— 2ZS —
Die Schrift sagt mir, daß die Obrigkeit von Gott verordnet
ist zum Schutze der das Gute Übenden und zur
Bestrafung der Übeltäter. Der Gläubige ist daher gehalten,
um des Herrn willen ihr die gebührende Ehre zu geben,
Steuern zu entrichten, allen ihren Anordnungen Gehorsam
zu leisten, es sei denn, daß sie etwas befiehlt, was dem
Worte GotteS ausdrücklich zuwiderläuft, sowie ernstlich
und anhaltend für sie zu beten?)
Durch das Beispiel und die Autorität des Herrn und
Seiner Apostel weiß ich, daß die Schriften des Alten und
Neuen Testaments von Gott eingegeben und aufzunehmen
sind als das Wort Gottes, dem Seine Autorität aufgedrückt
ist, und das in uns, den Glaubenden, wirkt?) Weiter
sagt mir die Schrift, daß das Zeugnis des Herrn zuverlässig
ist, indem es den Einfältigen weise macht und die
Gedanken und Gesinnungen des Herzens beurteilt, und
daß die Schriften nicht durch menschliche Weisheit verstanden
werden, sondern durch göttliche Belehrung, weil sie
geistlich beurteilt und, durch den Geist geoffenbart, mitgeteilt
und beurteilt werden?)
1) Röm. zz, t—7; t- Petr. 2, t3. t4; Matth. 22, t?
bis 2t; z. Tim. 2, t- 2. §) Matth. q, 7. tv; Luk. 2H, 25
bis 27. §6; Ioh. 5, 39; tv, 35; Matth. 5, t7. t8;
Ioh. 20, 9; Matth, t, 22. 23 und eine Anzahl anderer Stellen.
Matth. 26, 5-t; 2. Petr, t, 20. 2t; Gal. 3, 8; 2. Tim. 3,
t-t—t7; t- Thess. 2, t3; t- Ror. t5, 2. 3; 2, t3; t§. 36.
37; Röm. t6, 26. Hier sind es nicht „die Schriften der Propheten",
d. h. es sind wohl Schriften, aber neutestamentliche, nicht
alttestamentliche. 2. Petr. 3, t6. ps. t9> Hebr. t2.
t3; Luk. 2-t, -t5; t- Rar. 2, t0; t- Ioh. 2, 20. 27; Ioh. 6,
^5; t- Ror. 2, t2—t§-
Ser ryrist
und di«
Obrigkeit
Si« Zn,
spirstton
2Z6
Sie „Armen im Geiste"
Etwas zu sein, ja, sogar wie Gott zu sein, war die
Lockspeise, mit der Satan den Menschen im Paradiese köderte.
Der Mensch fiel in die fein gelegte Schlinge, und das
genossene Gift hat seine Wirkung nicht verfehlt. Der Hochmut
hat in den Herzen aller Nachkommen Adams tiefe
Wurzeln geschlagen. Etwas zu sein, ist deshalb seit dem
Sündenfall mehr oder weniger das Bestreben aller Menschen,
ein Streben, das sogar ganz allgemein als richtig
anerkannt und geschätzt wird. Gott jedoch denkt anders
hierüber. „Was unter den Menschen hoch ist, ist ein Greuel
vor Gott", sagt die Schrift. Gott „widersteht dein Hochmütigen",
und ein Tag wird kommen, an dein „der Hochmut
des Menschen gebeugt und die Hoffart des Mannes
erniedrigt werden wird". Der einzige dem Menschen Gott
gegenüber geziemende Platz ist im Staube, sein passender
Herzenszustand die Sprache des Psalmisten: „Jehova!
nicht hoch ist mein Herz, noch tragen sich hoch meine Augen".
(Ps. l3r, r.)
In der Bergpredigt nennt der Herr die, welche sich
in einem solchen Herzenszustand befinden, „die Armen im
Geiste". Er preist sie „glückselig" und fügt hinzu, daß „i h-
r e r das Reich der Himmel" sei.
Da über den Ausdruck „Reich der Himmel" vielfach
Unklarheit besteht — viele verstehen darunter gar den
Himmel selbst —, seien einige kurze Bemerkungen über
diesen Gegenstand vorauögeschickt.
Der erwähnte Ausdruck kommt nur bei Matthäus
vor, jenem Evangelisten, der sich in bemerkenswerter Weise
237
den Bedürfnissen der Juden anpaßt. Deshalb wohl auch
diese eigenartige, dem Propheten Daniel entnommene Bezeichnung.
Daniel spricht davon, daß die Himmel regieren
werden. Schon im zweiten Kapitel seines Buches ist
die Rede von einem Königreich, das der Gott des
Himmels aufrichten, und das ewiglich nicht zerstört
werden würde, und im siebenten Kapitel sieht der Prophet
„in Gesichten der Nacht" „einen wie eines Menschen
Sohn" mit den Wolken des Himmels kommen, welchem
jenes Königtum übergeben werden soll. Ihm, dem
„Sohn des Menschen", wird die Herrschaft deö Himmels
über die Erde anvertraut, eine Herrschaft, die Er einmal
in Verbindung mit dem Volk Israel, dessen Messias Er
zugleich ist, ausüben wird.
Als die von Gott vorgesehene Zeit gekommen war,
trat zuerst der Vorläufer des Messias, Johannes der Täufer,
auf und kündigte die nahe Ankunft dieses Reiches an.
In großer Kraft legte er Zeugnis davon ab, daß der Messias
da sei und im Begriff stehe, geoffenbart zu werden,
„Seine Tenne durch und durch zu reinigen. Seinen Weizen
in die Scheune zu sammeln, die Spreu aber zu verbrennen
mit unauslöschlichem Feuer". (Vergl. Matth. 3,12.) Aus
diesem Grunde forderte Johannes aufs ernstlichste zur
Buße auf.
Nachdem der Dienst des Täufers erfüllt war — er
endete mit seiner Gefangensetzung —, trat Jesus selbst auf
und predigte das Reich. Zeichen und Wunder bestätigten,
daß Er wirklich der von Gott gesandte König des Reiches
war. (Vergl. Matth. 4, 23. 24.) Als Ihm nun große
Volksmengen folgten (V. 25), alle gespannt darauf, Jesum
zu hören, entfaltete der Herr in der Bergpredigt
238
(Matth. 5—7) die Grundsätze, welche die sittliche Grundlage
Seines Reiches bilden sollten. Zugleich gab Er Charakter,
Stellung und Verhalten aller derer bekannt, welche
die wahren Söhne deö Reiches sein sollten. Der Herr
spricht in dieser wunderbaren Predigt als der Messias der
Juden; doch geht aus der Art Seines Redens deutlich Seine
bevorstehende Verwerfung als König Israels hervor,
eine Verwerfung, die wir bereits in der Gefangensetzung
Seines Vorläufers angedeutet finden.
Infolge dieser Verwerfung des Königs durch Sein
Volk konnte das Reich der Himmel nicht in der von den
Propheten angekündigten machtvollen und herrlichen
Form, nämlich in Seiner sichtbaren Herrschaft auf der
Erde und über die Erde, aufgerichtet werden. Diese Aufrichtung
ist einer späteren Zeit vorbehalten. Dennoch aber
besteht das Reich der Himmel, nur in einer anderen,
man möchte sagen, geheimnisvollen Form (vergl. Matth.
13, 11), als ein Reich, dessen König zwar den irdischen
Bereich desselben verlassen hat, in den Himmel zurückgekehrt
ist und dort Seinen Wohnsitz genommen hat, das
Er aber deswegen doch nicht sich selbst überlassen hat. Seit
der Himmelfahrt Christi wird dieses Reich vom Himmel
aus regiert. Noch heute ist das der Fall, und dieser Zustand
wird währen bis zu dem Augenblick, wo der auf Erden
verworfene König des Reiches in Macht und Herrlichkeit
vom Himmel herniedersteigen und Sein Reich als Sohn
des Menschen errichten wird, gemäß der Prophezeiung Daniels
(Kap. 7).
Die Tatsache des Bestehens deö „Reiches der Himmel"
bis zur Jetztzeit hat zur selbstverständlichen Folge,
daß seine in der Bergpredigt verkündigten Grundsätze
2ZY
auch heute Geltung haben trotz der Verwerfung und Abwesenheit
seines Königs?) Das gleiche gilt von den Charakterzügen,
welche die Söhne des Reiches kennzeichnen sollen,
sowie von dem für sie angemessenen Verhalten in der
Welt. Die in der Bergpredigt niedergelegten Charakterzüge
und Vorhaltungen entsprechen ja im allgemeinen
dem Charakter, der Stellung und dem Verhalten des vom
Himmel auf die Erde gekommenen Christus selbst. Sie
sind also auch für die Gläubigen der Jetztzeit bindend,
denn Er ist für sie das vollkommene Muster bezüglich ihres
Verhaltens und ihrer Stellung im „Reiche der Himmel".
Die Bergpredigt beginnt mit den sogenannten Seligpreisungen.
Die erste, in welcher der Herr „die Armen im
Geiste" glückselig preist, bildet eine Art Grundlage für die
acht folgenden, indem sie den Grundcharakter aller derer
angibt, welche Söhne des Reiches sind. Diese sind sich ihres
Nichts bewußt. Zn Matth. 18, Z, wo es sich auch um
das Reich der Himmel handelt, findet man etwas Ähnliches.
Dort sagt der Herr zu Seinen Jüngern: „Wenn ihr
nicht umkehret und werdet wie die Kindlein, so werdet ihr
nicht in das Reich der Himmel eingehen". Die Gesinnung
eines Kindes, das nichts von sich hält, und das gänzlich
von anderen abhängig ist, ist die rechte, dem Reich der
Himmel angemessene Gesinnung. Sie ist das gerade Gegenteil
von der Gesinnung, die der erste Mensch offenbarte,
als er sein wollte wie Gott. Es ist im Grunde genommen
die Gesinnung Christi, der, obwohl Er in Gestalt Got-
*) wenn der „Sohn des Menschen" einmal Sein Reich in
Macht und Herrlichkeit errichtet haben wird, dann wird die Erde
auch nach diesen Grundsätzen regiert werden.
240
tes war, sich selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt
annahm.
„Arm im Geiste sein" ist die Art, die mehr oder weniger
alle kennzeichnen muß, die mit Gott in Verbindung
gebracht sind. Im Licht Gottes kommt man zur Einsicht
darüber, daß man selbst nichts, und daß der geziemende
Platz Ihm gegenüber im Staube ist. Vor Gott kann kein
Fleisch sich rühmen. Als David in das Zelt ging, das er
für die Bundeölade errichtet hatte, und sich vor Jehova
niedersetzte, war sein erstes Wort: „Wer bin ich, Herr,
Jehova, und was ist mein Haus, daß du mich bis hierher
gebracht hast?" Und diese Erkenntnis des eigenen Nichts
ging gepaart mit dem Verständnis von Gottes Größe:
„Darum bist du groß, Jehova Gott! denn niemand ist dir
gleich". (2. Sam. 7, 48. 22.) Etwas Ähnliches finden wir
bei Salomo, dem Sohne Davids. Als Jehova ihm im
Anfang seiner Regierung zu Gibeon erschien, erkannte er
— obwohl es im Traum war —, wie gering er vor Gott
war, und bekannte: „Ich bin ein kleiner Knabe, ich weiß
nicht aus- und einzugehen". (4. Kön. Z, 7.) „Herr, gehe
von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch", so rief
Petrus aus, als er die göttliche Größe und Macht Jesu in
dem wunderbaren Fischzug geschaut hatte. Ja, in der Gegenwart
Gottes wird man klein. Da sieht man die eigene
Armut, Kraftlosigkeit und Unwürdigkeit.
Dem Menschen ist seiner Natur nach nichts mehr zuwider,
als „arm im Geiste" zu sein. Er ist in seinen eigenen
Augen „reich" und „bedarf nichts". Während er auf „sein
Recht" pocht, ist ihm „Gnade" zuwider. Lieber wählt er ein
Wort wie: „Tue Recht und scheue niemand!" zum Wahlspruch,
denn das entspricht dem Stolz des Menschen. Im
241
allgemeinen wird der in der Welt geachtet, der „sich durch-
zusetzen weiß" und seine Rechte bis aufs äußerste vertritt.
„Das lasse ich mir nicht bieten!" kann man immer wieder
von Leuten sagen hören, die sich in ihren Rechten beeinträchtigt
und in ihrer Ehre gekränkt fühlen. Alles dreht
sich um die eigene Person. An die Rechte und die Ehre deö
Nächsten denkt man wenig, und noch weniger hat man
Gottes Rechte über sich und Seine Ehre im Auge. Ein treffendes
Beispiel hierfür bietet Kain. Dieser Mensch hatte die
Rechte seines Bruders mit Füßen getreten, ihn ohne Grund
gehaßt und schließlich ermordet. Von Gott zur Rede gestellt,
antwortet er Ihm mit trotziger Ablehnung.
Wir sagten vorhin, daß der Mensch, der in Gottes
Licht kommt, notwendigerweise sein eigenes Nichts erkennen
müsse. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß ein solcher
in dieser Herzensstellung bleibt. Er kann den Platz im
Staub vor Gott eingenommen, sein Nichts erkannt und
Buße getan haben und dabei doch mit der Zeit wieder eine
Gesinnung offenbaren, die dem Stolz und Hochmut der alten
Natur entspricht. Macht sich nicht auch bei wahren
Gläubigen gar leicht ein Geist des Selbstbewußtseins und
der Überheblichkeit bemerkbar? Das ist dann das Gegenteil
von „arm sein im Geiste". Man fühlt sich in Wirklichkeit
nicht arm und klein und ist gar sehr auf die eigene
Ehre bedacht. Man offenbart nicht die für einen Bürger
des Reiches der Himmel passende Gesinnung. Man ist,
ach, so wenig seinem Herrn und Meister ähnlich, der
„sanftmütig und von Herzen demütig war" und „sich
selbst zu nichts machte". Dadurch wird dann nicht nur der
Herr betrübt, den man doch liebt, sondern man hat selbst
den größten Schaden von einer solch hochmütigen Herzens
242
stellung. Man verliert den süßen Genuß der Gemeinschaft
mit Gott, denn Der, welcher „in der Höhe und im Heiligtum
wohnt", wohnt auch „bei dem, der zerschlagenen und
gebeugten Geistes ist", und man sieht nicht mehr das Antlitz
Dessen in Freundlichkeit auf sich gerichtet, der gesagt
hat: „Auf diesen will ich blicken: auf den Elenden und den,
der zerschlagenen Geistes ist". (Vergl. Jes. 57,15; 66,2.)
Ein Hiob war nicht arm im Geiste, als er ein über das
andere Mal sagte: „Ich, ich, ich". (Kap. 24—31.) Konnte
er dabei anders als tief unglücklich sein? Ach, er genoß
in dieser Verfassung die Nähe Gottes nicht mehr. Er
wünschte zwar, „Ihn zu finden", er verlangte danach, „bis
zu Seiner Wohnstätte zu gelangen", hatte aber das Empfinden,
daß „der Allmächtige nicht mehr mit ihm war",
daß „Seine Leuchte nicht mehr über seinem Haupte scheine".
Das dauerte so lange, bis Gott ihn selbst in Seine
Gegenwart stellte, und er dahin kam, zu sagen: „Nun hat
mein Auge dich gesehen". Da brach er zusammen. Da bekannte
er: „Darum verabscheue ich mich und bereue in
Staub und Asche". Und da, als er, so im Staube liegend,
wieder zu Gott flehte, nahm Gott ihn wohlgefällig an, und
er durfte, wie Elihu ihm vorausgesagt hatte, „Sein Angesicht
schauen mit Jauchzen".
Gott sei Lob und Dank, daß Er die Seinigen nicht
läßt, wenn sie dem Hochmut ihrer Herzen Raum gegeben
und vergessen haben, daß sie nichts sind! Gott sei Dank,
daß Er sie, wenn es nötig ist, zerschlägt, damit sie innerlich
zusammenbrechen und den Platz, der sich für sie geziemt,
wieder in Demut vor Ihm einnehmen! Dann kann Er heilen,
„die zerbrochenen Herzens sind", kann ihre Wunden
verbinden, und die Herzen werden wieder glücklich in dem
243
Genuß Seiner Gemeinschaft. Doch wie gesegnet eine solche
Wiederherstellung auch sein mag, ist es nicht weit gesegneter,
den vor Ihm passenden Platz nicht zu verlassen,
„arm im Geiste" zu bleiben? Das beste Mittel dazu
kann sicherlich nur daö gewohnheitsgemäße Weilen in Gottes
Gegenwart sein, denn in Seiner Nähe ist kein Raum
für Hochmut und Selbstbewußtsein.
Vor diesem Geist des Hochmuts und des Selbstbewußtseins
haben wir uns in unseren Tagen sehr zu hüten.
Er war zu allen Zeiten eine große Gefahr für die Gläubigen,
aber heute, wo sich die Ideenwelt Laodicäas in so erschreckendem
Maße breit macht, müssen wir ganz besonders
davor auf der Hut sein. Der Zustand von Laodicäa ist
für den Herrn geradezu ekelerregend. Er ist das Gegenteil
von „arm sein im Geiste". Die hochmütige Sprache Lao­
dicäas lautet: „Ich bin reich und bin reich geworden und
bedarf nichts". Und dabei ist diese Versammlung nach der
Schätzung des „treuen und wahrhaftigen Zeugen" elend,
jämmerlich, arm, blind und bloß. Der Herr will die hochmütige
Laodicäa ausspeien aus Seinem Munde. Laßt uns
daher nie die ernste Ermahnung des Apostels Petrus vergessen:
„Alle seid gegeneinander mit Demut fest umhüllt;
denn „Gott widersteht den Hochmütigen,
den Demütigen aber gibt Er Gnade""! (4. Petr. 5,5.) Wie
überaus ernst die Folgen des Hochmuts sind, sagt uns
schon das Alte Testament. Im 34. Psalm heißt es: „Jehova
vergilt reichlich dem, der Hochmut übt" (V. 23) —
furchtbare Vergeltung! — und in den Sprüchen: „Hoffart
geht dem Sturze, und Hochmut dem Falle voraus";
und: „Vor dem Sturze wird hoffärtig des Mannes Herz",
aber —:
244
„Der Ehre geht Demut voraus." Wer in der Gemeinschaft
seines Herrn bleibt und nach Ihm gebildet zu
werden begehrt, der sich „von Herzen demütig" nennen
konnte, der wird die Glückseligkeit des „Armen im Geiste"
genießen.
Vas samaritische V>eib
ix.
Nachwort
„Nikodemus" — „das samaritische
Weib"— das Wort, wie bereits gesagt, stellt sie nebeneinander.
Auch die Reihenfolge ist bezeichnend. Iwei verschiedenartige
Typen nannte ich sie im Anfang. Aber sic
sind mehr als das. Je verschiedenartiger die Personen, je
tiefer die Gegensätze, die sie uns widerspiegeln, desto wunderbarer
ist die Ergänzung, in der sie uns Seine Person
offenbaren. Wer fühlte sich nicht angezogen von dem
besonderen Reiz, der von ihr ausgeht in der Berührung
mit diesen Gegensätzen, in der Behandlung zweier so verschiedenartiger
Menschen? Wer vermöchte sich der tiefen
Wirkung zu entziehen, die die verschlungenen Fäden der
menschlichen Natur in so verschieden gearteten Fällen so
meisterhaft zu entwirren weiß? Und diese Gegensätze bestehen
auch heute, entstehen immer wieder. Durch die Jahrhunderte
setzten sie sich fort. Entsprechend den Grundzügen
der menschlichen Natur zeichnen sie das wahre Bild
derselben. So erlangen sie eine tiefere Bedeutung, gleichsam
einen symbolischen Charakter. Je nachdem ein jeder,
zwischen beiden stehend. Seine Weise der Berührung,
Seine Art der Offenbarung auf sich beziehen kann, wird
245
der eine Ihn mehr von der einen, der andere Ihn mehr
von der anderen Seite kennen lernen. Der untrügliche
Spiegel, in dem jeder sich erkennen kann, ist E r.
„Nikodemu s"
— in einer anderen Abhandlung war er mein Gegenstand.
Ewiges Leben — das tiefe Thema der nächtlichen Unterredung
— in jener Nacht hatte er es ergriffen als den
großen Gegenstand deö Glaubens. Licht ist auch in seine
Seele gefallen. Die Sonne ist auch ihm aufgegangen, aber
Nebeldünste sind mit ihr aufgestiegen vor ihm. Er sieht
mehr die Nebel als die Sonne. Sie müssen erst zerstreut
werden. Das eigene Ich hindert. Er ist noch mit sich beschäftigt.
Er ist noch nicht durchgedrungen durch die Hüllen
des Wissens, die Vorurteile der Standesehre, der Stellung.
Sie, das Weib, trug an ihrer Schande, er trägt an
seiner Ehre. Beides trägt sich schwer, aber jene ist leichter
abzuwerfen als diese. Sich alles sagen zu lassen, so
weit war er noch nicht. Sich den letzten Schleier lüften zu
lassen, so nahe kommt er nicht. Es verbirgt sich noch etwas,
was sich lieber in einer gewissen Entfernung hält. Deshalb
mußte der Herr von dem Lichte reden. Auch die Darangabe
eigenen Willens und Wesens fällt ihm nicht leicht.
Zu sehr ist er daran gewöhnt. Der innere Zwiespalt, die
Not, die Qual — noch sind sie nicht so überwältigend, daß
jede Maske abgeworfen wird, koste es, was es wolle. Der
Herr selbst kann sich ihm noch nicht offenbaren. Daß die
Liebe solch ein Herz ganz durchglüht, daß diese Liebe alles
andere darin zu Schlacken verbrennt, der Augenblick ist
noch nicht da. Solange dieser nicht gekommen ist, weiß
man nicht, was man an ihm hat. Er ist ein Jünger Jesu,
aber ein verborgener. Solche verborgenen Jünger
246
gibt es heute wie damals, hat es zu allen Zeiten gegeben.
Wenn es darauf ankommt, verleugnen sie ihren Herrn
nicht (vergl. Kap. 7, 5t), aber sie sind auch kein Zeugnis.
„W as die Leute sagen"— diese vier Worte kenn­
zeichnen sie, geben den Ausschlag. Was diese oder jene sagen,
die weltlichen, gesellschaftlichen Rücksichten — wohl
auch die geschäftlichen — darauf kommt es an. Zwischen
dem „was die Leute sagen" und dem: „Er hat mir alles
gesagt" — welch ein Unterschied! Gleichwohl, der Glaube
ist auch in ihnen tätig, und die Gnade läßt sie nicht. Sie
kennt alle Hemmungen und weiß sie zu überwinden. Sie
führt sie weiter.
Im stillen, im verborgenen hat auch die Gnade in
Nikodemus gewirkt. Endlich wird er befreit von allen Fesseln
und Banden, endlich völlig besiegt, und zwar durch
keinen Geringeren als durch den Sieger von Golgatha.
Wie viel hat doch bei Nikodemus dazu gehört! Wie Gewaltiges
mußte geschehen! Sein Herr, den offen zu bekennen
er nicht wagte, mußte ans Kreuz gehen, Sein Leben geben.
Er „mußte erhöht" werden. Kann die Gnade größer,
mächtiger, herrlicher sich erweisen? Das eigene Ich bricht
da notwendig zusammen. O diese Liebe überwältigte den
Stolz, die Selbstsucht dieses armen Herzens — wie viele
hat sie seitdem überwältigt! Wie mag er auf einmal
sein Leben im Lichte dieses Kreuzes, im Bewußtsein dieser
Liebe geschaut haben!
Das samaritische Weib taucht unter nach ihrer Begegnung
mit dem Herrn. Nikodemus taucht empor. Wäre
er verborgen geblieben, es fehlte viel an seinem Bilde.
Das Persönliche, das wir so sehr vermissen, jetzt tritt es
uns übermächtig entgegen. Nicht wahr? es ergreift uns,
247
daß er dein toten Herrn die Liebe bringen will, die er dem
Lebenden nicht erwiesen hat. Ach, wie viele sind diesem
Manne darin ähnlich! Wie erhaben ist die Gnade, die den
Glauben dieses verborgenen Jüngers, seine bis dahin so
schwache Liebe uns enthüllt! Könnte sie größer, mächtiger
sich erweisen? Wie ein leuchtender Sonnenstrahl erscheint
sie auf diesem tiefdunklen Hintergrund. Ein ergreifendes
Bild.---------
Das „samaritische Weib" —
von ihr hören wir später nichts mehr. Weiteres wird uns
nicht mitgeteilt. Es ist, als sollte der Eindruck, den wir aus
dieser einzigartigen Begegnung empfingen, nicht verwischt,
als könnte er nicht übertroffen werden. Der Evangelist,
das Wort erwähnen sie nicht mehr. Wenigstens nicht unmittelbar.
Aber wem fiele sie nicht ein, wenn er Apostelgeschichte
8 liest? Doch sie selbst bleibt verborgen.
Werfen wir noch einen Blick auf sie. Erzählungen wie
diese, das Gleichnis vom „verlorenen Sohn", die Rettung
des „Räubers am Kreuz", sie haben einen unerschöpflichen
Reiz für jede gerettete Seele. Eine Glückseligkeit ohnegleichen
fühlen wir aus ihnen uns immer wieder entgegenströmen.
Seelen wie diese wählt Gott, unser Gott-Heiland,
um Seine volle Gnade an ihnen kundzutun. Seine
herrliche Liebesmacht darin zu spiegeln. In ihnen zeigt sie
ihren lieblichsten Glanz, feiert sie ihre höchsten Triumphe.
Mit tiefer Bewunderung werden wir stets ihren Spuren
folgen und dann auch der unergründlichen Tiefe der Gnade
in uns nachspüren. Die Siegesmacht dieser Gnade erhebt
sich am höchsten, wo sie ungehemmt dem völligen Verderben
des Sünders, dem tiefen Elend des weltverlorenen,
gottentfremdeten Menschenkindes begegnen, ihm so ganz
248
und gar entsprechen kann. Emporgezogen aus dem Elend
ihrer vielen Sünden wie aus einem tiefen Abgrund, befreit
von ihrer furchtbaren O.ual und Macht durch eine größere
Macht, die Macht der Liebe, bricht auch im Herzen dieses
armen Weibes ein einziges Gefühl sich Bahn — heißer
Dank! Bleibt nur eins — ganze, volle Hingebung. Sie
hat getrunken. In einem Meer von Glück läßt es sie versinken.
Was sie übermächtig empfindet — es ist unverdiente
Liebe, unaussprechliche Gnade. Weit aufgetan
ist ihr Herz. Ungeteilt will es Ihn umfassen. Aus
der Tiefe ihrer Seele quillt's empor. Wie vieles hätte sie
zu verbergen! Aber laut ruft sie aus — das ist ja gerade
ihre Glückseligkeit Sehet, so eine bin ich gewesen
— ihr wißt es ja —, aber Dieser ist's, der mich gerettet.
Auch das Dunkelste, Verborgenste hat Er mir gesagt.
Nichts steht mehr zwischen Ihm und mir. Es war kein
Hindernis für Seine Gnade. Im Gegenteil. Nun ist's
auch kein Hindernis mehr für mich. Hätte sie's für sich behalten
können? Unmöglich. — Eile doch jeder, zu Ihm zu
gehen, versäume doch keiner diese kostbare Gelegenheit,
Ihn kennen zu lernen! Dieser ist doch nicht der Christus?
— so ruft sie laut auf den Gassen Samarias. Ja, von
solchen Seelen will der Sohn sich bekennen lassen, will
der Vater sich das darbringen lassen, was des Geschöpfes
höchstes Vorrecht ist — Anbetung. Solche „sucht der
Vater als Seine Anbeter".
Nikodemus wie das samari tische Weib
— ja, wir alle —, wie werden wir einst diese Gnade bewundern,
die uns erfaßt, ja, nicht nur erfaßt, die uns
überwunden. Diese Gnade, die auch uns so wunderbar
geleitet und trotz aller Hindernisse doch ans Ziel gebracht
249
hat. Jubelnd werden wir sie preisen, und rühmend wird
ein jeder von uns bezeugen:
Dieser Gnade, dieser allein verdanke ich alles.
Dieser Gnade bedurfte ich, gerade i ch. Wäre sie geringer
gewesen, hätte sie irgend eine Schuld bei mir für zu groß
befunden, wäre sie nicht zur rechten Stunde, ja, im entscheidenden
Augenblick dagewesen, hätte sie nicht trotz allen
Fehlens mich so geliebt, alles hätte gefehlt. Nie wäre ich
gerettet worden.
O die Gnade Gottes in Christo Jesu! Könnte jemand
etlvas Herrlicheres ersinnen im Himmel und auf Erden?
Hätte daö Begehren der göttlichen Liebe einen vollkommeneren
Ausdruck finden können? Was wird es sein, wenn
wir einmal diese Liebe in ihrer ganzen Größe erkennen
werden! Dann wird nur eins uns befriedigen:
Unseren Dank darzubringen von Angesicht zu Ange-
slcht: „Dem, der uns liebt
„Und uns von unseren Sünden
„Gewaschen hat in Seinem Blut,
„Und uns gemacht hat zu einem Königtum,
„Zu Priestern Seinem Gott und Vater:
„Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht
„von Ewigkeit zu Ewigkeit!
„Amen."
A>arnungsworte für die heutige Kett
c) Der eine Leib
(4. Kor. 42.)
Für viele Gläubige ist es sehr schwierig, das in
4. Kor. 42 Gesagte zu verwirklichen, erstens, weil sic
diese Wahrheit nicht kennen, und zweitens der vielen künstlichen
Scheidewände wegen, die sie voneinander trennen.
250
Für die Gläubigen aber, die durch Gottes Gnade die
in unserem Kapitel geoffenbarte Wahrheit kennen gelernt
haben, und die außerhalb der Umzäunung geführt worden
sind, gibt es in dieser Hinsicht keine Entschuldigung, denn
sie sind auf einen Boden gestellt, auf dem sie ohne Unterschied
jeden wahren Christen anerkennen können.
Wie ist es nun aber in der Praxis um uns bestellt,
die wir bekennen, auf dem „Boden der Wahrheit" zu
stehen? Finden wir, wo unsere Zahl größer und größer
wird, noch hinreichend Gelegenheit zur Entfaltung einer
Liebe, die alle umschließt, die zu dem „einen Leibe" gehören?
Haben wir von Herzen „dieselbe Sorge" für alle
Glieder Christi an dem Ort, wo wir wohnen? Es mag
unö vielleicht nicht möglich sein, diese immer auf gleiche
Weise zu betätigen, aber suchen wir, soweit eö an uns
liegt, es zu tun?
Ist unsere Liebe zuallen Christen so inbrünstig und
ungeheuchelt, daß sie ihnen die Wirklichkeit der Verbundenheit
der Glieder des „einen Leibes" zeigt? Tritt die Wahrheit,
die durch unsere Schriften verbreitet wird, auf diese
Weise auch in unserem Wandel zutage?
Laßt uns auf der Hut sein vor Satans List! Den
Namen will er uns wohl lassen, wenn nur die Kraft
verleugnet wird. Und auch gegen das Verkündigen
der Wahrheit hat er nichts, wenn nur die Praxis eine andere
ist. Möchte er uns nicht verführen, den Namen, unter
dem wir, wenigstens teilweise, bekannt sind — „Ihr alle
seid Brüder" —, und an den jedes Kind Gottes ein Anrecht
hat, in einem ausschließlichen Sinn zu gebrauchen!
Ein weites Herz und ein breiter Weg, oder ein
enges Herz und ein schmaler Pfad: beides entspricht un
— 251. —
serer Natur gleichsehr, aber beides entspricht nicht der
Wahrheit Gottes. Was der Herr wünscht, und was wir
haben müssen, ist ein weites Herz und ein Wandel aus
schmalem Pfad.
Manche unter uns würden gewiß sehr überrascht sein,
wenn wir in diesem Augenblick SeineGedanken über
Sein Volk sehen könnten. Mit der Selbstgefälligkeit wäre
es dann aus. I. N. D.
>,Ihr aber leid Christi Leiv, und
Glieder insonderheit"
(1. Kor. 12, 27.)
Ein jegliches Glied führe seine Werke zu Nutz dein
andern Glied und dem Leibe. Denn das Auge sieht, wo die
Hand tun, und der Fuß gehen soll; der Fuß geht und trägt
den Leib, daß dem Auge nicht Schaden geschieht, und ist
immer ein Glied für das andere und nicht für sich selbst
sorgfältig und geschäftig, also daß man kein feineres Exempel
der Liebe und guter Werke finden kann, denn an den
Gliedern unseres eigenen Leibes. Ein jegliches Glied hat
mit dem andern Mitleiden, wenn es ihm übel geht oder
ihm wehe tut, nicht anders, als ginge es ihm selbst übel.
Wiederum freuet sich es mit dem andern, wenn's ihm wohl
geht, als ginge es ihm selber so wohl. Kurz, kein Glied
lebt oder arbeitet für sich selbst und sind allesamt eines
des andern Untertan und Diener, zuvor die edelsten dienen
am allermeisten, als sollten sie allesamt sagen: Ich
wünsche nicht anders zu sein, mir ist genug, daß ich eben
deöselbigen Leibes Glied bin und habe so viel Recht und
Ehre daran als die andern alle. Darum will und darf ich
252
nicht darum arbeiten, daß ich ein Glied und des Leibes
teilhaftig werde, denn daö habe ich schon bereits, und
mir genügt auch daran; sondern meine Werke sollen dein
Leibe und seinen Gliedern, meinen lieben Brüdern und
Mitgenossen, dienen und will mir nichts Sonderliches vornehmen,
noch eine Zwietracht und Sekte anrichten.
Luther
Gott allein die Ehre
Ulan nennt sich öfters arm und schwach.
Mer glaubt es aber recht von Herzen?
Und wer es glaubt, dem bringt es plag',
Nau glaubt's mit Unruh' und mit Schmerzen.
Im Nichts bringt Armut keine Pein,
Im N i ch t s ist man im Frieden klein.
Dies Nichts soll meine Mahnung sein.
Herr, laß mich nimmer etwas werden,
Sei Du mein Ruhm und Freud' allein,
Mein Alles, droben und auf Erden!
Laß mich verschwinden ganz und gar,
Sei Du in mir nur offenbar!
Ich will wohl gerne schöne sein,
Doch nur, damit ich Dir gefalle.
Ich such' vor Menschen keinen Schein;
Willst Du, laß mein vergessen alle!
Ich sei veracht', und Du geehrt,
So hab' ich, was ich hab' begehrt.
Führ' mich zu wahrer Heiligkeit,
Doch laß's die Eigenheit nicht wissen;
Gib mir des Himmels Herrlichkeit,
Ich leg' die Rron' zu Deinen Füßen!
Mit Freuden seh' ich nichts in mir,
Mit Freuden geb' ich alles Dir.
Terstegen
„die Elenden der Herde"
(Sach. kk)
Im September-Heft des „Botschafter" beschäftigten
wir uns mit „den Armen im Geiste". Sie bildeten in den
Tagen des Herrn einen Überrest, der sich von der großen
Masse des jüdischen Volkes, vor allem von seinen hochmütigen,
unbußfertigen Führern, absonderte, indem er auf
das zunächst durch Johannes den Täufer und dann durch
den Herrn selbst und Seine Jünger verkündigte Wort
lauschte, Buße tat und sich auf die Seite Jesu stellte.
Heute wollen wir noch einmal kurz diese Personen,
diesen Überrest betrachten, jedoch diesmal an Hand des
prophetischen Wortes. Sie werden in dem oben angeführten
Schriftabschnitt „die Elenden" oder Armen „d e r
Herde" genannt.
Daß mit den „Elenden der Herde" die gleichen Personen
gemeint sind wie mit den „Armen im Geiste", geht
klar aus der Fassung der ersten Seligpreisung im Lukas-
Evangelium hervor. Während der Herr bei Matthäus mehr
grundsätzlich redet, wendet Er sich bei Lukas unmittelbar
mit den Worten an Seine Jünger: „Glückselig, ihr Armen".
(Kap. b, 20.) Durch das Wörtchen „ihr" unterscheidet
Er die um Ihn gescharten Jünger von der Allgemeinheit.
Sie bildeten einen Überrest, der—arm und verachtet
von den Menschen — von der großen, ihren Führern folgenden
Masse des Volkes getrennt, dagegen mit Jesu, der,
ebenfalls arm und von den Menschen verachtet, nicht ein-
ÜXXXI io
2S4
mal hatte, wo Er Sein Haupt hinlegte, innig verbunden
war. Diese „Armen" sammelten sich um Jesum als ihren
Mittelpunkt. An Ihm hingen sie mit inniger Liebe, und
Ihm vertrauten sie. Ganz ähnlich ist es mit den in Sach,
bl. erwähnten „Elenden der Herde". Auch sie werden von
dem mit seinen Führern verbundenen Volksganzen unterschieden.
Mit der Allgemeinheit haben sie keine Verbindung,
dafür aber mit dem Messias, dem wahren Hirten
Israels, auf den sie „achten" (V. 11), und dem sie ver­
trauen.
Was die Prophezeiung des Sacharja angeht, so sei
zunächst bemerkt, daß der Prophet das erste und das zweite
Kommen des Messias miteinander verbindet. Auf die
Zeit, die zwischen Seiner Verwerfung und Seiner späteren
Erscheinung in Macht und Herrlichkeit liegt, während
der bekanntlich ein Volk für den Himmel gesammelt wird,
wird überhaupt nicht eingegangen. Auf die Verwerfung
deö Messias, des wahren Hirten, folgt sogleich der Antichrist,
„der törichte Hirte", der nicht an daö Wohl der
Herde, sondern nur an seinen eigenen Vorteil denkt.
Das ganze Kapitel enthält eine prophetische Beschreibung
der Geschichte Israels in seinen Beziehungen zu Christo.
Der Dienst des Messias inmitten Seines Volkes, Seine
Verwerfung von feiten des Volkes und zuletzt die Zustände
der letzten Tage infolge dieser Verwerfung — alles
wird uns in prophetischer Kürze vor Augen geführt.
Nach einer eindrucksvollen Beschreibung des jammervollen
Zustandes des Landes (V. 1—3) übergibt Jehova
(Vers 4) dem Messias — dargestellt durch den Propheten
Sacharja, der auch am Schluß des Kapitels den Antichrist,
den „törichten Hirten", darzustellen hat — „die Herde
255
deö Würgens". Die „Käufer", d. h. die fremdländischen
Bedrücker dieser Herde, der ganzen jüdischen Nation,
preßten aus dem Volk heraus, was nur herauszupressen
war, sie „erwürgten" es, während seine eigenen Häupter
das Volk den fremden Gewaltherrschern aus Habsucht in
die Hände spielten; selbst seine Hirten (seine Führer und
Leiter) verschonten eS nicht. Aber Jehova hat Erbarmen
mit dem armen, vergewaltigten Volk und beauftragt den
Messias, es zu weiden und in Seine Obhut zu nehmen.
Dieser übernimmt den Auftrag (V. 7), unterscheidet aber
sogleich zwischen Seinen Schafen — der wahren „Herde
des Würgens" — und denen, die sich mit ihren Häuptern,
Führern und Leitern einsmachten, indem Er erstere „die
Elenden der Herde" nennt. Die prophetische Beschreibung
hier stimmt auffallend mit den Worten deö Herrn in Joh.
10, 1—6 überein, wo Er als der wahre Hirte Israels
kommt, durch die Tür, welche der Türhüter (Gott) Ihm
auftut, in den Schafhof Israels eingeht und so zu Seinen
Schafen gelangt, die Seine Stimme hören, und die Er
mit Namen ruft. Sie erkennen in Ihm den von Gott gesandten
Messias, den wahren Hirten Israels, und vertrauen
und folgen Ihm. Sie bilden denn auch, ebenso wie
in Sach. 11, 7, die eigentlichen Gegenstände Seines Hirtendienstes.
Hier wie dort macht Er einen Unterschied zwischen
ihnen und der Masse und ihren Führern, von denen
Er sagt, daß „sie nicht von Seinen Schafen seien". (Kap.
10, 26.) Ja, noch mehr, Er sondert sie gänzlich von jenen
ab, indem Er sie aus dem Schafhof herausführt.
Während die wahren Schafe, „die Elenden der Herde",
willig auf die Stimme des Hirten hören und Ihm
folgen, werden die übrigen, die Ungläubigen, die nicht von
2S6
Seinen Schafen sind, Seiner bald „überdrüssig". (Sach.
11, 8.) Im Neuen Testament wird diese Tatsache von allen
Evangelisten an vielen Stellen bezeugt. Doch nicht genug,
daß sie Seiner überdrüssig werden; um ihr Urteil befragt,
wie hoch sie Ihn einschätzen, „wiegen sie dreißig
Silbersekel dar", den Preis für einen Sklaven. (Vergl.
2. Mose 21, 32.) Mehr Wert hat ihr Messias nicht für sie,
Er, der doch Immanuel, Gott in ihrer Mitte, ist.
Infolge der Verwerfung seines wahren Messias, „der
in dem Namen Seines Vaters gekommen war", wird das
ungläubige Volk dem Antichrist preisgegeben werden, einem
Menschen, „der in seinem eigenen Namen kommt". Ihn
werden sie annehmen. Dieser Mensch wird das gerade Gegenteil
sein von Christo, dem wahren Hirten, der innerlich
bewegt wurde, wenn Er die Volksmenge matt und verschmachtend
sah, wie Schafe, die keinen Hirten haben, und
der nur an das Wohl der Herde dachte. Jener andere, „der
törichte Hirte", wird dagegen lediglich an seinen eigenen
Vorteil denken; um das Wohl der Herde wird er sich nicht
kümmern. Gott benutzt ihn nach Seinen gerechten Regierungswegen
als Zuchtrute für das abtrünnige Volk. Am
Ende aber wird ihn Sein ganzer Zorn treffen. (V. 17.)
Doch es ist heute nicht unsere Absicht, näher auf die
in Sach. 11 prophetisch mitgeteilte Geschichte des Volkes
Israel einzugehen. „Die Elenden der Herde" lautet unser
Thema. Und diesen „Elenden" wollen wir daher noch ein
wenig unsere Aufmerksamkeit schenken und sehen, was sie
uns durch ihr Verhalten zu sagen haben.
Die „Elenden der Herde" „achteten auf den
Herr n," auf den Messias. So schwach dieses Achten gewesen
sein mag, der Herr erkennt es durch den Geist der
257
Prophezeiung wohlwollend an, und ganz ähnlich drückt
Er sich in bezug hierauf in Seinem Gebet zum Vater aus.
(Vergl. Ioh. 77, 7. 8.) Die Gläubigen jener Tage haben
ja in der Tat auf Ihn geachtet, sonst hätte Johannes nicht
sagen können: „Aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen,
und zwar Gnade um Gnade" (Ioh. 7, 76), oder Petrus:
„Wir haben geglaubt und erkannt, daß du der Heilige
Gottes bist". (Ioh. 6, 69.) Auch Maria von Bethanien
hat auf Ihn geachtet, denn sie setzte sich zu Seinen Füßen
nieder und hörte Seinem Worte zu. (Luk. 70, 39.)
In einem solchen Achten auf den Herrn kommt Abhängigkeit
von Ihm zum Ausdruck. Man erwartet alles
von Ihm und gibt acht auf Ihn, um Seine Gedanken kennen
zu lernen, damit innerlich wie äußerlich alles mit Ihm
in Einklang sei. Sein Wille ist in allem maßgebend. Diese
schöne Stellung des Achtgebenö kommt schon im 723.
Psalm trefflich zum Ausdruck, wenn der Psalmist (und
zugleich prophetisch der Überrest kommender Tage) sagt:
„Siehe, wie die Augen der Knechte auf die Hand ihres
Herrn, wie die Augen der Magd auf die Hand ihrer Gebieterin,
also sind unsere Augen gerichtet auf Jehova, unseren
Gott, bis Er uns gnädig ist". Dieses Achten auf den
Herrn, dieses Warten auf Ihn ist eine Zierde für jede
gläubige Seele zu allen Zeiten. Und welch selige Ruhe
liegt zugleich darin — und darum besonders auch für uns
in unserer unruhigen Zeit —, von Herzen sagen zu können:
„Du bist der Gott meines Heils; auf dich harre ich
den ganzen Tag" (Ps. 25, 5), oder: „Ich warte auf Jehova,
meine Seele wartet; und auf Sein Wort harre ich.
Meine Seele harrt auf den Herrn, mehr als die Wächter
auf den Morgen, die Wächter auf den Morgen." (Ps. 730,
5. 6.) Es ist das gleiche, was wir in den Worten Davids
in Ps. 62 finden: „Nur auf Gott vertraue still meine Seele!
denn von Ihm kommt meine Erwartung".
Da der Herr selbst es ist, auf den der Gläubige achtet,
so kann die Folge nichts anderes sein als gesegnete Erfahrungen.
Er „wird erfüllt mit der Erkenntnis Seines
Willens in aller Weisheit und geistlichem Verständnis".
(Kol. l, y.) So erging es auch diesen „Elenden der Herde,
die auf Ihn achteten". Wenn Er, wie es in V. lv u. lt
heißt, „Seinen Bund brach, den Er mit allen Völkern gemacht
hatte", so hatten sie Verständnis darüber, „daß es
das Wort Jehovas wa r". Im Grunde genommen,
erlebten sie eine bittere Enttäuschung. Ihre Hoffnungen,
daß der Messias alle Völker unter Sein Zepter sammeln,
und daß Jerusalem, „die Stadt des großen Königs", der
Mittelpunkt dieser Sammlung sein würde, waren durch
Seine Verwerfung offenbar völlig zerstört worden. Weil
sie aber „auf Ihn geachtet" hatten, weil sie so innig an
Ihm hingen, wurden sie dennoch nicht irre an der Gewißheit,
daß Er der von Gott gesandte Messias war. Daß Er
es war, hatten sie aus allem, was Er geredet und was Er
getan, und aus der Gesinnung, die Er geoffenbart hatte,
deutlich erkannt. Daher sahen sie, statt daß Seine Verwerfung
für sie ein Stein des Anstoßes wurde, das Wort Jehovas
darin erfüllt, denn alles stand in Übereinstimmung
mit dem, was die Propheten geweissagt hatten. Diese
Klarheit empfingen jene „Elenden der Herde" besonders
nach der Auferstehung des Herrn. Die Begebenheit auf
dem Wege nach Emmaus ist ein treffendes Beispiel dafür.
Noch deutlicher wurde eö ihnen nach der Ausgießung
des Heiligen Geistes (vergl. Apstgsch. 2, 22—Zb; Z, l8;
259
4, 25—28); und schließlich brachte die Zerstörung Jerusalems
die sichtbare Bestätigung, daß der mit den Völkern
gemachte Bund zerbrochen war — denn wo sonst sollte diese
Sammlung der Völker unter dem Zepter des Messias
stattfinden? —, zugleich aber auch die Erfüllung der prophetischen
Worte des Herrn selbst. (Vergl. Matth. 22, 7;
Luk. 79, 42—44; 27, 2V U. 24.)
Aus der Darstellung des Propheten können wir
die wichtige Belehrung ziehen, daß das Erkennen des Willens
Gottes sowie das Verständnis über Seine durch das
Wort geoffenbarten Gedanken wesentlich zusammenhängt
mit unserem inneren Zustand wie auch mit unserer äußeren
Stellung. Zwischen diesem armen Überrest und dem
übrigen Volk bestand keinerlei Verbindung, besonders nicht
mit seinen sich so weise und klug dünkenden Führern. Heilige
Absonderung von jeder Art des Verkehrten ist erforderlich,
um den Willen Gottes erkennen zu können. „Die
Erkenntnis des Heiligen ist Verstand." (Spr. 9, 70.)
Einem Abraham, der völlig getrennt lebte von Sodom und
dem Bösen darin, konnte Gott Seine Absichten über
Sodom mittcilen, aber nicht einem Lot, der mit dem Bösen
verbunden war. *) Heute wie zu aller Zeit ist „das Geheimnis
Jehovas für die, welche Ihn fürchten" (Ps. 25,
74), und auch heute sind eine heilige Absonderung von jeder
Art des Bösen, sowie ein tiefes Bewußtsein des eigenen
Nichts — „arm sein im Geist" — und ein Achten auf den
Herrn mehr denn je dringend erforderlich, denn, täuschen
wir uns nicht, das Böse nimmt erschreckend zu, und der
Verfall der wahren christlichen Grundsätze ist unverkcnn-
*) Lot wird nur zu dein Zweck damit bekannt gemacht, um ihn
vor dem unmittelbar bevorstehenden Gericht zn bewahren.
260
bar in unseren Tagen. Möchte der Herr uns allen, die wir
Ihn bekennen, Gnade geben, auf Ihn „zu achten", und
möchten wir die Merkmale eines treuen Überrestes, welche
auch die Kennzeichen Philadelphias sind, an uns tragen!
Prophetin, Kührerln und — aussätzig
„Und Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester,
nahm das Tamburin in ihre Hand; und alle Weiber
zogen aus, hinter ihr her, mit Tamburinen und in Reigen.
Und Mirjam antwortete ihnen: Singet Jehova, denn
hoch erhaben ist Er." (2. Mose 15, 20. 21.)
„Damals sangen Mose und die Kinder Israel."
Damals, als aller Augen das eine schauten: „die große
Macht, die Jehova an den Ägyptern betätigt hatte".
(2. Mose 14, 31.) Mose hatte gesagt: „Fürchtet euch nicht!
stehet und sehet die Rettung Jehovas, die Er euch heute
schaffen wird". (2. Mose 14, 13.) Und dann „rettete
Jehova Israel aus der Hand der Ägypter, und Isr a-
el sah die Ägypter tot am Ufer des Meeres". (V. 30.)
Die Rettung Jehovas sehen, bedeutet jederzeit Lobgesang.
Wo ist der Mensch, der angesichts der Wundertaten Gottes
Ihm nicht lobsingt? Die Taten Gottes sehen, führt das
glaubende Herz notwendig dahin, den Beweggründen S e i-
n e S Herzens nachzuspüren, und solches Nachspüren führt
zur Erkenntnis, daß Sein Rettungswerk einzig und allein
den Tiefen Seiner göttlichen Liebe entspringen konnte. Und
diese Erkenntnis kann dann nichts anderes bewirken als
Beugung und anbetendes Staunen und Lobgesang.
In solcher Herzensstellung sang „damals" auch
261
Mirjam. Sie wird als „Prophetin" bezeichnet. In
Micha 6, 4 finden wir sie mit Mose und Aaron zusammen
genannt als Führerin, vor Israel „hergesandt". Am
Roten Meer erweist sie sich als treffliche Führerin, indem
sie alle Weiber anleitet, einzustimmen in das Wort:
„Singet Jehova!" Hier ist sie ganz an ihrem Platz, allen
ihren Genossinnen ein leuchtendes Beispiel. In dieser erhabenen
Stunde ist sie eine glückliche und gesegnete Frau:
Herz und Mund lobsingen dem Herrn.
Ist Mirjam stets Führerin in diesem Sinne geblieben?
Leider nicht. In 4. Mose 12 finden wir sie wieder,
auch hier offenbar führend, denn ihr Name wird an
erster Stelle, vor Aaron, dem Manne, genannt. (Der
Ordnung Gottes bezüglich der drei Geschwister entspricht
die Reihenfolge in Vers 4.) Aber in diesem Abschnitt führt
Mirjam nicht die Weiber Israels zum Lobe Jehovas. Hier
leitet sie ihren Bruder Aaron an, mit ihr gegen Mose, den
treuen Knecht Gottes, zu reden. Aus welchem Grunde?
Vers 2 verrät die Ursache ihres Auftretens. „Hat Jehova
nur mit Mose allein geredet? Hat Er nicht auch mituns
geredet?" Arme Mirjam! Sie sieht ihre eigene Person
nicht genügend gewürdigt und in den Mittelpunkt gestellt.
Da kann freilich kein „Singet Jehova!" über die Lippen
kommen. Doch auch: Armer Aaron! Er vermag die Herzensstellung
seiner irregehenden Schwester nicht zu beurteilen,
weil auch e r nicht im Lichte Gottes ist. Er stimmt
ein in das Wort der törichten Mirjam, das gegen den
Mann Gottes gerichtet ist. —
„Da sprach Jehova plötzlich zu Mose und zu Aaron
und zu Mirjam: Gehet hinaus, ihr drei, zum Zelte
der Zusammenkunft!"
262
Was bedeutete dieser Befehl?
Wir lesen: „Ein jeder, der Jehova suchte, ging hinaus
zu dem Zelte der Zusammenkunft, das außerhalb des
Lagers war". (2. Mose ZZ, 7.) Das Heiligtum, die Wohnung
Gottes, das Licht Seiner Gegenwart ist allein untrüglich.
In der Gegenwart Gottes erhält jede Sache, jede
Person ihren rechten Platz. Wer klar zu sehen wünscht, und
wem's um Wirklichkeit zu tun ist —: Das Licht der
heiligen Gegenwart Gottes stellt alles klar und zeigt die
wahren Umrisse jeder Sache, auch in Fällen, in denen
menschliche Spitzfindigkeit eö fertig bringt, für eine Zeitlang
alles in einen Dunst schöner Gefühle und frommer
Worte einzuhüllen. In seiner trefflichen Rede sagt Eli-
hu: „Wenn du auch sagst, du schauest Ihn nicht — die
Rechtssache ist vor Ihm; so harre Sein". (Hiob 35,
74.) Der beste aller Menschen kann irren, aber „der Fels:
vollkommen istSein Tun; denn alle Seine Wege sind
recht". (5. Mose 32, 4.)
O daß wir verstünden, wie Mose, der Knecht Gottes,
den uns begegnenden Dingen und Menschen gegenüber
eine diesem Wort gemäße Stellung einzunehmen,
indem wir alles den nie fehlgreifenden Händen Dessen
überlassen, von dem Mose weiter sagt: „Ein Gott der
Treue und sonder Trug, gerecht und gerade ist Er!"
Nun redet Gott zu Aaron und Mirjam: „Höret denn
meine Worte!" (V. 6.) Sie hatten sich die Stellung
eines Mose angemaßt. Das letzte Wort aber spricht Gott.
Er nennt Mose Seinen Knecht, Er bezeichnet ihn als
treu in Seinem ganzen Hause, und Er gibt ihm einen
ganz besonderen Platz durch die Worte: „Mit ihm rede ich
von Mund zu Mund, und deutlich, und nicht in Rätseln,
26Z
und daö Bild Jehovas schaut er" — Worte, von denen man
sagen sollte, daß sie dem Geschwisterpaar seinen Abstand
von Mose ausreichend klar gemacht hätten. Gottselbst
zeigte ihnen diesen Abstand. Doch Er begnügt
sich damit noch nicht, sondern fährt fort: „Und warum
habt ihr euch nicht gefürchtet, wider
meinen Knecht, wider Mose, zu reden?"
Wenn jemand den Knecht angreift, so versündigt er sich
an dem Herrn, denn der Knecht ist Werkzeug seines
Herrn. Möchten wir uns diese Frage Gottes wohl einprägen,
damit Er nicht genötigt sei, eine solche unmittelbar
und persönlich an jemand aus unserer Mitte zu richten!
„Und der Zorn Jehovas entbrannte wider
sie, und Er ging weg." Gott ließ das in Seiner
Gegenwart und durch Sein Wort überführte Geschwisterpaar
stehen. „Die Wolke wich von dem Zelte", und zurück
blieb ein durch Gottes Gericht aussätziges Weib, dessen
Junge, die einst inmitten deö Volkes das „Singet Jehova!"
angestimmt hatte, fortan nach dem Gesetz allen
Volksgenossen nur noch von weitem ein: „Unrein!
unrein!" zurufen konnte. Und hätte nicht Mose, der Mann
Gottes, fürbittend und schreiend seine Hände erhoben
zu seinem Gott, und hätte nicht Gott auf dieses
Schreien hin Barmherzigkeit geübt gegen Mirjam, wie
kläglich wäre das Ende gewesen!
Und dann ordnete Gott an: „Sie soll sieben Tage
außerhalb des Lagers eingeschlossen werden". Welch ein
Wechsel! Mirjam, von Gott bestellt als Führerin, hergesandt
vor Israel, wird ausgeschlossen vom Lager Israels
und ist für das ganze Volk Gottes sieben Tage lang das
Hindernis am Weiterziehen: „Das Volk brach nicht auf.
264
bis Mirjam wieder ausgenommen war". Nach Gottes Absicht
und Willen eine Prophetin, zur Führerin bestimmt,
auserwählt und begabt, vor dem ganzen weiblichen Teil
des Volkes zum Preise des Gottes Israels lobend und
singend einherzuziehen, verfällt sie, ihrem hoffärtigen Herzen
folgend, durch die Macht ihrer Zunge eine Verführerin
für Aaron, den Hohenpriester, dem Gericht Gottes und
bildet ein Hindernis für das Volk Gottes auf seinem Weg
nach Kanaan. Anscheinend ist sie nie wieder zu ihrer früheren
Höhe gelangt.
„Die Junge ist ein Feuer." — „Die Zunge ist unter
unseren Gliedern gesetzt (oder stellt sich dar), als die den
ganzen Leib befleckt und den Lauf der Natur anzündet und
von der Hölle angezündet wird."
Erschreckend ernstes Urteil des Heiligen Geistes durch
Jakobus! (Kap. 3, 6.) Aber zeigt nicht die Heilige Schrift
noch an manch anderem Beispiel neben dem der Mirjam
die Wahrheit dieser Worte? Und lehrt nicht auch die eigene
Erfahrung, wie furchtbar ernst die Folgen sein können,
wenn dieses „Feuer" nicht bewacht wird?
„Tod und Leben sind in der Gewalt der Junge, und
wer sie liebt, wird ihre Frucht essen." „Wer seinen Mund
und seine Zunge bewahrt, bewahrt vor Drangsalen seine
Seele." (Spr. 48, 24; 24, 23.)
Wahrlich, manch bittere Frucht, manche Drangsal
könnte erspart bleiben, wenn durch die „W eisheitvon
oben" die Zunge gezügelt, gebändigt würde. Diese Weisheit
allein kann dazu befähigen, denn „die Zunge kann
keiner der Menschen bändigen: sie ist ein unstetes
Übel, voll tödlichen Giftes". (V. 8.) Möge daher heilige
Furcht vor dem Bösen, die Furcht des Herrn bei uns sein.
265
damit wir, durch diese Furcht geübt, alle unsere Glieder,
auch die Zunge, in der von Gott gewollten und Gott wohlgefälligen
Weise Ihm darstellen möchten zu Werkzeugen
der Gerechtigkeit! (Röm. 6, kZ.)
Bei Mirjam zeigte sich buchstäblich das, was in Jak.
3, 9 geschrieben steht: „Mit ihr (der Junge) preisenwir
den Herrn und Vater, und mit ihr fluchen wir den
Menschen, die nach dem Bilde Gottes geworden sind".
Sie lobsingt in erhabener Weise dem Herrn und r e -
det frevelhaft wider Seinen Knecht. „Aus demselben
Munde geht Segen und Fluch hervor."
Welch ungereimtes Tun! rufen wir mit Recht,
indem wir der Mahnung zustimmen: „Dies, meine
Brüder, sollte nicht also sein!" (V. k0.) Wir können nicht
anders, als die klare Beweisführung des Wortes Gottes
anerkennen, wenn es heißt, daß dieselbe Quellenöffnung
nicht das Süße und das Bittere sprudeln läßt, daß ein Feigenbaum
nicht Oliven und ein Weinstock nicht Feigen,
und daß Salziges nicht süßes Wasser hervorbringen kann.
Diese Worte aber als die Wahrheit Gottes anerkennen,
heißt: sich ihnen unterwerfen. Durch wahre Unterwürfigkeit
unter dieses Wort würde viel Unrat, Schutt und
Schlamm, alles, was die ungebändigte Junge hervorbringt,
vermieden werden. Unter den Erlösten des
Herrn, die bekennen, mit Ihm, dem verherrlichten Menschen
Gottes im Himmel, verbunden zu sein, sollte ein
solcher Zustand überhaupt eine unbekannte Sache sein.
Und doch lehrt die Erfahrung, daß Schutt und Unrat dieser
Art auch bei Gläubigen gefunden werden. Und ferner
lehrt sie, daß auch heute mancher versagt wie einst Aaron,
als dieser auf die bösen Worte Mirjams hörte und sich
26b
auf ihre Seite stellte, anstatt sie ernstlich zurechtzuweisen.
Auch ihm ging erst das Licht auf, als er mit Mirjam in
der Gegenwart Jehovas durch Sein Wort überführt wur­
de. —
Wohl uns, wenn wir uns kennen gelernt haben als
solche, die Tag für Tag der bewahrenden und herstellenden
Gnade Gottes bedürfen, die aber auch anderseits als „Gefäße
der Begnadigung" den Reichtum der göttlichen Gnade
kennen, genießen und davon Gebrauch machen! Dann werden
wir uns gern zu dem Wort bekennen: „Laßt uns uns
selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und
des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der
Furcht Gottes". (2. Kor. 7, 1.) Dann wird nach gottgemäßer
Demütigung über das Vorhandensein von bösen
Dingen der bezeichneten Art und nach ihrer Beseitigung
das gereinigte Herz sich weiten, der bis dahin naturgemäß
verschlossene Mund wird sich öffnen, und über die gesäuberten
Lippen kommt wieder das Wort von „damals":
„Singet Jehova!"
Sie Lönigin von Scheva
(1. Kön. 10, 6—13.)
Das vorliegende Kapitel stellt uns zweifellos im Bilde
die Herrlichkeit eines Größeren vor, als Salomo war.
(Vergl. Luk. 11, 31.) Salomo war von Jehova auf den
Thron Israels erhoben worden, und seine hohe Stellung
erinnert uns an Den, welcher, „nachdem Er ein Schlachtopfer
für Sünden dargebracht, sich auf immerdar gesetzt
hat zur Rechten Gottes". (Hebr. 10,12.) Unser Herr
Jesus nimmt schon heute nicht mehr den Platz der Nie
2b7
drigkeit und Schmach ein, sondern den der Ehre und
Macht, und bald kommt die Zeit, wo Er der Welt in Seiner
königlichen Herrlichkeit dargestellt werden wird. Dann
wird Er Seine große Macht antreten und Seinen Thron
der Herrlichkeit besteigen. (Matth. 25, 3k; vergl. auch
Luk. k, 32. 33; Jes. 9, 6. 7.)
Wir möchten nun auf die in unserem Kapitel geschilderte
lehrreiche Szene etwas näher eingehen als auf eine
wichtige und tief bedeutsame Erläuterung der persönlichen
Beziehungen, die der Gläubige zu Christo hat. Der Herr
sitzt jetzt auf dem Thron deö Vaters, und s o müssen wir
mit Ihm zu tun haben. Wir sollten uns nicht damit begnügen,
in Ihm einen Zufluchtsort gefunden zu haben,
der uns vor dem kommenden Gericht schützt: Zu dieser
Befreiung gibt uns Sein am Kreuz vollbrachtes Werk
aus Gnaden ein sicheres Anrecht. So köstlich es für uns
ist. Seiner Liebe und der unaussprechlichen Leiden zu gedenken,
durch die Er am Kreuz für uns gegangen ist, so
betrachtet doch der Glaube Ihn jetzt als Den, der auf des
Vaters Thron sitzt. Von ihm aus ergießen sich Seine
Segnungen über alle Glieder Seines Leibes. Dort finden
wir Ihn heute, so daß wir an Ihn gläubig Gewordenen
mit dem Schreiber des Hebräerbriefes sagen können:
„Wir sehen aber Jesum". (Hebr. 2, 9.)
Erst nachdem die Königin von Scheba eine persönliche
Unterredung mit Salomo gehabt hatte, war sie imstande,
mit Verständnis in die ganze Herrlichkeit einzu-
gehen, von der er umgeben war — wichtiger Gedanke in
Verbindung mit unseren Vorrechten. Der Vorgang zeigt
uns, wie nötig es ist, zu einer persönlichen Kenntnis des
Herrn Jesus zu gelangen, damit wir unsere Stellung in
268
Ihm verstehen und innewerden, was Seine Interessen
hienieden sind.
Es gibt viele Kinder Gottes, die sich der Vergebung
ihrer Sünden bewußt sind, sich dabei aber in großer Unklarheit
und Verwirrung befinden bezüglich der Wahrheiten
von der Versammlung (Gemeinde), vom Tisch des
Herrn, vom Dienst usw.; auch betreffs vieler anderer Fragen
fehlt ihren Seelen Friede und Sicherheit, weil sie nie
des Herrn Gedanken über diese Gegenstände zu erfassen
gesucht haben, um durch Seinen Geist und Sein Wort
belehrt zu werden.
Zn der Hoffnung, daß die Leser dieser Zeilen Frieden
mit Gott haben und das Vorrecht kennen, durch Jesu Blut
ins Heiligtum einzutreten, wollen wir uns nunmehr mit
den Belehrungen beschäftigen, die unsere Geschichte uns
auf dem Wege bildlicher Darstellung gibt, Belehrungen
über die Bedeutung und die gesegneten Ergebnisse persönlicher
Beziehungen zu unserem Herrn Jesus.
Die heidnische Königin hatte von Salomo gehört.
Sie hatte vernommen, daß Gott ihn auf den Thron Israels
gesetzt hatte. Der Ruhm des Königs war bis an die
Enden der Erde gedrungen. Die Königin hatte auch dem
Gerücht geglaubt, das zu ihren Ohren gelangt
war. Ihr Herz war dadurch zu ihm hingezogen worden.
Es waren aber nicht die Reichtümer Salomos, die sie
jetzt beschäftigten, sondern seinePerson. Er selbst war
es, den sie sehnlichst kennen zu lernen wünschte. Nichts anderes
als eine persönliche Bekanntschaft mit dem König
vermochte sie zu befriedigen. So ließ sie sich denn durch
keinerlei Schwierigkeiten aufhalten. „Sie kam von den
Enden der Erde" (Luk. 1K, ZI.) mit dem festen Entschluß,
— 269 —
nicht zu ruhen, bis sie Salomo gefunden hatte. Sie hatte
gehört und hatte geglaubt, und ihr Glaube zeigte
sich in ihren Werken. Es ließ ihr keine Ruhe, bis sie sich
in der Gegenwart des Gesalbten JehovaS
befand.
Es besteht ein großer Unterschied darin, ob ich an
den Wert des am Kreuz vollbrachten Werkes Christi
glaube, oder ob ich mich im Glauben dem Throne Gottes
nahe, um dort der verherrlichten Person des Heilandes,
des Siegers über den Tod, zu begegnen, indem meine
Seele die wunderbare, in diesem Werk geoffenbarte Liebe
versteht. Sobald der Gläubige auf diese Weise persönlich
mit dem Sohne Gottes in Berührung tritt, beginnt für
ihn der Anfang eines ganz neuen Lebens. Damit hat sein
Herz einen unvergleichlichen und allgenugsamen Gegenstand
gefunden. Er erfährt die gesegnete Wirklichkeit der
Gemeinschaft mit Dem, welcher tot war und auferstand,
und der jetzt „lebendig ist von Ewigkeit zu Ewigkeit".
(Offbg. k, k7. k8.) Er betrachtet Ihn als den verherrlichten
Menschen, den Gott hoch erhoben und auf Seinen
Thron gesetzt hat, und er weiß, daß „in dem Namen Jesu
jedes Knie sich beugen wird, der Himmlischen und Irdischen
und Unterirdischen". (Phil. 2, k0.) Er kennt Ihn
als Den, in welchem „die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig
wohnt" (Kol. 2, 9), als Den, welchen Gott „als
Haupt über alles der Versammlung gegeben hat, welche
Sein Leib ist" (Eph. k, 22. 23), und den Er gesetzt hat
„zu Seiner Rechten in den himmlischen Ortern über jedes
Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft".
(Eph. k, 20. 2k.) Wir kennen Ihn auch als einen Freund,
der „zu aller Zeit liebt", und der wie ein Bruder handelt.
270
der „für die Drangsal geboren wird" (Spr. 77, 77), denn
„es gibt Einen, der liebt und anhänglicher ist als ein Bruder".
(Spr. 78, 24.) Und schließlich hören wir, daß Er
unser Sachwalter, unser Hohepriester und unser Hirte
ist.
Was war das erste Begehren dieser Frau des Glaubens,
als sie sich in der Gegenwart dessen befand, den
Gott auf den Thron Davids berufen hatte? Sie bat ihn
um die Lösung der schwierigen Fragen, die ihren Geist bewegten,
und die niemand anders als er lösen konnte. „Sie
kam, um ihn mit Rätseln zu versuchen." (7. Kön. 70, 7.)
Haben nicht auch die meisten unter uns schwierige
Fragen, mit denen sie sich quälen? Laufen nicht viele Gläubige
— und ach, wie oft vergeblich! — von einem Prediger
zum anderen und studieren dicke theologische Bücher,
um so Licht und Frieden zu erlangen? Die Jahre eilen
dahin, aber Zweifel und Verwirrung wollen nicht weichen.
Würden sie dagegen die Fragen, die sie quälen, vor
den Herrn bringen, rasch würde die Befreiung von ihren
Schwierigkeiten da sein. Wenn wir uns dessen bewußt
sind, daß wir dem Herrn angehören, so ist es ganz natürlich,
daß wir uns an Ihn wenden und Ihm in heilsamen
Übungen unsere Bedürfnisse kundtun, indem wir alle Fragen
vor Ihn bringen „durch Gebet und Flehen mit Danksagung".
(Phil. 4, b.) Unmöglich aber können wir aus
die Lösung unserer schwierigen Fragen rechnen, wenn wir
Ihn übergehen und Hilfe und Befreiung anderswo als
bei Ihm suchen.
Wer unter uns z. B., der die unheilbare Verderbtheit
des Fleisches in Wahrheit erkannt hat, hat nicht schon
vor der Frage gestanden: Warum muß der Gläubige, von
27r
dem das Wort sagt, daß er nicht mehr „im Fleische"
(Röm. 8, 9) sei, so schmerzlich merken, daß das Fleisch
doch noch in ihm wirkt, ja, was noch weit ernster ist:
Warum erfährt er immer wieder zu seiner Demütigung
und seinem tiefen Schmerz, daß das Fleisch durch Fehltritte
und Sünden, die den Herrn verunehren, sein Vorhandensein
beweist? Wahrlich, diese bittere Entdeckung ist
für den, der in der Schrift liest, daß er nicht mehr „im
Fleische" ist, ein schwer zu lösendes Rätsel. Viele Seelen
sind hierdurch lange und ernstlich beunruhigt worden. Doch
der Herr ist mächtig, denen die Schwierigkeit zu lösen,
welche sie mit dem Wunsch vor Ihn bringen, von Ihm
Hilfe und Klarheit zu empfangen. Im Lichte Seines Wortes
lernen solche erkennen, daß der Gläubige bezüglich
seiner Stellung vor Gott nicht mehr in Adam, sondern in
Christo ist, daß durch Seinen Tod unser alter Mensch
mitgekreuzigt worden ist, und daß Gott uns in dem auferstandenen
Christus ewiges Leben gegeben hat. So sind
wir nicht mehr „in Adam", nicht mehr „im Fleische",
sondern „in Christo Jesu", in welchem wir angenehm
gemacht und vollendet sind, obwohl wir anderseits noch
das Fleisch in uns haben und die Erfahrung machen, daß
es zu jedem Guten unfähig ist. Wir sind aber Sieger über
das Fleisch, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß wir „mit
Christo gekreuzigt" sind. (Gal. 2, 20.) Aus diesem Grunde
ergeht die Aufforderung an uns, uns „der Sünde für
tot zu halten, Gott aber lebend in Christo Jesu". (Röm.
b, U.)
Was daher unsere Stellung angeht, sind wir vom
Tode ins Leben übergegangen: wir sind „in Christo Jesu".
(Röm. 8, r.) Tatsächlich aber ist daö Fleisch in unö
272
unverbesserlich schlecht nach dem Wort deö Herrn: „Was
aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch". (Joh. Z, 6.)
Was ferner unseren Zustand betrifft, so ist das Fleisch,
obwohl es noch in uns ist, kein Hindernis für unsere Gemeinschaft
mit dem Herrn, vorausgesetzt, daß wir „nicht
nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste wandeln".
(Röm. 8, 4.) Und was schließlich die Kraft unseres
Wandels angeht, so hängt alles ab von dem Wohnen des
Heiligen Geistes in uns, dessen Bestreben dahin geht, uns
mit dem Herrn Jesus Christus zu beschäftigen, in welchem
all unsere Kraft ist, und von dem alle unsere Segnungen
zu uns ausströmen.
Weil das Fleisch noch in uns ist, fordert der Apostel,
nachdem er erklärt hat, daß wir gestorben sind, und daß
unser „Leben verborgen ist mit dem Christus in Gott"
(Kol. Z, 3), uns auf, unsere „Glieder, die auf der Erde
sind: Hurerei usw." zu töten und „alles das abzulegen:
Zorn, Wut, Bosheit, Lästerung, schändliches Reden aus
eurem Munde". (Kol. Z, 5. 8.) Alles wird einfach, wenn
wir die Gedanken des Herrn erfaßt haben. Dagegen ist es
für eine in diesen Dingen geübte Seele außerordentlich
schwierig, den Schlüssel des Rätsels zu finden, ohne daß
sie hierüber mit dem Herrn selbst, mit Hilfe Seines Wortes,
verkehrt hat. (Fortsetzung folgt.)
Vom Rechnen
Von einem Geschäftsmann erwartet man, daß er ein
sicherer Rechner ist. Dazu gehört die Fähigkeit, die jeweils
richtigen Faktoren einzusetzen, denn von diesen ist das Ergebnis
abhängig. —
27Z
Als sicherer Rechner ist der Mensch zu bezeichnen, der
mit Gott rechnet. Der glaubende Abraham liefert Beweise
dafür. Bei der Auswahl der Weideplätze für das Vieh
überließ er seinem Neffen nach dessen Wahl die vorzüglichsten
Plätze und nahm für sich das, was jener übrigließ.
Darauf empfing Abraham — nach der Trennung
von Lot — kostbare Verheißungen von Gott (7. Mose
1Z, 14 ff.), während Lot, der zunächst zwar ein angesehener
Mann in Sodom wurde, am Ende mit knapper Not
das nackte Leben rettete, „weilIehova sich seiner
erbarmt e". Lot hatte sich mit den besten Weideplätzen
verrechnet, während Abraham gewürdigt wurde, das
Vertrauen seines Gottes zu genießen, (1. Mose 18,17 ff.)
Ein weiteres lehrreiches Beispiel aus der Geschichte
Abrahams ist sein Verhalten dem König von Sodom gegenüber.
(1. Mose 14.) Nach menschlichem Dafürhalten
hätte er diesem Fürsten wohl den Aufwand an Zeit und
Mühe für sich und seine dreihundertachtzehn Knechte in
Rechnung stellen und eine angemessene Bezahlung für seine
so überaus tatkräftige Hilfsleistung beanspruchen können.
Doch Abraham rechnete mit Gott, und in
dieser Einstellung wies er das Anerbieten des Königs mit
dem schönen Wort zurück: „Nichts für mich". Den
Verheißungen seines Gottes glaubend, wollte er seinen
Reichtum nicht Sodom, sondern nur dem Gott verdanken,
„der Himmel und Erde besitzt". Im Blick auf diese Verheißungen
war er ja ohnehin reicher als ganz Sodom zusammen.
Wie hätte jemand den reich machen können, der
„der Welt Erbe sein sollte"? (Röm. 4, 13.) Und der
im Glauben reiche und glückliche Abraham empfing hierauf
die kostbare Verheißung von seinem Gott: „Fürchte
274
dich nicht, Abram. Ich bin dir ein Schild, dein
sehr großer Lohn." (7. Mose 45, 1.) Gott selbst
wollte Abrahams Lohn sein. Welche Herablassung von feiten
Gotteö, und welch eine Segnung, welch ein Reichtum
für Abraham!
„Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt
zu werden." (Hebr. 77, 76.) Das war der Lohn
für die, welche bekannten, daß sie „Fremdlinge und ohne
Bürgerschaft auf der Erde seien", und deren Trachten
deutlich zeigte, daß ihr Weg himmelwärts führte.
Diese Worte sind zu unserer Ermunterung geschrieben.
Auch heute bekennt der Gott Abrahams sich zu solchen,
die des Glaubens Abrahams sind. Sein Herz ist
denen zugewandt, die den Platz als Fremdlinge hienieden
einnehmen und in wahrer Absonderung von
aller Art des Bösen die praktische HerzenSverbin-
dung mit dem Herrn Jesus jedem irdischen Vorteil vorziehen.
Sie werden, wie die treuen Gläubigen aller Zeiten,
wahrlich in keiner Hinsicht verkürzt werden, denn
„Jehovas Augen durchlaufen die ganze Erde, um sich
mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf
Ihn gerichtet ist". (2. Chron. 76, 9.)
Ein drittes, ebenso schönes und gerade für unsere
Tage besonders lehrreiches Bild steht uns vor Augen,
wenn wir Abraham bei den Verhandlungen mit den Hethitern
betrachten, von denen er eine Begräbnisstätte für
seine verstorbene Sara erwerben wollte. Er besaß Gottes
Verheißung, daß sein Same das ganze Land besitzen
würde. Auf die Erfüllung dieser göttlichen Verheißung
wartete er. Bis dahin aber war er Fremdling im
Lande, und wenn er ein kleines Stück Land für eine wür
275
dige Grabstätte benötigte, so bat er höflich um dessen Überlassung
um „das volle Geld", (b. Mose 23, y.) Die
Worte der Kinder Heth: „Du bist ein Fürst Gottes unter
uns", bezeugen, daß sie Abrahams Stellung richtig erkannten.
Sie boten ihm daS auserlesenste ihrer Gräber
an, ohne eine Bezahlung dafür zu fordern. Sie rechneten
es sich offenbar zur Ehre an, wenn der Fürst Got­
tes eine Grabstätte von ihnen annahm. „Keiner von unö
wird dir sein Grab verwehren, um deine Tote zu begraben."
Doch Abraham, der von Gott zum Erben deö
ganzen Landes ausersehen war, nahm von Menschen
auch nicht das kleinste Stück des Landes
zum Geschenk an. Sehr höflich, aber bestimmt und unerschütterlich,
bat er um Abtretung der ihm für seinen Zweck
zusagenden Stätte gegen das volle Geld. „Ich gebe den
Preis deö Feldes, nimm ihn von mir!" bat er. Und als
ihm der Kaufpreis schließlich genannt wurde, da bezahlte
er ihn in gutem Silber, „gangbar beimKauf-
man n". Dieser Zusatz ist sicherlich nicht ohne Bedeutung.
Abraham wollte nicht einen Augenblick Schuldner derer
sein, die einst aus dem Besitz des Landes vertrieben werden
mußten. Er bezahlte nicht mit einem Schuldschein,
dann und dann zahlbar, oder durch eine Übereignung irgendwelcher
Werte „an Iahlungsstatt" (sein Reichtum
an Vieh hätte ihm dies ermöglicht); sondern in barem,
gangbarem Silber zahlte er den Menschen den
Preis für daö Land, daö ihm von G o tt zugedacht war.
Was befähigte Abraham zu solchem Handeln? Die
Antwort heißt: „Abraham glaubte Gott". Für ihn gab
es keine Rechnung, in der nicht Gott, seinGott, der
bestimmende Faktor war. (Der Ausdruck sei in
27b
aller Ehrfurcht gebraucht.) Damit war jede Berechnung
im Ergebnis gesichert. Der „Fürst Gottes", der seine Stellung
wohl kannte, konnte nur so, nicht anders, handeln,
ohne an seiner Würde den Menschen gegenüber Einbuße
zu erleiden.
Und eins noch: Kanaan, so wertvoll ihm dieses als
Land der Verheißung auch sein mochte, war letzten Endes
doch nicht sein „Vaterland". Er blieb Fremdling in diesem
Lande, indem er „nach einem besseren, das ist himmlischen,"
trachtete. (Hebr. 77, 74—76.)
Glücklicher Abraham, dessen Endziel außerhalb dieser
Erde lag! Im Blick auf dieses Endziel rechnete er, und
Gott bekannte sich dazu, und Er schämte sich nicht, der
Gott Abrahams genannt zu werden.
O daß wir alle, die wir „vom Glauben Abrahams"
sind (Röm. 4, 76), „in den Fußstapfen deö Glaubens
wandeln" möchten (Röm. 4, 72), der Abrahams
Weg kennzeichnete! Dann wird auch unser praktisches
Rechnen im täglichen Leben ein gesichertes Endergebnis
haben.
Vpl<r kann ich am besten meinem Herrn
dienen?
Kürzlich las ich in einer christlichen Zeitschrift den
Ausspruch einer gläubigen Frau und Mutter, den diese
auf ihrem letzten Krankenlager ihrer Tochter gegenüber
getan hat. Er lautete: „Eins darf ich sagen. Seit mein
Herz im 77. Jahre meines Lebens von der Liebe deö Heilands
bewegt wurde, bin ich wohl nie, in gesunden und
kranken Tagen, vom Schlaf erwacht, ohne daß mein er
277
fter wacher Gedanke der gewesen wäre, wie ich am besten
meinem Herrn dienen könnte."
Als ich diese Worte las, mußte ich mir sagen: Das
könntest du nicht von dir behaupten. Ich habe mich beim
Lesen schämen müssen, und vielleicht ergeht es dem einen
und anderen Leser nicht anders.
Wenn wir nach guter Nacht erwachen, werden wir
es gewiß zuerst alle so machen wie der Dichter des bekannten
Liedes:
Mein erst Gefühl sei Preis und Dank!
Wenn wir uns dann weiter dem Herrn befehlen für
den kommenden Tag, werden dabei wohl zumeist Fragen
und Anliegen im Herzen wach werden, die wir dann vor
den Herrn bringen, was gut und richtig ist. Aber pflegen
wir dann auch den Herrn um Gelegenheiten zu bitten,
um Ihm unsere Liebe durch die Tat beweisen zu
können? Ich habe mir schon manchmal nach einem Gebet
sagen müssen, daß die eigene Person, das eigene Sorgen,
das eigene Wohlergehen eine viel zu große Rolle darin
spielten, während der Herr und Seine Liebe und Sein
Werk zu kurz kamen. Der Apostel konnte sagen: „C hri -
stuö ist mein Leben". Du entgegnest: Er war auch ein
Apostel. Recht. Aber war er nicht auch ein Mensch wie
wir? Hatte er nicht persönliche Bedürfnisse, Wünsche und
Sorgen wie wir? Aber diese Dinge galten ihm wenig.
Dagegen galt der Herr ihm alles. Seine Person war
der Gegenstand seiner Betrachtung (Hebr. Z, t), Seine
Liebe erfüllte sein Herz und drängte ihn (2. Kor. 5, 44);
daß Sein Leben an seinem sterblichen Fleische offenbar
werde, war sein Wunsch (2. Kor. 4, tt), und in Ihm
erfunden zu werden, sein Verlangen. (Phil. Z, 9.) Von
278
Ihm ergriffen, „jagte er, das Ziel anschauend, hin zu
dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo
Jesu" (Phil. 3, 74.) Mit einem Wort: Christus war
für ihn alles.
Daß wir alle hinter diesem ungewöhnlichen Manne
weit zurückstehen und immer zurückstehen werden, ist unnötig
zu bemerken. Paulus war ja auch in der Tat ein
ganz besonders „auserwähltes Gefäß" des Herrn, um
Seinen Namen überall hinzutragen. Aber deswegen haben
wir doch nicht weniger Ursache, unseren Herrn zu lieben.
Hat Gotteö Barmherzigkeit nicht auch uns geliebt,
als wir „in den Vergehungen tot waren", sind nicht auch
wir „durch Gnade errettet", ist Christus nicht auch für
uns gestorben, „da wir noch Sünder waren", hat Er uns
nicht „von unseren Sünden gewaschen in Seinem Blute"?
Fürwahr, Er ist wert, unser ganzes Herz auszufüllen und
der Gegenstand unserer Liebe zu sein. Und Er ist auch
wert, daß wir Ihm leben und dienen. Daß dies auch der
Wunsch Seines Herzens ist, geht klar aus dem Wort
hervor: „Wenn mir jemand dient, so wird der Vater ihn
ehren". Gottes Ehre ist also dem gewiß, der Seinem
Sohne dient — eine Verheißung, die in ihrer Bedeutung
nicht zu ermessen ist.
„Wenn mir jemand dient, so wird der Vater ihn
ehren." Sollte nicht jedes Herz, das sich vom Herrn geliebt
weiß, und das Ihn wiederliebt, auf ein solches Wort
aus Herzensgrund antworten:
Teurer Herr, w i e kann ich Dir dienen?
Sollte diese Frage nicht tagtäglich aus unserem
Innern aufsteigen? Geschähe es in Aufrichtigkeit des Herzens,
gewiß, es würde nicht zu so vielen traurigen Vor
279
kommnissen in unserer Mitte kommen, deren wir uns vor
Gott und Menschen schämen müssen. Im Gegenteil, Sein
Name würde durch unö verherrlicht werden. „Geschaffen
in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvor bereitet
hat", würden wir durch Seine Gnade und Kraft auch
„in ihnen wandeln". (Eph. 2, ro.)
Darnungsworte für dl<r heutige Zeit
ü) Demut
(Eph. 4, t. 2.)
„Ich ermahne euch nun, ... daß ihr würdig wandelt
... mit aller Demutund Sanftmut..."
Es war gewiß sehr nötig, daß der Gefangene im
Herrn die in der angeführten Stelle genannten Eigenschaften
vor allem denen in Erinnerung brachte, die er
ermahnte, ihrer Berufung „würdig zu wandeln" und „die
Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens".
Aber wie steht es in dieser Hinsicht mit uns? Können
wir sagen, daß diese Eigenschaften uns auszeichnen?
Oder lassen wir, denen die Ermahnung des dritten Verses
— „die Einheit des Geistes zu bewahren" — so wichtig
ist, die Kraft deö zweiten außer acht? Gibt sich nicht
oft in unseren Unterhaltungen eine Art ruhiger Selbstzufriedenheit
kund, ein wohl erkennbarer überlegener Ton,
was anderen und unserem Herrn nur verrät, wie sehr unsere
Herzen der Gesinnung deö Apostels entfremdet sind?
Dieser Mann, der vor allen anderen begabt und bevorzugt
war, diente mit aller Demut. (Apstgsch. 20, 49.)
Tun wir dasselbe?
Wir lesen, daß der Herr „von Herzen demütig" war.
280
Sind wir es?
Er „erniedrigte sich selbst".
Lebt diese Gesinnung in uns? Sind wir als „Auserwählte
Gottes" niedriggcsinnt und „mit Demut fest umhüllt"?
Oder findet sich ein solcher Geist und Zustand selten
unter uns? Es gab eine Zeit, wo der allgemeine Niedergang
so tief gefühlt wurde, daß wir unsere Stellung im
Staube einnahmen. Aber wenn die empfangenen Wahrheiten
nur mit dem Kopf ausgenommen werden, anstatt
auf das Gewissen zu wirken, so ist Aufblähung statt Demütigung
die Folge. Wie muß es doch Christum betrüben,
Ihn, der Seine ganze Versammlung liebt und ihr
Wohl sehnlichst wünscht, diejenigen aufgeblasen und selbstzufrieden
zu sehen, die Er in Seiner Gnade um sich selbst
versammelt hat, auf daß sie mit Ihm den schrecklichen
Niedergang Seiner Versammlung auf Erden fühlen und
erkennen möchten! Ist ein derartiger Zustand nicht tatsächlich
dem Grundsatz nach das Kennzeichen von Lao-
dicäa?
Gott gebe, daß wir „geistlichen Hochmut" jeder Art
— dieses so leicht sich einschleichende Übel — fürchten und
meiden, und Er befähige uns, einen in Wahrheit zerbrochenen
Geist zu offenbaren, auf daß alle Seine geliebten
Kinder sehen möchten, daß es solche in ihrer Mitte gibt,
deren Herzen tief den Niedergang alles dessen fühlen, was
Christo hienieden teuer ist.
I. N. D.
(Aus einem Briefe)
Sie Taufe der Buße
Gottes Wort stellt immer wieder zwei Dinge vor unsere
Augen: einmal den entarteten Zustand des menschlichen
Herzens, und dann die Art, wie Gott in Seiner
Gnade den Sünder sucht und rettet. Unschuldig geschaffen,
hörte der Mensch auf Satan, und die Sünde mit all ihren
traurigen Folgen: Krankheit, Elend, Tod und Gericht,
kam in die Welt. Unter Gesetz gestellt, erwies sich
der Mensch als völlig unfähig, Gottes Gebote zu halten.
Und als schließlich die Gnade ihm in der Person des von
Gott gesandten Sohnes erschien, trat er die Güte Gottes
mit Füßen, kreuzigte den Herrn Jesus und widerstand
dem Heiligen Geiste. Schon der Prophet hatte, Jahrhunderte
vor dem Kommen des Herrn Jesus, auögerufen:
„Wer hat unserer Verkündigung geglaubt?" Und Stephanus
bezeugte nicht lange nach der Verwerfung des Messias
durch Sein irdisches Volk: „Ihr Halsstarrigen und
Unbeschnittenen an Herz und Ohren! ihr widerstreitet allezeit
dem Heiligen Geiste; wie eure Väter, so auch ihr.
Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt?
Und sie haben die getötet, welche die Ankunft des Gerechten
zuvor verkündigten, dessen Verräter und Mörder i h r
jetzt geworden seid, die ihr das Gesetz durch Anordnung
von Engeln empfangen und nicht beobachtet habt."
(Apstgsch. 7, 5r-SZ.)
Dieser Ausruf kennzeichnet die Verderbtheit eines
Volkes, das wie kein zweites von Gott begünstigt worden
war. Doch ist Israel, wie schon oft bemerkt, nur ein von
t^xxxi ti
282
Gott gewähltes Beispiel, um zu zeigen, was der Mensch
ist, selbst unter den günstigsten Umständen, in denen er
wahrlich Gelegenheit gehabt hätte, Gutes hervorzubringen,
wenn solches in ihm gewesen wäre. Denken wir daher
nicht, daß wir Gott mehr Ehre gemacht hätten, wenn
wir an Stelle Israels gewesen wären! In dieser Hinsicht
ist unter den Menschen kein Unterschied. (Vergl. Röm. 3.)
Doch Gott hat ihnen Sein Wort nicht gegeben, um sie
in Verzweiflung zu stürzen, sondern um sie die Wahrheit
über ihren Zustand erkennen zu lassen, denn Seine
Gnade kann nicht von der Wahrheit getrennt werden.
Wir sahen dies bereits im Verlauf unserer Betrachtung
über das „samaritische Weib". Als ihr Gewissen
erreicht war, bekannte sie: „Er hat mir alles gesagt, was
irgend ich getan habe". An der Wahrheit, die Jesus ihr
über sie selbst gesagt hatte, erkannte sie, daß Der, welcher
mit ihr redete, der Christus war. In der Einfalt ihres
Glaubens lud sie daraufhin die Leute ihres Ortes ein, zu
kommen und Den zu sehen, in welchem ihr Herz, wenngleich
es gerade durch das Licht der Wahrheit in seinen
Tiefen bloßgelegt worden war, dennoch seine Zuflucht gefunden
hatte. Der Erfolg ihrer Einladung war, daß die
Samariter später bezeugten: „Wir selbst haben gehört und
wissen, daß dieser wahrhaftig der Heiland der Welt ist".
Gott muß wirken, um uns von unserem sündigen Zustand
zu überzeugen, denn ohne dieses Wirken würde das natürliche
Herz die Wahrheit stets verwerfen. Wir hören sie nicht
gern. Wir fühlen uns von ihr verurteilt, und außerdem
— der natürliche Mensch liebt die Sünde.
Gott wirkt im Menschen durch das Gewissen. Wahres
Verständnis für geistliche Dinge wird nur durch ein
28Z
aufgewecktes und in der Gegenwart Gottes geübtes Gewissen
erlangt. Wo Gott daher wirkt, führt die dem Herzen
durch Seinen Geist und Sein Wort vorgestellte Wahrheit
zum Sündenbekenntnis. Statt sich zu bedecken und
vor Gott zu verbergen, wie einst Adam im Garten Eden,
legt man dann das verborgene Übel des Herzens vor Gott
bloß auf Grund der Entdeckung, daß Gott selbst es ist,
der von ihm befreit. Er offenbart sich als Der, „der Ungerechtigkeit,
Übertretung und Sünde vergibt". So begegnen
sich Gnade und Wahrheit. Dasselbe finden wir
in den Evangelien. Ehe der Herr Jesus in der Welt geoffenbart
wurde, um hier den Vater kundzumachen und daö
Sühnungswerk zu vollbringen, sandte Gott einen Mann
vor Ihm her, um Ihm den Weg zu bereiten — Johannes
den Täufer. Dieser Mann „predigte die Taufe der Buße
zur Vergebung der Sünden". (Mark, l, 4.) Für die, die
sich ihr aufrichtigen Herzens unterwarfen, war diese Taufe
die Gewähr, daß ihre Sünden hinweggetan werden
sollten, obgleich das Werk, auf Grund dessen dies gerechterweise
geschehen konnte, noch nicht vollbracht war. Aber
indem sie der auf göttliche Weisung an sie ergehenden Aufforderung
des Täufers nachkamen, nahmen sie den ihnen
gebührenden Platz vor Gott ein. So empfingen sie ein Bewußtsein
davon, daß sie Gegenstände der Gunst Gottes
waren, der auf Seine Weise und zu Seiner Zeit die ganze
Fülle Seines Heils kundmachen würde. Es war eine Taufe
„zur Vergebung der Sünden" im Blick auf den Erlöser,
der mitten unter ihnen stand. Johannes verlangte Aufrichtigkeit
des Herzens von allen, die zu ihm kamen.
„Bringet nun der Buße würdige Frucht!" rief er, „und
denket nicht, bei euch selbst zu sagen: Wir haben Abraham
284
zum Vater; denn ich sage euch, daß Gott dem Abraham
aus diesen Steinen Kinder zu erwecken vermag." (Matth.
Z, 8. y.) Mit anderen Worten: Vertrauet nur nicht auf
zeitliche Vorrechte, indem ihr sagt: weil wir von Abraham
abstammen, müssen wir notwendig an allen verheißenen
Segnungen teilhaben. Nein, die Zeit war gekommen, da
Gott erklärte, daß Er nicht länger mit der Sünde Nachsicht
haben würde. Die Zeit der Erprobung des Menschen
war zu Ende. Jetzt hieß es zwischen der Gnade und dem
Gericht Gottes wählen. Und was das Volk als Ganzes
anging: Sollten die verheißenen Segnungen von ihm genossen
werden, so mußte es in Wahrheit zu Gott umkehren.
Sie mußten ihrHerz zerreißen, und nicht ihre Klei-
d e r. So hatten Joel und alle Propheten gesagt. (Vergl.
Joel 2, 12—14; Jer. 25, 4. 5; Hos. 6, 4—6.) Nur unter
solchen Bedingungen konnten sie ins Reich eingehen.
Nur solchen gegenüber konnte Gott gnädig und barmherzig
sein und sich des Übels gereuen lassen.
Es steht ganz in Übereinstimmung mit dem oben
Gesagten, wenn Johannes in der Wüste Juda ausrief:
„Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder
Baum nun, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen
und ins Feuer geworfen. I ch zwar taufe euch mit Wasser
zur Buße, der nach mir Kommende aber ist stärker
als ich, dessen Sandalen zu tragen ich nicht würdig bin;
Er wird euch mit Heiligem Geiste und Feuer taufen;
dessen Worfschaufel in Seiner Hand ist, und Er wird Seine
Tenne durch und durch reinigen und Seinen Weizen
in die Scheune sammeln, die Spreu aber wird Er verbrennen
mit unauslöschlichem Feuer." (Matth. 3, 10—12.)
Im Blick auf das angekündigte Gericht mußte jeder in
285
Aufrichtigkeit seinen Platz vor Gott einnehmen, indem er
sich von dem Bösen, das in der Welt ist, trennte und zu
Gott kam, um von der angebotenen Gnade Gebrauch zu
machen. Es war grundsätzlich dasselbe, was der Apostel
Paulus den Athenern mit den Worten sagte: „Nachdem
nun Gott die Zeiten der Unwissenheit übersehen hat, gebietet
Er jetzt den Menschen, daß sie alle allenthalben Buße
tun sollen, weil Er einen Tag gesetzt hat, an welchem Er
den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit durch einen
Mann, den Er dazu bestimmt hat". (Apstgsch. 17, 30. 31.)
Buße war nötig, und zwar mußte es ein wirkliches Herzenswerk
sein. Gott kennt unsere geheimsten Gedanken.
Es kann da kein religiöses Bekenntnis irgend einer Art
in Frage kommen. Wer von der Gnade, die Gott anbietet,
Gebrauch machen will, muß auf dem Wege des Selbstgerichts
zu Ihm umkehren.
Das war auch so mit dem auserwählten Volk Gottes,
mochte es sich um das Dolksganze oder um den einzelnen
handeln. Die Juden rühmten sich ihrer Abstammung
von Abraham. Aber wollten sie als Abrahams Kinder in
die ihnen als Volk gegebenen Verheißungen eintreten, so
konnte das nur unter der Bedingung geschehen, daß sie
den Charakter ihres Vaters Abraham teilten, indem sie
mit Gott wandelten und Seinem Wort gehorsam waren.
(Vergl. 1. Mose 18, 19.) Männer wie Esra und Daniel
hatten das tief empfunden, und ihr Gefühl für die Sünden
des Volkes war umso tiefer gewesen, als ihr eigener
Wandel ohne Tadel war in der Furcht Gottes. Sie fühlten,
was die Sünde war, und verurteilten sie.
Während Daniel so seine Sünde und die seines Volkes
vor Gott bekannte, erfuhr er, daß er „ein Vielgelieb
286
ter" war. (Dan. d.) Natürlich kann ein Werk solcher Art
nur persönlich sein. Aber indem Gott in vielen einzelnen
wirkte, wie Er es durch den Dienst des Täufers tat, brachte
Er ganze Scharen aus dem Volke zur Erleuchtung, die in
den Spuren der alten Glaubensmänner wandelten und so
den oft erwähnten „Überrest" bildeten — den Kern des
„Israels Gottes" (Gal. 6, 1.6), über den Christus herrschen
sollte.
Der Charakter dieses Überrestes wird uns im Anfang
des Evangeliums Lukas wunderschön dargestellt. Diese
Leute vertrauten auf das Erbarmen Gottes, hatten ein
wirkliches Bedürfnis nach einem Heiland und empfingen
die „Erkenntnis des Heils in der Vergebung ihrer
Sünden". (Kap. 1, 77.) Sie suchten nichts in sich selbst,
das ihnen irgendwie Anspruch auf die verheißenen Segnungen
hätte geben können. Sie hatten nur ihre Sünden,
um sie Gott zu bringen. Aber sie konnten das tun in dem
Bewußtsein, daß durch die „herzliche Barmherzigkeit ihres
Gottes der Aufgang aus der Höhe sie besucht hatte,
um denen zu leuchten, die in Finsternis und Todesschatten
saßen". Es war eine eigenartige Versammlung, die
den Täufer am Jordan umringte. Sie bestand aus Sündern,
die sämtlich von ihrer Schuld überzeugt waren und
nichts zu ihrer Rechtfertigung vorzubringen hatten, die
dies aber auch in keiner Weise versuchten. Sie waren gekommen,
um das begangene Böse zu bekennen und sich
Gottes Händen zu übergeben. Sie alle verstanden, wie
Johannes ihnen auch gesagt hatte, daß ein durch und durch
verändertes Leben die Aufrichtigkeit ihrer Buße beweisen
müsse. Wir können unsere Sünden nicht in Gottes Gegenwart
bekennen und zugleich einen durch Weltsinn und Ei
287
genwillen gekennzeichneten Lebenswandel fortsetzen. Wir
können die Sünde nicht zu gleicher Zeit lieben und hassen.
Ein aufrichtiges Sündenbekenntnis beweist, daß wir die
Sünde hassen. Aber die bloße Tatsache, daß wir sie hassen,
befreit uns nicht von ihr, weder von ihrer Schuld noch
von ihrer Macht. Um uns von der Sünde zu befreien,
mußte Gott ins Mittel treten. Und die Taufe Johannes'
war die göttliche Gewähr für dieses Dazwischentreten, so
daß das Volk voller Erwartung war. (Luk. Z, 75.) Johannes
hatte die schmerzliche Aufgabe, Bekenntnisse von
allerlei Bösem anhören zu müssen. Er verbrachte sein Leben
inmitten der Sünder. Sein Dienst gehörte ihnen. Aber
er konnte ihnen noch nicht sagen, daß ihre Sünden vor
Gott hinweggetan worden waren.
In die Mitte dieser Leute, die ohne Zweifel von der
stolzen Welt verachtet wurden, trat nun der Herr Jesus,
um unter ihnen Seinen Platz einzunehmen. Er kam von
Galiläa zu Johannes an den Jordan, um von ihm getauft
zu werden. Daß Johannes diese Tat wunderbarster Gnade
nicht zu fassen vermochte, wundert uns nicht. Er widersprach
Jesu aufs entschiedenste. „Ich habe nötig, von dir
getauft zu werden", antwortete er Ihm, „und d u kommst
zu mir? JesuS aber antwortete und sprach zu ihm: Laß
es jetzt so sein, denn also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit
zu erfüllen." Der Wille des Vaters war die beständige
Richtschnur für das Tun des Herrn Jesus, dieses
vollkommenen Vorbildes eines Menschen, wie er nach den
Gedanken Gottes und für Gott auf Erden sein sollte. Er
konnte nach den Worten von Psalm 76 sagen: „Ich habe
Jehova stets vor mich gestellt". So wollte Er sich in Gnaden
einsmachen mit denen, in welchen Gottes Geist wirk
288
sam war, indem Er sie leitete, auf Sein Wort zu hören
und sich Seinem Willen zu unterwerfen. Zugleich erfüllte
der Herr Jesus durch diese Handlung ein anderes Wort
des gleichen Psalms. Er bewies durch Sein Tun, daß Er
„alle Seine Lust" an denen hatte, die Er „die Heiligen
auf Erden und die Herrlichen" nannte. Die Welt verachtete
sie. Aber Gott hatte in Gnaden auf sie herabgeschaut,
und Jesus, der sich völlig mit ihnen einsmachte, begann
Seinen Dienst damit, daß Er das Werk, das Gott in jenen
Tagen durch Seinen Knecht Johannes den Täufer tat,
vor aller Welt anerkannte.
Es ist klar, daß der Herr persönlich nicht nötig hatte,
zu Johannes zu gehen. Er hatte keine Sünden zu bekennen.
Aber um der Erfüllung der Gerechtigkeit willen
mußte Er das, was Gott tat, anerkennen und durch Sein
Tun diejenigen kennzeichnen, die Gott „die Heiligen"
nannte — Menschen, die sich vor der göttlichen Wahrheit
beugten mit einem in Seiner Gegenwart geübten Gewissen,
und die nicht suchten, den Folgen eines öffentlichen
Bekenntnisses dessen, was sie waren, zu entgehen. Um
für solche zu leiden und Sein Werk der Gnade für sie zu
vollbringen, war Jesus gekommen. Er dachte nicht an
sich selbst. Er dachte an Gott und an die Gegenstände Seiner
Gnade und machte sich, wie groß auch die damit verbundene
Demütigung für Ihn sein mochte, in Gnaden
mit ihnen eins. Aber was tat Gott? An Ihm war es, den
geliebten Sohn zu verherrlichen. „Als Jesus getauft war,
stieg Er alsbald von dem Wasser herauf; und siehe, die
Himmel wurden Ihm aufgetan, und Er sah den Geist
Gottes wie eine Taube herniederfahren und auf Ihn kommen.
Und siehe, eine Stimme kommt aus den Himmeln,
— 289 —
welche spricht: Dieser ist mein geliebter Sohn, an welchem
ich Wohlgefallen gefunden habe." (Matth. 3, 16. 17.)
Gott zeigte die persönliche Vollkommenheit des Herrn Jesus
und verherrlichte Ihn in aller Augen in dem Augenblick,
als Er diese Tat der Demut vollbrachte, indem Er sich
öffentlich mitten unter die Sünder stellte.
Doch das ist nicht alles. In diesem Augenblick und
bei dieser Gelegenheit wird Gott zum erstenmal als Vater,
Sohn und Heiliger Geist völlig geoffenbart. Obwohl
Beweise von der Dreieinheit im Alten Testament nicht
fehlen, würden wir dort vergeblich nach ihrer vollen Offenbarung,
wie wir sie hier haben, suchen. Der Sohn
Gottes war da — rein, vollkommen und fleckenlos. Die
Stimme des Vaters erkannte Ihn als solchen an, und
der Heilige Geist kam in körperlicher Gestalt herab,
um auf Ihm zu bleiben, dem einzigen Menschen, der den
Geist auf diese Weise empfangen konnte, denn Er allein
war ohne Sünde. Die Taube konnte nach dem Gesetz Moses'
als Brandopfer dargebracht werden. Sie war das
Sinnbild der Reinheit, die Gott verlangte. Mit der Annahme
dieser Gestalt zeigte der Geist, daß göttliche Reinheit
in unbedingter Vollkommenheit in Jesu gefunden wurde.
Als der Heilige Geist am Pfingsttage auf die Jünger
herabkam (Apstgsch. 2), nahm Er die Gestalt von feurigen
Jungen an, weil es in uns immer Dinge gibt, die
daö Feuer des Gerichts erheischen, mit dem „jeder gesalzen
werden wird". (Mark. 9, 49; vergl. auch 1. Kor.
11, 31.) In Jesus gab es nichts zu richten. Alles in Ihm
war Gott wohlgefällig. Und so wurde Er mit dem Heiligen
Geiste für Seinen öffentlichen Dienst in einer Weise
versiegelt, die Ihn von allen denen absonderte, in deren
290
Mitte Er lebte und wandelte, und die Er zur Erkenntnis
Gottes brachte. Was ihre Stellung anging, so wurde diese
fortan eine ganz andere. Nachdem sie dem von Johannes
dem Täufer gepredigten Evangelium der Buße Gehör gegeben
hatten, befanden sie sich jetzt in Verbindung mit
Dem, der der erklärte Sohn des Vaters war. Von nun an
waren sie um Seine herrliche Person vereint. Zweifellos
verstanden sie die Segnung, zu der sie gebracht worden
waren, in ihrer umfassenden Größe nicht, aber sie befanden
sich in der Gegenwart Dessen, der die Wahrheit, sowie
auch der persönliche Ausdruck jeder Segnung war, in die
Gott Seine erlösten Heiligen bringt. Diese Segnung konnten
sie noch nicht genießen, bevor die Erlösung vollbracht
und der Heilige Geist auf sie herabgekommen war.
Dies fand später statt. (Apstgsch. 2.) Aber die Darstellung
aller göttlichen Segnung, sowie auch der Stellung des
Christen, die erst später völlig geoffenbart wurde, war doch
schon dem Glauben in der Person des Herrn geschenkt.
Heute ist der Gläubige versiegelt mit dem Heiligen Geiste.
Er kennt den Vater und ist der Gegenstand Seiner Gunst.
Die Himmel sind ihm geöffnet, weil der Herr Jesus dort
ist, und weil „Der, welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt
werden, alle von einem sind".
Offenbart hat Gott sich in der Person Jesu, der,
als Mensch auf der Erde, sich so erniedrigte, daß Er selbst
einen Platz unter den Sündern einnahm; denn in Ihm war
alles vollkommen. Wir genießen den Segen dieser Offenbarung
kraft der Erlösung, die Er vollbracht hat, und weil
Er, als Mensch, Seinen Platz zur Rechten Gottes in Herrlichkeit
eingenommen hat. Denn der Heilige Geist konnte
nicht gegeben werden, bevor Jesus verherrlicht war. (Ioh.
- 2yr —
7, zy.) Aber sobald der Heilige Geist da war, konnte die
christliche Stellung — und so ist es geschehen — offen
kundgetan werden. Der Gläubige, mit dem Heiligen Geist
versiegelt, weiß jetzt, daß er bereits mit einem verherrlichten
Christus vereinigt ist, während er auf den Augenblick
wartet, wo er ausgenommen werden wird, um in
Herrlichkeit beim Herrn im Vaterhause zu sein. Bis dahin
aber, möchten wir uns das alle tief ins Herz hinein schreiben!
ist der Weg, das Handeln und das LebenJesu,
dieses Jesus, der sagen konnte, daß Er „allezeit das
dem Vater Wohlgefällige" tue, der Ausdruck des Wandels
deö Christen. Stellung und Verantwortung dürfen nicht
voneinander getrennt werden.
O wenn wir doch alle die Wahrheit erfaßten, wie sie
„in dem Jesus ist", zugleich aber auch miteinander
mehr und mehr lernten, was praktische Heiligkeit ist —
wobei ich jetzt vor allem an die Stunde denke, wo wir um
Ihn selbst, um Seine anbetungswürdige Person, versammelt
sind! Möchten wir uns ferner durch den Glauben
die Fülle der Wahrheiten zunutze machen, von deren Charakter
wir bereits einen Hinweis in dem Gesicht des Stephanus
finden, indem wir entdecken, daß die Himmel auch
für uns geöffnet sind, weil Jesus, der Sohn des Menschen,
dort ist. Ja, möchten wir diese Wahrheiten in einer
Weise erfassen, daß unsere Herzen überströmen „in der
Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes"! (Röm.
75, 73.) Und möchten wir schließlich, während wir auf die
Fülle des Segens warten, die Er, unser geliebter Herr, uns
selbst verbürgt, Herzen, Gedanken und Zuneigungen auf
das gerichtet halten, was droben ist, „wo der Christus ist"!
292
9as kananälsche Xpetö
(Matth, 15, 21—28)
„Das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die G na -
de und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden"
— d. h. in der Person Christi zu uns gekommen
— so lesen wir Joh. 1, 17.
Das Gesetz hat uns gezeigt, was der Mensch sein
soll, Jesus Christus aber, was der Mensch ist, und
was Gott ist. Er hat uns sowohl den wirklichen Zustand
des Menschen, als auch die Gnade und Wahrheit Gottes
geoffenbart.
Der Mensch war rettungslos verloren. Gott mußte
ihn verdammen — das war die Wahrheit. Aber da gab es
einen Ausweg — das war die Gnade. Erst mußte der
Wahrheitihr Recht werden, dann konnte die Gnade
sich frei über den Sünder ergießen.
Aus der Geschichte des kananäischen Weibes erhalten
wir eine faßbare Vorstellung von dem, was Gnade,
und von dem, was Wahrheit ist.
„Jesus ging aus von dannen und entwich in die Gegenden
von Tyrus und Sidon."
Wann geschah das?
Der Herr tat es, nachdem Er gerade den Pharisäern
gegenüber die ganze Hohlheit aller menschlichen Frömmigkeit
aufgedeckt hatte. Diese Männer des Gesetzes brachten,
wie wir im Anfang deö vorliegenden Kapitels lesen, ihre
Religiosität, ihre Frömmigkeit vor Gott. Der Herr erklärt
ihnen, daß das menschliche Herz, wenn es auch von Religion,
Überlieferungen der Altesten und strenger Beobachtung
der gesetzlichen Vorschriften erfüllt sei, sich doch in
293
Wirklichkeit „weit entfernt von Gott" befinde (D. 8), und
daß es in Wahrheit „böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei,
Dieberei, falsche Zeugnisse und Lästerungen" in sich
berge. (V. t9.)
Nach dieser ernsten Belehrung geht der Herr Jesus
von ihnen weg und wendet sich dahin, wo keine Religion,
aber viel Elend, kein Religionsbekenntnis, aber große
Hilfsbedürftigkeit zu finden war. Er hatte den Pharisäern
klargemacht, wie es in dem natürlichen Herzen des Menschen
aussieht, und ist jetzt im Begriff, dem Menschen
Sein eigenes Herz zu offenbaren. Sein Herz „voller
Gnade und Wahrheit".
„Und siehe, ein kananäisches Weib, das von jenen
Grenzen herkam, schrie zu Ihm und sprach: Erbarme dich
meiner, Herr, Sohn Davids! meine Tochter ist schlimm
besessen."
Das Weib war eine Heidin, eine Syro-Phönizierin.
Sie stammte aus einer als „verderbt" bezeichneten Ge­
gend und von einem Geschlecht, das unter dem Fluche lag.
(t. Mose y, 25.) Außerhalb des Bereichs der „jüdischen
Segnungen" stehend, hatte sie keinen Anspruch an den
Sohn Davids. Zwar war sie mit ihrer Not, mit ihrem
Herzen und Glauben auf dem richtigen Wege. Sie hatte
von Jesu gehört und glaubte an Ihn als den verheißenen
Retter, als den Sohn Davids, und rief Ihn als solchen an.
Ihr Begriff von der Wahrheit war aber falsch, und
daraus erklärt sich die Zurückhaltung des Herrn.
„Er aber antwortete ihr nicht ein Wort."
Manche glauben, daß der Herr geschwiegen habe, um
ihren Glauben zu prüfen. Das ist wohl richtig, aber nicht
der alleinige Grund. Zunächst suchte der Herr sie über die
294
Wahrheitzu belehren, um ihr nachher Gnade erweisen
zu können. Als Sohn Davids konnte Er nichts mit
der Kanaaniterin zu tun haben; als solche hatte auch das
Weib keinerlei Anspruch an Ihn. Hätte der Herr sie in Seinem
Charakter als „Sohn Davids" gesegnet, so wäre
Er Seinem Auftrage, dem Befehl Gottes, nicht treu geblieben,
denn „Er war ein Diener der Beschneidung geworden
um der Wahrheit Gottes willen, um die Verheißungen
der Väter zu bestätigen" (Röm. 15, 8), und das Weib war
„entfremdet dem Bürgerrecht Israels und Fremdling betreffs
der Bündnisse der Verheißung" (Eph. 2, 12), so
daß es nur natürlich war, daß sie, als sie an diese Tür
klopfte, sie verschlossen fand, denn „Er ist treu und gerecht".
Der Herr konnte nicht eher mit ihr reden und ihr
Seine Gnade zuwenden, als bis sie die Wahrheit, der neben
der Gnade ihr Recht werden mußte, verstand. Die Not
hielt aber das Weib zu den Füßen Jesu fest.
„Und Seine Jünger traten herzu und baten Ihn und
sprachen: Entlaß sie, denn sie schreit hinter uns her."
Was die Jünger bei diesen Worten im Sinn hatten,
wissen wir nicht. Vielleicht dachte Petrus: Sie ist ja eine
Heidin und hat gar kein Anrecht an Dich, den Sohn Davids.
Darum entlasse sie!
Das wäre „Wahrheit" gewesen auf Kosten der
„Gnade".
Vielleicht meinte Johannes: Sie ist doch ein armes,
hilfsbedürftiges Weib. Gib Du ihr, was sie will, und entlasse
sie dann!
Daö wäre „Gnade" gewesen auf Kosten der „Wahrheit".
2YS
Doch wollte der Herr beides erweisen: Wahrheit
und Gnade. Und das Sicheinmischen der Jünger
veranlaßt Ihn, nun auch etwas von Seinen Gedanken
durchblicken zu lassen.
„Er aber antwortete und sprach: Ich bin nicht gesandt,
als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel."
Als Sohn Davids beharrte Jesus bei Seiner besonderen
Sendung. Das Weib gehörte nicht zu den verlorenen
Schafen Israels. Darum konnte Er nicht mit ihr verkehren
und auf ihre flehentliche Bitte eingehen. Das war
die Wahrheit. Aber war es nicht Wahrheit biszur Härte?
Nein, Gottes Wahrheit ist niemals hart. Wahrheit
ohne Gnade wäre Härte, Gnade ohne Wahrheit würde
Schwäche sein. Aber hier stand jemand mit einem Herzen
voller Gnade und Wahrheit.
Wir sehen, daß der Herr gar nicht daran denkt, das
Weib nach der bequemen Art der Jünger einfach abzuweisen,
sondern Er harrt darauf, sich ihr gnädig zu erweisen.
Er harrt so lange, bis sie Ihm die gebührende Anerkennung
zollt, und bis sie selbst die ihr geziemende Stellung ein-
nimmt, in der Er sie segnen kann.
Das Weib hat ruhig zugehört, nimmt aber dann ihre
Bitte von neuem auf.
„Sie aber kam und warf sich vor Ihm nieder und
sprach: Herr, hilf mir!"
Sie sagt nicht, daß sie doch ebensogut wäre wie die
verlorenen Schafe Israels. Sie läßt den Titel „Sohn
Davids" weg und nennt Ihn einfach „Herr". Sie sagt sich:
Ist Er nur zu den verlorenen Schafen Israels gesandt, so
kann ich Ihn nicht „Sohn Davids" nennen und Segen
246
erlangen, aber Er hat noch einen anderen, einen höheren
Namen. Er ist Jehova, der Herr. Der kann sogar mir helfen.
Sie erkennt Ihn jetzt in Seiner wahren Stellung ihr
gegenüber und gibt Ihm den rechten Namen. Aber sie hat
immer noch nicht ihren eigenen rechten Platz eingenommen.
Sie braucht mehr als Hilfe. Sie muß verstehen lernen,
wie ihre eigene Stellung ist, welcher Name ihr zusteht.
„Er aber antwortete und sprach: Es ist nicht schön,
das Brot der Kinder zu nehmen und den Hündlein hinzuwerfen."
Da hört sie ihren Namen: „Hündlein". Wird sie
ihn annehmen, wie sie Ihm Seinen Namen gegeben hat?
Ja, sie fühlt ihre tiefe Not, sie erkennt sich im Lichte
Gottes und antwortet demgemäß. Sie nimmt Namen und
Stellung an, wie der Herr sie ihr gibt, und fragt nicht, ob
sie ihr selbst gefallen.
„Sie aber sprach: Ja, Herr; denn es essen ja auch
die Hündlein von den Brosamen, die von dem Tische ihrer
Herren fallen."
Jetzt hat sie die Wahrheit verstanden und kann
die Gnade empfangen. Ja, Herr, welchen Namen Du
mir auch gibst: Sünder, Übertreter, Hündlein — das bin
ich, ich fühle es. Doch bin ich auch ein Hündlein, so bin ich
es doch an Deinem Tisch, und da soll der Hündlein Teil
auch mein Teil sein, „denn es essen ja auch die Hündlein
von den Brosamen, die von dem Tische ihrer Herren fallen".
Sie ehrt Gott als einen milden Geber, als der Er im
Evangelium geoffenbart ist, und sie steht vor Ihm in dem
Gefühl und mit dem Bekenntnis ihrer völligen Unwürdigkeit.
Sobald sie das tut, fällt jede Scheidewand fort zwischen
ihr, der Sünderin, und Jesu, dem Freund und Hei
297
land der Sünder. Gnade und Wahrheit „waren sich
begegnet", um in der Sprache des Psalmisten zu reden.
(Psalm 85.)
Der Schatz der überströmenden Gnade wird für sie
geöffnet, und der Herr stellt deren unendliche Reichtümer
mit den Worten zu ihrer Verfügung:
„O Weib, dein Glaube ist groß; dir geschehe,
wieduwillst. Und ihre Tochter war geheilt von jener
Stunde an."
„Das haben ste in deinem Hause
gesehen?"
Fragen regen zum Nachdenken an. Ein guter Lehrer
stellt seinen Schülern Fragen, um sie zum Denken zu
erziehen. Auch Gott, von dem die Schrift sagt: „Wer ist
ein Lehrer wie Er?" (Hiob 36, 22), stellt die Menschen­
kinder gelegentlich vor Fragen. Auch Er will sie dadurch
zum Nachdenken bringen, denn der Allwissende braucht
nicht zu fragen, um Auskunft zu erhalten. Schon die erste
Frage an den Menschen: „Wo bist du?" und die unmittelbar
darauf folgenden Fragen (7. Mose 3, 9. U) dienten
offenbar dem Zweck, den Menschen zu Einsicht und Bekenntnis
zu bringen. Dieses Handeln Gottes kann Seinen
Kindern Anleitung geben, wie sie unter der Leitung
Seines Heiligen Geistes ihrerseits verfahren sollen.
Jesaja, der Prophet und Knecht Gottes, kam zu dem
König Hiskia ebenfalls mit Fragen. Der König hatte an
sich selbst erfahren, daß Gott reich ist an Erbarmen. Er
hatte Seine Herablassung gesehen und wunderbare Antwort
auf seine verschiedenen Gebete erhalten. Gott hatte
248
auf Hiskias Flehen mit einem Wunder geantwortet,
(2. Chron. 32, 24) und das Gerücht über dieses Wunder
war bis weit über die Grenzen Kanaans hinauögedrungen.
(2. Chron. 32,31.) Wir lesen die gnädigen Worte Gottes:
„Ich habe dein Gebet gehört, ich habe deine Tränen gesehen;
siehe, ich will dich heilen". (2. Kön. 20, 5. 6.) Und
Hiskia, überwältigt und des Lobes voll angesichts der Erbarmungen
Gottes, macht nach seiner Genesung eine Aufzeichnung,
in der er die Gefühle seines Herzens darlegt, sowohl
seine Herzensangst und Not, die sich in dem Flehen
kundgibt: „O Herr, mir ist bange! tritt als Bürge für
mich ein!", als auch die Gefühle der Dankbarkeit, mit
denen er Gott die Ehre gibt, und die ihn sagen lassen: „Ich
will sachte wallen alle meine Jahre", und: „Jehova war
bereit, mich zu retten; und wir wollen mein Saitenspiel
rühren alle Tage unseres Lebens im Hause Jehovas".
(Lies Jesaja 38, 4—20.)
Hiskias Vornehmen ging nach diesem letzten Ausspruch
dahin, seinen Kindern Kunde zu geben von der
Treue Gottes (Vers 14) und mit seinem ganzen Hause
die Güte Gottes zu rühmen jeden Tag seines Lebens.
Dieses Vornehmen Hiskias war wohlgefällig in den
Augen Gottes, der von jeder Herzensregung Kenntnis
nimmt. Hier war ein Mann, der sich der Großtaten Gottes
jeden Tag erinnern, und der alle die Seinen am Preise
Jehovas teilnehmen lassen wollte. Wo ist ein ernst denkender
christlicher Vater, der nicht im Hinblick auf sich
und die Seinen dieses Vornehmen Hiskias als vorbildlich
betrachten möchte? Gleich Hiskia wünscht auch er, daß alle
die Seinen mit ihm Verständnis aufbringen möchten für
die Gütigkeiten und Erbarmungen Gottes, die Er in so rei
299
chem Maße erweist, und sein Begehren geht dahin, daß
sein ganzes Haus zum Preise der Gnade Gottes diene.
„Alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung
geschrieben." (Röm. 45, 4.) Hiskia, der Mann
deö guten Vornehmens, der Fürst des Volkes Gottes (2.
Kön. 20, 5), der von den Beweisen der Gnade Gottes
überwältigte Mann, versagt in kläglicher Weise gerade in
dem Augenblick, wo ihm gute Gelegenheit geboten war,
den Abgesandten der Fürsten von Babel gegenüber Zeugnis
abzulegen von dem Wunder, das der Gott Israels auf sein
Flehen hin getan hatte. (2. Chron. 32, 34.) Anstatt seinem
Vornehmen gemäß den Namen des Gottes Israels
vor der Gesandtschaft aus Babel zu erheben, anstatt Zeugnis
davon zu geben, daß kein Gott ist außer Ihm, „der
sich wirksam erwiese für den auf Ihn Harrenden" (Jes.
64, 4), „freut sich Hiskia über sie" (Zes. 39, 2), indem
er wohl in ihrem Kommen eine Ehre für sich sieht. Er
zeigt ihnen „sein Schatzhaus: das Silber und das Gold
und die Gewürze und das köstliche Ol; und sein ganzes
Zeughaus, und alles, was sich in seinen Schätzen vorfand;
es war nichts in seinem Hause und in seiner ganzen Herrschaft,
das Hiskia ihnen nicht gezeigt hätte". Alles dies
diente seinem Glanz. Die Herrlichkeit seines Namens
sollte durch diese Dinge erhöht werden. Von einem Rühmen
des Namens des Gottes Israels, dem er alles verdankte,
und den alle Tage seines Lebens zu ehren er sich
vorgenommen hatte, hören wir nichts. „Hiskia vergalt
nicht nach der Wohltat, die ihm erwiesen worden war, denn
seinHerzüberhobsi ch." (2. Chron. 32, 25.)
„Sein Herz überhob sich." Hier haben wir den Grund
des Versagens Hiskias. Ohne Zweifel war sein Vornehmen
— zoo —
aufrichtig gemeint gewesen. Und doch suchte er seine
Ehre in dem Augenblick, wo es darauf ankam, den lebendigen
Gott zu ehren angesichts von Götzendienern.
Hier sehen wir, was es bedeutet, wenn das Herz eines
Gläubigen sich überhebt. Die Schrift lehrt es, und gar
manche trübe Erfahrung bestätigt es, daß daö beste Vornehmen
vergessen wird, wenn der Mensch seine eigene
Ehre sucht. Ach, selbst ein lange Zeit in Treue gegangener
Weg (siehe 2. Chron. Z2,1) schützt nicht vor llberhebung;
und ist diese im Herzen, so ist es nicht mehr weit bis zum
Fall. (Vergl. Spr. rr, 2 und rtz, l8.) Möchte deshalb
jeder Christ mit Furcht die Regungen seines Herzens im
Licht der Gegenwart Gottes prüfen. Wir können
nur in dem Maße von Gemeinschaft mit dem Herrn
reden, wie wir Ihm gemäß uns selbst richten. Wäre
Hiskia auf dem Wege weitergegangen, zu dem er sich in
seiner Aufzeichnung bekennt, d. h. dem Wege wahrer Abhängigkeit
und Demut, nie würde es zu dieser Untreue
bei ihm gekommen sein.
Der Gott der Treue kann zu dem Tun HiskiaS nicht
schweigen, ist dieser doch der Fürst Seines Volkes. „Der
Herr wird Sein Volk richten." Das gilt zu aller Zeit.
Die Philister durften ungestraft die Lade Jehovas auf einem
Wagen fahren, weil sie Gott und Sein Gebot nicht
kannten, (l. Sam. 6.) Wenn aber David, der Mann nach
dem Herzen Gottes, das gleiche tat, so folgte eine ernste
Zurechtweisung von feiten Gottes. (Lies 2. Sam. 6.)
Auch Hiskia erfuhr auf seine Überhebung eine ihn'
sehr demütigende Zurechtweisung. Der Prophet Jesaja
fragte ihn: „Was haben diese Männer gesagt?" Schon
diese Frage hätte Hiskia zur Einsicht bringen können, denn
— zor —
die Männer waren gesandt, um nach dem Wunder zu fragen,
das Hiskia erfahren hatte. (2. Chron. 32, 3U) Aber
der Zustand Hiskias erforderte eine weitere Frage: „Was
haben sie in deinem Hause gesehen?" Hatten sie Saiten-
spkel zum Preise Jehovas vernommen? Hatten sie gesehen,
daß Hiskias Haus dem lebendigen Gott diente, wie es dem
Hause eines Fürsten des Volkes Gottes geziemte, der die
Gunst und Herablassung Gottes in solch reichem Maße
erfahren hatte? Armer Hiskia! Wahrnehmungen dieser
Art hatten die Männer aus Babel nicht machen können.
„Sie haben alles gesehen, was in meinem Hause ist; es
gibt nichts in meinen Schätzen, das ich ihnen nicht gezeigt
hätte." Das war Hiskias Antwort. Sie kennzeichnete seinen
Zustand. Offenbar sah er in seiner Verblendung immer
noch nicht, wie töricht er gehandelt, und wie sehr er Gott
verunehrt hatte. So blieb für den Propheten nichts übrig,
als dem König Israels das ihn so bitter demütigende Gericht
anzukündigen. Und selbst danach scheint unmittelbar
kein Gefühl über seine llberhebung und deren Folgen
bei ihm gewesen zu sein. Wenn auch das zweite Buch der
Chronik« von seiner Demütigung berichtet, so daß „der
Zorn Jehovas nicht in den Tagen Hiskias kam" (2. Chron.
32, 26), so blieb doch sein letztes Wort auf die ernste Ankündigung
des Propheten: „Eö wird ja Friede und Bestand
sein in meinen Tagen". Damit war er zufrieden.
„Was haben sie in deinem Hause gesehen?"
Die Atmosphäre eines Hauses wird durch den Zustand
seiner Bewohner bestimmt, in erster Linie den Zustand dessen,
der ihm vorsteht. Dem Abraham wurde Zeugnis ge
302
geben, „daß er seinen Kindern und seinem Hause nach ihm
befahl, daß sie den Weg Jehovas bewahrten, Gerechtigkeit
und Recht zu üben". (1. Mose 18, 19.) Das war für
Gott ein triftiger Grund, Abraham Seines Vertrauen
s zu würdigen. Der von Güte und Recht singende Psal-
mist bezeugte: „Im Innern meines Hauses will ich wandeln
in Lauterkeit meines Herzens". (Psalm 101,
2.) O daß dieses Wort des Psalmisten auch bei uns stets
Herzenssache wäre! Der wahre Zustand deö Christen
offenbart sich zunächst in seinem Hause. Hier hat Gott ihm
die nächsten Aufgaben gestellt. Die eigene Familie hat die
ersten und begründetsten Ansprüche an jedes Familienglied,
vor allem naturgemäß an die, die für das Haus
in erster Linie verantwortlich sind. Der Vater, die Eltern,
von Gott mit Autorität bekleidet hinsichtlich ihres
Hauses — sie sind verantwortlich für den ihrer Macht unterworfenen
Einflußbereich. Sie sind gehalten, in wahrer
Abhängigkeit von Dem, der ihnen Autorität verliehen
hat, diese dem Herrn gemäß anzuwenden. Die von
Gott empfangene Macht kann sich nur dann in Gott wohlgefälliger
Weise wirksam erweisen, wenn ihr Träger seine
eigene Abhängigkeit kennt und verwirklicht.
Und nun? „Was haben sie in deinem Hause gesehen?"
Hat es nicht manche Stunde gegeben, in der die
verliehene Macht mißbraucht wurde? Und gab es anderseits
nicht Fälle, bei denen die Anwendung des Verliehenen
notwendig gewesen wäre, aber mit Rücksicht auf
natürliche, menschliche Gefühle unterblieb? War nicht
oft genug Grund zur Demütigung und zum Bekenntnis
vielen Fehlens gegeben, wenn es sich um die Ausübung
der von Gott verliehenen Macht handelte über die Kinder,
303
die Er in Gnaden als Geschenke Seiner guten Vaterhand
gegeben hat, damit sie für Ihn erzogen würden in der
Jucht und Ermahnung des Herrn?
„Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten."
Dieser Grundsatz, der stets seine Kraft behält, sollte
uns tagtäglich als ernste Warnung vor Augen stehen beim
Ausstreuen der Saat in die Herzen unserer Kinder. Saat
streuen, heißt aber nicht nur, mündliche Belehrung erteilen.
Wahres Christentum wird vielleicht mehr gesehen
als gehört. Handle ich allezeit in Abhängigkeit von
Gott, „der das Wachstum gibt", so wird Er Seinen Segen
entbieten und Frucht wachsen lassen zu Seiner Ehre.
An dieser Zuversicht dürfen wir auch im Blick auf unsere
eigene Unfähigkeit festhalten. Unser Unvermögen braucht
uns nicht zu entmutigen. Da, wo es an Weisheit mangelt,
dürfen wir sie von Ihm erbitten, der allen willig gibt —
ganz gewiß nicht zuletzt denen, die Seine Hilfe erflehen
für ein Gott wohlgefälliges Verhalten im Familienkreise.
Der Dienst des Christen beginnt im eigenen Hause.
(1. Tim. 3, 5.)
Sie Königin von Scheva
(1. Kön. 10, 6—13)
(Fortsetzung)
Eine andere Frage, die vielen Christen Schwierigkeiten
macht, ist diese: Warum müssen so viele gottesfürchtige
Seelen, die doch im besonderen Gegenstände der Gunst
Gottes sind, durch solch tiefe Wasser des Schmerzes und
der Demütigung hindurch? Hierin haben treue Gläubige
304
oft ein unlösbares Rätsel gesehen, bis sie, wie einst Asaph,
„hineingingen in die Heiligtümer Gottes". (Ps. 73, 1.7.)
In den Wegen Gottes mit den Menschen, so wie
sie uns in den Schriften enthüllt sind, gibt es zwei verschiedene
Offenbarungen Seiner Gedanken und Seines
Charakters: Gnade und Regierung. Hier lassen sich
zwei bestimmte Linien verfolgen, die, jede für sich betrachtet,
sehr klar erscheinen, die wir aber nicht durch den Versuch,
sie zusammenzubringen, verwirren dürfen. Gott allein
vermag in Seiner unendlichen Weisheit die Forderungen
einer jeden dieser beiden Offenbarungen harmonisch zu
verbinden. Er ist gut, und Seine Treue ist lauter Güte,
aber Seine Wege sind „unausspürbar". (Röm. 11, 33.)
Jedoch „wirkt Er alles nach dem Rate Seines Willens"
(Eph. 1,11), und „wir wissen, daß denen, die Gott lieben,
alle Dinge zum Guten mitwirken". (Röm. 8, 28.) In
Seiner Gnade hat Er uns errettet und mit ewigen Segnungen
gesegnet, und in Seinen Regierungswegen
macht Er Seine Rechte an uns geltend, weil Er uns liebt.
Seine Wege der Gnade mit uns und Seine Regierungö-
wege im Blick auf unö laufen nie einander entgegen.
Als Seine teuer Erkauften sind wir Gegenstände der
Sorge und, was wohl zu beachten ist, auch der Zucht Dessen,
der „der Vater der Geister" (Hebr. 12, y) ist, und
der unsere Herzen völlig kennt. Aus welchem Grund das
eine Kind Gottes besondere Vorzüge genießt und in seinen
Geschäften Gelingen hat, während das andere durch lauter
Drangsal und Mühen geht, bleibt für uns oft ein Geheimnis.
Aber dessen dürfen wir sicher sein, daß alles aufs beste
gelenkt wird durch Den, welchem wir angehören. Wenn
wir auch oft sagen müssen, daß Seine RegierungS
305
Wege unergründlich sind für uns, so ist es doch unser
köstliches Vorrecht, als Gegenstände der göttlichen
G n a d e „f e st z u st e h e n" in der „Freiheit, für die Christus
uns freigemacht hat" (Gal. 5, t), und uns zu freuen
„in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes". (Röm. 5, 2.)
Daher, sollten selbst Gegenstände, die unserem Herzen am
teuersten sind, uns genommen werden, sollten unsere
Freunde uns vergessen, unsere liebsten Hoffnungen zerstört
und die zartesten irdischen Bande zerrissen werden,
immer dürfen wir in Seiner Gnade ruhen, in dem vollen
Bewußtsein, daß alles, was uns begegnet, zu unserem
Besten erlaubt wird.
Nag auch hienieden alles wanken,
Mag alles hier auch enden sich:
Die Gnade kennet keine schränken,
Und klebe bleibet ewiglich.
Es ist also das Vorrecht des Gläubigen, in der Gnade
Gottes unerschütterlich festzustehen, in der Gewißheit, daß
sein Herr Jesus Christus ihm in allen Umständen Hilfe
und Zuflucht ist. Ihm darf er alle seine schwierigen Fragen
bringen, denn Er allein vermag sie zu seiner völligen
Zufriedenheit zu lösen.
Schließlich sei noch bemerkt, daß die Königin „zu Salomo
kam und alleS zu ihm redete, was in ihrem Herzen
war", (t. Kön. ro, 2.) „Und Salomo erklärte ihr
alles, um was sie fragte; keine Sache war vor dem König
verborgen, die er ihr nicht erklärt hätte." (V. 3.) Ein solcher
Segen ging von der Gegenwart des Königs aus, daß
die Fremde den Mut fand, ihm ihr Herz ganz zu öffnen.
So groß war das Vertrauen, das die Weisheit, die Gott
ihm gegeben hatte, hervorrief.
— 306 —
Liegt hierin nicht noch eine weitere köstliche Unterweisung
für uns? Wird nicht jeder, der die zarte Innigkeit des
persönlichen Verhältnisses mit Christo geschmeckt hat, gedrängt,
Dem, dessen Gnade und Weisheit sein ganzes Vertrauen
gewonnen haben, sein Herz auszuschütten?
Ist es Wirklichkeit, was wir bekennen betreffs
unserer Stellung in Christo in den himmlischen Ortern,
in der Gegenwart Dessen, der unser Leben und unsere Gerechtigkeit
an der Stätte ist, wo Sein Blut stets vor Gott
ist in seinem unbegrenzten Werte — so können wir Ihm
unser Innerstes öffnen und Ihm sagen, was wir niemand
sonst anvertrauen würden. Er, dessen zu unseren Gunsten
geoffenbarte Macht ohne Grenzen, dessen Liebe vollkommen,
dessen Weisheit unendlich, und dessen Treue unwandelbar
ist, Er verdient fürwahr unser ganzes Vertrauen,
und Er versichert uns, daß Er alle unsere Erwartungen
übertreffen wird.
Bisher haben wir uns mit dem beschäftigt, was die
Königin von Scheba in Salomo selbst fand, und das
soll auch der Hauptgegenstand dieser kurzen Betrachtung
sein. Das übrige, seine großartigen Bauten oder die
Herrlichkeit, von der er umgeben war, sei nur im Vorbeigehen
erwähnt. Seine Weisheit hatte sie völlig überwältigt.
Gnade war es, die sie in die Gegenwart des Mannes
gebracht, den Gott auf den Thron Israels gesetzt
hatte, und dann erfüllte seine Weisheit sie mit Bewunderung.
Ebenso ist es mit uns. Wir lernen zunächst die
Gnade Gottes kennen, die uns freien Zutritt in Seine
Gegenwart gewährt, und dann entdecken wir die Reichtümer,
die wir in Dem, der Gottes Weisheit ist, be
307
sitzen. Seine wunderbare Gnade ist in Seinem Tode zutage
getreten, durch den Er „den zunichte machte, der die
Macht des Todes hat". (Hebr. 2, 74.) Dann, zur Rechten
der Majestät in den Himmeln erhöht, beschäftigt Er sich
in zarter Sorgfalt mit allem, was die Seele, den Leib,
sowie die persönlichen und gemeinsamen Bedürfnisse aller
Seiner Erlösten betrifft. So werden durch Seine nie endende
Fürsorge alle Schafe und Lämmer Seiner Herde
geweidet, behütet, wiederhergestellt, freigemacht und in
jeder Weise versorgt.
In all Seinen Wegen mit uns wie auch in der Tatsache,
daß Er alle Dinge durch das Wort Seiner Macht
trägt und nach dem Ratschluß Seines Willens handelt, erstrahlt
uns dieWeisheLt des Herrn in unvergleichlichem
Lichte, ebenso wie Seine unendliche Gnade uns erschienen
ist, als Er uns zu Sich brachte. Wer kann den Segen
beschreiben, der für unsere Seelen in einem persönlichen
Erkennen Christi liegt, das nur durch eine innige Gemeinschaft
mit Ihm erlangt werden kann? Die Erkenntnis dessen,
was Er ist, erfüllt unsere Seelen mit Preis und Anbetung.
Mit Recht ruft ein Apostel aus: „O Tiefe des
Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis
Gottes!" (Röm. 17, 33.)
Nachdem die Königin den Segen erfahren hat, der in
der Gegenwart Salomos liegt, schickt sie sich, voll tiefer
Freude über das Bekanntwerden mit diesem Manne,
nunmehr an, das zu betrachten, was ihn auf seinem prächtigen
Besitz umgab. Da zieht vor allem „das Haus, das er
gebaut hatte" (V. 4), ihre Aufmerksamkeit auf sich. Dürfen
wir nicht auch hier wieder einen Vergleich mit uns anstellen?
308
Jeder Glaubende ist vor Gott angenehm gemacht
in Ihm und durch den Heiligen Geist aufs innigste mit
Ihm verbunden. Alle Erlösten sind so gemeinsam mit
Ihm verbunden. Sie werden einem geistlichen Hause verglichen,
das Er baut, und dessen Grundlage Er selbst ist.
So sagte der Herr zu Petrus: „Auf diesen Felsen will ich
meine Versammlung bauen". (Matth. 1.6, 18.) An dieser
Stelle redet Er von der Zukunft, weil Er damals diese Arbeit
noch nicht begonnen hatte. Das Bauen selbst begann
am Pfingsttage, als der Heilige Geist herabkam. Dieses
göttliche Werk ist seitdem ohne Unterbrechung fortgeführt
worden. Trotz aller Sünde, trotz des Verfalls der verantwortlichen
Kirche hat der Herr nicht aufgehört. Sein Haus
zu bauen, und Er wird ihm weiter lebendige Steine hinzufügen,
bis Er, nach vollendetem Werk, vom Himmel kommen
wird, um alle die Seinigen zu Sich zu erheben in die
Luft. Dann wird Seine geliebte Kirche der heilige Tempel
sein, in dem Er Seine Herrlichkeit entfalten wird.
Wenn die Königin von Scheba das von Salomo gebaute
Haus bewundern konnte, das doch trotz aller Herrlichkeit
vergänglich und zur Zerstörung bestimmt war, mit
was für Gefühlen sollte dann der gläubige Christ das
geistliche Haus, die Versammlung Gottes, betrachten, die
einmal mit einer unverwelklichen Schönheit bekleidet werden
wird! Dann wird sie geschaut werden als das Weib
Christi, unvergleichlich in ihrem Charakter, der Christo
selbst entspricht, die kostbarste Frucht des Werkes Seiner
Gnade, himmlisch in Berufung und Bestimmung und zum
Leben gebracht nach dem ewigen Vorsatz des Vaters und
Seiner Gnade in Christo Jesu. (Schluß folgt.)
Vi?te Gott unterweist
Der Landmann unterscheidet neben Zwischenstufen
den schweren Lehm- und den leichten Sandboden. Ersterer
erfordert harte Arbeit. Die stählerne Pflugschar zerreißt
zwar bei ausreichendem Kraftaufwand den Boden, aber die
umgebrochenen Lehmschollen und -klumpen sind nach dem
Pflügen noch so groß und fest, daß es noch vieler Arbeit
bedarf, um den Boden zur Aufnahme der Saat herzurichten.
Die Walze zermalmt die Lehmschollen, und die scharfen
Spitzen der Egge lockern den Boden auf. In die also
bearbeitete, locker gewordene Erde streut nun der Landmann
die Saat und hofft im Vertrauen auf Den, der das
Wachstum gibt, auf eine gute Ernte. Es wäre jedoch zwecklose
Vergeudung von Arbeit und Saatgut, dem unbearbeiteten
Boden die Saat anzuvertrauen. —
Die Heilige Schrift sagt, daß Gott selbst den
Landmann unterwiesen habe, bei seiner Arbeit „das rechte
Verfahren" anzuwenden. „Er belehrte ihn." (Lies Jes. 28,
23—29.) Sowohl hinsichtlich der Aussaat als auch der
Ernte hat ihm der allweise, gütige Gott Anweisung gegeben.
Die Worte in Jesaja 28 in ihrem Zusammenhang betrachten,
heißt in unseren Herzen Vertrauen wecken zu der
nie fehlenden Weisheit unseres Gottes, der in Christo Jesu
unser Vater ist, und der in Seinem Tun nie irren kann,
mag eö unseren leicht zagenden Herzen auch zeitweilig so
scheinen.
„Nehmet zu Ohren und höret meine Stimme, merket
auf und höret meine Rede!" Diese Worte am Anfang des
l^XXXI 12
erwähnten Abschnittes nötigen dazu, dem Folgenden besondere
Beachtung zu schenken. Hören und Aufmerken standen
von jeher und stehen heute besonders niedrig im Kurs,
wenn eö sich um Gottes Wort handelt; aber von jeher und
auch heute empfindet und empfängt der Glaubensgehorsam
das, was der Psalmist in die Worte kleidet: „Ich freue
mich über dein Wort wie einer, der große Beute findet".
(Ps. kry, 762.) Die göttliche Unterweisung beginnt mit der
Frage: „Pflügt wohl der Pflüger den ganzen Tag, um zu
säen? furcht und eggt er den ganzen Tag sein Ackerland?"
Das heißt mit anderen Worten: Das Pflügenist nicht
Selbstzweck. Das Tun des Landmannes erschöpft sich nicht
im Pflügen und Eggen, sondern der Zweck ist: Säen,
um zu ernten. Durch Pflug und Egge wird der Boden
zur Aufnahme der Saat lediglich vorbereitet, denn
der Schreiber fährt fort: „Wenn er dessen Fläche geebnet
hat, so streut er Dill und s ä t Kümmel und wirft Weizen
reihenweise und Gerste auf das abgesteckte
Stück und den Spelt a n seinen R a n d. So unterwies
ihn sein Gott zum richtigen Verfahren." Dieses richtige
Verfahren unterscheidet ebenso ein Streuen, Säen
und Werfendes Saatgutes, wie ein Unterbringen desselben
reihenweise oder auf das abgesteckte Stück
oder an seinen Rand. Je nach ihrer Art wird die
Saat dem für sie passenden Boden übergeben. So entspricht
es der göttlichen Unterweisung.
Wenn Gott Sein Geschöpf derart unterweist, so ist
offenbar, daß Er selbst kein anderes Verfahren anwendet
als das, was Er als richtig bezeichnet hat. Zwar
bebaut Gott den Erdboden nicht. Damit hat Er den Menschen
beauftragt. Aber Gott wendet sich mit guter, wert
voller, kostbarer Saat an die Herzen der Menschenkinder,
und Er möchte aus Seiner Saat auch auf eine Ernte
warten. Dazu wendet Er, um den Boden aufnahmefähig
zu machen, Pflug und Egge an. Auch beim Menschenherzen
gibt es schweren und leichten Boden. War nicht ein Saulus
von Tarsus, den der Herr der Herrlichkeit durch ein Licht,
das den Glanz der Sonne übertraf, überwältigen mußte,
ein Beispiel für schweren Boden? Und waren nicht der
Hauptmann Kornelius in Apostelgeschichte 10 und die Lydia
in Apostelgeschichte 16, 14 usw. gleich schöne Beispiele
für den aufnahmefähigen, leichten Boden? Wieviel Arbeit
und Mühe hat Gott oft mit dem Menschen, um ihn
fähig und willig zu machen zur Ausnahme Seiner Saat!
Bei dem Kerkermeister in Apostelgesch. 1.6, 23 usw. bedurfte
es eines großen Erdbebens, durch dessen Folgen
seine Seele so erschüttert wurde, daß er sich umbringen
wollte. Aber Gott, der Herzenskenner, ließ ihm auf seine
aus tief aufgewühltem Herzen kommende Frage: „Ihr
Herren, was muß ich tun, auf daß ich errettet werde?"
durch Seinen Knecht erwidern: „Glaube an den Herrn Jesus,
und du wirst errettet werden, du und dein Haus"
Und diese kostbareSaat,inden ursprünglich harten,
aber von Gott wohl vorbereiteten Boden des Herzens
des zerknirschten Mannes fallend, zeitigte „der Buße würdige",
Gott wohlgefällige Früchte. (Apstgsch. 16, 33. 34.)
Wenn der Pflüger arbeitet, so wird der Boden zerrissen.
Wenn die Eggenspitzen durch den Boden gehen, so wird
die Verbindung der einzelnen Erdteilchen gelockert. Jeder
Zusammenhalt wird zertrümmert. Wo Gottes Saat gedeihen
soll, da wird vorher, je nach der Art des Bodens, auch
Pflug und Egge wirken müssen. Aber, und das wollen wir
— zr2 —
uns besonders merken: „Pflügt wohl der Pflüger den
ganzen Tag?" Nicht das Pflügen, sondern, ich wiederhole
es, das Säen ist die Hauptsache. „Denn nicht von
Herzen plagt und betrübt Er die Menschenkinder." (Klaget.
Z, 33.) Freilich, die Art des Bodens kennt Er allein, und
es ist Seine Sache, den Boden nach Seinem Willen
herzurichten. Doch der Hinweis: „Wenn er dessen Fläche
geebnet hat, so streut er...", sollte uns nicht nur völlig
genügen, um uns über Gottes eigentliche Absichten bei
all Seinem Tun klar zu sein, sondern sollte auch im besonderen
unsere Herzen mit Vertrauen erfüllen, daß der
gute, weise Gott, den wir durch Seine Gnade als unseren
Vater in Christo Jesu kennen gelernt haben, auch bei uns,
Seinen Kindern, das richtige Verfahren anwendet,
wenn Er einmal Pflug und Egge benutzt, um den mit der
Zeit schwer und fest gewordenen Boden wieder zu lockern,
damit Sein gutes Wort, die kostbarste aller Saaten, mehr
Frucht ergebe.
Unserer menschlichen Natur nach scheuen wir es, daß
Pflug und Egge bei uns Anwendung finden, denn „alle
Züchtigung scheint für die Gegenwart nicht ein Gegenstand
der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein". Doch auch
die Züchtigung ist nicht Selbstzweck, sondern sie erfolgt,
„damit wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden". Und
nach Not und Schmerz und Traurigkeit der Züchtigung
„gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit denen, die
durch sie geübt sind". (Hebr. b2, ko. kk.) Worin geübt?
Nicht darin, Sein Wort, den guten Samen jeder wahren
Frucht, zu bewahren? Der Psalmist spricht es in den Worten
aus: „Bevor ich gedemütigt ward, irrte ich; jetzt
aber bewahre ich dein Wort", und: „Es ist gut
— Z1Z —
für mich, daß ich gedemütigt ward, damit ich deine
Satzungen lernte". (Ps. 'N9, 67. 77.) Der Psalmist,
ein Mann von gleichen Gemütsbewegungen wie wir,
hatte gelernt und spricht es hier aus, daß das Bewahren
des Wortes Gottes und das Erlernen der göttlichen Richtlinien
vor dem Jrregehen behütet und in jedem Falle „gut
ist". Lehrt nicht unsere. Erfahrung das gleiche? Lehrt sie
nicht auch, daß Gedemütigtwerden, auch wenn es unter
Umständen geschieht, die dem Wirken von Pflug und Egge
auf das Land ähnlich sehen, und wenn es mit viel Not
und Schmerzen verbunden ist, am Ende doch Segen finden
Geübten und Frucht für die Ewigkeit zum Preise unseres
Herrn im Gefolge hat? Köstliche Gewißheit, daß das
Pflügen in jedem Fall nur geschieht, um zu säen, damit
eine gesegnete Ernte heranreife!
Aber nicht nur für das Zubereiten und Säen, sondern
auch für die Gewinnung der gereisten Frucht hat der gütige,
allweise Gott das „richtige Verfahren" angegeben:
„Dein: Dill wird nicht mit dem Dreschschlitten ausgedroschen,
und das Wagenrad nicht über Kümmel gerollt; sondern
Dill wird mit dem Stabe ausgeschlagen und Kümmel
mit dem Stocke". Das winzig kleine, zarte Körnchen Dill
verträgt nicht die Behandlung, die dem Brotkorn angemessen
ist: Es wird mit dem Stabe ausgeschlagen,
d. h. die Gewinnung der Frucht wird ihrer zarten Beschaffenheit
angepaßt. Aber auch selbst das widerstandsfähige
Brotkorn, das zu seiner Gewinnung großen Druck und
kräftiges Dreschen erfordert — es wird nicht zermalmt:
„Nicht unaufhörlich drischt er es". Der Landmann weiß
zur rechten Zeit das Dreschen einzustellen, wenn die Frucht
von der Spelze (Getreidehülse) befreit ist. Und selbst
314
„wenn er das Rad seines Wagens und seine Pferde darüber
hintreibt, so zermalmt er es nicht".
Sollte der gütige Gott, unser liebevoller Vater, uns
diese Mitteilungen nicht zu unserer besonderen Belehrung
gegeben haben? Sicherlich wünscht Er, uns mit diesen
Worten Sein Handeln verständlich zu machen, und Ihm
liegt daran, daß wir diese Worte „zu Ohren nehmen", daß
wir „aufmerken". Der Umstand, daß obige Belehrungen
in einem der biblischen Bücher stehen, das sich in erster
Linie an das irdische Volk Gottes wendet, beeinträchtigt in
keiner Weise ihren Wert auch für uns, zumal es sich um
Dinge handelt, die Gottes Tun und Wirken in einer an
keine bestimmte Haushaltung gebundenen Weise beleuchten.
Mit der bekannten gnädigen Willensäußerung Gottes:
„Forthin, alle Tage der Erde, sollen nicht aufhören Saat
und Ernte..." (1. Mose 8, 22), wird wohl der zeitliche
Geltungsbereich unserer Belehrung am deutlichsten gekennzeichnet.
Was lehrt uns nun die göttliche Unterweisung? Wir
sahen bereits, daß das Pflügen des Ackers nicht Selbstzweck
ist. Und genau so ist es mit dem Ausschlagen
der Frucht. Das Schlagen und Dreschen
dient dazu, aus der Schote, Ähre, Spelze, oder welcher
Art die Umhüllung sein mag, die reine, genießbare Frucht
zu gewinnen. Daß hierbei die Art der Frucht für ihre Behandlung
bestimmend ist, haben wir schon gesehen.
Hat es nicht schon unsere Verwunderung hervorge-
rufen, wenn wir auf unserem Wege Glaubensgenossen fanden,
die, obwohl sie, soweit wir das beurteilen konnten,
ein Leben in Treue und Gottesfurcht führten, einen schweren
Schlag nach dem anderen erleiden mußten? Die Frage
nach dem Warum steht unö im allgemeinen in solchen Fällen
nicht zu. Aber das darf doch wohl gesagt werden, daß
Gott hierbei eine reiche Ernte hält. Die Ewigkeit wird die
Fülle guten Kornes und reiner Frucht erweisen, die durch
Gottes Gnade aus trüben Tagen und unter schwerem
Druck hervorgegangen ist. War nicht der „Dorn für das
Fleisch" bei dem Apostel auch in einem Sinne ein Geschlagenwerden,
damit der hingebende Dienst dieses Mannes
als reine Frucht, ohne jedes menschliche Beiwerk, Dem
zugute kam, der sich mächtig erweist in dem Schwachen?
Und Joseph im Gefängnis, Daniels Freunde im Feuerofen,
er selbst, in der Löwengrube — ergab sich nicht aus den
Schlägen, die die Genannten trafen, reiche Frucht zur Ehre
ihres Gottes? (Vergl. Dan. 3, 28 und 29 und 6, 27. 28.)
ES gibt freilich noch eine andere Seite, die hier in
Betracht kommt. Die eine Frucht haftet fester in ihrer
Hülse als die andere, und da kann es sein, daß dieses Festhaften
an der Hülse, in die das Korn hineingewachsen, und
in der es nun gebettet ist und sich wohl fühlt, die Zahl und
Art der Schläge mitbestimmt. Doch auch in diesem Falle
ist das Ziel nichts anderes, als das Korn zu gewinnen. Und
wenn wir nun unserem Vater in Christo Jesu und unserem
Herrn alleRechte über uns einräumen, wenn wir
wissen, daß Er nichts anderes wünscht, als die Herzen und
Zuneigungen der Seinen zu besitzen; und wenn wir uns
weiter daran erinnern, daß jeder Schlag Seinerseits nur
diesem Zweck und Ziel dient, und daß unsere Art
und das Maß unserer Tragfähigkeit Ihm wohlbekannt
sind, wollen wir Ihm dann nicht vertrauen, daß niemals
ein Schlag zu schwer oder zu viel kommt? Er ist ja doch
„wunderbar in Seinem Rat, groß an Verstand".
- zrb —
Gott schenke uns, daß Seine wunderbaren Belehrungen,
die uns für Tage der Not und Trübsal und vielleicht
auch ernster Zurechtweisung gegeben sind, ihre Kraft
an unseren Herzen erweisen mögen, wenn Er es für angemessen
hält, einmal solche Tage über uns kommen zu las­
sen!
Sie Königin von Scheba
(Schluß)
„Die Speise seines Tisches" (V. 4) beschäftigt
die Königin gleicherweise. Wenn wir diesen göttlichen
Bericht als bildliche Darstellung der uns geoffenbarten
Wahrheiten betrachten, so dürfen wir vielleicht an die
Worte des 23. Psalms denken: „Du bereitest vor mir einen
Tisch". Die Speise für uns heute ist Christus selbst
nach Seinem eigenen Wort: „Mein Fleisch ist wahrhaftig
Speise, und mein Blut ist wahrhaftig Trank". (Joh. b,
55.) Kostbare Speise! Der Königin erschien die Speise des
Tisches Salomos so außergewöhnlich, daß der biblische
Bericht ausdrücklich ihr Staunen darüber erwähnt. Was
aber war diese bei aller Köstlichkeit doch immerhin vergängliche
Speise im Vergleich mit der, welche der Gläubige
heutzutage genießen darf und soll? Christus selbst will
seine Speise sein, eine Speise von Ewigkeitswert, denn
„wer dieses Brot ißt, wird leben in Ewigkeit". Es ist die
Speise für den inneren Menschen, die einerseits notwendig
ist für ein gesundes Wachstum und anderseits eine Quelle
stets zunehmender Freude und nie versiegenden Genusses.
Auch „das Sitzen seiner Knechte und das Aufwarten
seiner Diener und ihre Kleidung und seine Mundschenken",
— zr? —
(V. 5) fällt der Königin als eine Besonderheit auf. Dir
große Zahl der Diener Salomos und ihre verschiedenen
Verrichtungen offenbarten ebenfalls die Weisheit des Königs
und die Ordnung, die in seinem Reiche herrschte. Ähnlich
bildet heute die Menge derer, die dem Herrn dienen,
und ihre mannigfaltige Tätigkeit einen Gegenstand tiefsten
Interesses für daö erneuerte Verständnis.
Nachdem die Königin dann noch „den Aufgang" gesehen
hatte, „auf welchem Salomo in das Haus Jehovas
hinaufging, da geriet sie außer sich". (V. 5.) Die Pracht
und Herrlichkeit, die an diesem Königshofe in allen Einzelheiten
und Einrichtungen in Erscheinung traten, überwältigten
die Fremde völlig. So werden einmal, dann, wenn
der wahre Salomo Seine Königsherrschaft auf Erden aufgerichtet
haben wird, viele Nationen in Staunen versetzt
werden. „Könige werden über Ihn ihren Mund verschließen.
Denn sie werden sehen, was ihnen nicht erzählt worden
war; und was sie nicht gehört hatten, werden sie wahrnehmen."
(Jes. 52, bS.)
Die Segnungen und Herrlichkeiten, zu denen die
Gnade Gottes uns heute gebracht hat, sind anderer Art.
Aber auch betreffs ihrer können wir wie die Königin von
Scheba sagen, daß wir uns nur eine recht schwache Vorstellung
davon gemacht hatten. Ihre Erklärung, daß die Weisheit
und die Sachen Salomos das Gerücht darüber übertrafen,
überrascht uns nicht. So werden auch wir, je inniger
und tiefer unser Genuß der Gemeinschaft mit dem
Herrn ist, umso mehr bezeugen müssen, daß Seine Herrlichkeit
alles übersteigt, was wir von Ihm gedacht oder
gehört hatten.
Aber noch eine andere gesegnete Entdeckung machte
— 318 —
die Königin bei dieser Gelegenheit. Sie erkannte, daß das
wahre Geheimnis des Glücks der Diener des Königs in
dem Vorrecht lag, daß sie beständig in seiner Gegenwart
weilen und seinen Belehrungen lauschen durften. Darum
rief sie aus: „Glückselig sind deine Leute, glückselig diese
deine Knechte, die beständig vor dir stehen, die deine Weisheit
hören!" (V. 8.)
Kein Gläubiger kann fern vom Herrn wirklich glücklich
sein. Mit Ihm Gemeinschaft haben, durch den Glauben
in Seine Gedanken eingehen, an Seiner Freude und Seiner
Ruhe teilhaben — siehe da das einzige Geheimnis
unseres Glücks hienieden. Seine Gegenwart praktisch zu
verwirklichen, beständig diese Liebe zu genießen, die unsere
Herzen im Gehorsam gegen Sein Wort bewahrt, alle unsere
Quellen in Ihm zu haben, das ist das gesegnete Teil
derer, die zu Seinen Füßen sitzen. Sie alle sollten sich dieser
Segnungen erfreuen, aber ach! wie wenig ist es oft
der Fall. Wenn wir nicht in der Nähe unseres Herrn bleiben,
und wenn wir uns weigern, den Pfad der Treue zu
gehen, so betrüben wir Seinen Geist und verlieren den
Genuß Seiner Gemeinschaft, weil wir dann einen Weg
verfolgen, der Den verunehrt, welchem wir angehören.
Weiter. Wenn wir uns von den Sorgen des Lebens überwältigen
lassen, so kann es nicht ausbleiben, daß wir durch
die Last unserer gegenwärtigen Umstände zu Boden gedrückt
und unglücklich werden. Denn wir sind dann mehr
mit unseren Mühsalen als mit Christo beschäftigt. Wir sind
dann auch in Gefahr, die Liebe Gottes danach zu bemessen,
was Er uns an äußerem Wohlergehen gewährt oder nicht
gewährt. Auf diese Weise kommen wir aber nur zu Trug­
schlüssen des Unglaubens.
— zry —
Einer der gefährlichsten Fallstricke, in die der Gläubige
geraten kann, besteht inderBeschäftigung mit
sich selbst. In derartigen Fällen gelingt es dem Feind
oft genug, eine solche Seele entweder in tiefe Unruhe zu
stürzen oder sie von höchster Begeisterung in tiefste Niedergeschlagenheit
zu versetzen und umgekehrt. Haben wir das
Ich zum Gegenstand, sei es zum Guten oder zum Bösen,
so sind wir außerstande, uns über unsere eigenen Gedanken
zu erheben. Damit aber sind wir praktisch vom
Herrn, der einzigen Quelle unserer Kraft, losgelöst. Jemand,
der in diesen Zustand verfällt, ist nicht nur selbst
unglücklich, sondern bringt auch ein wahres Herzeleid auf
seine Umgebung. Gewiß ist es immer wieder nötig für uns,
unsere Umstände und Wege und auch unseren Seelenzustand
zu prüfen, um alles zu Gegenständen des Gebets und
des Selbstgerichts zu machen. Wenn wir aber zulassen, daß
etwas, was es auch fem mag, sich zwischen uns und Christus
stellt, so daß Er nicht der einzige Gegenstand unserer
Herzen bleibt, so befinden wir uns nicht mehr auf
dem Pfade des Glaubens und geistlichen Fortschritts. Vergessen
wir daher nie, daß daö Geheimnis des Glücks in
einem beständigen Weilen vor dem Herrn besteht,
im Sitzen zu Seinen Füßen, um Seinem Wort zu lau­
schen.
Ein anderes schönes Ergebnis der Begegnung der Königin
mit Salomo war, daß sie ihre Güter dem Gesalbten
Jehovas weihte. „Sie gab dem König hundertundzwanzig
Talente Gold und Gewürze in sehr großer Menge und
Edelsteine." (V. to.) Jenem frommen Weib ähnlich, welches
daö Alabasterfläschchen zerbrach und die „Salbe von
echter, kostbarer Narde" auf daö Haupt des Herrn auögoß
Z20
(Mark. 14, Z. 4), achtete sie kein Opfer für zu groß, wenn
es dem König gebracht wurde. Nachdem ihr selbst so reiche
Segnungen durch ihn vermittelt worden waren, war es
jetzt ihre Freude, ihm ihre Dankbarkeit zu beweisen. So
sollte es auch bei dem Gläubigen sein. „Die Liebe des Christus"
sollte „ihn drängen". (Vergl. 2. Kor. 5,14.) „W i r
lieben, weil Er uns zuerst geliebt ha t." (1. Zoh. 4,
19.) Die Ansprüche einer solchen Liebe sind allgewaltig.
Wer vermöchte sie zu ergründen und dann Dem, der ihre
Quelle ist, nach der Größe dieser Liebe zu vergelten? Wenn
wir diese Liebe wirklich in unseren Seelen genießen, dann
kann es nicht anders sein, als daß wir uns vor Ihm in
Anbetung niederwersen und auSrufen: „Dem, der uns
liebt... Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit
zu Ewigkeit! Amen." (Offbg. 1, 5. 6.)
Ium Schluß sei noch die Freigebigkeit des Königs
seiner Besucherin gegenüber erwähnt. „Der König Salomo
gab der Königin von Scheba all ihr Begehr, das sie
verlangte, außer dem, was er ihr gab nach der Freigebigkeit
des Königs Salomo." (Vers 13.) Hier werden wir
an zwei Dinge erinnert, welche die Segnungen des Herrn
auszeichnen. Zuerst wäscht Er uns rein von unseren Sünden
in Seinem Blut und führt uns, in Gemeinschaft mit
Sich selbst, in Seine eigene Freude und Herrlichkeit ein.
Und dann gibt Er uns nach den Wünschen unserer Herzen,
wie Sein Wort sagt: „Wenn ihr in mir bleibt, und
meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr
wollt, und es wird euch geschehen". (Ioh. 15, 7.)
Ist daö nicht eine wunderbare Gunst für Geschöpfe,
wie wir sind, für solche, die einst zu den Nationen gehörten,
die ohne Gott und ohne Hoffnung sind!? Auf diese
— 32^ —
Weise sollen, in der Erkenntnis Christi und in dem Genuß
Seiner Gemeinschaft, unsere Herzen voll Frieden und
glücklich sein. Ist das aber der Fall, so können wir, wie
die Königin, mit einem frohen und dankerfüllten Herzen
unseren Weg gehen, um überall, wohin Er unsere Schritte
lenkt, Zeugnis abzulegen von Dem, welchen wir kennen
gelernt haben. „Sie wandte sich und zog in ihr Land, sie
und ihre Knechte." (V. "tZ.) Ergriffen von der Güte und
Weisheit Salomos, sowie von den Gunstbezeugungen, die
sie von ihm erfahren hatte, konnte sie jetzt von ihm zu allen
reden, denen sie begegnete.
Könnten wir heute schweigen von dem, was unser
Teil geworden ist? Sollten wir nicht überall den köstlichen
Geruch des herrlichen Namens Dessen verbreiten, in dem
wir Freude und Befriedigung gefunden haben? Aber das
kann nur dann geschehen, wenn wir allezeit zu Seinen Füßen
sitzen und in der Gemeinschaft mit Ihm selbst verharren.
Lieben wir Sein ^ort?
Herr, Dein Wort, die edle Gabe,
Diesen Schatz erhalte mir,
Denn ich zieh' ihn jeder Habe
Und dem größten Reichtum für.
Wenn Dein Wort nicht mehr soll gelten,
Worauf soll der Glaube ruhn?
Mir ist's nicht um tausend Welten,
Aber um Dein Wort zu tun.
Schöne und richtige Worte des Grafen Jinzendorf,
Worte auch, von denen wir annehmen dürfen, daß sie diesem
gottesfürchtigen Manne von Herzen gekommen sind!
Es will viel heißen, mit Überzeugung sagen zu können:
Z22
„Mir ist's nicht um tausend Welten, aber umDein Wort
zu tun". Aber wenn diese Worte vielen auch etwas überschwenglich
klingen mögen, so sind sie doch wahr. „Was
wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze
Welt gewönne, aber seine Seele einbüßte?" hat unser
Herr und Heiland einst zu Seinen Jüngern gesagt. Das
Mittel aber, dessen Gott sich bedient, um den Menschen
von seinen Sünden zu überführen und ihn zur Erkenntnis
der in Jesu geoffenbarten Gnade zu bringen, damit seine
Seele errettet werde, ist daö Wor t. Und der Führer für
die Reise durch diese Welt bis hin zur ewigen Heimat, das
Licht für den Pfad, die Waffe gegen alle Angriffe des Feindes,
der stets sprudelnde Quell aller Freude, das Brot der
Seele, das Kraft, Weisheit und Wachstum gibt, ist ebenfalls
das Wort. Kurz gesagt: Die Tiefe des Wortes ist
unerschöpflich, und wer dies einmal erkannt hat, der kann
nicht anders, als es lieben, der kann ohne dieses Wort
nicht leben.
Nun aber möchte ich auf einen wichtigen Punkt Hinweisen.
Soll das Wort sich als das erweisen, was es ist,
und was es nach Gottes Willen in Seinen Kindern Hervorrufen
soll, so ist es nötig, daß wir es inallen seinen Teilen
lieben, bewahren und auf uns einwirken lassen. Dann
genügt es nicht, daß wir nur die Stellen lieben, die von
Gnade, Erlösung, Friede, Glück und der Hoffnung der
Herrlichkeit reden. Nein, wir müssen dazu den ernsten,
mahnenden und richtenden Teilen der Schrift die gleiche
Beachtung schenken wie allen übrigen. Ich möchte sogar
noch etwas weiter gehen. Daß wir mit Vorliebe Kapitel
lesen wie Ioh. 13 oder 1.7, daß wir uns gern und mit inneren
Gefühlen in die Leidensgeschichte unseres Herrn vertie
323
fen und unö daran erfreuen, daß wir Ihm einmal in der
Luft begegnen sollen, um von Ihm selbst eingeführt zu
werden ins Vaterhaus, wer wollte es uns wehren? Wollte
Gott, eS geschähe noch weit mehr, als es der Fall ist! Immerhin
aber ist das, ich möchte sagen, eine mehr naturgemäße
Beschäftigung des wiedergeborenen Menschen. Es
liegt ihm. Besonders der letzte Punkt ist ein sehr angenehmer
Gedanke bei den mancherlei Mühsalen und Widerwärtigkeiten
deö Lebens. Aber ist es nicht bedenklich, es
dabei bewenden zu lassen? Ist es nicht ein ungesunder Zustand,
mit Inbrunst „Himmelsheimat, über Sternen droben"
und andere Sehnsuchtslieder zu singen, aber selten
oder gar nie daran zu denken, daß z. B. auch geschrieben
steht: „Tötet nun eure Glieder, die aus der Erde sind"?
(Kol. 3, 5—y.) Mit anderen Worten: Schätzen, ja, lie-
b e n wir auch die ernsten, strafenden, mahnenden, richtenden
Kapitel der Schrift? Wie oft hast du schon Röm. 6
gelesen, lieber gläubiger Leser? oder jene andere bedeutungsvolle
Stelle aus Röm. 8: „So denn, Brüder, sind
wir Schuldner, nicht dem Fleische, um nach dem Fleische
zu leben, denn wenn ihr nach dem Fleische lebet, so werdet
ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist dieHand-
lungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben"?
(B. 12.13.) Es ist ja doch leider so, daß das Leben Christi
oft so wenig in uns offenbar wird. Wir singen die schönsten
und tiefstempfundenen Lieder mit, besuchen regelmäßig
unsere Zusammenkünfte, vielleicht mit Ausnahme der
Gebetsstunden, denen wir in unserer Kurzsichtigkeit und
unserem Unverstand nicht so viel Wichtigkeit beimessen,
fehlen nie bei der Feier des Mahles des Herrn, predigen
gar selbst anderen, und sind dabei im eigenen Leben, in
324
Haus, Familie und Geschäft, alles andere als „ein Brief
Christi", führen gar vielleicht ein Leben in Weltsinn, Unreinigkeit
und Sünde. Es kommt leider nicht nur bei Kindern
dieser Welt vor, daß sich unter einer schönen Schale
ein fauler Kern verbirgt.
In Seinen letzten Reden an die Jünger sagte unser
Herr Jesus unter anderem: „Wenn jemand mich liebt,
so wird er mein Wort halten". Und in Offbg. 3,
8 bezeugt der Heilige und Wahrhaftige der schwachen, aber
treuen Versammlung in Philadelphia: „Du hast mein
Wort bewahrt". Die gleichen Ausdrücke — denn „halten"
und „bewahren" ist im Griechischen dasselbe Worr.
„Wenn jemand mich liebt." Diese Liebe beweisen wir dadurch,
daß wir nicht allein daS Wort als die Wahrheit festhalten,
sondern es auch persönlich beobachten in allen seinen
Geboten. Anderseits kann Anerkennung von feiten
des Herrn nur dem zuteil werden, der Sein Wort hält
und beobachtet. Beides ist in das Wort „halten" oder „bewahren"
eingeschlossen.
Lieben wir den Herrn? Ja. Nun, dann laßt uns auch
den Beweis dafür erbringen, indem wir Sein Wortlie -
ben und halten! Der Täter des Wortes, nicht der
Hörer, wird „glückselig sein in seinem Tun". (Vergl.
Jak. r, 22. 25.)
Zn Verbindung mit dem Gesagten möchte ich noch
kurz auf ein Kapitel des Alten Testaments Hinweisen, in
welchem wir die Liebe zum Wort und das Halten desselben
in geradezu auffallender Weise ausgedrückt finden. Ich
meine den Uy. Psalm. Daß dieser Psalm bei weitem der
längste ist und nicht weniger als k76 Verse hat, wissen wir
alle. Vielleicht ist uns aber noch nicht allen aufgefallen.
Z2S
daß ein Gedanke ihn vom ersten bis zum letzten Vers
durchzieht, und das ist die Wonne und Freude, die der gläubige
Israelit an Gottes Wort hatte. Diese Tatsache ist umso
bemerkenswerter, als von der in Christo erschienenen Gnade
damals noch nichts bekannt war. Das Gesetz steht im
Vordergrund; die Zeugnisse, Wege, Vorschriften, Satzungen,
Zusagen, Gebote, die Rechte oder Urteile, ja, selbst
die Gerichte Jehovas sind die Gegenstände des Herzens
des Psalmisten. Weil er Jehova „liebte" (Ps. 18 und
1t6), liebte er auch Sein Gesetz, in dem zuwandeln seine
Glückseligkeit ausmachte. (V. 1.)
So sehen wir, wie sowohl im Neuen als auch im Alten
Testament die Liebe zum Worte Gottes in allen
seinen Teilen Hand in Hand geht mit dem Halten
seiner Gebote. Die Liebe wird bewiesen durch das Bewahren,
und das Bewahren ist ein Kennzeichen, daß man liebt.
Daß die gemeinsame Liebe zum Wort auch ein festes
Band ist für die Gläubigen untereinander, sei beiläufig
erwähnt. Freilich kann man sich auch über das Wort streiten,
wo aber dieLiebe zum Wort die Triebfeder zu gemeinsamer
Betrachtung ist, da wird auch gemeinsame Segnung
die Folge sein, und die Herzen werden inniger miteinander
verbunden.
An derLiebe zum Wort haben auch schon Menschen,
die einander bis dahin völlig fremd waren, sich als Brüder
in Christo erkannt. Wenn ich im Eisenbahnabteil jemand
sehe, der ohne Scheu seine Bibel liest, so kann ich darauf
rechnen, daß der Betreffende ein Kind Gottes ist.
Von einem gläubigen Schweizer wird mitgeteilt, daß
er vor Jahren in einer großen Stadt Amerikas einsam und
allein in einem öffentlichen Park auf der Bank saß. Er
Z26
fühlte sich recht verlassen, da er schon tagelang vergebens
nach einem Kreis von Gläubigen gesucht hatte. Betend und
sinnend saß er da, die aufgeschlagene Bibel in der Hand.
Viele Menschen gingen an ihm vorüber, ohne ihn zu beachten.
Plötzlich fühlte er eine Hand auf seiner Schulter.
Überrascht wandte er sich um und schaute einem älteren,
vornehmen Herrn in die klaren Augen.
„Was tun Sie hier, mein Bruder?" fragte der
alte Herr wie ein lieber, alter Freund.
„Woher wissen Sie denn, daß ich Ihr Bruder bin?"
lautete die erstaunte Gegenfrage.
„Nun", entgegnete freundlich der alte Herr, „Sie
lesen in meines Vaters Buch."
„Es ist auch das Buch meines Vaters", bekannte
mit Freuden der Schweizer.
„Nun, dann müssen wir doch Brüder sein."
Bald war der alte Herr mit den Wünschen des
Schweizers bekannt, und dann dauerte es nicht mehr lange,
so befand dieser sich im Kreise von Brüdern, nach deren
Gemeinschaft er sich sehnte.
Die zwei Stäbe
(Sach. U)
In dem eindrucksvollen i l. Kapitel des Sacharja, in
das wir kürzlich schon einen Blick getan haben *), sucht der
Prophet unter anderem durch eine sinnbildliche Handlung
zu seinem Volk zu reden. Weil das Symbol bedeutungsvoll
*) Liehe den Aufsatz „Die Elenden der kerde" im Vktober-
lseft des „Botschafter".
Z27
und interessant zugleich ist, möchte ich gern noch einen Augenblick
dabei verweilen.
Der Prophet, der hier zugleich den Messias darstellt,
nimmt sich zwei Stäbe, „Huld" und „Bande" genannt.
Wie aus dem 70. VerS hervorgeht, ist der erste, der Stab
Huld, ein Hinweis auf den Bund, den Gott mit allen Völkern
der Erde gemacht hatte, denn nach der Prophezeiung
der Schrift soll einmal die Sammlung aller Völker unter
der Herrschaft des Messias stattfinden. Wenn wir unter
dem eigenartigen Ausdruck „Schilo" in 7. Mose 49, 70
den Messias verstehen dürfen — und eine andere Auslegung
ist schwer denkbar —, so werden Ihm, der einmal
das Zepter des Hauses Juda führen wird, auch alle Völker
folgen. Der Wurzelsproß aus dem Hause Jsai sollte als
ein Panier der Völker dastehen, nach dem die Nationen fragen
würden. (Jes. 77, 70.) Der Ort dieser Sammlung
sollte Jerusalem sein. Dort würde der Sohn Davids, der
Fürst aus dem Hause Juda, Seinen Thron errichten, und
durch Israel würde Er die Nationen regieren. (Vergl. Jes.
2, 2—4; 60, Z. 77. 74; 66, 70—73; Micha 4, 7—3 usw.)
So war es vorausgesagt. Aber hat sich diese Voraussagung
bei dem Kommen des Messias erfüllt? Ach, das
Volk Israel, und besonders seine Führer, ist ja seines Messias
„überdrüssig" geworden. Jerusalem, das Er so sehr
liebte, dessen Kinder Er so oft um Sich hatte versammeln
wollen, wie eine Henne ihre Brut unter ihre Flügel sammelt,
hat Ihn nicht angenommen. Wie konnte da die
Sammlung aller Völker unter Seinem Zepter stattfinden?
Er zerbricht deshalb Seinen Stab „Huld", mit anderen
Worten, Er bricht den Bund, den Er mit allen Völkern gemacht
hatte. Die beabsichtigte Sammlung der Völker könn
328
te zunächst nicht verwirklicht werden. Wohl ist sie nicht aufgehoben
worden, aber die Erfüllung dieser Prophezeiung
mußte auf eine andere Zeit verschoben werden. Sie wird
dann stattfinden, wenn Jerusalem seinen König bei Seinem
zweiten Kommen auf diese Erde mit Freuden aufnehmen
wird unter der jubelnden Begrüßung: „Gepriesen sei,
der da kommt im Namen des Herrn!" (Ps. 118, 2b;
Matth. 23, 39.) Mit dieser willigen Aufnahme des Messias
seitens Seines Volkes wird eine nie dagewesene Segenszeit
für diese Erde beginnen. Dann „wird die Erde voll
sein der Erkenntnis Jehovas, gleichwie die Wasser den
Meeresgrund bedecken", und die Nationen, die nach Ihm
fragen, werden sich sonnen in dem lichten Glanz Seiner
göttlichen Huld.
Die Bedeutung des zweiten Stabes „Bande" ist eine
andere wie die des Stabes „Huld". Aber beide Stäbe haben
einerlei Geschick. Auch der Stab „Bande" wird zerbrochen.
Was unter diesem Stab zu verstehen ist, besagt der
1.4. Vers. Er ist ein Sinnbild der „Brüderschaft zwischen
Juda und Israel". Nicht nur sollten nach dem Willen
Gottes während der Herrschaft des Messias die Völker
unter Seinem Zepter versammelt werden, sondern unter
dieser gesegneten Regierung sollten auch die Häuser Ephraim
und Juda, die so lange voneinander getrennt waren,
ihre Wiedervereinigung finden. Der Riß, der während der
Regierungszeit Rehabeams geschehen, ist nie geheilt worden.
Nie mehr sind seitdem die Stämme als Brüder miteinander
verbunden gewesen. Im Gegenteil, sie haben einander
oft feindlich gegenübergestanden, sich sogar verschiedentlich
bekriegt. Manche Prophezeiungen kündigen indessen
an, daß diese alte Feindschaft einmal aufhören und die
32Y
Trennung ein Ende haben wird. Die Zeit wird kommen,
wo Ephraim Juda nicht mehr beneiden, und Juda Ephraim
nicht mehr bedrängen wird (Jes. 17, 13), die Zeit, wo,
wie Hosea sagt, die Kinder Juda und die Kinder Israel
sich miteinander versammeln und sich ein Haupt setzen
werden. (Hos. 1, bä.) Wie wichtig diese Vereinigung in
Gottes Augen ist, dürfen wir auch wohl daraus entnehmen,
daß der Prophet Hesekiel sie auf Gottes ausdrückliches
Geheiß sinnbildlich darstellen mußte durch zwei Hölzer,
Juda und Ephraim, die er „zusammenbringen mußte,
eins zum anderen, ihm zu einem Holze, so daß sie geeint
seien in seiner Hand". Gott will die beiden zueiner
Nation machen auf den Bergen Israels. (Hes. 37, 75
bis 22.) Diese Vereinigung soll unter einem Haupte
stattfinden, unter „David", dem Knecht Jehovas, der König
über sie sein wird. Sie sollen noch einmal „allesamt
einen König zum König haben" und „allesamt einen
Hirten". Dann wird der „gerechte Sproß", von dem schon
Jeremia verkündete, daß Jehova Ihn „dem David erwecken"
würde, „als König regieren und verständig handeln
und Recht und Gerechtigkeit üben im Lande". „In
Seinen Tagen", so fährt der Prophet fort, „wird Juda gerettet
werden und Israel in Sicherheit wohnen." Kein
Wunder, denn der Name dieses Sprosses aus dem Hause
Davids ist ja kein anderer als „Iehova, unsereGere
ch t i g k e i t". (Vergl. Hes. 37, 22. 24; Jer. 23, 5. 6.)
Es erfüllt einen mit tiefer Bewunderung vor der göttlichen
Gnade, wenn man sieht, welche Namen Jehova sich
beilegt in Verbindung mit David und seinem Hause. Während
Jeremia von Ihm als dem „gerechten Sproß" redet,
der dem David erweckt werden soll, nennt in Offbg. 22
Z30
der Herr Jesus sich selbst „die Wurzel und das Geschlecht
Davids", und in Ps. ll0 und Matth. 22 hören wir von
Ihm reden als Davids „Herrn" und Davids „Sohn".
In dem vorliegenden Kapitel, Sach. kl, tritt Er vor
unö als der verworfene Hirte. (V. kZ.) So berichten
unö die Evangelien von Ihm. Der Sproß auö dem
Hause Davids i st gekommen, freilich nicht in Macht und
Herrlichkeit, wie die Juden Ihn erwarteten, sondern in tiefer
Niedrigkeit, wie Jesaias von Ihm geredet hatte. Als
ein schwaches Reis, daö da hervorging auö dem Stumpfe
Jsais, als einen Schößling auö seinen Wurzeln, ja, als einen
Wurzelsproß aus dürrem Erdreich — so hatte Jesaias
Ihn prophetisch geschaut. (Vergl. Jes. bk, k; 53, 2.)
Wie genau ist diese Weissagung des Propheten in Erfüllung
gegangen! Demütig und sanftmütig hat Jesus in der
Mitte Israels als dessen Hirte gewirkt. Obwohl verkannt
und verworfen, hat Er nicht geschrieen und nicht gerufen und
Seine Stimme nicht hören lassen auf der Straße (vergl.
Jes. 42, 2). Nicht einmal Seinen Lohn hat Er selbst bestimmt.
Das blieb dem Volk und dessen Führern überlassen.
Und sie setzten als Lohn dreißig Silbersekel
fest. Das war der Preis, dessen man Ihn wertachtete. Diesen
Preis hat man bezahlt, um Ihn aus dem Wege zu
räumen, um Ihn zu töten. Statt daß Er in Jerusalem auf
den Thron erhoben wurde, schlug man Ihn dort ans Kreuz.
War unter diesen Umständen noch an eine Vereinigung
von Juda und Israel zu denken? Unmöglich. Zwar
wurde auch diese Verheißung nicht aufgehoben, aber ihre
Erfüllung ist auf lange Zeit verschoben worden. Sie wird
dann stattfinden, wenn Israel und besonders Juda, das in
erster Linie verantwortlich ist für die Verwerfung Seines
— zzr —
Messias, Buße getan haben wird und nun endlich seinem
König freudig entgegenjauchzt. Zn dieser noch zukünftigen
Zeit werden sich die dem David gegebenen Verheißungen
alle voll und ganz erfüllen, auch diejenige, welche die
Brüderschaft zwischen Juda und Israel betrifft. Die Auferstehung
Christi bürgt dafür. (Apstgsch. kZ, 34.)
Er gab Seinen Sohn
„Ich werde nie den Tag meiner Abreise vergessenI"
schrieb ein Missionar, der einzige Sohn einer Witwe. „Meine
geliebte Mutter begleitete mich bis zum Schiff. Sie
stieg mit mir in meine Kajüte. Mit liebevoller Sorgfalt
ordnete sie meine Sachen und machte mein kleines Bett
zurecht. Dann knieten wir nieder, und sie betete zum letztenmal
mit mir. Endlich mußten wir uns verabschieden.
Um mich zu beruhigen, hielt sie sich so gefaßt wie möglich.
Ich blieb auf Deck, während das Schiff langsam abfuhr.
Sie folgte, am Ufer entlang gehend. Als der Augenblick
kam, daß sie mich nicht mehr sehen konnte — ach, noch
jetzt höre ich den durchdringenden Schrei, der sich ihrer
Brust entrang, als sie fühlte, daß eö nun wirklich geschieden
war. Dieser Schrei drang in mein Herz wie eine scharfe
Klinge. Ich verstand jetzt, wie bisher noch nie, die Worte:
„Also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen
eingeborenen Sohn gab!"
Liebe Geschwister, sind wir uns stets dessen bewußt,
daß Er „Seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern
Ihn für uns alle hingegeben hat"?
ZZ2
Gnade allem
Gnade muß es sein
Gnade ganz allein!
Alles andre geht in Stücke.
^)st nur eine morsche Krücke.
Gnade muß es sein
Gnade ganz allein!
Aller eigne Mert
Nur den Hochmut nährt;
Alles, was ich selbst erworben,
Hat die Sünde ganz verdorben.
Gnade muß es sein,
Gnade ganz allein.
Wenn zu herb der Schmerz,
Und schier bricht das Herz,
Menn im finstern Tal es dunkelt,
Schau' ich auf: Trotz allem funkelt
Mir der Gnade Schein.
Gnade muß es sein!
Also Gnad' allein,
Gnade muß es sein,
Gnad' zum Meilen, Gnad' zum Gehen,
Gnade, still beim Herrn zu stehen,
Nichts als Gnad' allein,
Gnade muß es sein!
von einem schwerkranken Gläubigen
in Leidenstagen niedergeschrieben.
Januar 1933
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." Iphil. 4, Z.I
Etnundachtztgster
Jahrgang
L
Inhalt s-it«
„Su aber bleibst" ..............................................................1
Unterredungen über den ersten Brief an die
Korinther XI..................................................................6
Nose in der „Herberge"..................................................15
Gedanke.................................................................................. 20
Sas samaritische rpeib I..................................................21
Verlag und Schriftleitung
R. Lrockhaus
Vuppsrtal-ElbsrfelL, Postfach 227
Postscheckkonto Liln izbzg
R. Brockbaus, Verlag, Wuppertal//Elberfeld
Altere
Botschafter,/ Jahrgänge
Aus alten Botschafter - tzeften haben wir wiederum eine
Anzahl Aahrgänge zusammenstellen können, die hiermit
freundlichst angeboten werden:
In Ganzleinen gebunden
Jahrgänge 1904 bis 1917
fz. T. nur einzelne Exemplare)
mit Goldtlt«!
je RM. 2.50
Jahrgänge 1918 und 1919 „ „ 2.-
Jahrgänge 1920 und 1921
snur wenige Exemplare)
,, ,, 2.3s
Jahrgänge 1922 und 1923 „ „ 2.50
Jahrgänge 1924 bis 1931 „ „ 3.-
Reu erschienen:
Jahrgang IH32
Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtttel RN. z.—
Botschafter
Einbanddecke 1932
Ganzleinen m. Goldtitel RN. -.70
Betrachtungen über öas Wort Gottes
L. H. M.: Die fünf Bücher Mose
5 Lände. In Halbleinen gebunden............................ S.-
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel...................12.-
prekse der einzelnen Bänder
1. bis 4. Mose Halbleinen je RM 1.80,- 5. Mole . 2.50
1. bis 4. Mose Ganzleinen je RM 2.50,- 5. Mose. 3.-
H.R.: Die Bücher Samuel bis Esther
3 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel S.-
prelse der einzelne« Bänder
Oie Bücher Samuel ........................................................ 3-
Ole Äücher der Könige................................................... 3 80
Oie Äücher Esra, Nehemia und Esther................... 2.70
I. U. D.: Das Neue Testament
5 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 20.—
preise der einzelne« Bänder
Matthäus und Markus................................................... 3.60
Lukas und Iohannes........................................................ 4.-
Apostelgeschichte bis ll. Korinther................................. 4.50
Galater bis Philemon................................................... 5-
Hebräer bis Offenbarung............................................... 4.50
Geschenkausgabe in Kassette!
5 Lände in Halbfranz (Lederrücken und -ecken) mit
Kopfgolbschnitt..................................................................... 30.-
R.B.: Gedanken über den Brief an die Römer
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................... 3.15
Gedanken über den Brief an die Galater
In starkem Umschlag........................................................ 1.50
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................... 2.25
Billige Linzelbanöchen in starkem Umschlag:
H.R.: Oer Prophet Hosea........................................................ 1.10
Oer Prophet Maleach!..................................... -.80
3- R O-: Sprüche, Prediger, Lieb der Lieder...................- .40
Oie Apostelgeschichte........................................................ 110
Oer Brief an die Römer................................. - . 1.10
Oie Briefe an die Korinther............................................1.35
Oie Briefe an die Galater und Epheser .... 1.35
Die Briefe an die Philipper und Kolosser .... 1.25
Ole Briefe an die Thessalonicher ............................ 1.10
Oie Briefe an Timotheus, Titus und Philemon . 1.25
Oer Brief an die Hebräer.......................................... 1-
Oer Brief des Iakobus und die Briefe des Petrus - SO
Die Briefe des Iohannes und der Brief des Iudas - SO
Ole Offenbarung............................................................. 1.25
R. Hrockhaus, Verlag/ Wuppertal-Elberfelö
In neuer Auflage ist erschienen:
Billiges Taschentestament
mit Malmen
Zn starkem Kalikoumschlag.......................... RM. -.90
G. Vrieger:
Der Name/
öer über jeöen Kamen ist.
(Verlag R. Müller-Kersting/ Huttwil)
Lle«!
Kartoniert ...................................................................... RM. t.SO
Zn Ganzleinen gebunden ....................................................RM. 2.20
Eine beachtenswerte Abhandlung, die in überzeugender Weise
mit einem bisher wenig beachteten, dabei aber sehr wichtigen
Gegenstand der göttlichen Wahrheit bekannt zu machen sucht.
Das Luch ist allen denen gewidmet, die „Sein Wort bewahren
und Seinen Namen nicht verleugnen".
Bemerkt sei noch, daß ein Teil des Reinertrages für das Werk
in China bestimmt ist.
Zn Amerika bestelle man Sei
Anton Weise Paterson rr. I.
In der Schweiz del
R. Müller^Lersting Hutt«n,Lt.»erni
Siechtenftrnpe
Gedruckt bei K. u. V. Srockhsur, Lt.-G^ Vupperlal-Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 7S Pfennig.
Kebruar 1933
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, S.I
Einundachtzigster
Jahrgang
2
Inhalt Seit«
Israel in der V'üste........................................................... 2y
Sas samaritische V?eiv II..................................................37
Unterredungen über den ersten Brief an die
Korinther XII.................................................................... qtz
Gedanken.................................................................................. 53
Kragen aus dem Leserkreise.............................................55
Verlag und Schrtstlektung
R. Lrockhaus
tVuppertal-LIderfeld, Postfach 227
Postscheckkonto Adln isbzy
Betrachtungen über öas Morl Gottes
L. kj. M.: Die fünf Sucher Mose
s Bände. In Halbleinen gebunden............................ 9.-
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel...................12.-
prelse der einzelnen Bände:
1. bis 4. Mose Halbleinen je RM 1.80/ 5. Mole . 2.50
1. bis 4. Mose Ganzleinen je RM 2.50/ 5. Mose. 3.-
H.R.: Die Bücher Samuel bis Esther
3 Bände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 9.—
preise der einzelnen Bände:
Ole Bücher Samuel....................................................... 3.—
Oie Bücher der Könige................................................... 3 80
Oie Bücher Esra, Nehemia und Esther................... 2.70
I. U. D.: Das Ueue Testament
5 Bände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 20.-
preise der einzelnen Bände:
Matthäus und Markus................................................... 3.60
Lukas und Johannes........................................................ 4.-
Apostelgeschichte bis II. Korinther................................. 4.50
Galater bis Philemon ................................................... 5-
Hebräer bis Offenbarung.............................................. 4.50
SeschenkanSgabe in Kassette:
5 Bände in Halbfranz (Lederrücken und -ecken) mit
Kopfgoldschnitt -........................... 30.-
R.B.: Gedanken über den Brief an die Römer
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................... 3.15
Gedanken über den Brief an die Galater
In starkem Umschlag........................................................ 1.50
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................... 2.25
Billige EmzelbanÜchen in stackem Umschlag:
H.R.: Oer Prophet Hosea........................................................ 1.10
Oer Prophet Maleachi..................................... -.80
I.R. O.: Sprüche, Prediger, Lied der Lieber...................-.40
Oie Apostelgeschichte........................................................ 1.10
Oer Brief an die Römer............................................... 1.10
Oie Briefe an die Korinther..................................... 1.35
Oie Briefe an die Galater und Epheser .... 1.35
Oie Briefe an die philipper und Kolosser .... 1.25
Oie Briefe an die Thessalonicher ............................ 1.10
Oie Briefe an Timotheus, Titus und Philemon . 1.25
Oer Brief an die Hebräer.......................................... 1.-
Oer Brief des Jakobus und die Briefe des Petrus - .90
Die Briefe des Iohannes und der Brief des Iudas -.90
Oie Offenbarung............................................................ 1.25
R. Brockbaus, Verlag, Wuppertal//Elberfeld
Altere
Botschafter// Jahrgänge
Aus alten Botschafter - Heften Haven wir wiederum ein«
Anzahl Jahrgänge zusammenstellen können, die hiermit
freundlichst Angeboten werden:
Zn Ganzleinen Sekunden
mit Goldtitel
Jahrgänge 1904 bis 1917
sz. T. nur einzelne Exemplares
Jahrgänge 1918 und 1919
Jahrgänge 1920 und 1921
snur wenige Exemplares
Jahrgänge 1922 und 1923
Jahrgänge 1924 bis 1931
je RN. 2.50
„ „ 2.-
„ „ 2.50
„ „ 2.50
Reu erschienen:
Jahrgang IY32
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel ARt. z.—
Botschafter //
Einbanddecke iyZ2
Ganzleinen m. Goldtitel RAt. - ,70
R.Hrockhaus/Äerlag/Wuppertal-Elberfelü
Das Gedicht
Herr, mach mich stillt
wach mich M
Uol>steM»Z0ki«Ächr
UovKrimjMHMgÄ« Ar»
>k»m »lwn» Mich lM Ich!» w»«^ und Wik.
Vwochukchßik,
^nrtchrrwlch
Lüds dwim
UiwT^wn M-wiffir rüaHain-o »nm»«»!
kischirm MuL«A?ü» <»» wir wunvrrvch
Utchirmlch!
Acir nuMn ArLHnr «äxvM
ilfmDkmr La» ß-rgiich Mich xoMym,
A-^lldr wüv f>r lSgkch pmviich nn>.
Za^uttftlrru:
Ani.dvzumÄt
Swv mir noch wrmy >-chrLir.
kchörr rrnwIg-Orim» KmchIM L!Ilr>
LijZ>n»r« MM, michftgrnrm>w>oM
bas vor einigen Monaten
im „Notschaffer" erschie­
nen ist und vielen Lesern
zur Freude und Ermun­
terung gedient hat, ist
als Kunstblatt (Zwei,
farbendruck) erschienen.
(Größe 25/18 cm.) Es
ist in schöner, gut leser­
licher Schrift gedruckt
unv wird in folgenden
zwei Ausführungen
freundlichff empfohlen:
*
1.. Auf starkem Karton mit seidenem Aufhänger RM. -.40
(Porto 15 pfg.)
2 In dunkelpol. oder Gold-Leiste unter Glas gerahmt RM. 2.50
(Porto und Verpackung 50 pfg.)
In neuer Auflage ist erschienen:
Billiges Laschentcstament
mit Malmen
In starkem Kalikoumschlag.......................... RM. -.90
Grdruck« Sei Z. u. V. Lrockhru», L.«G., Vuop-rtai-Ew-rfeld
„Ter Lotschafcer" mit „Mitteilungen aus dem INerke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 7S Pfennig.
März 1YZ3
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, S.s
Elnundachtztgster
Aahrgang
3
Inhalt Seit«
Sie Herrlichkeit Gottes..................................................57
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorinther XIII.................................................................... 68
Sas samaritische Weib III..................................................75
Sein weg sGedichtl........................................................... Sq
Verlag und Schristleitung
R. Lrockhaus
V?uppertal»lklöerfsld, Postfach 227
Postscheckkonto LSln lzözg
R.Vrockhaus/Verlag/Muppertal-Elberfelü
Das Gedicht
Herr/ mach mich stillt
das vor einigen Monaten im „Botschafter" erschienen
ist und vielen Lesern zur Freude und Ermunterung
gebient hat, ist als Kunstblatt (Zweifarbendruck) er­
schienen. (Größe 25/18 cm.) Es ist in schöner, gut
leserlicher Schrift gedruckt und wird in folgenden
zwei Ausführungen freundlichst empfohlen:
Imd fichrrnlZVrweRkgr
UnvDttne aukr hrlkorm
Herr ich« «üq
^lufDrw, /Ärdaura
Ur» Delon MrStL-itmrttiatras onwmrn!
krsrklene aachDnn Dm arw «mverttch
sichre Mch!
ArirDndiftrnu!
JmLhr wird fledq.-nr»vvch na».
Arrr.bwAvmH-i
Slov vor nori, wenig ^chrlnr.
krdöre AnüdtzD-Mkv Kwch»» LvS:
^2ksDrlr»em Mr» »'chsttzarrseurmolttU
viulf.avMÄa'
1. Auf starkem Karton mit seidenem Aufhänger RM. -.40
(Porto 15 pfg.)
2. In dunkelpol. oder Gold-Leiste unter Glas gerahmt RM. 2.50
(Porto und Verpackung für 1 bis Z Stück 50 pfg.)
R-Vrockhauch Vertag/ Muppertal-Llberfelü
Laschentestament mit Psalmen
Auf bestem Oünndruck-Papier, Nonpareille, deutsche Schrift,
10 : iS cm groß, 17S Ar schwer
SSO Kunstleder mit Rotschnitt ................................................. 2.S0
S91 Leder mit Rotschnitt........................................................... s.—
S92 Leder mit Goldschnitt........................................................ 6.—
SSZ Saffian loder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt 8.S0
SS4 Gaffianleder, persisch (Schuhkiappen) mit Goldschnitt S.SO
S9SI ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt............................................................. 12.—
SSSII ff. braun Saffian, dto. dto................................................ 12.S0
S96I in ff. schwarzem,biegsam. persisch. Einband (Schuhklappen),
Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) iS.—
S96II in braunem Baxterband................................................. 1S.S0
Laschenlteöerbuch mtt Roten
,Kle!ne Sammlung geistlicher Lieöer^
Neue Auflage, auf gutem, nicht durchscheinendem Dünndruckpapier.
Neu ist die Beifügung eines Vers Verzeichnisses zur Erleichterung
des Auffindens der Lieder.
Nr. 611 Gaffianleder mit Rotschnitt ...................................... 4.-
Nr. 612 Saffianleder mit Goldschnitt .................................... s.-
Nr. 613 Gaffianleder, persisch (Schuhkl.) m. Rotschn............. 6.S0
Nr. 614 Saffianleder, persisch (Schuhkl.) m. Goldschn............ 2.S0
Nr. 61SI ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten
vergoldet, mit Rot-Goldschnitt...................10.-
Nr. 61SII ff. braun Saffian, dto. dto......................................io.so
Nr. 6161 in ff. schwarzem, biegsamen persischen Einband
(Gchuhklappen), Marokkoleder, mit Rot-
Goldschnitt (Baxter).................................... 12.S0
Nr. 616II in braunem Baxterband.....................................13.-
Von der bisherigen Ausgabe ist noch eine größere
Anzahl Lände
ülr. Kunstleder mtt Rotschnitt
vorrätig.
Preis bisher RM. 2.so, jetzt nur RM. i.So.
R.Vrockhaus, Verlag/ Wuppertal-Elberfelü
In neuer Auflage sind erschienen und werden zur Verbreitung
empfohlen:
Dos Evangelium nach Matthäus
In starkem Papierumschlag . . . RM. -.W
Das Evangelium nach Lukas
In starkem Papierumschlag . . . RM. -.10
Billiges Taschentestament
mit Psalmen
In starkem Kalikoumschlag . . . RM. -.90
Die Psalmen
Taschenausgabe, noX^Z cm groß
In biegsamem, dunkelrolen Kunstledereinband
...........................................RM. 4.so
Billiges Angebot!
Dünndruckpapier,
tixt? cm groß, ts mm dick, 280 g schwer.
Rr. 5Ze Leber mit Rotschnitt nur RM. 7.75
(besonders als Geschenk in Sonntagschulen geeignet).
Gedruckt sei Z. u. V. Srockhru«, L.-G., Wuppertal-Llkerfeld
„Aer Botschafter" mit „Mitteilungen SUS dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Botschafter
des
Heils In Christo
„Ser Herr ist nahe." sphtl. 4, s.<
Einundachtzigster
Jahrgang
4
Inhalt s«»«
In dem Schatten Seiner Klügel..................................85
Sas samarttische V?elb IV............................................... Sy
Unterredungen über den ersten Brief an die
LorlntherXIV..................................................................97
Ser Christ und die Astrologie.................................... 105
Ser Friede Gottes........................................................... m
Kragen aus dem Leserkreise.........................................112
Verlag und Schriftleitung
R. Lrockhaus
Vpuppertal»Elberfeld, Postfach 227
Postscheckkonto Ztöln 1563g
R.VrockhauS/Verlag/Wuppertal-Llberfelö
Das Gedicht
Herr, mach mich still!
bas vor einigen Monaten im „Botschafter" erschienen
ist und vielen -Lesern zur Freude und Ermunterung
gedient hat, ist als Kunstblatt (Zweifarbendruck) er­
schienen. (Größe 2S/18 cm.) Es ist in schöner, gut
leserlicher Schrift gedruckt und wirb in folgenden
zwei Ausführungen freundlichst empfohlen:
Arir mrinrr KrLHnr LPnr
JwMrr wilv strlösUch.MÄich NM.
Z»^S»dR«!riU
Ari.dI»-,rm>ÄU
NKM mit snriy i^chrinr.
kchmr gn»rlgZ>iiiis Kr.-ch--»
Rirrü rmchsttzr« Nr» mW W
1. Auf starkem Karton mit seidenem Aufhänger RM. -.40
(Porto iS pfg.)
2. In dunkelpvl. oder Gold-Leiste unter Glas gerahmt RM. 2.50
(Porto und Verpackung für i bis 3 Stück so pfg.)
R.Brockhaus, Verlag/ Muppertal-Elberfelö
Laschentestament mit Psalmen
Auf bestem Dünndruck-Papier, Nonpareille, deutsche Schrift,
10 :15 cm groß, 175 xr schwer
590 Kunstleder mit Rotschnitt ................................................. 2.50
591 Leder mit Rotschnitt.......................................................... 5.—
592 Leder mit Goldschnitt ........................................................ 6.—
S9Z Saffianleder, persisch (Schuhklappen) mit Rvtschnitt 8.S0
594 Saffianleder, persisch (Schuhklappen) mit Goldschnitt 9.50
5951 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt............................................................. 12.—
595 li ff. braun Saffian, dlo. dto................................................ 12.50
5961 in ff. schwarzem, biegsam, persisch. Einband (Schuhklappen),
Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt (Baxter) 15.—
59611 in braunem Baxterband................................................. 15.50
Laschenlieöerbuch mit Noten
Kleine Sammlung geistlicher Lieöer"
Neue Auflage, auf gutem, nicht durchscheinendem Dünndruckpapier.
Reu ist die Beifügung eines Ders Verzeichnisses zur Erleichterung
des Auffindens der Lieder.
Rr. 611 Saffianleder mit Rvtschnitt ....................................... 4. -
Rr. 612 Gaffianleder mit Goldschnitt ..................................... 5.-
Rr. 61Z Saffianleder, persisch (Schuhkl.) m. Rotschn............. 6.50
Rr. 614 Saffianleder, persisch (Schuhkl.) m. Goldschn............. 7.50
Rr. 6151 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten
vergoldet, mit Rot-Goldschnitt...................10.-
Rr. 615II ff. braun Saffian, dto. dto......................................10.50
Rr. 6161 in ff. schwarzem, biegsamen persischen Ein-
band (Schuhklappen), Marokkoleder, mit Rot-
Goldschnitt (Baxter).................................... 12.50
Rr. 616II in braunem Baxterband..................................... 13.-
Von der bisherigen Ausgabe ist noch eine größere
Anzahl Lände
Rr. «öic> Kunstleüer mit Rvtschnitt
vorrätig.
Preis bisher RM. 2.so, jetzt nur R!N. i.So.
R.Vrockhaus, Verlag/Muppertal-Llberfelü
In neuer Auflage find erschienen und werden zur Verbreitung
empfohlen:
Das Evangelium nach Matthaus
In starkem Papierumschlag . . . RM. - /io
Das Evangelium nach Lukas
In starkem Papierumschlag . . . RM. -.10
Billiges Taschentestament
mtt Psalmen
In starkem Kalikoumschlag . . . RM. —.90
Die Malmen
Taschenausgabe, ilOX^s cm groß
In biegsamem, dunkelroten Kunstledereinband
...........................................RM. 4.S0
billiges Angebot!
Dünndruckpapier,
22X12 cm groß, IS mm dick, 280 8 schwer.
Kr. 5ZL Leöer mit Rotschnitt nur RM. 7.75
(besonders als Geschenk in Sonntagschulen geeignet).
Gedruckt Sei z. u. V. Lrockhsu», S.»G., Vuppertsl- LlSerfeid
„Ser Botschafter" mtt „Mitteilungen aus dem Verke des
tzerrn in der Seme" kostet vierteljährlich 7s Pfennig.
Atai iy33
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist naße." Iphil. 4, z.j
Etnundachtzigster
Jahrgang
5
Inhalt s«tt«
Sreierlei Einheit................................................................uz
„Es ist der Herr!" ...................................................... 120
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorinther XV............................................................... 125
Sas samaritische Weib V............................................. 132
Weltlichkeit......................................................................... iz8
wie betest du? lGedichtl..................................................iqo
Verlag und Schrlstleitung
R. Vrockhaus
Wuppertal» Llksrfeld, Postfach 227
Postscheckkonto Löln isbz
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Pfg.
s 75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine un-
heilige Verbindung einzugehen, sO pfg-, 50 Stück . H5O
s76 Naaman, der Syrer................................................................sO
s79 Der Vater und der verlorene Sohn...................................... sO
l 82 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . >0
s86 Bist du deiner Errettung gewiß?...................................... s5
s87 L. H. Ul.: Was ist die Wiedergeburt? .... 20
s88 Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?...................................................sO
s89 R. B.t Gibt es eine Allversöhnung?................................s5
s90 R. B.t Lin Wort über die christliche Taufe . . . s5
20 s Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und Ser Friede Gottes, je 2 pfg., s00 Stück . sbO
203 Gerechtfertigt und befreit ................................................... sO
204 R. B.t Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis............................................................... 40
205 Was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.t Der Thrift u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" . . . . sO
208 Der Gläubige und der verfall............................................ 40
209 L. H. Ul.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
2s0 R. B.t Der Tisch des Herrn...................................................sO
2s s Der Unterschied zwischen der Ankunft Lhristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit (aus: Die Wiederkunft unseres
Herrn Jesus Thristus)......................................................... sO
2s2 Alles in Christo......................................................................40
2s3 Du und dein Haus, oder: Der Thrift in seinem Hause 20
2s5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.........................................................................................30
2s6 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
2s8 R. B.t Nach Wahl der Gnade............................................ 50
2s9 R. B.t Wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Gpfers Thristi...................................... sO
22s R. B.t „Ich komme bald!" Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 30
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Thristi ... 20
224 Gin Wort über Frauendienst...................................................s5
225 R. B.t Gethsemane................................................................40
226 R. B.t Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . sO
227 I. N. Darbtzt Die Opfer des 3. Buches Mose und
ihre vorbildliche Bedeutung...................................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn sO
229 Nehemia oder: Das Bauen der Mauer............................... 20
«r. pfg.
230 I. A. Darb?: Was ist eine Sekte?................................5
23 s Die Versammlung und die Zucht..................................s5
233 R. B.: „Da bin ich in ihrer Mitte"................................sO
23H Lin Wort über Gebetsheilungen........................................... sO
23? Christus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . . s5
238 Gottes Wort und Gebet......................................................... s5
239 Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet................................sO
2Hs Das Abendmahl des Herrn..................................................... 5
2H2 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß ... s5
2H3 R. B.: Mas ist Anbetung?...................................................sO
2HH „Alles geschehe anständig und in (Ordnung" . . . . s5
2H5 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören...................................... sO
2H7 Segnung u. Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth sO
2H8 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe sO
25 s Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet . . . s5
252 R. B.: Das Reich Gottes................................................... sO
25H R. B.: Über das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 20
255 R. B.: Die Lhe Les Christen.................................................. 50
258 Die Welt und der Christ......................................................... sO
259 R. B.: Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien"...................................................20
26 s „Ich bin's!" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.t Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 30
263 Was Hiob zu lernen hatte, oder: Wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?............................................ HO
26H L. B.: Der Sabbath und der Tag Les Herrn ... HO
266 R. B.t Christus oder der Antichrist? Wen erwarten
wir?...................................................................... , sO
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht .... 7
269 C. H. M.: Line Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. n. Darb?: Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw......................................................................................sO
27s H. R.: Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit......................................................................20
273 I. N. Darb?: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes......................................................................................... s5
27H Gottesdienst und Dienst am Wort........................................HO
275 R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde . . . . sO
276 R. B.: Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi......................................................................30
277 R. B.: Älteste und Diener........................................................20
279 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle..........................................................s5
28 s R. B.: „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 2
29 s Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat)..................................2
R.Vrockhaus, Verlag, Wuppertal-Elberfelü
Zn neuer Auflage sind erschienen und werden zur Verbreitung
empfohlen:
Das Evangelium nach Matthaus
Zn starkem Papierumschlag . . . HM.-.40
Das Evangelium nach Lukas
Zn starkem Papierumschlag . . . HM. -.40
Billiges Laschentestament
mit Psalmen
Zn starkem Kalikoumschlag . . . HM. —.90
Die Psalmen
Taschenausgabe, 40X^s cm groß
Zn biegsamem, dunkelroien Kunstledereinband
...........................................HM 4.50
In Amerika bestelle man bei
Anton V^eise
In der Schvei» Sei
R.MüU<rr§LerlUna
Paterson N. Z.
2SS North 7th Ätree«
HuttvoillLt.SernI
Siechten Ilrail«
Gedruckt bei 8- u. W. Lrockhau», K--G-, Wuppertal-Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem t0erke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Huni iy33
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." lphil. 4, S l
Einundachtzigster
Dahrgang
6
Inhalt s-tt-
„V?enn ich erzählen Wollte ... . "...........................141
Unterredungen über den ersten Bries an die
LorintherXVI................................................................148
„Gehe hin und tue desgleichen!"...........................155
Sas samaritische Veiö VI............................................. 15p
Gebetsversammlungen.................................................. 167
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal»Elberfeld / Postfach »7
Postscheckkonto Köln izözp
Schriftleiter: Will). Lrockhaus, Wuppertal^ Elberfeld, Saustr. 52
Mitteilung!
Kaum sind die lehterschicnenen „Mitteilungen aus dem Werke
des Herrn in der Ferne" hinausgegangen, da kommt aus Kairo
in Aegypten die überraschende Nachricht, daß unser geliebter alter
Bruder
Vtto Vlaeöel
der so manches Jahr in jenem Lande für den Herrn gearbeitet
hat, am II. Mai in Frieden heimgegangen ist. Wie Br. Walter
Theißen mitteilt, ist der liebe Entschlafene in der letzten Zeit mehrmals
in seinem Hause ohnmächtig geworden, wovon er aber nichts
hatte verlauten lasten. Sein Arzt empfahl ihm darauf dringend,
sich ins Krankenhaus zu begeben, was er auch am Z. ds. Mts. getan
hat. Samstag, den S. Mai, erlitt er dort einen Schlaganfall, der
seine rechte Seite lähmte. Am 10. Mai kam noch eine Lungenentzündung
hinzu mit heftigem Fieber, was das Ende sehr beschleunigte.
Bereits am nächsten Morgen, dem I I. Mai, Uhr entschlief er
sanft im Herrn.
Die Beerdigung hat nach orientalischem Brauch noch am gleichen
Tage unter reger Beteiligung der Geschwister stattgefunden und
soll einen sehr würdigen und eindrucksvollen Verlauf genommen
haben. Weitere Einzelheiten werden, so Gott will, später noch bekannt
gegeben werden.
Fast um die gleiche Zeit — zwei Tage später — ist in England
der sicherlich manchem Leser unserer „Mitteilungen" bekannte
Bruder
W. M. Roberts
heimgegangen. Er war Bearbeiter und Herausgeber der englischen
„Mitteilungen" (Retters ok Interest ss to tsie korcl's Work)
und hat jahrelang die Korrespondenz mit unseren englischen in
der Ausland-Mistion usw. tätigen Brüdern und Schwestern geführt,
war auch mit Br. Blaedel gut bekannt.
Der Heimgang beider Brüder bedeutet, so groß der Gewinn
für sie selbst ist, für das Werk einen ernsten Verlust. Möge es
dem Herrn des Werkes gefallen, die cntstandenenen Lücken durch
die Berufung anderer treuer Männer in Seinen Dienst zu schließen!
W. Br.
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. pfg.
4 ?5 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen, (0 psg., 50 Stück . H50
l,?6 Naaman, der Syrer................................................................sO
s?9 Der Vater und der verlorene Sohn...................................... (0
s82 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . sO
(86 Bist du deiner Errettung gewiß?...................................... (5
(8? L. H. M.t Was ist die Wiedergeburt? .... 20
(88 Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?................................................... (0
(89 R. B.t Gibt es eine Allversöhnung?................................(5
(90 R. B.t Lin Wort über die christliche Taufe . . . 1,5
20 s Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 pfg-, (00 Stück . (50
203 Gerechtfertigt und befreit ................................................... (0
204 R. B.t Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis............................................................... 40
205 Was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.t Der Christ u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
20? „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Beben" . . . . (0
208 Der Gläubige und der verfall............................................ 40
209 T. H. M.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
2(0 R. V.: Der Tisch des Herrn................................................... (0
2(( Der Unterschied zwischen der Ankunft Thristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit (aus: Die Wiederkunft unseres
Herrn Jesus Christus)......................................................... (0
2(2 Alles in Christo...................................................................... 40
2(3 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
2(5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde................................ 30
2s 6 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
2f8 R. B.t Nach Wahl der Gnade............................................ 50
249 R. B.t Wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Dpfers Christi...................................... 10
22I( R. B.t „Ich komme bald!" Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 30
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Christi . . . 20
224 Ein Wort über Frauendienst...................................................4 5
225 R. B.t Gethsemane................................................................40
226 R. B.t Der Richterstuhl und der Gläubige (0
22? I. A. Darby: Die Gpfer des 3. Buches Risse und
ihre vorbildliche Bedeutung...................................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn (0
229 Nehemia oder: Das Bauen der Mauer................................20
R.Vrockhaus, Verlag, Wuppertal-Llberfelö
Nttttges Älngebotr
Taschenbibel
deutsche Schrift, cm groß, aus Auflage-Resten.
Kehlerfreie Exemplare in Kunstledereinband mit Rotschnitt
solange Vorrat reicht
NUr
Oer Vorrat in diesen Bibeln ist nicht groß. Wir möchten
vor allem den Versammlungen empfehlen, diese günstige
Gelegenheit zu benutzen, um ihre in den Versammlungsräumen
ausliegenden und unbrauchbar gewordenen
Bibeln zu ersehen. Bei größeren Bestellungen
(von 9 Stück ab t Postpaket) kann noch ein weiterer kleiner
Nachlaß auf den herabgesetzten Preis gewährt werden.
Die gewöhnliche Ausgabe Nr. S44 kostet weiterhin RM. 4.20
Billiges Taschentestament
mit Psalmen
Zn starkem Kalikoumschlag . . RM. -.90
Zn Amerika bestelle man bet
Anton Vpeise
Zn der Schwel, bel
R. MüUer^Lersting
Paterson N. Z.
Hutt« il lLt.Bernl
Siechtenftraß«
Gedruckt b«! u. V. Lrockhau», L.-G., Wuppertal,Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Werke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Mi 1YZ3
Botschafter
des
Heils in Cßrifto
„Ser Herr ist nahe." Iphil. q, s.I
Einundachtzigster
Dahrgsng
7
Inhalt Seite
Srei teilnahmsvolle Kragen..................................... i6y
Unterredungen über den ersten Brief an die
Lorinther XVII................................................................174
Zucht und Einheit im Handeln................................179
Sas samaritische weid VII............................................. 183
deshalb feiern wir den ersten Tag der Woche? 188
Sas Mahl des Herrn.......................................................194
Loö der Güte Gottes sGedichtl............................... iy6
Verlag R. Srockhaus / Wuppertal»Llbsrfsld / Postfach 227
Postscheckkonto Löln lzözg
Schriftleiter: Will). Lrockhau«, Wuppertal» Ellierfeli'. Saustr. 52
R.Vrockhaus/ Verlag/ Wuppertal-Llberfelö
Vilttgvs ^ngsdot!
Das Lieö öer Lieder
Betrachtungen über öas Hohe­
lied Salomos
(Ls gibt viele liebliche Lieder in der
Schrist, die von der Güte des Herrn
Zeugnis ablegen, doch dieses übertrifft
sie alle.
Es ist der Gesang von Herzen, die mit
heiliger Liebe erfüllt sind, und die ihre
höchste Freude finden an jenem vollen
und freien Ausdruck der Liebe: „Wir
lieben, weil Er uns zuerst geliebt
hat".
237Seiten.Zn starkem Umschlag statt RM.it.3S
«UV -.SLi
Zn Ganzleinen geb. statt RM. 1.80
Ntw L -
vosektun Sts kill« «lis ^ngadots
»ul 3. un0 4. UmsvNIsgsstl»!
R-Vrockhaus, Verlag, Wuppertal-Elberfelö
vilttgss ^ngvdot!
Die Welt vor öer Klut unö
öie Patriarchen
von I. G. Bellett.
ZIS Seiten. In feinem Ganzleinenband mit Goldtitel
statt 3.60..............................................nur RM. 2.7o
Die Wjeöerkunst
unseres Herrn Aesus Christus
unö öieöamitinVerbinöungstehenöenLceignisse
von H. C. Voorhoeve. 184 Seiten.
In starkem Umschlag statt 1.35 . NUf 1 —
In Ganzleinen geb. statt 1.80 . nur 1.35
Oie Beschäftigung mit dem Leben der alten Zeugen
vor und nach der Flut, mit Männern, die z. T.
in den schwierigsten Umständen den Glauben bewahrt
und an den ihnen gegebenen göttlichen Verheißungen
festgehalten haben, dürste gerate in unseren Tagen zum
Ruhen sein. Leben wir nicht auch heute in schwierigen
Zeiten, und sehen wir nicht die letzten Dinge, von denen
die Schrift redet, immer näher rücken, Dinge, die ein-
geleitet werden durch die von vielen Kindern Gottes
so sehnlichst erwartete Wiederkunft unseres Herrn
Jesus Christus?
Deshalb seien die beiden oben angebotenen Bücher jüngeren
und älteren Lesern gerade jetzt zu eingehendem
Studium empfohlen.
R. Br ockkjaus Verlag .'Vuppertal-Elkicrfclü
lSMaes Slnaeboi!
Das Leben öes Glaubens in Beispielen
aus Sem Leben Daviüs
von C. H. Mackintosh.
Inhalt:
Oie Salbung Davids / Im Terebinthental / Oie
Höhle Adullam / Rabat und Abigail / Zikiag
Oie Rückkehr der Bundeslade / Das Haus Davids
und das Haus Gottes / Oie Verschwörung / Das
Lied und die letzten Worte Davids.
441 Seiten. Zn starkem Umschlag statt RM. 4.60
«UV KM. 1.2L)
In Ganzleinen gebunden statt RM. 2.3S
Nttv KM. I SS
Zur Verteilung werden empfohlen:
Das Evangelium
nach Matthaus
Zn starkem Papierumschlag KM. —.10
Das Evangelium nach Lukas
Zn starkem Papierumschlag KM. —.10
gedruckt v«t 8- u. V. SrockhAU«, Vuppert-U-klk«rf<Id
„Ser Lotschafter" mtt „Mitteilungen aus dem Werks des
Herrn In der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
-LUYM 1Y33
Botschafter
des
tzetls in Christo
„Ser Herr ist nahe." IPHil. q, s.j
Einundachtztgster
Zahrgang
8
Inhalt s«<t«
„Laufe Wahrheit und verkaufe fle nicht" . . . 1-7
Srei teilnahmsvolle Kragen II....................................206
Unterredungen über den ersten Bries an die
Lorlnther XVIII........................................................... 21z
Sas samarttische V?eiv VIII............................................. 219
Verlag R. Lrockhaus / Vuppertal Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto LSln 156 zq
Schriftleiter: Mlh. Lrockhaus, Vuppertsi»Llberfeld, Saustr. ,2
R.Vrockhaus, Verlag, Wupperlal-Llberfelü
Sttligss ^ngsdoN
Das LLeö öee Lieber
Betrachtungen über öas Hohe-
lieö Halomos
(Ls gibt viele liebliche Lieber- in der
Schrift, die von der Güte des Herrn
Zeugnis ablegen, doch dieses übertrifft
sie alle.
(Ls ist der Gesang von Herzen, die mit
heiliger Liebe erfüllt sind, und die ihre
höchste Freude finden an jenem vollen
und freien Ausdruck der Liebe: „Wir
lieben, weil Er uns zuerst geliebt
hat".
237Seiten.Zn starkem Umschlag stattRM.1.3S
nuv - scr
Ln Ganzleinen geb. statt RM. 1.80
«UV 1.-
R.Vrockhaus/ Verlag/ Wuppertal-Llberfelö
vittigss ^ngakot!
Die Welt vor öer Klut unö
öie Patriarchen
von I- G. Äellett.
316 Seiten. In feinem Ganzleinenband mit Goldtitel
statt 3.bo..............................................nur NM 2.IV
Die Wieöerkunst
unseres Herrn Jesus Christus
unö Sie üamtt in Verbinöung stehenöenEceignisse
von H. C. Voorhoeve. 184 Seiten.
In starkem Umschlag statt 1.3S . NUk NM 4-
In Ganzleinen geb. statt 1.80 . nur NM 1.35
Das Leben öes Glaubens in Beispielen
aus üem Leben Daviüs
von G. H. Mackintosh. 141 Seiten.
Inhalt: Oie Salbung Davids / Im Terebinthental / Die
Höhle Adullam / Rabat und Abigail / Ziklag /
Oie Rückkehr der Äundeslade / Das Haus Davids
und das Haus Gottes / Oie Verschwörung / Das
Lied und die letzten Worte Davids.
In starkem Umschlag statt 1.60 uur NM. 4 20
In Ganzleinen gebunden statt 2.3S nur NM. 4.25
Ksivneior ku» «Iss Zslir 1SS4
Abveitzkalendev
„Oer Bote des Friedens"
Herabgesetzte
Preise: RM.
.-.yo
Oie Rückwand des Kalenders bringt diesmal
ein Bild aus der Geschichte des Propheten Elias:
Elias kommt zu der Witwe von Zarpath, die
gerade Holz aufliest. Das Bild dürste bei der
vorzüglichen Ausführung in Mehrfarbendruck
allgemein gefallen.
Nee Block in Buchform
Zn Kunstleder gebunden..............................
4.4L
Kamilienkalendev
-Botschafter de» Frieden«" . . . —.43
Derselbe mit Marktverzeichnis sür Deutschland
.................................................... —.8i(j
^indevabveitzkalendev
«-Dillenburger Kindergabe" . . .
Dieser so schnell beliebt gewordene, wirklich
schöne Kinderkalender erscheint hiermit zum
zweiten Male. Jedes Tagesblättchen bringt
auf der Vorderseite einen Bibelspruch und
ein paffendes Bildchen, auf der Rückseite kleine
Erzählungen, dem kindlichen Verständnis angemessene
Betrachtungen, Gedichte,Rätsel usw.
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Rorth Ith Street, Paterson R. L.
In der Schweiz bei:
R. Müller-Kersting, Fiechtenstraße, Hutttvil (Kt. Bem)
Gedruckt Set 8. u. Vk>. Srockhaus, Wuppertal-Llöerseld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 7S Pfennig.
Botschafter
-es
tzeils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, S l
Etnundachtzigster
Jahrgang
Inhalt s-,t«
Vas dl« Schrift mlr sagt............................................. 22s
Sie „Armen im Geiste"..................................................236
Sas samaritische Veiv IX............................................. 244
Ser eine Leiv.................................................................... 249
„Ihr aber seid Christi Leib, und Glieder in»
sonderheit".................................................................. 251
Gott allein die Ehre lGedicht!.................................... 252
Verls- R. Lrockstsu» / Vuppertsl» Elberfeld / Postfach rr?
Postscheckkonto Sbln »sdzq
Schriftleiter: Mlh. Lrockhaus, Viftippertal» Elberfeld, Laustr. 52
R.Vrockhaus/ Verlag/ Mupperlal-Llberfelö
vttligss /^ngvdott
Das Lieö öer Lleöer
Betrachtungen über öas Hohe-
lieü Dalomos
(Ls gibt viele liebliche Lieder in der
Schrift, die von der Güte des Herrn
Zeugnis ablegen, doch dieses übertrifft
sie alle.
(Ls ist der Gesang von Herzen, die mit
heiliger Liebe erfüllt sind, und die ihre
höchste Freude finden an jenem vollen
und freien Ausdruck der Liebe: „Wir
lieben, weil (Lr uns zuerst geliebt
hat".
237E>eiten.Ln starkem Umschlag statt RM.4.35
«uv -.scr
Zn Ganzleinen geb. statt RM. 4.80
NUV 1.-
R.Vrockhaus/ Verlag/ Wuppertal-LIberfelö
villlgss ^ngvbot!
Die Welt vor öer Klut unö
üie Patriarchen
von I- G. Äellett.
316 Seiten. Zn feinem Ganzleinenband mit Goldtitel
statt z.60..............................................nur RM 2.10
Die Wjeöerkunst
unseres Herrn Jesus Christus
unö öle üamit in Verbinöung stehenöenEreignUe
von H. C. Voorhoeve. 184 Seiten.
In starkem Umschlag statt l.ZS . nur RM
In Ganzleinen geb. statt 1.80 . Nur RM. 1.S5
Vas Leben öes Glaubens Ln HeLspLelen
aus öem Leben Daviös
von E. H. Mackintosh. 141 Seiten.
Inhalt: Oie Salbung Davids / Im Terebinthental / Oie
Höhle Adullam / Nabal und Abigail / Ziklag /
Oie Rückkehr der Äundeslabe / Das Haus Davids
und bas Haus Gottes / Oie Verschwörung / Das
Lied und die letzten Worte Davids.
In starkem Umschlag statt 1.80 NM RM. 1.20
In Ganzleinen gebunden statt 2.3S NM RM.
ÄlbveiSkalendev
»Oer Bote -es Friedens"
Oie Rückwand des Kalenders bringt diesmal
ein Bild aus der Geschichte des Propheten Elias:
Elias kommt zu der Witwe von Zarpath, die
gerade Holz aufliest. Das Bild dürste bei der
vorzüglichen Ausführung in Mehrfarbendruck
allgemein gefallen.
DevBloMnButbsovm
In Kunstleder gebunden.............................
Herabgesetzte
Preise: RM.
-.vo
1.4L
Hamilienkalettdev
»Botschaft« de» Ztieden«^ . . . —»48
Derselbe mit Marktverzeichnis für Deutsch.
land........................................................ —
Endevabveitzbalendev
»Oillenbmgee Ninderfiabe" . . . 1»—
Dieser so schnell beliebt gewordene, wirklich
schöne Kinderkalender erscheint hiermit zum
zweiten Male. Jedes Tagesblättchen bringt
auf der Vorderseite einen Bibelspruch und
ein paffendes Bildchen, auf der Rückseite kleine
Erzählungen, dem kindlichen Verständnis an-
gemeff ene Betrachtungen, Gedichte,Rätsel usw.
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Tkorth Ith Street, Paterson N. I.
In der Schweiz bei:
R. Müller-Kerfiing, Kiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bern).
tvednickt »al z. u. V. Srockhau», L.-D., Vuppertal-LIbarfald
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verk« des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Oktober iy33
Botschafter
des
Heils In Christo
„Ser Herr ist nahe." Iphil. 4, z.I
Etnundachtzigster
Aahrgang
io
Inhalt Seite
„Sie Elenden der Herde"............................................. 25z
Prophetin, Kührertn und - aussätzig......................260
Sie Königin von Scheöa............................................. 266
Vom Rechnen.................................................................... 272
Vie kann ich am besten meinem Herrn dienen? 276
Semut.......................................................................................27Y
Verlag R Lrockhaus / Wuppertal»Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto Köln 15639
Schriftleiter: Mlh. Lrockhaus, Vuppertal-Elberfeld, Laustr. 52
R.Vrockhaus, Verlag/ Muppertal-Elberfelö
Silllgss /^ngsbol!
Die Welt vor öer Zlut unö
öie Patriarchen
von 2. G. Äellett.
316 Gelten. In feinem Ganzleinenband mit Goldtitel
statt 3.60..............................................nur RM 2.10
Die MeÜerkunst
unseres Herrn Jesus Christus
unö öie öamlt in Verbinöung stehenöenEreignisse
von H. G. Doorhoeve. 184 Seiten.
In starkem Umschlag statt 1.35 . UUk UM. 1 —
In Ganzleinen geb. statt 1.80 . NUk RM 1.35
Das Leben öes Glaubens in Beispielen
aus Sem Leben Daviüs
von E. H. Mackintosh. 141 Seiten.
In starkem Umschlag statt 1.60 NUk RM. 120
In Ganzleinen geb. statt 2.35 nur RM. 1.15
Das Lieb öer Lieüer
Betrachtungen über öas Hohelieö Äalomos
237 Seiten
In starkem Umschlag statt 1.35 nur RM. — .50
In Ganzleinen geb. statt 1.80 nur RM. 1.-
R.Vrockhaus, Verlag, Wuppertal-Llberfelö
In 2 Auflage ifl erschienen-.
Geüicht
Herr/ mach mich still!
Kunstblatt, Zweifarbendruck. / (Größe 25/18 cm.)
Es ist in schöner, gut leserlicher Schrift gedruckt und
wird in folgenden zwei Ausführungen freund­
lichst empfohlen:
Akir inrmiv Kwvtznr Dlgr»
Dri-lk Lü» plglÄl ÜÄI; xlrLPn-,
Mio 0- lisU«,
»Ur r-iil!
K«.dvzumÄrI
«uo M noiq -rny «AiÄr.
kchorr gi>rvIijZ>i!>o> tiio.-
NstMzumÄrlN
1. Auf starkem Karton mit seidenem Aufhänger RM. -.40
(Porto 15 pfg.)
2. In dunkelpol. ober Gold-Leiste unter Glas gerahmt RM. 2.50
(Porto und Verpackung für 1 bis 3 Stück 50 pfg.)
ÄbveiHkalendev
«'Oer Bote des Friedens" .... —
Oie Rückwand des Kalenders bringt diesmal
ein Bild aus der Geschichte des Propheten Elias:
Elias kommt zu der Witwe von Zarpath, die
gerade Holz aufliest. Das Bild dürste bei der
vorzüglichen Ausführung in Mehrfarbendruck
allgemein gefallen.
Der Block kn Butbsovm
Ln Kunstleder gebunden.............................
1.40
Samiltenkalendev
»Botschaft« des Friedens- . . —,43>
Derselbe mit Marktverzeichnis für Deutschland .
—.80
Etidevabveitzkalendev
»Dillenburger Kindergabe- ... 1.—
Dieser so schnell beliebt gewordene, wirklich
schöne Kinderkalender erscheint hiermit zum
zweiten Male. Jedes Tagesblättchen bringt
auf der Vorderseite einen Bibelspruch und
ein passendes Bildchen, auf der Rückseite kleine
Erzählungen, dem kindlichen Verständnis angemessene
Betrachtungen, Gedichte,Rätsel usw.
Zn Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Iiorth Ith Street, Paterson 7l. Z.
Zn der Schweiz bei:
R. Müller-Kersting, Kiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem)
Gedruckt bei 8- u. tv. Srvckhsu». L.-G^ Vuppertai-Liberteid
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verke des
tzerrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
November 1933
227
Botschafter
des
Heils in Christo
Ser Herr ist nahe." Iphil. q, s.I
Einundachtzigster
Pahrgang
11
Inhalt
Sie Taufe der Buße..........................................
Sas kananätsche Veib.....................................
„Vas haben sie in deinem Hause gesehen?
Sie Königin von Scheba sKortsetzung) . .
Seite
2Sl
292
297
303
Verls- R. Srockßaus / Wuppertal-Elberfeld / Postfach
Postscheckkonto SSln izözo
Schriftleiter: Will,. Lrockhaus, Wuppertal-Elberfeld, Laustr. 52
ÄüjlHtNölökl
^2 groß, 2,5 cm dick Mk.
5s s Kunstleder mit Rotschnitt ...............................................H.20
5s3 Saffianleder mit Rotschnitt*) ........................................ 8.20
5s H Saffianleder mit Goldschnitt*)...................................... s0.30
*) Nit 8 biblischen Karten 50 Pfennig mehr.
Ausgabe II, auf ff. bsadern-Dünndruck, 2 cm dick, mit 8 biblischen
Karten.
5s3a Saffianleder mit Rotschnitt .............................................s0.60
5sHa Saffianleder mit Goldschnitt.............................................s2.7O
5s5a Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt sH.50
5s6a Saffianleder, persisch (Schutzklapxen) mit Goldschnitt sö.60
5s7a Saffianleder, biegsam, mit Notschnitt................................s3.50
5s 8a I ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkante,! vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt.......................................s8.—
5s8aIIff. braun Saffian, dto. dto...........................................s9-25
5sZa I in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Narokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) ............................................................................ 22.25
5s9aIIin braunem Baxterband......................................23.50
522a in 2 Teile gebunden, Saffianleder, biegsam, mit Rotschnitt
............................................................................. 22.r>0
527a mit gutem Schreibpapier durchschossen, in zwei Saffianbänden,
biegsam, mit Rotschnitt..............3H.—
perlbibel
ss : s 7 cm groß,
s,5 cm dick, ca. 300 gr. schwer
Auf guteni bsadern-Dünndruck:
53 s Kunstleder mit Notschnitt ..........................
532 Leder mit Notschnitt......................................
5. HO
7.75
Auf allerfein st em deutschen India-Papier:
533 Saffianleder mit Rotschnitt.............................................ss.7O
53H Saffianleder mit Goldschnitt.............................................s3.50
535 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt s5.30
536 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt s 7.—
537 Saffianleder, biegsam, mit Rotschnitt .... sH.HO
538 I ff. s ch w a r z Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt.............................................s8.75
538 II ff. braun Saffian, dto. dto.......................................... s9-?5
5391 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Narokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) ................................................................ 23.50
539II in braunem Baxterband............................................ 2H.50
Hausblbel
Garmond, Lexikon-Vktav, f7,5:25 cm groß, f.HOO kg schwer
500 Doppel-Raliko mit Marmorschnitt..................................9-80
50s Doppel-Raliko mit Rotschnitt.............................................f0.50
502 Halbleder mit Marmorschnitt...................................... f2.30
502a Halbleder mit Rotschnitt....................................................f3.—
503 Halbfranz, Lederrücken, Lederecken und Goldschnitt f8.50
50^ Saffianleder mit Marmorschnitt ..........................20.—
50^a Safsianleder mit Rotschnitt............................................ 20.70
505 Saffianleder mit Sxangenprägung und Goldschnitt 25.50
506 Saffianleder mit Goldschnitt und Goldlinien . . 27.—
507 braun oder schwarz Saffian mit Reichgoldverzierung
auf Rücken, vorder- und Rückseite, Innenkanten vergoldet,
mit Goldschnitt ............................................. 36.—
In 2 Bänden: Alles und Neues Testament getrennt:
555 Doppel-Raliko mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . f3.—
556 Halbleder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . . f 7. —
Neues Testament
Größe der Hausbibel Mk.
550 Doppel-Raliko mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . 5.—
55f Halbleder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . 6.50
552 Saffianleder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . ff.50
LLeöerbuch mtt Roten (Großes Kormat)
Größe f0,5 : f5,5 cm
600 Kunstleder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . 3.—
60 f Halbleder mit Marmorschnitt ........................................ H.30
602 Leder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . . . 5.30
603 Safsianleder mit Goldschnitt...............................................6.30
60<f Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt A.—
605 Safsianleder, persisch (Schutzklappen) m. Goldschnitt f0.—
6061 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt.............................................f2.50
606II ff. braun Saffian, dto. dto......................................... f3.—
6071 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) .............................................................................f5.50
607II in braunem Baxterband ................................ f6.—
Aaschentestament mit Psalmen
(0 : (5 cm groß Mk.
Billige Ausgabe in starkem Kaliko-Umschlag .... ---.HO
5H0 Kunstleder mit Rotschnitt ..............................................2.50
5H( Leder mit Rotschnitt.................................................. 5.—
5H2 Leder mit Goldschnitt ............................................ 6.—
5H3 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt 8.50
5HH Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt H.50
5H5I ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt...........................(2.—
5H5II ff. braun Saffian, dto. dto.......................................... (2.50
5H61 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Rlarokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) .............................................................................(5.—
5H6II in braunem Baxterband ...................................... (5.50
TaschenljeÜerbuch mit Roten
8 : (2 cm groß
6(0 Kunstleder mit Rotschnitt.....................................2.20
6(( Saffianleder mit Rotschnitt ................................. H.—
6(2 Saffianleder mit Goldschnitt .................................5.—
6(3 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotfchnitt 6.50
6(H Saffianleder, persisch (Schutzklappen) m. Goldschnitt 7.50
6(51 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt...........................(0.—
6(511 ff. braun Saffian, dto. dto......................................... (0.50
6(61 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schuhklappen), Rkarokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) .................................................................(2.50
6(6II in braunem Baxterband ................................ (3.—
In Amerika bestelle man bei:
In der Schweiz bei:
7t. Müller-Kersting, Fiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bern)
Gedruckt Set Z. u. W. Srockhau«, L.»G., V?uppertsl» Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Verte des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Dezember 1933
Seit«
30Y
3l6
321
326
331
332
227
Botschafter
des
Heils in Christo
Ser Herr ist nahe." lphil. 4, s.I
Etnundachlztgster
Dahrgang
12
Inhalt
V?te Gott unterweist.......................
Sie Königin von Scheba sSchlußl
Lieben wir Sein V?ort?...................
Sie zwei Stäbe.....................................
Er gab Seinen Sohn.......................
Gnade allein lGedicht!...................
Verlag R- Lrockhaus / Wuppertal - Elberfeld / Postfach
Postscheckkonto Köln lzözq
Schrlstlelter: wilh. Lrockbaus, Wuppertals-Elberfeld, Laustr. 52
fV-nt groß, 2,5 cm dick Mk.
5H Kunstleder mit Rotschnitt ................................................H.20
5f3 Safsianleder mit Rotschnitt*) ..........................................8.20
5sH Safsianleder mit Goldschnitt*)........................................10.30
*) Rkit 8 biblischen Karten 50 Pfennig mehr.
Ausgabe II, auf ff. bsadern-Dünndruck, 2 cm Sick, mit 8 biblischen
Karten.
5s3a Saffianleder mit Rotschnitt........................................... 10.60
5s Ha Saffianleder mit Goldschnitt.......................................... 12.70
5s5a Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Notschnitt IH.50
5s6a Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt 16.60
517a Saffianleder, biegsam, mit Notschnitt . .... 13.50
518a I ff. schwär; Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Not-Goldschnitt.......................................18.—
518a II ff. braun Saffian, dto. dto........................................... 19-25
519a I in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), RIarokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) ............................................................................ 22.25
519« II in braunem Baxterband......................................23.50
522a in 2 Teile gebunden, Safsianleder, biegsam, mit Rotschnitl
...................................................................................22.50
527a mit gutem Schreibpapier durchschossen, in zwei Saffianbänden,
biegsam, mit Rotschnitt..............3H.—
perlbibel
11 : 17 cm groß,
1,5 cm dick, ca. 300 gr. schwer
Auf gutem bs a d e r n - D ü n n d r u ck:
531 Kunstleder mit Rotschnitt ..........................
532 Leder mit Rotschnitt.......................................
5.H0
7.75
Auf allerfein st em deutschen India-Papier:
533 Saffianleder mit Rotschnitt.............................................11-70
53H Saffianleder mit Goldschnitt............................................ 13.50
535 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt 15.30
536 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Goldfchnitt 17.—
537 Saffianleder, biegsam, mit Rotschnitt .... 1H.H0
5381 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt.............................................18.75
538II ff. braun Saffian, dto. dto.......................................... 19-75
5391 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), RIarokkoleder, mit Not-Goldschnitt
(Baxter) ................................................................ 23.50
539II in braunem Baxterband............................................ 2H.50
Hausbibel
Garmond, texikon-Gktav, 17,5:25 cm groß, 1,900 kg schwer
500 Doppel-Kaliko mit Narmorschnitt.................................9-80
50s Doppel-Kaliko mit Rotschnitt........................................... 10.50
502 bsalbleder mit Marmorschnitt......................................12.30
502a Lsalbleder mit Rotschnitt.................................................. 13.—
503 kfalbfranz, Lederrücken, Lederecken und Goldschnitt 18.50
50^ Saffianleder mit Marmorschnitt .........................20.—
50^a Saffianleder mit Rotschnitt........................................... 20.70
505 Saffianleder mit Spangeuprägung und Goldschnitt 25.50
506 Saffianleder mit Goldschnitt und Goldlinien . . 27.—
507 braun oder schwarz Saffian mit Reichgoldverzierung
auf Rücken, vorder- und Rückseite, Innenkanten vergoldet,
mit Goldschnitt ............................................. 36.—
In 2 Bänden: Altes und Neues Testament getrennt:
555 Doppel-Kaliko mit Narmorschnitt oder Rotschnitt . 13.—
556 Lsalbleder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . . 17.—
Liederbuch mit Roten (Großes Kormat)
Größe 10,5 : 15,5 cm
600 Kunstleder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . 3.—
60s bsalbleder mit Marmorschnitt ................................H.30
602 Leder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . . . 5.30
603 Saffianleder mit Goldschnitt...............................6.30
60H Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Notschnitt 9- —
605 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) m. Goldschnitt 1,0.—
6061 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt.............................................>(2.50
606II ff. braun Saffian, dto. dto................................... 13.—
6071 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) .......................................................... 15.50
607II in braunem Baxterband ...... 16.—
Preise für Taschentestament und
Taschenliederbuch siehe
„Samenkörner", 2. Amschlagseite.
Dee Gtunrr
Neu ist erschienen:
auf Lareasfonne
Line Erzählung ans der Zeit des Albigenser-Kreuzzuges
Aus einer Besprechung:
Was mich besonders drängt, diese christliche Erzählung den
Lesern warm zu empfehlen, ist der Umstand, daß sich — ob
gewollt oder ungewollt — durch dieses Buch wie ein roter
Faden die Forderung an den Gläubigen zieht, „seine Berufung
und Erwählung festzumachen". Es handelt sich um
die erwachsenen blinder eines Vaters, der die göttliche Wahrheit
von ganzem Herzen erfaßt hat; sie selber aber stehen
in Gefahr, „die alten Grenzen zu verrücken, welche die Väter
gemacht haben", in dem Wahne des Lesserwissens. Die
Geißel der Verfolgung bewirkt, daß das zuvor nur Angelernte
bei allen zum Besitztum des Herzens wird. — Mögen
viele Leser das von der ersten bis zur letzten Leite spannend
geschriebene Buch zur Hand nehmen mit dem Gewinn, daß
auch sie mit Herzensentschluß „die Wahrheit kaufen" und
" nicht wieder verkaufen. (F. o. bl. in „Die Tenne")
23 s Leiten. In feinem Ganzleinenband .... RM. 3.80
Aus anderem Verlag wird bestens empfohlen:
-KtrchengesMchte >«««,«»«»
von Prof. R. Lohm.
Ganzleinenband ..........................................................RM. 3.
Zn Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 North 7th Street, Paterfon N. Z.
Zn der Schweiz bei:
bst. Müller-Kersting, Kiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem).
Gedruckt Irl K. u. V. Lrockhaus, L.-G-, Vupperta>,LIb«rf»IL
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Vperke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
JanuariyZ4
Botschafter
des
Hells In Christo
„Ser Herr Ist nahe." sphil. 4,3-1
Aveiundachtzigster
Jahrgang
1
Inhalt s-it„
Lis hierher hat uns Jehova geholfen" . . . . 1
„Venn jemand mich liebt............. "..................... 7
Unterredungen über den Metten Brief an die
Korinther I.................................................... iS
Gedanken......................................................... 2z
„Venn ihr in mir bleibet ..."...................24
Habet den Glauben nicht mit Ansehen der Person l 26
Seine Zunge sGedichtj..................................... 2S
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal» Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto Köln 15b zq
Schriftleiter: wilh. Lrockhaus, Wuppertal» Elberfeld, Lsustr. 52