Botschafter des Heils in Christo 1934

02/06/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger
Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1934Seite
Bis hierher hat uns Jehova geholfen".1
Benn jemand mich liebt..."7
Unterredungen über den zweiten Brief an die Korinther
Gedanken15
Wenn ihr in mir bleibet....23
Habet den Glauben nicht mit Ansehen der24
Person!" 2626
Deine Zunge (Gedicht) 2828
Die Seligpreisungen29
Bemerkungen über Psalm 2239
Einige Gedanken zur Feier des Mahles des Herrn49
Er denkt an mich56
Eine Erfahrung, die zu denken gibt64
Die Zeit erkennend"75
Fragen aus dem Leserkreise83
Nur auf Gott vertraut still meine Seele"84
Etwas, woran wir mehr in Fürbitte denken sollten100
Die Einheit des Geistes104
Elia und Obadja110
Der Morgenstern (Gedicht)112
Lebensstürme123
lasset euer Licht leuchten!"140
Bruderliebe150
Das Herz des Menschen - und was Gott daraus
macht!166
Aus dem Leserkreis167
Herr, führ' mich Deinen Weg (Gedicht)168
Auf dem Ölberg175
Die Mauer"187
Unsere Erwartung194
Einige Gedanken über die Hochzeit zu Kana205
Sprüche 3, 6 (Gedicht)216
„Einer von euch"217
Folge mir nach!236
Vom Lieder-Vorschlagen250
Psalm 27, 1 u. 4 (Gedicht)252
Jesus nahm die Brote"262
Christus für alle gestorben, geopfert, um vieler
Sünden zu tragen275
„Innerlich bewegt"281
Ussija298
Noch einmal, das Lager"305
Die Liebe308
Wirf dein Brot hin auf die Fläche der Wasser"309
Der Anfang der Monate"324
Des Gewissens wegen"329

Botschafter
des
Heils in Lhrifto
„Der Herr ist nahe." (Phil. 4, Z.)
Iweiundachtzlgfter Jahrgang
Verlag von R. Brockhauö
Wuppertal-Elberfeld
19 3 4
Gedruckt öei K. u.XV. Srockhsus, L.»G., VuppertAl^iklverleld
Inhaltsverzeichnis
Seite
„Bis hierher hat uns Jehova geholfen" .... 1
„Wenn jemand mich liebt....................................... 7
Unterredungen über den zweiten Brief an die Korin­
ther .......................................... 15. 45. 67.
93. 432. 156. 182. 197. 244. 267. 290. 317
Gedanken............................................................ 23. 304
„Wenn ihr in mir bleibet..." . ...... 24
„Habet den Glauben ... nicht mit Ansehen der
Person!"................................................................... 26
Deine Junge (Gedicht) ............................... 28
Die Seligpreisungen
29. 57. 85. 113. 141. 169. 210. 225. 253
Bemerkungen über Psalm 22................................... 39
Einige Gedanken zur Feier des Mahles des Herrn 49
Er denkt an mich ............................................... . 56
Eine Erfahrung, die zu denken gibt..... 64
„Die Zeit erkennend" ......... 75
Fragen aus dem Leserkreise ... 83. 223. 307
„Nur auf Gott vertraut still meine Seele" ... 84
Etwas, woran wir mehr in Fürbitte denken sollten 100
Die Einheit des Geistes ........ 104
Elia und Obadja.................................................................110
Der Morgenstern (Gedicht).........................................112
Lebensstürme ........... 123
„Lasset euer Licht leuchten!".........................................140
Bruderliebe ............ 150
Seite
Das Herz des Menschen — und was Gott daraus
macht! . ................................................. . 166
Aus dem Leserkreis ......................................................167
Herr, führ' mich Deinen Weg (Gedicht) . . . . 168
AufdemDlberg ..................................................................175
„Die Mauer".................................... 187
Unsere Erwartung ......................................................194
Einige Gedanken über die Hochzeit zu Kana . . . 205
Sprüche Z, 6 (Gedicht) ......................................................216
„Einer von euch"............................................................217
Folge mir nach!.............................. 236
Vom Lieder-Vorschlagen................................................250
Psalm 27, 1 u. 4 (Gedicht)..........................................252
„Jesus nahm die Brote" . ...... 262
Christus füralle gestorben, geopfert, umvieler
Sünden zu tragen ........ 275
„Innerlich bewegt" .......... 281
Ussija....................................................................................298
Noch einmal „das Lager" ................................................305
Die Liebe..............................................................................308
„Wirf dein Brot hin auf die Fläche der Wasser" 309
„Der Anfang der Monate"..........................................324
„Des Gewissens wegen"................................................329
„Bis hierher hat uns Dehova geholfen"
(4. Sam. 7, 42.)
Gefühle mannigfacher Art mögen das Herz Samuels,
des Mannes Gottes, bewegt haben, mancherlei Bilder mögen
an seinem geistigen Auge vorübergezogen sein, als er
Eben-Eser, den Stein der Hilfe, aufrichtete.
Schon als Kind war Samuel Jehova geweiht worden.
Von Jugend auf hatte „der Knabe Samuel Jehova
vor Eli gedient". (Kap. Z, 7.) Aber waö hatte sein jugendliches
Auge sehen müssen? Auf der einen Seite die Heiligkeit
des Gottes Israels, auf der anderen die Abgötterei
und Sünde Seines geliebten Volkes. Ihr gegenüber hatte
sich die göttliche Heiligkeit und Gerechtigkeit nur im Gericht
erweisen können. Am Hause des geweihten Priesters
begann dieses Gericht. Der Knabe Samuel hatte es dem
greisen Eli auf Gottes Geheiß künden müssen. Und das Gericht
erfüllte sich in seiner ganzen Schärfe, als die Warnung
an Eli und sein Haus ohne Erfolg blieb. Der Hohepriester
und sein Haus gingen unter mit und unmittelbar
nach der entsetzlichen Niederlage, welche der Erbfeind, der
Philister, dem Volke bereitete. Scheinbar war das Volk
mit Gott in den Streit gezogen. „Die Lade des Bundes Jehovas
der Heerscharen, der zwischen den Cherubim thront",
(Kap. 4, 4) war von den Priestern ins Lager gebracht
worden. Aber was nützte das Symbol, wenn Männer es
mit sich führten, deren Leben bewies, daß sie Dem, Dessen
Gegenwart allein der Lade Wert und Bedeutung gab,
I^XXXII 1
2
den Rücken gekehrt hatten? Was nützte die Anwesenheit
der Bundeslade, wenn sie unter großem Jauchzen von einem
Volk begrüßt wurde, das zwar erkannt hatte, daß
ein Prophet in seiner Mitte weilte, das aber den ernsten
Mahnungen dieses Propheten kein Gehör geschenkt hatte?
Einst war „die Lade Jehovas, des Herrn der ganzen Erde,"
vor dem Volke einhergezogen, indem sie ihm den Weg
bahnte durch die reißenden Wasser des Jordans. Damals
hatte Gott in der Mitte Seines Volkes geweilt. Diesmal
nahmen sie eigenwillig, ohne göttlichen Befehl, nur auf
Geheiß ihrer Ältesten, die Lade mit. An dem Aussehen derselben
hatte sich nichts geändert. „Die Cherubim der Herrlichkeit,
welche den Versöhnungsdeckel überschatteten" (vgl.
Hebr. 9, Z), waren vorhanden, aber die Herrlichkeit Gottes
selbst war bereits von Israel gewichen, bevor die Lade von
den Philistern genommen wurde. Gericht eines in Seiner
Heiligkeit eifernden Gottes auf der ganzen Linie!
Die Lade war schon bald freiwillig von den Feinden
des Volkes zurückgegeben worden. Den Götzendienern gegenüber
hatte Gott gezeigt, daß Er noch derselbe war. Dagon,
der Gott der Philister, wurde zu Boden geworfen vor
der Lade des Herrn der ganzen Erde, und tödliche Bestürzung
samt tödlichen Plagen kam über die Bewohner der
Städte, in denen sie weilte. Von tiefer Furcht ergriffen,
schafften die Philister die Lade in das Land des Gottes Israels
zurück. Aber abermals verwandelte sich die Freude,
mit der die Leute von Beth-Semes das Wiedererscheinen
der Lade begrüßten, in tiefe Trauer. Ihre ehrfurchtlose
Neugier, mit der sie hineinzuschauen wagten, fand rasche
und schreckliche Sühne. Siebenzig Mann mußten ihren sündigen
Fürwitz mit dem Tode büßen. Auch dieses Gericht
z
Gottes führte die Schuldigen nicht zur Buße. Wie die Philister
entledigten sie sich der Lade, indem sie sie an einen anderen
Ort sandten. In Kirjath-Jearim, im Hause Abina-
dabs auf dem Hügel, fand sie dann endlich eine Stätte der
Ruhe. (Vergl. auch Ps. zZ2, b.) An diesem Ort scheint
man ein Gefühl davon gehabt zu haben, welch ein Heiligtum
die Bundeslade war, denn man „heiligte" Eleasar,
den Sohn Abinadabö, „die Lade Jehovas zu hüten".
(Kap. 7,1.) Zwanzig lange Jahre blieb sie in diesem Hause,
sicher nicht ohne Segen für seine Bewohner. Aber im übrigen
blieb alles beim alten. Nach wie vor diente Israel,
wenn es Jehova auch nicht ganz auöschalten mochte, den
fremden Göttern und den Astaroth (vergl. B. Z). Nach
wie vor lag die Hand Gottes durch die Philister schwer
auf Volk und Land. Nach wie vor sah Samuel nichts wie
Jammer und Herzeleid, die Folge des göttlichen Gerichts,
bis endlich, endlich daö „ganze Haus Israel" sich wehklagend
um Hilfe an Gott zu wenden begann. Da war die
Zeit gekommen, wo der Prophet und Richter in Israel
sich mit der Ermahnung an das Volk wenden konnte:
„Wenn ihr mit eurem ganzen Herzen zu Jehova umkehret,
so tut die fremden Götter und die Astaroth aus eurer
Mitte hinweg, und richtet euer Herz auf Jehova und dienet
Ihm allein; und Er wird euch aus der Hand der Philister
erretten".
Die Ermahnung Samuels fiel auf fruchtbaren Boden.
Die Götzen wurden hinweggetan, und wie der göttliche
Bericht mitteilt, „dienten die Kinder Israel Jehova
allein". Diese Sinnesänderung gab dem Propheten Mut,
einen Schritt weiter zu gehen. Der treue Mann sammelte
das Volk nach Mizpa. Dort wollte er Jehova für sie
4
bitten. Israel folgte der Aufforderung, und ihr Verhalten
in Mizpa bewies, daß etwas mit ihnen vorgegangen war.
Im Gefühl der eigenen Kraftlosigkeit gossen sie Wasser aus
vor Jehova (vergl. Ps. 22, 44; 2. Sam. 44, 44), fasteten
und bekannten öffentlich, daß sie gegen Jehova gesündigt
hatten. Was war die Folge? „Die Philister hörten, daß
die Kinder Israel sich nach Mizpa versammelt hatten, und
die Fürsten der Philister zogen wider Israel herauf."
(V. 7.) War das die göttliche Antwort auf das Fasten und
Sichbeugen, auf die Rückkehr des Volkes zu seinem Gott?
Wollte Jehova noch größere Gerichte über Israel bringen?
Hatte Er ganz vergessen, gnädig zu sein? Das Volk hatte
sich versammelt, um Gott zu nahen, und Gott wollte es
wiederum in die Hände seiner Feinde geben? Wie wird Samuel,
der Mann, der im 99. Psalm neben Mose und
Aaron unter denen genannt wird, „die Seinen Namen an-
rusen", den Gott selbst im Propheten Jeremia neben Mose
stellt als einen, der gewohnt war, als Mittler vor Ihn zu
treten (Kap. 45, 4), wie wird er in diesen Tagen auf seinem
Angesicht gelegen haben! Aber auch das Volk selbst
wandte sich an ihn mit der Bitte, nicht abzulassen, für sie
zu Gott zu schreien. Sie dachten diesmal nicht daran, wie
seiner Zeit die Lade zur Hilfe herbeizuholen. Sie fühlten,
daß ihre Zukunft, ihr Heil davon abhing, daß Samuel sich
für sie verwandt e. „Laß nicht ab, für uns zu Jehova,
unserem Gott, zu schreien", baten sie, „daß Er uns von
der Hand der Philister rette!" Das war der rechte Weg.
Und Gott half. O wi e hat Er geholfen! Vorderhand
freilich sah es noch nicht danach aus. Noch während Samuel,
der Mittler, das Brandopfer, ein „Milchlamm",
opferte, rückten die kriegsgewohnten Scharen der Philister
5
heran zum Streit. Aber dann griff Gott ein, und zwar in
ganz wunderbarer Weise, wie Er nur in besonderen Fällen
zu handeln pflegt. Ähnlich, wie einst bei dem Durchzug
durch das Rote Meer unter der Führung Moses' Gott das
Heer der nachstürmenden Ägypter verwirrt hatte, so verwirrte
Er hier mit starkem Donner die Philisterscharen,
und zwar derart, daß die Israeliten trotz ihrer Kraftlosigkeit
sie mit leichter Mühe in die Flucht schlagen und ihnen
eine schwere Niederlage bereiten konnten. So erhörte Jehova
das Schreien Seines Knechtes.
Daß Samuel bei dieser besonderen Gelegenheit dem
mächtigen Helfer, den er an diesem Tage als dengnädigcn
Gott kennen gelernt hatte, ein Denkmal errichtete, ist erklärlich.
Es war ein Denkmal des Dankes, aber zugleich
auch derErinnerun g. Bis hierher hatte Jehova geholfen.
Würde Er es weiterhin tun können? Würde das
wankelmütige Volk seinem Gott die Treue bewahren? Wie
eine gewisse Sorge klingt es aus dem Ausdruck „bis
hierher" heraus. Berechtigt war solche Sorge sicherlich.
Aber dann sehen wir die gesegnete Arbeit dieses
treuen Mittlers und Richters für sein Volk. Er tat,
wie es in Gottes „Herzen und Seele" war. (Vergl. Kap.
2, 35.) Jahr für Jahr zog er durch das Land nach Bethel,
Gilgal und Mizpa — alles Orte bedeutsamer Erinnerung
—, um dort Israel zu richten. Und auch in Rama, seinem
Wohnort, gönnte er sich keine Ruhe, sondern setzte unermüdlich
die Bemühung seiner sorgenden Liebe fort.
Noch manches Schwere hat dem treuen Beter, Propheten
und Priester der Rest seines Lebens gebracht. Seine
Söhne, die er an seiner Statt als Richter einzusetzen gedachte,
wandelten nicht in seinen Wegen. Dann begehrte
b
das Volk im Unglauben einen König, indem sie Jehova
verwarfen. (Kap. 8, Z. 7. 8.) Samuel mußte Saul zum
König salben, ihm später aber wieder das göttliche Gericht
ankündigen, so wie er es in seiner Jugend Eli und seinem
Hause verkündigt hatte. Dann aber durfte er noch zu Sauls
Lebzeiten David salben, den erwählten König, den Mann
nach dem Herzen Gottes, den Vorläufer des wahren David,
des Messias selbst, und so schließt seine Geschichte mit
dem schönen Ausblick in eine gnadenreiche Zukunft. Gott
wollte weiter helfen.
„Bis hierher hat uns der Herr geholfen." So dürfen
auch wir heute dankbar sagen, wo wir wieder einen neuen
Zeitabschnitt begonnen haben. „Der politische wie der wirtschaftliche
Himmel hängt voll schwarzer Wolken", so schrieben
wir vergangenes Jahr um die gleiche Zeit, „und noch
will kaum ein Lichtstrahl durch das Dunkel dringen." Aber
wenn auch heute noch der Sorgen manche sein mögen, so
haben wir doch anderseits viel Ursache, gleichsam auch ein
Eben-Eser aufzurichten. Wir haben unseres Gottes treue
Durchhilfe erfahren. Ein Lichtstrahl ist durch das Dunkel
gedrungen. Sollten wir unserem Gott nicht auch für die
Zukunft vertrauen?
Es liegt mir fern, die Geschichte Israels mit der
unsrigen zu vergleichen. Aber wir können aus ihr lernen.
Gott bleibt Seinen Grundsätzen allezeit treu. „Wenn wir
ausharren, so werden wir auch mitherrschen; wenn wir verleugnen,
so wird auch Er uns verleugnen; wenn wir untreu
sind — Er bleibt treu (bleibt sich selbst, Seinen
Grundsätzen und Seinen Vorsätzen treu), denn Er kann
sich selbst nicht verleugnen." (2. Tim. 2, 72. 73.)
7
Wenn wir diese ernste Erinnerung beachten und bewahren,
so wird auch Er uns „bewahren für Sein himmlisches
Reich". Auf die Treue des einzelnen kommt es
an, so wie damals die Segnung des Volkes von der Treue
des einen, Samuel, abhing. Weil Samuel treu war, konnte
Gott ihn zu einem Segen setzen für Sein Volk. Bemühen
wir uns heute, ein jeder für sich, treu zu sein, so kann
Gott uns für andere benutzen. Das „Schwache kann durch
uns geheilt" werden, das Zeugnis wird erstarken, Gott
kann segnen, es werden Erfahrungen gemacht von Seinem
gnädigen Walten, und einander ermunternd, harren wir
dem Augenblick entgegen, wo der Glaube zum Schauen
wird, und wir in Wolken dem Herrn entgegengerückt werden
in die Luft, um allezeit bei dem Herrn zu sein.
(7. Thess. 4, 77. 78.)
„Vstenn jemand mich liebt . . . . "
„Was nützt es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er
habe Glauben, hat aber nicht Werke? kann etwa der
Glaube ihn erretten?" „Ihr sehet also, daß ein Mensch aus
Werken gerechtfertigt wird und nicht aus Glauben allein."
(Jak. 2, 74. 24.)
Auf den ersten Blick möchte es scheinen, als ob
diese Worte im Gegensatz stünden zur Lehre des Römerbriefes.
Aber tun sie es wirklich? Wird durch sie irgendwie
das Zeugnis Gottes entkräftet, daß Er „den rechtfertigt,
der des Glaubens an Jesum ist"? (Röm. Z, 26.)
Nur scheinbar. In Wahrheit zeigt der ganze Abschnitt in
Jakobus 2, daß Gottes Absicht dahin geht, hier wie anderswo
den grundlegenden Unterschied zwischen bloßem
8
Bekenntnis und der Wirklichkeit, zwischen leeren Worten
und kraftvollen Werken zu zeigen. „Der Glaube ist
eine Verwirklichung." So sagt die Schrift in
Hebr. 11, 1. „Also ist auch der Glaube, wenn er nicht
Werke hat, an sich selbst tot." (Jak. 2, 17.) Wo die Verwirklichung
und die Werke des Glaubens fehlen, da
kann nach dem unzweideutigen Zeugnis Gottes von rechtfertigendem
und errettendem Glauben nicht gesprochen
werden, wenn auch Worte vorhanden sein mögen, die Belesenheit,
Schriftkenntnis und Bekanntsein mit göttlichen
Wahrheiten verraten.
Bei der Betonung der Werke ist es nun wichtig,
klar zu unterscheiden zwischen gesetzlichen Werken und
Werken des Glaubens. Diese letzteren hat Jakobus
im Auge, wenn er schreibt, daß „ein Mensch aus Werken
gerechtfertigt werde und nicht aus Glauben allein".
Werke des Glaubens aber sind, wie bereits er­
wähnt, nötig zum Beweis des vorhandenen Herzens-
glaubens.
Sich mitseinem, des Menschen, Tun zu beschäftigen,
ist ein unfruchtbares Beginnen, denn wenn jemand
anfängt, und sei es auch mit redlichster Absicht, auf
sich selbst zu sehen und aufsein Tun, so wird er mutlos
und unglücklich werden, weil er in Gottes Licht im Blick
auf sich nur Unwürdigkeit feststellen kann, und das Ergebnis
wird nichts anderes sein können als der Ausruf:
„Ich elender Mensch, wer wird mich retten...?" (Röm.
7, 24.) Wenn aber die Schrift ausdrücklich darauf hinweist,
daß zu lebendigem Glauben auch die entsprechenden
Werke gehören — wie ja stets im Worte neben der
Gnade Gottes die Verantwortlichkeit des
y
Menschen hervorgehoben wird —, so ist es an uns,
dieser Tatsache die gebührende Beachtung zu schenken.
Vielleicht wird aber gefragt: „Kann nicht durch das
Hervorheben derWerke die herrliche Belehrung von der
Freiheit des Christen beeinträchtigt werden?" Nun, wenn
von Werken des Glaubens die Rede ist, so können
diese nur da vorhanden sein, wo man auf gottgegebenem
Boden steht. Die ausgesprochene Befürchtung trifft also
hier nicht zu. Auf diesem Boden allein wird auch die Freiheit
recht verstanden und genossen, denn der Genuß wahrer
Freiheit ist die Folge gottgewirkten Glaubens, der
wiederum, so wie der Leib ohne Geist tot ist, ohne die
Werke tot ist.
„Für die Freiheit hat Christus euch freigemacht!"
(Gal. 5, 1.) Kostbares Wort für jeden, der einst mühselig
und beladen zu Jesu kam, und dem Er Ruhe
schenkte! „Allein" — und nun kommt die bedeutungsvolle
Ermahnung — „gebrauchet nicht die Freiheit zu einem
Anlaß für das Fleisch, sondern durch die Liebe dienet
einander." (Gal. 5, rZ.) Dieser Zusatz warnt vor der Neigung
des Menschenherzens, trüglich zu handeln und das
Gnadengeschenk Gottes, die Freiheit, dem Fleische dienstbar
zu machen, d. h. sie zu benutzen, um in ihrem Gewände
den Begierden des natürlichen Herzens freien Lauf
zu lassen, was naturgemäß nur Werke des Fleisch
e s zur Folge haben kann. Wie aber derMißbrau ch
der Freiheit zum Bösen führt, so erwächst anderseits „die
Frucht des Geistes" dem Boden der richtig gebrauchten
Freiheit. Diese Frucht gleicht in ihren Auswirkungen den
Werken des Glaubens, woraus erhellt, daß da, wo die
christliche Freiheit recht verstanden und gewürdigt wird,
— io —
auch das Wort von den Werken des Glaubens die gebührende
Anerkennung findet.
Es möchte noch eingewandt werden, daß durch den
nachdrücklichen Hinweis auf Werke die Herzen mancher
Gläubigen beunruhigt werden könnten. Nun ist es
sicherlich nicht meine Absicht, die Schafe der Herde Christi
zu beunruhigen. Aber etwas anderes wolle Gott in Gnaden
geben, nämlich, daß unsere Gewissen angesichts des
klaren Zeugnisses Gottes von der Notwendigkeit der
Werke des Glaubens in eine heilsame Übung kommen
wegen des in mancher Hinsicht erschreckenden Zustandes
unter solchen, die dem Bekenntnis nach Eigentum
und Erlöste des Herrn sind, und bei denen hinsichtlich der
Erkenntnis der göttlichen Heilswahrheiten viel Rühmens
gefunden wird! Ist nicht hier in Wahrheit Grund zur
Beunruhigung vorhanden? Die Schafe der Herde Christi
sind in treuer Hut, und die Sorge des guten Hirten um sie
verbürgt ihre Sicherheit. Aber die Schafe werden von Ihm
selbst mit den Worten gekennzeichnet: „Meine Schafe
hören meine Stimme, und ich kenne sie, und
sie folgen mir..." (Joh. io, 27.)
Damit kommen wir zu der nächstliegenden und na-
turgemäßesten Auswirkung des Glaubens, zu dem Verhalten
der Gläubigen dem Wort ihres Herrn gegenüber.
„Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort
halten. . . Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht."
(Joh. 14, 23. 24.)
Das ist einfach und klar und bedarf keiner Erläuterung.
Es handelt sich für die Jünger Jesu nicht darum,
den Boden des Gesetzes und des gesetzlichen Tuns zu betreten.
Hier gedeiht keine Frucht zur Ehre des Herrn. Die
— 11 —
einfache Wahrheit Seines Wortes gipfelt in der Tatsache,
daß da, wo Leben vorhanden ist, es sich auch offenbart.
„Du hast mein Wort bewahrt", bestätigt Er an der
Stelle, wo die Rede ist von einer „kleinen Kraf t".
(Offbg. 3, 8.) Die geringe Kraft bildet kein Hindernis zum
Bewahren Seines Wortes, aber ein lebloser Körper kann
nichts bewahren. Nicht ein Halten der Gebote vom Sinai
im Geiste der Knechtschaft ist es, worauf der Herr hinweist.
Wo immer aber die Zuneigungen eines Herzens Ihm gehören,
da soll und muß das Ergebnis sein, daß diesem
Herzen Sein Wort wertvoll ist, dieses Wort, von dem
ein Teil der Menschheit sagt: „Diese Rede ist hart; wer
kann sie hören?" (Ioh. 6, 60), bei dessen Vernehmen ein
anderer Teil sich von Jesu wegwendet (Ioh. 6, 66),
durch das anderseits aber ein kleiner Teil so zu Ihm
hingezogen wird, daß er in die Worte ausbricht: „Herr,
zu wem sollen wir gehen? du hast Worte ewigen Lebens;
und wir haben geglaubt und erkannt, daß du der Heilige
Gottes bist". (Ioh. 6, 68. 6y.) Zu welchem Teil gehören
wir? Beachten wir wohl, daß es sich bei den eben bezeichneten
Menschen um solche handelt, die Jünger genanntwurden.
Wie weit derGlaube reichte, ergibt
sich beim einzelnen aus seiner Haltung, und „der Herr
kennt, die Sein sind". W i r aber sind genötigt, im Einzelfall
nach der Art der Frucht zu sehen, dem Wort des
Herrn gemäß: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen".
(Matth. 7, 1.6 u. 20.) An diesem Worte des
Herrn können wir ebensowenig vorbeigehen wie an jenen,
die von der vollkommenen Sicherheit Seiner Schafe reden.
Aber leicht kann es sein, daß wir die Zuwendungen der
Gnade Gottes für uns in Besitz nehmen, ohne daß das
— 12 —
Herz im tagtäglichen Leben für dieWirkung der Gnade
geöffnet ist, von der es heißt, daß sie uns „unterweist, auf
daß wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend,
besonnen und gerecht und gottselig leben . . ."
(Tit. 2, 12.)
Wenn der Herr Jesus in der letzten Nacht, die Er
inl Kreise Seiner Jünger zubrachte, sagt: „Wenn jemand
mich liebt, so wird er mein Wort halten", so heißt das in
unseren landläufigen Worten: „Wer etwas für mich übrig
hat, wird es auch dadurch beweisen, daß er beachtet, was
ich gesagt habe". Der Herr ging zum Vater. Die Seinen
blieben in der Welt zurück, dem Bereich Satans. So konnte
es nicht anders sein, als daß sie „in der Welt Drangsal"
hatten. Anderes hatten sie als Seine Nachfolger nicht
zu erwarten. Aber sie sollten einen verherrlichten Herrn im
Himmel haben, den Herrn, der bis dahin bei ihnen
gewesen, der sie geliebt, und dem auch sie Liebe und Zuneigung
bewiesen hatten. Er, der sie so mächtig angezogen
hatte, daß sie Haus und Beruf Preisgaben, um Ihm zu
folgen und bei Ihm zu sein, kehrte jetzt in den Himmel
zurück, und es blieb ihnen nichts als die Aussprüche Seines
Mundes, daSWort, von dem Petrus bezeugt hatte,
daß es „Worte ewigen Lebens sind". Derselbe Petrus hatte
auch hinsichtlich der Person des Herrn durch die Kraft
des Geistes Gottes das Zeugnis abgelegt: „Du bist der
Christus, der Sohn deö lebendigen Gottes". Aber der gleiche
Petrus war es, der noch in der Nacht, in welcher der Herr
das Halten Seines Wortes als Beweis der Liebe zu Ihm
bezeichnet hatte, seinen Herrn im Kreise Seiner Feinde
verleugnete. Wo waren in dieser Stunde die erhabenen
Bekenntnisse des Petrus? Wo war seine Beteuerung:
„Wenn sich alle an dir ärgern werden, ich werde mich
niemals ärgern"? Und doch war der Herr noch auf der
Erde und dem Auge des Jüngers sichtbar. Und trotzdem
versagte Petrus in so kläglicher Weise. Was sollte erst werden,
wenn der Herr die Erde verlassen hatte, wenn das
Auge Ihn nicht mehr sah, das Ohr Seine Worte nicht
mehr hörte, jene Worte, von denen selbst die Diener Seiner
Feinde einmal hatten bekennen müssen: „Niemals hat
ein Mensch so geredet wie dieser Mensch"? (Joh. 7, 4b;
vergl. auch Matth. 7, 29.) Fast unmittelbar, nachdem die
Feinde Jesum gegriffen hatten, heißt es: „Da verließen
Ihn die Jünger alle und flohen". Keiner blieb bei
Ihm.
Der Herr kannte Seine Jünger, und Er hat Vorsorge
getroffen für ihre Zukunft. Die Worte, die Er in
jener Nacht zu ihnen redete, blieben ihr Eigentum, ja, sie
wurden wohl zum großen Teil erst nach des Herrn Hingang
zum Vater ihr wirklicher Besitz, nachdem sich Seine
Verheißung erfüllt hatte: „Der Sachwalter aber, der Heilige
Geist, welchen der Vater senden wird in meinem Namen,
jener wird euch alleölehren und euch analles
erinnern, was ich euch gesagt habe". (Joh. 44, 26.)
In der Apostelgeschichte sehen wir, mit welch wunderbar
gewandeltem Verständnis die Apostel in der Kraft des Heiligen
Geistes Zeugnis gegeben haben über die Gedanken
Gottes, für die sie in der Zeit, als der Herr noch bei ihnen
war, kein Verständnis hatten aufbringen können. Der Heilige
Geist erinnerte und lehrte die Jünger, und an ihnen
war es dann, von den Worten ihres Herrn mit der gebotenen
Ehrfurcht Gebrauch zu machen. Dadurch bezeugten sie
ihre Liebe zu Ihm, und ihre Herzen standen dem ungehin
— 14 —
derten Wirken des Heiligen Geistes offen, von dem der
Herr gesagt hatte: „Er wird mich verherrlichen". Das
war und ist jederzeit Zweck und Ziel des Heiligen Geistes.
Die Apostel haben in Treue die Worte des Herrn
bewahrt und sich bemüht, sie aufzubewahren für die, „die
einen gleich kostbaren Glauben (mit ihnen) empfangen haben".
(2. Petr. 1,1.) Rührend ist es, zu lesen, wie Petrus
in seinen Briefen von „erinnern", „aufwecken" und „ins
Gedächtnis rufen" redet. (Lies 2. Petr. 1, 12—15.) Die
Sorge des treuen Knechtes spricht aus seinen Worten, d i e
Sorge, die uns auch heute bei solchen Knechten des Herrn
Jesus begegnet, bei denen wir die Liebe zum Herrn und
zu den Seinen sichtbarlich ausgeprägt finden, und bei denen
wir auch jener Ehrfurcht und Unterwürfigkeit dem Wort
des Herrn gegenüber begegnen, durch die Er geehrt wird,
und die Er als Beweis der Liebe zu Sich selbst wertet. O
daß doch mehr solcher Knechte und Mägde unter uns wären!
An Wortgewandtheit, Belesenheit, Erkenntnis und
ähnlichen Dingen fehlt es oft nicht so sehr als daran, daß
Herzen in hingebender Liebe zu dem Herrn Jesus darauf
bedacht sind. Ihn zu ehren durch Treue und Gehorsam,
eingedenk Seines Wortes: „Wenn jemand mich liebt, so
wird er mein Wort halten". Hier istderWeg, um Ihm
Liebe zu bezeugen und Frucht zu bringen. Diesen Weg hat
der Herr gewiesen. An uns ist eö, ihn mit Herzensentschluß
zu gehen und Seinem Wort den gebührenden Platz in unserem
ganzen Leben einzuräumen. Damit wird freilich jeder
vor die Frage gestellt: „Gilt Sein Wunsch und Wille
oder der meine?" Möge Gott dann die Bereitwilligkeit
zur Entscheidung für Jesum schenken!
— rs —
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
i.
Kapitel z.
Die äußeren Umstände, die zur Abfassung des zweiten
Briefes an die Korinther Veranlassung gegeben haben, darf
ich wohl als bekannt voraussetzen. Seinen ersten Brief
hatte der Apostel den Korinthern von Ephesus aus geschrieben,
nachdem er von der Unordnung gehört hatte, die in ihrer
Mitte eingerissen war, und die sein Herz umso schmerzlicher
berührte, als die Korinther sämtlich seine Kinder im Glauben
waren. Der Geist Gottes hat diese Umstände dazu dienen
lassen, um alle Gläubigen über die Ordnung zu
belehren, welche dem Hause Gottes geziemt.
Tatsächlich brauchen wir nur den ersten Brief an
die Korinther zu lesen, um die innere Einrichtung der Versammlung
(Gemeinde) Gottes kennen zu lernen und zu
wissen, wie man sich da zu verhalten hat. Nach diesem
Brief hatte der Apostel Titus zu ihnen gesandt, um sich
zu erkundigen, wie es um sie stünde. Obwohl seiner Wirksamkeit
eine Tür in Troas aufgetan war, hatte er doch in
seiner Sorge um die Korinther dieses Werk verlassen und
sich nach Mazedonien begeben, um dort Titus zu treffen.
Dieser hatte ihm gute Nachrichten über Korinth gebracht,
woraufhin der Apostel nun diesen zweiten Brief schrieb.
Das erstemal war er persönlich zu ihnen gekommen, ein
zweites Mal durch seinen ersten Brief. Er stand bereit,
persönlich nochmals zu kommen, aber inzwischen besuchte
er sie ein drittes Mal durch diesen zweiten Brief. (Vergl.
— 16 —
Kap. 12, 14; 13, 1.) Einen Hinweis auf seinen zweiten
persönlichen Besuch in Korinth finden wir wohl im
zweiten und dritten Verse des 20. Kapitels der Apostelgeschichte.
Aber das ist auch die einzige Stelle, die man in dieser
Hinsicht anführen könnte.
Ich erwähne diese Einzelheiten, damit wir uns über
die äußeren Umstände Rechenschaft geben, unter denen
Paulus seinen zweiten Brief schrieb. Weit wichtiger ist es
natürlich für uns, danach zu forschen, was der Herr die
Seinigen durch diese Ausführungen lehren will. Ich habe
einmal gesagt, man könne dem Brief die Überschrift geben:
„Der christliche Dienst". Wenn diese Überschrift
auch durchaus richtig ist, so ist sie anderseits doch weit davon
entfernt, die Fülle der Wahrheiten auszudrücken, die
der Heilige Geist uns in dem Briefe vorstellt. So finden
wir in dem vorliegenden ersten Kapitel vor allem die Be -
dingungen, die erfüllt werden müssen, wenn ein
Gläubiger einen Dienst ausüben will, der nach außenhin
gesegnet sein kann. Wenn ich von „Bedingungen zum
Dienst" rede, so tue ich das im Blick auf einen jeden von
uns, denn ein gewisser moralischer Zustand ist für jeden
Dienst erforderlich, den der Herr uns anvertraut.
Zunächst möchte ich nun auf ein besonders erbauliches
Wort im Anfang des Kapitels aufmerksam machen. Wir
finden es im 3. und 4. Vers: „Gepriesen sei der Gott und
Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Erbarmungen
und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all
unserer Drangsal, auf daß wir die trösten können, die in
allerlei Drangsal sind, durch den Trost, mit welchem wir
selbst von Gott getröstet werden".
Dem Ausdruck: „Gepriesen sei der Gott und Vater
17
unseres Herrn Jesus Christus", begegnen wir dreimal
in den Schriften. Im erste »Brief des Petrus
(Kap. 1, Z) preist der Apostel in dieser Weise Gott dafür,
wieder gezeugt worden zu sein, das heißt, die Wiedergeburt
erfahren zu haben, deren ein jeder von uns beim
Beginn seiner christlichen Laufbahn teilhaftig werden muß.
In diesem Briefe des Petrus besitzt der Gläubige in dieser
Welt nichts anderes als sie. Er hat zwar eine Hoffnung
vor sich und geht ihrer Verwirklichung entgegen, aber er
besitzt sie noch nicht. Auch seine Errettung wird ihm
lediglich vorgestellt als „bereit stehend, in der letzten Zeit
geoffenbart zu werden". Eö ist hier nicht, wie in anderen
Briefen, von der Errettung im Sinne eines gegenwärtigen
Besitzes die Rede, sondern von der zukünftigen, endgültigen
Befreiung. Petrus preist also Gott dafür, neues Leben
empfangen zu haben, mit dem er diese Welt durchschreiten
kann, ohne hienieden irgend etwas zu besitzen, ja ohne nur
etwas von den zukünftigen Dingen erhalten zu haben. Er
hat sie noch alle vor sich. Aber durch den Glauben an Christum
besitzter göttliches Leben. Er ist vollkommen glücklich
in diesem Besitz und „frohlockt mit unaussprechlicher
und verherrlichter Freude", indem er die „Errettung der
Seelen" davonträgt, in welche er aber erst am „Ende"
seines Glaubensweges eintritt. Bei solchen Mitteilungen
möchte man wohl fragen: Sind wir voll und ganz zufrieden
damit, Kinder Gottes zu sein und in dieser Welt kein
Teil zu haben? zufrieden damit, alle unsere Schätze noch
vor uns zu haben, ohne sie als gegenwärtig zu besitzen?
Nichts in der Gegenwart, allesin der Zukunft? Diesen
ersten Christen genügte das. Es verlieh ihnen eine Freude,
wie wir sie nirgends in der Schrift erhabener ausgedrückt
— rs —
finden: „Eine unaussprechliche und verherrlichte
Freude!"
Im Epheserbrief (Kap. 1, Z) findet sich genau das
Gegenteil von dem, was unö im Briefe des Petrus gesagt
wird. Während der Gläubige im letzteren nichts hat, hat
er dort alles. In den Himmel versetzt, ist er „gesegnet
mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen
Ortern". Er ist bereits am Ziel angelangt. Die Wünsche
seiner Seele sind erfüllt. Seine Stellung ist himmlisch in
Christo. Für ihn hat die Welt aufgehört zu bestehen, es
sei denn, um darin Zeugnis abzulegen und einen Kampf
zu führen. Vom Himmel herab sieht der Gläubige sie
gleichsam unter seinen Füßen liegen. Angesichts dieser Tatsache
verstehen wir gut den Ausruf: „Gepriesen sei der
Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!" Dabei
ist die Stellung des Gläubigen in dem einen Briefe genau
so wirklich wie in dem anderen. Die eine Stellung betrachtet
ihn eben in der Welt, die andere im Himmel. Zu gleicher
Zeit ißt er, wie einst Israel, das Manna in der Wüste
und nährt sich von dem „Getreide des Landes".
Aber die vielleicht erstaunlichste der drei Stellen findet
sich doch hier im zweiten Korintherbrief. Da lesen wir:
„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus
Christus, der Vater der Erbarmungen und Gott alles Trostes,
der uns tröstet in all unserer Drangsal, auf daß wir
die trösten können, die in allerlei Drangsal sind, durch den
Trost, mit welchem wir selbst von Gott getröstet werden".
(Kap. r, Z. 4.) Wir lernen hier einen Menschen kennen,
der derart von Drangsalen, Prüfungen, Schmerzen und
Leiden heimgesucht wird, daß er am Leben verzweifelt wie
einer, der bereits in den Staub des Todes gesunken ist.
— ry -
Was vermag nun diesen Menschen zu einer solchen Danksagung
zu veranlassen? Die Überzeugung, daß Gott die
allerschmerzlichsten Umstände seines Lebens dazu benutzt,
sich an ihm zu verherrlichen und aus ihm eincnKa-
nal neuer Segnungen für andere zu machen.
Paulus ist ganz zufrieden damit, zu leiden, weil der
Gott alles Trostes ihn tröstet oder ermuntert (das
Wort hat beide Bedeutungen) in all seiner Drangsal,
nicht nur für seine eigene Seele und im Blick auf seine
eigenen Bedürfnisse, sondern damit er auch imstande sei,
die zu ermuntern, welche sich i n i rg e n d ei n e r Dra ng-
s a l befinden. Der Apostel war durch all diese Prüfungen
hindurchgegangen, und die Tröstungen von feiten Gottes
waren unerschöpflich für ihn selbst, auf daß sie
es auch für andere werden möchten.
Der gleiche Gedanke findet sich im weiteren Verlauf
des Briefes, wenn Paulus sich einem irdenen Gefäß vergleicht,
in das Gott Seinen Schatz hineingelegt hat. Das
Gefäß ist gesprungen oder zerbrochen: der Tod wirkt
in dem Apostel, damit das Licht sich nach außen verbreiten
und den Korinthern Leben bringen konnte.
Der Apostel besaß mehrere Geheimnisse seiner Arbeit
und seines Dienstes inmitten der Menschen. Wir werden
im Verlauf unserer Betrachtungen davon hören. Aber
das erste dieser Geheimnisse, was seinem Dienst eine solch
besondere Kraft gab, war die Tatsache, daß er mit allem,
was den Menschen im Fleische ausmachte, zu Ende gekommen
war. Mit einem Wort: Paulus war ein befreiter
Christ.
Man kann die Befreiung lehren und verständlich zu
anderen darüber reden, ohne selbst befreit zu sein, denn
20
um daö wirklich zu sein, muß man nicht nur — möge ein
jeder von uns das wohl bedenken — die Befreiung kennen,
sondern sie im tagtäglichen Leben in Anwendung
bringen.
Es sind fürwahr zwei sehr verschiedene Dinge: erklären,
was es heißt, mit Christo gestorben zu sein,
oder es verwirklichen. Der Apostel verwirklichte dies
in jeder Hinsicht. In jeder Hinsicht? Ja, denn die Befreiung
hat, kann man wohl sagen, mehrere Seiten; sie schließt
mehrere Arten in sich.
Die erste Seite finden wir im 6. Kapitel des Briefes
an die Römer. Hier handelt es sich um die Befreiung von
der Sünde. Wir sind mit Christo einsgemacht worden
in der Gleichheit Seines Todes. Wenn wir diese Tatsache
durch den Glauben annehmen, so ist unser alter Mensch
mit Ihm gekreuzigt worden, auf daß „der Leib der Sünde"
(d. h. die Sünde als Wurzel aller Sünden
in uns) abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen.
„Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der
Sünd e." So glauben wir, wenn wir mit Christo gestorben
sind, daß wir auch mit Ihm leben werden. Das ist die
erste Seite der Befreiung. Durch den Tod sind wir mit der
Herrschaft der Sünde über uns zu Ende gekommen.
Nicht, als ob wir die Sünde, das Fleisch, nicht mehr in
uns hätten, aber wir sind nicht mehr „im Fleische". Wir
sind von seiner Herrschaft befreit worden. Ein anderer,
Christus, hat unseren Platz eingenommen, ist für uns zur
Sünde gemacht worden (Er hat nicht nur unsere Sünden
getragen), ist der Sünde gestorben und lebt nun
Gott; und wenn wir einsgeworden sind mit Christo, so
sind auch wir der Sünde gestorben und leben Gott. Daher
21
die Ermahnung des Apostels an die Gläubigen, sich „für
tot zu halten", auf daß sie, wenn die Sünde an sie herantritt,
sagen können: „Ich bin tot", und ihr in keiner
Weise nachgeben.
Im Brief an die Galater finden wir andere Seiten
der Befreiung. Die erste (sie stimmt mit Römer 7 überein)
wird in Kap. 2,1y genannt: „Denn ich bin durchs
Gesetz dem Gesetz gestorben". Das Gesetz hat,
der Sünde wegen, das Todesurteil über mich gefällt, aber
vollzogen worden ist dieses Urteil an Christo, als Er
zur Sünde gemacht war, „indem Er ein Fluch für uns geworden
ist", um „uns von dem Fluche des Gesetzes loszukaufen".
(Gal. 3, 13. 14.) Das Gesetz, das mich verdammte,
h a t Christum zum Tode verurteilt, als Er für
mich zur Sünde gemacht wurde. Hinfort ist Christus, indem
Er starb, dem Gesetz gestorben, und ich desgleichen.
Wie Er, bin auch ich jetzt der Sünde gestorben, umGott
zu leben; wie Er, bin auch ich dem Gesetz gestorben,
um Gott zu leben.
Der gleiche Brief stellt uns aber noch eine andere
Seite der Befreiung vor (Kap. 5, 24): „Die aber des Christus
sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften
und Lüsten". Hier ist die Kreuzigung das Werk
derer, die des Christus sind. Es ist beinahe das gleiche wie
das: „Tötet nun eure Glieder" von Kol. 3, S; nur haben
wir es an unserer Stelle mit einer geschehenen und ein für
allemal vollendeten Handlung zu tun. Wer, nachdem er
mit Christo gestorben ist, den Geist als Kraft seines neuen
Lebens empfangen hat, wird betrachtet als einer, der von
dieser Kraft Gebrauch gemacht hat, um mit dem Fleisch
zu Ende zu kommen und sich seiner H errs ch a f t zu ent
22
ziehen, denn es herrscht durch die Leidenschaften
und durch die Lüste, welche die Leidenschaften erregen.
Wir haben es hier also mit dem in der Kraft des Heiligen
Geistes verwirklichten Herrschen über das Fleisch zu
tun, das im Tode Christi bereits völlig gerichtet worden ist.
Am Schluß des Briefes an die Galater (Kap. 6,
-l4) finden wir dann noch eine andere Seite der Befreiung,
und zwar in den Worten ausgedrückt: „Von mir aber sei
es fern, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres
Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt
gekreuzigt ist, und ich derWel t". Der Apostel
war durch das Kreuz von jenem ganzen System gelöst,
in dessen Mittelpunkt der sündige Mensch steht, und dessen
Fürst Satan ist. Die Welt, die den Heiland verworfen und
getötet hat, war gerade durch diese fürchterliche Tat für
Paulus gerichtet, verurteilt und gekreuzigt worden. Wenn
sie nun ihre Augen auf den Apostel richtete, so erblickte sie
in ihm einen gekreuzigten Menschen, der allem gestorben
war, was die Welt liebt, will und sucht; einen Menschen,
den nichts auf dem Schauplatz der Sünde, den er durchschritt,
inmitten der Gott entfremdeten und Christo feindlich
gesinnten Welt locken konnte, jener Welt, von der es
heißt: „Die ganze Welt liegt in dem Bösen", (t. Joh. 5,
ly.) Ach, wie wenig kennen wir von dieser Seite der Befreiung!
Deshalb sagte ich, daß die Befreiung nur insoweit
eine Wirklichkeit für die Seele sei, wie sie
in die Praxis umgesetzt werde. Ein Gläubiger,
der in den Banden der politischen, künstlerischen und wissenschaftlichen
Welt liegt, der religiösen Welt, oder
jener, wo man sein Leben genießt, wird niemalsein befreiter
Christ sein.
23
In dem Apostel nun sehen wir einen Menschen, der
völlig frei war von dem, was ihn ehemals in seinem Bann
gehalten hatte. Er hatte das Ende aller dieser Dinge auf
dem Kreuze gesehen. Nichts davon konnte für ihn wieder
aufleben. Alle diese Dinge hatten den Todesstoß empfangen
in dem Gericht, das seinen Heiland getroffen hatte. So
konnte er sagen: „Ich bin mit Christo gekreuzigt, und
nicht mehr lebe i ch, sondern Christus lebt in mir". (Gal.
2, 20.) Er war gleichsam eine neue Persönlichkeit, ein
neuer Mensch geworden, obgleich das Fleisch noch in ihm
war, aber dieses hielt er an dem einzigen ihm zukommenden
Platz, im Tode des Kreuzes.
Die Tatsache, daßderMensch selbst gekreuzigt ist,
ist für Paulus so wirklich geworden, daß er nicht gewillt
ist, ihm irgendeinen Platz in seinem Dienst einzuräumen.
Das tritt im Galaterbrief vom ersten Kapitel an in Erscheinung.
Seine Apostelschaft ist weder von Menschen,
noch durch einen Menschen. Er will weder
die Menschen zufriedenstellen, noch den Menschen
gefallen. Sein Evangelium ist nicht nach dem Menschen.
Vom Menschen hat er nichts empfangen. Mochte es
sich selbst um die Angesehensten unter den Aposteln handeln
— Christus nahm keinerlei Rücksicht auf das Ansehen
desMens ch e n. (Gal. b u. 2.)
Gedanken
Das Leben ist nicht Selbstzweck, wer daher nur diesem
Leben lebt, hat seinen Lebenszweck nicht erkannt.
Mehe dem, der seine Mitgläubigen durch das Mort zu belehren
sucht und es dabei so wenig auf sich selbst anwendet, daß
die Sernigen daheim vor ihm zittern!
24
„V7<rnn Ihr In mir bleibet..."
Von bleibender und völliger Freude spricht der Herr
Jesus wiederholt in den Abschiedsreden an Seine Jünger
(vergl. Joh. 45, 44; 46, 22. 24; 47, 4Z), und auch die
Apostel wissen von solcher Freude zu schreiben und haben
sie bewiesen in vielen Lagen ihres oft so mühe- und leidvollen
Dienstes für ihren Herrn und Meister. Wie kommt
es aber, daß es heutzutage so manche Gläubige gibt, die
bei weit günstigeren Lebensbedingungen von dieser bleibenden
und völligen Freude so wenig, ach, so wenig wissen?
Die Frage ist nicht schwer zu beantworten. Solche leben
und bleiben eben nicht in der ständigen Verbindung
mit dem Spender dieser tiefen, völligen Freude. Der Genuß
dieser Freude ist nämlich an eine Bedingung geknüpft,
und diese Bedingung lautet Wenn! „W enn ihr in mir
bleibet." „W enn ihr meine Gebote haltet." Wie kann ein
Gläubiger in Seiner Liebe bleiben und Seine Freude
völlig in sich haben, der sich von Ihm entfernt? Einem solchen
mußja diese göttliche Freude aus dem Herzen schwinden.
Es geht ihm dann wie jener Hauswirtin, von der ein
gläubiger Student berichtete, daß er sie einmal, als er zum
Mittagstisch in ihr Haus kam, selten vergnügt angetroffen
habe. Ihr Gesicht hatte einen Schimmer, als wäre ein ganzes
Bündel Sonnenstrahlen daran hangen geblieben. Bald
erfuhr er auch die Ursache dieser Veränderung: Es war
ganz unerwartet ein lieber Besuch gekommen und hatte
diesen Widerschein zurückgelassen. Nach und nach aber verschwand
alles, und die Wirtin kehrte zu ihrem griesgräm-
lichen Alltagsgesicht zurück, was alle sehr bedauerten, denn
sie war in dem Glanz der unerwarteten Freude viel hüb
25
scher als sonst. Warum aber konnte sie nicht immer so
aussehen? Und warum bin ich und bist du, mein lieber
Mitgläubiger, dieser Frau oft so ähnlich? Nun, es kommt,
wie bereits bemerkt, eben daher, daß unser Umgang mit
unserem Herrn, der Quelle aller wahren Freude, nicht ein
ständiger und bleibender ist. Weil er vielleicht nur des
Sonntags oder im Verkehr mit Brüdern und Schwestern
oder zu besonderen Gelegenheiten stattfindet, während im
Getriebe der Arbeit, im Haus und auf der Straße andere
Dinge die Herzen erfüllen. Daß die Folgen eines solchen
Zustandes nichts anderes sein können als ein, ich möchte
sagen, „wetterwendisches" Christentum, Stimmungen und
Verstimmungen, ein Hin- und Hergeworfenwerden von
den Meinungen der Menschen und den Ereignissen des Tages,
ist eigentlich selbstverständlich. Soll eine bleibende, heilige
Freude unser Teil sein, so kann das nur geschehen durch
ein immer tieferes Eindringen in das Geheimnis des Bleibens
in Christo. Sein Verhältnis zu uns darf nicht das
eines gelegentlichen lieben Besuches sein, der wieder einmal
Sonnenschein auf unser Antlitz zaubert, wovon wir dann
nach seinem Weggange etwas ausstrahlen, bis die graue
Alltäglichkeit um uns wieder alles aufgezehrt hat. Solches
Christentum ist kein glückliches, kein sieghaftes und kein
empfehlenswertes für die Menschen um uns her, denen
wir Helfer und Heilbringer sein sollen. Rettungsgürtel,
die in die dunklen Wasserwogen geworfen werden, müssen
von leuchtender, weißer Farbe sein, sonst können die Ertrinkenden
sie nicht sehen und ergreifen.
O daß wir doch auch in Leid, Not und Mangel der
Zeit fröhliche Christen wären, Menschen, deren Freude
nicht durch die Umstände bedingt ist, sondern durch Ihn,
26
in welchem Freude die Fülle ist! „Denn Iah, Jehova, ist
meine Stärke und mein Gesang", rühmt Jesaja. „ES sollen
j u b e l n die Frommen", jauchzt der Psalmist. (Jes. 12,
2; Ps. 14Y, 5.) „Ein frohes Herz erheitert das Antlitz",
stellt der Verfasser der Sprüche fest. (Spr. 15, 13.) Auch
nach außen hin zu zeigen, daß man sich freut in seinem
Herrn, ist heute, bei noch viel vorhandener Unzufriedenheit
und Not, sicherlich wertvoller und nötiger als je. Der
Mensch urteilt zunächst nach dem Äußeren, und ein heiteres
Antlitz läßt eben auf ein frohes Herz schließen.
Fröhlich! Ach, wie traurig gehen
Lhristenleute oft einher!
Fröhlich! Denn die Welt muß sehen:
W die Rreuzeslast auch schwer,
Christen sind auf Erden selig,
Darum auch im Leiden fröhlich,
Fröhlich zu des Heilands Ehr'!
Fröhlich, schlug auch tiefe Wunden
Deines Gottes Liebeshand;
Fröhlich, wenn auch dunkle Stunden
Vhne Trostlicht Er gesandt;
Fröhlich, auch im Weinen fröhlich,
Auch im tiefsten Leiden selig —
Das ist rechter Thristenstand!
Nach G. H. f.
„Meine Brüder, habet den Glauben
unseres Herrn Zesus Christus nicht mit
Ansehen der Person!"
Hier müssen wir erstlich allem Unrecht widerstreben,
wo die Wahrheit oder Gerechtigkeit Gewalt und Not leidet,
und dürfen dabei keinen Unterschied unter den Personen
machen, wie es einige tun: Sie fechten gar fleißig und emsig
gegen daö Unrecht, das den Reichen, den Gewaltigen
27
und den Freunden geschieht; aber wo es dem Armen oder
dem Verachteten oder den Feinden geschieht, sind sie ganz
Ml und duldsam. Diese sehen den Namen und die Ehre
Gottes nicht an, wie sie an sich sind, sondern durch ein bemaltes
Glas: sie messen die Wahrheit oder Gerechtigkeit
nach den Personen und werden dessen nicht gewahr, daß ihr
Auge falsch eingestellt ist, da es mehr auf die Person als
auf die Sache sieht. Das sind verkappte Heuchler; sie geben
sich nur den Anschein, als schützten sie die Wahrheit.
Denn sie wissen wohl, daß es ungefährlich ist, wenn man
den Reichen, den Gewaltigen, den Gelehrten, den Freunden
beisteht; man kann von diesen ja seinerseits Nutzen haben
und sich von ihnen beschützen und ehren lassen.
So ist es recht leicht, wider das Unrecht zu fechten,
das Päpsten, Königen, Fürsten, Bischöfen und andern großen
Herrn widerfährt. Hier will jedermann der Tüchtigste
sein, wo es nicht so nötig ist. O wie heimlich treibt eö hier
der falsche Adam mit seinem Bestreben; wie fein deckt er
die Gier nach seinem eigenen Vorteil mit dem Namen der
Wahrheit und Gerechtigkeit und der Ehre Gottes! Wenn
aber einem armen und geringen Menschen etwas Unrechtes
widerfährt, so entdeckt sein falsch eingestelltes Auge nicht
viel Vorteil; dagegen sieht es wohl die Ungunst der Gewaltigen:
darum läßt er den Armen leicht ohne Hilfe
bleiben. Und wer könnte die Häufigkeit dieses Lasters in
der Christenheit aufzählen? So spricht Gott in Ps. 82,
2 ff.: „Wie lange richtet ihr so unrecht und nehmt Rücksicht
auf die Person des Ungerechten? Richtet dem Armen
und Waisen feine Sache, und dem Elenden und Bedürftigen
fördert sein Recht; erlöset den Armen, und dem Verlassenen
helft vor der Gewalt des Ungerechten." Aber man
28
tut es nicht; darum heißt es auch dort weiter (Ps. 82, 5):
„Sie wissen nichts und verstehen auch nichts; sie wandeln
in Finsternis", d. h. die Wahrheit sehen sie nicht, sondern
sie haften mit ihrem Blick allein an den Großen, so ungerecht
diese auch sind, und wollen von den Armen nichts
wissen, so gerecht diese auch sind.
Aus Luthers „Sermon von den guten Werken".
Seine Aunge
Es ist so leicht gesprochen ein unbedachtes Wort,
Und pfeilgeschwinde eilt es von Mund zu Mund dann fort,
Wird immer unbedachter, und wen zuletzt es trifft,
Dem wird's zur Pfeilesspitze, die eingetaucht in Gift.
viel tausend Zungen schießen solch gift'ge Pfeile ab;
Dis brennen tiefe Wunden und graben manches Grab;
Und Rrieg und Blutvergießen ward oft durch sie entfacht
Darum auf deins Worte gar sonderlich gib acht!
Sei langsam nur zum Reden, sprich nur, was lieblich klingt,
Was rein und wahr zu nennen und andern Nutzen bringt.
Auch laß im Zorn der Zunge nicht freien tauf geschwind,
Weil Zornesworte oftmals des Todes Waffen sind.
Sei nicht der andern Richter mit lieblos schnellem Mund;
Laß lieber deine Zunge stillschweigen manche Stund'.
Doch wo des Nächsten Ehre man in den Staub will ziehn,
Da schweige nicht, da rede ein gutes Wort für ihn!
Mit männlich kühnem Mute für Recht und Wahrheit streit';
Für alles tsohe, Edle zu reden sei bereit.
Für Gott und alles Gute setz' deine Worte ein;
Doch nie laß deine Zunge der Sünde dienstbar sein!
So nutze deine Zunge, wozu sie Gott dir gab,
Der Rechenschaft einst fordert von ihrem Tun, und hab'
Stets acht auf deine Worte, denn jedes Wort ist Saat,
Der eine Ernte folget gut' oder böser Tat. G. bs.
Aus: „Gott ruft"
Sie Seligpreisungen
i.
„Glückselig die Trauernden."
Nachdem der Herr Jesus in der ersten Seligpreisung
*) den Hauptcharakterzug derer gezeigt hat, weichen
das Reich der Himmel gehört, stellt Er in den sechs folgenden
andere Züge dar, die Gott bei denen sucht und
schätzt, die Ihm angehören. Dieser siebenfältigen, d. h.
vollständigen Seligpreisung fügt Er dann noch, gleichsam
als Anhang, zwei weitere hinzu. Diese beiden letzten stehen
in Beziehung zu dem Teil, das die Seinigen in der Welt
haben: Weil Er verworfen ist, ist auch ihr Teil Haß und
Feindschaft. Aus zweierlei Ursachen, um der Gerechtigkeit
und um Seines Namens willen, sind sie der Verfolgung
ausgesetzt.
*) Bergt.: Die „Armen im Geiste". „Botschafter"
Seite 236 ff.
UXXXII 2
Namhafte Ausleger erblicken in den sieben verschiedenen
Personenklassen, die glückselig gepriesen werden, eine
fortschreitende Entwicklung, sowohl was den inneren Zustand
der Seele als auch was die Art ihrer Segnung betrifft.
Außerdem teilen sie die Seligpreisungen in zwei
Klassen: die ersten vier zeigen die Gesinnung, die uns Gott
gegenüber geziemt, sowie das Verhalten, das Ihm zukommt,
während die letzten drei mehr das Verhalten darstellen,
das wir anderen gegenüber offenbaren sollten. Inmitten
des uns umgebenden Bösen soll ein Geist der Gna
30
de uns kennzeichnen. Da diese Einteilung und Kennzeichnung
vieles für sich hat, wollen wir sie unseren Betrach­
tungen zugrunde legen.
„Armsein im Geiste" bildet gleichsam die Einleitung
zu der ersten Reihe der Seligpreisungen. Die zweite Seligpreisung
beschäftigt sich mit den „Trauernden". Bei diesen
offenbart sich das göttliche Leben mehr in einer tätigen
Form als bei den „Armen im Geiste". Selbst wenn
man das einzige Geschöpf in der ganzen weiten Welt wäre,
würde Armsein im Geiste immer noch den rechten Zustand
vor Gott bedeuten. Trauern dagegen ist eine Tätigkeit der
Seele, die durch den Zustand der uns umgebenden Dinge
oder Geschöpfe hervorgerufen wird.
Daß der Herr hier nicht an ein Trauern als Folge
persönlicher Verluste, Tod eines Lieben, Krankheit und dergleichen
denkt, oder infolge von Enttäuschungen, Schwierigkeiten
usw., braucht wohl kaum gesagt zu werden. Wohl
können aus solchem Trauern, wenn es mit Gott durchlebt
wird, reiche Segnungen hervorgehen, aber bei Tausenden
von Menschen wird dadurch oft das gerade Gegenteil bewirkt.
Erbitterung gegen Gott und Menschen ist die Folge.
Schon hieraus erhellt, daß es sich bei dem Trauern in unserer
Seligpreisung, für das bestimmte Tröstungen verheißen
sind, um etwas anderes handelt.
Wie immer, wenn göttliche Seelenübungen in Frage
kommen, finden wir auch hier in dem Herrn Jesus ein vollkommenes
Beispiel. Welch tiefe Herzensübungen rief bei
Ihm der Unglaube des Menschen und besonders der Seines
irdischen Volkes, sein Verharren in der Sünde, sein Haß
gegen Gott, der sich in Ihm, dem Sohne, geoffenbart hatte,
hervor! Wie groß war auch Sein Trauern über Leid
— ZI —
und Elend, Not und Jammer in der Welt als Folge der
Sünde! Schon im 69. Psalm wird der Herr uns im voraus
in tiefer Trauer gezeigt, als einer, der weinte, der in
Sacktuch gekleidet, und dessen Seele im Fasten war. Wir
hören Ihn klagen: „Der Eifer um dein Haus hat mich
verzehrt, und die Schmähungen derer, die dich schmähen,
sind auf mich gefallen". (V. 9. 10.) Der Prophet Jesaias
redet von Ihm als „dem Mann der Schmerzen". Dieser
Ausdruck wird im Evangelium Matthäus durch den Heiligen
Geist dahin ausgelegt, daß Er alle Leidenden heilte
(Kap. 8,17). Tief innerlich fühlte Er alle diese Leiden und
Krankheiten. Er trug, wie jemand gesagt hat, in Seinem
Geiste, was Er durch Seine Macht hinwegnahm. „In all
ihrer Bedrängnis war Er bedrängt."
Mehr als einmal teilen uns die Evangelien mit, daß
der Herr „innerlich bewegt" wurde, verschiedentlich, daß
„Er tief im Geiste seufzte", einmal sogar, daß Er sich dabei
„erschütterte". Weiter berichten sie, daß Er „betrübt"
war, und einigemale, daß Er „Tränen vergoß" oder
„weinte". Dieser heilige Schmerz und diese göttliche Trauer
wurden sowohl durch die äußere Bedrängnis und Not
der Menschen, als auch durch deren inneres Elend hervorgerufen.
So wurde Er innerlich bewegt, als Er am Stadttore
Rains die weinende Witwe sah, deren einziger Sohn zu
Grabe getragen wurde. Sein Herz fühlte in heiligem
Schmerz, wie verheerend die Wirkungen der Sünde sind:
Selbst vor den zartesten Banden macht der Tod nicht halt,
und dazu bringt er noch äußere Bedrängnis über die Iu-
rückbleibenden. Nicht weniger aber als die äußere Not bewegte
der innere (geistliche) Zustand Seines Volkes das
32
Herz des Herrn. Matthäus berichtet uns darüber: „Als
Er aber die Volksmengen sah, wurde Er innerlich bewegt
über sie, weil sie erschöpft und verschmachtet waren wie
Schafe, die keinen Hirten haben". (Kap. y, 36.) Markus
teilt uns mit, daß Er „betrübt war über die Verstockung
ihres Herzens". (Kap. 3, 5.) Auch in Bethanien zeugten
Sein „tiefes Seufzen" und Seine „Tränen" davon, wie
Ihn die Wirkung bewegte, die der Tod auf alle Anwesenden
ausübte. In Seiner Bewegung gab sich aber nicht
nur die innige Teilnahme kund, die Er für Martha und
Maria empfand, sondern auch Trauer darüber, daß niemand
imstande war — selbst die beiden Schwestern nicht
—, sich über die Macht des Todes zu erheben, die alle Gemüter
so tief bedrückte. Wiederum sehen wir den Herrn
schmerzlich bewegt und in tiefer Trauer, wenn Er an Jerusalem,
die geliebte Stadt, und an ihre Bewohner dachte.
Heiße Tränen rannen über Seine Wangen, und Sein
Schmerz machte sich in den Worten Luft: „Wenn auch d u
erkannt hättest, und selbst an diesem deinem Tage, was
zu deinem Frieden dient!" (Luk. 49, 44. 42.) In der Tat
ein wahrhaft Trauernder!
In die Fußstapfen und Gefühle des Herrn Jesus ist
wohl niemand so eingetreten wie Sein Apostel Paulus.
Das ist auch der Fall hinsichtlich allem, was sich als Folge
der Sünde in der Welt zeigte. Im Blick auf eine leidende,
seufzende Schöpfung schreibt er: „Auch wir selbst, die wir
die Erstlinge des Geistes haben, auch wir selbst seufzen in
uns selbst". (Röm. 8, 23.) Heiliger Schmerz klingt anderseits
aus seinen Worten, wenn er die verlorenen Menschen
vor seinem Geistesauge stehen sieht: „Da wir nun
den Schrecken des Herrn kennen....". Durch den Zustand
der Korinther war sein Herz so bewegt, daß er ihnen „aus
vieler Herzensangst mit vielen Tränen" seinen ersten Vries
schrieb, und seine tiefe Trauer über den Verfall der ganzen
Christenheit geht aus den Zeilen an die Philipper hervor:
„Mele wandeln, von denen ich euch oft gesagt habe,
nun aber auch mit Weinen sage, daß sie die Feinde des
Kreuzes Christi sind". (Kap. Z, 18.) Ja, auch in Paulus
sehen wir einen in vorbildlicher Weise Trauernden.
Doch nicht nur bei einem Apostel Paulus sollte sich
dieser Gott wohlgefällige Zug des Trauerns über Dinge
offenbaren, die eine Folge der Sünde oder der Verführung
und List Satans sind, nein, er müßte sich eigentlich, ebenso
wie die anderen in den sieben Seligpreisungen genannten
Züge, bei jedem Kinde Gottes finden, denn sie alle sind
Kennzeichen und Ergebnisse der empfangenen göttlichen
Natur. Das Maß dieser Empfindungen hängt ab von
der mehr oder weniger innigen Gemeinschaft der Betreffenden
mit dem Herrn und wird dementsprechend bei den
einzelnen verschieden sein. Doch sollte jeder Gläubige bemüht
sein, daß sie bei ihm deutlich wahrnehmbar sind.
Welcher Art sind nun unsere Gefühle im Blick auf
alles, was uns umgibt? Haben wir von unserem vollkommenen
Meister und von Seinem Knecht gelernt? Erfüllt
es unsere Herzen mit aufrichtiger Trauer, die Schöpfung,
die einst „sehr gut" aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen
ist, jetzt seufzen und in Geburtswehen liegen zu sehen?
Welchen Eindruck machen die Leiden der einzelnen
Geschöpfe, vor allem die unserer Mitmenschen, auf uns?
Wie empfinden wir die furchtbaren Verheerungen, welche
die Sünde unter den Menschen angerichtet hat: Armut,
Krankheit, Not und Elend? Mit was für Gefühlen beob
34
achten wir die Lücken, die der Tod reißt, wenn er der Mutter
das Kind, der Frau den sorgenden Gatten nimmt?
Stehen wir dem Herrn so nahe, daß der Heilige Geist
hinsichtlich der leidenden Schöpfung wahre göttliche Gefühle
in unseren Herzen bewirken kann, mögen sie auch nur
in nicht auszusprechenden Seufzern ihren Ausdruck finden?
(Vergl. Röm. 8, 2b. 27.)
Doch noch anderes sollte uns im Blick auf unsere Mitmenschen
mit beständiger Trauer erfüllen. Wohin wandert
die breite Masse? Auf breiter Straße dem ewigen Verderben
entgegen. Gott läßt sich nicht unbezeugt an den Seelen.
Er will ja nicht, daß der Mensch verloren gehe, sondern
daß er umkehre und lebe. Aber welche Antwort erhält Er
auf Seine Einladung der Liebe? Die eine Antwort besteht
in unbeschreiblicher Gleichgültigkeit, die andere in erschrek-
kendem Hochmut, verbunden mit Auflehnung wider Gott.
Wieder andere leugnen alles Göttliche und fordern Gott
freventlich heraus. Die Allgemeinheit hat kein Ohr für
die frohe Botschaft der Gnade und Liebe Gottes. Sollten
die Gläubigen da nicht, wie der barmherzige Samariter,
„innerlich bewegt werden"? Und könnte ihre Trauer sich
anders äußern als in herzlicher Fürbitte und eifriger Teilnahme
an der Arbeit des Evangeliums?
In Übereinstimmung mit den Gefühlen unseres
Herrn steht sicherlich auch die Trauer im Blick auf die Kirche
oder Gemeinde, betrachtet als sichtbares Haus in dieser
Welt. Wie liegt doch das, was am Pfingsttage so herrlich
errichtet wurde, in Trümmern! Die Mauer der Absonderung,
die die Kirche von der Welt trennen sollte, ist zerfallen.
Neben den „Gefäßen zur Ehre" befinden sich „Gefäße
zur Unehre", und leider sind diese erheblich in der
ZS
Mehrzahl. Der Herr Jesus, der doch das Oberhaupt der
Kirche ist, wird vielfach nicht anerkannt, ja, man wagt es
oft genug. Seine herrliche Person in den Staub zu ziehen.
Angesichts solchen Verfalls sind wahrlich Worte am
Platz, wie der Prophet Jeremia sie im Blick auf sein Volk
und besonders auf Jerusalem ausgesprochen hat: „Mit
Wasserbächen rinnt mein Auge wegen der Zertrümmerung
der Tochter meines Volkes!" (Klage!. 3, 48.)
Aber nicht nur im Blick auf den allgemeinen Verfall
der Christenheit ist Grund zur Trauer vorhanden. Werfen
wir doch nur einen Blick auf die wahren Kinder Gottes!
Wie wenig wahre Trennung von der Welt, nachdem das
Kreuz Christi eine Scheidewand zwischen ihr und uns aufgerichtet
hat! Welch erschreckender Mangel an geistlichem
Empfinden! Wie wenig Hingebung des Herzens für den
Herrn! Wie wenig Treue! Wie wenig Verständnis auch
für die Vorrechte, die wir als Kinder Gottes besitzen! Und
wenn wir an die Zersplitterung denken, die unter denen
eingerissen ist, die doch in Christo so eng und innig miteinander
verbunden, die als Glieder zu einem Leibe vereinigt
sind, wovon Christus droben das Haupt ist, müssen
wir dann nicht klagend und trauernd ausrufen: „Einheit ist
nicht mehr zu sehen!"?
Ziehen wir schließlich den Kreis unserer Betrachtung
noch etwas enger und beschäftigen wir uns noch einen Augenblick
mit einer Gruppe von Gläubigen, in deren Mitte
der „Botschafter" viel gelesen wurde und auch heute noch
gelesen wird. Vor ungefähr hundert Jahren suchten diese
Gläubigen einen Weg aus der Verwirrung der sie umgebenden
Christenheit zu finden. Wenn wir nun im Blick auf
sie die Frage stellen, ob es da keinen Grund zum Trauern
3b
gibt, so lautet die betrübende Antwort: Viel in jeder Hinsicht!
Zuerst müssen wir mit tiefer Beugung bekennen, daß
auch unter denen, die da versuchten, einen Boden einzunehmen,
auf dem sich nach der Schrift die Einheit aller
Gläubigen bezeugen und darstellen ließe, sich Trennungen,
zum Teil recht beschämender Art, vollzogen haben. Weiter
ist mit Betrübnis festzustellen, daß die entschiedene Trennung
von der Welt und jeder Art des Bösen, sei es in sittlicher
oder religiöser Hinsicht, so wie sie sich anfangs bei
ihnen zeigte, nicht mehr vorhanden ist. Wenn wir fragen:
Hat das Verständnis über die herrliche Wahrheit, daß die
Gläubigen mit Christo gestorben, auferweckt und in Ihm
in die himmlischen Orter versetzt sind, bewirkt, daß sie sich
dementsprechend auch der Sünde und der Welt für gestorben
halten und als Menschen leben, deren Bürgertum droben
ist? so lautet die Antwort wieder: Leider oft nicht!
Wer sich der Sünde und der Welt wirklich für gestorben
hält, kann nicht mehr in der Sünde leben. Wer sich als
Himmelsbürger fühlt, kann sich nicht in geschäftliche Spekulationen
einlassen, die doch nur das Trachten nach den
Dingen dieser Welt beweisen und vielfach den Keim der
Verunehrung des Herrn von vornherein in sich tragen.
Und wie steht es mit uns hinsichtlich dessen, was das
Kreuz Christi für den Gläubigen bedeutet? Beweist unser
Leben, daß wir der Welt gekreuzigt sind? Gibt es nicht
auch unter uns Gewohnheiten, die denen der Welt sehr
ähnlich sehen? Ja, ist nicht schon nach Grundsätzen gehandelt
worden, die selbst Weltleute für bedenklich erklären
mußten, Leute aus jener Welt, die nach unserem eigenen
Bekenntnis unseren Herrn und Heiland ans Kreuz geschla-
37
gen hat? Und wie steht'ö betreffs der Darstellung des
himmlischen Bürgertums, über das wir oft so schön zu
reden wissen? Gewiß, manches ist anders geworden im
öffentlichen Leben. Es mag heute Notwendigkeiten geben,
die früher nicht da waren. Aber wer als Gläubiger ohne
zwingenden Grund an Veranstaltungen, Festen und dergleichen
teilnimmt, wer sich in der Politik der Welt betätigt,
der verwirklicht jedenfalls nicht, daß er mit Christo gestorben
und jetzt mit Ihm im Himmel vereint ist. Wer,
sei eS aus persönlichem Interesse oder um irdischen Vorteils
willen, sich Bindungen auferlegt, die man früher weit
von sich gewiesen hätte, der rede nicht von Absonderung
und vom Tragen der „Schmach Christi".
Alle die genannten Dinge und noch manche andere,
nicht erwähnte geben uns als Kindern Gottes viel Veranlassung,
ernst und aufrichtig zu trauern. Tun wir es, so
dürfen wir uns unter diejenigen rechnen, die unser Herr
und Heiland glückselig preist. Wir sind dann in Seine Gedanken
über alles dies eingegangen und teilen auch Seine
Gefühle darüber. Es liegt bereits eine Glückseligkeit darin,
sich also eins zu wissen mit dem Herrn, alles zu teilen,
was Sein Herz bewegt. Doch größer noch ist die in der
Verheißung „sie sollen getröstet werden" verborgene
Glückseligkeit.
Diese Tröstung erfährt der trauernde Gläubige teilweise
schon während der Zeit der Trauer. So sagt der
Verfasser deö Y4. Psalms, der seiner Betrübnis über das
Verhalten der Gesetzlosen so beredt Ausdruck gibt: „Bei
der Menge meiner Gedanken — darunter haben wir wohl
unruhige, ängstliche Gedanken, Bekümmernis und
Schmerz zu verstehen — in meinem Innern erfüllten dei-
38
ne Tröstungen meine Seele mit Wonne". (V. ry.) Der
also Trauernde darf heute an der Brust seines Herrn ruhen.
Hier weiß er sich verstanden betreffs alles dessen,
was sein Herz bewegt. Er darf sich laben an den Tröstungen,
die Er ihm durch Seinen Geist mittelst Seines Wortes
darreicht. Außerdem empfängt er auch manchmal
sichtbare Beweise der besonderen Tröstungen des
Herrn. So konnte Paulus, der in großer Sorge und auch
wohl in Trauer über die Thessalonicher war, nachdem er
durch Timotheus „gute Botschaft" über sie erhalten hatte,
ihnen schreiben: „Wir sind in all unserer Not und
Drangsal über euch getröstet worden durch euren Glauben".
(1. Thess. z, 7.) Ein andermal war er sehr betrübt
worden durch den traurigen Zustand der Korinther
und durch die in ihrer Mitte vorgekommenen Dinge. Nachdem
dann Gott den ersten Brief Seines treuen Knechtes
an diese Versammlung dazu benutzt hatte, bei ihnen eine
Änderung zum Guten hervorzurufen, tröstete Er Seinen
Knecht durch „die Ankunft des Titus", der dem Apostel
die gute Nachricht über seine geliebten Korinther überbrachte.
(Vergl. 2. Kor. 2, 4 mit Kap. 7, 6. 7.)
So köstlich aber die göttlichen Tröstungen schon in
dieser Zeit sein mögen, die volle, wahre Tröstung findet
doch erst dann statt, wenn der Herr alle die Seinigen von
diesem Schauplatz der Tränen hinwegnimmt zu Sich, oder,
noch genauer ausgedrückt, wenn Er Sein Reich, das vorläufig
noch in einem „Geheimnis" besteht, in Macht und
Herrlichkeit errichtet haben wird. Dann wird alles, dessentwegen
Seine Geliebten heute noch trauern, in Ordnung
gebracht sein, und sie werden ihre öffentliche Belohnung
empfangen. Auch der Herr Jesus selbst wird dann —
3Y
wenn ich mich so ausdrücken darf — in gewissem Sinn
völlig getröstet werden. (Bergl. Zes. 53, 1t.) Er,
der einst über Jerusalem weinte, wird dann die Freude haben,
daß die undankbare Stadt, die Ihn einst verwarf,
Ihm mit Freuden cntgegenjauchzen wird: „Gepriesen sei,
der da kommt im Namen des Herrn!" Er wird „über Jerusalem
frohlocken und über Sein Volk sich freuen".
(Vergl. Jes. 65, ty.) Aber auch der gläubige Überrest,
den Er in der „Bergpredigt" — deren Anfang bekanntlich
die Seligpreisungen bilden — zunächst im Auge hat, wird
dann getröstet werden, wie dies durch das Prophetem
wort so wunderbar zum Ausdruck gebracht wird: „Zu
trösten alle Trauernden; um den Trauernden Zions aufzusetzen
und ihnen zu geben Kopfschmuck statt Asche, Freudenöl
statt Trauer, ein Ruhmesgewand statt eines verzagten
Geistes". (Jes. 6k, 2. 3.) Oder, wie es an anderer
Stelle heißt: „Wie einen, den seine Mutter tröstet,
also werde ich euch trösten; und in Jerusalem sollt ihr
getröstet werden". (Vergl. Jes. 66, t 3 und manche andere
Stellen.)
Fürwahr, um eine solche göttliche Tröstung zu erfahren,
ist es der Mühe wert, zu trauern.
Bemerkungen über Psalm 22
Dieser einzig dastehende Psalm besteht aus zwei
Hauptteilen. Während der erste uns in tief ergreifender
Weise prophetisch die Gefühle des Herrn Jesus unter dem
Leiden des Kreuzes schildert, redet der zweite von Seiner
Erhörung und Erhöhung und beschreibt deren herrliche
Folgen.
40
Aus mehreren Gründen ist dieser Psalm ein sehr
klarer Beweis für die göttliche Inspiration
der Schrift. Ium ersten schildert er bis ins einzelne
die schrecklichen körperlichen Qualen des Kreuzesleidens.
Ium anderen erwähnt der Dichter besondere Ereignisse
der Kreuzigung Jesu; und zum dritten beginnt der
Psalm mit einem Ausruf, der wörtlich am Kreuze geschehen
ist. David, der Dichter dieses ergreifenden Liedes, war
sicherlich nicht über die entsetzlichen Kreuzesleiden unterrichtet,
da diese grausame Todesart in jener Jeit wohl unbekannt
war in Israel, aber der Heilige Geist inspirierte ihn
zum Gebrauch von Ausdrücken, die buchstäblich auf das
Kreuzeöleiden zutreffen.
Durch die sich entzündenden Wunden und infolge der
unnatürlichen Haltung, in der der Gekreuzigte der versengenden
Hitze einer morgenländischen Sonne ausgesetzt ist,
verdorrt die Körperkraft. Es ist, als ob das Leben langsam
wegfließe: „Wie Wasser bin ich hingeschüttet" (V. 44);
das Knochengerüst wird gleichsam auögerenkt: „Alle meine
Gebeine haben sich zertrennt" — „alle meine Gebeine
könnte ich zählen" (V. 44. 47); der Blutkreislauf wird
gestört und die Tätigkeit des Herzens beeinträchtigt, was
eine namenlose Angst zur Folge haben mußte: „Wie Wachs
ist geworden mein Herz, es ist zerschmolzen inmitten meiner
Eingeweide" (V. 44); ein brennender Durst quält
den Gekreuzigten: „Meine Kraft ist vertrocknet wie ein
Scherben, und meine Junge klebt an meinem Gaumen".
(V. 45.)
Charakteristische Einzelheiten der Kreuzigung teilen
die Verse 46 und 48 mit: „Sie haben meine Hände und
meine Füße durchgraben." „Sie teilen meine Kleider unter
— 41 —
sich, und über mein Gewand werfen sie das Los." Die
Verse 5—8, 11—13, 16—18 stimmen, was die Verspottung
durch das Volk und seine Obersten betrifft, auffallend
mit der Schilderung in den Evangelien überein. (Vergl.
Matth. 27, 39—43.)
Im ersten Teil von Psalm 22 läßt der Heilige Geist
uns einen Blick in das Herz Dessen tun, der für uns am
Kreuze litt. Wie tief hat Er, der wahrhaftiger Gott und
wahrhaftiger Mensch war, all das Leid, das über Ihn kam,
gefühlt! Nicht nur das größte und bitterste, nämlich von
Gott verlassen zu sein, hat Seine Seele gequält, sondern
auch der Spott, die Verteilung der Kleider, ja, alles hat
Ihn tief geschmerzt, und Er klagt es Seinem Gott.
Und wir — wir waren nicht besser als die, die Ihn
kreuzigten! — wir haben durch unsere Sünden all daö
Leid über Ihn gebracht. Wie ergreifend, daß Er wohl Seine
Klage über uns vor Gott ausschüttet, aber uns nicht bei
dem Richter verklagt! Als Folge Seines Leidens finden wir
nur Segen. Die Ursache ist wohl, daß hier nicht wie anderswo,
z. B. in Psalm 69, das Leiden von feiten der Menschen
der Hauptgedanke ist, wofür dann das Gericht über die
Feinde ausgesprochen wird. Hier ist es Gott selbst, der Ihn
in den Staub des Todes legt. Er richtet den Gerechten,
damit der Sünder frei ausgehen kann. Deshalb ist der
Schluß des Psalms überströmender Segen, und nichts an­
deres.
Mit der zweiten Hälfte des 21. Verses beginnt der
zweite Hauptteil. Der, welcher verlassen war und keine
Antwort empfing, kann jetzt, nachdem das Werk vollbracht
ist, jubeln über Gottes Rettung. Nachdem Er erhört ist von
42
den Hörnern der Wildochsen *), will Er Gottes Namen
verkündigen Seinen Brüdern und Ihn loben inmitten der
Versammlung.
*) „Wildochs" ist in der Achrist ein Bild der Stärks und
Kraft, (vergl. Hiob 39, 9—12; 5. Mose 33, s7; 4. Mose 23,
22; 24, 8.)
Es ist äußerst interessant, einen Vergleich anzustcllen
zwischen den beiden Hauptteilen dieses Psalms.
Im ersten Hauptteil finden wir das Leiden des Herrn
in vier Versgruppen beschrieben, jedoch nicht in zeitlicher,
sondern in sittlicher Reihenfolge. Das größte und tief -
st e Leiden wird zuerst genannt.
Vers 1—5: Jesus ist von Gott verlassen.
Vers 6—1,1,: Jesus ist verworfen durch Sein Volk.
Alle haben Ihn verlassen, und „kein Helfer ist da".
Vers 12—15: Jesus ist verworfen durch die Obersten
der Juden („Farren, Stiere von Basan^. Er klagt über
das schreckliche körperliche Leiden des Kreuzes.
Vers 16—21, 1. Hälfte: Von den Heiden („Hunden")
umgeben, hängt Jesus, ans Fluchholz genagelt, zwischen
Übeltätern, ein Gegenstand des Spottes und der Verachtung.
Satan (der „Löwe", V. 21), Sein großer Widersacher,
möchte Ihn verschlingen.
Diesen vier Versgruppen des ersten können wir eben-
soviele Versgruppen des zweiten Hauptteils gegenüber-
ftellen, in denen wir gleichsam eine jubelnde Antwort auf
die Klagen in den ersten vier Versgruppen haben.
Vers 21, 2. Hälfte — 24: Jesus ist von Gott erhört.
Vers 25 und 26: Jesus lobsingt Gott inmitten der
„großen Versammlung".
43
Vers 27—2d: Sogar die Heiden werden sich bekehren
und in Seinem Königreich gesegnet werden.
Vers 30 und 3k: Ein Same wird sich vor dem Herrn
beugen und Seine Gerechtigkeit verkündigen.
Zn Vers k—s ist Jesus ganz allein, von allen, auch
von Gott selbst verlassen. In den Versen 2k, 2. Hälfte,
bis 24 dagegen sehen wir Ihn, von Gott erhört, „inmitten
der Versammlung". Wie schön ist es, daß Er, der
als unser Stellvertreter, als der Sündenträger von Gott
verlassen war und „für alles den Tod schmeckte", unmittelbar
nach Seiner Erhörung nicht an Sich selbst, noch
an Seine Herrlichkeit denkt, sondern an die, die Er erlöst
hat, und die Er nun Seine Brüder nennt!
In den Versen 6—kk (bzw. 4—kk) sehen wir den
wahren Israeliten, der von Seiner Geburt an Sein Vertrauen
auf Gott setzt, der zu Seinem eigenen Volke kam,
aber von diesem Volk verstoßen wurde. Keiner ist da,
der Ihm hilft in Seinen bitteren Leiden. Zn den Versen
25 und 2b finden wir Ihn inmitten Israels, in
„der großen Versammlung" des Tausendjährigen Reiches,
denn dann wird „ganz Israel errettet werden".
In der dritten Versgruppe (k2—k5) des ersten Teiles
klagt der König Israels, der Löwe aus dem Stamme
Juda, daß auch die Obersten Seines Volkes Ihn verworfen
haben. Wie reißende und brüllende Löwen, ausgehetzt
von Satan (dem Löwen von V. 2k), umgeben sie
Sein Kreuz, wo Er, der Fürst des Lebens, auch für sie von
Gott in den Staub des Todes gelegt wurde. (B. k5.)
Demgegenüber finden wir den Herrn in den Versen 25
und 26 als den Führer, den Mittelpunkt der „großen
Versammlung", Gott preisend. Nicht die „reißenden und
44
brüllenden Löwen", sondern die „Sanftmütigen" werden
essen und satt werden, und während wir Jesum in Vers 15
in den Staub des Todes gelegt sehen, kann Er in Vers 26
von Seinen Erlösten bezeugen: „Euer Herz lebe immerdar".
In der vierten Versgruppe des ersten Hauptteils finden
wir in den Versen 16—20 Jesum von den Heiden
umgeben und verspottet. In der dritten Versgruppe des
zweiten Hauptteils (Verse 27—2y) aber wird darauf hingewiesen,
daß Jehova König ist, und daß auch die Heiden
sich bekehren und Ihn anbeten werden. Ja, alle, die in den
Staub hinabfahren, werden sich vor Seinem Angesicht niederbeugen
müssen.
In den Versen 20 und 21,1. Hälfte, endlich werden
der Mensch und Satan als die Widersacher Christi genannt.
Im Schlußteil (V. ZV und ZI) dagegen beugen
die Erlösten sich vor Ihm: „Ein Same (hier nicht der
Same Jakobs oder der Same Israels, sondern allgemein:
„ein Same") wird Ihm dienen". Satan suchte Ihn zu
zerschmettern, aber Jesus tritt als der Überwinder, als
Der, der das Werk vollbracht hat („daß Er es getan
hat^, vom Kampfplatze ab. Wurde Er von Menschen ans
Kreuz genagelt und als Übeltäter behandelt, hier wird bezeugt,
daß Seine Gerechtigkeit verkündigt werden
wird. Nicht nur wird das vorhandene Geschlecht Ihm dienen,
sondern auch „ein Volk, das geboren wird", soll von
Seinem Werke hören und Ihn loben! N. A. I. V.
Der Christ weiß auf Grund des Wortes Gottes, daß er zum
Erben Gottes und Niterben Christi bestimmt ist. Gleicht aber der
Gläubige, der diese Kostbarkeiten für sich behält, nicht dem Knecht,
der das empfangene Talent in der Erde vergräbt?
45
Unterredungen über den Meilen Brief
an die Korinther
i.
(Schluß von Kapitel 'l.)
Kehren wir nach dieser Abschweifung zu unserem eigentlichen
Gegenstand, dem ersten Kapitel des zweiten Korintherbriefes,
zurück. Hier finden wir eine letzte Seite
der Befreiung, die sogar noch über die hinausgeht, von der
wir vorhin gesprochen haben. Gott ließ den Apostel
durch Umstände gehen, die derart waren, daß er „das
Urteil des Todes in sich selbst hatte, auf daß
sein Vertrauen nichtaufihnselbst, sondern auf
Gott wäre, der die Toten auferweckt". (V. y.) Es wäre
denkbar gewesen, daß er weder auf Fleisch, noch auf Menschen,
noch auf die Welt vertraut, dabei aber doch ein gewisses
Selbstvertrauen gehabt hätte; aber wenn „das Urteil
des Todes" nicht nur von außen über ihn ausgesprochen,
sondern in ihm selbst zur Wirklichkeit
wird, ja, dann bleibt nur noch ein Vertrauen auf
Den übrig, der die Toten auferweckt. Am Schluß dieses
Briefes hören wir, daß der Apostel vierzehn Jahre zuvor,
das heißt zu Beginn seiner Laufbahn, eine Erfahrung
gemacht hatte, die auf das gleiche Ergebnis hinauölief. Gott
hatte ihn in den dritten Himmel entrückt, wo er solch wunderbare
Dinge gehört hatte, daß keine menschliche Junge
sie hätte wiedergeben dürfen. Aber als er von diesen Höhen
herabgestiegen war, drohte Gefahr. Er hätte hochmütig
werden und Selbstvertrauen fassen können. Deshalb
sandte Gott ihm einen Engel Satans, der ihn mit
Fäusten schlug. Darauf erhielt Paulus die Zusage: „Meine
46
Gnade genügt dir". Lange nach dieser denkwürdigen Erfahrung
macht er eine ähnliche, denn nichts ist listiger
als das „Ich". Beständig muß es in Schach gehalten werden.
Diesmal ist es nicht mehr der Engel Satans, der ihn
schlägt. Es ist das Urteil des Todes, dem der Apostel sich
unterwirft, und zwar derart, daß er am Ende dieses Briefes
ausruft: „Ich bin nichts". (Kap. 12, 11.) Wo
bleibt alles Selbstvertrauen, wenn man von Satan geschlagen
wird, oder wenn „das Urteil des Todes" sich an
einem vollzieht? Dann ist man eben nichts mehr. Könnte
die praktische Verwirklichung der Befreiung über eine solche
Erfahrung hinausgehen? Ich glaube nicht.
Wenn aber der Apostel nichts ist, so ist die Folge,
daß Christus alles ist für ihn. Er kann sagen:
„Das Leben ist für mich Christus". Und wenn es sich um
seinen Dienst handelt, so ist Christus dessen einziger Gegenstand.
Er allein hat den Platz von allem anderen in Herz,
Gedanken und Arbeit des Apostels eingenommen. Handelt
es sich um seine Umstände, so kann er sagen: „Gleichwie
die Leiden des Christus gegen uns überschwenglich
sind". (V. 5.) Seine Leiden sind nicht mehr die Leiden des
Paulus. Auf seinem Wege, den wir wohl einen Weg der
Liebe nennen können, ergänzte er die Leiden des
Christus, damit er anderen all die Ermunterungen
bringen kann, welche die Frucht jener Leiden sind. Durch
die Gnade Gottes kann er von sich selbst als von einem
„Menschen in Christo" reden. (Kap. 12, 2.) So groß
ist bei dem Apostel die praktische Verwirklichung der Befreiung.
Das Ergebnis dieser Befreiung war, was seinen
Dienst betraf, daß seine Predigt Christum und nichts
47
anderes zum Gegenstand hatte. Ihr möchtet denken,
schreibt er den Korinthern, daß es in meinem Vornehmen
Beweise von Unsicherheit gäbe. Aber in Ihm gibt es keine
Unsicherheit. „Denn so viele der Verheißungen Gottes sind,
in Ihm ist das Ja und in Ihm das Amen, Gott zur
Herrlichkeit durch uns." (V. 20.) Aller Verheißungen
Erfüllung findet sich in Ihm. In Gal. Z, 44 ist der
Heilige Geist eine dieser Verheißungen. Vermöge der
Annahme Christi und Seiner Erhöhung zur Rechten Gottes
ist die Verheißung des Geistes jetzt unser Teil geworden.
In Titus 4, 2 finden wir das gleiche gesagt bezüglich
des ewigen Lebens. Aber es gibt noch andere Verheißungen:
die Herrlichkeit, die Gerechtigkeit,
die Vergebung, das Erbe. Und alle sind Ja und
Amen in Ihm. Der Apostel fügt hinzu: „Gott zur Herrlichkeit
durch un s". Warum dieses durch uns? Weil
— unbegreifliche Sache! — Gott uns auf solch unlösliche
Weise mit Christo verbunden hat, daß alles, was
Ihm gehört, auch unser Teil ist. Die Herrlichkeit Gottes
ist durch Christum, aber da Christi Herrlichkeit auch unsere
Herrlichkeit ist, so ist Gottes Herrlichkeit auch durch
uns. Das Erbe gehört Christo. Aber es ist auch unser Erbe.
Das Leben ist in Christo, aber dieses Leben ist unser Teil.
Wenn Gott also durch Christum verherrlicht wird, so auch
durch uns.
Der Apostel fügt hinzu: „Der uns aber mit euch
befestigt in Christum und uns gesalbt hat, ist Gott, der
uns auch versiegelt hat und hat das Unterpfand des Geistes
in unsere Herzen gegeben". (V. 27. 22.) Das ist es
also, was den Gläubigen kennzeichnet: Er ist fest mit
Christo verbunden. Er ist mit dem Geiste gesalbt, wie
48
Jesus es war, freilich mit dem großen Unterschied, daß
Er, der Herr, gesalbt wurde, kraft Seiner Vollkommenheit
als Mensch, während wir es auf Grund des Werkes
sind, das Er zu unseren Gunsten vollbracht hat. Der Gläubige
ist mit dem Heiligen Geiste versiegelt. Der Geist
vermittelt ihm das Bewußtsein und die völlige Kenntnis
von seiner innigen Beziehung zu Gott, einer Beziehung,
die der Herr selbst hienieden als Mensch in vollkommener
Weise genossen hat. Schließlich ist der Geist auch
„das Unterpfand unseres Erbes". Wir stehen im Begriff,
unser himmlisches Erbe anzutreten, und von diesem Erbe
empfangen wir schon heute Vorgeschmack und Gewißheit.
Er, der Herr, ist schon vor uns dort eingetreten, während
wir bisher nur das Unterpfand dafür besitzen; doch auch Er
wartet noch darauf. Sein irdisches Erbe anzutreten,
und auch dieses Erbe werden wir mit Ihm teilen.
Das war es, was Paulus verkündigte. Er „predigte
den Sohn Gottes, Jesum Christum", und stellte den Korinthern
den Wert Seiner Person und Seines Werkes vor,
und was diese für Gott sind und für uns. Er bezeugte, daß
außer Christo die Gläubigen nichts haben, und er begehrte
keinen anderen Platz. Er hatte nur einen Gedanken,
in Ihm erfunden zu werden, ohne eine andere
Gerechtigkeit als die aus Gott. Er hatte nur einen
Wunsch, bei seinem Wandel durch diese Welt Ihn zu erkennen
und Sein Bild widerzuspiegeln, und nur einen
Ehrgeiz, zu Ihm zu gelangen in der Herrlichkeit.
Gebe Gott, daß wir wie der Apostel zu reden und als
wahrhaft befreite Christen zu wandeln vermögen, damit
wir als wahre Zeugen Christi erfunden werden!
49
Einige Gedanken
zur Zeter des Mahles des Herrn
(Nach einem Eingesandt.)
Der Tag des Herrn! Welch eine Fülle von Gedanken
bewegt das Herz eines Gläubigen, der den Herrn Jesus
liebt, wenn er am Sonntagmorgen, vom Schlaf erwacht,
sich erinnert: „Heute ist des Herrn Tag!" Es ist Sein
Auferstehungs-, Sein Ehrentag, wie ein alter, Heimgegangener
Bruder sich gern ausdrückte. Die Woche mit ihren
vielseitigen Mühen, Sorgen und Beschwerden liegt hinter
uns. Wir haben das große Vorrecht (wenn wir anders gesund
sind, und die Umstände es erlauben), uns in Ruhe
und Stille mit anderen Geliebten des Herrn an Seinem
Tisch zu versammeln, um Seinen Tod zu verkündigen. Es
ist eine heilige, bevorrechtete Stätte, wohin wir uns begeben,
denn der Herr Jesus selbst will nach Seiner Verheißung
in der Mitte derer sein, die sich'auf Seinen Namen
hin versammeln. Hier sollen sie Seine Gegenwart
auf eine besondere Weise genießen. Wenn nur diese eine
große Wahrheit den ihr gebührenden Platz in unseren Herzen
einnimmt, so kann es nicht anders sein, als daß wir
die Zeit vor Beginn dieses heiligen Zusammenseins würdig
verbringen. Eine gewisse Vorbereitung, in erster Linie
durch Lesen und Gebet, wird uns dann Bedürfnis sein.
Wir werden auch nicht rein gewohnheitsmäßig die Stätte
gemeinsamer Anbetung aufsuchen. Daß diese Gefahr besteht,
wird wohl niemand leugnen. Aber die Erinnerung
daran, daß der Herr, der für uns starb, und der nach vollbrachtem
Werk Seinen Platz der Herrlichkeit zur Rechten
so
Gottes eingenommen hat, selbst in unserer Mitte sein will,
wird die Stunde immer wieder bedeutsam und kostbar
für uns machen. Dieser unserer Wertschätzung werden wir
dann auch durch ein entsprechendes äußeres Verhalten
Ausdruck geben, denn auch in sogenannten Kleinigkeiten
sollen und können wir beweisen, wie unsere Herzen zu
Dem stehen, dem wir unser ewiges Heil und unser wahres
Glück verdanken. Ium Beispiel werden wir nicht jeden
Sonntag hastig zur Versammlung laufen, um noch
einigermaßen zur rechten Zeit zu kommen. Jeder kann sich
einmal verspäten, aber ein gewohnheitsmäßiges Juspät-
kommen ist jedenfalls kein Zeichen von Ehrfurcht dem
Herrn gegenüber, zu dessen hochheiligem Namen hin wir
uns nach unserem eigenen Zeugnis versammeln. Nein,
wenn das Gefühl das Herz belebt: Ich gehe dahin, wo
mein Herr und Heiland ist, so wird die Liebe zuIhm
alles regeln, und dann wird alles gut sein. Es macht einen
angenehmen Eindruck, wenn in einer Versammlung
Pünktlichkeit herrscht und die Versammelten nicht durch
Nachzügler gestört werden.--------
„Mit Sehnsucht habe ich mich gesehnt, dieses Passah
mit euch zu essen, ehe ich leide." (Luk. 22, rs.)
Mit diesen Worten leitete der Herr jenes letzte Passahmahl
ein, an dem Er teilnahm, und in dessen Verlauf
Er das Abendmahl einsetzte. Herzbewegende Worte! Sein
Leiden stand unmittelbar vor Ihm, dieses furchtbare Leiden,
das Seine leidensvolle Erdenlaufbahn abschloß. Angesichts
dieses Leidens sehnte Er sich danach, noch einmal
mit Seinen Jüngern jenes Mahl zu feiern, bei dessen Einsetzung
Jehova einst zu Israel gesagt hatte: „Sehe ich
das Blut, so werde ich an euch vorübergehe n".
51
Das Leiden unseres teuren Herrn ist für immer
beendet. Nie wird es eine Wiederholung erfahren. Aber
wenn dadurch auch die Lage von Grund aus verändert
ist, so dürfen wir dessen doch versichert sein, daß sich der
Herr an Seinem Tage ebenfalls mit Sehnsucht danach
sehnt, in der Mitte der zur Feier Seines Gedächtnismah-
leö versammelten Geliebten zu sein, um aus glücklichen
und dankbaren Herzen ihre Anbetung entgegenzunehmen.
Um Ihn zu preisen und anzubeten, sind sie versammelt.
Unschätzbares Vorrecht! Seinen Tod dürfen sie verkündigen,
bis Er kommt. Kostbare Erinnerung! Wie wird
diese Hoffnung lebendig in den Herzen, wenn wir Ihn
betrachten in Seiner Liebe, in dem, was Er für uns tat,
und was Er für uns ist! Wie werden unsere Herzen dann
zu Ihm hingezogen, sodaß in Liedern und Gebeten der
tiefe Herzenswunsch zum Ausdruck kommt: Komm, Herr
Jesus, wir möchten bei Dir sein, wir möchten Dich sehen,
wie Du bist, und Dir mit all Deinen Erlösten droben daö
Lob darbringen, das Deiner würdig ist!
Ein drittes, das bei diesem gesegneten Zusammensein
geeignet ist, das Herz zum Überfließen zu bringen, ist das
Bewußtsein, daß wir durch unser schwaches Lob Sein Herz
erfreuen. So lange wir nicht bei Ihm in der Herrlichkeit
sind, steigt Er gleichsam zu den zu Seiner Anbetung
Versammelten herab, um mitten unter ihnen ihr Lob
entgegenzunehmen. Ja, noch mehr. Es heißt von Ihm:
„Inmitten der Versammlung will ich dir lobsin-
g e n". (Hebr. 2, 12.) Er, der sich nicht schämt, uns Seine
Brüder zu nennen, will mit uns dem Vater lobsingen!
Möchte man da nicht sagen: Weiter geht es nicht!?
Es geschieht durchaus im Zusammenhang mit dem
52
zuletzt Gesagten, wenn bei der Feier des Mahles des Herrn
auch die Liebe unseres Gottes und Vaters vor unseren
Blicken steht, der uns Jesum gab. Durch Jesum bringen
wir Gottdie Opfer des Lobes dar, das ist die Frucht der
Lippen, die Seinen Namen bekennen. Indem wir an Abraham
denken, der mit Isaak auf den Berg im Lande Morija
wanderte, wo er den Sohn, seinen einzigen, den er liebte,
auf Gottes Geheiß opfern wollte, sehen wir im Geist den
Vater mit dem Sohne nach Golgatha gehen, der Stätte
des Gerichts, wo der richtende, die Sünde hassende Gott
das Schwert zückte wider Den, der „Sein Genosse" war,
der aber in diesem Augenblick den Platz des Sünders einnahm
und um der Sünde willen von feiten Seines Gottes
litt.
Angesichts einer solchen Liebe fehlen passende Worte,
es sei denn, daß wir sie in der Heiligen Schrift selbst finden.
Und so möchte ich hier mit dem Psalmisten ausrufen:
„Wie köstlich sind mir deine Gedanken, o Gott! wie gewaltig
sind ihre Summen! Wollte ich sie zählen, ihrer sind
mehr als des Sandes." (Ps. 734, 77. 18.)---------
Als der Herr Jesus in der Nacht, in welcher Er überliefert
wurde, das Abendmahl einsetzte, sagte Er zu Seinen
Jüngern: „Dieses tut zu meinem Gedächtnis!" Dieses
Wort ruft Er heute noch all Seinen Erlösten zu. Ich möchte
es eins Seiner Gebote nennen, von denen Er in Ioh.
74, 75. 27. 23 spricht. Nicht ein Gesetz, nein, der
Wunsch Seines liebenden Herzens ist es. Umsomehr
gilt aber dann auch hier Sein Wort: „Wenn ihr dies wisset,
glückselig seid ihr, wenn ihr es tut".
(Ioh. 73, 77.) Groß ist der Verlust solcher gläubiger Seelen,
die den Platz an des Herrn Tisch verstehen, ihn aber
SZ
nicht einnehmen. Ich denke jetzt besonders an so manche
junge Seele. O ihr lieben jungen Geschwister! Ihr mögt
mancherlei Gründe haben, die euch von der Teilnahme am
Brotbrechen zurückhalten. Aber die Frage ist, ob eure
Gründe stichhaltig sind vor dem Herrn. In Joh. 44 spricht
Er unter anderem die ernsten Worte: „Wer mich nicht
liebt, hält meine Worte nicht; und das Wort, welches ihr
höret, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt
hat". (V. 24.) Hier möchte ich an das schöne Verhalten
der israelitischen Männer in 4. Mose 9, 6 erinnern, die
wegen der Leiche eines Menschen verhindert waren, das
Passah an dem bestimmten Tage zu feiern. Sie wollten
aber deshalb nicht verkürzt werden und wandten sich an
Moses. Die Antwort, die sie erhielten, ist bezeichnend. Bereitwilligst
kam Jehova diesen Leuten entgegen, indem Er
ihnen durch Moses eine andere Zeit zur Feier des Passahmahles
bestimmte. Diese Israeliten beschämen manche
Gläubige unserer Tage, die sich selbst verkürzen, indem sie
einem bestimmten Wunsch ihres Herrn nicht nachkommen.
Überaus ernst lauten die Worte in 4. Mose 9, 43: „Der
Mann aber, der rein und nicht auf dem Wege ist, und es
unterläßt, das Passah zu feiern, selbige Seele soll ausgerottet
werden aus ihren Völkern; denn er hat die Opfergabe
Jehovas nicht zur bestimmten Zeit dargebracht; selbiger
Mann soll seine Sünde tragen." Es versteht sich von
selbst, daß diese Worte nur sinngemäß auf uns heute Anwendung
finden können. Wir stehen ja nicht unter Gesetz.
Aber zu sagen haben sie auch uns etwas.
Noch eins möchte ich in Verbindung mit dem Mahle
des Herrn erwähnen. Unmittelbar an das Passah schloß
sich „daö Fest der ungesäuerten Brote" an, das sieben
54
Tage dauerte, in denen nichts Gesäuertes gegessen werden
durfte, ebenso wie auch das Passahmahl mit „ungesäuertem
Brot" gegessen werden mußte. Diese Vorschrift ist
ebenfalls bedeutungsvoll im Blick auf die Feier des
Herrn-Mahles. Fort mit dem „Sauerteig der Bosheit und
Schlechtigkeit", lautet heute die Losung für den Gläubigen,
und das nicht nur am Tage des Herrn, an dem wir
Sein Mahl zu feiern pflegen, sondern die ganze Woche
— sieben Tage — und somit das ganze Leben hindurch!
Angesichts der Liebe Dessen, der Sein Leben für Sünder
und „für die Sünde" gab, „auf daß der Leib der Sünde abgetan
sei, daß wir — die wir freigesprochen sind von der
Sünde — der Sünde nicht mehr dienen" (Röm. 6, 6. 7),
singen wir mit Recht:
Drum gehört Dir unser Leben,
Unser Lob nur Dir allein;
Selig ist's, sich Dir ergeben,
Deinem Dienste sich zu weihn,
Und — gehorsam Deinem Mort -
Dir zu folgen, treuer Hort!
*
Im Anschluß an obige Ausführungen scheint es mir
angebracht, den Brief eines Lesers des „Botschafter" zur
Kenntnis zu bringen, der sich mit der Frage beschäftigt:
Sollen unsere Kinder der Feier des
Mahles des Herrn beiwohnen?
Der Brief — mit einigen Änderungen — lautet:
In betreff dieser Überschrift hat mich in letzter Zeit
vielfach das Wort in 2. Mose 42 beschäftigt: „Und es soll
geschehen, wenn eure Kinder zu euch sagen werden: Was
soll euch dieser Dienst? so sollt ihr sagen: Es ist ein Passahopfer
dem Jehova, der an den Häusern der Kinder Israel
55
in Ägypten vorüberging, als Er die Ägypter schlug und
unsere Häuser rettete". (V. 2b. 27.) Die Passahfeier gab
also den israelitischen Eltern Gelegenheit, ihren Kindern
von den Wundertaten Jehovas zu erzählen. So sollten
doch auch wir heute unseren Kindern Gelegenheit geben,
Fragen an uns zu richten, wie: Was tut ihr, wenn ihr Brot
und Kelch umhergehen laßt und davon eßt und trinkt?
Ihre Anwesenheit bei der Feier des Mahles des Herrn
sollte uns immer wieder veranlassen, ihnen zu sagen, daß
„auch unser Passah, Christus, geschlachtet ist", und daß
wir durch Seinen Opfertod auf ewig von Gottes Zorn befreit
und unserer Sünden ledig geworden sind.
Wenn man sich heute in unseren Versammlungen
umschaut, so findet man, wenigstens in unserer Gegend,
einen auffallenden Unterschied gegen früher. Gewiß gab
es früher mehr Kinder als heute, aber es scheint bald zur
Gewohnheit geworden zu sein, Kinder überhaupt nicht
mehr mitzunehmen, wenn man zum Tisch des Herrn geht.
Ich glaube, daß es heutzutage Kinder gibt, die noch nie
zugegen waren, wenn der Tod des Herrn verkündigt wurde,
und die deshalb auch noch nie Gelegenheit hatten, wie
die israelitischen Kinder zu fragen: „Was soll euch dieser
Dienst?" Unsere alten Geschwister bestanden weit mehr
hierauf und hielten es vielfach für ihre Pflicht, ihre Kinder
mitzubringen. Wie schön war es doch früher, ganze
Reihen Kinder, Knaben und Mädchen, zu sehen, die unsere
herrlichen Loblieder freudig mitsangen, wenn sie auch noch
zu jung waren, um am Brotbrechen selbst teilnehmen zu
können.
Ist es nicht sehr nutzbringend und gesegnet für die
Kinder, wenn sie schon früh mit allen Wahrheiten und vor
56
allem auch mit dem kostbaren Vorrecht des Gläubigen, am
Tisch des Herrn das Gedächtnismahl Seines Todes feiern
zu dürfen, bekannt werden? Es gibt immer wieder Anlaß
zum Nachdenken, und die in früher Jugend empfangenen
Eindrücke behalten oft genug ihre Kraft für das ganze spätere
Leben.
Soweit der Schreiber. Seine Ausführungen scheinen
mir wichtig genug, um sie ernstlich vor dem Herrn zu erwägen.
Ich möchte in Verbindung damit nur noch an Samuel
erinnern, von dem uns mitgeteilt wird, daß er schon
als junger Knabe „Jehova anbetete", <ck. Sam. k, 28;
vergl. auch Kap. 2, ick. i8.)
Sollten die Gedanken des Briefschreibers den einen
und anderen Leser anregen, seinerseits etwas über den
Gegenstand niederzuschreiben, was sich zur Veröffentlichung
eignet, so werden wir solchen Ausführungen ebenfalls
gern einen Platz in diesen Blättern einräumen.
Er denkt an mich
Mein Heiland denkt an mich, geht nur nach, ist mir nahe in
der Nacht, wenn der Schlaf mich flieht, am Tage, wenn die Not
mich sucht, um den Abend, wenn ich vor Weh mich nicht lassen
kann. Meine Tage gehen dahin wie Rauch, und meine Jahre vergehen
wie das Säuseln des Windes im Schilf. Aber <Lr denkt an
mich, wenn alle mich vergessen. Vater und Mutter ziehen fort und
können sich meiner nicht mehr erinnern, Freunde treten zur Seite,
und wo sie helfen wollen, ist es Ohnmacht und Nichtigkeit, und ich
selber spüre, wie die Kraft versagt und die Schaffensfreudigkeit
zerrinnt — aber Er bleibt, wie Lr ist, ein Lrbarmer und Helfer,
und bewahrt das Mitleid mit unserer Schwachheit, Ist eine Seele
besonders des Trostes bedürftig und verlänglich, ach, daß dies
Wort sie erreichte: „Ich weiß, wo du wohnst, und ich habe Mitleid
mit deinem keid". Bezzel.
Sie Seligpreisungen
ii.
„Glückselig die Sanftmütigen."
Zn der dritten Seligpreisung, die in engem Zusammenhang
mit den beiden vorhergehenden steht, werden
wir einen Schritt weiter geführt. Fanden wir in der ersten
Seligpreisung den Ausdruck des eigenen Nichts in Gottes
Gegenwart, in der zweiten als ganz natürliche Folge dieser
Empfindung Trauer über die Dinge um uns her, so wird
in der dritten Seligpreisung als Ergebnis der beiden ersten
die Sanftmut gepriesen, diese „so seltene Tugend", wie
Luther treffend sagt, die liebliche Zierde der Nachfolger
Christi. Sanftmut in dem Sinne der Schrift, und damit
auch der uns beschäftigenden Stelle, ist nicht jener weiche
Zug, der manchem Menschen angeboren ist, der ihn angenehm
und liebenswürdig macht, der ihn aber auch, da in
Verbindung mit diesem Charakterzug häufig eine gewisse
innere Selbständigkeit fehlt, furchtsam und schüchtern vor
jedem stärkeren Willen zurückweichen läßt — sie ist vielmehr
der Ausdruck jener Gesinnung, die alles still in Gottes
Hand legt, alles Ihm überläßt, sich vor Ihm beugt
und widerstandslos Seinen Willen in allem anerkennt. Sie
ist das Gegenteil von dem Trotz des natürlichen Menschen,
der in seinem starrsinnigen, unbeugsamen Wesen nur gezwungen
den eigenen Willen preisgibt; sie ist ein deutliches
Zeichen des göttlichen Lebens, eine Blume, die nur
auf dem Grabe des Hochmuts und der Selbstsucht wachsen
kann.
dXXXII s
58
Sanftmütige von der Art, wie der Herr sie in der
Bergpredigt glückselig preist, finden wir bereits im Alten
Testament. Dort sind es jene wahrhaft frommen Seelen,
die inmitten des abtrünnigen, gottlosen israelitischen Volkes
einen Überrest bilden. Indem sie Gott fürchten und
still in Seinen Wegen wandeln, werden sie von den übrigen
gehaßt und bedrückt. Sie vergelten aber nicht Gleiches
mit Gleichem, wenden sich nicht gegen ihre Bedränger,
sondern beugen sich unter Gottes Hand und hoffen geduldig
auf Sein Eintreten für sie/) Diese Sanftmütigen harren
angesichts ihrer Feinde auf Gott, in dem Vertrauen,
daß Er sie nicht beschämen werde. Unter tiefen HerzenS-
übungen erkennen sie ihre Sünden vor Ihm an und wünschen,
Seinen Weg zu gehen. Darum „leitet Er sie im
Recht und lehrt sie Seinen Weg". (Ps. 25, 9.)
So schön nun aber auch das Beispiel jener Sanftmütigen
des Alten Testaments sein mag, das vollkomme -
n e Muster aller Sanftmütigen ist und bleibt doch der Herr
Jesus selbst. Welch eine Sanftmut erblicken wir in Ihm,
wenn wir Ihn in Gedanken auf Seinem Wege durch diese
Welt begleiten! Obwohl der verheißene „König", kam
Er bei Seinem Einzuge in Jerusalem „sanftmütig" zu ihr.
(Matth. 2t, 5.) Er ritt auf einem Esels-Füllen, „des
Lasttiers Jungen". Mit Sanftmut begegnete Er Seinen
Häschern. Sanftmut kennzeichnete Sein Auftreten sowohl
*) vergl. unter anderem s)s. 9 und so, vor allem die Ausdrücke
stiller Ergebung in D. s8: „Denn nicht für immer wird
der Arme vergessen sein, noch für ewig verloren die Hoffnung
der Sanftmütigen", bzw. D. s? und s8: „Den Wunsch der
Sanftmütigen hast Du gehört, s)ehova; Du befestigtest ihr Herz,
ließest Dein Vhr aufmerken, um Recht zu schaffen der Waise und
dem Unterdrückten, daß der Mensch, der von der Erde ist, hin
fort nicht mehr schrecke". Lies auch Jes. 29> l?—2s!
59
im Hofe des Hohenpriesters als auch vor Pilatus, ja, vor
den rohen Kriegsknechten und vollends am Kreuze. „Er
war wie ein Lamm, welches zur Schlachtung geführt wird,
und wie ein Schaf, das stumm ist vor seinen Scherern."
Fürwahr, Er konnte wohl von Sich sagen: „Ich bin sanftmütig
und von Herzen demütig". (Matth. U, 29.)
Da dieses Selbstzeugnis des Herrn, in Verbindung
mit den Umständen, unter denen es abgelegt wurde, uns
die beste Belehrung darüber gibt, was wahre Sanftmut
ist, wollen wir noch etwas näher darauf eingehen.
Johannes, der Vorläufer Jesu, war im Gefängnis,
und der Herr mußte es erleben, daß dieser Mann, den Er
selbst als den Boten bezeichnet, der vor Seinem Angesicht
hergesandt war, um Seinen Weg vor Ihm zu bereiten,
irre wurde an Ihm. Johannes sandte seine Jünger zu Jesu
mit der Frage: „Bist D u der Kommende, oder sollen wir
auf einen anderen warten?" Weiter. Das Volk hatte weder
auf die Bußpredigt des Täufers noch auf die Gnadenbotschaft
des Herrn gehört, sondern verharrte in seinen
Sünden. Nicht einmal die Städte, in denen Seine meisten
Wunderwerke geschehen waren, taten Buße. Über sie mußte
Er in bitterem Schmerz ein mehrfaches Wehe ausrufen.
Alles zeugte von Seiner Verwerfung.
Und nun heißt es: „I u jenerZeithob Jesus an
und sprach: Ich preise dich, Vater... Ja, Vater, denn also
war es wohlgefällig vor dir." Danksagend erkennt Er in
völliger Ergebenheit den Willen des Vaters an, und dabei
war Er der, „welchem alles von Seinem Vater übergeben
war". Er, dessen Person als Sohn „niemand erkennen
konnte als nur der Vater". Wie groß steht unser anbetungswürdiger
Herr vor uns in Seiner freiwilligen Er
60
niedrigung und Beugung! Er war ganz damit zufrieden,
wenn der Vater es so für gut hielt, von Weisen und Verständigen
verworfen zu werden, den niedrigsten Platz zu
haben und von „Unmündigen" angenommen zu werden!
Das war wahre Sanftmut. Sich unter den Willen des Vaters
zu beugen, war für Ihn kein hartes, schweres Joch,
das Er unwillig und widerstrebend trug, sondern etwas,
was Seinem Herzensbedürfnis entsprach. So konnte Er
auch im Garten Gethsemane in derselben Sanftmut sprechen:
„Den Kelch, den mir der Vater gegeben hat, soll ich
den nicht trinken?"
Diese Sanftmut nun, die sich in unbedingter Vollkommenheit
allein bei dem Herrn fand, dürfen wir,
die Seimgen, von Ihm lernen. Er ladet uns dazu
ein. Und es ist wahrhaft etwas Gesegnetes, Sein
Schüler zu sein, den Er durch Seinen Geist unterweisen
will. Wer ist ein Lehrer wie Er? Der beste Unterricht ist
wohl die Anschauung. In der Betrachtung des „Sanftmütigen
und von Herzen Demütigen" empfangen wir ihn.
So wie Er alles aus der Hand eines liebenden Vaters
nahm, selbst die schwersten und bittersten Dinge, so sollen
auch wir es tun. Wenn die Menschen dich hassen und verachten,
wenn sie nicht nur dein Zeugnis verwerfen, sondern
auch deine Tätigkeit auf jede Weise zu hindern suchen, wenn
selbst die eigenen Brüder dich nicht verstehen, sondern gar
übel von dir reden — schau hin auf Jesum und betrachte
Sein Verhalten! Hast du von Ihm gelernt, so wirst du,
anstatt den Widersachern gegenüber ungeduldig und bitter
zu werden, oder gar auf Rache zu sinnen, gelinde bleiben
und das Böse mit dem Guten überwinden. Das Beispiel
deines Herrn wird dir helfen, alles aus der Hand des Va
61
ters zu nehmen, „des Herrn des Himmels und der Erde",
d. h. Dessen, der alles in Seiner Hand hat, und Dem alles
zu Gebote steht, und dein ganzes Vertrauen auf Ihn
zu setzen, ohne Dessen Willen kein Haar von deinem Haupte
fällt. So wirst du unterwiesen, nach dem Beispiel des göttlichen
Meisters zu sagen: „Za, Vater, also ist es wohlgefällig
vor Dir!"
In dieser Weise lernen wir, die wir von Natur mehr
oder weniger trotzig und widerspenstig sind, Sanftmut
von „d e m Sanftmütigen". Wir „nehmen Sein Joch auf
uns und finden Ruhe für unsere Seelen".
„Sanftmütige" dieser Art preist der Herr in Matthäus
5 glückselig. Ihre Sanftmut — ich wiederhole es
noch einmal — ist nicht jenes von Natur stille, freundliche
Wesen, das durch seine Nachgiebigkeit besticht; es ist auch
nicht ein dem Bösen ringsum scheues und ängstliches Aus-
dem-Wege-Gehen. Nein, diese Sanftmütigen nehmen
dem Bösen gegenüber eine ganz bestimmte Stellung ein.
Sie sind Trauernde in dem Sinne, wie wir es in der Betrachtung
über die zweite Seligpreisung auszulegen versucht
haben, aber dabei beugen sie demütig ihr Haupt
unter den Willen ihres Gottes und Vaters, indem sie die
Gesinnung Christi Jesu, ihres Herrn, offenbaren.
Während nun die Sanftmut, die in Gal. 5 als Frucht
des Geistes gekennzeichnet ist, einerseits eine hervorragende
christliche Tugend ist, so ist sie anderseits auch eine siegende
Kraft. Die stärksten und härtesten Naturen haben sich vor
ihr gebeugt. „Eine gelinde Junge zerbricht Knochen", heißt
es in den Sprüchen, und in seinem zweiten Brief an Timotheus
erwähnt der Apostel die Sanftmut als eine Erfolg
versprechende Eigenschaft. „In Sanftmut" soll ein
62
Knecht des Herrn die Widersacher „zurechtweisen", „ob
ihnen Gott nicht etwa Buße gebe zur Erkenntnis der Wahrheit".
Schließlich wird noch in r. Petr. Z den gläubigen
Frauen der „sanfte und stille Geist" als ein Mittel vorgestellt,
durch das sie ihre Männer gewinnen können. Er
wird „ein unverweslicher Schmuck" genannt, „welcher vor
Gott sehr köstlich" ist.
Betreffs dieses von Petrus gebrauchten Ausdrucks
„der sanfte und stille Geist" möchte ich noch bemerken,
daß er mir außerordentlich kennzeichnend zu sein scheint
für die Art, wie die wahre Sanftmut in Erscheinung tritt.
Es ist der Geist der Demut, der Unterwürfigkeit und der
Selbstlosigkeit. Diesen Geist kann und wird nur ein Gläubiger
offenbaren, der wirklich „Sein Jo ch" auf sich genommen
hat. Er ist das Gegenteil von dem, was leider
so oft in unserem eigenen Leben zur Schau kommt, indem
wir eben so wenig gelernt haben, den Schwierigkeiten und
Mühsalen des Lebens so zu begegnen, wie E r ihnen begegnete.
Wir denken so viel an uns, an das eigene Ansehen.
Das Ich spielt bei uns eine so große Rolle trotz all unserer
Beteuerungen, daß wir mit Christo gestorben sind. Wieviel
werden wir mißverstanden! Wie falsch wird unser Reden
und Handeln ausgelegt, und wie werden wir, statt
daß man uns Liebe erweist, entweder achtlos oder falsch
oder unfreundlich behandelt! Ach, wenn doch mehr von
jenem „sanften und stillen Geist" bei uns zu finden wäre,
der weniger an den eigenen Ruf, an das eigene Ansehen
denkt, sondern dessen Sorge es ist, den Charakter Christi
darzustellen, des „Sanftmütigen und von Herzen Demütigen",
der zu jedem Wink und Schritt Gottes Sein „Ja,
Vater," sprach!
— 63 —
Kurz wollen wir zum Schluß noch auf die den Sanftmütigen
gegebene Verheißung zu sprechen kommen: „Sie
werden das Land ererben". Daß diese Verheißung gerade
den Sanftmütigen gegeben wird, ist sehr bezeichnend. Bekanntlich
steht in der Bergpredigt das Reich in seiner ganzen
Ausdehnung, sowohl in seinem irdischen, als auch in
seinem himmlischen Teil, vor des Herrn Blicken. Wenn Er
nun hier in der dritten Seligpreisung vom Ererben des
Landes redet, so kann sich das nur auf den irdischen Teil
des Reiches beziehen. Die „Sanftmütigen", die Er zunächst
im Auge hat, ist der damals vorhandene gläubige
Überrest aus den Juden. Dieser Überrest wird wieder aufleben
in dem zukünftigen Überrest, der sich in den letzten
Tagen aus der großen abtrünnigen Masse des jüdischen
Volkes aussondern wird. Er hat zur Zeit, als der Herr auf
Erden weilte, mit seinem Messias gelitten, und er wird es
auch in Zukunft tun. Von dem Bösen umgeben und aufs
furchtbarste verfolgt, wird er, statt sein Recht zu behaupten,
leiden. Aber von dem Augenblick an, wo der kommende
Messias Sein Reich in Macht und Herrlichkeit auf Erden
errichtet haben wird, wird diese Erde, und vor allem
daö Land Kanaan, der Ort seines Besitztums und seiner
Ruhe werden. Wenn „d e r Sanftmütige" Sein Erbteil
von Seinem Gott und Vater empfangen hat, wird auch
der Überrest das seinige empfangen. Unter Seiner Herrschaft
werden die, „welche auf Jehova hoffen", „die
Sanftmütigen, das Land besitzen und werden sich ergötzen
an Fülle von Wohlfahrt". (Pf. 37, 9. 77.) Dann wird Er
„die Sanftmütigen mit Rettung schmücken"; „sie werden
essen und satt werden"; „sie werden sehen, sie werden sich
freuen", „denn nicht für ewig ist verloren die Hoffnung
64
der Sanftmütigen". (Vergl. Ps. 149, 4; 22, 26; 69, 32;
9,18.) Nicht mehr wird dann der ungerechte, gewalttätige
Mensch triumphieren, wie es von jeher der Fall war, nein,
„die Sanftmütigen werden das Land ererben", und
alles wird gedeihen unter der mächtigen Hand des Königs
des Friedens, über dessen Lippen „Holdseligkeit ausgegossen"
ist, der „in Seiner Majestät glücklich hinzieht um der
Wahrheit willen und der Sanftmut und der Gerechtigkeit"
(Ps. 4S, 2 u. 4), und während dessen Regierung
„Fülle von Frieden" sein wird.
Aber auch wir Gläubigen der Jetztzeit, die wir dann
mit dem verherrlichten Christus droben vereinigt sind, werden,
wenn Er Sein Erbteil, das Himmel und Erde umfaßt,
in Besitz genommen hat, unser Erbteil in Ihm empfangen.
Die, welche hier Sanftmut von dem Sanftmütigen
und von Herzen Demütigen gelernt und sich als „Sanftmütige"
erwiesen haben, werden mit Ihm herrschen. Dann
wird Trauern in Tröstung und Verzichtleistung und Leiden
in Besitzergreifung, Herrschaft und Herrlichkeit umgewandelt
sein.
Wahrlich: „Glückselig die Sanftmütigen!"
Eine Erfahrung, die zu denken gibt
Im Anschluß an unsere Abhandlung „Glückselig die
Sanftmütigen!" sei eine Erfahrung aus dem Leben des gesegneten
Evangelisten Moody mitgeteilt. Sie bietet insofern
eine gute Erläuterung zu den vorhergehenden Ausführungen,
als sie uns zeigt, wie wir uns als Gläubige
verhalten sollten — sanftmütig —, aber wie wir uns
in Wirklichkeit manchmal benehmen. Der Bericht
65
stammt von dem amerikanischen Professor Townder, der
jahrelang Moodyö Reisebegleiter und Mitarbeiter war.
Es war im Frühjahr t899. Wir hatten eben in Oakland
(Kalifornien) unsere Versammlungen abgeschlossen
und saßen jetzt im Eisenbahnzug, um uns nach dem nächsten
Aufenthaltsort, Santa-Cruz, zu begeben. Unser Wagen
war schon beinahe bis auf den letzten Platz besetzt,
als unversehens im letzten Augenblick noch eine Schar junger
Burschen hereinstürmte. Einer von ihnen war stark angetrunken
und machte auch sonst einen ziemlich widerlichen
Eindruck. Sein Gesicht war mit Blut bespritzt und das eine
seiner Augen, offenbar durch den Stoß eines Boxers,
derart angeschwollen, daß es überhaupt nicht mehr sichtbar
war. Der Mann war leichenblaß. Obwohl er schwankte
und dem Umsinken nahe schien, hatte er sichtlich das Gefühl,
sich durch möglichst große Forschheit bemerkbar machen
zu müssen. Da er Herrn Moody unter den Fahrgästen
erkannt hatte, begann er aus Leibeskräften eines der mcist-
gesungenen Evangeliumslieder zu gröhlen.
Moody stand auf und langte nach seiner Reisetasche.
Er sagte zu mir: „Townder, hier können wir nicht bleiben;
suchen wir uns Platz in einem anderen Wagen". Ich
erwiderte, der lange Zug sei vollbesetzt, und wir säßen
wahrscheinlich in dem noch am wenigsten gefüllten Wagen.
Darauf setzte er sich wieder, rügte aber laut und mit scharfem
Ton, daß eine angesehene amerikanische Eisenbahngesellschaft
es dulde, wenn ein ganzes Wagenabteil durch
einen derart wüsten Gesellen belästigt werde. Eben trat
der Schaffner ein. Moody wies ihn auf den betrunkenen
Mann hin und ersuchte ihn, den unerwünschten Gast
schleunigst zu entfernen. Der Schaffner nickte.
66
Nachdem er rasch seinen Dienst der Fahrkarten-Prü-
fung beendet hatte, setzte er sich neben den abstoßenden
Burschen, redete ihm freundlich zu und führte ihn dann
in den anstoßenden Gepäckwagen. Dort hieß er ihn Platz
nehmen, befeuchtete am kleinen Wandbrunnen das eigene
Taschentuch, wusch ihm die Wunden im Gesicht vorsichtig
aus und machte ihm, wie eine Mutter, Aufschläge auf das
geschwollene Auge. Der arme Bursche schien sich bald behaglicher
zu fühlen; er wurde still und schlief dann ein,
friedlich wie ein Kind.
Moody hatte mit großer Aufmerksamkeit den Vorgang
verfolgt. Er verfiel in tiefes Sinnen. Dann sprach
er zu mir:
„Townder, hier ist mir eine furchtbare Lehre zuteil
geworden. Weißt du noch, wie ich gestern abend vor einer
großen Menge von Zuhörern über das Pharisäertum geredet
und die Versammelten aufgefordert habe, sich den Samariter
zum Vorbild zu nehmen? Und jetzt hätte ich Gelegenheit
gehabt, die Wahrheit meiner gestrigen Worte durch
eine ganz unscheinbare Tat zu bestätigen. Gott hat es mir
soeben in Seiner Heiligkeit ins Herz geschrieben, wie ich
selber gerade so schlecht bin wie der Priester und der Levit,
die ungerührt an dem Schwerverwundeten vorbeigingen,
der am Weg nach Jericho lag!"
Während der ganzen Fahrt verharrte Moody in tiefem
Schweigen. Aber am Abend erzählte er in der großen
Halle von Santa-Cruz vor einer mächtigen Schar von
Zuhörern sein Erlebnis und bekannte öffentlich, wie Gott
ihn hatte demütigen müssen.
67
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
ii.
Kapitel 2.
Es besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen den
beiden Briefen an die Korinther. Im ersten Briefe erfahren
wir, daß die Korinther, die äußerlich so reich gesegneten,
die an allen geistlichen Gaben Überfluß hatten, voller
Selbstvertrauen und hochmütig geworden waren,
und das Ergebnis davon waren Trennungen und Unordnung
aller Art gewesen. Es gab bei ihnen vieles zu tadeln,
aber ich verweile heute nur bei den Trennungen. Sie waren
uneinig zum Guten und einig zum Bösen gewesen. Der
eine sagte, er sei des Paulus, der andere des Apollos, und
so war die Trennung in verschiedene Sekten da. Alsdann,
als ein schändliches Vergehen inmitten der Versammlung
vorkam, waren sie unempfindlich gegen die dadurch
verursachte Verunehrung des Namens Christi gewesen
und einig darin, es mit Stillschweigen zu übergehen.
Der Apostel hatte die Gelegenheit benutzt, um zu zeigen,
daß es eine Ordnung im Hause Gottes gibt, eine Ordnung,
die nicht angetastet werden darf. Wenn alle Kinder
Gottes dies in bezug auf die Kirche oder Versammlung
verstünden, wieviel mächtiger würde dann ihr Zeugnis
vor der Welt sein!
Nach dieser Ermahnung verlieren die Korinther ihr
Selbstvertrauen. Eine Gott gemäße Traurigkeit erfüllt
ihre Herzen und bringt sie zur Buße. Der Apostel zeigt
ihnen dann, daß e r kein Selbstvertrauen hatte, und läßt
68
sich seine eigenen Erfahrungen zu ihrer Belehrung dienen.
Er wußte, was traurig sein heißt; er kannte auch die Macht
Satans in der Welt. Und da nun die Korinther jetzt nicht
mehr aufgeblasen waren durch ihre Gaben, konnte er, der
Mann ohne Selbstvertrauen, ihnen die Tröstungen bringen,
die er selbst erfahren hatte.
Aber vergessen wir nicht, daß, wenn gewisse Gefahren
überwunden sind — und das war der Fall bei den Korinthern
— andere an ihre Stelle treten. Satan hält
sich niemals für geschlagen. Wenn es ihm nicht
gelungen ist, uns von einer Seite zu fassen, so greift er
uns von der anderen an, und wir müssen ihm von neuem
entgegentreten. Worin bestand denn jetzt die Gefahr für
die Korinther? Sie waren zu einer richtigen Würdigung
der göttlichen Gedanken über die Jucht gekommen; sie waren
auch, wie aus dem 7. Kapitel unseres Briefes hervorgeht,
sehr eifrig geworden, um das Böse in ihrer Mitte zu
richten; sie hatten also die Belehrungen des Apostels in
dieser Hinsicht befolgt. Die Stellung schien gewonnen, denn
jetzt waren sie einmütig im Guten, einmütig darin, gegen
den Bösen Jucht auözuüben. Sie hatten ihn vorgeladen
und aus ihrer Mitte hinausgetan. Aber anstatt sie dafür
zu loben, daß sie ihre Pflicht getan hatten, schreibt der
Apostel ihnen: Es genügt nicht, imGericht einig zu sein;
ihr müßt auch in der Betätigung der Liebe einig
sein. (V. 8.) Gott wollte nicht, daß sie bei der Jucht stehen
blieben. Mit dem Ausschluß allein ist es nicht getan. Freilich
hatten die Korinther den Bösen aus ihrer Mitte entfernt,
aber der Apostel hatte erfahren, daß dieser Mann
durch Traurigkeit geradezu verschlungen wurde (V. 7),
und die Versammlung überließ ihn in diesem Zustande
64
sich selbst! Wo blieb da die Liebe? Der Apostel benutzt ihr
Verhalten, um ihnen zu zeigen, was sie einem gedemütig-
ten und bußfertigen Menschen gegenüber zu tun hatten.
Vor allem aber beschäftigt er sich mit ihnen selbst. Er hatte
ihnen seinen ersten Brief „aus vieler Drangsal und Herzensangst"
geschrieben, mit vielen Tränen, „nicht", wie
er sich ausdrückt, „auf daß ihr traurig gemacht werden solltet,
sondern auf daß ihr die Liebe erkennen möchtet, die ich
überschwenglicher zu euch habe". Die Ursache dieser Tränen
war ohne Zweifel zum Teil die Sünde, die in der seinem
Herzen so teuren Versammlung zu Korinth geschehen war.
Der Apostel hatte bereits den Platz der Korinther eingenommen,
als sie noch nicht mit ihm zu weinen wußten.
Er weinte fürsie über den, der durch seine Verunehrung
des Herrn Schande auf Seinen Namen gebracht und Seine
Herrlichkeit inmitten Seiner Versammlung so getrübt
hatte. Aber er weinte auch überdie Korinther, und zwar,
wie wohl zu beachten ist, zu einer Zeit, wo sie durchaus
noch nicht weinten. Die Sorge um die Versammlungen lastete
beständig auf dem Apostel. Er fühlte tief die Her-
zenshärtigkeit, die die Korinther dem Bösen gegenüber unempfindlich
gemacht und den Namen Christi in ihrer Mitte
verunehrt hatte. Jetzt nun genügte es ihm nicht, sie bezüglich
der Zucht eins zu sehen; er wollte sie auch eins sehen
in der Liebe. So schreibt er ihnen: Wenn ich geweint habe,
so geschah es nicht, um euch traurig zu machen, sondern
auf daß ihr die Liebe erkennen möchtet, die ich überschwenglicher
zu euch habe. Sie sollten verstehen, daß es
ihm ein Schmerz gewesen war, sie zurechtweisen und ihnen
mit apostolischer Macht gegenübertreten zu müssen,
um über ihre Sünde mit ihnen zu reden in diesem so stren-
70
gen ersten Brief, den die Korinther am Ende für kalt und
herzlos hätten halten können. Der Gedanke, ihre Herzen
möchten vielleicht verletzt worden sein, ließ ihm keinen Augenblick
Ruhe. Er wollte wissen, welche Wirkung sein Brief
auf sie gehabt hatte. Würden sie sich dagegen auflehnen,
oder würden sie die Zurechtweisung annehmen? Fast hätte
Paulus bereut, diesen ersten Brief, inspiriert, wie er war,
geschrieben zu haben. (Vergl. Kap. 7, 8.)
Welch ein rührender Beweis von der Liebe, die das
Herz dieses Mannes erfüllte! Zu besorgt, um ihre eigene
Antwort auf seinen Brief abzuwarten, sendet er ihnen Titus,
damit er ihm über ihren Zustand Bericht erstatte. Inzwischen
weilt er selbst in Troas, wo das Evangelium
eine geöffnete Tür gefunden hat, aber für sein Herz gibt
es eine Sache, die ihm zur Zeit noch wichtiger ist als selbst
dieses ihm von Gott anvertraute Werk. Er verläßt es,
reist Titus nach Mazedonien entgegen und hat keine Ruhe,
bis er ihn gefunden hat.
Dieses Verhalten des Apostels ist in der Tat herzergreifend.
Es gibt nichts Gesegneteres und Glücklicheres
für Diener des Herrn als die Verkündigung des Evangeliums.
Welch eine Freude ist es, zu sehen, wie es die Gewissen
erfaßt und dem Herrn durch die Bekehrung Seelen
zuführt! Ein wunderbares Werk, an dem wir teilnehmen
dürfen! Trotzdem war zu jenem Zeitpunkt eine Sache dem
Apostel noch wichtiger als selbst die dem Evangelium geöffnete
Tür. Er verlangte nach einer wahren Wiederherstellung
seiner geliebten Kinder im Glauben, nach einer
Versammlung, die in echter Buße und aufrichtigem Selbstgericht
wieder einen Weg einschlug, auf dem der Herr verherrlicht
werden konnte. Das war es, was sein Herz er-
71
füllte. Es war seine Freude, daß die Brüder der Versammlung
von Korinth in Treue und Demut, jedes Selbstvertrauens
bar, bereit, das Böse zu richten, bereit auch,
dem bußfertigen Sünder zu verzeihen, miteinander wandeln
möchten. Eigenartig ist seine Ausdrucksweise: „Wenn
jemand traurig gemacht hat". (V. 5.) Dieser Mann
war noch nicht wiederhergestellt. Der Apostel nennt ihn
daher nicht „Bruder", nennt ihn selbst nicht einmal bei
Namen. Er sagt: „jemand". Wir können hieraus «ine
nützliche Lehre ziehen für das Verhalten der Versammlung
den Ausgeschlossenen gegenüber.
„Wenn jemand traurig gemacht hat, so hat er nicht
mich traurig gemacht, sondern in gewissem Maße . . .
euch alle." In seinem ersten Brief hatte er sie beschweren
müssen; jetzt, da er sie betrübt sieht, verzichtet er darauf,
ihnen in Strenge zu schreiben. Es gab noch vieles bei ihnen
zu tadeln, wie wir später sehen werden, und er hätte das
gleich zu Anfang seines Briefes tun können, aber er wollte
sie nicht noch mehr beschweren, so daß sie ganz am Boden
lagen. Hier können wir lernen, wie wir unS gegen unsere
Brüder verhalten sollten, wenn wir genötigt gewesen sind,
sie zurechtzuweisen. Kommt es nicht vor, daß wir solche
noch härter anfassen, wenn wir sehen, daß die Zurechtweisung
nicht ganz die Wirkung hervorgebracht hat, die
wir erwartet hatten, und daß wir so die Last noch drük-
kender machen, unter der sie ohnehin schon am Boden
liegen? Der Apostel handelte nicht so. Sobald er die Korinther
nur in gewissem Maße wiederhergestellt sah, fügte
er ihrer Last nichts weiter hinzu. Er sagt: Was ich im
Auge habe, ist Friede und Liebe; und so veranlaßt er sie,
einem solchen Menschen zu verzeihen und ihn zu trösten.
72
damit er nicht durch übermäßige Traurigkeit verschlungen
werde. Nachdem ihr Buße getan habt, schreibt er ihnen
gleichsam, könntet ihr jetzt durch meinen Dienst erfreut,
getröstet und gestärkt werden. Und ihr laßt diesen
Mann, bei dem sich wahre Reue gezeigt hat, einem Übermaß
an Traurigkeit anheimfallen! (V. 7. 8.) Zn der Ausübung
der Jucht waren sie gehorsam gewesen. Jetzt aber
handelte es sich darum, daß sie auch gehorsam waren im
Vergeben. Der Apostel wünschte zu wissen, ob sie „in
allem gehorsam" sein würden. (V. d.) Der Unterschied
zwischen diesen beiden Briefen ist in der Tat auffallend.
Handelte es sich darum, das Böse zu richten, so hatte der
Apostel im ersten Brief entschieden, den Mann dem Satan
zu überliefern. Im zweiten Brief dagegen beeilt er
sich, im Namen Christi zu vergeben. Statt sein Urteil zu
bestätigen, bewilligt er Verzeihung, auf daß sie dem Sünder
in der Kraft und Autorität Christi zuteil werde. Nachdem
dies geschehen war, konnte der Feind in seinen Plänen
keinen Erfolg mehr haben. (V. 11.) Satan hätte sicherlich
gern eine neue Uneinigkeit verursacht und eine Trennung
zwischen der Versammlung und dem Apostel hervorgerufen,
derart, daß s i e einmütig im Richten und der
Apostel ganz allein zum Vergeben bereit gewesen wäre.
Wenn der Feind unserer Seelen uns daran hindern kann,
einmütig und eines Sinnes miteinander zu wandeln, so
können wir gewiß sein, daß er in dieser Hinsicht nichts
unversucht lassen wird.
Der Apostel schließt (V. 14) seine Ausführungen über
diesen Gegenstand sinngemäß mit den Worten: Ich habe
freilich das Werk in Troas aus Liebe zu euch verlassen,
aber ich kann mich in bezug darauf der Gnade Christi
73
befehlen *): „Er führt mich allezeit im Triumphzug umher
in Christo". Kaiser oder Feldherren, die siegreich
gewesen waren und Völker unterworfen hatten, pflegten
Triumphzüge zu veranstalten. Der Prunkwagen des
Betreffenden wurde von Menschen begleitet, die Weihrauchfässer
trugen. Der Weihrauch wallte um den Sieger
empor. Unter den Gefangenen, die er mit sich führte, waren
solche, die zum Tode bestimmt waren, während andere
begnadigt wurden. Diesen Brauch benutzt der Apostel als
Bild. Nachdem Christus den Sieg am Kreuz davongetragen
hatte, befand Paulus sich gleichsam in Seinem Triumphzug
als Räucherfaßträger. (V. 14.) Der Wohlgeruch,
der Duft der Erkenntnis Christi durch das Evangelium,
stieg um Ihn, den großen Sieger, empor, um die Größe
Seines Werkes zu künden.
*) Lr hat die Arbeit in Troas nach seinem zweiten Besuch
in Rorinth wieder ausgenommen. (Vergl. Axstgsch. 20, 2—6.)
Dann heißt es weiter: „Wir sind Gott ein Wohlgeruch
Christi". Hier stellt der Apostel sich selbst als
einen Wohlgeruch Christi dar, der vor Gott emporsteigt.
Verfolgt, dem Tode geweiht, gedemütigt, ohne
jedes Selbstvertrauen, ein Mensch, der beständig des Trostes
bedurfte, war er ein Wohlgeruch Christi. Man konnte
in dem Verhalten dieses Mannes, der seinem Herrn nachfolgte,
sehen, was dieser jetzt triumphierende und siegreiche
Herr einst hienieden gewesen war. Liebe Freunde,
da möchte ich fragen: Sind wir auch in den Augen Gottes
ein Wohlgeruch Christi, oder lassen wir den üblen Geruch
der Welt und ihrer Begehrlichkeiten zu Ihm emporsteigen?
Eine ernste Gewissensfrage! Paulus konnte sagen:
„Wir sind Gott ein Wohlgeruch Christi". Gott
74
schätzte diesen Wohlgeruch, und es war Sein Wunsch, daß
er sich ausbreitete zur Verherrlichung Seines Sohnes. Er
war ein Geruch zum Leben für alle, welche glaubten, denn
Christi Sieg bringt ihnen die Befreiung, aber er war ein
Geruch zum Tode für die, welche die Gnade zurückwiesen,
denn für sie bedeutete er das Todesurteil. Die Menschen
begleiten heute gleichsam auch den Triumphzug
Christi, sie mögen wollen oder nicht. Aber ihr Schicksal
wird entschieden durch das Verhalten, das sie dem Evangelium
gegenüber einnehmen. Es ist Leben für sie, wenn
sie die gute Botschaft annehmen, aber Tod, wenn sie sie
abweisen. Besonders ernst steht es in dieser Hinsicht um
die, welche in den christlichen Ländern leben, wo jedermann
mit dem Evangelium bekannt ist. Unendlich groß
ist da die Verantwortung aller derer, die den Heiland
noch nicht zum Leben angenommen haben.
Eine schöne Darstellung von der Gesamttätigkeit des
Apostels bringt der t7. Vers. Es war eine Tätigkeit „als
aus Gott" in dieser Welt, eine Tätigkeit „v o r Gott",
die in Lauterkeit ohne Trug geschah. Der Apostel „redete
i n Christo". All sein Begehren ging dahin, für Gott zu
arbeiten mit lauterem und vor Gott zu arbeiten mit aufrichtigem
Herzen, sowie i n Christo zu arbeiten, dergestalt,
daß er im praktischen Leben nicht mehr von Ihm getrennt
war als in seinen Gedanken.
Gott gebe uns, daß wir den Sieg Christi, den Wert
Seines Werkes und Seiner Person in Wahrheit zu schätzen
wissen, damit wir dann auch mit Paulus sagen können:
„Als aus Gott, vor Gott, reden wir in Christo".
75
„Sie Zeit erkennend"
Naaman, der Syrer, war nach dem eigenen Wort des
Herrn Jesus ein Zeugnis von der Gnade Gottes, die nicht
halt machte an den Grenzen Israels. (Luk. 4, 27.) Die
Erzählung von der Heilung dieses aussätzigen Großen ist
ein schönes Beispiel davon, wie Gott, wenn Er Seine Güte
erweisen will, Vorsorge trifft, um zur rechten Zeit und
an der rechten Stelle die Zeugen zu haben, die Er zur
Durchführung Seiner Gnadenabsichten zu benutzen gedenkt.
Im Falle des Naaman bedient Er sich einer kleinen
Kriegsgefangenen, die dem Weibe des Naaman Sklavendienste
tat. Voll Mitgefühl bezüglich des Leidens ihres
Herrn sagt sie zu ihrer Herrin: „Ach, wäre doch mein Herr
vor dem Propheten, der zu Samaria wohnt.' dann würde
er ihn von seinem Aussatz heilen". (2. Kön. 5, 3.) Zweierlei
zeichnet diese junge Gefangene aus: Mitgefühl und
Glaube. Sie hat Mitgefühl mit dem Mann, der ihr
das Los einer Sklavin bereitet hat, und sie glaubt mit völliger
Überzeugung, daß ein Prophet Iehovas in Israel
ist. Wenn auch als Gefangene in fremdem Lande,
dazu in niedrigster Stellung, gibt sie doch von der Größe
der Gnade und Macht des Gottes Israels Zeugnis, und
mit voller Sicherheit bekundet sie: Er, Gottes Prophet,
„wird ihn von seinem Aussatz heile n". Dieses
kraftvolle, gottgewirkte Zeugnis aus einfältigem, jugendlichem
Munde verfehlt seine Wirkung nicht. Während der
König Israels gänzlich versagt (lies V. 7), kann Gott
die kleine Gefangene benutzen, um dem gewaltigen
Syrer zu sagen, daß die Macht und Gnade Gottes für je
76
den vorhanden ist, der sich aufmacht, sie zu suchen. Den
weiteren Verlauf der Begebenheit kennen wir.
Dann ändert sich das Bild. Der letzte Abschnitt von
2. Kön. 5 berichtet von einer Person, deren Gesinnung derjenigen
der jugendlichen Sklavin völlig entgegengesetzt ist.
Gehasi, der Diener des Propheten Elisa, steht vor uns.
Dieser Mensch lebte in der unmittelbaren Umgebung des
MannesGottes,woer doch genug Gelegenheit fand,
die Wirkungen der Gegenwart Gottes kennen zu lernen.
Er war Zeuge gewesen von dem Verhalten des Propheten
dem geheilten Naaman gegenüber, als dieser ob seiner
wunderbaren Heilung überströmend glückliche Mensch in
seiner Unkenntnis den Mann Gottes durch eine Belohnung
zu ehren begehrte. (Vergl. V. 76 u. 20.) Schon das Verhalten
des Propheten bei derAnkunft des mit Schätzen
reich beladenen Naaman (V. 70) hätte dem Diene«
des Propheten zeigen sollen, welche Haltung sich für
jedermann geziemte, der in Beziehung stand zu dem Gott,
dessen Hilfe zu suchen Naaman gekommen war. Noch
deutlicher aber redete in dieser Hinsicht die Schlußverhandlung
Elisas mit Naaman. Naaman, von seinem Leiden
befreit, wollte fortan nur noch dem wahren Gott opfern;
er erkannte Ihn allein an. Daß er aus Menschen-
furcht ein Zugeständnis an Götzen machen wollte (vergl.
V. 78), hebt die Tatsache nicht aus, daß er für seine Person
nur den Gott Israels als wahren Gott anerkannte.
Und der Prophet, der die Verbindung darstellte zwischen
dem Gott der Gnade und dem hilfsbedürftigen Aussätzigen,
zeigte dem Geheilten die völlige Freiheit der
Gnade dadurch, daß er ihm selbst für den Fall keine
Bindungen auferlegte, daß er um seines irdischen Herrn
77
willen, gegen seine bessere Überzeugung, den Gott der
Syrer scheinbar noch anerkennen würde. „Geh hin in Frieden!"
lautete seine Antwort. Die freie Gnadenerweisung
Gottes gegen Naaman sollte nicht in ihrer Größe und
Unumschränktheit dadurch gemindert werden, daß ihm eine
Forderung auferlegt wurde, die geeignet sein konnte, die
zarten Keime des Verständnisses Naamans über den wunderbaren
Gott Israels zu ersticken.
Nun tritt Gehasi auf. Bar jeden Verständnisses für
daö Wesen und den Charakter Gottes, verlangt er gierig
nach den Schätzen des geheilten Naaman. Er begreift nicht,
er kann es nicht fassen, daß dieser die mitgebrachten Gaben
wieder nach Syrien mitnehmen soll, zumal Naaman
doch so gern und bereitwillig davon abgeben will. Gibt
es keine Gelegenheit, von diesem Reichtum einen Teil an
sich zu bringen? Ja, er wird sie schon schaffen. Hat Elisa
nichts von Naaman genommen, dann will er es tun,
wenn er damit auch gegen den Willen seines Herrn handelt;
wenn er auch, um zum Ziele zu kommen, den Namen
seines Herrn mißbrauchen muß (B. 22), ja, wenn
er dadurch selbst die E h r e G o t t e s und Seines Propheten
antastet und vielleicht die Ursache wird, daß die Gefühle
Naamans für den großen Gott Israels erkalten oder
gar völlig zum Erliegen kommen.
Mit einer gut ausgedachten Lüge fordert er von Naaman
im Namen seines Herrn, des Mannes
Gottes, was sein Herz begehrt, und der geheilte Mann
gibt freudig noch über das Geforderte hinaus. (V. 23.)
Nachdem die erschlichenen Schätze im Hause untergebracht
sind, tritt der untreue Knecht, als sei nichts geschehen, mit
einer weiteren Lüge vor seinen Herrn. Aber er hat nicht
78
damit gerechnet, daß er vor dem Mann Gottes steht.
Er muß erfahren, daß sein Herr ihn auf seinem Wege beobachtet,
ja, mehr noch, daß Elisa von allem Kenntnis hat,
was sein Herz begehrte: Silber, Kleider, Olivenbäume,
Weinberge usw.. Völlig überführt, steht er vor dem Manne
Gottes, der den Aussätzigen in Gnaden heilen konnte, der
jetzt aber über ihn ein furchtbares Gericht bringt.
„Äst es Zeit, Silber zu nehmen und Kleider zu
nehmen . . .?" lautet Elisas Frage an Gehasi. Ihm schien
die Zeit günstig zum Erraffen. Aber war er zu diesem
Zweck im Dienste des Propheten? War die Lage des Volkes
Gottes nicht derart, daß es wahrlich anderes zu tun gab?
Wie war es möglich, um der Erfüllung eigener Begierden
willen Gottes Ehre aufs Spiel zu setzen? Nein, Gehasi
hat aus Gottes Wundertun nichts gelernt.
„Bringe dein Herz her zur Unterweisung!"
(Spr. 23, 72.) Darauf kommt es an; davon hängt alles
ab. Der Aufenthalt in der Umgebung des Mannes
Gottes hinderte Gehasi nicht, hemmungslos den Trieben
seines Herzens zu folgen. Ach, er ist nicht der einzige in
den Blättern der Schrift genannte Mensch, in dessen Tun
wir einen Spiegel sehen von dem, dessen wir selbst bei der
Arglist unserer Herzen fähig sind. „Einer der Zwölfe", von
denen der Herr sagte: „Habe ich nicht euch, die Zwölfe,
auserwählt?" wurde zum Verräter an Jesu. Die Worte
aus Jesu Mund und der mehrjährige Aufenthalt in Seiner
Nähe waren kein Hemmnis für Judas, um des Geldes
willen seinen gütigen Herrn zu verraten. Das Gewissen
war längst zum Schweigen gebracht; die Geldliebe hatte
es still gemacht. Dann hält nichts mehr zurück. Alles wird
dem Begehren des sündigen Herzens geopfert.
— 7Y
Bei Esau finden wir den gleichen Zug, wenn auch
auf anderem Gebiet. Für eine Speise gab er sein Erstgeburtsrecht
hin: „Und er aß und trank und stand auf
und ging davon", (1. Mose 25, 34.) Er hatte seine
Lust gestillt. Was Gott über sein Tun dachte, galt ihm
nichts, und für Buße war kein Raum bei ihm.
Das Urteil der Schrift über beide Männer ist überaus
ernst. Aus der Familie des Glaubens hervorgehend,
wird Esau durch sein Tun der verworfene „Ungöttliche".
Als einer der Zwölfe, vonJesuselbftaus-
erwählt, endet Judas als der „Sohn des Verderbens".
„Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur
Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung
in der Gerechtigkeit . . ." (2. Tim. 3, 16.) Auch
die beiden genannten so ernsten Beispiele haben uns etwas
zu sagen. Es gab und gibt in jedem Zeitalter Menschen, die
sich, ihren Willen, sowie die Befriedigung ihrer
Begierden allem anderen voranstellen, selbst wenn darüber
der Friede des eigenen Herzens, des eigenen Hauses,
ja, selbst der Friede in der Versammlung der Gläubigen
zu Grunde geht, wenn die Ehre des heiligen Namens
Jesu geschädigt und das Zeugnis der Seinen öffentlich
herabgewürdigt wird. Die Geldgier des Judas und
die fleischliche Gier Esaus sind eins in ihrem Wesen und
eins in ihrer Wirkung: Nicht wieder gutzumachender Schade,
Trümmer und Weh kennzeichnen ihren Weg. Dieser
Weg endet im Verderben. Es ist der Weg des Todes, dessentwegen
„der Zorn Gottes kommt über die Söhne des
Ungehorsams". Das Ende dieses Weges wird auch nicht
dadurch verändert, daß Menschen darauf gehen, die ein
80
schönes Bekenntnis im Munde führen, in der Schrift bewandert
sind, sich unter den Kindern Gottes bewegen und
vielleicht gar andere belehren können. Die Vorzügedes
Menschen mehren seine Verantwortlichkeit, sie
sind aber kein Beweis dafür, daß der Besitzer ein Kind
Gottes und ein Erbe des Himmels ist. Die Schrift lehrt,
und die Erfahrung bestätigt es, daß natürliche Gaben und
Vorzüge und der Herzenszustand zwei sehr verschiedene
Dinge sind, und wir tun gut, uns von dein Herrn „geübte
Sinne" zu erbitten, um diese Dinge sowohl bei uns
selbst, als auch da, wo sie uns sonst begegnen, unterscheiden
zu können.
Es war von jeher das sicherste Kennzeichen vorhandenen
Verfalls, daß Dinge und Zustände gewertet wurden
ohne Anwendung des göttlichen Wertmessers, des „Se-
kels des Heiligtums". Wenn die Schrift den Gläubigen
zuruft: „Niemand betrüge sich selbst", so geht daraus
hervor, daß die Neigung zum Selbstbetrug vorhanden
ist. Außer dem Einzigen, d e m Menschen Gottes, unserem
Herrn Jesus Christus, gab und gibt es keinen Menschen,
der nicht irrend fehlginge, weil jeder außer Ihmin Gefahr
ist, die Herzensverbindung mit Gott zeitweilig einzubüßen
und dadurch das rechte Augenmaß zu verlieren. Falsches
Augenmaß läßt aber richtige Beurteilung nicht zu. Somit
besteht die Möglichkeit, daß selbst von solchen, die „Auserwählte
Gottes, Heilige und Geliebte" genannt werden,
Dinge entschuldigt oder wenigstens für unbedeutend gehalten
werden, die, nach göttlichem Maßstab gemessen,
als Anzeichen weitgehender Zersetzung gelten müssen.
„Bewahre mich, Gott, denn ich traue auf Dich."
(Ps. 1b, 1.) Das ist das Gebet des wahrhaft abhängigen
81
Menschen Gottes. Auf diesem Boden besteht Sicherheit für
jeden Gläubigen. Auf ihm haben Selbstvertrauen, Starksein,
Hochmut und ähnliche Dinge keinen Platz. Aber die
durch Gottes starke Hand verbürgte Sicherheit ist des -
s e n Teil, der mit diesem Gebet und in diesem Vertrauen
Gott naht. Der Kraftlose und Schwache kann sich stützen
auf die Macht Gottes. Sie ist für ihn da, während der
Starke keine Stütze hat; er bedarf ja keine.
„Die Stunde ist da, daß wir aus dem Schlaf aufwachen
sollen." (Röm. 13, 11.) „Wache auf, der du
schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus
wird dir leuchten!" (Eph. 5, 14.)
Vielleicht erregt es unsere Verwunderung, daß der
Geist Gottes solche Worte richtet an die „Geliebten Gottes
und berufenen Heiligen" (Röm. 1, 7), an die „Heiligen
und Treuen in Christo Jesu". (Eph. 1,1.) Aber warum
verwundern wir uns darüber? Sollte der Grund nicht der
sein, daß wir uns selbst zu wenig kennen, daß wir nicht
zu denen gehören, „die sich beständig fürchten" (Spr. 28,
14)? Wer sich kennt, weiß, wessen das trotzige und arglistige
Menschenherz fähig ist. Nur völlige Unkenntnis betreffs
des eigenen Zustandes konnte die Versammlung
in Laodicäa sprechen lassen: „Ich bin reich und bin reich geworden
und bedarf nichts..." — in unmittelbarem Gegensatz
zu dem: „Bewahre mich, Gott,..." des ab -
hängigen Menschen Gottes.
„Laßt uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zu dem
Thron der Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit
empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen
Hilfe." (Hebr. 4, 1b.) Hier ist der Weg gezeigt, der
jederzeit der Lage entspricht. Es ist der Weg für den ein
82
zelnen wie für uns alle als gemeinsames Zeugnis. Es ist
der Weg der Beugung, der Demütigung, den die Männer
Gottes gingen, denen die Ehre Gottes und das Wohl
des Volkes Gottes am Herzen lagen. Moses, Samuel, David
und Daniel beschritten diesen Weg, und Gott bekannte
sich zu ihnen. Er sagt: „Ich wohne in der Höhe und im
Heiligtum und bei dem, der zerschlagenen und gebeugten
Geistes ist". (Jes. 57, 75.) Für Gott ist kein Zustand
zuarmselig, wenn er vor Ihn gebracht wird im Geiste
der Demut. Auf das offene Bekenntnis des nach
menschlichem Urteil Verworfensten hört Er, und Er nimmt
Kenntnis von jeder Regung eines bußfertigen Herzens.
Von allen Vorrechten, die Gott dem Menschen auf dem
Wege durch diese Welt geschenkt hat, gibt es wohl keins,
das mehr verkannt und mißachtet wird als das, beken -
nen zu dürfen. Das gilt nicht nur für den Unbekehrten,
sondern auch für das Kind Gottes. Es ist sein Teil und
Vorrecht, mit Bekenntnis vor Gott zu treten. „Wer
die Wahrheit tut, kommt zu dem Lichte." Gottes Licht,
Seine heilige Nähe suchen ist der ordnungsmäßige Zustand
derer, die „Söhne des Lichts" genannt werden. Wer das
Licht scheut, hat Grund dazu. Der Grund mag schlimm
genug sein, schlimmer aber ist es, wenn man die Finsternis
dem Licht vorzieht und in der Finsternis bleibt. Sünde
wird in der Finsternis nicht besser. Im Licht wird sie aber
in ihrem gottwidrigen Charakter erkannt und verurteilt,
und „wer die Wahrheit tut, kommt zu dem Lichte".
„Jeder, der diese Hoffnung (Jesum zu sehen) zu
Ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist." (7. Joh.
Z, Z.) Der untreue Knecht aber denkt: „Mein Herr verzieht
zu kommen", und handelt demgemäß. (Lies Luk. 72, 45.)
83
Wer Jesum erwartet, reinigt sich. Daraus ergibt sich: Nicht
große Kraftentfaltung in dieser Welt, sondern Reinigung
ist das Erfordernis für jeden, der Jesum erwartet. „Laßt
uns deshalb uns selbst reinigen von jeder Befleckung
des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden
in der Furcht Gottes." (2. Kor. 7, 7.)
Kragen aus dem Leserkreise
Rann man annehmen, daß der Herr Jesus in den drei Stunden
der Finsternis am Rreuz von Seinem Gott und Vater verlassen
war, oder nur von Gott in der Person als Richter?
Line bestimmte Antwort auf diese Frage zu erteilen, dürfte
wohl niemand imstande sein, denn hier stehen wir vor einem Geheimnis,
dem Geheimnis der Person unseres Herrn und Heilandes
Jesus Thristus, das nach dem Wort Les Apostels an Timotheus
„anerkannt groß" ist. (s. Tim. 5, s6.) Der Herr selbst
sagt betreffs Seiner Person: „Niemand erkennt den Sohn als
nur der Vater". (Matth, s s, 27.) Wir tun deshalb gut, in solchen
Fragen nicht weiter zu gehen als das Wort.
Das Wort bezeugt uns klar und unzweideutig, daß unser
anbetungswürdiger Herr in jenen drei furchtbaren Stunden der
Finsternis von Gott verlassen war. Lr hat es ja selbst
in der Not Seiner Seele bekundet. (Matth. 27, 4:6; Mark. 3H.)
Nun wissen wir freilich aus anderen Stellen, daß ein Verhältnis
ganz besonderer Art zwischen dem Vater und dem Sohn bestand.
In Ioh. s, (8 lesen wir von Ihm als von dem „eingeborenen
Sohn, der in des Vaters Schoß i st", nicht „w a r". Auch
sagt der Herr am Schluß Seiner letzten Rede an die Jünger
(Ioh. s6) im Blick darauf, daß sie Ihn allein lassen würden:
„Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir". Lr „ist in
des Vaters Schoß", und der Vater „ist bei Ihm". Gb und in
welcher Weise nun dieses immer bestehende Verhältnis zwischen
Vater und Sohn in den Stunden des verlassenseins am Rreuz berührt
worden ist — wer könnte es sagen? Die Schrift schweigt
darüber. Nur der Vater „e r k e n n t den Sohn". W i r sehen Ihn
in jenen drei Stunden als den von Gott verlassenen, über dessen
Lippen in dieser ganzen Zeit kein anderes Wort kam als der
erschütternde Ruf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Dir mich
verlassen?"
84
„Nur auf Gott vertraut still meine Seele,
von Ihm kommt meine Rettung"
(Psalm 62, 4.)
Bei einer Reise in Baden, schreibt ein Leser des „Botschafter",
fiel mir irgendwo ein Lmigranten-Buch in die Hände,
in dem auch von den vertriebenen evangelischen Salzburgern die
Rede war. Was haben diese lieben Leute nicht alles erdulden müssen!
Wie bequem haben wir es heutzutage dagegen! Beifolgendes
Gedicht habe ich abgeschrieben, das einer dieser armen vertrie ­
benen beim Auszuge aus seiner Heimat verfaßt hat.
Ich bin ein armer Lrulant,
Also thu ich mich schreiben.
Rian thut mich aus dem Vaterland
Um Gottes Wort vertreiben.
Dies weiß ich wohl, Herr Jesu mein,
Ls ist Dir auch so gangen,
Jetzt will ich Dein Nachfolger sein,
Herr, mach's nach Dein'm verlangen.
Lin Pilgrim bin ich halt nunmehr,
Muß reisen fremde Straßen.
Das bitt' ich Dich, mein Gott und Herr,
Du wollst mich nicht verlassen.
So muß ich heut von meinem Haus,
Die U i n d l e i n muß ich lassen —
Mein Gott, es treibt mir Zähren aus,
Zu wandern fremde Straßen.
Mein Gott, führ' mich in eine Stadt,
Wo ich Dein Wort kann haben,
Darin will ich mich früh und spat
In meinem Herzen laben.
Joseph Schaitberger,
vertriebener Salzburger
s733.
Sie Seligpreisungen
in.
„Glückselig, die nach der Gerechtigkeit
hungern und dürsten."
Zn der vierten Seligpreisung redet der Herr von
solchen, „die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten".
Ihnen, die, wie der Lech nach Speise und Trank verlangt,
nach der Gerechtigkeit verlangen, wird Sättigung verheißen.
Eine der Charaktereigenschaften Gottes, die in der
Heiligen Schrift ganz besonders hervorgehoben wird, ist die
Gerechtigkeit. Handelt es sich um Seine Worte, Urteile,
Wege und Handlungen, immer wieder finden wir die Gerechtigkeit
als kennzeichnendes Merkmal. (Vergl. Jes. 45,
49; Ps. 98, 9; 445, 47; Dan. 9, 44 und viele andere
Stellen.) Zeigt sich nun bei einem Menschen ein wahres
Begehren nach dieser Gerechtigkeit, sowie ein Wandeln
darin, so beweist er dadurch, daß er aus Gott geboren ist.
So schreibt Johannes in seinem ersten Brief: „Wenn ihr
wisset, daß Er gerecht ist, so erkennet, daß jeder, der die
Gerechtigkeit tut, aus Ihm geboren ist", und als die
Kehrseite davon: „Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist
nicht aus Gott". (Kap. 2, 29; Z, 40.)
Daß es sich in diesen und anderen Stellen nicht um
die Gerechtigkeit von Mensch zu Mensch handelt, braucht
wohl kaum betont zu werden. Jeder ehrbare Mensch achtet
die Rechte seines Mitmenschen und ist empört, wenn
UXXXll 4
8b
diesem Unrecht geschieht. Dabei findet sich aber möglicherweise
keine Spur von göttlichem Leben in ihm. Mancher
kämpft erbittert und vielleicht ein ganzes Leben lang um die
Rechte seiner Mitmenschen, ohne im geringsten um die
Rechte Gottes und Seine Ehre besorgt zu sein. Daß der
Menschzu seinem Recht kommt, gilt ihm alles. Ob aber
Gott zu Seinem Recht kommt, oder ob die Worte und
Handlungen der Menschen nach Gottes Willen sind,
ist ihm gleichgültig. Darin besteht ja gerade die Ungerechtigkeit
der Welt, daß sie Gott in allem, was sie unternimmt,
völlig ausschließt. Demgegenüber kommt es dem
Menschen, bei dem sich die Gerechtigkeit als Frucht des
göttlichen Lebens offenbart, in erster Linie darauf an, den
Willen Gottes zu erkennen und zu tun. Ganz naturgemäß
wird eine Folge des Wunsches, nach Gottes Willen zu handeln,
das Bestreben sein, auch den Mitmenschen gerecht zu
werden, auch ihre Rechte zu berücksichtigen, wenigstens insoweit,
als sie nicht Dinge fordern, die dem Wort und Willen
Gottes entgegengesetzt sind. So hat zum Beispiel ein
gläubiger Sohn stets die Rechte seines Vaters über sich anzuerkennen
und ist verpflichtet, dessen Anordnungen rind
Wünschen zu folgen. Verlangt aber der Vater etwas von
ihm, was dem klaren, in Seinem Wort geoffenbarten Willen
Gottes zuwider ist, so wäre es nicht recht, und es wäre
auch kein wahrer Gehorsam, wenn der gläubige Sohn das
Verlangte ausführte. Für einen solchen Fall gilt das Wort:
„Man muß Gott mehr gehorchen als Menschen".
Wie bei den zuletzt betrachteten Seligpreisungen, so
ist auch bei der vorliegenden der Herr Jesus als Mensch
auf Erden das Muster dieser Gerechtigkeit. Stets erblicken
wir sie bei Ihm in höchster Vollkommenheit, sowohl Gott
87
als Menschen gegenüber. Er hat fürwahr „alle Gerechtigkeit
erfüllt", was sich Gott gegenüber darin zeigte, daß
Er Gottes Willen in jeder Hinsicht aufs vollkommenste
erfüllte. Eigenwillen gab es für den Herrn nicht. Nie handelte
Er zu Seinem persönlichen Vorteil. Für Ihn kam nur
der Wille Gottes, Seines Vaters, kamen nur Gottes Rechte
in Betracht. Nichtsdestoweniger berücksichtigte Er aber
auch allezeit die Rechte, welche die Menschen an Ihn hatten,
nachdem Er einmal freiwillig aus Gnaden Seinen
Platz in ihrer Mitte eingenommen hatte. Obwohl Er „in
dem sein mußte, was Seines Vaters war", ging Er doch
„mit Seinen Eltern hinab nach Nazareth und war ihnen
untertan". Denen, die in der Zeit Seines öffentlichen Dienstes
auf Seine Hilfe Anspruch machten, kam Er mit den
Worten entgegen: „Dir geschehe, wie du willst!" oder:
„Sei sehend!" oder: „Gehe hin, dir geschehe, wie du geglaubt
hast!" Auf die Ihm vorgesprochene Eidesformel:
„Ich beschwöre dich bei dem lebendigen Gott", antwortete
Er mit einem: „Du hast es gesagt", obwohl Er wußte,
daß diese Entgegnung Seine Verurteilung bedeutete. Wurden
aber Ansprüche an Ihn gestellt, die dem Willen Gottes
nicht entsprachen, sie mochten kommen, woher sie wollten,
so gab Er ihnen nicht nach. Sogar Seiner Mutter sagte
Er in einem solchen Fall: „Was habe ich mit dir zu schaffen,
Weib? Meine Stunde ist noch nicht gekommen."
Weil der Herr sich während Seines Erdenlebens in
dieser Weise offenbarte, wird Er in der Schrift an manchen
Stellen „der Gerechte" genannt. Schon im 45. Psalm
wird prophetisch von Ihm gesagt: „Gerechtigkeit hast Du
geliebt und Gesetzlosigkeit gehaßt". In Zesaiaö 53 nennt
Jehova Ihn Seinen „gerechten Knecht". Er selbst
88
konnte Seine Gegner fragen: „Wer von euch überführt
mich einer Sünde?" und keiner wußte darauf etwas zu
erwidern. In bezug auf Ihn konnte Petrus denselben Leuten
den Vorwurf machen: „Ihr habt den Heiligen und
Gerechten verleugnet", und mahnend schrieb er später
den Gläubigen die rührenden Worte: „Es hat ja Christus
einmal für Sünden gelitten, der Gere ch t e für die
Ungerechten, auf daß Er uns zu Gott führe". (Vergl.
Apstgsch. 3, 14; 1. Petr. 3, 18.) Sogar der ungerechte
Pilatus mußte, obwohl er Jesum verurteilte, bezeugen:
„Ich bin schuldlos an dem Blute dieses Gerechten". Und
sein Weib warnte ihn mit der Botschaft: „Habe du nichts
zu schaffen mit jenem Gerechten!" (Matth. 27, 24. 19.)
Beachtenswert ist, daß die gleichen Leute, mit denen
wir uns in der vorigen Abhandlung befaßt haben, die,
welche Psalmisten und Propheten als „Sanftmütige" bezeichnen,
an denselben Stellen auch „Gerechte" genannt
werden. Nicht nur die „Sanftmütigen" werden das Land
besitzen, sondern auch die „Gerechten". (Vergl. Ps. 37,
9. 11 mit V. 29 und Jes. 60, 21.) Inmitten des Bösen
rings um sie her hungern sie nach Gerechtigkeit oder „jagen
ihr nach", wie Jesaias sich auödrückt. (Kap. 51,1.) Da sie
lauter und unanstößig wandeln, können sie mit gutem Gewissen
die Gerechtigkeit Gottes anrufen. An Ihn wenden
sie sich, damit Er in Seiner Gerechtigkeit für ihre gerechte
Sache eintrete. (Lies Psalm 17, der das treffend zeigt.)
Christus, der vollkommen Gerechte, macht sich eins mit
ihnen, so wie Er es später auf Erden tat, und wie Er es
im Geiste auch mit dem leidenden, aber aufrichtigen Überrest
in den letzten Tagen tun wird. Selbstverständlich sind
die in dem genannten 17. Psalm gemachten Aussprüche
8Y
(vor allem V. Z—5) uneingeschränkt nur auf Ihn anwendbar.
Doch kann bis zu einem gewissen Maße auch der gläubige
Überrest, sowie jedes Kind Gottes, das aufrichtig wandelt,
diese Sprache führen.
Wie oben angedeutet, besteht eine Verbindung zwischen
denen, die da „hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit",
und den „Sanftmütigen". Der eine Zustand
geht gleichsam aus dem anderen hervor; doch erblicken
wir in dem „Hungern nach der Gerechtigkeit" eine größere
Tätigkeit der Seele. War Sanftmut ein Sichbeugen
unter den Willen Gottes, ein Sichfreihalten von Erbitterung
dem Unrecht der Menschen gegenüber, so erblicken
wir in dem Hungern und Dürsten nach der Gerechtigkeit
neben dem herzlichen Begehren der Seele, den Willen Gottes
auf Erden geschehen zu sehen, das tiefe Verlangen, diesen
Willen selbst zu tun. Bei aller Rücksicht auf die Rechte
der Menschen wünscht man vor allem, daß Gott zu Seinem
Recht komme. Ein solcher Herzenszustand,den der Herr Seinen
Jüngern — dem damaligen Überrest — gegenüber hervorhebt,
ist in der Tat sehr begehrenswert. Für uns heute
kommt aber ein noch weit höherer Standpunkt in Frage.
Nachdem auf Grund des vollbrachten Erlösungswerkes die
Gläubigen in ein weit höherstehendes Verhältnis gebracht
worden sind, gelten auch viel höhere Gesichtspunkte für
ihr Verhalten. Da sie in Ihm, der auf Golgatha Gottes
Gerechtigkeit völlig befriedigt hat und infolgedessen jetzt
zu Seiner Rechten thront, Gottes Gerechtigkeit geworden
sind, so sind auch die Beweggründe, die sie veranlassen,
Gerechtigkeit zu üben, weit höhere. Mit Ihm gestorben,
der ihr Leben geworden ist, und deshalb freigemacht von
der Sklaverei der Sünde, sind sie „Sklaven der Gerechtig
— yo —
keit geworden". Schon aus diesem Grunde sollten sie ihre
„Glieder Gott zu Werkzeugen der Gerechtigkeit darstellen".
(Vergl. Röm. 6.)
Unter dem Gesetz wurde Gerechtigkeit gefordert.
Jetzt, nachdem die Gnade Gottes in Christo Jesu erschienen
ist, ist diese Gnade dazu da, uns zu unterweisen,
„gere ch t zu leben in dem jetzigen Zeitkauf". (Vergl. Titus
2, 11. 1.2.) Wie sollte deshalb bei uns erst recht ein
Hungern und Dürsten — stärker könnte ein Begehren
der Seele nicht ausgedrückt werden — nach Gerechtigkeit
vorhanden sein! Sollte es uns nicht über alles gehen,
Gottes Rechte über uns anzuerkennen und gehorsam nach
Seinem Willen zu forschen, um ihn dann zu tun? Welch
eine tiefe Wirkung auf unser ganzes Denken, Reden und
Tun würde die stete Frage an die eigene Seele ausüben:
Ist das, was du im Sinn hast, recht vor Gott? Hätten,
wir, seitdem wir uns auf dem Glaubenswege befinden,
unser ganzes Tun und Lassen mehr unter das Fragen nach
dem geoffenbarten Willen Gottes gestellt, ich glaube, manches
wäre unterblieben, an das wir heute beschämt zurückdenken
müssen. Gottlob, daß die Gnade uns auch jetzt noch
unterweist! Immer wieder stellt sie uns Christum vor Augen,
Ihn, dessen Speisees war, den Willen Seines Va­
ters zu tun.
Doch ich möchte noch einmal auf die Rechte zurückkommen,
die unsere Mitmenschen an uns haben. Da wir
überall in der Schrift Hinweise darauf finden, daß Gott
jene durchaus anerkennt, so liegt in unserer Anerkennung
derselben zugleich auch eine Unterwerfung unter Gottes
Willen und damit eine Anerkennung der Rechte Gottes an
uns. Eine sehr deutliche Bekundung des göttlichen Wil
— yr —
lens in dieser Hinsicht haben wir im Schuldopfer: Verschuldungen
an dem Nächsten werden angesehen, als ob sie
Gott selbst beträfen. Infolgedessen wurde Wiedergutmachung
dem Nächsten und Sühne
Gottgegenüber gefordert. (S. Z. Mose 5, 20—26.)
So sollte ein Kind Gottes mehr als alle übrigen Menschen
die Rechte seines Bruders oder seines Mitmenschen anerkennen
und sich entsprechend verhalten. Für ein Kind Gottes
sollte es kein Urteilen, keine Entscheidung geben ohne
die Frage: Tue ich meinem Bruder oder meinem Nächsten
auch recht damit? Wären unsere Gewissen allezeit wachsam
bezüglich dieser Dinge, so würde es unter Kindern Gottes
wohl kaum weder übles Nachreden, Ohrenbläserei oder
Verleumdung geben — und ach! wie finden sich gerade
diese bösen Dinge immer wieder! — noch würde es bei
Käufen und Verkäufen, bei Abschließen von Verträgen,
bei der Übernahme von Bürgschaften, bei Eingehen von
Verbindungen und Lösen derselben zu Entscheidungen kommen,
die das Licht scheuen. Welch eine Schande für den
Namen des Herrn, wenn Kinder dieser Welt auf die Kinder
Gottes Hinweisen und mit Recht sagen können: „So
machen es die Leute, die sich Heilige und Gerechte nennen!"
Auch das Messen mit zweierlei Maß bei der Beurteilung
von Zuständen und Personen, sowie das Ansehen der Person
würde unter Gläubigen nicht vorkommen, wenn sie sich
bei jeder Entscheidung im Lichte Gottes fragen würden:
Tue ich meinem Nächsten recht?
Weil der Herr „Gerechtigkeit liebt", weil „Seine
Augen auf die Gerechten gerichtet sind", weil „Er ihren
Weg kennt" und „sie liebt", ist es nicht zu verwundern,
92
wenn Er ein „Hungern und Dürsten nach der Gerechtigkeit"
völlig befriedigen will: „Sie werden gesättigt
werden". Sowohl im Alten wie im Neuen Testament findet
das Begehren nach Gerechtigkeit sowie deren praktische
Betätigung ihre Belohnung. In Psalm 17 folgt dem
Rufen: „Höre, Jehova, die Gerechtigkeit!" die von dem
Glauben erwartete Belohnung in den Worten schönster
Zuversicht: „Ich, ich werde Dein Angesicht schauen in Gerechtigkeit,
werde gesättigt werden, wenn ich erwache, mit
Deinem Bilde". (V. 1. 15.) Christus selbst empfing
diese Belohnung teilweise bereits in der Auferstehung: Er
ist jetzt in Gerechtigkeit vor Seinem Gott
und Vater. Voll und ganz wird sie Ihm aber erst in
Seinem Reiche zuteil werden, wenn Ihm alles übergeben
ist und Sein Haupt mit vielen Diademen geschmückt sein
wird. W i r werden diese Belohnung in ihrer ganzen Fülle
erhalten, wenn der Herr, der gerechte Richter, einem jeden,
der Seine Erscheinung liebhat, die Krone der Gerechtigkeit
aufs Haupt setzen wird. (Vergl. 2. Tim. 4, 8.)
Dann, wenn „die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem
Reiche ihres Vaters", werden wir „gesättigt", werden völlig
befriedigt sein. Nichtsdestoweniger löst aber auch heute
schon das Bewußtsein, Gerechtigkeit geübt zu haben, indem
man Gottes Willen zu tun suchte, ein Gefühl tiefer
Befriedigung aus. Wie köstlich ist das Empfinden, Gott
Wohlgefallen zu haben, wie wir von Henoch lesen!
Schließlich sei noch bemerkt, daß auch der treue Überrest
Israels, der inmitten des ihn umgebenden Bösen nach
Gerechtigkeit hungerte und in Gerechtigkeit lebte, gesättigt
werden wird. Natürlich wird er, da seine Segnungen i r -
bischer Art sind, auch auf der Erde gesegnet werden.
93
Dann wird er, dieser aus Gerechten gebildete Überrest,
„das Land besitzen", dann, wenn „die Gerechtigkeit herniederschauen
wird vom Himmel", und „die Gerechtigkeit
vor Ihm (Jehova) einhergehen und ihre Tritte zu Seinem
Wege machen wird". (Vergl. Ps. 37,29; 85, 11. 73.)
In jener Zeit werden die Gerechten nicht mehr von ungerechten
Bedrückern umgeben sein, sondern „Dein Volk,
sie alle werden Gerechte sein, werden das Land besitzen auf
ewig". (Jes. 60, 2k.) Dann, wenn ein König in Gerechtigkeit
regieren wird und die Fürsten nach Recht herrschen
werden, wird Jehova den Frieden zu ihren Aufsehern und
die Gerechtigkeit zu ihren Vögten setzen. (Jes. 32, k; 60,
17.) Ja, in jenen herrlichen Zeiten wird auch dieser Überrest
— die nach der Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden
— gesättigt werden, so wie nur Der zu sättigen
vermag, bei Dein allen Reichtums Fülle ist.
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
in.
Kapitel 3.
Bevor wir auf das dritte Kapitel eingehen, sei mir erlaubt,
nochmals kurz auf die in den zwei ersten Kapiteln
unseres Briefes enthaltenen Gedanken zurückzukommen.
Wie wir wissen, ist ein besonderer Gegenstand dieses Briefes
der Dienst, seine Ausübung, die ihm zufallende
Aufgabe, sowie die Eigenschaften, die unumgänglich notwendig
sind, um ein Diener Christi sein zu können. Auch
möchte ich noch einmal auf die weitgehende Bedeutung des
Dienstes Hinweisen, wie wir ihn in diesem Briefe finden.
44
Es ist nämlich hier nicht allein vom Apostelamt oder -dienst
die Rede, und auch nicht nur vom Dienst am Wort. Wir
alle haben irgend einen Dienst. Wenn wir auch nicht alle
den Dienst am Wort ausüben können, so hat doch der
Herr einem jeden von uns irgend einen Dienst anvertraut,
und oft genug hat der in den Augen der Menschen geringste
Dienst sehr großen Wert in den Augen Gottes. Später,
im 8. und 4. Kapitel, spricht sich der Apostel eingehend über
den Dienst der Hilfeleistung an den Heiligen aus, zeigt,
welche Gesinnung nötig ist, um ihn auszuüben, und gibt
seiner Freude Ausdruck, selbst daran teilnehmen zu dürfen.
Möchten wir doch von der Wichtigkeit dieser Tatsache recht
durchdrungen sein: Wenn wir auch keine Geisteögabe zum
Nutzen der Versammlung oder für die Welt empfangen
haben, so haben wir doch alle einen besonderen Dienst, dem
wir uns ebenso sorgfältig hingeben sollten, wie ein anderer
seinem öffentlichen Dienst. Wenn dieser letztere auch mehr
Ansehen in den Augen der Menschen genießt, so bietet er
anderseits auch mehr Gefahren für den, der ihn ausübt.
Aus der Betrachtung des ersten Kapitels geht klar
hervor, daß unser Dienst für den Herrn, wenn er in Selbstvertrauen
geschieht, deswegen wohl nicht ohne weiteres
null und nichtig ist, — dmn wer wäre unter uns, der nicht
in der Ausübung seines Dienstes sich fortschreitend und
eingehend selbst zu richten hätte? — sicherlich aber wird
er umso schwächer sein, jemehr Wichtigkeit wir uns in dieser
Hinsicht selbst beimessen. Wir erinnern uns der Ausdrücke,
die der größte der Apostel in bezug hierauf getan
hat: „Auf daß unser Vertrauen nicht auf uns selbst wäre";
oder: „Ich, der Allergeringste von allen Heiligen"; oder
schließlich: „Wenn ich auch nichts bin". Nur in dem Maße,
95
wie diese Wahrheit verwirklicht wird, ist der christliche
Dienst gesegnet. Der Apostel unterzog sich einem unerbittlichen
Selbstgericht, um seinen Brüdern zum Vorbild sein
und sie auf diesen: Wege ermuntern zu können.
Am Schluß des ersten Kapitels sahen wir noch, daß
der Gegenstand des Dienstes C h ristus ist. Aus diesem
Grunde ist es das Bemühen des Apostels, Christi Herrlichkeiten
hervorzuheben. Weiter zeigt er, daß es, um Christum
darzustellen, der Kraft bedarf, daß man dazu mit dem
Heiligen Geiste gesalbt und versiegelt sein muß. Wie armselig
ist es doch, den Seelen die Wahrheit Gottes als eine
Angelegenheit des Verstandes oder als ein Ergebnis unserer
Studien darzustellen! Wo bleibt dabei die Wirkung des
Wortes auf die Gewissen, da doch der Geist Gottes dessen
einzige Wirkungskraft ist?
Im zweiten Kapitel ist der Zweck des Dienstes nicht
nur, Christum darzustellen. Hier handelt es sich auch um
seine Ausübung in der Versammlung hinsichtlich der Jucht.
Doch sollte, wie wir hörten, die Jucht in Liebe geschehen.
Ohne Liebe ist sie nichts als eine gerichtliche Handlung, die
mit dem Geiste Gottes nichts gemein bat. Am Schluß des
Kapitels sahen wir dann den Dienst im Darstellen des Sieges
Christi vor den Menschen und im Darbringen des
Wohlgeruchs Christi vor Gott, Dingen, die uns sowohl
unsere eigene ernste Verantwortlichkeit vor Augen bringen,
als auch die Verantwortlichkeit aller derer, die unser Zeugnis
verwerfen.
Hiermit sind wir beim Z. Kapitel angelangt. Hier begegnen
wir einer neuen Betätigung des Dienstes. Es gilt
nicht nur, den Wohlgeruch Christi in der Welt zu verbrei-
96
teil, sondern auch, einen Brief Christi an sie zu
richten, der allen Menschen zur Kenntnis kommt und
von ihnen gelesen wird. Die Korinther waren zweifellos
der Empfehlungsbrief des Apostels, aber für Paulus war
dieser Brief durchaus gleichbedeutend mit dem Empfehlungsbrief
Christi. Paulus hatte keineswegs seinen Namen
den Korinthern ins Herz geschrieben, sondern einzig
und allein den Namen Jesus. Wieviele Diener Christi folgen
in dieser Hinsicht leider nicht dem Beispiel des
Apostels, sondern betrachten es als ihre Aufgabe, eines
Menschen Namen oder den Namen der Benennung, der sie
selbst angehören, oder irgend etwas anderes den Gläubigen
ins Herz zu schreiben.
Der Herr hatte Paulus mit den nötigen Werkzeugen
versehen, um den Brief Christi zu schreiben, und der Apostel
hatte sich seiner Aufgabe in Treue unterzogen. Seine
Schreibtafeln waren fleischerne Tafeln des Herzens, nicht
die steinernen Tafeln des Gesetzes. Seine Feder und seine
Tinte waren der Geist Gottes. Sein Brief war die Kirche,
sein Gegenstand Christus — ein Name und nichts anderes,
aber ein Name, der in einem einzigen Wort die ewigen
Ratschlüsse Gottes, alle Seine Gedanken und alle
Seine Herrlichkeiten umfaßt.
Wie die Korinther, so sind auch wir die Frucht des
Dienstes des Apostels, da dieser Dienst im Wort der Wahrheit
enthalten ist, und wie sie, so sind auch wir berufen,
der Empfehlungsbrief Christi zu sein, „gekannt und gelesen
von allen Menschen". Aber, beachten wir es wohl, der
Dienst des Apostels ist hier dazu bestimmt, nicht Einzelwesen,
sondern einGanzeözu bilden. Der Apostel sagt
nicht: Ihr seid Briefe, sondern: Ihr seid ein Brief
97
Christi, wennschon es völlig wahr ist, daß jeder Gläubige
für sich Christum vor der Welt darstellen sollte. Von solcher
Bedeutung war die Kirche, die Versammlung Christi,
in den Augen des Apostels.
Am Ende des Kapitels vertraut Paulus den Korinthern
das Geheimnis an, das ihnen ermöglichen würde,
ein solcher Brief Christi zu sein; es ist ein einfaches Geheimnis,
gleichsam das ABC in der Reihe der Geheimnisse,
wenn man hier überhaupt von einem Geheimnis reden
will. Für uns alle — denn es handelt sich hier immer
um die Gesamtheit der Gläubigen - muß das Anschauen
des Herrn der Gegenstand sein. „Wir alle, mit aufgedecktem
Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend."
(B. 78.) Dieses Anschauen verwandelt uns allmählich in
Sein herrliches Bild, derart, daß die Welt nur Ihn in
Seiner Versammlung sieht.
Das 3. Kapitel stellt uns aber auch noch eine andere,
ebenso wichtige Tätigkeit des christlichen Dienstes vor Augen,
und zwar handelt es sich da um eine Bclehrun g.
Zu diesem Zweck faßt der Apostel die gesamte ch rist-
licheLehrein den eingeklammerten Versen (B. 7—16)
kurz zusammen. Diese Lehre steht in völligstem Gegensatz
zu dem, was das Gesetz bis dahin gelehrt hatte. Aber wie
wenige von den Gläubigen unserer Tage, welche die Gnade
zu kennen vorgeben, verstehen sie wirklich und vermögen
sie infolgedessen scharf von dem Gesetz zu trennen!
Wir haben hier also den Unterschied zwischen dem
Dienst des Buchstabens, das heißt des Gesetzes, und dem
Dienst des Geistes. Der Apostel zeigt zunächst, daß der
Dienst des Gesetzes ein Dienst des Todes ist. Das
Gesetz verheißt zweifellos dem, der es hält, Leben. Aber
98
wo ist der Mensch, der trotz der Verheißung imstande wäre,
das Leben zu erlangen? Die Sünde macht ja die Sache zur
Unmöglichkeit. Nun, die Sünde ist nichts anderes als der
eigene Wille und der Ungehorsam des Menschen. So steht
das Gesetz, obwohl es das Leben verspricht, im Dienst des
Todes. Es verdammt den, der es nicht gehalten hat, und
überführt ihn der Sünde. Jeder Mensch unter dem Gesetz
befindet sich also in einem Dienst, der ihn tötet, indem er
das Todesurteil über ihn ausspricht. Das ist der Inhalt
von Kapitel 7 des Briefes an die Römer. Das Gesetz
machte ein für allemal jeder Anmaßung des Menschen ein
Ende, selbst seine Sache mit Gott in Ordnung bringen und
auf diese Weise das Leben erlangen zu können.
Im Gegensatz zum Dienst des Todes spricht der Apostel
nicht von dem des Lebens, sondern von dem Dienst des
Geistes, weil der Heilige Geist es ist, der, wenn Er
wirkt, der Seele das Leben bringt.
Anderseits ist der Dienst des Gesetzes ein „Dienst der
Verdammnis", während der Dienst des Geistes ein
„Dienst der Gerechtigkei t" ist. Dabei handelt es sich
aber nicht um eine menschliche und gesetzliche Gerechtigkeit,
denn der Geist ist gekommen, um uns die Gerechtigkeit
Gottes zu verkündigen. Das nämlich ist der
Inhalt des Evangeliums, rind darum legt der Apostel einen
so großen Wert darauf. Es zeigt, wie Gott Seinen
Haß gegen die Sünde (eine Gerechtigkeit, welche die Sünde
verdammen muß) mit Seiner Liebe zum Sünder in Übereinstimmung
bringen konnte. Die Gerechtigkeit Gottes ist
somit eine rechtfertigende Gerechtigkeit, und
nicht eine Gerechtigkeit zur Verdammnis. Diese Versöhnung
von zwei an sich unversöhnlichen Dingen war nur
— yy -
am Kreuze Christi möglich, wo „Gerechtigkeit und Friede
sich geküßt haben". Eö gab nichts Ähnliches vor dem
christlichen Dienst, dessen Vertreter der Apostel war. In
diesem Dienst finden sich alle Gedanken Gottes im Blick
auf die Menschen zusammengefaßt. Durch ihn lernen wir
Gott sowohl in all Seiner Herrlichkeit kennen, als auch
in der ganzen Vollkommenheit Seiner Natur und Seines
Charakters.
Der Apostel fährt fort: „Das Bleibende wird
in Herrlichkeit bestehen". (Vers 11.) Das Bleibende ist
der Charakter Gottes selbst. Dem, was Gott uns von Sich
selbst geoffenbart hat, ist nichts hinzuzufügen. Was Gott
ist, die Fülle Seiner Herrlichkeit, ist in dem Werke zutage
getreten, das Er am Kreuz für uns getan hat. Dieses Werk
bleibt auf ewig in Herrlichkeit bestehen.
Am Schluß dieser Abhandlung heißt es Vers 17 :„Wo
aber der Geist des Herrn ist, ist Frcihei t". Das Gesetz
war ein Sklavendienst, der den Menschen unfähig machte,
Gott zu nahen; die Gnade dagegen stellt uns in Seine Gegenwart,
und dort können wir ohne Decke die Person des
Herrn Jesus betrachten, „der uns geworden ist Gerechtigkeit
von Gott". Wie wir uns bereits sagten, heißt, volle
Freimütigkeit zum Eintritt vor Ihm haben, das Geheimnis
besitzen, durch das man wirklich vor der Welt ein Brief
Christi sein kann. Das Anschauen der Herrlichkeit des
Herrn verwandelt uns allmählich — von Herrlichkeit zu
Herrlichkeit — in Sein Bild. Diese Verwandlung ist jedoch
nur eine teilweise, denn wir haben die Vollkommenheit
noch nicht erreicht und werden sie hinieden auch niemals
erreichen.
ISO
Etwas, woran wir mehr in Züröttte
denken sollten
Als der Herr von dem Berge der Verklärung herabkam,
trat ein Mensch an Ihn heran, fiel vor Ihm auf die
Kniee und rief: „Herr, erbarme Dich meines Sohnes".
Dieser „litt arg" von einem unreinen, stummen und tauben
Geist, der sein unglückliches Opfer zu einem Mondsüchtigen
machte, ihn auf die Erde warf, wo er sich schäumend
wälzte und mit den Zähnen knirschte, oder gar ins
Feuer und ins Wasser, damit er ihn umbrächte. Nur selten
wich dieser Geist von dem bedauernswerten Knaben,
den aufzureiben sein teuflisches Begehren war.
Es hat dem Heiligen Geiste gefallen, uns dieses
schreckliche Bild ausführlich zu zeichnen. (Vergl. die drei
Berichte in Matth. 17, 14 usw., Mark. 9, 14 usw. und
Luk. 9, 37 usw.) Sicher verfolgt Er dabei bestimmte Absichten.
Wie lebendig tritt uns die Macht des Feindes und
das schreckliche Elend des unglücklichen Sohnes vor Augen,
ein Elend, das von Kindheit an das Teil des armen
Knaben gewesen war! Welch eine Kette von Not, Leid und
Schmerz — nicht allein für das Kind selbst, sondern auch
für die Eltern! Wie mußten ihre Gefühle erregt werden
keine Anblick solcher Leiden! Wieviel Mühe und Arbeit, Unruhe
und Selbstverleugnung war dadurch ihr Teil gewesen!
So war auch ihr Leben ein Leidensweg geworden.
Nun hatte die Not den Vater zu den Jüngern getrieben.
Aber hier hatte er die erwartete Hilfe nicht gefunden. Die
Jünger des Herrn vermochten den Sohn nicht zu heilen.
Doch dann erscheint der Herr selbst auf dem Schauplatz.
- 101 —
Vor Ihm kniet nun der unglückliche Vater nieder, und aus
tiefstem Herzen entringen sich ihm die flehentlichen Worte:
„Herr, erbarme Dich meines Sohnes". (Matth. 17,
15.)
Doch noch eine andere Bitte richtet der arme Mann
an Den, der hier allein helfen konnte: „Erbarme Dich u n -
ser und hilf uns!" (Mark, y, 22.) Die erste Bitte hat
das Elend des Sohnes zum Gegenstand, die zweite
Bitte aber, in welcher der Vater sich selbst, und vielleicht
auch noch die Mutter, miteinschließt, läßt uns Blicke tun
in die Not und Übungen seines, bezw. ihres Herzens
und Lebens. „Erbarme Dich unser und hilf uns!"Wer
fühlte da nicht die immer wiederkehrende Sorge der Eltern
um ihr geliebtes, so furchtbar gequältes Kind, ihre
Ängste und Mühen? Ähnliches finden wir bei dem kana-
näischen Weibe aus der Gegend von Tyruö und Sidon.
Dieses Weib bringt ihre besessene Tochter zum Herrn, damit
Er sie heile. Selbst bedarf sie der Heilung nicht. Trotzdem
schreit sie: „Erbarme Dich meiner, Herr, Sohn
Davids!" und später: „Herr, hilf mir!" (Matth. 15, 22.
25.) Die Mutter leidet um ihrer Liebe zur Tochter willen,
indem sie der Tochter Leiden mitfühlt. Ihr Kind unter dem
Einfluß dämonischer Mächte zu sehen, ist ihr ein beständiger
Schmerz.
In den beiden angeführten Fällen haben wir eö mit
der Wirksamkeit böser Mächte zu tun und den daraus hervorgehenden
Erscheinungen. Doch darüber möchte ich nicht
schreiben. Es ist ein anderer Gedanke, der mich schon oft
und lange beschäftigt hat.
In unseren Gebeten, daheim oder gemeinsam, gedenken
wir regelmäßig sürbittend der Kranken und Leidenden,
— 102 —
der Alten und Schwachen. Das ist gut und auch wohlgefällig
vor Gott, und wir wollen in dieser Fürbitte nicht
müde werden. Waö mir jedoch heute besonders am Herzen
liegt, ist, auf einen in unseren Reihen fühlbaren Mangel,
auf ein wohl manchmal fehlendes Verständnis hinzuweisen,
das man immer wieder beobachten kann im Blick
auf die Angehörigen, die Pfleger und Pflege-
r inne n der Kranken usw. Auch sie bedürfen nämlich unserer
Fürbitte, und zwar in manchen Fällen, wie ich fest überzeugt
bin, mehr als ihre Pflegebefohlenen, die Kranken
selbst; denn die Frage: Wie empfindet der Kranke
sein Leiden? inwieweit leidet er? findet entsprechend der
Sachlage eine sehr verschiedene Beantwortung. Es gibt
Kranke, die viel weniger leiden als ihre Angehörigen rind
Pfleger. Wieviel Mühe und Arbeit, wieviel Unruhe und
Entbehrung, wieviel Leiden seelischer Art bringen
Krankheit und Leideir oft für die Umgebung mit sich! Wieviel
Selbstverleugnung muß da immer wieder geübt, wieviel
Liebe aufgebracht werden, wenn es anders recht werden
soll! Gewiß kann da mancher Leser aus eigener schwerer
Erfahrung mitreden. Viele haben im Blick auf ihre leidenden
Lieben und Pflegebefohlenen inbrünstig zu Gott geschrieen:
Erbarme Dich über mein Kind, über Vater, Mutter
usw.! Aber viele Angehörige und Pfleger haben auch
für sich selbst zu Gott rufen müssen: Hilf mir! oder
im Blick auf beide Teile: Erbarme Dich unser und
hilf uns! — ähnlich wie jener Vater und jene Mutter
eS getan haben. (Mark. 9, 22.) Seit jenen beiden Fällen
sind bis zum gegenwärtigen Augenblick unzählige solcher
Schreie zu Gott gedrungen und dringen Tag für Tag zu
Ihm empor. Da ist es gewiß der Mühe wert, mit den
— roz —
Kranken auch diejenigen, die sie pflegen, vor Gott zu bringen.
Ihr Heer ist groß, und sie bedürfen der Fürbitte,
um auszuharren in ihrem Dienst der Liebe und mit der nötigen
Geduld und Sanftmut auch das für die Pflege erforderliche
Verständnis zu verbinden.
Laßt uns auch in der Fürbitte keine engen oder gar
ungöttlichen Grenzen ziehen! Der engere Kreis, in dem
wir uns hauptsächlich bewegen, darf nicht die Grenze bilden
für unsere „innerlichen Gefühle und Erbarmungen".
So wollen wir beispielsweise auch nicht an den Anstalten
(Irren- undSchwachsinnigen-Anstalten usw.) vorübergehen
mit allem, was sie in sich bergen an Jammer und Elend,
an Kranken und Pflegern mit ihren Leiden, Bedürfnissen
und Übungen. Gott allein weiß, was aus solchen Häusern
schon für Hilferufe an Sein Ohr gedrungen sind. Viele
liebende Herzen und Hände sind dort unaufhörlich tätig
für ein Heer von Elenden und Hilfsbedürftigen, zu deren
Pflege eine Liebe, Geduld und Selbstverleugnung gehört,
die nur Gott geben und erhalten kann. Die Liebe
Christi ist wirklich dazu nötig, um in solchem Dienst nicht
zu erlahmen. Was für die eigenen Familienangehörigen
der Kranken zu schwer oder ganz unmöglich wäre, muß
dort ertragen und ausgeführt werden. Auch an Kinder-
und Altersheime sei erinnert! Auch da fehlt es nicht an
Übungen mancherlei Art. Auch sie laßt uns nicht vergessen!
Mein Dienst führte mich in so manche Familie, besonders
von Gläubigen, wo mir die erwähnten Notwendigkeiten
sehr deutlich wurden. In manchen Anstalten sah
mein Auge tiefes, schreckliches Elend. Mancher, der dort
gewesen war, hatte diesen Platz sehr bald wieder verlassen
104
müssen. Zu mächtig waren ihm die traurigen Eindrücke geworden.
Auch ich bin sie bis heute nicht losgeworden und
werde es auch nicht. Deshalb möge man mir die etwas
lang gewordenen Ausführungen verzeihen. Sie sind ja
keine „Speise für die Seele". Aber Petrus suchte auch
„durch Erinnerung" die lautere Gesinnung der Gläubigen,
an die er schrieb, aufzuwecken. So möge man denn die
einfachen Worte als „Erinnerung" auffassen, um mehr als
bisher an eine Sache zu denken, die in unseren Gebeten
gewiß oft zu kurz gekommen ist! Viele, die den schweren
Dienst auf dem eben behandelten Gebiet tun, werden es
uns danken, und unsere Gebete dürfen vielleicht ein wenig
mit dazu dienen, daß jene bei aller persönlichen Kraftlosigkeit
in ihrer Arbeit erfahren, „daß die Überschwenglichkeit
der Kraft Gottes ist und nickt aus uns".
(2. Kor. 4, 7.)
Die Einheit des Geistes
(Eph. 4, 4—z.)
Wie vollkommen ist doch die Schrift! Sie sagt nicht:
„die Einheit des Leibe s", obgleich dieser Begriff in dem
anderen enthalten ist. Stünde geschrieben „die Einheit des
Leibes", so würde man — wie es ja tatsächlich auch geschehen
ist — eine äußerliche Einrichtung aufgebaut und
eine Trennung von ihr zu einer Frage von Leben und
Tod gemacht haben. Aber was der Heilige Geist denen,
die Christo angehören, auferlegt, ist, „sich zu befleißigen"
— allen notwendigen Eifer auszuwenden —, „die Einheit
des Geistes" zu „bewahren", nicht zu
machen. Etwas, was der Geist bereits gemackt hat.
— ro5 —
soll von uns bewahrt oder beachtet werden. Wir sollen
nicht nur Gefühle der Liebe haben gegenüber unseren Mit-
christen. Das könnte in tausend verschiedenen Leibern der
Fall sein. Aber wenn wir einander auch noch so viel
Liebe erwiesen, so würde das doch nicht „die Einheit des
Geistes" bewahren heißen. Was ist denn nun mit der
Einheit des Geistes gemeint? Nichts anderes als
Die Einheit des Heiligen Geistes, die bereits besteht,
und die alle Glieder Christi umfaßt . . .
Hier handelt es sich nicht um die Einheit u n sere r
G eister, sondern um die Einheit des Geistes..
Ist es nicht erhebend, zu bedenken, daß der Heilige
Geist es ist, der diese Einheit macht!? Sollten wir
uns da nicht hüten vor allem, was Ihn betrüben könnte?
Unser Herr legte in Seinen Reden dem, was den Heiligen
Geist betraf, besondere Wichtigkeit bei; und das sollten
wir, wenn wir weise sind, auch tun.
Wenn der Heilige Geist zu dem genannten Zweck
auf der Erde ist, wird Er zu einem göttlichen Prüfstein
für jede Seele, ob sie bereit ist. Ihn zu ehren oder nicht.
Aber, möchte jemand fragen, wenn dualle Christen aufnimmst,
ohne, sei es stillschweigend oder ausdrücklich, irgend
eine Bürgschaft für die Zukunft von ihnen zu fordern,
dann könnte es sein, daß du schließlich auch einen Soci-
nianer oder Arianer aufnähmest *). Wohl, aber einen solchen
erkenne ich überhattpt nicht als Christ an; oder tust
du das? Worauf ist die Kirche gegründet? „Wer saget
ihr, daß ich sei?" fragt unser Herr gerade in dem Kapitel,
?) Zwei irrlehrende Sekte,,, die, in ihrer Geistesrichtung miteinander
verwandt, durch ihre Ideen die Person Christi als „Gott,
geoffenbart im Fleische", „Gott, gepriesen in Ewigkeit", herabsetzen.
(Amn. d. Übersetzers.)
— 1.0b —
in welchem Er zum erstenmal ankündigt, daß Er im Begriff
stehe, die Versammlung oder Gemeinde zu bauen.
„Du bist der Christus", antwortet ein Jünger, „der Sohn
des lebendigen Gottes." Und was erwidert der Herr?
„Du bist Petrus und auf diesem Felsen will ich meine
Versammlung bauen." Das ist der Grund, weshalb man
bei allen Seelen auf das nachdrücklichste und entschiedenste
darauf dringen sollte, ob sie in Tat und Wahrheit die göttliche
Majestät unseres Herrn Jesus Christus glauben und
bekennen. Das geringste Nachgeben in dieser Hinsicht
würde zu Zweifeln in der Beurteilung einer jeden Seele
führen. Wer könnte uns das Recht geben, jemand als
Christ aufzunehmen, der es wagt, an der Reinheit, Unfehlbarkeit
oder Herrlichkeit Christi herumzudeuteln? Die
Kirche ist gegründet auf Christus, Gottes Sohn. Wenn
dieser Felsen erschüttert wird, ist alles verloren. „Wenn
die Grundpfeiler umgerissen werden, was tut dann der Gerechte?"
Christus antasten, heißt die einzige Grundlage
antasten, auf der die Kirche Gottes ruht.
Wo aber jemand Christum in Wahrheit und Wirklichkeit
bekennt, bekennt in einer Weise, daß er sich deinem
Gewissen empfiehlt als eine Seele, in der ein göttliches
Werk geschehen ist, da nimm ihn auf, denn Gott hat
ihn ausgenommen. Mag er Täufer oder Kindertäufer sein,
ganz gleich, nimm ihn auf! Aber wenn er in Sünden lebt?
Nun, brauche ich dir zu sagen, daß Christus und Ausschweifungen,
oder was es sein mag, nicht zusammengehen
können? Der Glaube an den Sohn Gottes ist unvereinbar
mit einem Wandel in der Finsternis. Ganz gleich, wie ein
Mensch über Christum redet — verbindet er mit seinem
Bekenntnis etwas, was eine Geringschätzung der sittlichen
— rv7 —
Herrlichkeit Gottes verrät, so beweist er dadurch, daß er
nicht aus Gott geboren ist. Simon, der Zauberer, meinte,
die „Gabe Gottes" könne mit Geld erkauft werden. Run,
das war ein Irrtum, sagst du. Recht, es war ein Irrtum,
aber einer von ausschlaggebender Bedeutung, denn er bewies,
daß dieser Mensch kein Leben aus Gott haben konnte,
und deshalb wurde er, obwohl getauft, nicht als ein Glied
am Leibe Christi anerkannt. Wir haben keinen Grund,
anzunehmen, daß Simon mit den Gläubigen Brot gebrochen
habe. Die Taufe konnte angesichts der Begleitumstände
die Versammlung nicht veranlassen, den Mann
aufzunehmen, denn sein Verhalten bewies nicht, daß er
wirklich ein Gläubiger war.
Dieses Beispiel zeigt in gewissem Maße den Charakter
oder den Bereich der Einheit des Geistes. Während
der Heilige Geist einerseits Seelen beruft und sie befähigt,
Christum zu bekennen, wird Er sie anderseits nimmermehr
in dem Schmutz ihrer eigenen Gottlosigkeit wandeln
lassen. Wenn ein Gläubiger in eine Sünde besonderer
Art fällt, sollte er hinausgetan werden. Rein Persönliches
dagegen gehört nicht in eine öffentliche Verhandlung, Es
wäre ungeheuerlich, alle Verfehlungen auf den gleichen
Boden zu stellen. Das erste und tiefe Gefühl in Juchtfragen
sollte sein, die betreffende Person zurechtzubringen,
indem man zugleich Gott rechtfertigt. Die Versammlung
ist ein Zeugnis göttlicher Gnade und hat sowohl das Heil
der Unbekehrten als auch die Wiederherstellung solcher zu
suchen, die sich verirrt haben. Befleißigen wir uns, die Einheit
des Geistes zu bewahren? Wenn ja, wie ist es dann
möglich, daß die Christen in die verschiedensten Verbindungen
organisiert sind? Wenn sie das Wort Gottes unter
- ros —
allen Umständen in die Tat umzusetzen begehren, was
brauchen sie dann menschliche Richtlinien und neue Einrichtungen?
Wenn Gott eine Richtschnur gibt, brauche ich
doch keine zweite daneben. Ich wünsche dann nichts als
Seine Führung in ihrer ganzen Kraft, um das Gewissen
der Menschen mit der Wahrheit bekannt zu machen
und ihnen zu sagen: So und so ist Gottes Wille. Ist es
gut oder klug, dies aufzugeben?
Gott hat auch Worte niederschreiben lassen, die bestimmend
sind für den Wandel, wie Er ihn von Seinen
Kindern wünscht. Halten wir uns daran? Vielleicht erwiderst
du: Seid ihr denn vollkommen? Nein, aber wir befleißigen
uns, und zwar in Frieden, die Einheit des
Geistes zu bewahren; wir bemühen uns ehrlich, uns
Seinem Willen zu unterwerfen. Tust du das auch?
Das ist die Hauptfrage für jedes Kind Gottes: Befleißige
ich mich, die Einheit des Geistes zu bewahren?
Tue ich es so, wie Gott es will, oder lasse ich mich
dabei von meinem Verstand leiten? Habe ich mich wirklich
Seinem Willen unterworfen? Unsere Sache ist, Ihm
gehorsam zu sein. Wir haben die Anweisungen der Schrift,
und unsere Verantwortlichkeit besteht darin, sie auszuführen,
Dem untertan, Dessen Eigentum wir sind, und Dem
zu dienen wir verpflichtet sind.
Aber weiter. Diese Einheit soll im Bande des
Friedens bewahrt werden. Gott bildet Seine Kirche
aus allen denen, die Ihm angehören. Die Einheit bedeutet
nicht das Festhalten der Christen an bestimmten Ansich­
ten über dies und das, sondern das Festhalten des
Geistes an Seiner eigenen Einheit, d. h. in bezug
auf das, was Christus für die Gläubigen ist, nicht
- rv9 —
in bezug auf die Ansichten, durch welche sie sich voneinander
unterscheiden.
Wenn ich wünsche, die Einheit des Geistes
indemBandedes Friede ns zu bewahren, so muß
ich einen Punkt fest im Auge behalten, die große Tatsache
nämlich, daß es das Bemühen des Heiligen Geistes
ist, nur Christum zu verherrlichen. Man kann dem Vater
nicht mehr Wohlgefallen als dadurch, daß man den
Sohn ehrt; und man kann Ihn nicht mehr betrüben als
dadurch, daß man den Sohn geringschätzt. Behält man
Christum im Auge, so ist alles sicher. Das macht die Einheit
zu einer denkbar einfachen Angelegenheit.
Was haben wir damit zu schaffen, die Menschen zu
veranlassen, ihre Ansichten aufzugeben und dafür die unsri-
gen anzunehmen, sie mögen so korrekt sein, wie sie wollen?
Gottes Wort hat, in dem Namen Christi, einen Boden
geschaffen, auf dem wir alle Heiligen umfassen können,
mögen sie auch noch so schwach oder voreingenommen sein.
Aber hüten wir uns davor, mehr um unseren Ruf oder
unsere Bequemlichkeit besorgt zu sein als um Seinen Willen.
Laßt uns auch nicht stolz sein auf unsere kleine Erkenntnis
oder auf die Stufe, die wir im praktischen Leben
erreicht haben. Laßt uns aufschauen zum Herrn, daß
Er uns Treue und Geduld gebe, jeden wahren Jünger
und Diener Christi, wo er auch stehen mag, anzuerkennen.
Laßt uns die Einheit des Geistes festhalten im
Bande des Friedens und bemüht sein, sie aufrecht zu erhalten,
welcher Art die Schwierigkeiten auch sein mögen
— und sie sind groß.
Der Glaube sieht nicht viele Leiber und einen Geist;
— 770 —
er kennt nur einen Leib. Indem wir Geduld haben mit
anderen, die in dieser Hinsicht nicht klar sehen, liegt es uns
ob, den Namen Christi unbeugsam festzuhalten und für
uns selbst sorgfältig darauf bedacht zu sein, nichts anzuerkennen,
was Ihm widerspricht.
„Da ist ein Leib und ein Geist, wie wir auch berufen
worden sind in einer Hoffnung unserer Berufung."
Das ist unsere lebenswichtigste Segnung in Christo;
„denn wir sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch
und von Seinen Gebeinen".
„Ein Gei st" folgt unmittelbar auf „ein Lei b",
weil es der Heilige Geist ist, der dies wahrmacht. Und was
wir heute sind in der Kraft des Heiligen Geistes, das hoffen
wir einmal ganz und gar zu genießen bei Christo.
Wir werden es ganz und vollkommen besitzen in der Gegenwart
Gottes im Himmel. W. Kelly
Ella und Obadja
(7. Kön. 78, 7—76.)
In 1. Kön. 77 haben wir die Beweise des einfältigen
und völligen Gehorsams des Propheten. Mochte der Herr
ihn an einen Bach schicken, wo Raben ihn speisen sollten,
oder in der Hungersnot zu einer Witwe, mochte Er ihn
schließlich aussenden, um vor seinem Todfeinde Ahab zu
erscheinen (Kap. 78), niemals machte er Einwände, sondern
tat im Vertrauen auf den Herrn, was ihm befohlen
wurde. Und doch war Elia ein Mensch wie wir, mit den
gleichen Gemütsbewegungen und Schwachheiten. (Jak. 5,
77. 78.) Aber er besaß viel von jenem Glauben, dessen
Kraft unbegrenzt ist. In der Kraft dieses Glaubens konnte
— Ul —
er Ahab sagen, daß es nicht regnen würde, und es regnete
nicht. In ihr konnte er den Sohn der Witwe auferwecken,
konnte den Sieg davontragen über Ahab, den König, und
über die vierhundertfünfzig Propheten des Baal.
Und nun zu Obadja! Laßt uns kurz betrachten, was
uns über ihn mitgeteilt wird. (Kap. 18, Z ff.)
Obadja fürchtete Jehova sehr. Trotzdem aber diente
er Ahabs Haus und zeugte nicht gegen das Böse darin.
Er litt nicht die „Schmach des Christus". Er wurde nicht,
wie Elia, verfolgt und von Land zu Land gejagt. Er erfuhr
nicht, was es ist, von den Raben oder von einer
Witwe gespeist zu werden. Mit anderen Worten: Er lebte
wenig aus Glauben und wußte wenig von Gottes Wegen.
Er lebte gemächlich in der Welt. Ahab war sein Herr. Aber
wer war Elias Herr? Jehova. (Vergl. Kap. 18, 10 und
15.) Welch ein Unterschied! Obadja kannte die guten Dinge
der Erde, Elia die des Himmels.
Lesen wir Vers 7—11! Obadjas ganzes Denken
drehte sich um seinen Herrn, den er fürchtete. Elias Gedanken
dagegen hatten Jehova zum Mittelpunkt, der allein
sein Herr war. Die Überlegenheit seiner Stellung Obadja
gegenüber kommt auch darin zum Ausdruck, daß Obadja
vor Elia auf sein Angesicht fiel, als er ihn traf. (V. 7.) Als
Elia ihm dann befahl, zu Ahab zu gehen und ihm seinen
Besuch anzukündigen, war er voller Furcht. Immerhin
war Obadja ein Kind Gottes, hatte er doch sogar die Propheten
Jehovas versteckt und versorgt. Aber er hatte keinerlei
Kraft, für Jehova Zeugnis abzulegen, weil er mit
dem Bösen in Verbindung stand. Elia dagegen konnte
furchtlos zu Ahab und zum ganzen Volke sagen: „Wenn
Jehova Gott ist, so wandelt Ihm nach". (V. 21.)
ll2
Woher diese Kühnheit und Kraft bei Elia? war er
doch ein armer, schwacher Mensch, dessen Verhältnisse derart
waren, daß er bezüglich des täglichen Brotes von Raben
und einer Witwe abhing. Sie rührten daher, daß er dem
Abfall des Volkes fernstand, daß er durch Glauben lebte
und in aller Einfalt sein Auge auf seinen Gott gerichtet
hielt.
Aus all diesen Dingen lassen sich Anwendungen für
uns heute machen. Laßt uns die Lehre daraus ziehen, daß,
seitdem „Jehova unser Gott ist", es an uns ist, Ihm zu
dienen, und ferner, daß, wollen wir Ihm treu sein, wir
uns notwendig fernhalten müssen von allen Grundsätzen
des Abfalls um uns her. I. N. D.
Ser Morgenstern
Ls strahlt ein Stern
Beim Siehst, der Nacht
In Himmelsfern'
In Heller Pracht.
Am Horizont ein Silberglanz
verkündet schon
Des Tagsgestirnes Hellen Glanz.
Der Morgenröte lichter Schein
Läßt fliehst, der Schatten dunkle Neih'n.
Ihr Schatten, weicht!
Ihr Klagen, schweigt!
Ls naht der Tag,
An dem mein Heiland kommen mag.
Herr Jesus Lhrist, Du Morgenstern!
Mein Sehnen ist nach Dir, dem Herrn.
Mein Lebenslicht
Bist Du allein.
Dein Angesicht
wird bald mein Pilgerherz erfreust,.
w. K.
Sie Seligpreisungen
IV.
„Glückselig die Barmherzigen"
Mit der Glückseligpreisung der Barmherzigen gelangen
wir zu der zweiten Reihe der sieben Klassen der Seligpreisungen.
War die erste Reihe, die mit dem „Glückselig
die Armen im Geiste" beginnt, durch Gerechtigkeit
gekennzeichnet, so steht bei der zweiten die Gnade im
Vordergrund.
Barmherzigkeit ist eine herrliche Frucht des neuen
Lebens und der in uns wirkenden Gnade Gottes. Sie ist
mehr als nur Trauer über alles, was durch die List Satans
und die Sünde und Untreue des Menschen entstanden
ist, auch mehr als bloße Unterwerfung unter Gottes Willen
inmitten dieser Dinge oder das Offenbaren eines
sanftmütigen Geistes; sie geht auch noch über ein
Sehnen nach Gerechtigkeit hinaus. In der Barmherzigkeit
haben wir mehr die innerlichen Gefühle, das
tiefe Mitleid des Herzens mit dem Elend der Menschen
ringsumher und sogar mit dem Seufzen der Geschöpfe,
sowie ein in die Tat umgesetztes Begehren, dieser Not und
diesem Elend abzuhelfen.
Barmherzigkeit hat ihre Quelle in Gott selbst. Er ist
„der Vater" — der Ursprung — „der Erbarmungen".
(2. Kor. I, Z.) Von Ewigkeit her (Ps. 25, 6) sind sie in
Seiner Natur vorhanden gewesen — denn Gott ist Liebe
uxxxii s
— 444 —
— und sobald das Böse in die Schöpfung eingedrungen
war und alles verdorben hatte, sind sie in Erscheinung
getreten. Seitdem ist die Barmherzigkeit, Gott sei
Lob und Dank dafür! fortgesetzt in Tätigkeit, da ja noch
immer Krankheit, innere rind äußere Leiden, Jammer und
Not in überreichem Maße vorhanden sind. Sie fragt nicht
danach, ob der Betreffende ihrer würdig ist oder nicht. Sie
sieht nur sein Elend und seine Hilfsbedürftigkeit, und das
bewegt sie, zu handeln.
Es ist bemerkenswert, daß wir in der Schrift da, wo
durch die Schuld des Menschen alles rettungslos verloren
gegangen ist, immer wieder die Barmherzigkeit Gottes in
Tätigkeit sehen. Was gab es z. B. noch für das Volk Israel
zu erhoffen, als es das goldene Kalb gemacht hatte,
und Gott in Seiner Gerechtigkeit zu Moses sagen mußte:
„Laß mich, daß mein Zorn wider sie entbrenne und ich
sie vernichte"? Die Lage war völlig hoffnungslos. Dann
aber hören wir schrankenloses Erbarmen aus den Worten
heraus: „Ich werde begnadigen, wen ich begnadigen werde,
und werde mich erbarmen, wessen ich mich erbarmen
werde", und noch mehr aus dem Ausrufen des Namens
Gottes vor Moses: „Jehova, Jehova, Gott, barmherzig
und gnädig, langsam zum Zorn und groß an Güte und
Wahrheit!" (2. Mose 32, 40; 33, 4Y; 34, 6.) Hoffnungslosigkeit
kennzeichnet auch den Zustand eines jeden Menschen
von Natur. Er ist „tot", wie das Wort sagt, „tot in
Vergehungen und Sünden". Statt sich der Herrschaft Gottes
zu unterwerfen, läßt er sich durch die Macht Satans
leiten. Er ist ein Sohn des Ungehorsams und ein Kind des
Zorns. Auch für ihn liegt die einzige Rettungömöglich-
keit in dem Erbarmen Gottes, der da „reich ist an Barm
— US —
Herzigkeit", die wiederum in Seiner „vielen Liebe" ihre
Quelle hat. (Vergl. Eph. 2, 7—S.) Wir armen Menschen
hätten, wie der Apostel Petrus schreibt, keine lebendige
Hoffnung, wenn Gott unS nicht nach Seiner Barmherzigkeit
dazu wiedergezeugt hätte.
Dieses Sein „Innerstes erregendes" Erbarmen (vgl.
Ier. 37, 20) tritt bei Gott sowohl im Blick auf das innere
als auch auf das äußere Elend der Menschen in Tätigkeit,
ja, sogar im Blick auf die Not Seiner Geschöpfe.
Weil Jehova sich des Lot erbarmte, führten die
beiden Engel, und zwar fast unter Anwendung von Gewalt,
diesen armen Mann samt seinem Weibe und seinen
zwei Töchtern aus Sodom heraus, der zur Zerstörung verurteilten
Stadt. (7. Mose 79, 7b.) Weil „Er vomHim-
mel her hörte", errettete Er Sein Volk, das Er wegen
seiner Widerspenstigkeit so oft in die Hand seiner Bedränger
hatte geben müssen, „nach Seinen Erbarmungen
viele Male", als es in seiner Bedrängnis zu
Ihm schrie. Weil Er „ein gnädiger und barmherziger
Gott" ist, dessen „Erbarmungengroß" sind,
hat Er diesem Volk, so böse, ungehorsam und verhärtet es
auch war, nicht den Garaus gemacht und es nicht verlassen.
(Vergl. Neh. 9, 2b—37.) Und was sollen wir sagen,
wenn wir an Ninive denken, die große Stadt, deren Bosheit
vor Jehova hinaufgestiegen war? Weil Er „ein gnädiger
und barmherziger Gott ist, langsam zum
Zorn und groß an Güte, und der sich des Übels gereuen
läßt", sah Er nicht den Mißmut und Zorn Seines Propheten
an, sondern verschonte die große Stadt, als ihre
Bewohner Buße taten, indem Er Jona an die mehr als
hundertundzwanzigtausend Kinder und die Menge
Viehin ihren Grenzen erinnerte. (Jona 4, 14.) So könnten
noch viele Fälle angeführt werden, die von Gottes Erbarmen
reden. Doch möchte ich hier nur noch den Ausgang
des Tuns des Herrn mit Hiob erwähnen, der bewies, daß
Er „voll innigen Mitgefühls und barmherzig
ist" (Jak. 5, 44), sowie die Heilung des Epaphroditus von
schwerer Krankheit (die er sich, wie es scheint, in dem Dienst
der Liebe und der Barmherzigkeit zugunsten des Apostels
Paulus zugezogen hatte), weil Gott sich über ihn,
aber auch über Paulus erbarmte, damit dieser
nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte. (Phil. 2, 26.27.)
Da Gott barmherzig ist, ist es natürlich, daß Er auch
in Seinen Kindern diese Eigenschaft Seiner Natur zu sehen
wünscht. (Matth. 42, 7.) Darum fordert der Herr-
Jesus Seine Jünger auf: „Seid barmherzig, wie auch euer
Vater barmherzig ist". (Luk. 6, 36.) Aber nicht nur sollte
das Beispiel unseres himmlischen Vaters uns veranlassen,
barmherzig zu sein, sondern vor allem auch die
Erweisung Seiner göttlichen Barmherzigkeit an uns
— verdanken wir ihr doch alles für diese Zeit wie für
die Ewigkeit. Denn nachdem Er uns nach Seiner Barmherzigkeit
errettet hat (Tit. 3, 5), fließt uns durch den
Dienst unseres großen Hohenpriesters dieselbe Barmherzigkeit
tagtäglich zu in unserer Scbwacbheit und Hilfsbedürftigkeit.
Wie bei den zuletzt betrachteten Seligpreisungen »vollen
wir uns aber auch hier wieder des Beispiels unseres
Herrn Jesus Christus selbst erinnern. In Ihm hat „die
herzliche Barmherzigkeit Gottes" — zunächst in dem
Volke Israel — die Menschen besucht. (Luk. 4, 78.) So
sehen wir denn während Seines Weilens auf Erden den
— 447 —
Strom der göttlichen Barmherzigkeit sich in seiner ganzen
Tiefe und Reinheit von Ihm aus ergießen. Kein an Ihn
gerichteter Ruf um Erbarmen blieb unbeantwortet. Stets
setzte er Seine helfende Hand in Bewegung. Auf das wiederholte
Schreien zweier Blinden, sich ihrer zu erbarmen,
ward Er „innerlich bewegt", rührte ihre Augen an und
heilte sie. (Matth. 20, 30. 34.) Und ähnlich erging es
jenen anderen beiden Blinden, von denen derselbe Evangelist
in seinem 9. Kapitel erzählt, dem unglücklichen Vater,
der um Erbarmen betreffs seines mondsüchtigen Sohnes
bat (Matth. 47; Mark. 9), sowie den zehn Aussätzigen
in Luk. 47 und dem kananäischen Weib in Matth. 45.
Doch nicht nur die Bitte um Erbarmen rief Sein
Mitgefühl hervor und bewog Ihn, zu helfen, sondern auch
das Elend selbst. Das zeigt uns treffend die Geschichte des
unglücklichen, von vielen Dämonen gequälten Besessenen.
Als dieser Mensch zu Jesu kam, bat er Ihn nicht etwa um
Hilfe, sondern schrie mit lauter Stimme: „Was habe ich
mit dir zu schaffen? ... Ich beschwöre dich bei Gott, quäle
mich nicht!" Dennoch erbarmte der Herr sich des Mannes,
indem Er die Geister austrieb. (Vergl. Mark. 5, 7 mit
V. 49.) Auch die Geschichte von dem barmherzigen Samariter
möchte ich hier erwähnen. Freilich ist sie ein Gleichnis.
Aber in welch unvergleichlicher Weise gibt sie die Gefühle
des Erbarmens wieder, die in dem Herzen des Herrn
waren!
Als Kinder Gottes dürfen und sollen wir Nachahmer
Gottes, des Vaters, und des Herrn Jesus sein. Manche
Schriftstellen weisen darauf hin. Die Ermahnung im Römer
b r i e f, „Barmherzigkeit zu üben mit Freudigkeit",
hat, wie die anderen an dieser Stelle gegebenen Ermahnun-
— 118 —
gen, ihren Ausgangspunkt in den „Erbarmungen Gottes".
(Vergl. Kap. 12,1 mit V. 8.) Nachdem im Kolosserbrief
die Gläubigen daran erinnert worden sind, daß sie
nicht allein den alten Menschen ausgezogen, sondern auch
den neuen Menschen — dessen Muster, Gegenstand und
Leben Christus ist — angezogen hätten, werden sie ermahnt,
„herzliches Erbarmen anzuziehen". (Vergl. Kap.
Z, 9. 10 mit V. 12.) Den Philipp ern konnte der
Apostel anerkennend schreiben, daß sie „innerliche Gefühle
und Erbarmungen" ihm gegenüber geoffenbart hätten, indem
sie ihm verschiedentlich für seine Notdurft gesandt
hatten. (Vergl. Kap. 2,1 mit 4, 16—18.) Dies war eine
Ehre für sie, so wie für jeden Christen herzliches Erbarmen
eine Zierde ist. Sollten wir deshalb nicht bemüht sein,
Barmherzigkeit zu üben? Überall begegnet unser Auge Leiden
und Bedürfnissen, sowohl unter den Kindern Gottes
als auch unter den Kindern der Welt. Gelegenheiten, Kranken,
Unglücklichen und Hilfsbedürftigen die helfende Hand
zu bieten, sind wohl täglich vorhanden, und nie sollten
wir danach fragen, ob die Betreffenden der Hilfe würdig
sind, gemäß dem Vorbilde unseres himmlischen Vaters.
(Luk. 6, 35 u. 3b.) Und wie sollten erst unsere Herzen berührt
und mit Mitleid erfüllt werden, wenn wir an die
innere Not, an das geistliche Elend unserer Mitmenschen
denken! Millionen Menschen gehen der ewigen Verdammnis
entgegen und sind dabei ganz sorglos. Müßte
der Gedanke daran nicht aufrichtiges Erbarmen in unseren
Herzen bewirken, so daß wir fürbittend der Verlorenen
gedenken und, wo immer sich eine Gelegenheit bietet, sie
ernstlich warnen und ihnen das Heil in Christo nahebringen?
— 119 —
Das Gegenteil von Barmherzigkeit ist Hartherzigkeit.
Mitgefühl tut einem Bedrängten und Notleidenden wohl.
Wie bitter aber wird ein hartherziger Sinn empfunden!
„Erbarmet euch meiner, erbarmet euch meiner," flehte
Hiob seine Freunde an (Kap. 1.9, 21); aber statt Erbarmen
fand sich bei ihnen nur Mißtrauen und Verurteilung.
Und wie abstoßend wirkt das bereits erwähnte mitleidslose
Verhalten des Propheten Jonas! Er floh von
dem Angesicht Jehovas hinweg, weil er wußte, daß Er ein
„gnädiger und barmherziger" Gott war, und er wurde zornig,
weil Gott sich über Ninive erbarmte und die Stadt
verschonte. (Vergl. Kap. 1, Z mit Kap. 4,1—4.)
Barmherzigkeit gibt sich auch kund in der Bereitwilligkeit,
anderen zu vergeben. Sie ist in dieser Hinsicht das
Gegenteil von Unnachgiebigkeit und Vergeltungssucht. Um
zu zeigen, wie man seinem Bruder vergeben sollte, erzählt
der Herr in Matth. 18 die Begebenheit von jenem bösen
Knecht, dem sein Herr seine ganze große Schuld erlassen,
der aber selbst kein Erbarmen mit seinem Mitknecht
hatte. Statt nach dem Vorbild seines Herrn zu handeln,
würgte er den anderen und ließ ihn ins Gefängnis werfen!
Wie wenig glich dieser Knecht seinem Herrn, der sich
seiner erbarmt hatte! Für uns ist die Frage: Inwieweit
gleichen w i r unserem barmherzigen Herrn, der uns unsere
unermeßliche Sündenschuld erlassen hat, und von Dem
wir täglich erfahren, daß „Er reich ist an Vergebung"?
Den Maßstab dafür, wie wir einander vergeben sollen, finden
wir in dem Wort: „wie der Christus euch vergeben
hat, also auch ihr". (Kol. Z, 13.)
Die Glückseligpreisung der Barmherzigen folgt derjenigen
der nach der Gerechtigkeit Hungernden und Dür-
— 120 —
ftenden. Das ist insofern bezeichnend, als wir wohl durch
diese Aufeinanderfolge daran erinnert werden, daß unser
Mitgefühl und Entgegenkommen nicht auf Kosten der gerechten
Ansprüche Gottes und der Menschen ausgeübt werden
darf. In diesem Fall würde es nämlich keine Barmherzigkeit
im göttlichen Sinne, sondern nur ein sinnliches
Gefühl und natürliche Weichheit sein. Von dem Aufrichtigen
wird in Ps. 112 gesagt, daß er gnädig und barmherzig
und gerecht ist. Selbst seines Viehes erbarmt sich der
Gerechte. Wahre Barmherzigkeit steht in vollem Einklang
mit der Gerechtigkeit. Sie ist eine Folge davon und
kann als ein Fortschritt in dem Zustand der Seele bezeich­
net werden.
Von Bedeutung ist auch die den Barmherzigen in
Aussicht gestellte Belohnung. Liegt schon im Ausüben der
Barmherzigkeit selbst eine tiefe Befriedigung und Glückseligkeit
(vergl. Spr. 14, 21), so noch mehr in dem, was
den Barmherzigen verheißen wird. „Den Barmherzigen
wird Barmherzigkeit widerfahren." Sie werden in den eigenen
Übungen, Leiden und Schwierigkeiten des Lebens in
besonderem Maße erfahren, wie barmherzig G o tt ist. Haben
Kinder Gottes „herzliches Erbarmen angezogen", erweisen
sie ihren Mitgescbwistern und Mitmenschen in ihren
Leiden und Kümmernissen, sowie auch bezüglich ihrer Verfehlungen
Barmherzigkeit, so werden sie die glückselige Erfahrung
machen, daß Gott auch ihrer Not, sowie ihren
Mängeln und Gebrechen gegenüber barmherzig ist. Sind
sie bereit, anderen zu vergeben, so wird ihnen ihr himmlischer
Vater auch vergeben. Hier darf man auch wohl das
Wort anwenden: „Mit welchem Maße ihr messet, wird
euch gemessen werden". Der Hauptmann Kornelius tat
121
Werke der Barmherzigkeit. Diese kamen nebst seinen Gebeten
ins Gedächtnis vor Gott, und ihm wurde dann in
großem Maße Barmherzigkeit zuteil, indem er „Worte"
hören durfte, durch welche er „errettet wurde, er und sein
Haus". (Apstgsch. 10 u. 11, 14.) Ebedmelech, der Äthiopier,
erwies dem Propheten Jeremias Barmherzigkeit. Dafür
ließ Gott ihm sagen, daß er bei der Eroberung Jerusalems
errettet werden und nicht durch das Schwert fallen
würde. Gott vergaß nicht, daß er barmherzig gewesen
war gegen Seinen Knecht, und Er ließ ihm Barmherzigkeit
widerfahren. „Die Barmherzigkeit rühmt sich wider
das Gericht!" So wünschte auch Paulus, daß „der Herr
dem Hause des Onesiphorus Barmherzigkeit gebe", und
daß dieser „von feiten des Herrn Barmherzigkeit finde an
jenem Tage" — dem Tage der Vergeltung —, »veil er
ihn, als er gefangen in Rom war, „fleißig aufgesucht" und
„sich seiner Kette nicht geschämt hatte". (2. Tim. 1,
16—18.)
Werden die Barmherzigen glückselig gepriesen, so ist
anderseits die Strafe, die der Unbarmherzigen wartet, überaus
ernst. „Das Gericht »vird ohne Barmherzigkeit sein
gegen den, der nicht Barmherzigkeit geübt hat", schreibt
Jakobus. (Kap. 2, 13.) Das angeführte Gleichnis vom
Schalksknecht bietet zu diesem Ausspruch eine treffliche
Erläuterung. Von ihm heißt es: „Sein Herr überlieferte
ihn den Peinigern, bis er alles bezahlt habe, was er ihm
schuldig war", und warnend fügt der Herr Jesus für die
Jünger die ernsten Worte hinzu: „Also wird auch mein
himmlischer Vater euch tun, wenn ihr nicht ein jeder seinem
Bruder von Herzen vergebet". (Lies Matth. 18, 34
u. 35; vergl. auch Matth. 6, 15.)
122
Schließlich sei noch kurz auf die Bedeutung dieser Seligpreisung
für den gläubigen jüdischen Überrest hingewiesen.
Auch er, der auf dem Boden der Verantwortlichkeit
alles verloren hat, ist ein Gegenstand der Ba rmh e r zi g -
keit Gottes. Darum wird Er zu Seiner Zeit in denen, die
diesen Überrest bilden, wirken, daß sie Buße tun, worauf Er
ihnen alle Ungerechtigkeiten vergeben und alle ihre Krankheiten
heilen wird. Er erbarmt sich über sie, „wie sich ein
Vater über die Kinder erbarmt", ja, Er „krönt" sie mit
„Güte und Erbarmungen". (Ps. 103.) Wie diese Gläubigen
nun selbst Gegenstände des göttlichen Erbarmens
sind, so erweisen sie ihrerseits auch Barmherzigkeit. Wie
Sanftmut und Gerechtigkeit sie kennzeichnen, so auch Erbarmen:
„Der Gerechte ist gnädig und gibt". (Ps. 37, 2t.)
Könnte Gott je dieser Barmherzigen vergessen? Nein,
„ihnen widerfährt Barmherzigkeit". Sie mögen schwach
und hilfsbedürftig sein, aber „ihr Erbarmer", der stark
ist, „wird sie leiten an Wasserquellen". (Zes. 49, 40.)
Er mag sie für einen kleinen Augenblick verlassen haben,
aber mit großem Erbarmen wird Er sie sammeln, mit ewiger
Güte sich ihrer erbarmen. (Vergl. Jes. 54, 7. 8.) „Die
Berge mögen weichen und die Hügel wanken", ruft ihr
Erbarmer ihnen zu, „aber meine Güte wird nicht von dir
weichen und mein Friedensbund nicht wanken." (Jes. 54,
10.) Za, der Same des Gerechten, der den ganzen Tag
„gnädig ist und leiht", wird gesegnet sein. (Ps. 37, 26.)
„Glückselig die Barmherzigen!" Es ist fürwahr der
Mühe wert, Barmherzigkeit zu üben, sowohl um der damit
verbundenen Freude als auch um der späteren Belohnung
willen.
— 723 —
Lebensstürme
(Nach einer Ansprache über Hiob 37, 7—73.)
Lebensstürme schätzen wir wenig. Aber wie segensreich
können sie sein! Gewitterstürme treten selten im Winter
auf. Im schönen Sommer sind sie plötzlich da, und
wie verheerend ist dann oft ihre Wirkung! Sie zerstören
alles in den Gärten unseres Lebens. Blumen werden abgerissen,
Sträucher und Bäume entwurzelt. Ach, die lieblichen
Blumen in dem Garten unseres Lebens, die uns erfreuten,
die wir unseren Besuchern zeigten, — wie schnell
war es mit ihrer Herrlichkeit zu Ende! Der böse Sturm
ließ nur noch die kahlen Stengel stehen. Welch ein Unglück!
seufzen wir. Aber — „Er sendet es aus unter den
ganzen Himmel". (Vers 3.) Der Mensch spricht vom Zufall,
die Schrift nicht. Wer sendet es aus? Der, dem einst
auf Golgatha die Hände durchbohrt worden sind. Wie wenig
wird daran gedacht!
Doch will ich nicht zu viel verlangen. Wenn alles
schön und in Frieden ist, dann lernt man nicht viel. Dann
genießt man und ist blind und beachtet nicht die Vorboten
des Sturmes. Sehr lehrreich ist in dieser Hinsicht der
Schluß von Markus 6. Dort haben wir die Beschreibung
eines in jeder Beziehung herrlichen Tages. Zn dem grünen
Grase, in Gruppen zu je fünfzig und je hundert, finden
wir die Menge gelagert. Sie genießt die Gegenwart
des Herrn, des großen Meisters. Die Hungrigen werden
gesättigt — alle sind glücklich. Eins wird in dieser Geschichte
nicht gefunden: Von einem dankbaren Herzen wird
nichts berichtet. Man findet nicht einmal Verwunderung
darüber, daß fünf Brote und zwei Fische genügten, um
124
fünftausend Mann zu sättigen. Gruppenweise hätten sie zurückkehren
müssen, um Ihm zu danken, um die Größe
Dessen zu bewundern, der in ihrer Mitte stand. Das war
doch Der, von dem geschrieben steht: „Seine Armen
will ich mit Brot sättigen" (Ps. 132, 15), der „Seine
Hand auftut und alles Lebendige nach Begehr sättigt" (Ps.
145, 16), der „Speise gibt im Überfluß"! (Hiob 3b, 31.)
Aber von einem Verständnis hierüber hören wir nichts.
Doch jener schöne Tag ist der Vorbote einer stürmischen
Nacht. (Vergl. hierzu Apstgsch. 27, 13 ff.) Die Jünger
müsse» auf die andere Seite fahren. „Alsbald nötigte
Er Seine Jünger, in das Schiff zu steigen und
an das jenseitige Ufer nach Bethsaida vorauszufahren, während
Er die Volksmenge entläßt." (V. 45.) Aber warum
denn? Wir haben es hier doch so gut! Hier gefällt's uns!
Es ist wie eine Oase in der Wüste, und deren gibt es nicht
viele im Leben! Hier gibt es auch Ehre und Ansehen zu
ernten. Aber das ist gefährlich. Ihr müßt auf die andere
Seite! sagt der Herr. Er nötigte (zwang) die Jünger,
ins Schiff zu gehen und an das andere Ufer zu fahren.
Er selbst stieg auf den Berg. Und als sie nun allein
gelassen sind, mitten auf dem See, kommt der Sturm.
„Der Wind war ihnen entgegen." So kommt der Sturm
des Lebens. Sie haben gerudert, haben ihr Bestes getan,
fünfundzwanzig oder dreißig Stadien (Joh. 6,19) — nicht
zwanzig oder zweiundzwanzig. Wir möchten uns den Weg
gern manchmal verkürzen. Erst „um die vierte Nachtwache",
d. h. als das Licht des neuen Tages dämmert,
kommt der Herr zu ihnen. Er hat ihre Not schon vorher gesehen,
aber Er überläßt sie sich selbst bis zu der von Gott bestimmten
Stunde. Dann ist Er plötzlich da, „wandelnd
125
auf dem See". Ihr Staunen und Erschrecken ist groß.
Ach, sie haben durch die herrlichen Erfahrungen am Tage
nichts gelernt. Warum sind sie darüber erstaunt, daß Jesus
auf dem Wasser zu wandeln vermag? Er hatte doch
eben noch mit fünf Broten fünftausend Mann gesättigt.
Aber „ihr Herz war verhärtet". Trotzdem begegnet Er
ihnen mit Seinem freundlichen: „Seid gutes Mutes, ich
bin's; fürchtet euch nicht!" Und dann steigt Er zu ihnen
ins Schiff, und der Wind legt sich. Wie unverständig sind
sie! Er aber hat gesagt: „Ich will dich unterweisen" —
und Er belehrt sie.
Laßt uns noch kurz eine andere Geschichte betrachten:
Elias, den Tisbiter! Im 1. Buch der Könige lesen wir,
was dieser Mann alles erlebt hat. Er ist der Zeuge der größten
Machtoffenbarung Gottes: Ein Kind wird aus dem
Tode auferweckt. Zweieinhalb Jahre weilt er an demselben
Platz, am Bache Krith, und während dieser Zeit bringen
ihm die Raben jeden Morgen und jeden Abend seine
Nahrung. Ein Jahr ist er im Hause der Witwe zu Zarpath.
Es ist eine Zeit des Hungers, der Not. Diese Witwe hat
nur ein wenig Mehl und ein wenig Ll, aber der Vorrat
wird nicht alle. Es ist wunderbar, die Geschichte Elias' zu
lesen. Dieser Mann wird von Sieg zu Sieg geführt, aber
wenn ein Sturm kommt — und noch nicht einmal ein
großer —, wenn eine heidnische Frau sagt: „Morgen um
diese Zeit werde ich dein Leben dem Leben eines von ihnen
(den getöteten Propheten des Baal) gleich machen"
(1. Kön. 19, 2), wird er verzagt. Warum? Hat er das
Lied der Hanna vergessen: „Jehova tötet und macht lebendig"?
(1. Sam. 2, 6.) Ja, das hat er vergessen, und
da läßt er sich nieder unter dem Ginsterstrauch und betet:
126
„Es ist genug; nimm nun, Jehova, meine Seele". Es ist
der Verstand, der einen Ausweg sucht, wenn der Glaube
fehlt.
In unserem Abschnitt haben wir gelesen: „Höret, höret
das Getöse Seiner Stimme!... Er sendet es aus unter
den ganzen Himmel." (Vers 2. Z.) Wir finden dort
Dinge, die wir nicht begreifen. Das Unwetter, der Blitz
bleiben ein Wunder für die Wissenschaft. Eines Tages
schlug der Blitz in ein Haus. In der Küche stand ein Stapel
Teller. Man kam und sah: Der erste, dritte, fünfte
und siebente — alle ungeraden Nummern — waren in der
Mitte durchlöchert. Sie hatten alle genau den gleichen
Bruch. Der zweite, vierte, sechste usw. — die geraden Nummern
— waren sämtlich unversehrt. Ich möchte den sehen,
der das erklären kann. In dieser Welt verstehen wir vieles
nicht. Jemand hat gesagt:
Soll ich das „Warum" meiner Tränen verstehen?
Warum, ach, warum durch so viel Leid ich muß gehen? —
Später einmal werd' ich Antwort bekommen,
Dann, wenn erhöht worden all Seine Frommen.
Ein Apostel aber schreibt: „Wir wissen, daß denen,
die Gott lieben, alle Dinge zum Guten Mitwirken, denen,
die nach Vorsatz berufen sind". (Röm. 8, 28.) Unterschreibst
du diesen Satz? Ja. Wenn dich aber dann dies und
das trifft, worauf du gar nicht vorbereitet warst, was
dann? Bist du dann imstande, wirklich Seiner Weisheit
und Liebe völlig zu vertrauen?
Kürzlich wurde irgendwo ein neuer Weg angelegt.
Überall war große Unordnung. Steine, Erde, Sand, Holz,
alles lag durcheinander. Wie ganz anders sah es dagegen
im Arbeitszimmer des Bauführers aus! Dort hing ein
schöner Plan mit geraden Linien. Alles tvar bis ins kleinste
127
geordnet. Auf unsere Frage erhielten wir zur Antwort:
„Im Jahre 1YZ5 wird dieser Weg genau so gut und schön
wie alle anderen Wege des Landes sein". Das Warten auf
diese Zeit ist nicht angenehm. Mir fiel ein, was in Ps. 77,
13 steht: „Gott! Dein Weg ist im Heiligtum". Im Heiligtum,
in Ruhe, Frieden und Sülle, dort ist der Wohnsitz
des großen Baumeisters. Seine Pläne sind gefaßt und
bestimmt: So und so will ich handeln. Und wenn die Zeit
gekommen ist, sind die Pläne ausgeführt. Am Ende des
gleichen Psalms heißt es: „Im Meere ist Dein Weg, und
Deine Pfade in großen Wassern, und Deine Fußstapfen
sind nicht bekannt". Im Meere — da ist es nicht immer
ruhig. Da kommen Wellen und Stürme, die es aufwühlen.
Das Meer ist auch unergründlich. Hier kommt der im Heiligtum
gefaßte Plan zur Ausführung.
Paulus, dem großen Diener seines Meisters, wurde
ein Dorn für das Fleisch gegeben. Um dessentwillen hat
er dreimal auf seinen Knieen gefleht — und was für ein
Flehen wird das gewesen sein! —: „Herr, stehe von mir
ab!" Doch die Antwort, die ihm zuteil wurde, lautete:
„Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in
Schwachheit vollbracht". Paulus war in den dritten Himmel
entrückt worden. Gott wollte diesen Menschen zu Seinem
Vertrauten machen und hat ihm mitgeteilt, was keinem
anderen gesagt worden ist. Unaussprechliche Worte
hat er vernommen, die der Mensch nicht sagen darf. Nicht
Abraham, nicht Mose oder einem anderen hat Gott mitgeteilt,
was von Ewigkeit her verborgen war. Seine Gnade
erwählte Paulus dazu — welch eine Auszeichnung! Aber
da die Gefahr der Uberhebung bestand, war der Dorn für
das Fleisch nötig. Diese Notwendigkeit hat Paulus zu
428
nächst nicht eingesehen, wohl aber später. Und still hat er
getragen, was Gott ihm zu geben für gut fand. So konnte
er am Abend seines Lebens sagen: „Ich habe den guten
Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe
den Glauben bewahrt" (2. Tim. 4, 7). Es war Gnade,
daß der Herr den Dorn nicht wegnahm.
In unserem Kapitel heißt es: „Er versiegelt die Hand
eines jeden Menschen, damit alle Menschen Sein Werk
kennen lernen". (V. 7.) Der eine ist Zeit seines Lebens
krank, der andere nicht. Der eine ist reich, und der andere
verbringt ein ganzes Leben in Armut. Aber es ist dieselbe
Liebe, dieselbe Sorge, die alle umgibt. Nicht zwei Bekehrungen
sind sich gleich, nicht zwei Häuser, mit denen Gott
auf gleiche Weise verführe. In dem einen Hause werden
alle Kinder bekehrt, in dem anderen wird gebetet und geweint,
und nicht eins wird bekehrt. Der eine macht Geschäfte,
und alles, was er beginnt, glückt ihm. Der andere
hat in allem eine unglückliche Hand. Es gibt Fälle,
für die wir eine Erklärung finden, aber manche sind und
bleiben unerklärlich. Sich damit zu beschäftigen, ist nicht
gut. Das ist nicht deine Sache, und auch nicht die meinige.
Gott läßt sich nicht in Seine Pläne schauen. Er handelt nach
Seinem Wohlgefallen. Es ist gefährlich, wenn wir uns
fragen: Warum ist der und der so gesund, und bei mir
löst eine Krankheit die andere ab? Asaph, der Psalmist, ist
auch so weit gekommen, daß er Gott fragte, warum der
Weg der Gottlosen gelinge. „Fürwahr, vergebens habe ich
mein Herz gereinigt", spricht er im Unglauben, „und in
Unschuld gewaschen meine Hände, da ich ja geplagt ward
den ganzen Tag, und alle Morgen meine Züchtigung da
war." (Ps. 73, 43. 44.) O es ist gefährlich, nach diesem
12Y
„Warum" zu fragen! Gott tut nicht zweimal dasselbe.
Denken wir an Petrus! Dieser Mann war in mancher Hinsicht
bevorzugt. Er hat beinahe nichts anderes als Großes
erlebt. Eben hat er den Herrn kennen gelernt, da wird
seine Schwiegermutter geheilt. (Mark, 1, 30. 31.) Als
er auf Sein Geheiß seine Netze auswirft, macht er einen
Fang wie nie. (Luk. 5, 5—8.) Er verkündigt das Evangelium,
und dreitausend werden bekehrt. (Apstgsch. 2,
41.) Er geht durch die Straßen, sein Schatten fällt auf
Kranke, und sie werden gesund. (Apstgsch. 5, 15.) Er
kommt ins Gefängnis, und Gott sendet einen Engel, um
ihn zu befreien. (Apstgsch. 12, 7.)
Bei Paulus finden wir in dieser Hinsicht vieles anders.
Wie verschieden sind doch diese beiden Lebensläufe!
Als Saulus in Damaskus gepredigt hatte, wollte man ihn
gefangen nehmen. (Apstgsch. y, 22—25.) Da sendet Gott
keinen Engel zu seiner Rettung. Ein Tau und ein Korb
sind da, um ihn durch die Mauer hinabzulassen. Für Petrus
einen Engel, und für Paulus einen Korb! Was sollen
wir dazu sagen? Danach zu fragen, war auch nicht des
Paulus' Sache. Der Meister hatte es so geführt. Als der
Apostel später im Gefängnis zu Philippi liegt (Apstgsch.
16), da ist es ein Erdbeben, das die Kerkertüren sprengt -
kein Engel. Ein andermal, als er gefangen ist, und die Juden
einen Anschlag gegen ihn planen (Apstgsch. 23, 12),
wird sein Neffe zu seiner Rettung benutzt. Was gut finden
einen ist, ist es noch nicht für den anderen. Deine Geschichte
ist nicht die meinige. Die Glaubensproben deines
Hauses würden für mich nicht passen, und die meinigen
nicht für dich. Alle Kreuze sind nach Maß gemacht, und
das Kreuz, das du trägst, entspricht genau deinen Be
— 4Z0 —
dürfnissen, wie mein Kreuz den meinigen. Ich kann auch
nicht das Kreuz eines anderen tragen. Manchmal scheint
es so, als sei mein Kreuz schwerer als das anderer Menschen.
Wenn wir es vertauschen könnten — bevor der Tag zu
Ende wäre, würden wir froh sein, unser eigenes Kreuz
zurückzuhaben. — Ein Siegel auf die Hand eines jeden
Menschen, damit ein jeder Sein Werk kenne I
Laßt uns zum Schluß noch einen Augenblick bei den
vier großen Propheten verweilen: Jesaias, Jeremias, Hese-
kiel und Daniel. Bei nicht zwei von ihnen sind die Umstände
gleich.
Von Jesaiaö lesen wir einmal, daß er geweint habe
(Jes. 22, 4), als es sich um Jerusalem handelte. Er ist
der Evangelist des Alten Testaments und hat eine frohe
Botschaft von der Gnade Gottes zu bringen.
Jeremias' Geschichte weist ganz andere Züge auf.
Gott verbietet ihm, zu heiraten. (Kap. 46, 2.) Er hat sein
ganzes Leben geweint, ist von einem Gefängnis ins andere
gewandert und hat die Klagelieder gedichtet. Warum mußte
sein Leben also verlaufen? Wir wissen es heute. Er sollte
ein Bild von Jerusalem sein. Aber für ihn selbst enthielt
sein Leben viele „Warum". Hätte er nicht sagen können:
Jesaias ist viel besser daran als ich?
Hesekiel hätte nicht die Klagelieder verfassen können.
Ein wunderbarer Dienst war ihm anvertraut. Doch war
auch sein Weg reich an schweren Prüfungen. Der Prophet
hing sehr an seiner Lebensgefährtin. Sie war die Lust
seiner Augen. Da kommt ein Tag, an dem er das Wort
des Herrn reden muß — und die Blume wird gepflückt,
die schönste Blume seines Lebensgartens. (Kap. 24,
45—47.) „Ich nehme die Lust deiner Augen von dir weg
- rzr —
durch einen Schlag; und du sollst nicht klagen und nicht
weinen, und keine Träne soll dir kommen. Seufze schweigend,
Totenklage stelle nicht an . . .". Mit einem gebrochenen
Herzen muß er predigen, mit blutendem Herzen
dem Herrn dienen. Er hätte sagen können: Warum geschieht
mir das? Andere werden doch verschont! Er tut es
nicht. Es war Gottes Sache, und ihm geziemte es, still zu
sein.
Daniel ist viel geprüft worden. Wieviel Herren hat
er gehabt, wieviel Königen gedient! Bis ans Ende seines
Lebens bleibt er ein Gefangener. Aber ist er dabei nicht
ein glücklicher Mann? Ist es nicht ein unendlich hohes Borrecht,
sich von Gott einen „Vielgeliebten" nennen zu hören?
Und nun noch ein Wort von dem „Evangelisten" des
Alten Testaments! Es steht im 50. Kapitel. Wohin versetzt
uns dieses Kapitel? In den Hof des Hohenpriesters.
Da ist Einer, der „Seinen Rücken den Schlagenden und
Seine Wangen den Raufenden" bietet, der „Sein Angesicht
nicht verbirgt vor Schmach und Speichel". (V. b.)
Wer ist der Mann, der da steht? Wie ist Sein Name? Es
ist Der, der das gewaltige Wort gesprochen hat: „Ich
kleide die Himmel in Schwarz und mache Sacktuch zu ihrer
Decke" (V. Z), der aber dann fortfährt: „Der Herr,
Jehova, hat mir eine Zunge der Belehrten gegeben, damit
ich wisse, den Müden durch ein Wort aufzurichten" (V. 4)
— ihm zur rechten Zeit ein Wort zu geben. Ein und dieselbe
Person, der Mächtige, der Schöpfer, Gott von Ewigkeit,
der alles in Seiner Hand trägt, und zugleich der Demütige,
der tief Erniedrigte, der Mann der Schmerzen, der
Hirte, der Sein Leben gibt für Seine Schafe, und der sie
trägt in nie endender Liebe und Treue.
— rZ2 —
Ihn werden wir bald sehen, vielleicht ganz bald. Dann
werden unsere Augen aufgetan sein. Dann werden wir
verstehen, was uns hienieden verborgen geblieben ist. Dann
wird Sein Weg nicht mehr im Meere sein, denn „das Meer
ist nicht mehr". (Offbg. 2t, t.)
Solang wir aber noch in diesem Leibe der Schwachheit
sind, wolle Er uns unterwürfige Herzen geben, die
nicht zu untersuchen begehren, warum Er so und so mit
uns handelt, sondern Herzen, die in vollem Vertrauen
hinnehmen, was Er schickt, ohne zu fragen: Warum? Morgen
werden wir begreifen. Morgen werden wir alles verstehen.
Ja, vielleicht scbon heute!
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
IV.
KapitelZ — 4, 6
Wie wir gesehen haben, stellt unser ganzer Abschnitt
die völlige Gegensätzlichkeit dar, die zwischen dem Dienst
des Gesetzes und dem des Geistes besteht. Die beiden
Dienste stimmen auch nicht in einem Punkt überein. Der
Dienst des Gesetzes ist ein Dienst des Todes und kann nur
verdammen. Das Gesetz konnte auch in seinem weniger
starren Charakter, in welchem Gott eS dem Moses bekannt
machte, als Er ihm zum zweitenmal die Gesetzestafeln gab,
nichts als verdammen. Auch eine Herrschaft, bei der das
Gesetz mit Erbarmen gemischt ist, also die Form, unter der
Israel tatsächlich gestanden hat — denn das war nicht die
absolute Gesetzes-Herrschaft —, ist immer noch von tödlicher
Wirkung für die, welche sich ihr unterstellen. So
— 4ZZ —
haben auch heute alle, welche sich, obwohl sie keine Juden
sind, sondern sich Christen nennen, dieser gemischten Herrschaft
unterwerfen, nichts als Verdammnis zu erwarten,
da dieses Gesetz nicht nur ein Dienst des Todes, sondern
auch der Verdammnis ist. Zeder Mensch steht von
Natur unter dem durch das Gesetz gefällten Urteil, und
dieses Urteil ist unwiderruflich. Jeder Mensch unter Gesetz
findet dort nichts anderes, aber Gott benutzt dieses Mittel,
um ihn von der Sünde zu überführen, ihm seinen eigenen
Zustand klarzumachen und ihn zur Erkenntnis zu bringen,
daß die Gnade Gottes allein ein Opfer zu bringen vermag,
das ihn vom Fluche des Gesetzes befreit. Durch das Kommen
des Herrn, das den Sündern die Gnade brachte, ist
das ganze System des Gesetzes als Mittel der Rechtfertigung
zusammengebrochen.
Wenn nun das Gesetz ein Dienst der Verdammnis
und des Todes ist, so ist der christliche Dienst, wie wir bereits
sahen, der Dienst des Geistes und der Gerechtigkeit.
Aber wir finden noch etwas anderes in unserem Abschnitt,
und zwar dies: Das Evangelium, das der Apostel verkündigte,
war das Evangelium der Herrlichkeit und
brachte die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht
Jesu Christi. (Kap. 4, 4. 6.) In den Briefen des
Paulus ist bäufig die Rede von dem Evangelium (oder
der guten Botschaft) der Herrlichkeit, und viele lesen aus
diesem Ausdruck lediglich den Gedanken heraus, daß der
Herr nach vollbrachtem Werk in die Herrlichkeit hinaufgestiegen
ist. Das ist gewiß eine gute Botschaft, aber der Ausdruck
geht viel weiter. Er bedeutet nichts weniger als die
Zusammenfassung aller Vollkommenheiten Gottes, die seit
den: Kreuze so völlig zutage getreten sind. Und wo ist das
r34
geschehen? Wer bringt diese Vollkommenheiten zur Darstellung?
Wo kann ich sie sehen? Zm Angesicht Iesu
Christi. In Ihm hat Gott Seinen Haß gegen die Sünde
sowie Seine Gerechtigkeit, welche die Sünde verdammen
mußte, kundgetan. Dort, in der Person des Heilands, hat
Er sie in Tat und Wahrheit verurteilt. Dort hat Gott Seine
Heiligkeit geoffenbart, eine Heiligkeit, die das Böse nicht
sehen, noch es in Seiner Gegenwart dulden kann. Dort hat
Er Seine Majestät zur Schau gestellt, die Größe des alleinigen
Gottes, der Sich herabläßt, Sich mit Seinen Geschöpfen
zu beschäftigen. Dort hat Er auch Seine Liebe hervorstrahlen
lassen, den Höhepunkt Seiner Vollkommenheiten,
eine Liebe, die uns gegenüber den erhabenen Namen
derGnade angenommen hat. Die Gnade ist erschienen,
um uns in der Tiefe des Abgrunds zu suchen, wohin
die Sünde uns gestürzt hatte, ist erschienen, um uns zu
retten und zu Gott zu führen. Das ist das Evangelium
der Herrlichkeit Gottes. In Kap. Z, 18 zeigt uns
der Apostel, daß wir alle uns vor diese Herrlichkeit stellen
und uns von ihr durchdringen lassen können. Für uns
gibt es keine Furcht vor der Herrlichkeit: Die Gerechtigkeit
Gottes ist voll und ganz befriedigt worden durch die Hingabe
Christi. Wie könnte diese Gerechtigkeit mich je verdammen,
da sie, nachdem sie meinen Heiland getroffen.
Ihn erhöht hat zur Rechten Gottes? Wir haben es hier mit
vollendeten Tatsachen zu tun. Die Liebe Gottes ist einmal
in ihrer ganzen Kraft gegen uns übergeströmt. An einem
dunklen Ort, wo der Sohn Gottes, von den Menschen verworfen,
gekreuzigt wurde, ist sie in ihrem ganzenLicht
hervorgestrahlt. Könnte man sich eine vollkommenere
Liebe denken als die am Kreuze sichtbar gewordene?
— 735 -
Der Apostel vergleicht dann die unter dem Gesetz geoffenbarte
Herrlichkeit mit derjenigen, die unter der Herrschaft
der Gnade so vollkommen hervorgetreten ist. Als
Beispiel dafür dient ihm Moses. (Vers 7.) Auch unter dem
Gesetz gab es eine gewisse Herrlichkeit, aber es
war nicht d i e Herrlichkeit. Man kann sich hiervon überzeugen,
wenn man das 33. Kapitel vom 2. Buche Mose liest
(V. 78), wo Moses, nachdem die Sünde des goldenen Kalbes
geschehen war, Gott bittet, Seine Herrlichkeit sehen
zu dürfen. Die Antwort Jehovas lautete, daß das nicht
möglich sei (V. 20—23). Moses konnte das Angesicht
Gottes nicht sehen; Gott blieb allein in Seiner Herrlichkeit.
Die Wolke war Seine herrliche Wohnung, und niemand
vermochte in sie einzutreten. Nur unter der Herrschaft
der Gnade können die Jünger in die Wolke eintreten
und den Vater zu ihnen reden hören über Seinen Sohn.
Trotz dieser Weigerung läßt Jehova aber „alle Seine Güte"
an Moses vorüberziehen (Kap. 33, 79), das heißt einen
Teil Seiner Herrlichkeit, wie es unter dem Gesetz möglich
war. (Kap. 34, 6. 7.) Auf den ersten Blick möchte es
scheinen, als ob hier eine Verbindung mit der Herrschaft der
Gnade stattfinde. Das ist aber keineswegs der Fall. Wohl
läßt Gott, der sich selbst nicht verleugnen kann, sich herbei,
im voraus kundzutun, daß Er ein Gott der Barmherzigkeit,
der Güte und Geduld ist, aber ebenso ist Er auch
ein Gott, „der keineswegs den Schuldigen für schuldlos
hält, der die Ungerechtigkeit der Väter Heimsucht an den
Kindern und Kindeskindern, am dritten und am vierten
Gliede".
Moses, der Vermittler des Gesetzes, war sozusagen der
einzige Mensch in Israel, der selbst nicht unter dem Gesetz
136
stand. Er kannte einige kostbare Züge von Gottes Gnaden-
Charakter und war imstande, sie zu genießen. So kommt
er aus Gottes Gegenwart und tritt vor das Volk. (Kap.
34, 29 35.) Und was zeigt sich? Sein Antlitz strahlte!
Die wenigen Strahlen der Herrlichkeit Gottes, die er empfangen
hatte, genügten, um sein Antlitz erstrahlen zu lassen.
Welche Wirkung aber hat der Anblick dieser Herrlichkeit
auf das Volk? Eine anziehende? Im Gegenteil: „Sie
fürchteten sich, ihn: zu nahen". Sie hatten Furcht vor
der Herrlichkeit, weil gerade diese ihre Verurteilung in sich
schloß. Dann legt Moses eine Decke auf sein Angesicht.
Diese Tatsache ist der Ausgangspunkt der Belehrungen unseres
Kapitels.
Aber Moses legt die Decke nicht nur deswegen auf
sein Angesicht, weil die Söhne Israels diesen strahlenden
Glanz nicht hätten ertragen können, sondern auch aus
dem Grund, damit das Volk seine Augen nicht auf das
Ende dessen heften möchte, was hinweggetan werden sollte.
Sie sollten die Herrlichkeit nicht sehen. Wenn sie sie
gesehen hätten, wie wir sie sehen, so hätten sie sich der
Herrschaft entzogen, unter die Gott sie gestellt hatte, und
hätten Christum in all den Anordnungen des Gesetzes
gesehen. Die Herrschaft des Gesetzes wäre beendet und der
ganze weitere Verlauf der Wege Gottes mit den Menschen
unterbrochen worden. Wir erblicken heute im Angesicht
Christi die Herrlichkeit Gottes in ihrer ganzen Fülle
zu unseren Gunsten, und wunderbare Dinge sind's, die wir
da entdecken. Gott bedient sich dieser Entdeckungen, um
uns zu einer Würdigung des Schatzes zu führen, den wir
in Ihm besitzen, und um uns mit dem Wunsch zu erfüllen,
unserem Vorbild nachzuahmen.
— rZ7 —
Der Apostel zeigt uns dann, daß diese Decke, die
auf dem Antlitz Moses' war, für die Juden auch auf den
Schriften liegt. Sie stehen nach Jesaias 6 unter einem Gericht.
Der einzige, den sie in den Schriften sehen sollten,
ist Christus, und gerade Ihn erkennen sie nicht darin. Sie
wissen, wieviel Buchstaben und Silben die Schriften enthalten,
aber sie wissen nichts von der Person des Heilands.
Wir finden also folgendes hier: Die Decke liegt aufdem
Antlitz Moses', der die Juden über die Herrlichkeit
Gottes hätte unterrichten können. Sie liegt auf den
Schriften, in denen sie Christum hätten erkennen sollen.
Und schließlich: Die Decke liegt auf ihren eigenen
Herze n. (V. 75.)
Wie anders ist es mit unö heute! Wir können mit
aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen.
Die Decke ist von dem Angesicht unseres Moses,
des Herrn Jesus, wcggenvmmen. Wir können vor Ihm
verweilen, um Ihn in voller Freimütigkeit zu betrachten.
Durch die Erlösung ist alles, was Gott ist, Seine ganze
Herrlichkeit, geoffenbart worden in dem Sohn des Menschen
und in dem Sohne Gottes. Das Ergebnis dieses Betrachtens
ist, daß wir in dasselbe Bild verwandelt werden.
Glückselig die Christen, die mit voller Freimütigkeit vor das
enthüllte Angesicht Jesu Christi treten können, und die genügend
mit Seinen Vollkommenheiten beschäftigt sind, um
sie auf ihrem Weg hienieden auszustrahlen! Beachten wir
die Worte: „Wir alle, mit ausgedecktem Angesicht
anschauend . . ." Keine Decke auf dem Antlitz Jesu
Christi, keine auf unserem Angesicht! Unsere Augen sind
geöffnet, heute geöffnet. Israels Augen werden später
geöffnet werden. Das lehrt schon Jesaias 29, 78; das
— 138 —
lehrt auch der 1b. Vers in unserem Kapitel: „Wenn Israel
zum Herrn umkehren wird, so wird die Decke weggenommen".
Gott hat uns die Augen geöffnet. An uns ist es nun,
sie offen zu halten. Wie leicht schließen wir sie! Unter
Satans Händen trägt ja, wenn wir nicht achtgeben, alles,
was in dieser Welt ist, dazu bei, uns blind zu machen. Sobald
wir den Anblick der Herrlichkeit Gottes verlieren, gibt
es einen Stillstand, ja, was noch schlimmer ist, einen
Rückgang in unserer geistlichen Entwicklung. Der Name
Christi verschwindet gar schnell aus unseren Herzen, und
andere Dinge treten an seine Stelle, Dinge, die uns in den
Augen der Welt Ansehen verschaffen.
Nachdem der Apostel zu den Juden gesprochen hat,
geht er im Anfang des folgenden Kapitels (V. 1—6) zu
den Nationen über, wenn er schreibt: „Wir empfehlen
uns selbst jedem Gewissen der Menschen vor
Gott". Paulus tat das Gegenteil von dem, was Moses
hatte tun müssen: Die Herrlichkeit ausstrahlend, die er
im Angesicht Jesu Christi angeschaut hatte, stellte er sich
selbst der Welt dar, indem er, wie Stephanus, auf seinem
Angesicht den Abglanz dieser Herrlichkeit trug als Frucht
des für die Sünder vollbrachten Werkes der Gnade.
„Wenn aber auch", sagt er, „unser Evangelium verdeckt
ist, soistesindenenverdeckt,dieverlorenge-
h e n, in welchen der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen
verblendet hat, damit ihnen nicht ausstrahle der
Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus,
welcher das Bild Gottes ist." (V. 3. 4.) Wie haben die Nationen
dieses Evangelium ausgenommen? Ach, auch auf
ihren Herzen liegt eine Decke. Müssen wir das nicht heute
feftstellen bei der uns umgebenden Welt, die, obwohl sie
den Namen Christi trägt, dem Evangelium Seiner Herrlichkeit
gänzlich entfremdet ist? Fürwahr, es ist Satan gelungen,
den Menschen, die doch in Verbindung stehen mit
dem vollen Licht des Evangeliums, eine dicke Decke aufs
Herz zu legen.
Der Apostel war ein aus erwähltes Gefäß (V. 6), dazu
bestimmt, das Evangelium in die Welt hinauszutragen.
Um ihretwillen hatte Gott etwas ganz Wunderbares getan,
eine Sache, die noch unendlich größer war als die
Erschaffung der Welt selbst, und das war doch ganz gewiß
keine Sache ohne Folgen! Bei Gelegenheit der Schöpfung,
als noch „Finsternis über der Tiefe" war, sprach Gott:
„Es werde Licht! Und es ward Licht". Das Licht durchbricht
die Finsternis, und seitdem leuchtet es. Was aber das Herz
des Menschen angeht, steht geschrieben: „Das Licht scheint
in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfaßt".
(Zoh. 1, 5.) Daher beschreibt der Apostel den Zustand seines
Herzens zur Zeit seiner Bekehrung mit den Worten:
„Der Gott, der aus Finsternis Licht leuchten hieß, ist
es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der
Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi".
Das göttliche Licht, weitaus strahlender als das der
Sonne bei der Schöpfung, hat in das Herz von Saulus
von Tarsus geleuchtet, hat gleicherweise auch mitten in
die Finsternis unserer eigenen Herzen hineingeleuchtet, um
sich hier in seiner ganzen Fülle zu offenbaren. Es ist eine
neue Schöpfung, die um soviel höher als die erste
Schöpfung ist, wie der Himmel höher ist als die Erde, eine
Schöpfung, die nicht die ganze Erde zum Schauplatz hat,
sondern ein armes, krankes und finsteres, enges und be
140
grenztes Menschenherz, das Gott instandgesetzt hat, Ihn
zu umfassen, sowie den ganzen Lichtglanz der Erkenntnis
Seiner Herrlichkeit widerzuftrahlen im Angesicht eines
Menschen! Das Alte ist vergangen; alles ist neu geworden.
Alles, was Gott in Liebe ist, hat in einem Menschenherzen
Wohnung gemacht, um darin zu leuchten. Aber zu welchem
Zweck? Nicht damit der Apostel (und wir mit ihm)
es für sich behielte, sondern damit dieses Liebt leuchte und
allen denen entgegenstrahle, welchen der Diener Christi es
darstellt. Ohne Zweifel genoß der Apostel selbst viel von
diesem Licht, und wir hoffentlich auch, aber der Zweck des
Lichtes ist, zu strahlen, während es zugleich mit seinem
Lichtglanz die Herzen erfüllt, in welche es geleuchtet hat.
Möchten wir doch diese unendliche Gnade genügend
schätzen! Gott hat uns, so schwach wir auch sind, — keine
„auöerwählten Gefäße" wie der Apostel — zu Bewahrern
alles dessen gemacht, was Er in der Person Christi ist,
damit wir es in unserem Leben hervortreten lassen, und damit
Seelen zu Seiner Erkenntnis gebracht oder andere
durch uns auf dem Wege des Glaubens und des Zeugnisses
ermuntert werden.
„Lasset euer Llcht leuchten!"
Gegen die Christen schreibt Nietzsche: „Cure Gesichter sind
immer eurem Glauben schädlicher gewesen als unsre Gründe.
Wenn jene frohe Botschaft eurer Bibel euch ins Gesicht geschric
ben wäre, ihr brauchtet den Glauben an die Autorität dieses Bu-
ches nicht so halsstarrig zu fordern. Cure Werke, eure Bandlungen
sollten die Bibel fortwährend predigen. So hat aber alle
eure Apologie (Verteidigung) des Christentums ihre Wurzel in
eurem Unchristentnm, und mit eurer Verteidigung schreibt ihr eure
eigne Anklageschrift."
Sie Seligpreisungen
v.
„Glückselig, die reinen Herzens sind."
Der in der sechsten Seligpreisung genannte Herzenszustand
ist von hervorragender Schönheit und Bedeutung,
was schon daraus hervorgeht, daß mit ihm eins der erhabensten
Vorrechte verknüpft ist, nämlich, Gott zu schauen.
Daß diese Seligpreisung zwischen die der „Barmherzigen"
und der „Friedensstifter" eingeschoben ist, möchte
auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen. Wenn man
aber bedenkt, daß die Barmherzigkeit eine der wunderbarsten
Eigenschaften des heiligen Gottes ist — sofern man
in dieser Hinsicht überhaupt Unterschiede machen darf —,
und ferner, daß eine wahre, der göttlichen entsprechende
Barmherzigkeit nur in einem wirklich „reinen" Herzen gefunden
werden kann, so tritt an die Stelle der anfänglichen
V e r wunderung die B e wunderung. Anderseits können wir
hier gegenüber der vorigen Seligpreisung einen Fortschritt
der Seele feststellen, denn „Reinheit des Herzens" ist ein
wahrhaft himmlischer und erhabener Zustand. Wahres Genießen
der Barmherzigkeit Gottes und das daraus hervorgehende
eigene Barmherzigsein hat niemals zur Folge, daß
man es mit der Heiligkeit nicht genau nimmt, im Gegenteil,
es dient dazu, sie in ihrer Bedeutung erst recht zu erkennen
und aufrechtzuhalten. Es bewirkt, daß alles gerichtet
wird, was sich in Herz und Leben an nicht mit der Rein-
ttXXXII 6
— 142 —
heit Gottes Übereinstimmendem zeigt, und daß man gemäß
dieser Reinheit, deren Muster Christus ist, gebildet wird.
Das Herz des Menschen, das nach der Schrift sowohl
der Sitz seiner inneren Empfindungen als auch die Kraftquelle
ist, von der alles Fühlen, Wollen und Begehren ausgeht,
ist von Natur nicht mehr rein. Schon zur Zeit der
Flut mußte Gott erklären, daß das „Gebilde der Gedanken
des menschlichen Herzens von seiner Jugend an den
ganzen Tag nur böse sei". (Vergl. 1. Mose 6, 5; 8, 21.)
Später ließ Er durch den Propheten Jeremias sagen:
„Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist
es; wer mag es kennen?" (Kap. 17, 9.) Und wie vernichtend
sind die Aussprüche des Herrn Jesus selbst, des wahren
Herzenskenners! Er stellt das Herz als eine unreine
Quelle dar, die die abscheulichsten Dinge, wie Ehebruch,
Hurerei, Mord usw. hervorsprudelt. (Mark. 7, 21. 22.)
Daß bei solchem Herzenszustand kein Weilen in der Gegenwart
Gottes, der „zu rein von Augen ist, um Böses zu sehen"
(Hab. 1, 13), geschweige denn ein Anschauen Gottes
möglich ist, bedarf keiner Frage. Es ist daher nicht verwunderlich,
daß der erste Mensch nach dem Sündenfall vor
Gott floh, und daß er sich beim Vernehmen Seiner Stimme
hinter den Bäumen des Gartens versteckte; aucb verstehen
wir, daß Gott selbst den Menschen aus dem Paradiese
Hinaustrieb, wo Er mit ihm verkehrt hatte. Soll ein
Umgang mit Gott möglich sein, so muß das Herz gereinigt,
und die verübten Sünden müssen getilgt werden, was nur
durch das Blut Jesu Christi geschehen kann, das nicht nur
„reinigt von aller Sünde" (1. Joh. 1, 7), sondern das
auch „reinigt vom bösen Gewissen". (Hebr. 10, 22.) Nur
der also Gereinigte vermag Gott zu nahen.
— r4Z --
Das Werkzeug in der Hand Gottes, um diese Herzensreinigung
zu bewirken, ist der Glaube. Das drückt Petrus
treffend mit den Worten aus: „Gott, der Herzenö-
kenner,... machte keinen Unterschied zwischen uns und
ihnen (den Nationen), indem Er durch den Glauben ihre
Herzen reinigte". So gereinigt, konnte der Heilige
Geist darin Einkehr halten. (Vergl. Apstgsch. 45, 8. y.)
Der Glaube erfaßt, was Gott „in dem Wort der Wahrheit"
über den Menschen, seinen Zustand und seine Sünden,
über die Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes, sowie
über das Werk Christi sagt, und zieht die nötigen Folgerungen,
indem der Betreffende, in welchem Er wirkt, sich
selbst Gott gemäß richtet und das Werk Jesu Christi als
für ihn geschehen annimmt. Diesen Vorgang nennt derselbe
Apostel in seinem ersten Briefe „das Reinigen der Seele
durch den Gehorsam gegen die Wahrheit".
Mit dieser Reinigung durch das Wort Gottes und das
Blut Jesu ist aber der Reinigungsprozeß nicht abgeschlossen.
„Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, so betrügen
wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns."
(4. Joh. 4, 8.) Deshalb müssen wir fortgesetzt ein ernstes
Selbstgericht üben, um gemäß der Reinheit, die wir durch
die neue Geburt und die Waschung durch Jesu Blut erlangt
haben, praktisch rein zu bleiben, sowohl innerlich
wie äußerlich. Sorgfältig auf alles achtzugeben, was in
uns vorgeht und von außen an uns herantritt, alle Regungen
des Herzens gewissenhaft zu überwachen und alles zu
richten, was nicht mit der Heiligkeit Gottes übereinstimmt,
ist ein Gebot jeder Stunde. Nur so ist es möglich, die Gemeinschaft
mit Gott — in gewissem Sinne das Schauen
Seines Angesichts — zu genießen. Weil wir „Söhne und
144
Töchter des Herrn, des Allmächtigen", sein sollen, gilt es,
„uns selbst zu reinigen von jeder Befleckung des Fleisches
und des Geistes". (Vergl. 2. Kor. 6,18; 7,1.) Nicht nur
die Tatsünden, auch die Gedankensünden müssen gerichtet
werden. Auf diese Weise wird „die Heiligkeit vollendet in
der Furcht Gottes".
Eins ist hier zu beachten. Diese fortgesetzte Reinigung
darf nicht in gesetzlicher Weise geschehen. Nur der Genuß
der Gnade macht dazu wirklich fähig. Die Gnade Gottes,
die heilbringend erschienen ist, unterweist uns, die
Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste zu verleugnen. (Tit.
2,12.) Deshalb auch, wie im Anfang bemerkt, das Folgen
der Glückseligpreisung derer, „die reinen Herzens sind",
auf diejenige der „Barmherzigen". Das zunehmende Trin­
ken aus dem tiefen Strom des göttlichen Erbarmens kann
nur ein wachsendes Bedürfnis nach Heiligkeit und Reinheit
bewirken. Zudem entspricht dieses Begehren auch der empfangenen
neuen Natur, ist doch „der neue Mensch, den wir
angezogen haben", „nach Gott geschaffen in wahrhaftiger
Gerechtigkeit und Heiligkeit". (Eph. 4, 24.) Wir
lieben das Licht und darum auch Heiligkeit und Reinheit,
denn wir sind „Licht in dem Herrn" und „Söhne des
Lichts" geworden. (Vergl. Eph. 5, 8; 1. Thess. 5, 5.)
Rein in absolutem Sinne ist Gott allein. Er ist
„Licht" und „bewohnt ein unzugängliches Licht". Keiner
der Menschen hat Ihn je gesehen, noch kann einer Ihn
sehen. (Siehe 1. Ioh. 1, 5; 1. Tim. 6, 16.) Doch Gott
kann sich offenbaren, und das hat Er verschiedentlich getan:
in der Schöpfung, in Seinem Wort und vor allem in
Seinem Sohne, in Christo. Christus ist „das Bild des unsichtbaren
Gottes"; in Ihm können wir Gott schauen, und
145
zwar in der vollkommensten Weise. (Vergl. Kol. 1, 15;
Joh. 1, 18; 14, 9.) Wahrlich, es ist eine kaum auszudenkende
Gnade, daß arme Geschöpfe, wie wir Menschen sind,
Gott schauen dürfen! Daß es sich hier zunächst um ein
Schauen mit den Augen des Glaubens handelt, braucht
wohl kaum gesagt zu werden. Wir dürfen Ihn sehen in
Seiner Größe, Macht, Erhabenheit, Herrlichkeit, Gerechtigkeit,
Heiligkeit, Liebe, Güte, Barmherzigkeit usw. Aber
was noch größer ist, wir dürfen sogar den vertrautesten
Verkehr mit Ihm pflegen, dürfen uns Seiner Gegenwart
erfreuen.
Das Bedürfnis, Gemeinschaft mit Gott zu haben und
Seine Nähe zu genießen, war zu allen Zeiten bei wiedergeborenen
Menschen vorhanden. Während der gefallene
Mensch „sich vor dem Angesicht Jehovas Gottes mitten unter
die Bäume des Gartens versteckte", hat der wiedergeb
o r e n e Mensch das Begehren, das Angesicht Gottes
zu suchen. „Wann werde ich kommen und erscheinen vor
Gottes Angesicht?" fragt verlangend ein solcher, während
ein anderer (David) ausruft: „Gott, du bist mein Gott!
frühe suche ich dich. Es dürstet nach dir meine Seele,...
— gleichwie ich dich angeschaut habe im Heiligtum —, um
deine Macht und deine Herrlichkeit zu sehen." Und ein anderes
Mal begehrt er, „die Lieblichkeit Jehovas anzuschauen
und nach Ihm zu forschen in Seinem Tempel". (Siehe Ps.
42, 2; 63,1. 2; 27, 4.) Doch zu solchem Schauen Gottes
ist Reinheit des Herzens erforderlich. Wenn Jakobus die,
an welche er schreibt, auffordert, Gott zu nahen, damit Er
sich ihnen nahe (d. h. um Seine glückselige Gemeinschaft
zu genießen), fügt er hinzu: „Säubert die Hände, ihr Sünder,
und reiniget die Herzen, ihr Wankelmütigen". (Jak.
— 146 —
4, 8.) Wichtigstes Erfordernis für den Gläubigen ist daher,
nicht nur alles Verkehrte in seinen Werken (Hände)
zu richten, sondern vor allem auch auf das Herz achtzuhaben
und den Stab zu brechen über alles, was der Reinheit
Gottes nicht entspricht. Nicht umsonst heißt es in den
Sprüchen: „Behüte dein Herz, mehr als alles, tvas
zu bewahren ist". (Spr. 4, 23.)
Ein sehnliches Verlangen nach der Gegenwart Gottes
und dem Leuchten Seines Angesichts finden wir auch bei
dem Überrest, von dem in früheren Abhandlungen wiederholt
die Rede war. Da er aber (vergl. Ps. 51, wo David
prophetisch diesen Überrest darstellt) das Gefühl hat, daß
ihm dieses große Vorrecht infolge seiner Sünden und vor
allem wegen der Ermordung des Gerechten, des Messias,
verloren gegangen ist, so fleht er in seinem Verlangen nach
dieser Gegenwart: „Verwirf mich nicht von deinem Angesicht",
und dies, nachdem er vorher Gott gebeten hat, nicht
nur „alle seine Ungerechtigkeiten zu tilgen", sondern auch
„ein reines Herz in ihm zu schaffen". Zn Ps. 32 preist der
Überrest durch den Mund desselben Psalmisten den Menschen
glückselig, in dessen Geist kein Trug ist — auch ein
Stück der Herzensreinheit. Daraufhin kann Gott ihm sagen,
daß Er ihm mit Seinem auf ihn gerichteten Auge raten
wolle, ein Beweis, daß er jetzt nahe genug bei Zhm ist,
um Sein Auge sehen zu können. (Vergl. auch Ps. 73.)
Überall bezeugt die Schrift, daß Gemeinschaft mit Gott
stets mit Reinheit gepaart gehen muß, besonders mit Reinheit
des Herzens.
Wenn nun auch, wie wir hörten, in der sechsten Seligpreisung
zunächst an ein geistliches Schauen Gottes gedacht
ist, so ist damit das leibliche Schauen nicht ausge
147
schlossen. Andere Stellen bestätigen dies. Schon Hiob sagte
im Blick auf die Auferstehung — obwohl er alles noch sehr
dunkel sah —: „Ich werde aus meinem Fleische
Gott anschauen, welchen ich selbst mir anschauen, und den
meine Augen sehen werden, und kein anderer". (Hiob 19,
26. 27.) Völlige Klarheit betreffs dieses Schauens finden
wir dann in den Worten des Herrn Jesus. In Joh. 17 gibt
Er Seinem Willen Ausdruck, daß die Seinigen bei Ihm
seien, da, wo Er ist, auf daß sie Seine Herrlichkeit
s ch au e n m ö ch t e n, die Herrlichkeit, die der Vater Ihm
gegeben hatte. In derselben Richtung bewegt sich Johannes,
wenn er uns in seinem ersten Brief mitteilt, daß „wir
Ihn sehen werden, wie Er ist". „Und jeder, der diese Hoffnung
zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie Er
rein ist", heißt es im Anschluß daran. (Kap. Z, 2. Z.)
Ähnliches finden wir in Offbg. 21. Nachdem die heilige
Stadt, das neue Jerusalem, beschrieben und dann im dritten
Verse des folgenden Kapitels gesagt worden ist, daß der
Thron Gottes und des Lammes in ihr sein würden,
folgt sofort die wunderbare Zusage: „Und Seine
Knechte werden Ihm dienen, und sie werden Sein
Angesicht sehe n". Aber auch hier wieder die Reinheit.
„Die Stadt ist reines Gold gleich reinem Glase";
„die Straße ist reines Gold gleich durchsichtigem
Glase"; und „nicht wird in sie eingehen irgend etwas Gemeines".
Im Himmel ist natürlich keine Reinigung mehr
nötig. Das Wort: „Glückselig, die ihre Kleider waschen,
auf daß sie ein Recht haben an dem Baume des Lebens und
durch die Tore in die Stadt eingehen" (Offbg. 22, 14),
gilt für heute. Das Meer, das vor dem Throne ist, den die
Ältesten umgeben, dient daher nicht mehr zum Waschen
148
(zum Reinigen), sondern ist von Glas, was die unveränderliche
fleckenlose Reinheit derer andeutet, die rings um den
Thron her sind.
Daß auch der Überrest einst mit leiblichen Augen Gott
schauen wird — insoweit selbstverständlich, wie dies in einem
natürlichen Leibe überhaupt möglich ist —, sagt in ergreifenden
Worten vor allem der Prophet Jesaias voraus:
„Deine Augen werden den König schauen in Seiner Schönheit,
sehen werden sie ein weithin offenes Land... Deine
Augen werden Jerusalem sehen, eine ruhige Wohnstätte ..
— daselbst ist ein Mächtiger, Jehova, bei uns". Wer dieser
König ist, teilt Jesaias ebenfalls mit, wenn er fortfährt:
„Denn Iehovaist unser Richter, Jehova unser Feldherr,
Jehova unser König; Er wird uns retten". Wer aber sind
die, welche an dieser Segnung teilnehmen dürfen? „Wer
in Gerechtigkeit wandelt und Aufrichtigkeit redet ...
wer seine Augen verschließt, um Böses nicht zu sehen: der
wird auf Höhen wohnen, Felsenfesten sind seine Burg...".
(Vergl. Jes. ZZ, 14—22.) Also auch hier Reinheit und
Aufrichtigkeit. Ebenso in Ps. 24, wo der Einzug des Königs
der Herrlichkeit in Jerusalem, „der Stadt des großen Königs",
besungen und am Schluß gesagt wird, daß Jehova
der Heerscharen dieser König der Herrlichkeit ist. Wer kann
dann, wenn die Erde und ihre Fülle, sowie der Erdkreis, und
die darauf wohnen, Jehovas sein werden, auf den Berg
Jehovas steigen und an heiliger Stätte stehen? „Der unschuldiger
Hände und reinen Herzens ist ..." Solche
werden den König in Seiner Schönheit sehen. Ihn, den
einst verachteten Jesus von Nazareth. Er, der wahre Mel-
chisedek, wird Gott in der Schöpfung darstellen, und erfüllen
wird sich das andere Wort des Jesaias: „Jehova der
r4y
Heerscharen herrscht als König auf dem Berge Zion und in
Jerusalem, und vor Seinen Ältesten ist Herrlichkeit". (Kap.
24, 23.)
Welch eine Glückseligkeit steht doch mit Herzensreinheit
in Verbindung! Sollte uns dieser Umstand nicht veranlassen,
unsere Herzen, nachdem Gott sie durch den Glauben
gereinigt hat, rein zu erhalten durch die Kraft
des in uns wohnenden Heiligen Geistes? Sollten wir nicht
darauf achten, daß es keine Falten darin gibt, die wir vor
Ihm verbergen möchten? Sollten wir nicht vielmehr alles
offen vor Ihm bloßlegen und mit dem Psalmisten bitten:
„Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich
und erkenne meine Gedanken", damit Er mit Seinem göttlichen
Licht hineinleuchten könne, und wir dann alles im
Herzen zu richten vermögen, was nicht Seiner Reinheit
und Heiligkeit gemäß ist? Und wie sollten wir anderseits
sorgfältig an der Tür des Herzens Wache halten, damit hier
nichts eindringe, was es verunreinigt! Viele Dinge umgeben
uns, die Satan gebrauchen möchte, um unsere Sinne
gefangen zu nehmen und unsere Herzen zu verunreinigen.
Er sucht Augenlust, Fleischeslust und Hochmut in uns
wachzurufen, indem er Dinge, die die Welt in Überfülle
birgt, und über die er als der Fürst der Welt verfügt, lok-
kend vor unsere Sinne stellt. Auf Schritt und Tritt begegnen
sie uns, zu Hause, im Geschäft und auf der Straße.
In Wort, Schrift und Bild, in Kleidung und im Benehmen
der Menschen suchen sie tausendfach, feiner und gröber, je-
nachdem, durch Auge und Ohr sich Eingang zu verschaffen
in unsere Herzen. Hüten wir uns deshalb davor, die Tore
zu öffnen, damit unsere Herzen nicht einer Landstraße gleichen,
auf der alles mögliche hin und her ziehen kann! Möch-
r50
len sie aber allezeit dem Wirken des Heiligen Geistes geöffnet
sein! Seine Freude besteht darin, uns mit der Liebe
Gattes und dem Reichtum Seiner Gnade zu beschäftigen,
sowie mit den Segnungen, die Er uns in Christo Jesu geschenkt
hat. Sein Wunsch ist, uns Christum selbst zu zeigen
und das, was Er getan hat, damit wir, in Gemeinschaft
mit dem Vater, unsere Freude und Wonne an Ihm
finden. Nur in dem Maße, wie Er „durch den Glauben in
unseren Herzen wohnt", sind diese frei von eitlen und bösen
Dingen. Und nur in dem Maße, wie wir „mit aufgedecktem
Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauen",
dürfen wir, o wunderbare Gnade! Strahlen Seiner göttlichen
Herrlichkeit zurückwerfen inmitten einer Welt, wo
alles durch die Sünde verunreinigt und verdorben ist. So
werden wir „in Sein Bild verwandelt von Herrlichkeit zu
Herrlichkeit" (2. Kor. Z, "l8), und so können wir heute
schon jubeln in der glückseligen Erwartung, Ihn einst zu
schauen von Angesicht zu Angesicht — und Gott in Ihm
— dann, wenn wir auch dem Leibe nach bei Ihm und Ihm
gleich sein werden.
Dann, wenn aller Kerzen brennen
In dem Schauen Seiner Fracht,
Werden völlig wir erkennen
Deine kiebe, Gnad' und Macht.
Bruderliebe
Ein wichtiges Kennzeichen der Gotteskindschaft ist die
Liebe zu den Brüdern. Johannes, der sich so gern den Jünger
nennt, „den Jesus liebte", schreibt in seinem ersten
Brief: „Geliebte, laßtunö einander lieben, denn
die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott
— rsr —
geboren und erkennt Gott" (Kap. 4, 7), und im dritten
Kapitel des gleichen Briefes gibt er die feierliche Erklärung
ab: „W irwissen, daß wir aus dem Tode in das Leben
übergegangen sind, weil wir die Brüder liebe n".
(V. 44.)
Du bist vielleicht nicht mit allen Brüdern hinsichtlich
Schriftauslegung und Lehre einer Meinung. Vielleicht trennen
dich sogar breite Gräben von vielen persönlich ernsten
Christen. Aber sollte das ein Grund sein, nicht alle Gläubige
als Kinder Gottes zu lieben? Jeder Wiedergeborene
fühlt sich ganz von selbst nach seiner Bekehrung zu den
Gläubigen in ihrer Gesamtheit hingezogen und innig mit
ihnen verbunden. Durch das eine gleiche Opfer des
Leibes Jesu Christi erlöst, durch deneinen gleichen Geist
versiegelt und mit allen zu einem Leibe getauft, mit
allen Erlösten zueinerHoffnung ewiger Herrlichkeit
und Freude berufen, umschließt sie alle das eine hei-
ligeBandderLiebe,die dem Herzen Gottes entquollen
und „durch den Heiligen Geist ausgegossen ist in unsere
Herzen". Gibt es etwas Höheres, als Kinder des einen
großen Gottes und Vaters zu sein? Ein Kind Gottes,
von Ihm mit zärtlichster Liebe geliebt und betreut, jedes
einzelne und alle miteinander!? Könnte es da anders sein,
als daß auch die Gläubigen sich untereinander lieben?
Und wäre es nicht unnatürlich, wenn die so innig
miteinander Verbundenen nicht von Herzen füreinander
besorgt wären, mögen sie auch sonst, was Verstand, Bildung,
gesellschaftliche Stellung, Vermögen usw. betrifft,
noch so verschiedenartig gestellt sein?
Daß das Christentum die vorhandenen Unterschiede
nicht aufhebt, ist oft genug betont worden. Wie sehr würde
rZ2
eö aber seinem Geiste widersprechen, wenn diese Unterschiede
eine Scheidewand aufzurichten vermöchten zwischen den
Herzen der Betreffenden! Wenn heute von unserer Negierung
mit Recht erstrebt wird, die Klassenunterschiede der
Volksverbundenheit zu unterstellen — Fabrikant und Arbeiter,
Direktor und Angestellter, Herrin und Magd sollen
sich in erster Linie als Glieder am Volksganzen betrachten
und sich gegenseitig zu helfen und zu dienen suchen —, wie
sollten da diejenigen, die durch einen Geist zu einem
Leibe getauft sind, „wo nicht ist Grieche und Jude,...
Sklave, Freier, sondern Christus alles und in allen",
(Kol. Z, U) erst recht in herzlicher Verbundenheit zueinander
stehen und in inniger, vertrauensvoller Gemeinschaft
sich gegenseitig dienen, ermuntern, belehren, trösten, mit
einem Wort — sich lieben! Wahrhaft ergreifend ist in dieser
Hinsicht das Verhalten des großen Apostels, des Mannes,
der als einziger von allen Menschen zu seinen Lebzeiten
„in den dritten Himmel", „in das Paradies entrückt"
worden ist, wo er „unaussprechliche Worte hörte, welche
der Mensch nicht sagen darf". (2. Kor. 42, 2. 4.) Durch
dieses Entrücktwerden ins Paradies, solange er noch als
Mensch auf Erden lebte, ist dem Apostel eine Auszeichnung
von Gott zuteil geworden, die in der Geschichte der Menschen
einzig dasteht. Gezwungenermaßen teilt er diese Auszeichnung
den Korinthern mit, aber nicht, ohne hinzuzufügen,
daß er nach dieser Entrückung von einem Engel Satans
mit Fäusten geschlagen wurde, „damit er sich nicht
überhebe" — fürwahr ein schöner Beweis von Demut und
Niedriggesinntheit! Und diese Demut und Niedriggesinnt-
heit nehmen wir in allen Fällen bei dem Apostel wahr, auch
im Verkehr mit den Ärmsten und Geringsten der Kinder
— rsz —
Gottes. Statthaltern und Königen hat dieser Mann die
Wahrheit gesagt und das Evangelium verkündigt. Aber er
ist nicht zu stolz gewesen, sich eines entlaufenen Sklaven in
Liebe anzunehmen, sich mit ihm zu beschäftigen, bis er den
Herrn gefunden hatte, und dann in einer brüderlichen Liebe
für ihn zu sorgen, die ihresgleichen sucht. (Lies den Brief
an Philemon!) Er hat Briefe geschrieben, „um daSWort
Gottes zu vollende n", aber diese außergewöhnliche
Befähigung hat ihn nicht daran gehindert, sich in Ephesus
so tief zu erniedrigen, daß er drei Jahre lang Nacht und
Tag nicht aufgehört hat, „einen jeden mit Tränen
zu ermahnen". Er hatte Bekannte aus „des Kaisers Hause",
aber ebenso teuer war ihm der einfache „Bruder Quar-
tus", und er vergißt nicht, ihn in seinem berühmten Brief
an die Römer zu nennen und auch von ihm einen Gruß
zu bestellen. Er hat den Herrn gesehen, hat mit Ihm Zwiesprache
gehalten und Seine Anweisungen entgegengenommen
(vergl. Apstgsch. 22, 17—2t), aber er ist auch nicht
zu weise und zu groß gewesen, um seinem Kind Timotheus
sein Herz auszuschütten und ihm seine Not und seine Besorgnisse
zu klagen.
Da haben wir die gottgemäße Herzensstellung des
Gläubigen. Sie kennzeichnet nicht Eigendünkel und Hochmut,
wohl aber Demut, Niedriggesinntheit und vor allem
eine durch nichts zu erschütternde Liebe, tiefes brüderliches
Vertrauen zu anderen.
Wie schön ist es, wenn Kinder Gottes einander vertrauen,
wenn sie, mögen ihre Stellung, ihre Begabung und
ihre ihnen vom Herrn gestellte Aufgabe sein, wie sie wollen,
sich gegenseitig stützen und dienen; wenn der Junge
dem Alten seine Nöte klagt, aber auch der Alte den Jun-
— 454 —
gen wie einen Bruder behandelt; wenn der Unbegabte den
Begabten neidlos anerkennt und von ihm lernen will, aber
auch der Begabte nicht auf den Unbegabten herabschaut,
sondern ihm zu helfen begehrt; wenn der Geringe der Liebe
des Höherstehenden vertraut, aber auch der Höherstehende
den Geringen in sein Vertrauen zieht, seinen Rat hört und
sich wie mit seinesgleichen mit ihm bespricht; mit einem
Wort, wenn die Liebe, „das Band der Vollkommenheit",
alle in gleicher Weise umschlingt!
Er ist schon etliche Jahre zur Ruhe des Volkes Gottes
eingegangen und daheim bei seinem und unserem Herrn,
der damals noch rüstige, energische, in weiten Kreisen gut
bekannte Fabrikant P. C. Er war nicht nur ein tüchtiger
Kaufmann, sondern auch ein ernster Christ, der neben seiner
angestrengten Tätigkeit und seinen vielen Verpflichtungen
noch Zeit und auch eine offene Hand hatte für des
Herrn Werk daheim und draußen. Alte, Schtvache und Alleinstehende
denken oft und gern an ihn zurück.
Dieser tätige Mann saß eines Montagmorgens in seinem
Arbeitszimmer. Mit der Post kam an diesem Tage
eine unangenehme Nachricht nach der anderen. Aber auch
aus den verschiedenen Teilen des großen Betriebes bis
zum Maschinenhaus hin kam eine Hiobsmeldung nach der
anderen. Es war fast zu viel für den schon an ein gut Teil
solcher Überraschungen gewöhnten Mann. Nachdem das
Nötigste besprochen war, eilte er fort, hinauf in den oberen
Betrieb. Dort arbeitete schon viele Jahre der einfache
Bruder E. Er war ein körperlich schwacher Mann, aber einer
mit kindlich starkem Glauben, ein Mann, der in der
Liebe seines Herrn ruhte, und der auch nicht stehen blieb
:55
bei äußeren Ursachen, sondern in allem Gottes Hand
sah und alles, ob Großes oder Kleines, zu einem Gebetsanliegen
machte. Neben diesem einfachen Arbeiter stand jetzt
der Fabrikherr.
„Ernst", sagte er, — er stand auf du und du mit diesem
treuen Mann — „überall Störungen! Alles in Unordnung!
Eine Hiobspost nach der anderen! Ich weiß bald
nicht mehr, was ich anfangen soll. Alles in mir vibriert."
Da schaute der stille, glückliche E. seinen Herrn und
Bruder an und sagte im heimischen Platt:
„In mir bebt und vibriert auch noch alles, und weißt
du, wovon? Von gestern. Von der herrlichen Stunde gemeinsamer
Anbetung gestern morgen und auch von der
kostbaren Nachmittagsstunde, wo uns Gottes große Liebe
und die Herrlichkeit unseres Herrn wieder einmal so lebendig
vor die Seele gestellt worden sind. Ich freu' mich
jetzt noch darüber. Alles in mir vibriert vor lauter Bewunderung
und Glück."
„Ja", erwiderte P. C., „da hast du recht!"
Und dann unterhielten sich die beiden Männer über
Gottes Liebe, über die herrliche Stellung der Kinder Gottes
und über ihre glückselige Hoffnung, und des Fabrikanten
Herz wurde immer ruhiger und zuletzt ganz still. Und
dann ging er zurück in sein Zimmer, faltete die Hände und
übergab sich selbst und sein Werk Gottes guten, starken
Händen, die alles gut machen können, und die auch in diesem
Fall bald alles wieder in Ordnung gebracht haben.
Die beiden treuen Männer sind daheim, da, wo es
keine Störungen und Unruhen mehr gibt. Wir aber, die
wir noch in dieser Herz und Nerven zermürbenden Zeit leben,
können von den beiden uns vorangegangenen Man
— 156 —
nern lernen. Weil sie einander als Brüder, als Kinder eines
Gottes und Vaters, liebten und vertrauten, konnten sie, so
verschieden ihre Stellung war, einander dienen, und sie taten
es. Der „Herr" schämte sich nicht, den „Knecht" zum
Vertrauten seiner Nöte zu machen, und Gott gab dem
„Knecht" Worte in den Mund, die den „Herrn" dahin
führten, Hilfe und Ruhe da zu suchen, wo sie allein in
Vollkommenheit gefunden werden.
Deshalb: „Durch die Liebe dienet einander!" Und:
„Laßt uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott!"
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
v.
Kapitel 4, 7—1 8
Je öfter ich die Kapitel Z—5 dieses Briefes lese, desto
mehr bin ich von ihrem Inhalt ergriffen. Ihr Gegenstand
ist die Herrlichkeit. Es sei mir deshalb erlaubt, noch
einmal darauf zurückzukommen. Man kann wirklich nie genug
davon reden, denn jeder Gläubige sollte sich über diesen
kostbaren Gegenstand ganz klar sein. Zweifellos bedeutet,
in die Herrlichkeit eingehen, in den Bereich des vollkommenen
Lichtes gelangen, aber wir sind zu sehr daran gewöhnt,
die Herrlichkeit unter diesem ziemlich unbestimmten
Gesichtspunkt zu betrachten, so daß für die meisten von
uns die Herrlichkeit nichts anderes ist als d e r H i m m e l.
So kann man immer wieder Kinder Gottes, die eins ihrer
Lieben verloren haben, sagen hören: Er ist in die Herrlichkeit
gegangen. Ich bin oft versucht, auf diese Bemerkung
zu antworten: Ihr täuscht euch. Er ist noch nicht dort. Ihr
wißt nicht, was die Herrlichkeit ist. Wieso sind denn die
Heiligen, die uns verlassen haben, noch nicht in der Herrlichkeit?
Weil sie Christo noch nicht gleich sind. Man ist
noch nicht wie Er, wenn man auch während des Ausheimischseins
von dem Leibe Seine Gegenwart genießt. E r
ist bisher der einzige Mensch, der nach Seiner Auferstehung
die Vollkommenheit erreicht hat. Nun, die Vollkommenheit
Gottes selbst, die unumschränkte Vollkommenheit,
die Vereinigung der göttlichen Vollkomme
n h e i t e n, b i l d e t d i e H e r r l i ch k e i t. Man kann
sie in Christo schauen, der in Seinem verherrlichten Leibe
der Träger all dieser Vollkommenheiten ist. Ein entschlafener
Gläubiger befindet sich ohne Zweifel außerhalb des
Schauplatzes der Sünde; er genießt die Ruhe beim Herrn,
aber er ist nicht eher in der Herrlichkeit, als bis sein „Leib
der Niedrigkeit umgestaltet sein wird zur Gleichförmigkeit
mit Seinem Leibe der Herrlichkeit". (Phil. Z, 24.) Es
gibt also noch „etwas Besseres für uns", eine herrliche
Vollkommenheit, welche die, die uns zum Herrn voraus
gegangen sind, noch nicht erreicht haben, sondern in die wir
alle zusammen bei Seinem Kommen eingehen werden.
(Hebr. U, 40.)
Wenn wir uns von der oben genannten unbestimmten
Vorstellung gelöst haben, die wir uns so leicht im Blick auf
himmlische Dinge machen, so gewinnt der Gedanke an die
Herrlichkeit einen ganz anderen Wert für unsere Seelen.
In den genannten drei Kapiteln ist die Rede von der Herrlichkeit
des Herrn (Kap. Z), von der Herrlichkeit Gottes
(Kap. 4) und von unserer eigenen Herrlichkeit (Kap, 5).
Insoweit es sich um die Herrlichkeit des Herrn handelt,
— rss —
ist es beachtenswert, all die Namen zu sehen, die Ihm in
diesen Kapiteln gegeben werden: Er ist der Herr, der Herr
Jesus Christus, der Christus, der Versöhner, Christus.
Schließlich: Er ist Jesus. Das Herz des Apostels ist derart
von Seiner Person erfüllt, daß er offenbar gar nicht
anders kann, als Ihn mit all den Namen nennen, die zum
Ausdruck bringen, was Jesus für ihn, Paulus, ist, und
was Er für uns alle sein soll.
Am Schluß des Z. Kapitels haben wir gesehen, duß es
das große christliche Vorrecht ist, alle die ehemals verborgenen,
aber jetzt völlig geoffenbarten Herrlichkeiten Christi
a n s ch auen zu können. Wenn ein gerechter und heiliger
Mensch, ein Mensch mit liebendem Herzen, all diese seine
schönen Eigenschaften nur in sich hätte, zu was würden sie
dienen? So besteht auch die Herrlichkeit nicht darin, diese
Eigenschaften zu haben, sondern sie zu zeigen, sie
in Erscheinung treten zu lassen. Der Höhepunkt der Herrlichkeit
istdieLiebe. Wenn der Herr diese Welt durchschritten
hätte, ohne Seine Liebe zu zeigen, wo wäre Seine
Herrlichkeit gewesen? Im ersten Kapitel des Evangeliums
Johannes sagt der Apostel: „Wir haben Seine Herrlichkeit
angeschaut (er spricht von Christo, dem Fleisch gewordenen
Wort), eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater".
Seine Herrlichkeit konnte nur daran gemessen werden,
was imHerzendeSVaters war, als Er Seinen
Eingeborenen für unö gesandt hat. Seine Herrlichkeit war
Seine Liebe, aber so, wie sie in Gnade und Wahrheit
für den Sünder erschienen ist. Betrachtete der Apostel diesen
Menschen, der sich am Brunnen von Sichar selbst unter
ein sündiges Weib erniedrigte, diesen demütigen Menschen,
der freiwillig aller Knecht geworden ist, so konnte er
159
sagen: „Wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut", aber
diese Herrlichkeit hat doch, so wunderbar ihre Offenbarung
auch sein mochte, noch nicht in ihrem vollen Glanz
geleuchtet, solang der Herr inmitten der Menschen wandelte.
Deshalb sagt der Herr selbst im Blick auf Sein Kreuz:
„Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht, und Gott
ist verherrlicht in Ihm". (Joh. 13, 31.) Durch diese Offenbarung
der Herrlichkeit ist dann Gott so befriedigt worden,
daß Er Christum aus dem Grabe genommen, Ihn zu
Seiner Rechten erhöht und Ihm eine Herrlichkeit gegeben
hat, die jetzt den ganzen Himmel füllt. Trete ich mit aufgedecktem
Angesicht dort ein, so schaue ich Seine Liebe,
die jetzt durch Sein Opfer vollendet worden ist, um nur
von einer Seiner Herrlichkeiten zu reden. Könnte ich nun,
nachdem ich wieder vom Himmel herabgestiegen bin, wo
ich diese Liebe angeschaut habe, in meinen Beziehungen zu
den Menschen etwas anderes zeigen als Liebe? Werde ich
in solchem Zustand einen Geist des Hasses, der Feindseligkeit
oder der Verleumdung offenbaren können? Und weiter,
werde ich, von dort kommend, gleichgültig in der Welt
dahinleben, wie das so oft geschieht, gleichgültig bezüglich
des Unglaubens der Menschen einem solchen Netter gegenüber,
gleichgültig gegenüber ihrem eigenen Elend? Ich werde
leiden und nur den einen Gedanken haben, den armen
Menschen Liebe zu erweisen. Das werden wir in Kapitel 5
sehen. Dort sagt der Apostel im vollen Licht der Gegenwart
des Herrn: „Die Liebe des Christus drängt uns". Mir
selbst ist sie offenbar geworden. So wünsche ich auch, sie
anderen zu offenbaren. Unterdessen bin ich Gott offenbar
geworden, und ich hoffe es auch in euren Gewissen zu sein.
Da sehen wir, was für den Apostel die Herrlichkeit war.
— rbo —
Noch eine Bemerkung möchte ich über den Gegenstand
dieses Kapitels oder, besser gesagt, über diesen ganzen
Brief hinzufügen.
Man möchte vielleicht darüber erstaunt sein, daß, obwohl
Paulus so ausdrücklich betont, er habe kein Vertrauen
in sich selbst und sei auch nichts, dennoch seine Persönlichkeit
von Anfang bis zu Ende auf dem Platz ist. Aber
»voran liegt das? Doch nur daran, daß der Gegenstand
dieses Briefes derDienst ist, und dieser Dienst wird i n
seinerPerson gezeigt. Treu folgt er seinem Herrn im
Dienst des Wortes, in den Hilfeleistungen, Ermunterungen,
Tröstungen, kn seinen Weckrufen an die Seelen, sowie
darin, daß er allezeit dem Bösen entgegentritt. Wenn
er ein Diener Christi geworden war, so war das nicht sein
Werk; es war in jeder Hinsicht das Werk Gottes, und er
konnte davon reden als von einer neuen Schöpfung, an
der er nicht mehr beteiligt war, als die geschaffene Welt
an der alten Schöpfung beteiligt ist. So konnte er mit
voller Freimütigkeit von sich reden. Der Gott, der gewollt
hat, daß Licht werde, dieser Gott hat auch gewollt, daß
SauluS von Tarsus das Evangelium in die ganze Welt
trage, und Er hat dazu in sein Herz geleuchtet. Dieses
Evangelium ist hier nicht mehr die Herrlichkeit Christi,
sondern die Herrlichkeit Gottes. Alles, was der unsichtbare
Gott ist, ist im Antlitz eines Menschen geoffenbart
worden. Welch wunderbare, dem Menschen gegebene
Kenntnis! Hat es jemals etwas Ähnliches gegeben? Ein
Blick auf Christum als Mensch läßt mich Gott sehen in der
Fülle Seiner Vollkommenheiten und in Seiner Liebe als
Vater. Deshalb konnte der Herr zu Philippus sagen: „Wer
mich gesehen hat, hat den Vater gesehen". (Ioh. t4, 9.)
— 161 —
Ich komme jetzt zu den Versen 7—18. Wie bereits angedeutet,
haben wir es hier mit der Persönlichkeit
des Dieners zu tun. Er macht uns mit seiner sittlichen
Geschichte bekannt und sagt uns, was er persönlich ist als
der, dem der Dienst Christi anvertraut ist. Liegt ihm aber
etwa daran, seine eigenen Eigenschaften und die eigenen
Vollkommenheiten aufzuzählen? Weit gefehlt. Wenn er
am Ende des Briefes berichtet, was er gelitten hat, und in
welcher Weise es ihm gegeben worden ist, sein Apostelamt
zu führen, so hören wir ihn von sich selbst reden, aber mit
der Hinzufügung: „Ich rede in Torheit!" (Kap. 11, 21.)
Genötigt, sich selbst zu loben, beschuldigt er sich der Torheit
und läßt seine Ausführungen dazu dienen, die Korinther
von der Torheit derer zu überzeugen, die sie veranlassen
wollten, dem Evangelium den Rücken zu wenden.
An unserer Stelle hier sagt der Apostel in bezug auf
sich: „Wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf daß
die Überschwenglichkeit der Kraft sei Gottes und nicht aus
uns". Irdene Gefäße! Das Gewöhnlichste vom Gewöhnlichen!
Ein eisernes Gefäß ist wertvoller als ein irdenes,
ein ehernes Gefäß wertvoller als ein eisernes, ein goldenes
oder silbernes Gefäß wertvoller als ein ehernes. Wenn
Paulus von sich redet, so schreibt er von einem tönernen
Gefäß. Aber warum hat Gott denn eine derartige Hülle
gewählt, um dahinein Seinen Schatz zu legen? „Damit
die Überschwenglichkeit der Kraft sei Gottes, und nicht
aus uns." Was wäre geschehen, wenn Paulus etwas anderes
als ein irdenes Gefäß gewesen wäre? Einerseits hätte
er die Überschwenglichkeit der Kraft sich selbst zuschreiben,
und anderseits hätte die Kostbarkeit des Schatzes nicht so
in Erscheinung treten können, wie es nach Gottes Willen
162
geschehen sollte. Deshalb war ein irdenes Gefäß nötig, aber
noch mehr: ein Gefäß, das zerbrochen werden konnte. Hierzu
haben wir ein schönes Borbild in der Art, wie Gideon
und seine Gefährten wider Midian stritten. Ihre Fackeln
steckten in leeren Krügen. Sollten aber die Fackeln ihren
Iweck erfüllen, so mußten die Krüge zerbrochen werden.
Bei Gideon handelte es sich um den Kampf gegen die Welt.
Aber auch in diesem Fall konnte das Licht, das den Sieg
zur Folge hatte, in seinem vollen Glanz nur ohne die Entfaltung
menschlicher Kraft erstrahlen. In unserer Stelle
handelt es sich um die Auswirkung des Dienstes aufdie
Kinder Gottes. Der Schatz an Licht und Leben, den
Gott den Korinthern vermitteln wollte, war in einem irdenen
Gefäß enthalten. Paulus beschreibt, wie Gott mit ihm
gehandelt hat, nicht um das Gefäß völlig zu zertrümmern,
sondern um es br ü ch ig zu ma ch e n. Trübsal, Ratlosigkeit,
Verfolgungen kamen über das Gefäß, und das war
nötig, aber es war weder eingeengt, noch ohne Ausweg,
noch verlassen, weil Gott über Seinem Schatz wachte, damit
das Leben Christi in den Korinthern zur Entfaltung kommen
möchte. Gott beschäftigte sich in dieser Weise mit
Seinem teuren Knecht, auf daß durch ihn das Licht der
Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi in das Herz
seiner Kinder im Glauben scheine. Aber wenn Gott so in
ihm wirkte, so war Paulus seinerseits keineswegs untätig.
Er sagt: „Allezeit das Sterben Jesu am Leibe umhertragend,
auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe
offenbar werde". Dieses „allezeit umhertragend"
ist sehr schön. Der Apostel war selbst bemüht, überallhin und
zu jeder Zeit das Sterben Jesu umherzutragen. Das Sterben
Jesu bedeutet den sittlichen Charakter Christi, als Er
— rtzz —
sich selbst Gott in vollkommenem Gehorsam opferte. Paulus
trug dieses Sterben Jesu freiwillig umher und ließ keinen
Augenblick verstreichen, ohne es zu tun. Es war sein
Wunsch, daß man in ihm in allem den Tod dieses Menschen
sehe, der gekommen war, um zu sterben. Der Apostel
verwirklichte das dadurch, daß er der Sünde, der Welt,
dem Fleische und sich selbst gestorben war — in völliger
Abhängigkeit von Gott, indem er durch den Tod getrennt
war von allem, dem er früher angehört hatte. In dieser
Weise wurde das Leben, das dieses Gefäß in sich barg, geoffenbart.
Aber noch mehr. Der Apostel zeigt hier, daß Gott
selbst Sorge trug, daß diese Dinge zur Ausführung kamen
auf einem Schauplatz, wo wir, arm und schwach, wie
wir sind, in Gefahr stehen würden, sie nicht genügend in
die Wirklichkeit umzusetzen. Machen wir nicht tatsächlich
fortwährend Erfahrungen von unserem Jukurzkommen,
wenn es sich darum handelt, in der Abhängigkeit vom
Herrn hienieden zu wandeln und Christum darzustellen?
Za, das ist eine sehr beschämende und demütigende Wahrheit.
Deshalb nimmt Gott die Sache selbst für uns in die
Hand. Der Apostel fährt fort: „Denn wir, die wir leben,
werden allezeit dem Tode überliefert um Zesu willen, auf
daß auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleische offenbar
werde". (V. 11.) „Dem Tode überliefer t!"
Hier ist nicht die Rede davon, daß Paulus sich überliefert.
Gott überliefert ihn. Wie er 1. Kor. 15, ZI gesagt
hat: „Täglich sterbe ich". Gott trägt Sorge, das Urteil des
Todes auf unsere Umstände anzuwenden. Wir müssen durch
Schwierigkeiten, Trauer und böse Gerüchte hindurch, damit
wir auf alle Weise gedemütigt werden, krank werden...
— 464 —
und was soll ich noch sagen? auf daß das Leben Jesu an
uns offenbar werde. Hierin besteht zwischen uns und dem
Apostel ein großer Unterschied. Letzterer ging durch alle
diese Dinge nicht um seinetwillen hindurch, sondern für
seine geliebten Korinther. Wie wir ihn in Kapitel 4 gesehen
haben: getröstetfürdieanderen,so sehen wir ihn
hier: ein armes, zerbrochenes Gefäß — für die anderen.
Er denkt so wenig an sich selbst, daß er sich freut, durch
alles das hindurchzugehen, damit dieses in dem irdenen Gefäß
enthaltene reine Licht Christi sich in andere ergießen
könne, um sie mit Leben zu füllen. Was für ein Anblick bot
sich dem, der Paulus sah? Ein Bild der Größe des Apostels
der Heiden? Ach nein, ein armer Mensch von elendem
Aussehen, von Satan mit Fäusten geschlagen, ein Mensch,
der an seinem Leibe Male trug, die ihn in den Augen der
Menschen verächtlich machten. Aber je eingehender man
dieses zerbrochene Gefäß betrachtete, desto mehr empfing
man von seinem Inhalt, und dieser Inhalt war Christ
u s. Und so wurde das Herz mit Dank und Freude erfüllt!
Noch eine Bemerkung über die letzten Verse dieses Kapitels:
„Deshalb ermatten wir nicht, sondern wenn auch
unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere
Tag für Tag erneuert". (V. 46.) Der innere Mensch
ist stets der neue Mensch (vergl. Eph. Z, 46; 4, 23); er
wird erneuert durch den Geist. Wir haben uns beschäftigt
mit der „Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi";
dann haben wir gesehen, wie Gott in Seinem geliebten
Apostel wirkte, damit diese Herrlichkeit ausstrahle, um das
Herz der Heiligen zu erreichen und zu füllen. Hier in diesem
46. Vers nun hören wir, daß Gott den Apostel durch
r65
all diese Drangsale führte, damit erselbstdieHerr-
lich? eit genieße. Er will, daß die Herrlichkeit auch
i n dem Herzen Seines geliebten Knechtes erstrahle.
Paulus legt gleichsam die Drangsale auf eine Waagschale
und die Herrlichkeit auf die andere. Und augenblicklich
sinkt die Waagschale der Herrlichkeit mit ihrem ganzen Gewicht
bis auf den Grund der Seele des Apostels, damit er
vollen Genuß an ihr habe. Die Drangsal hat „ein über
die Maßen überschwengliches, ewiges Gewicht von Herrlichkeit"
bewirkt. Das Herz des Apostels ist nicht nur damit
beschäftigt, die Herrlichkeit Christi auszustrahlen, nein,
er genießt sie für sich selbst „in ü b e rs ch w e n g l i ch em
Maß e"!—„Ein ewiges Gewicht von Herrlichkeit!" Könnte
man sich stärkerer und schrankenloserer Ausdrücke bedienen,
um den gegenwärtigen Genuß der Herrlichkeit
auszudrücken? Ich meine nicht. Der Apostel
schaut nicht nach einem Tage aus, wo er sie vollkommen
genießen würde. Die Herrlichkeit erfüllt sein Herz. In diesem
Herzen, dem die Welt nichts zu bieten hat, das auf
alle Weise zerbrochen ist, bleibt für anderes kein Raum.
Die über die Maßen überschwengliche Herrlichkeit hat Besitz
von ihm ergriffen, und sie wird verkörpert in einem verherrlichten
Menschen im Himmel.
Zm folgenden Kapitel zeigt der Apostel, daß es auch
für seinen Leib eine Herrlichkeit gibt. Aber hier redet
er von der gegenwärtigen Herrlichkeit fürseineSeele.
Paulus war kein Mensch, der, wie wir, seine Augen auf
alle möglichen Gegenstände der Zerstreuung in dieser Welt
richtete. Wir brauchen nur eine Straße zu durchschreiten,
um tausend solcher Dinge zu begegnen. Für den Apostel
gab's das nicht. Er sagt: „Indem wir nicht das anschauen,
166
waö man sieht, sondern das, was man nicht sieht". (V.
18.) Die unsichtbaren Dinge vermögen wir heute mit unseren
leiblichen Augen nicht zu sehen, wohl aber mit den
Augen der Seele. Wenn der Herr kommt, werden wir Ihn
mit den Augen unserer verherrlichten Leiber sehen. Dann
werden wir imstande sein, alle Einzelheiten Seiner Herrlichkeit
zu erfassen. Aber heute schauen nur die Augen des
Glaubens, des Geistes, über den Bereich hinaus, in welchem
tvir uns für den Augenblick bewegen müssen. Über die
Nebel der Erde hinweg schauen sie die herrlichen Dinge im
Himmel und sind auf Jesum gerichtet.
Auch wir können, wie der Apostel, dies verwirklichen
und mit einem ewigen Gewicht von Herrlichkeit erfüllt
sein, wenn unsere Herzen mit Ihm allein beschäftigt sind!
Sas Herz des Menschen —
und was Gott daraus macht l
Aus dem Herzen des Menschen,
der zu der niedrigsten Stufe der vernünftigen Geschöpfe
herabgesunken ist;
der dem Tier in seinen Lüsten und dem Teufel in
seinem Hochmut gleicht, der ein schwacher Sklave seiner
Leidenschaften, aber stark, oder wenigstens stolz in seinem
Geiste und in seinen Einbildungen ist,
der die Erkenntnis des Guten und des Bösen besitzt
— jedoch in einem Gewissen, das ihn verurteilt;
der das Bedürfnis nach einer besseren Welt als
dieser vorhandenen fühlt, aber Angst hat, dahin zu kom­
men;
167
der da fühlt, daß er mit Gott, dem einzig würdigen
Gegenstand einer unsterblichen Seele, in Verbindung
sein sollte, aber in seinen Lüsten unendlich weit von
Ihm entfernt ist;
der von einem so heftigen Verlangen nach Unabhängigkeit
getrieben wird, daß er Gott den Ihm allein
gebührenden Platz nicht einräumen will und sich deshalb
einzureden sucht, daß es keinen Gott gebe;
Aus dem Herzen des Menschen,
der zu den höchsten Bestrebungen, von denen der
Stolz sich nährt, und zu den abscheulichsten Lüsten, die
das Gewissen verurteilt, fähig ist,
A u s d e m H e r z e n e in e s solchen Menschenbil -
det Gott eine göttliche Harfe, aus der die
ga n z e Ha r m o n ie S e i n e r Lo b g e s a n g e w i de r -
klingen kann und wider klingen wird, — in
alle Ewigkeit! " I. N. D.
Rus dem Leserkreis
Ein Leser schreibt zu der Frage: Sollen unsere Rinder der
Feier des Nahles des Herrn beiwohnen? (siehe Februar-Heft
Seite ff) noch folgendes:
Es ist für den Herrn gewiß schmerzlich zu sehen, daß unsere
Rinder vielfach zurückbleiben und Ihm nicht gemeinsam mit uns
die Gpfer des Lobes und des Dankes darbringen. Der Herr betrachtet
uns nut unseren Familien als eins Einheit, „du und dein
Haus", und Liese Einheit möchte Er gewiß auch in obigem Sinn
durch uns zum Ausdruck gebracht sehen zur Verherrlichung Seines
Namens.
Wie wir aber unsere Rinder dazu anhalten sollten, zugegen
zu sein, wenn wir versammelt sind, um das Gedächtnismahl des
Herrn zu feiern, so sollten wir in dieser Hinsicht auch nicht nachlässig
sein im Blick auf die Versammlungen zur Betrachtung
Seines Mortes. Auch in diesen Versammlungen sollten unsere
Rinder möglichst nicht fehlen. Durch das Anschnciden dieser
168
Frage will der Heilige Geist uns sicher aufs neue an unsere El-
ternpflicht erinnern.
Es gibt Eltern, die der Meinung sind, es genüge, wenn sie
ihre Kinder nur zur Sonntagschule schicken. So wichtig nun die
Sonntagschularbeit ist, sollte es dabei doch nicht sein Bewenden
haben. Da man im allgemeinen nun den Kindern kaum zumuten
kann, neben der Sonntagschule noch zwei Versammlungen zu besuchen,
dürfte es sich vielleicht empfehlen, die Kinder abwechslungsweise
vormittags und nachmittags zur Versammlung mitzu-
nehmen. Selbstverständlich sollte hieraus kein Gesetz gemacht werden.
Man kann nicht alles über einen Kamm scheren. Möchten sich
die lieben Eltern auch in bezug hierauf Einsicht von Gott erbitten
zu einem verständigen Verfahren, wie es der Eigenart ihrer Kinder
entsprich!! Die in den Versammlungen dienenden Brüder aber
mögen sich Gnade erbitten, bei ihren Vorträgen auch der Kinder
zu gedenken und — nicht zu lang zu reden.
Endlich sei noch daran erinnert, daß wir Eltern als e r st s die
Pflicht haben, die uns von Gott anvertrauten Kinder in den Heiligen
Schriften zu unterweisen. Wir können diese Pflicht nicht einfach
auf Sonntagschullehrer oder -lehrerin abwälzen. Wenn der
Apostel in seinem zweiten Brief an Timotheus den ungeheuchelten
Glauben erwähnt, „der zuerst wohnte in seiner, des Timotheus,
Großmutter Lois und seiner Mutter Eunike", und weiter davon
schreibt, daß er (Timotheus) „von Kind auf die Heiligen Schriften
kenne" (Kap. Z, (5), so dürfen wir hieraus ohne weiteres
schließen, daß jene beiden frommen Frauen den Timotheus von
frühster fugend an mit heiligem Ernst in der Schrift unterwiesen
haben werden. Folgen wir diesem guten Beispiel!
Herr, führ' mich Seinen ^peg —
Herr, führ' mich Deinen Weg,
Vb ich ihn selbst nicht sehe,
Daß ich auf schmalem Steg
Durch Deine Gnade gehe.
Es ist ja täglich neu,
So wie die Sonn' am Morgen,
Mir Deine Güt' und Treu'.
Was sollen meine Sorgen?
Ls bringet ja dem Ziel
Mich näher jeder Schritt.
Ich brauche garnicht viel,
Gehst Du nur selber nut. W. K.
Vie Seligpreisungen
VI.
„Glückselig die Friedensstifter"
Durch die sechste Seligpreisung, die von denen redet,
„die reinen Herzens sind", ist in wahrhaft göttlicher Weise
der Boden vorbereitet worden, auf dem der Mensch Gottes
ein „Friedensstifter" sein kann, und damit sind wir bei
der siebenten Seligpreisung angelangt, der letzten in dieser
vollkommenen Reihe. Trat am Schluß der ersten Klasse
der Seligpreisungen, die, wie wir uns im Anfang sagten,
die Gott gegenüber geziemende Gesinnung, sowie das Ihm
zukommende Verhalten zeigt, die besondere Tätigkeit der
Seele in der Ausübung der Gerechtigkeit in Erscheinung,
so tritt hier am Ende der zweiten Klasse in besonderem
Maße die Tätigkeit der Gnade gegen andere hervor. Die,
welche reinen Herzens sind, genießen die Nähe Gottes,
wandeln mit Ihm, der der Gott des Friedens ist, und sind
deshalb mit Seinem Frieden erfüllt. So können sie aus der
Atmosphäre dieses Friedens heraus in eine Welt treten, die
voller Unfrieden, Neid und Streit ist, um Frieden in sie
hineinzutragen. Als Friedensstifter können sie denen dienen,
die eines solchen Dienstes bedürfen. Und wie groß
ist das Bedürfnis danach!
Mit dem Sündenfall wich auch der Friede von der
Erde. Nicht allein zog Friedelosigkeit in die Herzen ein,
sondern gar bald folgten auch Haß und Hader. Der erste
ÜXXXII 7
l70
Tod, von dem die Bibel uns berichtet, war eine Folge dieses
Hasses, ein Mord, ja, ein vom Haß diktierter Brüde
r m o r d. Der Urheber von so viel Neid und Streit ist
mehr oder weniger Satan mit seinem Anhang. Er findet
in dem Herzen des Menschen Anknüpfungspunkte genug,
um Mißtrauen gegen Gott und seine Mitmenschen hervorzurufen
und ihn gegen Gott und Menschen aufzureizcn.
Dieser verhängnisvolle Instand wird auf Erden andauecn,
bis Satan in den Abgrund geworfen wird, und der Fürst
deö Friedens seine Herrschaft antritt. Wird uns in Offbg.
7b, 72—7b der Schleier gelüftet, so sehen wir, daß eö
aus dem Munde des Drachen, des Tieres und des falschen
Propheten kommende Dämonen sind, die den in jenem
Kapitel beschriebenen entsetzlichen Krieg veranlassen.
Diese „Mächte dec Bosheit" spielen sicherlich auch in allen
anderen Streitigkeiten und Kriegen unter der Leitung ihres
„Obersten" eine Hauptrolle. Hat daher das Binden
Satans und die Übernahme der Herrschaft von feiten des
Königs der Gerechtigkeit zur Folge, daß die Menschen „ihre
Schwerter zu Pflugmessern und ihre Speere zu Winzermes-
' fern schmieden und den Krieg nickt mehr lernen werden",
so bewirkt sein Lösen nach der Beendigung des Tausendjährigen
Reiches, daß die Nationen sich alsbald aufs neue
zum Kriege versammeln und das Heerlager der Heiligen
und die geliebte Stadt umzingeln. Gott sei Dank, daß in
diesem großen Endkampfe dem Treiben Satans und seiner-
finsteren Mächte ein für allemal ein Ende gemacht wird!
Den Verführer wie die Verführten wird das verdiente Gericht
Gottes ereilen.
Jir dieser von Satan beherrschten Welt haben die
Kinder Gottes nun eine große, erhabene Aufgabe zu er
171
füllen. Sie dürfen in ihr Christum darstellen, in welchem
sich Gott in allen Seinen Eigenschaften, ganz besonders
aber auch als der Gott des Friedens, aufs vollkommenste
geoffenbart hat. Der Herr selbst hat nach Seiner Auferstehung
Seinen Jüngern, nachdem Er diesen zweimal
das bedeutungsvolle „Friede euch!" zugerufen hatte, gesagt:
„Gleichwie der Vater mich ausgesandt hat, sende ich
auch euch". Seine Sendung war in erster Linie eine Fric-
denösendung. Er, „der Aufgang aus der Höhe", der Sein
Volk besucht hat, sollte „ihre Füße auf den Weg des Friedens
richten". Gott ließ durch Jesum Christum „den Söhnen
Israels Frieden verkündigen". (Vergl. Luk. 1., 78.
79; Apstgsch. l0, 36.) Mit diesem Wort stimmt das Gebot
des Herrn an die Siebenzig überein, die Er vor Seinem
Angesicht hersandte. Beim Betteten eines Hauses sollten sie
diesem den Gruß entbieten: „Friede diesem Hause!" Ebenso
offenbarten Sein ganzes Verhalten, Sein Dienst unter
den Menschen, Seine Worte und Seine Taten den Frie-
denöcharakter. Fortgesetzt streckte Er den Menschen, statt
ihnen, wie sie eö verdient hatten, ihre Übertretungen zuzu-
rechncn, die Versöhnungshand entgegen. (Vergl. 2. Kor.
5, 79.) Und daß sich der Herr — und Gott in Ihm —
vor allem in Seinem Werke am Kreuz als der große Friedensstifter
erwiesen hat (Kol. 7, 20), bedarf kaum der
Erwähnung. Auf Grund dieses Werkes und durch das
Kreuz selbst — das Kreuz Christi ist das Ende aller jüdischen
Formen, Satzungen und Gebote — hat Er nicht
nur die Feindschaft zwischen Juden und Nationen,
das Gesetz der Gebote in Satzungen, himveggetan, sondern
auch beide in einem Leibe mit Gott versöhnt. Er hat zwischen
den Zweien Frieden gestiftet, auf daß Er sie in Sich
172
selbst zu einem neuen Menschen schüfe. (Vergl. Eph. 2,
14—16.)
Daß unser hochgepriesener Herr Seine Mission als
Friedensstifter nie, sei es im Leben oder im Sterben, ohne
vollkommenste Heiligkeit vollführt hat, ist eine Selbstverständlichkeit,
sei aber doch wegen der Bedeutsamkeit der
Sache noch ganz besonders betont. In Ihm offenbarte sich
sowohl absolute Herzensreinheit als auch steter Friede und
Bereitschaft für die gute Botschaft des Friedens. Der
Friede, der Ihn überall, wohin Er ging, begleitete, hielt
immer gleichen Schritt mit Seiner Reinheit und Heiligkeit.
Er sagte nie, wie einst die Propheten in Israel: „Friede!
obwohl kein Friede da war", sondern die Weisheit in
Ihm — und Er war Gottes Weisheit — war „aufs erste
rein, sodann friedsam". Obwohl Er den Söhnen Israels
Frieden verkündigte und durch Wort und Tat ihre Füße
auf den Weg des Friedens zu richten suchte, forderte Er sie
zunächst zur Buße auf. Er legte die Wurzel des Übels
bloß und brachte dann das Heilmittel. Widersetzte man
sich dem ersten, so konnte das zweite keine Anwendung
finden, und dann mußten Worte gesprochen werden wie:
„Sodom und Gomorra wird es erträglicher ergehen am
Tage des Gerichts als euch", oder: „Ich bin nicht gekommen,
Frieden zu bringen, sondern das Schwert". Er, der
so heiß begehrte, Jerusalem Frieden zu bringen, mußte dieser
widerspenstigen Stadt unter Weinen bezeugen, daß sie
nicht erkannt hatte, was zu ihrem Frieden diente; und
ihre geistigen Leiter mußten die vernichtenden Worte hören:
„Wehe euch, . . . Heuchler! denn ihr gleichet übertünchten
Gräbern, die von außen zwar schön scheinen,
inwendig aber voll von Totengebeinen und aller Unreinig
773
keit sind. . . Schlangen! Otternbrut! wie solltet ihr dem
Gericht der Hölle entfliehen?" (Matth. 23, 27. 33.) Dieselbe
volle Übereinstimmung zwischen Heiligkeit und Frieden
finden wir in Seinem großen Friedenswerk auf Golgatha,
wo „Gerechtigkeit und Friede sich geküßt haben".
Indem Er Gottes Heiligkeit voll und ganz anerkannte,
unterwarf Er sich deren Forderungen, mochten diese selbst
das Verlassensein von Gott in sich schließen. (Vergl. Ps.
22, 7—3.)
Nach dem Muster ihres vollkommenen Meisters sehen
wir auch die Apostel handeln. Nie deckten sie, wenn sie mit
der „Bereitschaft des Evangeliums des Friedens" nahten,
das Verkehrte zu. Im Gegenteil. Sie legten es bloß, forderten
zur Buße auf und brachten dann die frohe Botschaft
des Friedens. Nach dem Befehl des Herrn fingen sie
ihre Mission bei Jerusalem, der schuldigen Stadt, an. Das
war schrankenlose Gnade. Dabei beginnt aber Petrus seine
Predigt an die Bewohner dieser Stadt mit der schonungslosen
Anklage: „Ihr habt den Heiligen und Gerechten verleugnet
. . .; den Urheber des Lebens aber habt ihr getötet".
Dann fügt er vermittelnd hinzu: „Brüder, ich weiß,
daß ihr in Unwissenheit gehandelt habt, gleichwie auch eure
Obersten" und fordert sie zur Buße auf, und zum Schluß
erst stellt er ihnen Vergebung ihrer Sünden und Zeiten
der Erquickung vom Angesicht des Herrn in Aussicht, oder
mit anderen Worten, bringt ihnen die Friedensbotschaft.
(Vergl. Apstgsch. 3, 74—77.) In Röm. 74 können wir
den Apostel Paulus als Friedensstifter sehen. Wie ging
er vor? Nachdem er der einen Partei, die die Neigung
hatte, die andere zu verurteilen, zurechtweisend gesagt hat:
„Du aber, was richtest du deinen Bruder?" wendet er sich
174
mit der gleichen Unparteilichkeit an die andere Seite, die
geneigt war, die erstgenannte geringzuschätzen: „Oder auch
du, was verachtest du deinen Bruder?" Darauf weist er
beide Teile auf den Ernst des Richterstuhleö Gottes hin
und fügt schließlich bittend hinzu: „Also laßt uns nun
dem nachstreben, was des Friedens ist . . Überaus
schön ist auch der vermittelnde Dienst des Apostels im Phi-
lipperbrief. Die ihm von den Philippen: erwiesene Liebe
in der Teilnahme an seiner leiblichen Notdurft dient ihm
dort als Beweggrund, um diese Gläubigen zur Einmütigkeit
und zum Einerleigesinntsein zu bewegen. Nicht weniger
anziehend und lehrreich ist seine Vermittlung für Onesi-
mus bei Philemon, wo das Recht nur auf einer Seite war.
Dieses Recht erkennt er völlig an. Dann aber zieht er gleichsam
alle Register, indem er alles anführt, was geeignet
war, Philemon für Onesimuö zu gewinnen.
Die Schrift könnte in der Tat die Gläubigen nicht
eindrucksvoller zum Friedenstiften anspornen. Alles, die
Worte des Herrn in unserer Glückseligpreisung sowie Sein
vollkommenes Vorbild, dann die Worte und Beispiele Seiner
Apostel und anderer Seiner Knechte, alles ist in wundervoller
Harmonie vereint, um diese hehre edle Tätigkeit
in ihrem ganzen Wert darzustellen. Und wie schön: Jedes
Kind Gottes darf diese Tätigkeit ausüben. Sie hängt nämlich
nicht so sehr von dem Besitz einer besonderen, hohen
Gnad en gäbe des Heiligen Geistes (1. Kor. 12) ab,
sondern vielmehr von dem Maße des persönlichen Wandels
mit Gott, des Eindringens in Seine Gesinnung, der
Gemeinsamkeit in Denken und Fühlen hinsichtlich der Menschen,
die noch nicht mit Gott versöhnt sind, sowie auch
hinsichtlich aller Uneinigkeit, Haß und Hader, Neid und
— 175 —
Streit, die in der Welt sind und leider auch unter dem
Volke Gottes vorkommen. Je besser das Verständnis darüber
ist, daß Gott der Gott deö Friedens ist, je größer
der Genuß des Friedens Gottes und Seiner Liebe, desto
stärker wird auch das Bedürfnis sein, verlorene, friedelose
Menschen davon zu überzeugen, daß Christus Frieden gemacht
hat durch das Blut Seines Kreuzes, und sie zu bitten,
sich mit Gott versöhnen zu lassen. Anderseits wird
dann Haß und Hader als unerträglich empfunden werden
und infolgedessen das tiefe Begehren vorhanden sein, an
ihrer Beseitigung mitzuarbcitcn und den Frieden zwischen
den streitenden Parteien zu vermitteln. Wie der Ohrenbläser
und noch mehr der Verleumder durch seine Worte
Uneinigkeit hervorruft und schürt, so sucht der Friedensstifter
di: erregten Gemüter zu besänftigen und die hoch-
gehenden Wogen des Unwillens zu beruhigen.
(Schluß folgt.)
Auf dem Slberg
Jerusalem liegt beinahe achthundert Meter über dem
Meeresspiegel, das Tote Meer etwa vierhundert darunter.
Der Ölberg erhebt sich noch etwa sechzig Meter über Jerusalem.
So schaut dieser Berg, der schon im Alten Testament
genannt und so oft in den Evangelien erwähnt wird, östlich
vom Bache Kidron über die ganze Stadt hin und überragt
nach allen Seiten das ebene Land, hinter dem sich — nahebei
oder fernerab gelegen — eine Reihe von Bergen dem
Auge zeigen.
Der Ölberg ist ein steinichter, terrassenförmiger Berg,
hier und da von einem Olivenbaum beschattet. Früher soll
176
der Berg mit mehr als tausend Olivenbäumen bewachsen
gewesen sein. Jetzt ist ihre Zahl gering. Überall in diesem
Teile Palästinas ist wenig Fruchtbarkeit zu sehen. Die
Landschaft bietet im Gegenteil einen Anblick der Dürre und
Verwüstung: stundenlang steinichte Berge ohne Blumen
oder Pflanzen, nur hier und da ein bestäubter Strauch.
Über dem Bache Kidron liegt — am Abhange des Ol-
bergs — ein Garten, Gethsemane genannt. Die Bedeutung
dieses Namens ist: „Olkelter", nach einigen Olivcn-Pres-
sen, wo die reifen Oliven gekernt und durch menschliche
Füße gepreßt wurden, wie es auch mit den Trauben in jenem
Lande geschieht. Von den Bäumen, die in diesem Hofe
standen, sind nur noch acht übrig, und man zeigt den Platz,
wo Christus, einen Steinwurf von Seinen drei vertrauten
Jüngern entfernt, in Seelenangst unter den Olivenbäumen
im Staube gelegen haben soll.
Der Olberg war der Lieblingsaufenthalt des Herrn
Jesus, wo Er gern mit Seinen Jüngern weilte. Wir können
diesen Berg mit Recht Seinen Berg nennen.
Welch ein Vorrecht ist es, dort weilen zu dürfen —
in Wirklichkeit oder im Geiste — und darüber nachzudenken,
was unser teurer Heiland da gelitten und getan hat!
In Luk. 22, 39 lesen wir, daß der Herr Jesus sich
„der Gewohnheit nach an den Olberg begab". Es war in
den Tagen Seines Auftretens Seine Gewohnheit, die Menge
zu lehren. Eö war auch Seine Gewohnheit, sich vom
Gewühl der Stadt zu entfernen, indem Er an den Olberg
ging. Wie oft hat Er demnach diesen Platz aufgesucht, als
ob er Sein Kämmerlein gewesen wäre! Dort hob Er die
Hände zum Himmel, um in abhängigem Gebet alles von
Seinem Gott zu erwarten.
177
Ohne Zweifel ging der Heiland viel öfter an den Ol-
berg, als die Evangelien unö mitteilen. Der Ausdruck, daß
Er „der Gewohnheit nach" an den Olberg ging, gibt unö
ein Recht, diese Folgerung zu ziehen. Es ist ergreifend^
daran zu denken, daß der Herr Jesus in den Tagen Seiner
Verwerfung, Seines herannahenden Leidens und Sterbens
die Einsamkeit des Olbergs aufsuchte und dort unter
freiem Himmel ganze Nächte verweilte.
Als man den Herrn Jesus greifen wollte (Ioh. 7,
44), ging Er nach dem Olberg (Kap. 8, 1), während ein
jeder nach seinem Hause ging. (Kap. 7, ZZ.) Als Er
Seinen königlichen Einzug in Jerusalem halten wollte,
sandte Er vom Olberg zwei von Seinen Jüngern, um das
Füllen zu holen, auf dem Er reiten sollte. (Luk. ly, 2d.)
Er kam vom Olberg, als Er von der Menge begrüßt wurde
mit den Worten: „Gepriesen sei der König, der da kommt
im Namen des Herrn! Friede im Himmel und Herrlichkeit
in der Höhe!" (V. ZT» Z8.) Vom Olberg aus sah Er
Jerusalem und weinte über sie, weil Er voraussah, was
vierzig Jahre später um der Verhärtung ihrer Bewohner
willen mit der geliebten Stadt geschehen würde. „Wenn
auch du erkannt hättest, und selbst an diesem deinem Tage,
was zu deinem Frieden dient! Jetzt aber ist es vor deineg
Augen verborgen. Denn Tage werden über dich kommen,
da werden deine Feinde einen Wall um dich aufschütten und
dich umzingeln und dich von allen Seiten einengen; und
sie werden dich und deine Kinder in dir zu Boden werfen
und werden in dir nicht einen Stein auf dem anderen
lassen, darum, daß du die Zeit deiner Heimsuchung nicht
erkannt hast." (V. 42—44.)
Als die Tage Seines Ausgangs in Jerusalem heran-
— 178 —
nahten, „lehrte Er deö Tages in dem Tempel, und des
Nachts ging Er hinaus und übernachtete auf dem Berge,
welcher Olberg genannt wird". (Kap. 2t, 37.) Auf dem
Olberg fragten die Jünger den Herrn Jesus betreffs der
Zukunft. Und nachdem Er sich gesetzt hatte, sprach Er, von
den Seinen umringt, über die Vollendung des Zeitalters
und gab die wunderbare prophetische Übersicht über die
Dinge, die geschehen mußten. (Vergl. Matth. 24, 3 usw.)
Nach der Einsetzung Seines Gedächtnismahls ging
Er, nachdem sie ein Loblied gesungen hatten, hinaus nach
dem Olberg. (Matth. 26, 30.) Sie lenkten ihre Schritte
nach Gethsemane, über den Bach, über den David einst
weinend gezogen war. „David aber ging die Anhöhe der
Olivenbäume hinauf und weinte, während er hinaufging;
rind sein Haupt war verhüllt, und er ging barfuß . . .
Und es geschah, als David auf den Gipfel gekommen war,
wo er Gott anzubeten pflegte . . ." (2. Sam. 15, 30.
32.) Tief betrübt über den Aufstpnd seines Sohnes Ab-
salom, zog der gebeugte König aus Jerusalem zum Olberg.
Doch was war sein Schmerz, verglichen mit den
Leiden Dessen, der in den Tagen Seines Fleisches Bitten
und Flehen mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht
hat, Er, der Davids Sohn und Herr war! (Vergl. Hebr.
5, 7.) In der dunklen Nacht, unter den Olivenbäumen
Gethsemanes, schüttete Er Seine heilige Seele vor Gott
aus. Der Kelch, den Er trinken mußte, und den Er —
gepriesen sei Sein Name in alle Ewigkeit! — auf Golgatha
getrunken hat, dort wurde er Ihm vorgehalten. Dort
schaute Er die Schrecken des Kreuzes und alles, was damit
verbunden war. Dort sah Er, daß Er, der keine Sünde
kannte, zur Sünde gemacht werden, daß Er, der keine
77Y
Sünde getan, selbst die Sünden der Seinen an Seinem
Leibe auf dem Holze tragen mußte. (2. Kor. 5, 27;
7. Petr. 2, 22. 24.) Dort betete Er heftiger, und Sein
Schweiß wurde wie große Blutstropfen, die auf die Erde
herabfielen. (Luk. 22, 44.) Ungefähr einen Steinwurf weit
von Seinen Jüngern kniete Er nieder und betete, und dort
erschien Ihm ein Engel, der Ihn stärkte. (Luk. 22, 4t. 43.)
Dort wurde Er sehr betrübt und beängstigt. Dort rief Er
aus: „Meine Seele ist sehr betrübt, bis zum Tode!" Dort
flehte Er, daß, wenn es möglich wäre, die Stunde an Ihm
vorüber gehen mochte. „Abba, Vater", sprach Er, „alles
ist dir möglich . . ., doch nicht, was ich will, sondern, was
du willst!" (Mark. 74, 32—47.) Dort war Er den in
der Kelter zertretenen Oliven gleich. Als Er die Schar,
von Judas geführt, nahen sah, verließ Er den Platz unter
den Olivenbäumen, wo Er im Staube gelegen wie ein
Wurm und kein Mann, indem Er sprach: „Stehet auf,
laßt uns gehen; siehe, der mich überliefert, ist nahegekommen".
Mit Seinem majestätischen „Ich bin's!" warf Er
Seine Feinde zu Boden, und dann streckte Er willig Seine
Hände aus und übergab sich Seinen Häschern — die
Hände, mit denen Er so viel Gutes getan, Kranke geheilt,
Segnungen ausgeteilt hatte. Dort sprach Er die Worte:
„Wenn ihr nun mich suchet, so laßt diese gehen!" Dort
gab Er sich selbst hin, um das Erlösungswerk zu vollbringen,
durch das die Seinen frei auSgehen sollten, denn vom
Olberg ging Er nach Golgatha, wo Er gekreuzigt wurde,
wo Er das große Werk der Erlösung vollbrachte.
Doch aufö neue sehen wir den Herrn JesuS auf dem
Olberg. Das Leiden ist vorüber. Das Grab ist leer. Als
— 48v —
der Auferstandene steht Er jetzt auf dem Olberg. Ihm
ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Im
Begriff, in den Himmel aufzufahren, um zum Vater zurückzukehren,
um zur Rechten Gottes den Platz einzunehmen
als der verherrlichte Menschensohn, hebt Er Seine
Hände auf und segnet die Seinen. „Und es geschah, indem
Er sie segnete, schied Er von ihnen und wurde hinaufge-
tragen in den Himmel." (Luk. 24, 50. 54.) Ms der große
Hohepriester ging Er durch die Himmel, um in das Heiligtum
einzutreten, das nicht mit Händen gemacht ist.
Die zurückbleibenden Jünger aber durften von Engeln das'
Wort hören: „Dieser Jesus (dieser selbe Jesus) . . . wird
also kommen, wie ihr Ihn habt hingehen sehen in den
Himmel. Da kehrten sie nach Jerusalem zurück von den:
Berge, welcher Olberg heißt, der nahe bei Jerusalem ist,
einen Sabbathweg entfernt." (Apstgsch. 4, 9—42.)
Der Prophet Hesekiel sah einmal in einem Gesicht
den Olberg. Er hatte die Herrlichkeit des Herrn über dem
Hause des Herrn, danach am Osttore gesehen, und schließlich
schaute er sie auf dem Olberg. Nur langsam, zögernd,
verließ die Herrlichkeit des Herrn die heilige Stadt. „Und
die Herrlichkeit Jehovas erhob sich aus der Mitte der Stadt
und stellte sich auf den Berg, welcher gegen Osten der
Stadt ist." (Kap. 44, 23.) Dieser Berg ist der Olberg.
Demnach erhob sich die Herrlichkeit des Herrn vom Olberg
nach oben! Und der Herr der Herrlichkeit fuhr vom
Olberg gen Himmel!
Auf diesem selben Olberg wird in der Zukunft das
größte aller Ereignisse stattfinden. Denn Er, der diesen
Berg verließ, um in die Herrlichkeit einzugehen, wird auf
diesen Berg aus der Herrlichkeit auf Erden zurückkehren.
- rsr —
um dann, geehrt von allen, den Thron Seines Vaters David
und die Königreiche dieser Welt zu empfangen. Das
wird nicht geschehen am Ende aller Dinge, sondern nachdem
der Herr Jesus Seine Braut zu Sich genommen
hat, und diese Erde darauf durch die verschiedenen, schrecklichen
Gerichte getroffen worden ist. Sacharja hat hierüber
geweiösagt: „Siehe, ein Tag kommt für Jehova . . .
Und Jehova wird ausziehen und wider jene Nationen streiten,
wie an dem Tage, da Er streitet, an dem Tage der
Schlacht. Und Seine Füße werden an jenem Tage auf dem
Olberge stehen, der vor Jerusalem gegen Osten liegt; und
der Olberg wird sich in der Mitte spalten nach Osten und
nach Westen hin . . . Und kommen wird Jehova, mein
Gott, und alle Heiligen mit dir." (Kap. 44, 4—5.) Es
kann kein Zweifel darüber bestehen, wessen Füße auf dem
Olberg stehen werden. Wer ist der Herr, der mit Seinen
Heiligen kommen wird? Es ist unser Herr Jesus Christus.
Seine Füße werden wieder auf dem Olberge stehen. Auf
den Platz, von dem Er gen Himmel fuhr, wird Er zurückkehren.
Die ermüdeten Füße des Herrn erstiegen so
oft den Olberg. Dann aber werden die mächtigen Füße
des großen Königs den heiligen Boden betreten.
Welch gesegnete Erinnerungen bietet uns doch der
Olberg! Und welch eine herrliche Aussicht!
Als die Juden in den Tagen Nehemias das Gesetz
durch Esra hatten lesen und auölegen hören, in den Tagen
des Erwachens Israels, gingen die Menschen zum
Olberg und holten Zweige von Olivenbäumen und Zweige
von wilden Olbäumen und Myrtenzweige und Palmzweige
und Zweige von dichtbelaubten Bäumen, um Hütten zu
182
machen. (Neh. 8, 15. 16.) So wollen auch wir es machen!
Friedensblätter pflücken; ruhen in dem, was für uns
vollbracht wurde!
Der Olberg spricht darüber zu uns in solch deutlicher
und ergreifender Sprache. I. N. V.
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
VI.
Kapitel 5, 1—8
Beim 5. Kapitel angelangt, bekommen wir zu wissen,
daß, trotz all der wunderbaren Dinge, von denen die vorigen
Kapitel zu uns geredet haben, sei es vom Anschauen
des Herrn, vom Verwandeltwerden in Sein Bild, vom
Offenbaren Seines Lebens oder vom persönlichen Genuß
Seiner Herrlichkeiten, uns doch noch eins fehlt, und das
ist: Ihm gleichförmig sein. Gleichförmig sein ist nicht
dasselbe wie umgestaltet werden. Unsere Umgestaltung
vollzieht sich sehr langsam; sie ist derjenigen der Schmetterlingspuppen
vergleichbar, die monatelang im gleichen
Zustand zu bleiben scheinen, obgleich die Umgestaltung, aus
der eines Tages der fertige Schmetterling hervorgeht, sich
im geheimen vollzieht. Um Ihm gleichförmig zu sein, müssen
wir Ihn mit unseren eigenen Augen sehen. Deshalb
beschäftigt sich der Apostel jetzt mit der Frage unseres Leibes.
Die Seele kann den Herrn genießen; aber was wird
aus dem Leibe? Darauf gibt der Apostel die Antwort.
„Wir wissen, daß, wenn unser irdisches Haus, die Hütte,
zerstört wird, wir einen Bau von Gott haben, ein Haus,
18Z
nicht mit Händen gemacht, ein ewiges, in den Himmeln."
(V. b.) In allen Briefen drückt das Wort „wir wissen" die
unbedingte christliche Gewißheit aus. Aber ich möchte wohl
wissen, ob das Wort „wir haben" in diesen: Vers den
Freunden so zu schaffen macht, wie eS einst mir zu schaffen
gemacht hat. Der Apostel stellt den Leib als eine Hütte
oder ein Zelt dar, das zerstört wird, und nach dem Ausdruck
„wir haben" zu urteilen, könnte inan meinen, daß
der Bau, nämlich unser verherrlichter Leib, uns schon im
voraus im Himmel bereitet wird. Das aber kann
nicht sein, denn wir werden mit dein Leib in den Himmel
eingehen, den wir hienieden gehabt haben, nur „ u in g e -
staktet zur Gleichförmigkeit mit Seinem
Leibe der Herrlichkeit". (Phil. Z, 2b.) Mittlerweile
habe ich die Stelle so verstanden, daß sie einerseits
an die Stiftshütte und anderseits an den Tempel anspielt.
Israel hat lange Zeit, selbst nach seinem Einzug in Kanaan,
das von Moses in der Wüste aufgeschlagene Zelt
als „Hauö" gehabt. Doch konnte dieses Zelt nicht dauernd
bestehen bleiben. Als Salomo den Tempel erbaute, brachte
er alle Geräte der Stiftshütte dorthin, während diese selbst
von: Schauplatz verschivand. Alles, was sie enthielt, bildete
fortan einen Teil des Tempels. Es rvar dasselbe
Haus, aber das eine war für eine vorübergehende
Zeit, während das andere in Herrlichkeit bestand. Trotzdem
war auch der Tempel Salomos nur für diese Erde
da; er war lediglich ein Bild der himmlischen Dinge,
war „von dieser Schöpfung" und „mit Händen gemacht".
(Hebr. y, bb.) Wir haben heute eine Hütte, in der Gott
wohnt, denn unser Leib ist Sein Tempel; aber dieser Leib
kann, wie die Stiftshütte, zerstört werden. Nur „wis-
rs4
senwi r", nur haben wir völlige Glaubenszuversicht, daß
er, wenn zerstört, durch ein ewiges Haus in den Himmeln,
ersetzt werden wird. Es wird dasselbe Haus, aber nicht von
dieser Schöpfung sein. Der Geist Gottes wird darin in
Herrlichkeit wohnen, so wie Er heute in Schwachheit in
unserem irdischen Hause wohnt. Der Apostel freut sich in
dem Gedanken, daß, wenn seine Hütte zerstört wird, sein
zukünftiges Haus von ewigem Bestand sein wird im Himmel.
Indem der Apostel Jesum betrachtete, sah er, was
sich zugetragen hatte in bezug auf den Herrn, und infolgedessen
auch, was sich zutragen muß in bezug auf uns alle.
„Brechet diesen Tempel ab", hatte Jesus gesagt, „und in
drei Tagen werde ich ihn aufrichten." Er war in diese Welt
gekommen, um Sein Leben zu lassen, und folglich konnte
der Mensch es Ihm nehmen. Der Tempel Seines Leibes
konnte abgebrochen werden, aber in der Auferstehung hat
Er einen verherrlichten Leib angenommen. Dieser Leib, den
Er hienieden ohne jede Spur von Sünde bewohnte, war
ein heiliger, aber noch kein verherrlichter Leib; das ist er
erst durch die Auferstehung geworden. Der Apostel blickt
auf zum Himmel; dort sicht er Jesum in Seinem verherrlichten
Leibe und kann sagen: Ich habe ein Haus, das
mir gehört, ein Haus in den Himmeln. Ein anderer Mensch
ist schon mit dieser Behausung überkleidet worden; also
werde auch ich damit überkleidet werden; und das erfüllt
sein Herz mit Freude. „Denn in diesem freilich seufzen
wir", hat er vorher feststellen müssen. Dieses irdische Haus
ist in der Tat ein Ort vieler Seufzer, vieler Tränen; aber
er kann hinzusügen: „wir sehnen uns, mit unserer Behausung,
die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden".
185
Er beschäftigt sich mit dem Jerstörtwerden der Hütte; er
seufzt darin, aber er wartet durchaus nicht auf den Tod.
Sein Wunsch ist, nicht entkleidet, sondern überkleidet
zu werden, damit das Sterbliche verschlungen wer -
devondemLeben. Er erwartet den Herrn Jesus, Dessen
Kommen, während Er zugleich die entschlafenen Heiligen
auferweckt, unsere sterblichen Leiber, uns, die Lebenden,
verwandeln wird, ohne daß wir durch den Tod zu gehen
hätten. Das war es, was der Apostel wünschte. Er wünschte
wie Christus zu sein, bei Ihm und ewig mit Ihm, ohne
daß deswegen sein irdisches Haus zerstört zu werden
brauchte. Diese bestimmte und in ihm allzeit lebendige
Hoffnung ließ ihn jedoch nicht vergessen, daß die Zeit, seine
Hütte abzulegen, nahe sein konnte. Und in bezug hierauf
fragt er gleichsam: Wäre das ein Verlust für mich? Weit
davon entfernt! „So sind wir nun allezeit gutes Mutes
und wissen, daß, während einheimisch in dem Leibe, wir
von dein Herrn ausheimisch sind." Dies letztere war es,
was er als Verlust betrachtete, und so fügt er hinzu: „Wir
sind aber gutes Mutes und möchten lieber aushei -
misch von dem Leibe und einheimisch bei dem
Herrn sein". Hier haben wir den Zustand, wo die
Seele von dem Leibe getrennt ist. Sollte er sterben, so
würde er einheimisch bei dem Herrn sein. WaS wählt er
nun? Er wählt überhaupt nicht. Er ist zufrieden damit,
durch Glauben, nicht durch Schauen zu wandeln. Eö gibt
eine Sache, die er „liebermöcht e", aber er „sehnt sich
danach", üb er kleid et zu werden. Die gleiche Wahl
zwischen zwei Möglichkeiten hat er auch im Philipperbrief
vor sich. (Kap. 1.) „Das Leben ist für mich Christus", lesen
wir dort. Ihm zu dienen, ist wohl der Mühe wert. Aber
— r8b —
„Sterben ist Gewinn". Deswegen „habe ich Lust, abzuscheiden
und bei Christo zu sein, denn es ist weit besser".
Der Apostel befindet sich also hier dreierlei Möglichkeiten
gegenüber: entweder seine Hütte zerstört zu sehen
und alsbald aufzuerstehen, um ein Haus zu haben, das
nicht mit Händen gemacht, sondern ewig ist, in den Himmeln;
oder beim Kommen des Herrn mit seiner Behausung,
die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden, ohne
durch den Tod zu gehen; oder scbließlich diese Hütte zu
verlassen und ausheimisch vom Leibe zu sein, in einem Zustand,
der noch nicht das Vollkommene ist, aber der das
Cinheimischsein bei dem Herrn bedeutet. Selbst dieser dritte
Fall genügt ihm; er kann von ihm sagen: „Es ist weit
besser".
Wenn wie nun jetzt einen Blick in unser Inneres werfen
und uns fragen: Wie stehen wir diesen drei Möglichkeiten
gegenüber? Wie wird dann unsere Antwort lauten?
Sprechen wir angesichts der Möglichkeit des Todes:
Ich bin völlig glücklich im Gedanken, diese arme Hütte
gegen ein verherrlichtes Haus eintauschen zu können, das
ich gut kenne, weil ja mein Heiland damit überkleidet worden
ist? Oder sagen wir vielleicht: Ich erwarte den Herrn
von einem Augenblick zum anderen? Gott hat mich nicht
dazu bereitet, zu sterben, sondern Er hat mich „eben hierzu
bereitet", das heißt, überkleidet zu werden, damit
das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben,
und ich besitze schon Seinen Geist als Unterpfand meiner
Hoffnung? (V. 4. S.) Oder sagen wir, bei dem Gedanken
an den Tod und an eine noch in mehr oder weniger weiter
Ferne liegende Auferstehung, daß wir lieber ausheimisch
von dem Leibe und einheimisch bei dem Herrn
187
sein möchten? Woran liegt es, liebe Freunde, daß diese
Dinge so wenig Wirklichkeitswert für uns haben? Die
ganze vorliegende Scbriftstelle sagt es uns: Die Person
des Herrn Jesus hat für uns nicht den Wert, den sie haben
sollte, den Wert, den sie für den Apostel Paulus hatte.
Christus war die tägliche Hoffnung seiner Seele. Sein
Herz war nur mit Ihm beschäftigt. Er hatte in dieser
Welt keinen anderen Gegenstand, der ihn anzuziehen vermocht
hätte. Das Leben war für ihn Christus. Für andere
Dinge war in seinem Herzen kein Platz.
Ergreifen uns Freudeschauer, liebe Geschwister, bei
dem Gedanken, daß der Herr jeden Augenblick kommen
kann? Oder auch, wenn wir daran denken, daß Er uns
rufen kann, um unsere Hütte abzulegen und bei Ihm auf
die Vollkommenheit zu warten, in die Er bereits eingetreten
ist, und in der auck nur Seine Genossen sein weroen in
Ewigkeit?
„Sie Mauer"
(Neh. 6, 15. 1ö.)
ES ist von ausschlaggebender Bedeutung für einen
Menschen, unter die Belehrung des Wortes Gottes zu
kommen und seinen Wirkungen ausgesetzt zu sein. Er sieht
dann Gott in Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit, aber
auch in Seiner Liebe und Gnade und sich selbst in seinem
Verderben. Durch das Wort wird der Mensch unter der
mächtigen Einwirkung des Heiligen Geistes von Schuld
und Sünde überführt. Zugleich findet er aber auch in diesem
Worte das Heilmittel, das nicht nur von Sünde und
Scbuld reinigt und befreit, sondern ihn sogar dahin bringt,
188
„Gottes Gerechtigkeit zu werden in Ihm". (2. Kor. 5, 21.)
Gerade das, was einerseits die Schuld und Sündhaftigkeit
des Menschen völlig ans Licht stellt, — das Kreuz von
Golgatha — zeigt anderseits, daß Gott nicht nur „Licht"
ist, sondern auch „Liebe". In dieser Seiner ewigen Liebe
gab Er Jesum Christum, Seinen Sohn, für eine gefallene
Welt, „auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren
gehe, sondern ewiges Leben habe". (Joh. Z, 16.) Stellt
sich der schuldige Mensch unter das gerechte Urteil Gottes
über sich und nimmt in aufrichtiger Buße den ihm geziemenden
Platz vor Gott ein, so findet er im Glauben an
das Erlösungswerk und Sühnopfer Jesu Christi Vergebung,
Frieden und Annahme bei Gott. Gott rechtfertigt
den, der des Glaubens an Jesum ist. (Röm. Z, 24—26.)
Hat nun die Gnade durch den Heiligen Geist und
das Wort das Werk der Wiedergeburt in einer Seele getan,
so besitzt der „von neuem", aus „Wasser und Geist"
geborene Mensch, wie die Schrift uns sagt, „neues Leben",
das göttliche Gefühle und Empfindungen und Wohlgefallen
an Gottes Gedanken und Willen hat. Ein solcher
Mensch liebt Gottes Wort und bemüht sich, Gott zu leben
und zu dienen, „würdig des Herrn zu wandeln zu allem
Wohlgefallen, in jedem guten Werke fruchtbringend,
und wachsend durch die Erkenntnis Gottes". (Kol. 1,10.)
Derselben Gnade und demselben Herrn, der ihn errettet
hat, ist er nun Gehorsam schuldig. (Vergl. 1. Petr. 1, 2;
2. Kor. 5, 15; 1. Kor. 6, 19. 20.) Schon in der Taufe
hat der „aus Gott geborene" Mensch feierlich bekundet,
daß er „in Neuheit des Lebens zu wandeln" begehre. (Vgl.
Röm. b, 4—6.) Er hat fortan nicht mehr selbst Macht und
Befugnis über sich, sondern der Herr. Leben und Wille
— 489 —
sind dem Herrn unterstellt, und das Leben sollte für ihn
„Christus" sein. (Phil, 4, 24.) Das Wort Gottes, das
die Offenbarung Gottes, der Ausdruck Seines Willens,
Seiner Gedanken und Wege ist, ist ihm Richtschnur, und
„das, was droben ist", die Sphäre, in der er sich bewegt,
und wo er naturgemäß seine Befriedigung findet. So
kennter Christum, wie geschrieben steht: „Hieran wissen
wir, daß wir Ihn kennen, wennwir Seine Gebote
halten. Wer da sagt: Ich kenne Ihn, und hält Seine
Gebote nicht, ist ein Lügner, und in diesem ist die Wahrheit
nicht." (4. Joh. 2, Z. 4.)
Mit diesen kurzen Hinweisen sind wir bei der praktischen
Seite des Christentums angelangt, und da erhebt
sich für einen jeden Gläubigen ganz von selbst die Frage:
Wie steht'ö mit mir? Wie stehe ich zum Worte, daö „durchdringend
ist bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl
der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der
Gedanken und Gesinnungen des Herzens"? (Hebr. 4, 42.)
Wandle ich im Lichte dieses Wortes? Verwirkliche ich im
Leben, was ich mit dem Munde bekenne? Findet daö Wort
aus 1. Zoh. 2, 29: „Wenn ihr wisset, daß Er gerecht ist,
so erkennet, daß jeder, der die Gerechtigkeit
tut, aus Ihm geboren ist", einen Widerhall in meinem
Gewissen? Es ist etwas Großes, zu erfahren, daß ich der
göttlichen Natur teilhaftig geworden bin. Aber wie ist's
mit den Früchten, die das Vorhandensein dieser Natur beweisen
müssen? Gottes Natur, erwiesen durch die dieser
Natur entsprechenden Früchte! Wozu das Bekenntnis,
wenn bei mir, der ich bekenne, auf dem Boden des Wortes
zu stehen, die Verwirklichung fehlt? Beides, Stellung und
Verantwortlichkeit, steht und fällt zusammen.
lys
In Seiner nie endenden Gnade und unwandelbaren
Treue hat Gott vor vielen Jahren einer Anzahl Seiner Kinder,
die aufrichtigen Herzens über den Verfall in der Christenheit
trauerten, aufs neue Acht und Verständnis gegeben
über so manche Grundwahrheiten Seines Wortes, wie die
Vollgültigkeit des Opfers Jesu Christi, die Wahrheit von
dem einen Leibe, die Wiederkunft Christi u. a. Mit
dieser Erkenntnis war ein Trachten nach Absonderung von
allem Bösen und Schriftwidrigen verbunden, und diese
Absonderung fand statt, mochte sie die Betreffenden auch
so vieles kosten, daß im Blick hierauf wohl von einem
„Kaufen von Wahrheit" geredet werden kann. (Spr.
23, 23.) Daß diese Absonderung zugleich unter tiefer Beugung
vor sich ging angesichts des tiefen Verfalls und der
Untreue innerhalb der christlichen Kirche, bedarf wohl keiner
besonderen Erwähnung. Groß aber war der innere Gewinn.
Gleich Esra hatten jene Gläubigen ihr Herz darauf
gerichtet, das Wort Gottes zu erforschen, zu tun und zu
lehren. (Vergl. Eöra 7, 70.) Konnte Gott anders, als
darauf mit Strömen der Segnung antworten? Wie kostbar
war es, an dem gleichsam neu errichteten Altar (vergl.
Esra 3) Gott gemeinsam die Opfer des Lobes und Dankes
darbringen zu dürfen! Und wie kräftig war das Zeugnis
nach außen hin! Die Mauer der Absonderung wurde
gesehen, mit anderen Worten: die wiedererlangte innere
Gemeinschaft und Verbindung mit Gott und Seinem
Wort wurde durch das äußere praktische Zeugnis bestätigt.
Die Aufforderung in 2. Tim. 2, 7y: „Jeder, derben
Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit",
wurde verwirklicht. Auf diesem Wege in der Furcht
Gottes verharrend, waren und blieben jene Gläubigen „Ge-
1Y1
faße zur Ehre, geheiligt, nützlich dein Hausherrn, zu jedem
guten Werke bereitet". (V. 2k.) Die Wahrheit, wie
sie in dem Jesus ist: „daß ihr, was den früheren Lebenswandel
betrifft, abgelegt habt den alten Menschen, der nach
den betrügerischen Lüsten verdorben wird, aber erneuert
werdet in dem Geiste eurer Gesinnung und angezogen
habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in
wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit" (Eph. 4), diese
Wahrheit fand ihre Erfüllung. Nur so bleibt ja die Mauer
der Absonderung praktisch bestehen. Fehlt dagegen die
Verwirklichung, das: „Lebe darin!", hat inan nicht
„acht auf sich selbst und auf die Lehre", „beharrt" man
nicht „in diesen Dingen", wodurch man „sowohl sich selbst
errettet als auch die, welche uns hören" (vergl. 1. Tim.
4, 45. 16), so ist daö Bekenntnis von der Errichtung der
„Mauer" ein Trug- und Scheingebilde. Der Wandel b e -
st ätigt ni ch t das Bekenntnis. „Wer da sagt: Ich kenne
Ihn, und hält Seine Gebote nicht, ist ein Lügner, und in
diesem ist die Wahrheit nicht." (1. Joh. 2, 4.)
Entsprach dem Anfang in den Tagen Esras und
Nehemias der Fortgang? Und entspricht in unseren Tagen
der Fortgang dem Anfang, den Gott wieder neu gegeben
hat? Welch ernste Erscheinungen treten heute ans Tageslicht!
Und worauf lassen sie schließen? Ist die Absonderung,
die man doch bekennt, Wirklichkeit? Beweisen unser tägliches
Leben und Verhalten, unsere Grundsätze und Ziele,
daß wir „ausgegangen" sind? Leben wir „besonnen und
gerecht und gottselig in dem jetzigen Zeitkauf, indem wir
erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der
Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus
Christus, der sich selbst für uns gegeben hat, auf daß Er
192
uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte sich
selbst ein Eigentumsvolk, eifrig in guten Werken"? (Tit.
2, 12—14.) Folgen wir der Aufforderung in 1. Tim. 6,
11. 12: „Du aber, o Mensch Gottes, . . . strebe nach
Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren,
Sanftmut des Geistes. Kämpfe den guten Kampf des
Glaubens; ergreife das ewige Leben, zu welchem du berufen
worden bist"? DaS bloß äußerliche Einnehmen einer Stellung,
mag sie auch noch so schriftgemäß sein, ist, wenn
man das Wesen und Leben der Sache nicht selbst erfaßt
hat, ein armselig Ding und wird bald zu einer bloßen
Formsache herabsinken. Hören wir, was ein geschätzter und
treuer Diener des Herrn, der heute beim Herrn weilt,
einst geschrieben hat:
„Hohe Wahrheit, ausgenommen in einem leichten
fleischlichen Geiste, hat die Wirkung, das Gewissen einzuschläfern
und alle göttliche Übung der Seele in bezug auf
unsere Gewohnheiten und Wege im täglichen Leben zu unterdrücken.
Auf diese Weise fällt der Mensch aus der Gesetzlichkeit
in die Leichtfertigkeit, und wahrlich, der letzte Zustand
ist schlimmer als der erste.
„Es ist eine ernste Sache, dem Verstand zu erlauben,
das Gewissen zu überholen, mehr Wahrheit im Kopf zu
haben als im Herzen, Grundsätze zu bekennen, die das
praktische Leben nicht beherrschen. Nichts kann gefährlicher
sein. Wenn das Gewissen nicht zart erhalten bleibt, wenn
das Herz nicht durch die Furcht Gottes beherrscht wird,
so läßt sich nicht sagen, wohin wir noch geraten werden.
„Das Leben des Gläubigen soll ein praktisches sein,
und das ist die Klippe, an der so viele Schiffbruch leiden.
Es trifft oft zu, daß die, welche in der Theorie am schnell
— I9Z —
sten voranschreiten, in der Praxis und in der Erfahrung
die trägsten sind, weil man bei ihnen mehr ein Werk des
Verstandes als des Gewissens und des Herzens vorauö-
setzen muß. Wir sollten nie vergessen, daß das Christentum
nicht eine Sammlung von Meinungen oder Ansichten
oder ein System von Lehrsätzen darstellt. Es ist vielmehr
eine göttliche Wirklichkeit, eine persönliche, praktische, mächtige
Sache, indem es sich in allen Ereignissen und in allen
Umständen des täglichen Lebens offenbart."
Zeigt nicht auch 2. Petr, k, 5—tk Weg und Richtung,
die unser Leben haben soll und muß? Ich möchte die
Stelle ganz anführen, weil sie so wichtig ist. — „Ebendeshalb
reichet aber auch dar, indem ihr allen Fleiß anwendet,
in eurem Glauben die Tugend, in der Tugend aber die Erkenntnis,
in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit, in der
Enthaltsamkeit aber das Ausharren, in dem Auöharren
aber die Gottseligkeit, in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe,
in der Bruderliebe aber die Liebe. Denn wenn diese
Dinge bei euch sind und reichlich vorhanden, so stellen sie
euch nicht träge noch fruchtleer hin bezüglich der Erkenntnis
unseres Herrn Jesus Christus. Denn bei welchem diese
Dinge nicht sind, der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung
seiner vorigen Sünden vergessen. Darum, Brüder,
befleißiget euch umsomehr, eure Berufung und Erwählung
sestzumachen; denn wenn ihr diese Dinge tut, so werdet
ihr niemals straucheln. Denn also wird euch reichlich dargereicht
werden der Eingang in daö ewige Reich unseres
Herrn und Heilandes Jesus Christus."
Möchten wir alle von Herzen in daö bekannte Wort
des Apostels Paulus einstimmen: „Eines aber tue ich:
194
Vergessend, was dahinten, und mich ausstrcckend nach
dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu
dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo
Jesu". (Phil. 3, 44.)
Unsere Erwartung
Das Leben des Menschen ist erfüllt von Erwartungen
aller Art. Ohne diese Erwartungen, sei es in geistiger oder
materieller Hinsicht, scheint ihm das Leben nicht lebenswert.
Wollte man dem Menschen die Erwartung, die Hoffnung
nehmen, so wurde man damit zerstörend in die
Grundlagen seines Lebens eingreifen. Er würde über kurz
yder lang am Dasein verzweifeln. Dabei kann daö Ziel der
Erwartung ein ganz verschiedenes sein. Weder Form, noch
Inhalt, noch Umfang spielen dabei eine Rolle. Ein Kind erwartet
andersartig als ein Erwachsener. Die Ziele eines
Kopfarbeiters unterscheiden sich zumeist ganz wesentlich
von denen eines Handarbeiters, und wie verschieden die Anspruchstärke
eines Armen von der eines Reichen ist, braucht
nicht gesagt zu werden. Nur eine Tatsache eint alle Menschen,
und das ist die, daß sie alle „erwarten".
Gibt eö nun niemals ein Aufhören dieses Erwartens,
dieser Hoffnung auf das Glück, das jeder nach seiner Eigenart
sich verschieden von dem des anderen vorstellt?
Der Erwartung steht die Enttäuschung gegenüber.
Zwischen diesen beiden Polen spielt sich das menschliche Leben
ab. Ein unaufhörliches Auf und Nieder, ein ständiges
Erwarten und Enttäuschtwerden lösen sich ab und lassen
keine dauernde Ruhe entstehen. Mehr und mehr wird der
nachdenkende Mensch durch die Erkenntnis des unaufhör
— g95 —
lichen Wechsels zwischen Erwartung und Enttäuschung beunruhigt.
Immer heftiger und zuletzt unabweisbar wird
die Frage nach dem Sinn dieses Vorgangs, bis sie schließlich
zur Frage nach dem Sinn des Lebens, seines eigenen
Lebens, geworden ist. Und damit verbunden ist das immer
drängendere Suchen nach einer Lösung, einer Antwort,
bis endlich doch alles in einer einzigen, tiefen Hoffnungslosigkeit
untcrgeht. Verzweiflung beginnt sich zu regen,
lind aus ihr wird nur zu oft eine Tat geboren, eine letzte
Antwort auf die Frage nach dem Sinn deö Lebens, das nun
zu einer einzigen „enttäuschten Erwartung" geworden ist.
Nur ein Wunder, das heißt etwas, das nicht den Gesetzen
dieser Welt unterworfen ist, vermag den Menschen
aus dieser trostlosen Lage zu befreien. Dieses Wunder ist
Wirklichkeit geworden. Jeder wahre Christ kann davon erzählen.
Die Frage nach dem Sinn seines Lebens ist gelöst
worden. Der Boden, auf dem die Erwartung eines Christen
steht, die ihre unbedingte Erfüllung in sich selbst trägt,
ist allerdings grundsätzlich verschieden von dein, auf welchem
jene Art der „Erwartung", die wir zuerst behandelten,
aufgcbaut wird. Ist hier die Persönlichkeit auf der Erde der
Mittelpunkt, um den sich alles bewegt, der alles nur für
sich erwartet, so wendet der Christ sich in grundsätzlichem
Gegensatz dazu vollständig von sich und dieser Welt ab.
Seine Erwartung gilt nicht dem, was zeitlich ist, sondern
dem Ewigen. Er „erwartet die Sohnschaft, die Erlösung
seines Leibeö" (Röm. 8, 23), und stellt sich auf den
Boden, den Christus durch Sein Werk für ihn bereitet hat,
indem er „den Herrn Jesus als Heiland aus den Himmeln
erwartet, der seinen Leib der Niedrigkeit umgestalten
wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlich
lys
keit". (Phil. 3, 20. 21.) Nicht die eigene Person, sondern
Jesus ist sein Mittelpunkt, ist
Zeine Freud und Wonne
Jetzt und bis in Ewigkeit.
Seine „Erwartung" sucht ihre Erfüllung nicht mehr im
Weltlichen. Er „erwartet die glückselige Hoffnung und
Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und
Heilandes Jesus Christus, der sich selbst für uns gegeben
hat, auf daß Er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit
und reinigte Sich selbst ein Eigentumsvolk". (Titus 2,
13. 14.) Das Bild der Zukunft ist für einen Christen nicht
mehr von seiner Person ausgefüllt, sondern er „erwarte
t die Ankunft des Tages Gottes. . . und, nach Seiner
Verheißung, neue Himmel und eine neue Erde, in welcher
Gerechtigkeit wohnt". (2. Petr. 3, 12. 13.) Den Zustand
eines Menschen, der über sich und sein Leben zur Verzweiflung
gekommen ist, mag auch der Christ gekannt haben,
aber er kennt ihn jetzt nicht mehr, denn „der Friede Gottes,
der allen Verstand übersteigt, bewahrt sein Herz und
seinen Sinn in Christo Jesu" (Phil. 4, 7), so daß er in
tiefer Freude ausrufen kann: „Denn ich bin überzeugt, daß
weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer/
weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten,
weder Höhe noch Tiefe, noch irgend ein anderes Geschöpf
uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die
in Christo Jesu ist, unserem Herrn". (Röm. 8, 38. 3d.)
Das zu lernen, was Gott uns durch die Not lehren
will, ist wichtiger, als aus ihr herauszukommen.
Hudson Taylor.
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
VII.
Kapitel 5, r o—t s
Wie von anderer Seite einmal bemerkt worden ist,
ist dieses Kapitel das einzige im Neuen Testament, in
welchem das Wort „wir" ohne Unterschied auf alle
Menschen angewandt wird, während es sich überall
sonst auf die Gläubigen allein bezieht. Man muß also in
diesem Kapitel sorgfältig die Stellung unterscheiden, die
Gläubige oder Ungläubige den großen Tatsachen gegenüber
einnehmen, die unterschiedslos alle Menschen angehen:
Sünde, Tod und Gericht. Die Beobachtung dieses
Unterschiedes ist von der größten Wichtigkeit für die Verkündigung
des Evangeliums.
Im Anfang dieses Kapitels haben wir gesehen, daß
alle Menschen einmal vor Gott erscheinen müssen. Für
sich selbst begehrte der Apostel dieses Erscheinen; nicht daß
er wünschte, entkleidet zu werden (obgleich er zugab, daß
das geschehen konnte), aber er wünschte, mit seinem verherrlichten
Leibe überkleidet zu werden. Ob der Herr kommen
würde, wenn er, der Apostel, bereits ins Grab gebettet
war, oder wenn er noch in dieser Welt lebte, in jedem
Fall erwartete er, mit einem verherrlichten Leibe überkleidet
zu werden, um so vor Gott zu erscheinen. Aber
gleichzeitig zeigte er, daß alle Menschen auferstehen
müssen. „So wir anders", heißt es im dritten Vers, „wenn
t.XXXIl 8
rys
wir auch bekleidet sind, nicht nacktersundenwerde n."
Alle müssen in ihren Leibern vor Gott erscheinen, aber die
einen werden mit einem verherrlichten Leibe überkleb-
det, die anderen dagegen einfach mit einem Auferste-
hungsleib bekleidet sein. Die ersteren haben teil an
der ersten Auferstehung; die Auferstehung der letzteren
dagegen, die viel später stattfinden wird, wird der zweite
Tod genannt. Man kann mit einem Auferstehungslech
bekleidet sein und doch vor Gott nackt erfunden,
das heißt in einem Zustand erfunden werden, in welchem
notwendigerweise daö Gericht Gottes den Menschen
treffen muß. Als Adam sich nach dem Fall bekleidet
zu haben glaubte, fand er sich trotzdem nackt vor
Gott, und das war seine Verurteilung. Es ist immer so:
Der vor Gott nackt erfundene Mensch muß seine Strafe
tragen. Deshalb überkleidete Gott, der Adam retten wollte,
ihn selbst mit Fellen von geopferten Tieren. Wenn die
Gläubigen vor Gott erscheinen, so werden sie nicht nur
mit einem auferweckten Leibe be kleidet sein, denn
dieser letztere könnte sie nicht schützen, sondern mit einem
verherrlichten Leibe über kleidet, mit einem
Leib, der dem ihres Heilandes gleicht, überkleidet mit der
Herrlichkeit, die Ihm gehört, überkleidet mit der Gerechtigkeit
Gottes selbst. Das ist ihre Sicherheit. Denn wie
sollte Gott uns nicht in Seiner Gegenwart empfangen,
wenn wir überkleidet sind mit all den herrlichen Eigenschaften,
die das Teil Seines Geliebten sind? Dann müßte
Er ja Christum selbst verwerfen!
In dem heute gelesenen Abschnitt finden wir aber
noch eine zweite Wahrheit, die gleichzeitig Gläubige und
Ungläubige angeht: „W i r m ü s s e n a l l e vor dem Rich
199
terstuhl des Christus offenbar werden, auf daß ein jeder
empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er
gehandelt hat, es sei gut oder böse". (V. 10.) Wie es
zwei Auferstehungen gibt, so gibt es auch zweierlei
Erscheinen vor dem Richterstuhl Christi. Wenn es sich um
die Auferstehung dec Bösen, „die Toten" genannt, handelt,
so hören wir, daß sie mit einem auferweckten Leibe
bekleidet sein werden, um vor dem „großen, weißen
Thron" zu erscheinen, der dann errichtet werden wird,
wenn weder für die Erde noch für den Himmel eine Stätte
mehr gefunden wird. (Vergl. Offbg. 20, 11—15.) Dieser
Thron ist für sie der Richterstuhl des Christus. Auf
diesem Thron wird der Herr Jesus dann sitzen, um zu
richten, denn von Ihm steht geschrieben, daß Gott Ihn
zum Richter gesetzt hat, nicht allein der Lebendigen, sondern
auch der Toten. (Vergl. Apstgsch. 10, 42.) So sind
diese Menschen, obgleich alle auferstanden, „Tote". Vor
diesem Richterstuhl werden die Bücher aufgetan, daö
Buch des Lebens sowohl als auch das Buch der Verantwortlichkeit.
Nicht ein Wort kommt über die Lippen derer,
die vor diesem Richterstuhl stehen. Sie werden gerichtet nach
ihren Werken, wenn sie nicht geschrieben gefunden werden
in dem Buche des Lebens.
Es gibt aber noch eine zweite Seite des Richterstuhls,
und diese bezieht sich ausschließlich auf die Kinde
r G o t t e s. „Wir müssen alle vor dem Richterstuhl des
Christus offenbar werden." Es wird ein Augenblick für
unö Gläubige kommen, wo alles, was wir gewesen sind,
oder waö wir getan haben, vor dem Richterstuhl Christi,
in der Gegenwart Gottes, voll und ganz ins Licht gebracht
werden wird. Nicht das geringste wird dort verbor-
200
gen bleiben. Meine ganze Geschichte, von Anfang an bis
zu dem Augenblick, wo es Gott gefällt, mich zu Sich zu
rufen, wird dort an den Tag kommen. Alles, was wir
hier getan haben, wird dort unterden Augen Gottes
ins volle Licht gebracht werden; wirmüssen offenbar
werden vor dem Richterstuhl des Christus!
Auf welche Weise aber werden wir dort offenbar
werden? Wir sahen bereits, daß die Menschen, die vor
diesem Richterstuhl als Sünder erfunden werden, die
Folgen ihrer Werke tragen müssen. Wir Gläubigen dagegen
werden dort im gleichen Charakter wie
der Richter selbst erfunden werden, überkleidet mit
all Seinen Vollkommenheiten in einem in Herrlichkeitauferweckten
Leibe. Wir werden das Licht nicht
fürchten, das dort auf unser ganzes vergangenes Leben
fällt, denn wir wissen schon, daß die Gnade Gottes Mittel
gefunden hat, sich aus unserer Armseligkeit heraus zu
verherrlichen, ja, daß selbst unsere Sünden ein Anlaß für
Ihn sein werden. Seine Herrlichkeit hervorleuchten zu lassen,
wobei Er uns freilich die Strafe oder Züchtigung
in dieser Welt hat tragen lassen mit dem Endziel, uns
dahin zu führen, wo Er uns haben wollte, in die Herrlichkeit
des Christus. Liebe Freunde, diese Erwägung macht
mich glücklich bei dem Gedanken an den Richterstuhl.
Wenn mein Leben dort nicht in all seinen Einzelheiten
offenbar würde, so würde die Gnade Gottes, der eS trotz
allem gelungen ist, mich in die Herrlichkeit zu bringen,
nicht in ihrer vollen Herrlichkeit zur Darstellung kommen.
Das ist Stärkung für das Herz. Anstatt mit Furcht
daran zu denken, daß meine Erbärmlichkeiten ans Helle
Tageslicht kommen werden, denke ich daran, daß Chri
— 2or —
stus trotz all meiner Fehler verherrlicht worden ist; und
darüber sollte ich mich nicht freuen? Wenn die Gnade
Gottes nicht während meines ganzen Lebens über mir
gewesen wäre, wie hätte ich dann zur ewigen Seligkeit
und zum endlichen Sieg gelangen sollen?
Woran liegt es nun, daß ein Christ sich vor dem
Richterstuhl Christi fürchtet? Weil er kein ruhiges
Gewissen hat.
Wir hören hier, wie auch anderswo, daß jeder Gläubige
vor dem Richterstuhl empfangen wird, „was er in
dem Leibe getan, nachdem er gehandelt hat, es sei gut oder
böse". Jeder wird eine Belohnung empfangen oder einen
Verlust erleiden, je nach der Art, wie er hienieden dem
Herrn gedient hat. Dem, der einen schlechten Lebenswandel
führt, kann ich nicht sagen: Du wirst trotzdem gerettet
werden! Vielmehr frage ich ihn: Wo wird deine
Krone sein? Was für einen Platz wirst du in der Herrlichkeit
einnehmen? Wirst du keinen Verlust erleiden, und
was für einen Verlust?! So wird es sein mit jedem
Gläubigen, der nicht seiner hohen Berufung gemäß
gewandelt hat. Deshalb sagt der Herr zu Philadelphia:
„Halte fest, was du hast, auf daß niemand deine
Kronenehm e". Die der Treue verheißene Krone kann
uns genommen und anderen gegeben werden. Das haben
die Worte zu bedeuten: „Empfangen, was er in dem
Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei gut oder
böse". Wenn ich meine Krone verloren, wenn ich Christum
verunehrt habe, so wird dies zu meiner Beschämung
und Schande dienen in dem Augenblick, wo eS
ernste Wirklichkeit wird, daß ich vor dem Richterstuhl
zu erscheinen habe; dort aber angelangt, werde
202
ich der allererste sein, der dieses Urteil als gerecht anerkennt,
zur Verherrlichung des heiligen Gottes und Seines
Christus. Mich tröstet der Gedanke, daß, wenn Gott
mir in jenem Augenblick nimmt, was meine Treue hätte
erlangen können, und es einem anderen gibt, dessen Frömmigkeit
ich vielleicht nur wenig geschätzt habe, dies eine gerechte
Handlung sein wird, die zu völliger Verherrlichung
des Herrn auöschlagen wird.
Was sollten wir nun tun im Blick auf den Richterstuhl?
Verwirklichen, was die beiden Aussprüche des
Apostels besagen: „Da wir nun den Schrecken des Herrn
kennen", und: „Wir sind Gott offenbar geworden". (V.
tt.) Wir müssen uns schon hienieden in dem Licht dieses
Richterstuhls aufhalten und nicht auf den Himmel warten,
um dort zu erscheinen. Bei Paulus war es so. Er lebte
im vollen Licht des Richterstuhls Christi. Ohne sich irgend
einer Täuschung hinzugeben, sah und wußte er, daß
in ihm, das ist in seinem Fleische, nichts Gutes war.
Er lebte in gründlichem und beständigem Selbstgericht. Da
er keinerlei Selbstvertrauen besaß, stützte er sich auf nichts,
was er etwa in sich selbst hätte haben können; aber eins
begehrte er: „Gott offenbar zu sein", ähnlich wie es im
1ZY. Psalm heißt: „Erforsche mich, Gott, und erkenne
mein Herz!" Für ihn war in der Tat der Richterstuhl schon
hienieden eine Wirklichkeit, und er begehrte zu wissen,
ehe er im Himmel dort erschien, ob „ein Weg der
Mühsal" in seinem Herzen sei, um „auf ewigem Wege"
geleitet zu werden. Seine Seele weilte beständig in Gottes
Gegenwart und begehrte, von Ihm erkannt zu sein,
indem sie nur einen Wunsch hatte: Gott möchte sie jeden
Augenblick im vollen Lichte Seines Angesichts erhalten.
203
um ihn alles entdecken zu lassen, was ihm zum Fallstrick
und zum Anlaß hätte werden können, sich von Gott zu
entfernen, alles, was den Verlust der Belohnung des christlichen
Zeugnisses hätte herbeiführen können. Und beachten
wir noch dies: Der Apostel konnte sich das Zeugnis geben:
„Wir sind Gott offenbar geworden, und wir hoffen, auch
in euren Gewissen offenbar geworden zu sein", mit anderen
Worten, wir wünschen euch genau so wenig zu
verbergen, wie wir vor Gott etwas verborgen haben.
Steht es so auch mit uns? Leben auch wir so vor
Gott und Menschen, daß wir weder vor dem Einen noch
vor den anderen irgend etwas zu verbergen haben? Bei
dem Apostel war das der Fall. Er fühlte den ganzen Ernst
des Richterstuhls Christi, aber dieser Gedanke ließ ihn
vollkommen glücklich und ruhig sein, und am Ende seines
Weges angelangt, konnte er in voller Zuversicht sagen:
„Fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit".
(2. Tim. 4, 6—8.)
Paulus kommt dann auf seinen Dienst zurück. Was
war die Wirkung des Richterstuhls auf Paulus als Diener
Christi? Wenn er in bezug auf ihn für sich selbst
ohne jede Furcht ist — was die Sünder betrifft, weiß er,
daß es für sie furchtbar sein wird, vor dem Thron des
Gerichts erscheinen zu müssen. Dieser Gedanke drängt ihn,
die ganze Kraft der Überzeugung, die Gott ihm gegeben
hat, anzuwenden, um den Menschen zu zeigen, wie sehr
der Herr zu fürchten ist, und sie zu überreden, das Hintreten
vor Gott nicht auf später zu verschieben. Aber erwirb
nicht allein durch die Furcht zum Handeln gedrängt.
Im 44. Vers fügt er hinzu: „Denn die Liebe
des Christus drängt uns". Der Schrecken des Herrn und
204
die Liebe Christi, das sind die beiden großen Beweggründe,
die den Evangelisten drängen, seine Botschaft zu verkündigen.
Wir können von dieser Liebe reden, weil wir deren
Gegenstände sind, und von diesem Schrecken oder dieser
Furcht, weil wir sie kennen. Für uns ist indessen diese
Furcht nicht Angst, dem gerechten Gott zu begegnen,
sondern wir fürchten unö, Ihm zu mißfallen oder Ihn
zu verunehren.
Wenn die Folgen des Richterstuhls wirklich vor unseren
Seelen stünden, wie würden wir uns dann gedrängt
fühlen, den Menschen zuzurufen: Entflieht dem kommenden
Zorn! Gott hat uns selbst gelehrt, diesem Zorn
zu entfliehen, und hat uns davon befreit. So macht es
wie wir, sprecht, während eö noch Zeit ist, euch selbst das
Urteil, damit ihr nicht dem Gericht überliefert werdet!
So lautete die Sprache des Apostels. Er „überredete die
Menschen". Die Liebe Christi drängte ihn ohne Ruhe und
ohne Rast. Sein ganzes Leben lang hat dieser Mann sich
an die Sünder in dieser Welt gewandt, um sie dahin zu
bringen, die freie Gnade anzunehmen, die Gott den Menschen
durch Christum anbietet.
„Denn die Liebe des Christus drängt uns", sagt er,
„indem wir also geurteilt haben, daß Einer für alle gestorben
ist, und somit alle gestorben sind. Und Er ist für
alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich
selbst leben, sondern Dem, der für sie gestorben ist und
ist auferweckt worden." (V. 14. 15.) Hier finden wir
abermals Gläubige und Ungläubige zusammengenannt.
Wenn Christus für alle gestorben ist, Bekehrte und
Unbekehrte, so beweist das, daß alle tot sind. Wenn ein
einziger Mensch von diesem sittlichen Tod aller Menschen
205
hätte ausgenommen werden können, so hätte Christus nicht
füralle zu sterben brauchen. Gibt es nun solche, die aus
diesem Tode herausgekommen sind? Ja; und zwar sind
es die, welche im Glauben das Opfer Christi angenommen
haben. Diese leben. Aber wenn der Herr nun für
alle gestorben ist, warum leben dann nicht alle? Was
ist das Hindernis, das dem Heil aller Menschen entgegensteht?
Ach, das einzige und alleinige Hindernis
ist der Wille des Menschen!
DaS christliche Leben besteht darin, nicht mehr
sich selbst zu leben. Wenn es recht verstanden wird,
so hat die Selbstsucht des natürlichen Sünderherzens keinen
Platz mehr in diesem Leben. Wenn Gott uns durch den
Glauben an Christum ewiges Leben gibt, so will Er, daß
wir nicht mehr uns selbst leben. Gott hat uns in der
Person Christi einen Gegenstand für unsere Herzen gegeben:
„Den, der für uns gestorben ist und ist auferweckt
worden". Ist es nicht der Mühe wert, für diesen
Menschen zu leben?
Einige Gedanken
über die Hochzeit zu Kana
(Joh. 2, r-rr)
„Jesus mit Seinen Jüngern war zu der Hochzeit
geladen." Seine und auch Seiner Jünger Anwesenheit
war erwünscht. Wer die Brauteltern, wer Braut und
Bräutigam waren, ist uns nicht bekannt. Ohne Frage waren
es Leute in bescheidenen Verhältnissen, denn sie verfügten
weder über eine große Menge noch über besonders
guten Wein. Aber sie luden den Herrn Jesus ein und da
206
mit den wertvollsten aller Gäste. Seine Gegenwart bedeutet
den Höhepunkt aller Freude. Inwieweit sie diesen Herrn
kannten, ob sie auch bereits zu Seinen Jüngern zählten, davon
sagt die Schrift nichts. Tatsache ist, daß „Jesus mit
Seinen Jüngern zu der Hochzeit geladen" war. Und
das nicht etwa aus nachbarlichem Pflichtgefühl, liegt doch
Kana auf dem geradesten Weg über den Berg etwa zehn
Kilometer von Nazareth entfernt. Da werden also doch
wohl die Herzen gesprochen haben, als der Wunsch laut
wurde, an diesem Tage höchster irdischer Freude den Herrn
und Seine Jünger unter den Gästen zu haben. Glückliche
Leute, die Ihn einluden! Sie durften die Offenbarung
Seiner Herrlichkeit erleben. Welch lieblicher, gesegneter Anfang
eines Ehestandes!
Der Herr trug keine Bedenken, der Einladung zu folgen.
Er, der innerlich bewegt war an der Bahre des Jünglings
vor den Toren Rains, der Tränen vergoß am Grabe
des Lazarus, war auch wie kein anderer fähig, sich zu
freuen mit den Fröhlichen. Was immer Er tat, es geschah
„von Herzen". Wie mag Seine bloße Gegenwart das
Fest verschönt haben. Wie liebreich und innig werden Seine
Worte an das Brautpaar und die Eltern gewesen sein,
wie gesund und jedermann segnend Seine Unterhaltung
mit den Gästen. In Seiner heiligen und heiligenden Nähe
konnte unmöglich ein ungeziemender Ton laut werden.
Und ob wohl irgend jemand der Anwesenden etwas vermißt
haben wird?
Als der Herr Jesus zu der Hochzeit ging, da geschah
auch das in Übereinstimmung mit dem Willen Dessen, der
Ihn gesandt hatte. Wie hätte Er, der nicht gekommen war,
Seinen Willen zu tun, je anders handeln können? Er
207
tat allezeit das Gott Wohlgefällige. (Vergl. Ioh. 6, 38;
8, 29.) Deshalb war Gott mit Ihm, und Gott wurde
durch Ihn verherrlicht. Wo immer Er zugegen ist, sei es
im Einerlei des Alltags, sei es in Feierstunden des Lebens,
wird Frucht für Gott, Frucht für die Ewigkeit hervorkommen.
Welche Gefühle mögen wohl das Herz unseres geliebten
Herrn dort auf der Hochzeit in Kana bewegt haben?
Wir Menschen können, durch die jeweiligen Umstände beeinflußt,
uns vergessen, uns einseitig dem Genuß des Augenblicks
hingeben. Niemals aber der Herr, dessen innige
Gemeinschaft mit Seinem Vater nie auch nur für einen Augenblick
unterbrochen wurde. Hätte Er vergessen können,
daß das Glück des jungen Paares trotz aller es umgebenden
Lieblichkeit ein irdisches, vergängliches war? Daß auch
diese jetzt so blühenden Menschen in absehbarer Zeit verwelken,
in den Staub sinken würden wie alle Adamskinder?
Hätte Er vergessen können Zweck und Ziel Seiner
göttlichen Sendung: den Tod zunichte zu machen und Leben
und Unverweslichkeit ans Licht zu bringen? Ob nicht
Seine Seele, in Heilandsliebe brennend, ausschaute, hinaus
über Gethsemane und Golgatha, nach der vor Ihm
liegenden Freude, nach der Hochzeit des Lammes, nach
dem neuen Himmel und der neuen Erde? Wer vermöchte
das auszudenken?
„Sie haben keinen Wein", sagt die Mutter Jesu in
echt hausfraulicher Besorgnis zu Ihm, als der Wein zur
Neige ging. Jesus hatte bisher noch kein Zeichen getan.
(V. 1K.) Ob Maria dennoch ein solches erwartete? Es
scheint so. Aber wenn Er den Schleier Seiner Herrlichkeit
lüften will, bedarf Er dazu keiner menschlichen Anregung,
208
selbst nicht von ihr, der Er so nahe stand. Fast hart erscheint
dem menschlichen Gefühl Seine Antwort an die
Mutter, aber daö: „M eine Stunde ist noch nicht gekommen",
stellt alles ins Licht. Daß Maria ihr Anliegen dem
Herrn sagte, war sicher, rein menschlich betrachtet, kein
Fehler. Dennoch mußte sie etwas Wichtiges lernen. Was
Jesus tat, geschah nicht um Marias willen, sondern zur
Offenbarung Seiner Herrlichkeit. Und zu Seiner Zeit, zur
rechten Zeit handelte Er. Nicht zu früh, nicht zu spät. Göttlich
richtig, göttlich herrlich.
„Meine Stunde ist noch nicht gekommen." Man kann
innig vertraut sein mit seinem Herrn und muß doch vielleicht
oft dieses Wort hören. Das heißt: Tritt du auf
Seite! Sei fein still und warte! Wenn ich in deiner Angelegenheit
mich verherrlichen kann, so werde ich es tun,
jedoch zu meiner, zur rechten Zeit. Und dann wirst
du staunen. So warte denn in Geduld!
Maria wurde durch die Antwort des Herrn nicht
erschüttert. Sie wußte: Was Er sagt, ist richtig. In dem
dieser Erkenntnis entspringenden festen Vertrauen weist
sie die Diener an: „Was irgend Er euch sagen mag, tut".
Liebliches Wort. O daß die Mahnung mehr über unsere
Lippen käme zu unserer gegenseitigen Ermunterung, unbedingt
dem Wort unseres teuren Herrn in allen Stücken zu
gehorchen, anstatt, wie es so oft geschieht, eigenen Gefühlen
und Meinungen zu folgen. Die Diener im Hochzeitshause
zu Kana taten, was Jesus ihnen sagte. So wurden
sie Zeugen des Wunders und „wußten", was dem
Speisemeister ein Rätsel war.
Willige, gehorsame Diener sind brauchbare Diener.
Sie stehen den Absichten ihres Herrn nicht im Wege, denn
209
sie folgen aufs Wort, ohne zu fragen: Warum? So werden
sie Träger des Segens, zugleich aber auch Mitempfänger
desselben.
Der Wein ist in der Schrift oft ein Bild der Freude.
Schon die Braut im Hohenliede sagt: „Er hat mich in
das Haus des Weines (d. i. der Freude) geführt, und Sein
Panker über mir ist die Liebe". (Kap. 2, 4.) Dort im
Hause zu Kana füllte der Herr die vorhandenen sechs Wasserkrüge
von je etwa achtzig bis hundertzwanzig Liter Inhalt
mit kostbarem Wein. Gewiß wäre auch ohne diese
reiche Spende die Hochzeitsfeier eine erhebende und freudige
gewesen, denn Jesus war da, und
wo Jesus ist, die Liebe selbst,
tlann nie die Freude fehlen.
Aber Er segnet nicht nur durch Seine Gegenwart, Er teilt
außerdem noch reichlich mit:
Und wie Lr liebt, und wie Lr gibt,
Wer könnte das erzählen?
So auch hier. Er gab besseren Wein, den wirklich guten.
Und in welcher Fülle! Er offenbarte Seine Herrlichkeit.
Er gab überströmende Freude.
Adams Spuren triefen von Leid. Sein
Geschlecht ist von der Sünde zerfressen, zermürbt, dem
Tode verfallen. Ium Tränental geworden ist durch den
Fluch der Sünde die Schöpfung, die zu Beginn nach Gottes
Urteil „sehr gut" war.
Jesus aber?
Als Er zu Bethlehem in der Krippe lag, sprach der
Engel zu den Hirten: „Siehe, ich verkündige euch große
Freude, . . . denn euch ist heute ... ein Erretter geboren,
welcher ist Christus, der Herr". (Luk. 2, 40. 44.)
— 210 —
Aus der Zeit Seines Dienstes lesen wir: „Die ganze
Volksmenge freute sich über all die herrlichen Dinge,
welche durch Ihn geschahen". (Luk. 1Z, 17.)
Und jene, die unter Seinen Segenshänden Zeugen
Seiner Himmelfahrt waren, „kehrten nach Jerusalem zurück
mit großer Freud e". (Luk. 24, 52.)
Freude, nichts als Freude, überall, wo Jesus ist, wo
Er einen Platz in den Herzen hat. Könnte es anders sein?
„Er ist schöner als die Menschensöhne."
„Holdseligkeit ist ausgegossen über Seine Lippen."
„Alles an Ihm ist lieblich."
„Seine Spuren triefen von Fett."
(Ps. 45, 2; Hohel. 5, 46; Ps. 65, 41.)
Du bist des Herzens wahre Freude,
Der Seele reinstes Lebenslicht.
Bist, Herr, auch meine Lust und Weide,
Mein Trost und meine Zuversicht,
Denn alles, was das Herz erquickt,
Wird, liesu, nur in Dir erblickt.
So ist es heute schon. Was wird es erst sein, wenn
wir bei Ihm sein werden, wo vor Seinem Angesicht
Fülle von Freuden ist auf immerdar!
Vie Seligpreisungen
VII.
„Glückselig die Friedensstifter"
(Schluß)
Da es sich hier um einen außerordentlich wichtigen
Dienst handelt, zu dessen Ausübung es vor allem der
Weisheit und Besonnenheit von oben bedarf, möchte ich,
da er auch unter Kindern Gottes so notwendig ist, gern
noch auf einige praktische Einzelheiten eingehen.
— 2U —
Verhältnismäßig leicht ist die Arbeit des Friedensstifters,
wenn zwei Parteien sich plötzlich, ohne bereits
länger vorhandene Abneigung, uneins werden. Da genügen
manchmal schon einige besänftigende Worte, um
die Gemüter zu beruhigen und dahin zu bringen, daß jeder
an seinem Teil das Verkehrte des eigenen Verhaltens
einsieht, besonders wenn in liebevoller Weise daran erinnert
wird, was der Herr darüber sagt und denkt. In
solchen Fällen ist das Wichtigste, daß sich rasch ein geeigneter
Friedensvermittler findet. Viel Herzeleid kann und
würde durch einen solchen vermieden werden. Statt dessen
stellen sich leider oft Ohrenbläser ein, „deren Worte hinabdringen
in das Innerste des Leibes", statt daß sie zum
Guten reden und die Schönheit eines Weges des Friedens
darstellen.
Weit schwieriger ist die Tätigkeit des Friedensver-
mittlerö, wenn eine Entzweiung sich allmählich entwickelt
hat oder gar eine Folge von langgehegtem Mißtrauen oder
von Eifersucht ist. Zn solchen Fällen sieht der eine Teil auf
die Dauer überhaupt nichts Gutes mehr in dem anderen.
Die Dinge, die anfangs nur Vermutungen waren, haben
sich nach und nach in den Gedanken zu festen Tatsachen
verdichtet, und tief hat die Bitterkeit ihre Wurzeln in das
Herz eingesenkt. Hier harrt des Friedensstifters eine
schwere Aufgabe, die viel Geduld erfordert. Da jeder der
streitenden Teile mehr oder weniger dahin gekommen ist,
beim Beurteilen der Sachlage Gott auszuschalten, so sieht
er sie, da das Ich den Punkt bildet, um den sich alles
dreht, nur von seinem eigenen, selbstsüchtigen Standpunkt
aus. Die eigenen Mängel und Fehler werden kaum mehr
erkannt, dafür aber die des anderen umso deutlicher und
212
in stark vergrößertem Maße gesehen. Manchmal ist man
ganz blind über sich selbst geworden.
Daß der Friedensstifter, bevor er zur Ausführung
seiner großen Aufgabe schreitet, sie zu einer Sache vielen
Gebets gemacht haben muß, ist erstes Erfordernis, da
Gott nicht nur ihm selbst alles für seinen Dienst Erforderliche
schenken, sondern auch durch Seinen Geist auf
die streitenden Parteien einwirken muß. Zweites Erfordernis
ist, daß alle, mit denen er zu tun hat, von der Art
seines Auftretens die Überzeugung gewinnen, daß die Liebe
zum Herrn und die Liebe zu ihnen die Triebfeder all seiner
Bemühungen ist. Strengste Unparteilichkeit ist ein drittes
wichtiges Stück. Zeder Teil muß merken, daß es sein
redliches Bestreben ist, nach Recht und Gerechtigkeit zu
urteilen, ohne Ansehen der Person. Wie nun aber der Friedensstifter
einerseits das Berechtigte in den Anklagen
durchaus anerkennen wird, muß er anderseits auch Mut
genug haben, das Verkehrte offen zu verurteilen. Schärfen
sind dabei nach Möglichkeit zu vermeiden. Zugleich
sollte er versuchen, das Gute in den Beweggründen des
Angeklagten, das der Ankläger fast nicht mehr zu erkennen
vermag, hervorzuziehen. Wahre, göttliche Weisheit
wird den Friedensstifter dahin leiten, abwechselnd sowohl
zu dem Herzen als auch zu dem Gewissen des einzelnen
zu reden, da beide in Tätigkeit kommen müssen. Hier
wirkt nichts günstiger, als auf das Beispiel des Herrn
Jesus hinzuweisen, auf die Gesinnung, die Er stets geoffenbart,
und die Art, in der Er gehandelt hat.
Ist so durch die Gnade und Hilfe des Herrn bei jedem
einzelnen Teil Herz und Gewissen erreicht, was oft
viel liebendes Bemühen und manchen selbstverleugnenden
213
Besuch erfordert, so kann der Friedensstifter versuchen,
beide Teile zu einer Aussprache zusammenzuführen. Sind
die Gewissen wirklich in Gottes Licht gekommen, so daß
die eigene Schuld erkannt wurde und der herzliche Wunsch
besteht, mit dem anderen in Frieden und Eintracht zu sein,
so wird diese Aussprache bald zu einem guten Erfolg führen.
Dennoch bedarf der Friedensvermittler auch jetzt noch
der besonderen göttlichen Weisheit, da Satan alles aufbietet,
um das Zustandekommen einer gottgemäßen Versöhnung
zu verhindern. Immer wieder wird er seine Pfeile
abschießen, immer aufs neue Mißverständnisse hervorzurufen
und Mißtrauen zu säen suchen, so daß es oft noch
viel beruhigenden Zuredens und besonnenen Zuspruchs,
noch viel Liebe und Ernst von seiten des Friedensstifters
bedarf. Für solche Fälle möchte ich wiederholt bemerken,
daß das Anführen einer passenden Schriftstelle, und besonders
der Hinweis auf ein Wort oder das Vorbild des
Herrn oft Wunder wirken. Seine Langmut und unendliche
Geduld müssen vor allem dem Friedensstifter selbst vor
Augen stehen. Denn manchmal genügt eine einmalige Aussprache
nicht. Manchmal muß die ganze mühselige Kleinarbeit
nochmals von vorn begonnen werden, und neue
Schwierigkeiten stellen sich ein. Za, da muß der Friedensstifter
sich in Geduld hüllen wie in einen Mantel, denn
er darf nicht eher befriedigt sein, als bis auf beiden Seiten
alles göttlich geordnetist, bis der eine Teil dem
anderen seine Schuld bekannt und vergeben hat, und bis
man bereit ist, in Frieden miteinander den Weg zu gehen,
der zum Himmel führt.
Oft genug ist es auch dem Friedensstifter überhaupt
nicht beschieden, einen Erfolg seiner hingebenden, selbst
214
verleugnenden Tätigkeit zu sehen. Oft genug muß er die
Erfahrung machen, die sein göttlicher Meister in so vollem
Maße gemacht hat, der hinsichtlich Seiner Friedens-
Mission in Israel klagen mußte: „Umsonst habe ich mich
abgemüht, vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt".
Doch dann darf er, wie einst sein Herr, getrost
alles in die Hand Gottes legen und auf Ihn warten. Wenn
auch sein Dienst äußerlich erfolglos war, so darf er doch,
wie der vollkommene Knecht Gottes, der große Friedensstifter,
Seine Anerkennung vernehmen und hören, wie Er
seine scheinbar nutzlose Tätigkeit beurteilt. (Vergl. Jes. 49.)
„Glückselig die Friedensstifter, denn sie werden
Söhne Gottes heißen."
Mit dieser Verheißung weist der Herr nicht auf den
inneren Vorgang hin, daß Menschen aus Gott geboren
werden und deshalb ein Recht haben, den Platz als Kinder
Gottes einzunehmen, wie wir das in Joh. 1,12. 13 haben,
sondern vielmehr auf den öffentlichen Beweis, daß sie
„Söhne Gottes" sind. Sie offenbaren die Gesinnung Gottes
und nehmen teil an Seiner Liebestätigkeit. Sie lassen
in ihrem auf daö Friedensstiften gerichteten Tun Gott in
Seiner Herrlichkeit als der große Friedensstifter zurückstrahlen.
Andere können, wenn sie es sehen wollen, an ihrem
Verhalten erkennen, daß Gott ihr Vater ist, da sie
Seine Merkmale deutlich an sich tragen. Ist es nicht ein
wunderbares Vorrecht, Söhne Gottes genannt zu werden?
Wir finden an dieser Stelle zum erstenmal in der
Schrift, daß armen, schwachen Menschenkindern dieser erhabene
Titel ausdrücklich beigelegt wird, wenn auch schon
früher verheißungsweise von „Kindern des lebendigen Got
215
tes" die Rede war. Sollte diese Glückseligkeit nicht einen
jeden von uns anspornen, in Verbindung mit der Heiligkeit
dem Frieden nachzujagen mit allen und zu suchen, da,
wo kein Friede ist, — sei es mit Gott oder mit Menschen —
Frieden zu stiften? Zudem wird ein solches Verhalten herrliche
Früchte tragen: „Die Frucht der Gerechtigkeit in Frieden
wird denen gesät, die Frieden stiften". (Jak. 3, 18.)
Auch der gläubige Überrest aus Israel hat an dieser
Glückseligkeit teilgenommen, und er wird es auch später
tun. Die ersten Jünger des Herrn, die damals diesen Überrest
bildeten, haben diesen Geist des Friedens geoffenbart
und sind, wie wir gesehen haben, als Friedensstifter aufgetreten,
und das Evangelium, das sie in Israel begannen,
wird der Überrest in kommenden Tagen fortsetzen. Er
wird es auch auf die Nationen ausdehnen, denn Boten
aus ihm werden zu allen Nationen gehen und das Evangelium
des Reiches verkündigen, und dieses Reich wird
ein Reich des Friedens sein. Die Verkündiger dieses Evangeliums
werden in Übereinstimmung mit dem „Hohen
und Erhabenen" stehen, der schon vor Jahrtausenden ankündigen
ließ: „Friede, Friede den Fernen und den Nahen,
und ich will es heilen". (Jes. 57, 15. 19.) Die Füße
dieser Evangelisten sind für Zion „lieblich", aber auch für
die Nationen wird das Ergebnis ihrer frohen Botschaft gesegnet
sein. Zwar müssen die Boten auf der strikten Beachtung
der Rechte Gottes und des Königs der Gerechtigkeit
und des Friedens bestehen; diejenigen aber, die diese
Rechte anerkennen und sich darunter beugen, werden sich
unter Seinem Zepter eines ungestörten Friedens und einer
unantastbaren Sicherheit erfreuen dürfen. Dann wird „der
Überrest Jakobs inmitten vieler Völker sein wie ein Tau
21b
von Jehova, wie Regenschauer auf das Kraut, der nicht
auf Menschen wartet und nicht auf Menschenkinder harrt".
(Micha 5, b.) In den Toren Jerusalems wird, der Mahnung
Jehovas entsprechend, ein „Richten der Wahrheit
gemäß" sein und „ein Rechtsspruch des Friedens" (d. h.
ein Rechtsspruch, der, indem er der Wahrheit gemäß ist,
Frieden stiftet). Der Überrest „liebt", indem er der Aufforderung
seines Gottes nachkommt, „die Wahrheit und
den Frieden". (Sach. 8, 1b. ly.)
Ja, wahrlich, die Friedensstifter sind glückselig zu
preisen. Möchten deshalb alle Kinder Gottes als solche
erfunden werden, die „an den Füßen beschuht sind mit
der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens"!
Sprüche z, 6
Erkenne Gott in allen deinen wegen,
ttnd <Lr wird gerade machen deinen Pfad.
Acht' auf Sein Mort, so wandelst du im Segen,
Denn was du b i st, bist du durch Seine Gnad'.
Ls ist Sein Pfad gar oft in Masserfluten
Und Seiner Füße Spur hier nicht bekannt;
Doch jedem, der Ihn liebet, dient zum Guten,
was Gottes Vaterhand ihm zugewandt.
vertraue Ihm, so wirst du nimmer wanken;
Fest ist dein Haus, auf Felsengrund gebaut.
Du wirst erfahren, daß nur Heilsgedanken
Lr für ein Herz hat, welches Ihm vertraut.
Folg' deinem Herrn; das ist ein selig Reisen;
Des Friedens Fülle wird schon hier dein Teil.
Lr will dir raten und dich unterweisen
Auf Seinem Weg zu deinem ew'gen Heil.
Der Freuden Fülle will Lr stets dir spenden,
Ls ist die Rechte Sein voll Lieblichkeit.
Dein Pfad, stets Heller, wird im Licht sich enden
Am Thron des Lammes in der Herrlichkeit. M. R.
277
„Einer von euch"
„Einer von euch wird mich überliefern." (Matth.
26, 2t.) Dieses Wort sprach unser Herr und Heiland in
der Nacht, in welcher Er überliefert wurde.
Könnte es eine erschreckendere Feststellung geben als
die, daß einer aus der Mitte der Seinen, die die Herrlichkeit
„des Eingeborenen vom Vater" geschaut hatten, Ihn
in die Hände der Sünder überliefern würde? Zn den verschiedenen
Evangelien kehrt der Ausdruck: „Einer der
Zwölfe" immer wieder (lies Matth. 26, 74. 47; Mark.
44, 70; Luk. 22, z. 47; Joh. 6, 70. 77), eine bedeutsame
Betonung der kaum faßbaren Tatsache, daß ein Mensch
für Geld die erhabene, wunderbare Person des Herrn
Jesus Christus zum Gegenstand seiner Berechnung herabwürdigt,
ein Mensch, der jahrelang unter Seinen Auserwählten
(vergl. Joh. 6, 70) und in Seiner Nähe gelebt
hat.
Die Worte des Herrn in dieser Stunde ergreifen die
Herzender Jünger. „Sie wurden sehr betrübt." Es war
wahrlich Grund zur Betrübnis gegeben durch die Mitteilung,
daß einer von ihnen die geheiligte Person ihres
Messias überliefern würde, Ihn, den sie zwar wenig verstanden,
der aber für ihr Herz alles war, und auf Den
sie ihre ganze Hoffnung setzten für sich und für die Zukunft
ihres Volkes.
Doch die Worte Jesu haben noch eine weitere Wirkung:
Die Gewissen der Jünger kommen in Tätigkeit.
Es ergreift sie heilige Furcht vor dem Bösen und
Furcht vor sich selbst. „Einer von euch", hatte ihr
Herr gesagt. Das hatten sie nicht für möglich gehalten.
218
Aber es war so, denn E r hatte es gesagt. Wenn es aber
so stand, dann war für den einzelnen sogar die Gefahr
vorhanden, daß er es war, der dies tun würde. In dieser
Furcht fing einer nach dem anderen an, zu Ihm zu sagen:
„Ich bin es doch nicht, Herr?"
Es sind gesegnete, heilige Augenblicke, wenn das Wort
des Herrn dieFurchtim Herzen wecken kann, betreffs
derer es heißt: „Glückselig der Mensch, der sich beständig
fürchtet". (Spr. 28,14.) Mangel an dieser Furcht bestand,
als Petrus sich an das wärmende Feuer wagte, das von
den Dienern der Feinde Jesu angezündet war. Die Furcht
vor sich selbst, vor allem nach den empfangenen ernsten
Warnungen, hätte ihn veranlassen sollen, lieber frierend
in der Nachtkälte umherzustehen, als hinzugehen und sich
zu wärmen im Kreise der Feinde.
In ihrer Betrübnis wandten sich die Jünger ob Seiner
Worte: „Einer von euch" an den Herrn selbst. Zu wem
hätten sie sonst auch gehen können? Ihrer Frage und
allem, was ihre Herzen in diesem Augenblick bewegte,
konnte nur Er entsprechen. Es ist bezeichnend, daß alle
Jünger in dieser Gewissensübung ihre Zuflucht zu Jesu
nahmen, und zwar „einer nach dem anderen". (Mark.
14, 19.) Den Anfang wird wohl der gemacht haben, der
sich selbst am meisten mißtraute. Sicher hat das furcht-
volle Fragen der Jünger dem Herrn gezeigt, welche Gefühle
bei ihnen, mit Ausnahme des Verräters selbst, vorhanden
waren: Zuneigung, herzliche Liebe zu Ihm und
ein Erschrecken darüber, daß einer von ihnen eine solche
Untat begehen würde gegen den Gegenstand ihrer Liebe.
In seiner Abschiedsrede an die Ältesten von Ephesus
sagt der Apostel Paulus unter anderem: „Aus euch
— 2ly —
selbst werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge
reden, um die Jünger abzuziehen hinter sichhe r".
(Apstgsch. 20, 30.) Das war ein ernstes Wort, ein Grund
zu tiefster Betrübnis, und vielleicht hat es auch eine gewisse
Betrübnis bewirkt. Aber es wird nicht ausdrücklich gesagt.
Wir lesen am Ende des Kapitels nur, daß sie „am
meisten betrübt waren über das Wort (des Apostels),
das er gesagt hatte, sie würden sein Angesicht nicht mehr
sehen". (V. 38.) Die herzliche Liebe zu dem Apostel war
begründet und gewiß wohlgefällig vor Gott. Aber der Gedanke
daran, daß Männer aus ihrer eigenen Mitte aufstehen,
verkehrte Dinge reden und die Jünger hinter
sich her abziehen würden, hätte doch der erste Grund
ihrer Betrübnis sein sollen. Denn das „hinter sich
h e r" heißt nichts anderes, als von Jesu, dem Herrn und
Gebieter selbst, weg.
Müssen wir vielleicht in dieser Mitteilung aus der
Apostelgeschichte schon den Beginn jenes Zustandes sehen,
den der Herr kennzeichnet durch die Worte an die Versammlung
in Ephesus: „Ich habe wider dich, daß du
deine erste Liebe verlassen hast"? (Offbg. 2, 4.) Es fällt
auf, daß wir nichts hören von einem Fragender Ältesten
nach den prophetischen Worten des Apostels, wie bei den
Jüngern nach den Worten des Herrn. Die Bemerkung, daß
sie am meisten betrübt waren über den endgültigen Abschied
von dem geliebten Apostel, zeigt wohl die Herzlichkeit
ihrer Gefühle für den treuen Knecht; läßt es aber
anderseits nicht doch schon eine gewisse Abgestumpftheit
des Gefühls ahnen hinsichtlich der eigenen Beziehungen
zu dem Herrn und zu dem, was teuer ist in Seinen
Augen? Ein in wahrer, inniger Verbindung, in wirklicher
220
Gemeinschaft mit Jesu lebendes Herz würde angesichts der
Worte: „aus euch selbst" sicher von Furcht bewegt gefragt
haben, ähnlich wie die Jünger es taten: „Ich bin es doch
nicht, Herr?"
Es möchte eingewandt werden, daß doch ein großer
Unterschied bestehe zwischen dem Tun des Verräters und
dem Handeln untreuer Knechte, und daß in diesem Unterschied
vielleicht die verschiedenartige Haltung der in Rede
stehenden Personen begründet sei. Hierzu möchte ich sagen:
Zweifellos besteht hier ein gewaltiger Unterschied im Handeln
sowohl im Blick auf die sittliche Seite als auch vor
allem darin, daß der Verräter, „der Sohn des Verderbens",
nicht einmal vor der heiligen Person Dessen Haltmachte,
„welcher über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit".
(Röm. 9, 5.) Doch die Warnung des „sehenden"
Apostels war ernst genug. Handelte es sich dabei auch nicht
um ein Tun, das unmittelbar gegen die Person des
Herrn gerichtet war, so gereichte es doch den Seinen
zum Schaden, denen, für die Er gestorben ist, die der
Vater Ihm gegeben hat, und die Ihm als solche teuer sind.
Zudem trat dabei das „Ich" an die Stelle des „Er". Verkehrte
Dinge reden, um die Jünger abzuziehen hinter
sich her! Welch furchtbare Verirrung eines Knechtes des
Herrn mit entsprechenden Folgen!
Die Schrift sagt: „Wenn jemand redet, so rede er als
Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus
der Kraft, die Gott darreicht, auf daß in allem Gott verherrlicht
werde durch Jesum Christum" (4. Petr.
4, 44). Die Verherrlichung Gottes ist Zweck und Ziel
jedes wahren Dienstes. Wenn jemand bemüht ist, andere
hinter sich herzuziehen, so sucht er seine eigene
— 22r —
Ehre und begehrt für sich, was dem Herrn allein gebührt,
der gesagt hat: „Ich gebe meine Ehre keinem anderen".
Auf diesem Wege der Untreue gibt es keinen Süllstand;
da geht es vielmehr Schritt für Schritt rückwärts
und abwärts. Der Klage des Apostels: „Alle, die in Asien
sind, haben sich von mir abgewandt" (2. Tim. k, 45),
folgt die ernste Mahnung des Herrn an Ephesus: „Tu
nun Buße", und die Drohung: „Ich werde deinen Leuchter
. . . wegrücken". (Osfbg. 2, 5.) Längst ist der Leuchter
weggenommen, weil Mahnung und Warnung unbeachtet
geblieben sind.
Manche Erfahrung bestätigt, daß dieser Weg der Entwicklung
gleichartig verläuft hinsichtlich des einzelnen wie
hinsichtlich einer Versammlung (Gemeinde), solange Untreue
und Eigenwille des Menschen den Weg bestimmen.
Sein Ende ist unberechenbarer Schade für die Herde Gottes,
mag es sich nun handeln um das Zeugnis des einzelnen
oder um das gemeinsame Zeugnis. Und Gott
schweigt auf die Dauer nicht dazu. Er sagt: „Die mich
ehren, werde ich ehren, und die mich verachten, werden gering
geachtet werden", (r. Sam. 2, zo.) Er läßt uns
sehen, daß auch dieses Wort aus Seinem Munde Wahrheit
ist. Und dieses Sehen, das uns im Blick auf Seine
gnädige Herablassung zum Dank stimmt, kann unter Umständen
furchtvolles Erschrecken bewirken, wenn wir Sein
Gericht wahrnehmen müssen, das bei dem Hause Gottes
anfängt.
In Psalm rzy, 23. 24 heißt es: „Erforsche mich,
Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne
222
meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei
mir ist, und leite mich auf ewigem Wege!" Die aus diesen
Worten sprechende Gesinnung ist wohlgefällig vor
Gott. Hier redet ein Mann, der offenbar ist vor Gott
und nicht auf sich selbst vertraut. Er bittet Gott, indem
er das eigene Urteil als unzulänglich ansieht, umSei -
n e Beurteilung, stellt Herz, Gedanken und Weg vor Ihn
und fleht um Leitung auf dem ewigen Wege, falls
ein Weg der Mühsal bei ihm ist. Das ist die Gesinnung,
aus der heraus die Jünger die furchtvolle Frage stellen
konnten: „Ich bin es doch nicht, Herr?" O, daß von
dieser Gott wohlgefälligen Furcht mehr unter uns gefunden
würde! Sie treibt ins Gebet. Sie lehrt den Weg
gehen zum Thron der Gnade, um „Barmherzigkeit
zu empfangen und Gnade zu finden zur rechtzeitigen
Hilfe". (Hebr. 4, 46.) Wo diese Furcht
herrscht, da besteht das Verlangen nach dem Hören und
Erforschen des Wortes des Herrn, um eine Leuchte zu haben
für den so leicht stolpernden und gleitenden Fuß. Diese
Furcht lehrt Zurückhaltung im Urteil über andere und
Stillesein bei unberechtigten Vorwürfen; sie lehrt, „sachte
wallen", und das umso mehr, je mehr die eigene Gesinnung
und Wort und Tun unter die Kontrolle des durch
Sein Wort gebildeten Gewissens gebracht sind. Dabei erkennen
wir den Grund zur Furcht, der in uns liegt, und
bergen uns im Schatten Seiner Flügel, um bewahrt zu
bleiben auf dem schmalen Wege, bis der Glaubenslauf
vollendet ist, jede Gefahr hinter uns liegt, und wir zu
Jesu gehen, bei Dem wir auf ewig völlig geborgen sein
werden.
22Z
Kragen aus dem Leserkreise
Mas ist unter „Laaer" (Sebr. (5, (3) zu verstehen? a) zur
Zeit der Apostel, b) in der jetzigen Zeit?
Nicht um „Laaer" allgemein handelt es sich, sondern um
„das (wohlbekannte) Lager" in der Müste. Ls ist stets nötig,
sich zu fragen: Mie spricht die Schrift?
Die Klarstellung des richtigen Textes hier macht an und für
sich schon verständlich, was der Apostel sagen will. Mehr noch
wird es verständlich, wenn' der Brief im Zusammenhang, vielleicht
in einem Zug, gelesen wird. Da nimmt inan wahr, wie
von Kapitel 3 an der Schreiber immer wieder auf die Zeit Moses'
zurückgeht, um von all jenem zwar von Gott Gegebenen, aber
Unvollkommenen, unmittelbar über das dazwischen Liegende hinweg
zu Thristo hinzuführen, zur Vollkommenheit in Ihm. Er har
vieles über das Priestertum, über das Gesetz und über dis Stiftshütte
zu sagen gehabt. Indem er nun zusammenfassend die Gnade
der Religion des Fleisches gegenüberstellt (Vers s>), kommt er
nochmals darauf zu sprechen, daß dis Christen allein den wahren
Gottesdienst haben, daß ihnen allein der göttliche Altar gehört,
daß das aber - immer die direkte Verbindung zwischen den Vorbildern
in der Stiftshütte und dem Erfüller derselben, Jesus,
festgshalten — mit sich bringt, daß sie erkennen: Jesus war es,
der in der bsaut, dem Fleisch und dem Mist des in der Wüste
zum Lagertor (2. Mose 22, 2?) hinausgeschafften Farren und
Bockes zu sehen ist (3. Moss (6), denn auch Er wurde zum Tore
(Jerusalems) hinausgeführt. Schmach und Abscheu haftet dem
Gedanken an, im Vorbild und in dem Erfüllet: (vergl. Jes. 49,
7; 52, (4; 53, 3. 4: ps. 22, 6; (02, H. (0). Im Geiste sieht
sich der Schreiber samt den Empfängern des Briefes dort in der
Müste hinausgehen aus dem Lager mit denen, welche dis Kadaver
hinausbrachten: sieht sich und sie im Geist mit Jesu hinausgehen
aus dem Tore Jerusalems, das er mit dem des Lagers einsnracht:
sieht sich nach eigenem Mollen einsgemacht mit der Schmach, die
Jesu bei diesem ksinausgehen anhaftete. So geht heute auch jeder,
der sich zu diesem Jesus bekennt, im Geiste mit hinaus außerhalb
des Lagers, ob er nun an das Lager in der Wüste denkt
oder an die Stadt Jerusalem, die als Mittelpunkt des religiösen
jüdischen Systems das Lager zur Zeit Jesu und der Apostel war.
In bezug auf mehr oder weniger vorhandene Gedankengänge
und Redewendungen möchte ich fragen: Welches ist der
Leitgedanke des Apostels in den Versen (2—(4 im Anschluß an
8—((? Was unterstreicht er mit dem „darum"? was mit dein
„deshalb"? was mit dem „denn"? Leitet er das „Darum" nicht
her von zwei positiven Dingen: „wir haben .. ." und „verbrannt
außerhalb des Lagers"? Also nicht eigentlich Trennung
224
von etwas, das zu meiden wäre, sondern vorwärtsschrei-
t e n ist der Leitgedanke, wie von Anfang des Briefes an, wenn
auch Trennung die unausbleibliche Folge ist, Jesus schritt unentwegt
vorwärts, vor das Lager hinaus, um sich behandeln zu
lassen, wie das Vorbild behandelt wurde, und um für das Volk
ein ähnliches, jedoch besseres Ergebnis herbeizuführen, als es
beim Vorbild möglich war: nämlich das Volk zu „heiligen". Das
ist das „Darum". Die „Genossen des Christus" gehen, Seinen
Füßen nach, ebenfalls „hinaus außerhalb des Lagers", indem
sie dieselbe Schmach tragen, die Seinem Hinausschreiten, mit
dem Fluchholze beladen, anhaftets. Das ist das „Deshalb". And
wohin führt letzten Endes das Hinausgehen? Ihn führt es buchstäblich,
sie im Geiste hinein innerhalb des Vorhangs ins Heiligtum.
Auf Erden führt es sie vorderhand in die Heimatlosigkeit
in Erwartung der zukünftigen Stadt, nach der sie trachten als würdige
Nachfahren der Väter, die schon im Morgengrauen der anhebenden
Heilsgeschichte den Blick von der Erde weg auf ein himmlisches
Vaterland richteten, ohne daß jene so klare Richtlinien durch
einen Vorläufer gehabt hätten wie sie. Das ist das „Denn".
Wenn gefragt wird: „Was ist Lager?" so liegen dieser Frage
zweifellos die Gedankengänge und Redewendungen zugrunde,
auf die oben angespielt wurde, nämlich die Auffassung, dieses ganz
in den Rahmen des Judentums hineingehörende Hinausgehen
außerhalb des Lagers sei zu übertragen auf ein Hinausgehen außerhalb
der Systeme in der Christenheit, um sich einfach als Glieder
des Leibes Christi in Anerkennung der Einheit des Geistes
zu versammeln. Soweit diese Systeme: Aatholizismus, evangelische
Landeskirchen, Gemeinschaften, christliche Vereinigungen usw.
Christum anerkennen, stimmt diese Übertragung nicht. Denn
das Lager „Jerusalem — jüdisches System" warf Ihn hin-
a u s. Die christlichen Systeme tun das nicht. Nur wo in der Christenheit
Jesus ebenso abgelehnt, verworfen, geschmäht wird,
stimmt der vergleich. Sofern man mit irgend solch einem System
in Verbindung steht, heißt es: hinausgehen.
Das, was richtig gemeint, aber unrichtig mit „hinausgehen
außerhalb des Lagers" ausgedrückt wird, nennt die Schrift: „abstehen
von der Ungerechtigkeit". (2. Tim. 2, s9-) Was unter „Lager"
verstanden wird, nennt sie „Abfall", (s. Tim. 4, sl Hebr.
3, s2; 6, 6.) Diese Verwechslung sollte nicht stattfinden. Angegeben
sei, daß d i e Seite des Abfalls, die als toter Formelkram
ohne den lebendigen Heiland in Erscheinung tritt, dem verknöcherten
jüdischen System der Werkgerechtigkeit gleicht wie ein Li
dem anderen, so daß die Verwechslung mit Unachtsamkeit entschuldigt
werden kann. Etwas Unrichtiges bleibt aber die Verwechslung
doch. F. App.
Sie Seligpreisungen
VIII.
„Glückselig die um Gerechtigkeit willen
Verfolgten"
Die beiden letzten Seligpreisungen, deren Betrachtung
noch übrigbleibt, bilden, wie schon früher bemerkt, eine
Hinzufügung zu den sieben Seligpreisungen, die ein abgeschlossenes
Ganzes bilden. Sie behandeln nicht wie jene, die
mit den „Armen im Geiste" beginnen und mit den „Friedensstiftern"
enden, den Seelenzustand und das aus diesem
hervorgehende Verhalten der glückselig Gepriesenen,
sondern reden von dem, was ihnen in der Welt zuteil wird.
Ihr Teil sind Verfolgungen und Leiden von feiten der sie
umgebenden Menschen, und zwar redet der Herr sowohl
von Leiden um der Gerechtigkeit willen als auch von solchen,
die sie „um Seinetwillen" zu erdulden haben — eine
Einteilung, die derjenigen der sieben Seligpreisungen entspricht.
Wie dort — wir werden unö dessen erinnern — Gerechtigkeit
die erste Reihe charakterisierte, und Gnade die
zweite, so haben wir in der achten Seligpreisung ein Verfolgtwerden
um der Gerechtigkeit willen, während in der
neunten die Leiden eine Folge davon sind, daß man, getrieben
durch die selbst empfangene Gnade, ein Zeugnis von
Christo und der in Ihm geoffenbarten Gnade Gottes
ablegt.
Um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, wie befremdend
erscheint das zunächst! Wäre es nicht weit natür-
t.XXXII y
226
licher, wenn der Gerechte Anerkennung finden und „sprossen
würde wie ein Palmbaum"? Bedenkt man aber, daß
Christus, dessen Leben und Dienst beständig in Gerechtigkeit
geschah, hier auf Erden nicht nur keine Anerkennung,
sondern Verfolgung und öffentliche Verurteilung gefunden
hat, so ist man nicht weiter darüber verwundert, daß
der Gerechte um seiner Gerechtigkeit willen zu leiden hat.
Schon seit dem Sündenfall ist die Erde nicht mehr
der Schauplatz der Gerechtigkeit. Wovon zeugten Kainö
Haß gegen Abel und sein an ihm begangener Mord? Doch
nur davon, daß „seine Werke böse waren, die seines Bruders
aber gerecht", (r. Ioh. 3, b2.) Warum kam die Flut
über „die Welt der Gottlosen"? Weil „die Erde voller Verderben
und Gewalttat" war. Nicht anders war es na ch
der Flut. Dieses einzig dastehende Gericht hat an dem Zustand
der Welt und der Menschen, die sie bildeten, nichts
geändert. Joseph sehen wir um seiner Gerechtigkeit willen
im Gefängnis; Micha wird geschlagen und mit dem „Brote
der Drangsal" gespeist, Jeremia wird in eine verschlammte
Grube geworfen, und ein treuer Mann wie Daniel, „an
dem kein Vergehen und keine schlechte Handlung" zu finden
war, sogar in eine Löwengrube. Den Höhepunkt aber
erreichte die Ungerechtigkeit der Welt, als man Den, von
welchem die Schrift bezeugt: „Du hast Gerechtigkeit geliebt
und Gesetzlosigkeit gehaßt", den man „keiner Sünde überführen"
konnte, weil Er „keine tat", nach amtlicher Verurteilung
durch zwei Gerichtshöfe, einen geistlichen und einen
weltlichen, wie einen Verbrecher hinrichtete. Kann in
einer solchen Welt noch eine Gerechtigkeit erwartet werden,
die Gottes Ansprüche und auch die der Menschen Seiner
Schätzung entsprechend anerkennt? Nein. So lange „die
227
Gerechtigkeit nicht zum Gericht zurückgekehrt ist" (Ps. S4),
was erst geschehen wird, wenn „ein König regieren wird in
Gerechtigkeit, und die Fürsten nach Recht herrschen werden"
(Jes. 32), wird man vergeblich darauf warten. Im
Gegenteil, die Nachfolger Jesu werden dasselbe finden,
was ihr Herr und Meister gefunden hat. Er hat es ihnen
ja selbst vorausgesagt, und Seine Apostel haben es ebenfalls
erfahren und auch bezeugt. Wie Er kurz vor Seinem
Weggang zu Seinen Jüngern sagte: „Wenn sie mich verfolgt
haben, werden sie auch euch verfolgen", so schreibt
Petrus den Gläubigen: „Denn dies ist wohlgefällig, wenn
jemand um des Gewissens vor Gott willen Beschwerden erträgt,
indem er ungerecht leidet".
Unsere Natur liebt die Leiden nicht. Ganz besonders
aber lehnt sie sich auf gegen Leiden um der Gerechtigkeit
willen. Dieserhalb verachtet, beschimpft oder sonstwie übel
behandelt zu werden, wird ihr schier unerträglich. Doch
preist sowohl der Herr in der Bergpredigt, als auch Petrus
in seinem ersten Briefe diejenigen glückselig, die solche Leiden
erdulden. Und wie wirkungsvoll ist der Hinweis dieses
Apostels auf das Beispiel des Herrn selbst: „Der, gescholten,
nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich
Dem übergab, der recht richtet"! (Vergl. Kap. 2, ty—23.)
Die Welt haßte Jesum, „weil Er von ihr zeugte, daß ihre
Werke böse waren" (Joh. 7, 7); sie wird auch Seine Nachfolger
hassen, wenn sie durch Wort und Tat von derselben
Tatsache Zeugnis ablegen. Sollten Seine Jünger deshalb
nicht, statt die Leiden um der Gerechtigkeit willen unerträglich
zu finden, es als ein Vorrecht ansehen, „Seinen Fußstapfen
nachzufolgen", um auch an dieser Art von Leiden,
die Er in so reichem Maße erfahren hat, teilzunehmen?
228
Bei der Beschäftigung mit der vierten Seligpreisung
fanden wir, daß die dort genannte Gerechtigkeit — die
gleiche wie in der achten — vor allem darin besteht, danach
zu trachten, den Willen Gottes zu tun, indem man Seine
Rechte über einen selbst nach jeder Richtung hin willig annimmt.
Wir sagten uns, daß ein Anerkennen der Rechte
der Mitmenschen damit Hand in Hand geht. Christus ging
stets auf diesem Pfade der Gerechtigkeit, „mitten auf den
Steigen des Rechts". Was Er dabei von den Menschen erfuhr,
wissen wir. Wer hat jemals „so großen Widerspruch
von den Sündern gegen sich erduldet"? Je treuer wir Ihm
nun auf diesem Wege folgen, desto mehr werden wir Gleiches
erfahren. Je mehr wir „um des Gewissens vor Gott
willen" das Verkehrte verneinen, umsomehr werden wir
„Beschwerden zu ertragen und ungerecht zu leiden haben".
Nicht selten werden Ansinnen an uns gestellt oder Angebote
gemacht werden, die wir ablehnen müssen, weil wir wissen,
daß ihre Erfüllung oder ihre Annahme dem Willen Gottes
entgegen wäre. Da unsere Beweggründe für die Ablehnung
nicht verstanden werden, so ist die Folge, daß man uns tadelt,
verachtet und beschimpft oder uns noch Schlimmeres
zufügt. Ein paar Beispiele aus dem Leben mögen dies erläutern:
Von einem Bruder, der Beamter oder Angestellter
ist, wird etwas verlangt, wovon er weiß, daß es nicht recht
ist vor Gott. Er ist sich durchaus bewußt, daß das Nichtbe-
folgen des Verlangens ihn allen möglichen Schikanen auö-
setzen und ihn vielleicht sogar seine Stelle kosten wird. Da
er aber ein gutes Gewissen vor Gott bewahren möchte,
schlägt er das Ansinnen ab. Die befürchteten Folgen seiner
Treue stellen sich bald ein. Seine früher angenehme Stel
229
lung wird ihm fast zur Qual gemacht, und schließlich sichren
die Anfeindungen und Nachstellungen zu seiner Entlassung.
— Ein zweiter Fall: Ein Kind Gottes schlägt eine
vorteilhafte Stellung aus, weil sie mit Bedingungen verknüpft
ist, die Gott nicht gefallen und sein Gewissen beschweren
würden. Infolgedessen werden ihm von seinen
nächsten Angehörigen und Bekannten die bittersten Vorwürfe
gemacht. Er wird verdächtigt und beschimpft. Man
legt ihm von jetzt ab in den Weg, was eine böse Phantasie
nur ersinnen kann. — Ium Schluß noch ein Fall, der ebenfalls
nicht selten ist. Einem gläubigen Mädchen wird ein
Heiratsantrag gemacht. Der Antrag, der äußerlich eine
„gute Partie" bedeuten würde, wird von den Eltern sehr
befürwortet. Obwohl er auch für das Mädchen manches
Angenehme und Begehrenswerte hat, schlägt sie ihn aus,
weil das Wort Gottes ihr sagt, daß eine Ehe „nur im
Herrn" geschehen solle, der Antragsteller aber nicht dem
Herrn angehört. Von nun an ist eine harte, ungerechte Behandlung
im Elternhaus ihr Los.
Die angeführten Beispiele aus dem Leben sind Leiden
um der Gerechtigkeit willen. Sie ließen sich leicht um ein
Vielfaches vermehren. Kinder werden von ihren Eltern geschlagen
oder müssen gar das Elternhaus verlassen, Frauen
leiden von ihren Männern, Arbeiter sind den Beschimpfungen
oder den Ungerechtigkeiten ihrer Vorgesetzten und Mitarbeiter
ausgesetzt, und das alles nur, weil die Betreffenden
nicht in Handlungen einwilligen können und wollen,
die Gott nicht gefallen.
Für die Natur sind solche Verfolgungen bitter, aber
der Herr spricht über die, die sie erdulden, Sein „Glückselig"
aus. Und Petrus ruft denen, die er, dem Wort seines
2Z0
Herrn entsprechend, wegen ihrer Leiden um der Gerechtigkeit
willen glückselig gepriesen hat, ermunternd zu: „Fürchtet
nicht ihre Furcht, noch seid bestürzt, sondern heiliget den
Herrn, den Christus, in euren Herzen". Räumt man Ihm
den rechten Platz im Herzen ein, so werden alle Dinge Seiner
Gegenwart gemäß beurteilt. Das Gewissen wird durch
sie geübt und das Herz gänzlich für Ihn bewahrt, so daß es
mit Seiner Liebe erfüllt sein kann. Man steht über der Ungerechtigkeit
rundumher, da man alles in Seine Hand legen
und sich der tröstlichen Zusicherung erfreuen kann, „daß
die Augen des Herrn gerichtet sind auf die Gerechten und
Seine Ohren auf ihr Flehen". (Vergl. 1.. Petr. Z, 1.4. IS
u. 12.) Gott steht auf ihrer Seite. Er ist für sie. Darin besteht
das Geheimnis ihrer Kraft und ihrer Freude.
Auch der gläubige Überrest aus den Juden, dem zunächst
wohl diese Seligpreisung gilt, wird in den kommenden
Tagen um der Gerechtigkeit willen viel zu leiden haben,
ebenso wie die ersten Nachfolger Jesu aus diesem Volke
solche Leiden in reichem Maße zu erdulden gehabt haben.
Es sind jene „Gerechten", von denen in den Psalmen und
Propheten so oft geredet wird, und an die wir uns in unseren
früheren Betrachtungen über die „Armen oder Elenden"
oder „die Sanftmütigen" öfter erinnert haben.
Zu allen Zeiten ist die Ungerechtigkeit auf Erden vorhanden
gewesen, aber die Zeit wird kommen, wo jener gläubige
Überrest ihr vor allem ausgesetzt sein wird. Erschütternd
ist das Bild, das der Prophet Jesaias von diesen Tagen
entwirft. Er sagt im Sy. Kapitel: „Das Recht ist zurückgedrängt,
und die Gerechtigkeit steht von ferne; denn
die Wahrheit ist gestrauchelt auf dem Markte, und die Ge
234
radheit findet keinen Einlaß. Und die Wahrheit wird vermißt;
und wer das Böse meidet, setzt sich der Beraubung
aus." (V. 1.4. 45.) Eine ähnliche Sprache finden wir in
manchen Psalmen, die von den Gerechten und von dem reden,
was sie seitens der Ungerechten (Gesetzlosen) zu erdulden
haben. „Sie haben ihre Junge geschärft gleich einem
Schwerte", heißt es.in Ps. 64, „ihren Pfeil angelegt,
bitteres Wort, um im Versteck zu schießen auf den Unsträflichen."
Und in Ps. 37: „Der Gesetzlose sinnt wider den Gerechten,
und mit seinen Zähnen knirscht er wider ihn . . .
Die Gesetzlosen haben das Schwert gezogen und ihren Bogen
gespannt, um zu fällen den Elenden und den Armen,
hinzuschlachten, die in Geradheit wandeln ... Der Gesetzlose
lauert auf den Gerechten und sucht ihn zu töten." Zu­
gleich aber werden die Gerechten in diesen Psalmen ermuntert,
auf Jehova zu vertrauen, und das sichere Ende ihrer
ungerechten Bedränger wird ihnen verkündet. Es ist ihr
Messias, der ihr Vertrauen stärkt, indem Er ihnen im voraus
durch Seinen Geist verkündet, daß Jehova sie nicht
in der Hand der Gesetzlosen lassen, sondern daß von Ihm
Rettung kommen, und daß Er ihr Schutz in der Bedrängnis
sein werde. (Vergl. Ps. 37, 33. 40 u. a. St.) Ist nicht
Er, der vollkommene Gerechte, während Seines Weilens
auf der Erde in noch weit größerer Bedrängnis gewesen?
Hat Er nicht weit mehr gelitten als sie? Aber Er hat in diesen
Leiden auf Gott vertraut, hat darin auögeharrt und
Seine Rettung in herrlicher Weise erfahren. Auf diesen
„Knecht Jehovas" wird der Blick des gläubigen Überrestö,
der Gerechten, gerichtet. (S. Jes. so, 40; Ps. 40, 4—3,
9 u. 40, 4b u. 47 u. a. St.)
2Z2
„Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten,
denn ihrerist das Reich der Himmel."
Es ist bezeichnend, daß der Herr diesen verkannten
Duldern hier dieselbe Zusicherung gibt wie den „Armen im
Geiste". Sowohl diesen als auch jenen gehört das Reich der
Himmel. Ist „Armsein im Geiste" der grundlegende Charakterzug
für die wahren Söhne dieses Reiches, so ist anderseits
Gerechtigkeit *) unerläßlich für den Eintritt in dasselbe,
und zwar muß diese Gerechtigkeit besser sein als die
der Schriftgelehrten und Pharisäer. (Matth. 5, 20.) Nun
hätten diese armen, um der Ausübung dieser Gerechtigkeit
willen so schrecklich Verfolgten denken können, daß ihnen
daö Reich verloren gegangen sei. Aber war das so? Weit
gefehlt. Das Gegenteil war und ist der Fall. Ist doch auch
Christo, mit dem sie verbunden waren, das Reich nicht verloren
gegangen, weil Er hienieden um der Gerechtigkeit
willen verfolgt und getötet worden ist. Er hat dieses Reich
vom Himmel her, wohin Gott Ihn erhoben hatte, errichtet,
zwar nicht, wie es angekündigt und erwartet wurde, in
Macht und Herrlichkeit, sondern in einem Geheimnis.
(Vergl. Matth. 43,44; Mark. 4, 44.) So gehört auch jetzt
gerade denen, die nach der Gerechtigkeit hungern und dür­
*) Da in der Bergpredigt praktische Gerechtigkeit
vorgestellt wird, macht sie uns nicht damit bekannt, wie überhaupt
Gerechtigkeit erlangt werden kann. Anders Stellen des Neuen
Testaments zeigen, daß der Mensch, um sie zu erlangen, zunächst
erkennen muß, daß er so, wie er ist, in völligem Gegensatz zu dem
steht, was die Bergpredigt lehrt und von den Teilhabern am
Reiche erwartet, und daß er keine Gerechtigkeit besitzt. Nachdem
hierüber Buße getan worden ist, wird durch den Glauben an
Christum und Sein auf Golgatha vollbrachtes Merk in Ihm die
Gerechtigkeit erlangt, die zum Eintritt in das Reich der Himmel
erforderlich ist, und welche die Grundlage bildet, um in diesem
Reiche die Gerechtigkeit praktisch ausüben zu können.
233
sten und um ihres Wandelns in der Gerechtigkeit willen verfolgt
werden, dieses Reich. Sie sind die wahren Angehörigen
des Reiches, das heute in Übereinstimmung mit der
Verwerfung seines Königs nicht ein Königtum der Macht,
sondern der Drangsal und des Ausharrens ist. Sie erkennen
jetzt schon, während Er verworfen ist. Seine Oberge­
walt an — die Obergewalt Dessen, dem alle Gewalt im
Himmel und auf Erden gegeben worden ist — und nennen
Ihn von ganzem Herzen „Herr". Aus ihnen besteht in
Wirklichkeit das Reich der Himmel, wiewohl es äußerlich
eine weit ausgedehntere Form (vergl. Matth. 43, 32) angenommen
hat und alle umfaßt, die das christliche Bekenntnis
angenommen haben.
Jedoch bezieht sich die Verheißung des Herrn hinsichtlich
der Armen im Geiste und der um der Gerechtigkeit willen
Verfolgten nicht nur auf die Zeit, während der das
Reich der Himmel in geheimnisvoller Form besteht. Sie
trifft nicht weniger zu, wenn es in Macht geoffenbart und
sein König nicht mehr verworfen ist, sondern Seine große
Herrschaft angetreten hat. Dann wird auch der so schrecklich
verfolgte Überrest, von dem wir hörten, nicht fehlen, sondern
gerade ihm wird das Reich gehören. Schon im voraus
wird er mit Christo auf dem Berge Iion gezeigt, und er
wird dem einst verfolgten König folgen, wohin immer Er
geht. (Offbg. 44.) Wenn erst das Reich der Himmel in
Macht und Herrlichkeit errichtet ist, so werden nicht „die
Elenden und die, welche zerschlagenen Geistes sind, die aber
zittern vor dem Worte Jehovas", beschämt werden, sondern
ihre Verfolger, diejenigen, die sie vordem „haßten und
verstießen". Sie werden hungern, während Seine Knechte
essen, sie werden dürsten, während Seine Knechte trinken.
234
Sie werden schreien vor Herzeleid und heulen vor Kummer
des Geistes, während Seine Knechte jubeln vor Freude.
(Vergl. Jes. 66, 2 u. 5; 65, 43—45.) Dann wird „die
Stimme des Jubels und der Rettung sein in den Zelten der
Gerechten", denn die rechte Hand Jehovas hat mächtige
Taten zu ihren Gunsten getan. (Vergl. Ps. 448, 45.) Er
ist zu ihrer Hilfe eingeschritten und hat ihnen von ihren
Verfolgern, den Gesetzlosen, Rettung verschafft, weil sie
auf Ihn vertrauten. (Vergl. Ps. 37, 39. 40.) So wenig beneidenswert
ihre äußere Lage auch sein mochte, solang ihr
König verworfen war, und die Ungerechtigkeit die Oberhand
hatte, so herrlich wird ihr Teil sein, nachdem Er Sein
Reich der Gerechtigkeit und des Friedens errichtet hat und
in Macht und Herrlichkeit regiert. „Ihrer ist das Reich der
Himmel!"
Am Schluß unserer Betrachtung drängt sich unwillkürlich
die Frage auf: Ist es, wenn unser Herr selbst die
um Gerechtigkeit willen Verfolgten glückselig preist, nicht
tief beschämeird, wenn solche, die Söhne des Reiches der
Himmel zu sein bekennen, aus Furcht vor vielleicht zu erwartenden
Unannehmlichkeiten nicht wagen, dem erkannten
Willen Gottes ganz zu folgen, wenn sie sich mit Dingen
einömachen, von denen sie in ihrem Innern fühlen, daß sie
vor Gott nicht recht sind? Wo bleibt da das gute Gewissen?
Und wie gering schätzt man die Ehre, auch in diesem Stück
mit Christo eins sein zu dürfen! Wie wenig würdigt man
Seine Anerkennung! Möge es unser aller Herzenöentschluß
sein und bleiben, dem erkannten Willen Gottes in allem
treu zu folgen und, koste es, was es wolle, mitten aus den
Steigen des Rechts zu wandeln!
* » *
235
Ein angesehener Mann — er war Zsraelit — kam zu
einem Juden-Missionar mit der Bitte, ihn in der christlichen
Lehre zu unterweisen.
Auf die Frage, was ihn veranlasse, Christ zu werden,
erzählte er folgendes:
„Schon seit zwanzig Jahren beobachte ich die Christen,
und ich habe sie in all der Zeit um kein Haar besser gefunden
als die Juden. Aber gestern morgen gab ich meiner Telephonistin
eine Anweisung, die eine kleine Geschäftslüge
enthielt — gar nichts Besonderes —, wie sie eben alltäglich
sind. Daö Mädchen weigerte sich, meiner Anweisung zu
folgen, mit der Begründung, es sei gegen ihr Gewissen, eine
Unwahrheit zu sagen. Zuerst wunderte ich mich darüber,
dann wurde ich böse und drohte ihr, sie zu entlassen. Aber
sie blieb fest. Als Christin könne sie nicht gegen ihr Gewissen
handeln. Sehr erregt, rief ich darauf ein anderes
Mädchen herbei, daö meinem Auftrag sogleich nachkam.
„Abends nach Geschäftsschluß, als ich allein in meinem
Zimmer saß, kam mir das Borgefallene noch einmal
ins Gedächtnis. Die Wahrheitsliebe und der feste Charakter
des Mädchens hatten mehr Eindruck auf mich gemacht, als
ich mir anfangs hatte eingestehen wollen. Je länger ich darüber
nachdachte, desto mehr drängte sich mir die Frage auf:
Was veranlaßte das Mädchen, so zu handeln, und was gab
ihr den Mut dazu?
„Endlich beschloß ich, meine Angestellte in ihrer Wohnung
aufzusuchen. Das Mädchen, das offenbar dachte, ich
sei gekommen, um ihr die angedrohte Kündigung zu bringen,
begrüßte mich freundlich und blieb in einer Haltung
stehen, die mich fast verlegen machte.
„ „Fräulein N., ich bin gekommen, um Sie etwas zu
2Z6
fragen", begann ich. „Sie sagten heute morgen, daß Sie
als Christin nicht gegen Ihr Gewissen handeln könnten.
Wollen Sie mir Ihren Standpunkt nicht etwas naher erklären?
Woher nahmen Sie den Mut und die Kraft, so zu
handeln, wie Sie es taten? Ist — Christus wirklich eine
Kraft im Leben?"
„Mit strahlenden Augen antwortete sie:
„„Nicht eine Kraft, Herr .... Er ist die Kraft
meines Lebens!"
„Darauf unterhielten wir uns einige Zeit miteinander.
In aller Einfalt, aber mit der Kraft der Überzeugung
sprach die junge Telephonistin von ihrem Heiland. Sie erzählte,
was sie in Ihm gefunden, und wie Er und das
Wort der Wahrheit seitdem ihre Kraft und ihre Freude
seien. Auch die alte Mutter bezeugte leuchtenden Auges, daß
Jesus alles für sie geworden sei. Zuletzt erkundigte ich mich
nach Ihrer Anschrift. Die Entschiedenheit dieser jungen
Christin, unter keinen Umständen etwas gegen ihr Gewissen
und den Willen ihres Herrn zu tun, hat mich bestimmt,
meine schon lange gehegte Absicht, den wahren Christenglauben
näher kennen zu lernen, in die Tat umzusetzen, und
nun bin ich hier, um Sie zu bitten, mich in der göttlichen
Wahrheit zu unterweisen."
Kolge mtr nach!
(Gedanken über Ioh. 2 t von I. G. B.)
Im Anfang dieses Kapitels sehen wir die Apostel wieder
da, wo der Herr sie zuerst getroffen hatte. Petrus und
die Söhne des Jebedäus sind aufs neue beim Fischen. Damals
hatte ihre Arbeit mit einem Fehlschlag geendet. Ihre
2Z7
Netze waren zerrissen. Der Herr hatte sie benutzen wollen,
aber Israel hatte sich als ein „trügerischer Bogen" in Seiner
Hand (Ps. 78, 57) erwiesen, als ein zerrissenes Netz.
Nun sind sie wieder bei ihrer mühseligen Arbeit, und der
Herr erscheint ihnen abermals und schenkt ihnen einen zweiten
Fischzug. Von den gefangenen Fischen frühstücken sie
in der Gesellschaft des Herrn selbst; auch zerreißt ihr Netz
diesmal nicht.
Unser Evangelist erwähnt, daß dies „schon das
dritte Mal" war, daß Jesus sich Seinen Jüngern offenbarte,
nachdem Er aus den Toten auferweckt war. Das
erste Mal hatte Er sich mit den „Brüdern" (Kap. 20,
l7) getroffen, hatte sie, als die himmlische Familie, in ihr
gemeinsames Verhältnis eingeführt und sie zu ihrem Dienst
berufen. Das zweite Mal hatte Er Thomas wiederhergestellt,
in welchem wir Israel erblicken in seiner schließlichen
Umkehr und dem dann folgenden Leben. Und jetzt, daö
dritte Mal, gibt Er uns das Unterpfand für den Dienst,
den Israel einmal ausüben soll, und für das Fruchttragen
dieses Volkes für Gott.
Dieses dreimalige Erscheinen gibt somit einen vollen
Überblick über die Kirche und über Israel. Doch ich muß
hier vor allem noch auf eine andere Handlung einer alles
wissenden Liebe Hinweisen, die sehr kostbar ist. Trotz allem,
was geschehen war, wußte Petrus, daß ein Bindeglied zwischen
ihm und dem Herrn bestand; es ist ihm deshalb nicht
bange, mit Ihm allein zu sein. Freilich hatte er den
Herrn bei einer früheren Gelegenheit, wo er auch mit Ihm
zusammen gewesen war, verleugnet, und der Herr hatte
sich umgewandt und ihn angeblickt. Aber nichtsdestoweniger
wußte Petrus, daß er seinen Herrn liebte; und jetzt fürch
238
tete er sich nicht, sich in den See zu werfen und allein zu
Jesu zu schwimmen, vor allen übrigen. Zn dieser Tatsache
liegt große Schönheit. Nie hätte daö Gesetz solches zuwege
bringen noch es überhaupt gutheißen können. Die Rute des
Gesetzes würde diesen Mann niedergeschlagen und veranlaßt
haben, von ferne zu stehen. Nur die Gnade konnte ihn
so handeln lassen. Nur die Seile der Liebe konnten den Verleugner
seines Meisters in die nächste Nähe dieses so geringgeschätzten
Herrn ziehen. Doch noch mehr.
Daö Mahl war beendet. Der Zweck der dritten Erscheinung
war erfüllt. Um nun alles in wunderbarer Gnade
und Herrlichkeit und in einer Weise enden zu lassen, die so
überaus passend und charakteristisch für unser Evangelium
ist, wendet der Herr sich ganz persönlich an Petrus und
spricht in einer Weise zu ihm, die nicht verfehlen konnte,
und die auch nicht verfehlt hat, ihm seine Sünde in Erinnerung
zu bringen.
All die Zeit, die der Herr in der Mitte Seiner Jünger
verlebte, hatte Er stets sehr viel mit Petrus zu tun, mehr
als mit den anderen Jüngern. Nach Seiner Auferstehung
war es nicht anders. Petrus ist der Jünger, der den größeren
Teil des vorliegenden letzten Kapitels des Johannes-
Evangeliums ausfüllt.
Der Herr führt hier das gnadenreiche Werk mit ihm
fort, das Er begonnen hatte, kurz bevor Er ihn und die
übrigen verlassen mußte. Er setzt genau an dem Punkte
ein, wo Er abgebrochen hatte.
Petrus hatte Selbstvertrauen verraten. Wenn auch
alle sich ärgern würden, er würde es nicht tun. So hatte er
gesagt. Selbst wenn er mit seinem Meister sterben müßte,
würde er Ihn nicht verleugnen. Sein Herr hatte daraufhin
23Y
von der Eitelkeit solchen Rühmens gesprochen, zugleich aber
hatte Er ihm gesagt, daß Er für ihn gebetet habe, damit
sein Glaube nicht aufhöre. Als es sich nun zeigte, daß sein
Rühmen wirklich nur eitel war, als Petrus seinen Herrn
sogar mit einem Fluch verleugnete, blickte der Herr ihn an,
und dieser Blick hatte eine gesegnete Wirkung. Das Gebet
und der Blick hatten geholfen. Das Gebet hatte dazu gedient,
daß sein Glaube nicht aufhörte, und der Blick hatte
sein Herz gebrochen. Er trieb ihn nicht fort von Jesu. Er
weinte und weinte bitterlich.
Am Anfang dieses Kapitels finden wir Petrus in dem
Zustand, in den das Gebet und der Blick seines göttlichen
Meisters ihn gebracht hatten. Don der Tatsache, daß sein
Glaube nicht aufgehört hat, kann er einen schönen Beweis
liefern, denn sobald er hört, daß sein Herr es ist, der am
Ufer steht, wirft er sich ins Wasser, um zu Ihm zu kommen,
und zwar nicht als ein Büßender, als ob er noch nicht
geweint hätte, sondern als ein Mensch, der sich in Seine
Gegenwart getrauen durfte, in die Gegenwart seines so
schrecklich verleugneten Herrn, und das in völliger Herzensüberzeugung.
Gebet und Blick hatten also, wie wir sehen, ihr Werk
an Petrus getan, und sie brauchen nicht wiederholt zu werden.
Der Herr fährt einfach fort, das begonnene Werk zur
Vollendung zu bringen.
Demgemäß folgt dem Gebet und dem Blick setzt das
Wort. Wiederherstellung folgt dem llberführtwerden und
den Tränen. Petrus wird dahin gebracht, seine Brüder
stärken zu können, wie sein Herr es ihm einst gesagt hatte,
und ebenso dahin, Gott durch seinen Tod verherrlichen zu
können — ein Vorrecht, das er durch seinen Unglauben und
240
durch seine Verleugnung verloren hatte. Und wie geschah
das?
An dem Tage, an dem das in Johannes 43 Berichtete
stattfand, hatte der Herr diesen selben geliebten Petrus
darüber belehrt, daß ein gebadeter Mensch nicht wieder
gewaschen zu werden braucht, ausgenommen die Füße.
Genau so handelt Jesus jetzt mit ihm. Er läßt ihn nicht von
neuem durchmachen, was er bereits erlebt hatte. Er stellt
wieder her und stellt ihn wieder an seinen Platz. Mit anderen
Worten, er wäscht Petrus die Füße, einem Menschen,
der bereits gebadet war.
Vollkommener Herr! mögen wir hier wohl in anbetender
Bewunderung ausrufen — Derselbe für uns gestern
und heute und in Ewigkeit! Derselbe in gnadenreichem
Liebeshandeln, indem Er das Werk, das Er zuvor begonnen
hat, fortführt! Als der auferstandene Herr nimmt
Er den Dienst wieder auf, den Er vor Seinem Tode unvollendet
hatte lassen müssen! Und Er nimmt ihn an eben
dem Punkt wieder auf, wo Er ihn hatte unterbrechen müssen,
indem Er den damaligen Dienst mit dem gegenwärtigen
in vollkommener Gnade und Weisheit verbindet!
Daß er seinen Herrn dreimal verleugnet hatte, scheint
Petrus erst ganz zum Bewußtsein gekommen zu sein, als
Jesus zum dritten Mal zu ihm sagte: „Hast du mich lieb?"
Aber des Herrn Absicht war nur, wie wir gesehen haben,
seine Seele völlig wiederherzustellen und den Gläubigen
zu reicherer Segnung zu leiten. Kein anderer sollte sein
Aufseheramt übernehmen. Und dann sichert Er ihm Kraft
zu, mn in diesem Amt dienen zu können, ohne ein zweites
Verleugnen oder Fehlen. Er verordnet ihn zu Seinem Zeugen
und Diener in der vollen Kraft eines Märtyrer-Glau-
24r
benö. Uttd nachdem Er ihm diese Gnade zugesichert hat,
also für Ihn zeugen zu dürfen, treu bis in den Tod, sagt
Er zu ihm: „Folge mir nach!" *)
*) Jesus wußte alles, und das war des Petrus Trost.
Petrus war überzeugt, daß sein Herr ebensogut dis Tiefe n der
Dinge kannte, wie das, was zutage trat, und daß Lr deshalb
wußte, was in Leines armen Dieners Herzen war, mochten
seine Lippen auch noch so sehr gefehlt haben.
Fürwahr ein kostbarer Augenblick! Wir wissen, daß,
wenn wir mit Ihm leiden, wir auch mit Ihm herrschen
werden, und daß, wenn wir Ihm nachfolgen, da, wo der
Herr selbst ist, auch Sein Diener sein wird. Die Aufforderung
an Petrus: „Folge mir nach!" war ein Ruf an ihn,
seinem Herrn auf dem Pfade des Zeugnisses und Leidens
zu folgen, in der Kraft der Auferstehung, hin zu der Ruhe,
wo dieser Pfad endet, und wohin diese Auferstehung führt.
Damals, kurz bevor Er von ihm ging, hatte Jesus zu Petrus
gesagt: „Wo ich hingehe, kannst du mir jetzt nicht
folgen; du wirst mir aber später folgen". (Kap. 43, 36.)
Damals war der Herr, wie wir wissen, im Begriff, in den
Himmel und zum Vater zu gehen auf dem Wege über das
Kreuz. Diesen Weg mußte Er allein gehen. Niemand
konnte Ihm da folgen. Aber jetzt konnte Er durch Seine
Aufforderung an Petrus das damals Versprochene erfüllen.
Es war ein Ruf an den Jünger, dem Herrn durch den
Tod ins Vaterhaus zu folgen. Und hiermit sehen wir den
Herrn sich von dem Platz erheben, wo sie gegessen hatten,
und Petrus steht ebenfalls auf, um Ihm zu folgen.
Aber auch Johannes hört auf diesen Ruf, als ob er
auch ihm gegolten hätte. Als er den Herrn aufstehen und
Petrus aufstehen sieht, steht auch er sogleich auf. Denn er
lag dem Herrn stets am nächsten. Er lehnte sich bei dem
242
Abendessen an Seine Brust. Er war der Jünger, den Jesus
liebte. Immer nahm er den Platz engster Verbindung mit
Ihm ein. So steht er, in einer Art von Notwendigkeit — o
welch gesegnete Notwendigkeit! — auf, obgleich er nicht
dazu aufgefordert worden ist, sobald nur der Herr aufsteht.
In dieser Stellung sehen wir die drei Personen immer
noch vor uns. Wir sehen den Sohn Gottes, wie Er aufgestanden
ist und unserem Gesichtskreis entschwindet, und
Petrus und Johannes Ihm folgen. Dies scheint mir ebenso
lieblich wie bedeutungsvoll zu sein. Wir schauen nicht das
Ende ihres Weges, denn während sie so wandeln, schließt
daö Evangelium. Die Wolke nimmt sie gleichsam vor unseren
Augen hinweg. Wir schauen ihnen vergeblich nach,
und der Pfad der beiden Jünger endet in der gleichen Ferne
wie der ihres Herrn. Aber wir wissen, daß es grundsätzlich
der Pfad ist, der ins Vaterhaus führt, das wir kennen als
bereitet für den Herrn und für die, welche Er sich nicht
schämt „Seine Brüder" zu nennen, die Gegenwart Gottes
im Himmel.
Dürfen wir hier nicht sagen: Auch der Bräutigam auf
unserem Fest hat den besten Wein bis jetzt aufbewahrt?
(Vergl. Kap. 2, 40.) In die Tiefen dieser Dinge einzudringen,
ist wahrlich der Mühe wert. Markus berichtet in seinem
Evangelium die Tatsache, daß der Herr in den Himmel
ausgenommen wurde (Kap. 46, 49), und Lukas beschreibt
uns die Himmelfahrt selbst. Während der Herr
Seine Hände aufhob und die Jünger segnete, wurde Er
hinaufgetragen in den Himmel. (Kap. 24, 50. 54.) Doch
so kostbar diese Mitteilungen sind — was wir hier haben,
ist schöner. Denn was jene berichten, bedeutete Trennung
der Jünger von ihrem Herrn. Er ging in den Himmel, und
24Z
sie sollten nach Jerusalem zurückkehren. Hier aber sehen wir
sie Ihm folgen bis hinauf in den Himmel. Ihr Weg bricht
nicht ab vor der Vollendung des Seinigen.
Ist es nicht in Wahrheit das „Tor des Himmels", zu
den, unser Evangelium unö führt, und wo es uns läßt?
Den Herrn erblicken wir in der Vollkommenheit der Gnade
Seinen Auserwählten gegenüber. Die Aufnahme der „Brüder"
ins Vaterhaus wird uns gewährleistet.Jn bezug darauf
sind Petrus und Johannes unser aller Vertreter. Einige
mögen, gleich Petrus, Gott verherrlichen durch den Tod,
während andere, wie es Johannes hier angedeutet wird, am
Leben bleiben, bleiben, bis Jesus kommt. Alle aber sollen
Seine Nachfolger sein, mag es sich handeln um Petrus oder
Johannes, um Moses oder Elias, ob gestorben in Christo,
oder noch lebend bei Seinem Kommen. Und alle werden zusammen
ausgenommen werden, um dem Herrn zu begegnen
in der Luft und auf ewig bei Ihm zu sein. Gleich der
Entrückung Henochs vor der Flut wird ihre Aufnahme sein.
Und ausgenommen zu Ihm, werden sie sich mit Ihm an die
bereitete Stätte im Vaterhaus begeben, wie Er uns gesagt
hat?)
Ich möchte noch bemerken, daß wir hier den einzigen
Ausblick auf die Entrückung unseres Herrn haben, den dieses
Evangelium gewährt. Aber dieser Ausblick ist sehr bezeichnend
für daö ganze Evangelium, das uns den Herrn
Jesus in Verbindung mit der Kirche als der Familie des
Vaters, dem himmlischen Haushalt, zeigt. Es ist hier we-
*) Wir dürfen nicht von irgend jemand behaupten, daß er
bleiben wird, bis der Herr kommt. Daß eine solche Behauptung
verkehrt wäre, sagt uns klar der 23. Vers. Aber derselbe Vers
erlaubt uns, zu sagen, daß der Herr vor unserem Tode kommen
mag, wenn es Ihm gefällt.
244
Niger die Rede von Seiner Entrückung zur Rechten Gottes
oder an den Platz der Macht, wo Er allein bleibt, sondern
von Seinem Gehen ins Vaterhaus, wo auch die Kinder
wohnen sollen. Ihr Weg in dieser Hinsicht geht durch
Seine unergründliche Gnade so weit wie der Seinige, ebenso
wie auf Erden Petrus und Johannes Jesu nachfolgten,
wohin immer Er gehen mochte (an irgend einen unbekannten
und ungenannten Ort dieser Erde). Er handelt hier, als
ob Er bereits gegangen wäre, ihnen die verheißene Stätte
im Vaterhause bereitet hätte und jetzt wiederkomme, um
sie zu Sich zu nehmen, damit da, wo Er ist, auch sie sein
möchten. So wird eö in Wirklichkeit sein bei der Auferstehung
derer, die des Christus sind bei Seiner Ankunft, wenn
die Brüder ihrem Herrn in der Luft begegnen. Hier am
Ende dieses Abschnittes zeigt der Sohn Gottes, wie Er es
am Anfang getan hatte, den Seinen, wo Er wohnt
(vergl. Kap. 4, 39); nur war Er im Anfang ein Fremdling
auf Erden, und sie blieben nur einen Tag bei Ihm.
Jetzt aber kehrt Er zurück in Seinen eigenen Himmel, und
dort sollen sie bei Ihm weilen auf ewig.
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
VIII.
Kapitel 5,43 — 24
Wir haben uns das letzte Mal mit der Frage beschäftigt,
welche Stellung die Welt und anderseits die Christen
den drei Tatsachen: Sünde, Tod und Gericht, gegenüber
einnehmen. Wenn der Sünder vor diese Fragen gestellt
wird, so ist seine Lage verzweifelt, und er hat nichts zu er
245
warten als ewiges Verderben. Ganz anders der Christ. Wo
sind seine Sünden? Sie sind verschwunden, da für ihn die
Frage der Sünde am Kreuz geregelt wurde, wo Christus an
unserer Statt zur Sünde gemacht worden ist. Und wie
steht's im Blick auf den Tod? Nun, er ist für unö nichts
weiter als die Vorstufe der Auferstehung, oder besser ausgedrückt,
der Tod ist gleichsam nur eine Nebenerscheinung
auf unserem Wege, während die Auferstehung dieWirk-
lichkeitist. Der Apostel wußte das. „Wo ist, o Tod, dein
Stachel?" ruft er, „wo ist, o Tod, dein Sieg?" Die Macht
des Todes ist für uns ebenso völlig geschwunden wie die der
Sünde. Bleibt noch das Gericht. Was ist darüber zu sagen?
Daß der Nichterstuhl des Christus eine unendlich gesegnete
Sache für jeden Christen ist, der weiß, daß die Gnade ihn
vorn ersten Schritt an begleitet hat, um ihn endlich vor diesen
Nichterstuhl zu führen. Dort wird alles, was sie getan
haben, mit allen Einzelheiten, wie ein Bild vor den Augen
der verherrlichten Heiligen, vor den Augen Gottes und den
Augen Christi stehen. Gott wird alles ins volle Licht
rücken, nicht, um uns die Strafe für unsere Sünden tragen
zu lassen, sondern zur Verherrlichung Seiner Gnade. Indessen
gibt eö noch etwas anderes, das wir nicht vergessen
dürfen: lln s e r V e rh al t e n in dieser Welt wird ewige
Folgen haben, wenn wir in der Herrlichkeit sind, nicht zu
unserer Verurteilung, sondern weil der Richterstuhl der
Ort der Kronen und der Belohnungen ist. Der Apostel
wußte am Ende seiner langen Laufbahn, daß seiner eine
Belohnung wartete, denn er sagt: „Fortan liegt mir bereit
die Krone der Gerechtigkeit, welche der Herr, der gerechte
Richter, mir zur Vergeltung geben wird an jenem Tage".
(2. Tim. 4, 8.) Gewiß sind wir nicht dazu berufen, dem
246
Herrn wie Arbeiter um Lohn zu dienen, wohl aber so, daß
wir Ihm in unserem ganzen Verhalten wohlgefällig sind,
damit wir dann vor Seinem Richterstuhl aus Seinem eigenen
Munde die Worte vernehmen dürfen: „Wohl, du guter
und treuer Knecht!... Geh ein in die Freude deines
Herrn." Das ist etwas anderes, als hören zu müssen: Du
bist untreu gewesen; ich hatte eine Krone für dich bereit,
aber ich kann sie dir nicht geben. Ich gebe sie einem anderen,
und du, du gehst leer aus.
Der Apostel Paulus konnte mit Gewißheit darauf
rechnen, eine schöne Krone der Herrlichkeit zu empfangen:
alle die, welche er zu Christo geführt hatte, würden sie bilden.
Was für eine Krone aber werden andere Christen in
der Herrlichkeit erhalten, Christen, die für sich selbst oder
für die Welt gelebt haben, die sich an ihren Gedanken,
ihren Plänen und ihrem Verhalten genug sein ließen,
anstatt an die Seelen zu denken, mit denen der Herr sie in
Verbindung gebracht hat? Der Herr bedient sich daher
dieses Ausblicks, um uns zu ermuntern, aber auch, um
uns ernst zu stimmen. Es ist nicht gut damit, daß ich weiß:
Der Richterstuhl Christi ist für mich nicht ein Ort ewiger
Verdammnis. Es ist ein feierlicher Gedanke, wir könnten
am Ende unserer irdischen Laufbahn vor dem Richterstuhl
erscheinen, ohne auch nur e i n Zeugnis der Zufriedenheit
von unserem geliebten Herrn zu empfangen hinsichtlich
dessen, was wir für Ihn getan haben.
Gehen wir nach dieser Wiederholung nunmehr zur
Betrachtung der heute gelesenen Stelle über: „Denn sei es,
daß wir außer uns sind, so sind wir es Gott; sei es, daß
wir vernünftig sind — euch". (V. 43.) Hier möchte vielleicht
der eine und andere erstaunt aufhorchen, wenn ich be
247
Haupte, daß diese Tatsache auch uns kennzeichnen sollte.
Nicht so, als ob wir etwa dazu berufen wären, „außer uns
zu sein", wie der Apostel Paulus es gewesen ist. Diese Ermunterung
hat Gott nur ihm auf seiner mühseligen und
mit so viel Schwierigkeiten besäten Laufbahn geschenkt.
Aber wir haben hier das Beispiel eines Menschen, bei dem
daö Ich, die Selbstsucht des natürlichen Herzens,
keinerlei Rolle spielte. Befand Paulus sich in einer
Entzückung, so war es nicht für ihn, sondern für Gott; war
er vernünftig, d. h. in ruhiger Besonnenheit, so war es
ebenfalls nicht für ihn, sondern für seine Kinder im Glauben.
So war das Leben des Apostels geteilt zwischen Gott,
zu Dem er in den Himmel entrückt wurde, und seinen geliebten
Korinthern, indem er nur an sie dachte, wenn er
„vernünftig" war. Wie war derartiges nur möglich? Deswegen,
weil die Liebe Christi ihn drängte und von ihm Besitz
ergriffen hatte. Das war Grund und Triebfeder dieses
ganzen Lebens. Was anderseits das Verhalten des Paulus
der Welt gegenüber anlangte, so gab es da zwei Beweggründe,
die sein Herz erfüllten. Beim Gedanken an den
Nichterstuhl dachte er zuerst an die Menschen. Was wird
aus ihnen werden, wenn sie vor dem Thron des Gerichts
erscheinen müssen? Er kannte den Schrecken des Herrn
und wußte, welche Wirkung die Gegenwart des gerechten
und heiligen Gottes auf die Sünder ausüben würde.
Darum ruft er ihnen zu: Hütet euch vor dem Richterstuhl!
Dann aber hatte er ihnen von einer Liebe zu erzählen, die
er vor allem kannte, denn er wußte, wie groß die Liebe
Christi gegen ihn selbst war.
Bis zum Schluß unseres Kapitels bleibt der Dienst
auch weiterhin der große Gegenstand. In den vorigen Ka
248
piteln hatten wir den Dienst des Apostels zugunsten des
Volkes Gottes; aber damit ist er nicht erschöpft. Hier
wendet sich der Dienst nach außen, an die Welt, und zwar
mit diesen beiden Worten, zunächst: Hütet euch vor dem
Gericht Gottes! Es handelt sich um eine ernste Sache und
zugleich um eine Entscheidung von ewiger Bedeutung. Und
zweitens: Öffnet Augen und Ohren, um zu sehen und zu
hören, von welcher Art Christi Liebe ist! „Die Liebe des
Christus drängt uns!" Es war nicht s e L n e Liebe zu
Christo, die sein Herz erfüllte, sondern ChristiLiebe
selbst. Meine Liebe zu Christo ist eine so unvollständige
Empfindung, daß sie niemals mein Herz füllen wird. Je
weiter wir fortschreiten auf dem Wege des christlichen Lebens,
desto mehr sehen wir, wie beschränkt unsere Zuneigung
zu Ihm ist, verglichen mit Seiner Liebe, die sich am
Kreuz geoffenbart hat, die sich jeden Tag in der Sorge des
Hirten und Hohenpriesters erweist, und die sich in der Zukunft
zeigen wird, wenn sie ihre Krönung in der Herrlichkeit
findet, dort, wo wir für immer bei Ihm und Ihm gleich
sein werden.
„Die Lieb« des Christus drängt uns, indem wir also
geurteilt haben, daß einer für alle gestorben ist, und somit
alle gestorben sind." Das ist mit einem Wort die Grundlage
und gleichsam das Endurteil des ganzen Evangeliums.
Alle sind in den Augen Gottes tot (in unseren eigenen
Augen sind wir es ja niemals); das ist durch die Tatsache
bewiesen, daß der Herr Jesus gekommen ist, um füralle
zu sterben. Im Herzen des sündigen Menschen gibt es nicht
ein Fünkchen göttlichen Lebens; er ist tot. Aber Christus
ist gekommen, um sich für alle dem Tode zu unterwerfen,
und Er hat uns, indem Er aus den Toten auferstand, den
249
Weg des Lebens gebahnt; Er hat uns Seinen eigenen Platz
in einem neuen Leben, einem Auferstehungsleben, gegeben,
„aus daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben,
sondern Dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt
worden". Es sei mir gestattet, auf diesen Gedanken, der
uns bereits früher beschäftigt hat, noch einmal zurückzu-
kvminen. Ich möchte an uns alle die Frage richten: Wie
wollen wir von nun an unser neues Leben hienieden verbringen?
Was wollen wir daraus machen? Beachten wir
es, liebe Freunde, daß wir in diesen Worten das finden,
was daö Lebendes Christen nach den Gedanken
Gottes in Wahrheit ausmacht. Es gilt,
ni ch t m e h r s i ch s e lb st z u l e b e n, sondern Christo!
Kann das der sündige Mensch überhaupt? Niemals. Lesen
wir nur Hos. io, 1: „Israel ist ein wuchernder Weinstock,
der seine Frucht ansetzte". So macht's der Mensch. Und
an anderer Stelle heißt es: „Die da faseln zum Klange
der Harfe, s i ch wie David Musikinstrumente ersinnen".
(Amos 6, 5.) Der Prophet führt David an, den großen
Erfinder von Instrumenten. David ließ diese Instrumente
Herstellen, um mit ihnen die Lobgesänge Jehovas zu begleiten.
Der Mensch kann, so gut wie David, Musikinstrumente
erfinden. Aber er bedient sich ihrer fürsichselbst.
Soll unser Leben dieses Gepräge haben? Sagen unö
nicht unsere eigenen Gewissen, daß wir als Gegenstände
einer solchen Liebe alles Christo opfern und hinfort
nicht mehr uns selbst leben sollten? Wenn ich hier
in vertrautem Kreise meinen Brüdern und Schwestern
diese Mahnung erteile, so dürfen sie davon überzeugt sein,
daß ich die gleiche an mich selbst richte und mir durchaus
nicht das Recht zuerkenne, mich anderen als Vorbild hinzu
250
stellen. Aber es gibt solche Vorbilder in dieser Welt. Ich
kenne viele, einfache und aufopfernde Christen, denen Gott
Zeugnis gegeben hat, daß sie nicht sich selbst, sondern Dem
gelebt haben, der für sie gestorben ist und ist auferweckt
worden!
Es ist gut, wenn wir ein wenig stillstehen und alle,
ohne Ausnahme, unser Gewissen im Licht der Gegenwart
des Herrn prüfen. Haben wir verstanden, zu welchem
Zweck Er für uns gestorben und auferstanden ist, zu welchem
Zweck Er uns neues Leben mitgeteilt hat, das imstande
ist, zu lieben, sich ganz hinzugeben und Ihm zu dienen?
Wir haben solche Ermahnungen nötig, denn Er weiß
sehr wohl, was unsere schwachen und oberflächlichen Herzen
sind. Möchten wir doch allezeit diese Worte im Gedächtnis
behalten: „Auf daß die, welche leben, nicht mehr sich
selbst leben, sondern Dem, der für sie gestorben ist und ist
auferweckt worden"!
Vom Lieder//Vorschlägen
Ist das Vorschlägen eines Liedes in der Versammlung eine
belanglose Sache? Man könnte es meinen, weil ja ein Rind imstande
wäre, es zu tun. wer aber erfahren hat — und wer von
uns hätte es nicht erlebt? — wie ein Lied bestimmend sein kann
für den Verlauf einer ganzen Versammlung (hier denke ich in erster
Linie an die Versammlung zur Verkündigung des Todes des
Herrn), oder auch, wie durch ein zur Unzeit vorgeschlagenes Lied
eine Störung entstehen kann, die sich wie eine Last auf die zu dieser
erhabenen Leier versammelten Gläubigen legt, der weiß, daß das
Vorschlägen von Liedern keine Sache ohne Belang ist. Wie gesagt:
Gin Rind könnte ein Lied Vorschlägen, aber das Lied vorzuschlagen,
das der geziemende Ausdruck der Empfindungen der Versammlung
ist, oder das der Anlaß wird, daß dis Versammlung den
Verlauf nimmt, der den Vater ehrt und das Herz des Sohnes erquickt,
ist etwas ganz anderes. Dazu gehört die Leitung des Geistes
ebensogut wie zum Vorschlägen von Schriftabschnitten oder
zum Danksagen.
251
Schon der weise Prediger hat ein bedeutsames Wort gefunden,
das wohl wert ist, auch bei unseren Versammlungen beachtet
zu werden. Ls lautet: „Sei nicht vorschnell mit deinem Munde,
und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen;
denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Lrde; darum seien
deiner Worte wenige", (pred. 5, 2.) Nach den wunderbaren Ratschlüssen
Gottes, die allen verstand übersteigen, sind uns heute
Dinge geschenkt, in welche Lngsl hinsinzuschauen begehren. Wir
sehen den Himmel geöffnet und dürfen hinzunahsn im Heiligtum
droben, wohin unser Herr Jesus uns vorangegangsn ist. Aber
wenn wir auch durch das Blut Jesu mit Freimütigkeit ins Aller-
heiligste eintreten, wenn wir auch Gott nahen dürfen als unserem
Vater in Christo Jesu, so bleibt davon doch die Tatsache unberührt,
daß Lr der Heilige im Himmel ist, und wir auf der Lrde
sind, so daß neben voller Freimütigkeit die tiefste Ehrfurcht am
Platze ist. Diese Ehrfurcht wird uns vor jeder Voreiligkeit bewahren,
die gerade beim Vorschlägen von Liedern oft beachtet
wird, während die Erinnerung an die Größe des Werkes Christi
und an den Dank, den wir Ihm und Dem, der Ihn gesandt hat,
schulden, eine heilige Scheu in uns Hervorrufen wird, den Verlauf
der Stunde der Anbetung nicht durch eigenmächtiges vorgehen zu
stören, sowie das herzliche Begehren, die Versammlung unter Gebet
und der Leitung des Geistes so zu beeinflussen, daß nur Sein
Name verherrlicht werde.
W i e eine Stunde der Anbetung verlaufen, und welchen
Platz das Lied darin einnehmen sollte, dafür finden wir in der
Schrift keine Regel, wohl auch ein Beweis dafür, daß jede Form
den Tod der Sache selbst in sich birgt. Wie es aber bezüglich der
Gnadengaben in s. Äor. s2, ss heißt: „Alles dieses aber wirkt
ein und derselbe Geist, einem jeden insbesondere austeilsnd, wie
Lr will", so dürfen wir auch sicher im Blick auf den Verlauf unserer
Zusammenkünfte sagen: Der, zu dessen Namen hin wir in
der Stunde der gemeinsamen Anbetung versammelt sind, und der
dabei nach Seinem eigenen Wort in unserer Mitte ist, will durch
Seinen Geist in einer Weise in unserer Mitte wirken, daß alle das
Gefühl haben: Lr ist wirklich unter uns; Lr wirkt so,
daß man meinen sollte, die verschiedenen Personen, die lesen, beten
oder Lieder vorschlagen, hätten sich vorher über Zeit und Art
ihrer Betätigung verständigt, damit alles nur dem einen großen
Zweck diene. Line solche Versammlung wird gewiß in würdigem
Ernst verlaufen. Ls werden keine Pausen eintreten von einer
Länge, die lähmend wirkt. Wohl aber wird ein stilles Warten
auf den Herrn zu bemerken sein. Singen, Beten und Lesen wird
auch nicht so schnell aufeinander folgen, daß man denken könnte,
jeder sei besorgt, der anders möchte ihm zuvorkommen, sondern,
man wird aufeinander warten in brüderlicher Rücksichtnahme und
252
der Mahnung entsprechend: „Alles geschehe anständig und in
Ordnung!" Gesunder Gerzenstakt wird wohltuend empfunden
werden, vor allem aber wird keine Unordnung entstehen durch
Vorschlägen von Liedern, die so unpassend sind, daß sie eine unmittelbare
Störung bedeuten, so daß man sich fragt: Wie kommt
der Bruder dazu, dieses Lied in diesem Augenblick vorzuschlagen?
Ist es sein Lieblingslied? Oder ist er vor der Versammlung
besonders daran erinnert worden? Oder ist es damit gar ähnlich
wie seiner Zeit in der Versammlung zu Rorinth, wo viele redeten,
weil es ihnen um die eigene Ehre ging? Das kann auch unter
uns der Fall sein, denn wie schwer stirbt das alte Ick! Derjenige,
der ein Lied vorschlägt, sollte auch bedenken, Laß er die Versammlung
zu einer gewissen Unaufrichtigkeit veranlassen kann,
indem sie sich durch seinen Fehlgriff gezwungen fühlt, ein Lied
zu singen, das nicht der Ausdruck der Kerzen ist. '
Vorsicht ist auch geboten beim Lied-Vorschlagen zu Beginn
von Wortbetrachtungen. Wenn ich mich selbst gedrängt fühle, in
der betreffenden Stunde das Wort zu ergreifen, so kann ich natürlich
Vorschlägen, wozu mein Herz mich treibt. Denke ich aber
nicht daran, selbst zu reden, so muß ich mich wohl vorsehen, ein
Lied zu wählen, das den Bruder, den der Herr zum Dienst beruft,
in eine bestimmte Richtung drängen würde. Gewiß kann es
sein, daß ich mich dazu bewogen fühle, z. B. ein Lied vom Rommen
des Herrn vorzuschlagsn, und daß der Bruder, der das Wort
ergreift, dankbar diesen Hinweis benutzt. Ich kann meinen Bruder
dadurch aber auch in große Verlegenheit bringen, indem er bereits
ganz anders geleitet worden ist. Also auch hier heißt es, in
Stille auf die Führung des Geistes warten. Wenn das Wort:
Lieber etwas verkehrtes als gar nichts tun, in manchen Lebenslagen
richtig sein mag, hier ist bestimmt das Gegenteil das Nichtige.
„Wenn aber jemand von euch Weisheit mangelt, so bitte er
von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird
ihm gegeben werden." (Jak. j, 5.)
Psalm 27,1 u. 4
Du bist die Weisheit, Du bist die Stärke,
List meines Lebens Licht und mein Heil.
Du bist die Ouelle auch all meiner Werke,
List meiner Seele beständiges Teil.
In Deiner heiligen Nähe zu wohnen,
Stets anzuschaun Deine Lieblichkeit,
Ist mehr als alle vergänglichen Rronen,
Füllet mein Herze mit Seligkeit. W. R.
Sie Seligpreisungen
. ix.
Glückselig die um Jesu willen Verfolgten!
In der letzten Seligpreisung werden wir noch höher
geführt als in der vorletzten. Die Leiden, von denen in ihr
die Rede ist, sind von erhabenerer Art als die vorigen, da
sie mit der Person des Herrn selbst in Verbindung stehen.
Beide Klassen von Leiden stehen manchmal Seite an Seite,
und die eine geht oft aus der anderen hervor. Dennoch sind
sie verschieden. Auch ein aufrichtiger Mensch, der Christum
nicht als seinen Heiland kennt, aber ein gutes Gewissen
bewahren will, kann dieserhalb angefeindet werden, und
anderseits kann ein Christ um Jesu willen leiden, ohne daß
etwas von ihm verlangt worden wäre, das er als unrecht
ablehnen mußte. Nur ein Gläubiger aber kann — und es
kommt oft genug vor —, indem er sich weigert, unrecht zu
tun, und als Grund seiner Weigerung Christum
angibt, auf diese Weise sowohl um der Gerechtigkeit
als auch um Seines Namens willen zu leiden haben.
Leiden um Jesu willen setzen voraus, daß Er selbst
dem Herzen teuer ist. Nur wer Sein Erbarmen erfahren
hat und Seine Liebe genießt, wird das Bedürfnis haben,
auch anderen von dieser Liebe und dem vollbrachten Werk
seines Herrn zu sagen; nur ein solcher wird sich gedrängt
fühlen, wenn der Augenblick es erfordert, für Seine Ehre
und Seine Wahrheit einzutreten, selbst auf die Gefahr hin,
t-XXXII io
254
dieserhalb von den Menschen verachtet, geschmäht und sogar
verfolgt zu werden.
Auch Christus hat in dieser Weise gelitten. Er war
der treue und wahrhaftige Zeuge Gottes auf dieser Erde,
um Derentwillen Er Hohn trug und Schande Sein Antlitz
bedeckte. (Vergl. Ps. 69, 7.) Er war in dem Namen
Seines Vaters gekommen (Joh. 5, 43) und redete in der
Welt die Wahrheit, die Er von Gott, der Ihn gesandt,
gehört hatte. Auch viele gute Werke zeigte Er ihnen von
Seinem Vater. Alle Werke, die Er tat, waren Werke der
Gnade und Güte. Aber trotz Seiner gnädigen Worte und
Seiner vielen guten Werke hoben sie Steine auf, um Ihn
zu steinigen. (Vergl. Joh. 8, 26. 38. 40. 42. 59; 5, 36;
70, 25. 37. 32.) In der Synagoge zu Nazareth verwunderte
man sich „über die Worte der Gnade, die aus Seinem
Munde hervorgingen". Aber da die Wahrheit Seiner
Worte sich an das Gewissen richtete, wurde man derart
böse, daß man Ihn zur Stadt hinausstieß und Ihn an
den Rand des Berges führte, auf dem Nazareth lag, um
Ihn hinabzustürzen. (Luk. 4.) Das war das Teil des Meisters
in der Welt. Seiner Jünger Los sollte das gleiche
sein.
Es ist auffallend, daß der Herr, abweichend von der
vorherigen allgemeinen Form, sich in der letzten Seligpreisung
unmittelbar an die Jünger wendet mit dem persönlichen
„ihr". Der Grund ist wohl der, daß, da Leiden um
Seinetwillen ein Beweis größerer Wertschätzung Seiner
Person und dessen sind, was Er getan hat, und da sie auch
eine weit innigere Verbindung mit Ihm bekunden als die
Leiden um der Gerechtigkeit willen, Er diese Dulder Seiner
ganz persönlichen Teilnahme versichern will. Wie er
255
munternd klingen Seine Worte! Wie innig sind sie! Wie
oft mögen sich die Jünger, zu denen der Herr hier redet,
später an diesem „Glückselig seid ihr" aufgerichtet haben!
Die in der Bergpredigt nur andeutungsweise in Aussicht
gestellten Schmähungen und Verfolgungen hat der
Herr später in bestimmter Weise wiederholt. Bei Seinem
letzten Zusammensein mit den Jüngern hat Er ihnen ausdrücklich
gesagt: „Weil ihr nicht von der Welt seid, sondern
ich euch aus der Welt auöerwählt habe, darum haßteuch
dieWel t", und weiter: „Wenn sie mich verfolgt haben,
werden sie auch euch verfolgen". (Vergl. Ioh. 15, 18 bis
21.) Auch kündigte Er ihnen mit aller Sicherheit an, daß
die Stunde kommen würde, daß jeder, der sie tötete, meinen
würde, Gott einen Dienst zu erweisen. Die Wahrheit
dieser Ankündigungen haben die Jünger nach dem Weggang
des Herrn reichlich erfahren. Drohungen, Schläge
und Gefängnis wurden gar bald ihr Teil. Aber dabei blieb
es nicht. Jakobus, der Bruder des Johannes, wurde mit
dem Schwert getötet, und Petrus entging demselben
Schicksal nur dadurch, daß ein Engel ihn aus dem Gefängnis
befreite. Dann folgte Stephanus, der nicht zu den
Aposteln zählte, und die Folge der Steinigung dieses treuen
und feurigen Zeugen für Christum und die Wahrheit Gottes
war eine große allgemeine Verfolgung der Versammlung
in Jerusalem. Männer wie Frauen wurden aus den
Häusern fortgeschleppt und dem Gefängnis überliefert.
Andere wurden gestraft und gezwungen, zu lästern, und
manche von den „Heiligen" wurden umgebracht (vergl.
Apstgsch. 8,1—3; 11,19; 26, 10. 11) — alles in Über­
einstimmung mit der Voraussage des Herrn.
In derselben Weise und fast mit den Worten des
256
Herrn wendet sich später der Apostel Petrus in seinem ersten
Brief an die Gläubigen aus den Juden, unter die das
„Feuer der Verfolgung" gekommen war. „Glückselig seid
ihr!" hatte der Herr gesagt. „Wenn ihr im Namen Christi
geschmäht werdet, glückselig seid ihr!" schreibt Petrus.
„Freuet euch und frohlocket!" hatte der Herr, auf den
Lohn hinweisend, sie ermuntert. „Insoweit ihr der Leiden
des Christus teilhaftig seid, freuet euch", schreibt Sein
Apostel, und im Blick auf den Lohn bemerkt er: „auf daß
ihr auch in der Offenbarung Seiner Herrlichkeit mit Frohlocken
euch freuet". (Kap. 4, 43. 44.) Ähnlich äußert sich
auch der Apostel Paulus. „Um deinetwillen werden wir
getötet den ganzen Tag; wie Schlachtschafe sind wir gerechnet
worden",schreibt er der aus Juden und Heiden bestehenden
Versammlung in Rom, fügt dann aber triumphierend
hinzu: „Aber in diesem allem sind wir mehr als
Überwinder durch Den, der uns geliebt hat". Von sich
und seinen Mitarbeitern sagt er den Korinthern: „Wir,
die wir leben, werden allezeit dem Tode überliefert um
Jesu willen". Dennoch waren sie „allezeit gutes Mutes".
(Vergl. 2. Kor. 4, 44; 5, 6.) Die Philipper weist er auf
die Möglichkeit seines gewaltsamen Todes hin — als ein
Trankopfer gesprengt zu werden —, aber ohne daß ihm dies
ein Grund zur Trauer wäre. Im Gegenteil, er freut sich
über diese Aussicht, und er fordert sogar die Philipper auf,
sich mit ihm zu freuen.
Leiden m i t Christo sind nach den klaren Belehrungen
der Schrift eine Notwendigkeit — sie sind ein Zeichen der
Kindschaft und der Jnnewohnung des Heiligen Geistes —,
aber Leiden für Christum sind ein Geschenk: „Euch ist es
in bezug auf Christum geschenkt worden, nicht allein
257
au Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden".
(Phil. 7, 29.) So faßten es auch Petrus und die anderen
Apostel auf, die, nachdem sie geschlagen worden waren, aus
dem Synedrium hinausgingen, „voll Freude, daß sie gewürdigt
worden waren, für den Namen (Jesu) Schmach
zu leiden". (Apstgsch. 5, 4t.) Doch nicht nur die Apostel,
auch andere Gläubige urteilten nicht anders. Von den gläubigen
Hebräern lesen wir, daß sie „den Raub ihrer Güter
mitFreuden ausgenommen" hatten. Und aus der Kirchengeschichte
ist uns bekannt, daß viele Christen es als eine
Ehre angesehen haben, um Christi willen verfolgt zu werden.
Die Danksagungen und Lobgesänge in den Gefängnissen
und auf den Richtstätten zur Zeit der Christenverfolgungen
reden laut und deutlich davon, wie wertvoll die
Person des Herrn Jesus, Seine Ehre, Seine Wahrheit,
Sein Heil und die Verkündigung des Evangeliums jenen
Gläubigen waren.
Teurer Leser, wie lautet die Sprache unserer Herzen,
wenn wir an diese treuen Zeugen Christi aus dem ersten Jahrhundert,
dem Mittelalter und auch an solche aus neuerer
Zeit denken? Wie sieht es mit unserer Bekenntnistreue, mit
unserer Hingabe an die Person des Herrn heute aus, in der
Zeit der „geöffneten Tür"? Müssen vielleicht nicht Schreiber
und Leser dieser Zeilen beschämt die Augen niederschlagen,
wenn sie das Zeugnis jener Christen mit dem ihrigen
vergleichen? Jene Zeugen konnten, selbst wenn Mißhandlung,
Gefängnis und Tod ihnen drohte, nicht von Christo,
ihrem Herrn, schweigen. Und wir? Genügt nicht manchmal
die Furcht vor einem verächtlichen Blick oder Wort, um uns
von einem einfachen Zeugnis für Christum abzuhalten?
Die Frage ist umso ernster, weil wir ein hohes Bekenntnis
258
haben und in mancher Hinsicht mehr Klarheit besitzen, als
z. B. die Gläubigen des Mittelalters.
Wiederum möchte ich fragen: Traten wir kühn hervor,
als man in der Christenheit Christum angriff und in
der erniedrigendsten Weise von Ihm redete und schrieb,
als man wagte, den Menschen einen ganz anderen Christus
aufzudrängen als Den, welchen Gott gesandt, und den
Sein Wort uns vor Augen gestellt hat, oder glichen wir
Hunden, die nicht bellen, wenn ihr Herr angegriffen wird?
Gott sei Dank, auch in unserer Zeit hat es Zeugen gegeben,
die Mut genug zeigten und so viel Liebe zu Christo hatten,
um für die Ehre Seines Namens, die Herrlichkeit Seiner
Person, die Größe Seines Werkes und Seine Wahrheit
einzutreten, als alles dies in der schmählichsten Weise her-
abgewürdigt wurde! Aber ihre Zahl war gering. Leicht läßt
man sich in solchen Zeiten durch Erwägungen sogenannter
menschlicher Klugheit leiten. Man überlegt, ob man nicht
durch ein entschiedenes Zeugnis für Christum in Schwierigkeiten
kommen könne, ob man dadurch nicht äußere Vorteile
verliere, an Ansehen einbüße oder die Zukunft der Kinder
beeinträchtige. Will daö Gewissen seine Stimme erheben,
so entschuldigt man sich damit, daß man sich doch möglichst
der allgemeinen Meinung anpassen müsse. Man
brauche sich doch nicht unnötig unbeliebt zu machen. Man
solle doch nicht die Gelegenheiten vom Zaune brechen und
sich dadurch mutwillig in Schwierigkeiten stürzen. Schließlich
käme ja doch alles, wie Gott es wolle. An den Zeiten,
wie sie nun einmal seien, könnten auch wir nichts ändern
usw. Sind Erwägungen und Entschuldigungen solcher Art
eines wahren Christen würdig? Wenn unser Herr Jesus
Christus um unsertwillen arm wurde, damit wir
259
durch Seine Armut reich würden, sollten wir uns dann
schämen, um Seinetwillen Schmach zu leiden?
„Glückselig seid ihr", sagt der Herr im Evangelium Lukas,
„wenn die Menschen... euren Namen als böse verwerfen
werden um des Sohnes des Menschen willen". Aber „wehe,
wenn alle Menschen wohl von euch reden"! (Kap. b,
22. 26.) Ist Christus unseren Herzen wertvoll, so werden
wir, wie einst Moses, „Seine Schmach für größeren Reichtum
halten als die Schätze Ägyptens" (der Welt).
Groß ist das Wohlgefallen des Herrn an den Seini-
gen, die um Seinetwillen leiden. Das kommt nicht nur dadurch
zum Ausdruck, daß Er ihnen Sein „Glückselig seid
ihr!" zuruft, sondern auch durch die in Aussicht gestellte
Belohnung, die ihrem Teil mit Ihm auf der Erde entspricht.
Haben sie hier um Seinetwillen gelitten, so sollen
sie auch droben mit Ihm vereinigt sein. Hat Gott Ihm,
der Ihn auf Erden trotz Schmähungen, Verfolgungen und
Leiden bis in den Tod verherrlicht hat, den Ehrenplatz zu
Seiner Rechten droben angewiesen, so wird Er auch ihnen
ihren Lohn dort geben, indem sie für alle Ewigkeit bei Ihm
sein und alles mit Ihm teilen dürfen. Die Art der Belohnung
beweist ebenfalls, daß die Leiden umSeinetwil -
l e n höher sind als die um der Gerechtigkeit willen. Die
Belohnung für diese geht nicht über ein irdisches Reich hinaus,
mag dieses nun in geheimnisvoller Form oder in
Macht und Herrlichkeit errichtet sein. Die Leiden für Ihn
aber bringen mit dem Himmel selbst in Verbindung.
Als eine besondere Belohnung für dieses Dulden um
Jesu willen ist auch zweifellos die Ehre zu betrachten, Nachfolger
der Propheten zu sein, jener treuen Zeugen, die zu
ihrer Zeit für die Ehre und die Rechte Gottes eingetreten
2b0
waren und deshalb gelitten hatten. Auch diese Männer werden
ihren Platz in dem himmlischen Teil deö Reiches haben.
„Die Heiligen der höchsten Orter werden daö Reich
empfangen und werden daö Reich besitzen bis in Ewigkeit,
ja, bis in die Ewigkeit der Ewigkeiten." (Dan. 7, 78.)
Auch sie werden, und zwar mit uns, vollkommen gemacht
werden. (Vergl. Hebr. 77, 40.)
Wie die Jünger, und auch wir heute, so wird auch der
Überrest in den letzten Tagen — soweit er nicht lebend in
daö irdische Reich eingeht — an dieser Ehre, sowie an allen
Vorrechten dieser Seligpreisung teilhaben. Schweres werden
die, welche diesen Überrest bilden, um Seinetwillen —
um ihres Zeugnisses für den von ihnen erwarteten Messias
willen — zu leiden haben, sowohl von ihren eigenen Landsleuten
(ihren Brüdern) als auch von den Nationen. Das
Wort des Herrn an Seine Jünger, mit dem Er auf die Anfänge
der Wehen hinwies, gilt auch ihnen: „Sie werden
euch an Synedrien und an Synagogen überliefern; ihr
werdet geschlagen und vor Statthalter und Könige gestellt
werden um meinetwillen, ihnen zu einem Zeugnis".
(Mark. 73, 9.) Auch sie werden „in Drangsale überliefert,
getötet und von allen Nationen gehaßt werden u in
Seines Namens Wille n". Der Seher auf PatmoS
sieht beim Offnen des fünften Siegels „unter dem Altar
die Seelen derer, welche geschlachtet worden waren um des
Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten".
(Offbg. tz, 9.) Später teilt er mit, daß der Drache
„hinging, Krieg zu führen mit den übrigen ihres Samens"
(des Weibes, Israel, hier gebildet durch den gottesfürchtigen
Überrest), „welche die Gebote Gottes halten und das
Zeugnis Jesu haben"; sowie daß dem Tiere, dem Werk
— 261 —
zeug des Drachen, gegeben wurde, „mit den Heiligen Krieg
zu führen und sie zu überwinden", und schließlich, „daß
alle getötet wurden, die daö Bild des Tieres nicht anbeteten".
(Kap. 12, 17; 13, 7. 15.)
Drangsal und Tod! Ist das nun das Ende? Statt des
erwarteten Reiches Verlust über Verlust? Nein, das Ende
ist Gewin n. Schon einige Kapitel später erscheinen die,
welche unter der Herrschaft des Tieres verfolgt und getötet
wurden (Kapitel 13), im Himmel als Überwinder. Dort
stehen sie am gläsernen Meere (vergl. öbap. 4, b), Harfen
Gottes in den Händen. (Kap. 15.) Wieder etwas später
(Kap. 20) finden wir sie, sowie die vorher (Kap. 6) genannten
Dulder, auferweckt, um zusammen mit einer dritten
Klasse, die auf Thronen sitzt und bereits vor ihnen auferweckt
oder verwandelt worden ist, mit dem Christus tausend
Jahre zu herrschen. Auch die in Kap. 11 erwähnten
beiden Zeugen, die Christi Rechtsanspruch an die Erde durch
ihr Zeugnis behaupteten — sie standen vor dem Herrn der
Erde —, und die dann von dem Tier, das aus dem Abgrund
heraufsteigt (Kap. 13), getötet wurden, steigen,
nachdem der Geist des Lebens aus Gott in sie gekommen
ist, in den Himmel hinauf. Der Lohn aller dieser Zeugen
und Dulder um Jesu willen „wird groß sein in den Himmeln".
Mögen sie auch an dem irdischen Reiche in der von
ihnen erwarteten Weise (in natürlichen Leibern) keinen
Anteil haben, so sollen sie doch — was viel größer ist — an
dem himmlischen Teil dieses Reiches teilhaben, und zwar
in verherrlichten Leibern. Hinzu kommt, daß sie mit
Christo, um Dessentwillen sie gelitten haben, über den irdischen
Teil Seines Reiches herrschen werden — zweifellos
ein weit vorzüglicheres Teil, als ein Untertan dieses Reiches
262
zu sein. Gerade ihnen gilt das Wort: „Glückselig die Toten,
die im Herrn sterben, von nun an! . . ihre Werke folgen
ihnen nach". (Offbg. 44, 43.) Ihr Lohn geht ihnen nicht
verloren, sondern er ist groß in den Himmeln.
Ja, Leiden um Jesu willen sind mit besonderer Glückseligkeit
verbunden! Nicht nur, daß ihnen ein großer Lohn
in den Himmeln folgen wird, sondern die Freude Seiner
Gemeinschaft, Seine innige Teilnahme und Sein Trost
werden jetzt schon in besonderein Maße in ihnen gefühlt.
Ist es nicht der Mühe wert, so zu leiden? Diesen Leiden auö
dem Wege gehen, mit dem Zeugnis für Christum zurückhalten,
bedeutet einen Verlust für Zeit und Ewigkeit!
Bald werden wir nicht mehr das Vorrecht haben, um
der Gerechtigkeit oder um Christi willen zu leiden. Möchte
deshalb das „Glückselig" unseres Herrn für uns alle ein
Ansporn zur Bereitschaft sein, während der Zeit Seiner
Verwerfung sowohl um der Gerechtigkeit willen als auch
vor allem um Seines Namens willen Verfolgung zu erdulden
und ihr nicht ängstlich aus dem Wege zu gehen!
„Aesus nahm die Brote"
Als Andreas einst die fünf Gerstenbrote und zwei
Fische dem Herrn brachte, nahm Jesus die Brote, dankte
und teilte dann durch Seine Jünger denen aus, die da lagerten.
Warum ließ Er die Brote nicht in dem Korb oder
Sack des kleinen Knaben oder in den Händen des Andreas?
Hätte Er nicht auch so die segnende Danksagung darüber
sprechen und dann die wunderbare Austeilung durch die
Jünger veranlassen können? Ohne Frage ebensogut, wie
Er den Sohn des königlichen Beamten oder den Knecht des
263
römischen Hauptmanns durch Sein Wort aus der Ferne
gesund machte. Aber „Jesus nahm die Brote". Warum
wohl? Sollten nicht in dieser Tatsache praktische Unterweisungen
für uns liegen?
Jesus nahm die Brote, Gersten brote, die geringste
Art von Broten. Roggen- oder gar Weizenbrote wären besser
gewesen. Aber es waren eben nur Gerstenbrote vorhanden.
Ohne Zweifel waren es auch kleine Brote, denn es ist
nicht gut denkbar, daß der kleine Knabe fünf große
Brote mitgeschleppt hätte. Also, eine geringe Menge geringen
Brotes gegenüber den Bedürfnissen einer nach Tausenden
zählenden Volksmenge. O Andreas, du Treuer, der
du jeden und jedes deinem Herrn zu bringen pflegtest
(vergl. Joh. 4, 42; 6, 8. y; 42, 22), dein zagendes „Aber"
bei dieser Gelegenheit verstehen wir. „Was ist das unter so
viele?"
Ja, wenn E c nicht dagewesen wäre, von Dem einmal
jemand so schlicht wie schön sang:
Vas ^esus in die Hände nimmt,
Und sei es noch so klein,
Das muß, ich weiß es ganz bestimmt,
Ulir auch zum Segen sein.
In Seiner Hand gesegnet, ging das Brot den austeilenden
Jüngern nicht aus. Die Bedürfnisse aller wurden
gestillt. „Sie aßen alle und wurden gesättigt." (Matth. 44,
20.) Zwölf Körbe voll Brocken blieben außerdem übrig.
Welch eine Feierstunde für alle Beteiligten! Wie wird das
Gerstenbrot gemundet haben, als sie lagerten zu den Füßen
Jesu, der allemal das „Wasser" in „Wein" zu verwandeln
vermag.
Wie freundlich ist doch unser Herr! „Innerlich bewegt"
im Blick auf die Volksmenge, hat Er ihre Schwa
264
chen geheilt, sie vieles gelehrt (Matth. 1.4, 14; Mark. 6,
34); und nun kann Er sie nicht matt und hungrig entlassen.
Aber in Seiner göttlichen Weisheit benutzt Er dazu daö
Vorhandene, wie gering es auch sein mochte. Und unter
Seiner Segenshand bringen fünf Gerstenbrötlein und zwei
Fische vielen Tausenden Genuß und volle Befriedigung.
Wie oft wird hin und her in den Versammlungen geklagt
über geringe Gaben oder gar Mangel an Gaben.
Man glaubt „nur Gerstenbrot" zu haben und kommt sich
so arm vor, blickt auf schwache Menschen, anstatt auf den
mächtigen Herrn. O daß doch in jeder Versammlung ein
rechter „Andreas" wäre, der die geringen Gaben und ihre
Träger seinem Herrn in die Hände legte! Sollte E r unter­
lassen, zu segnen, zu sättigen mit „Seelenspeise für die
Reise"? nicht auch noch „Körbe voll Brocken" übriglassen?
Nicht wahr? wir wollen eö ehrlich zugeben, der Mangel
liegt in erster Linie bei uns selbst. Wir stehen unserem
so gern segnenden Herrn oft im Wege, indem wir nicht
aus Seiner Segenshand, sondern von Menschen etwas
erwarten. Weil aber Menschen ausnahmslos nichts auszuteilen
haben, wenn sie sich nicht von ihrem himmlischen
Herrn die Hände füllen lassen, so folgt der Erwartung so
häufig die bittere Enttäuschung.
Als der Herr Jesus das gesegnete Gerstenbrot auötei-
len ließ, benutzte Er dazu „Seine Jünger". Alle. Nicht
etwa nur den Johannes und Petrus. Aus wessen Hand die
Lagernden empfingen, war gleich. Jeder der Jünger gab
nur daö weiter, was der Herr ihm in die Hand gelegt hatte.
Kein Krümlein mehr. Ausgangspunkt des Genusses und
der Sättigung war Jesus allein.
265
Sollte eS wohl irgend etwas im Leben der Kinder
Gottes geben, das sie nicht in die Hand ihres Herrn legen
könnten? Jede Frage, jedes Anliegen, jede Schwierigkeit,
aber auch jeden stillen Wunsch, und sei es der allerpersönlichste
und geheimste, ..... rvaö dürften wir Ihm wohl
nicht bringen? David sagt wiederholt in den Psalmen:
Du bist mein Gott. Dementsprechend war auch sein Verhältnis
zu seinem Gott, oder vielleicht richtiger gesagt: Das
Ergebnis seiner bewußten, lebenswahren Gemeinschaft
mit Gott war das glaubensfrohe, sieghafte: „Du bist mein
Gott". Wer etwas von Davids Herzens- und Lebenserfahrung
kennt, weiß, daß er mit seinem Gott alles besprechen,
alles in Seine Hand legen darf. Ein solcher weiß ferner,
daß die Verwirklichung stets mit reichem Segen verbunden
ist. Die Erfahrung hat eö bestätigt. Jene Kinder Gottes,
die ihr ganzes Leben und Erleben mit Gott in Verbindung
bringen, sind die glücklichsten.
Freilich wird der Herr nicht alle unsere Wünsche erfüllen.
Das kann Er nicht, weil Er uns lieb hat. Er weiß
in jedem Fall genau, ob und welch ein Maß von Eigenliebe
und Torheit an ihnen hängt, und welches Unheil ihre Er­
füllung uns dann bringen könnte.
„In deiner Hand sind meine Zeiten", sang in alten
Tagen der „Liebliche in Gesängen Israels". (Ps. 31, 15.)
David hatte bis in seine Mannesjahre hinein einen außergewöhnlich
schweren Lebensweg. Kein Leid blieb ihm erspart.
Wenn er in jenen Zeiten seine Lage verstandesmäßig
überdachte, hatte er immer wieder Ursache, unruhig
zu werden. Darüber war er selbst auch keineswegs im
unklaren, und deshalb sagt er wohl auch: „In Deine Hand
befehle ich meinen Geist", in die Hand des Gottes der
26H
Wahrheit, der ihn erlöst hatte. (V. 5.) So entstand der
Herzensentschluß: „Ich w i l l frohlocken und mich freuen in
deiner Güte; denn du hast mein Elend angesehen, hast
Kenntnis genommen von den Bedrängnissen meiner Seele".
(V. 7.) Die äußeren Umstände waren noch dieselben,
aber Davids Geist war zur Ruhe gekommen. „In Deiner
Hand sind meine Zeiten", d. h. meine Geschicke, alles,
was mich und die Gestaltung meines Weges betrifft. Diesem
Ausruf der Glaubenszuversicht folgen vertrauensvolle
Bitten und endlich, wie könnte es anders sein? Lobpreisungen
der Güte Gottes: „Wie groß ist deine Güte, welche du
aufbewahrt hast denen, die dich fürchten, gewirkt für die,
die auf dich trauen, angesichts der Menschenkinder!" (V.
19; siehe auch V. 20. 21.) Und zum Schluß? Derselbe
Mensch, der am Anfang fleht: „Neige zu mir dein Ohr,
eilends errette mich! Sei mir ein Fels der Zuflucht, ein befestigtes
Haus, um mich zu retten!" hat nun Worte der Ermunterung
für andere, Worte, die sich, von oben gegeben,
schon Jahrtausende als solche bewährt haben: „Seid stark,
und euer Herz fasse Mut, alle, die ihr auf Jehova harret!"
Wenn nun David in jenen Zeiten der Übungen versagt,
seinen Geist und seine Geschicke nicht in die Hand
Gottes gelegt hätte? Der 31. Psalm und auch manche andere
wären dann sicher nicht geschrieben worden. Ströme
von Segen hätten nicht fließen können.
Welch eine Freude muß es für das liebende, so gern
segnende Herz des Herrn Jesus sein, wenn wir kindlich
einfältig, oder auch gar mit Zagen, wie einst Andreas, alles,
auch das Geringste, in Seine Hand legen! Seinen starken
Händen dürfen wir getrost alles übergeben, und wenn
wir dann still zu warten wissen, so werden wir Sein Wun
267
dertun erfahren, wie Er alles herrlich hinausführt. Er, der
mit segnend erhobenen Händen gen Himmel fuhr, und der
sich auch droben noch für uns verwendet.
Unterredungen über den Metten Brief
an die Lorlnther
ix.
Kapitel 5, 4 4 — 21.
Wie bereits bemerkt, macht uns das fünfte Kapitel
mit einer neuen Seite des Dienstes bekannt, der Verkündigung
des Evangeliums. Wenn irgend eine
Stelle des Neuen Testaments uns die gewaltige Bedeutung
der Evangeliums-Verkündigung klarmachen kann, so gewiß
diese. Wir sahen auch, welch eine grundlegende Nolle
dem Todebei der Predigt des Evangeliums zufällt. Man
kann ein völliges Heil in seiner ganzen Kraft und Macht
nicht verkünden, ohne darzustellen, was sein Ausgangspunkt
ist, nämlich der sittliche Tod des verlorenen Sünders;
aber gerade in dieser Hinsicht läßt die Evangeliumsverkündigung
heutzutage viel zu wünschen übrig. Wenn
ich von der Gnade Gottes in Christo rede ohne diese
große Tatsache als Grundlage, daß der Mensch in den
Augen Gottes völlig tot ist in seinen Vergehungen
und Sünden, so schwäche ich die Kraft des Evangeliums.
Man kann die Wahrheit, daß man ein Sünder ist und der
Vergebung bedarf, angenommen haben trotz einer sehr
unvollkommenen Verkündigung. Ich will auch gewiß nicht
behaupten, daß eine Seele nicht auf diese Weise gerettet
würde — jede Seele, welche die Vergebung ihrer Sünden
empfangen hat, ist gerettet —, aber sie ist weit davon ent
268
fernt, jenes Evangelium erfaßt zu haben, bas der Apostel
Paulus verkündigt hat. Wie wir sahen, ist, wenn einerseits
der unverbesserlich verdorbene Zustand des
Menschen der Ausgangspunkt des Evangeliums ist, anderseits
dieLiebeGottesinChristodie Quelle von
allem. Der Apostel kannte diese wunderbare Liebe, und
seine Seele hatte sie in so hohem Maße erfaßt und verstanden,
daß er gedrängt wurde, zu den Menschen davon
zu reden. So verband er diese beiden großen Wahrheiten
des Evangeliums miteinander, den Tod und die Liebe:
„Wenn einer für alle gestorben ist, sind alle gestorben".
Mit diesem Wort ist der Beweis geliefert, daß auch nicht
in der Seele eines einzigen Sünders ein Fünkchen göttlichen
Lebens vorhanden ist, daß aber Gottes Liebe einen
Weg gefunden hat, um einen Menschen an unser aller
Stelle zu setzen, Ihn, der da kam, um unseren Platz einzunehmen
und alle daraus hervorgehenden Folgen zu tragen.
Er ist also gestorben. Für wen? Für alle. Seine
Liebe hat Ihn herniedersteigen und sich für uns unter das
Urteil des Todes stellen lassen. Aber Gott konnte Seinen
geliebten Sohn, den dieses Werk alles, sogar Sein eigenes
Leben, gekostet hat, nicht im Tode lassen. Deshalb hat
Gott Ihn, so wie Er Ihn fürunS gegeben hat, auch für
unö auferweckt. Ihn, „der für euch gestorben ist und ist
auferweckt worden". Ich weiß jetzt, daß ich neues Leben
besitze, ein Auferstehungsleben, weil Christus für mich
auferstanden ist, so gut wie ich weiß, daß ich tot war in
meinen Vergehungen und Sünden, weil Christus für mich
gestorben ist. Nicht, und das ist wohl zu beachten, als ob
ich mich tot fühlte, im Gegenteil, ich fühle mich sehr
lebendig, aber das Anschauen Christi hat mich darüber be
269
lehrt, was ich war, sowie darüber, was ich kraft Seines
Werkes geworden bin. Das ist der Inhalt des Evangeliums.
Es zeigt uns, daß die Liebe Gottes den vielgeliebten
Sohn an unseren Platz gestellt, und daß dieselbe Liebe unseren
Stellvertreter auferweckt hat, indem sie Ihm ein Auferstehungsleben
gab, damit solche, wie wir sind, dieses Leben
besitzen könnten. Und nun fügt der Apostel hinzu: „Auf
daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern
Dem, der für sie gestorben ist". (V. 1.5.) Auf diese Wahrheit
ist schon oft eindringlich hingewiesen worden. Wenn
ich einmal den ganzen Wert des Opfers Christi verstanden
habe, so bin ich damit auf einem Gebiet angelangt, wo für
die Selbstsucht kein Raum mehr ist. Dem Sünder ist es
eigen, sich stets zumMittelpunktzumachen. Man
hat ihn wohl einem ins Wasser geworfenen Stein verglichen,
um den sich immer weitere, immer ausgedehntere
Kreise ziehen, deren Mittelpunkt aber der Stein stets bleibt.
Wenn ich dadurch, daß ich neues Leben empfangen habe,
von diesem Zustand befreit worden bin, so habe ich einen
anderen Mittelpunkt als mich selbst gefunden, und das ist
Christus. Das ist es, was den Christen, der sein Christentum
verwirklicht, in den Augen Gottes kennzeichnet und
wohlgefällig macht. Es ist ein Mensch, der von sich selbst
gelöst ist und für sein Herz einen neuen Gegenstand, einen
anderen Mittelpunkt gefunden hat, um den sich von nun
an alle seine Gedanken bewegen. Im Brief an die Galater
drückt sich der Apostel folgendermaßen aus: „Nicht mehr
lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt
lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den
Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben
hat". (Kap. 2, 20.) Der Christ hat einen Gegen
270
stand gefunden, der würdig ist, sein ganzes Herz einzunehmen,
Jesum, der ihm geoffenbart hat, was Liebe ist. Mit
welch einer Freude ist er jetzt von sich selbst gelöst, um Ihm
anzugehören!
Diese Gedanken, auf die wir gar nicht oft genug zurückkommen
können, führen uns zu den Versen: „Daher
kennen wir von nun an niemand nach dem Fleische".
(V. 7 b.) Eine völlige Umwandlung hat sich in meinem Leben
vollzogen. Ich bin in ganz neue Beziehungen gebracht,
oder, genauer ausgedrückt, die Beziehungen, in denen ich
mich befand, haben ein ganz neues Gepräge angenommen.
Nicht als ob das Christentum mich aus meinen alten, n a -
türlichen Beziehungen, den Beziehungen zwischen Kind
und Vater, zwischen Mann und Frau usw., herausgenommen
hätte, aber sie haben ihren Charakter ganz
und gar geändert, so daß ich sagen kann: „Ich kenne
niemand nach dem Fleische". Im Epheserbrief lesen wir:
„Ihr Kinder, gehorchet euren Eltern imHerr n". (Kap.
b, 7.) Daö ist's, was ich meine. In dieser Hinsicht hat sich
der Charakter der Beziehungen geändert. ES ist wichtig,
sich dessen bewußt zu sein. Unsere Beziehungen zueinander,
und zwar nicht nur unsere Familienbeziehungen — denn
es versteht sich von selbst, daß diejenigen der christlichen
Familie andere sind als die der weltlichen Familie —,
sondern auch unsere Beziehungen zu den Menschen in der
Welt sind völlig andere geworden. Wie ist's nun in dieser
Hinsicht mit uns? Können wir wirklich sagen: „Ich kenne
niemand nach dem Fleische"? Sind unsere Verbindungen
in der Tat nicht mehr die, welche sie früher gewesen sind,
weil wir sie jetzt nur im Lichte Christi kennen? Und ist unsere
Sprache im Blick auf unser Verhältnis zu unseren
— 27r —
ehemaligen Freunden die des Apostels: „Die Liebe des
Christus drängt uns"? Gerade an dieser Stelle spricht er
von seinen Beziehungen zu den Menschen. Nachdem es uns
bewußt worden ist, daß diese Menschen tot sind, wie wir
eö waren, können wir ihnen die Wahrheit des Evangeliums
bringen, durch das wir selbst neues Leben empfangen
haben.
Der Apostel fährt fort: „Wenn wir aber auch Christum
nach dem Fleische gekannt haben, so kennen wir Ihn
doch jetzt nicht mehr also". (V. tb.) Dieses Wort „j e tz t"
ist beachtenswert. Die jüdischen Jünger hatten seinerzeit
Christum nach dem Fleische gekannt. Er war der Messias,
der verheißene König, der in diese Welt gekommen war,
um Seinem Volke dem Fleische nach dargestellt zu werden.
Aber Er war verworfen worden, und der Apostel
kannte Ihn nicht mehr als Gegenstand der jüdischen Erwartung.
Ebenso verhielt es sich bezüglich seiner Beziehungen
zu denen aus seiner Nation, „seinen Verwandten nach
dem Fleische", obgleich er dieses Volk zärtlich liebte; aber
er kannte sie jetzt nicht mehr also. „Daher, wenn jemand in
Christo ist, da ist eine neue Schöpfung." (V. 77.) In
Christo sein! darin liegt das ganze Geheimnis der
stattgefundenen Veränderung. Ich bin nicht mehr in Adam,
sondern in Christo! Da ist eine neue Schöpfung, gegründet
auf ein ganz neues Leben durch die Auferstehung Christi
aus den Toten: „Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist
neu geworden". Tritt diese Änderung in Wahrheit bei uns
in Erscheinung? Betrachten wir uns in allen unseren Beziehungen
zu der Welt ringsum als nicht mehr im Fleische
lebend, sondern als solche, die einer ganz neuen Ordnung
der Dinge angehören? „Alles ist neu geworden." Der
272
Bereich, in dem ich von nun an lebe, ist nicht mehr die
Welt. Zwar bin ich noch in der Welt, aber ich gehöre nicht
mehr zu ihr. Ich bin auf einen anderen Boden gestellt.
Mein Leben ist nicht mehr das der alten Schöpfung. Zweifellos
habe ich wie alle Menschen meinen Verstand, meinen
Geist, meine irdische Tätigkeit, aber in Christo ist das
Alte vergangen. Der Christ ist kein sinnlicher Mensch mehr,
sondern ein geistiger Mensch. Aber wem gehören unsere
Zuneigungen? Ach, liebe Freunde, ich muß bekennen, im
praktischen Leben beweise ich meistenteils, daß das Alte
nicht vergangen ist, und das demütigt mich. Aber ich spreche
jetzt von der Stellung, die Gott uns gegeben hat, um
uns über die armseligen Gedanken zu erheben, die uns zu
den irdischen Dingen erniedrigen. Eine andere Frage ist,
ob unsere Gedanken mit dem beschäftigt sind, was droben
ist, ob unsere Wünsche nichts mit den irdischen Dingen
mehr zu tun haben, und ob unsere Hoffnung ganz allein
auf den gesegneten Augenblick gerichtet ist, wo wir beim
Herrn sein werden. „Alles ist neu geworden. Alles aber
von dem Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat durch
Jesum Christum." (V. 77. 78.) Wie muß es uns demütigen,
wahrzunehmen, daß, nachdem Gott uns in eine solche
Stellung gebracht hat, wir diese kaum kennen! Der Apostel
konnte sagen: „Ich kenne einen Menschen in Christo";
daö Alte ist vergangen, alles ist neu geworden. Mein Leben
gehört nicht mehr dieser Welt; meine Hoffnung hat
nichts mehr mit den irdischen Hoffnungen zu tun, sondern
nur mit dem Himmel.
Er fügt hinzu: „Alles aber von dem Gott, der uns
mit sich selbst versöhnt hat durch Jesum Christum". Auch
ein beachtenswertes Wort. Es kehrt so häufig in diesem Ab
27Z
schnitt wieder und führt uns zu der höchsten Bedeutung
dessen, was das Evangelium enthält, zur Versöhnung.
Wir haben uns schon gesagt, daß es nicht alles ist, die
Vergebung unserer Sünden empfangen zu haben.
Freilich ist eine Seele, die diese Vergebung empfangen hat,
von dem Druck befreit, der auf ihr lastete; sie weiß, daß der
Heiland ihre Sünden getilgt hat, und daß Gott ihrer
nicht mehr gedenkt, aber das ist nicht dasganzeEvan-
gelium. „Gott hat Ihn für uns zur Sünde gemacht,
auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm." Die
Befreiung von der Sünde ist eine unendlich glückliche
und gesegnete Sache. Gott erklärt mich für gerecht, vollkommen
gerecht, Seiner eigenen Gerechtigkeit entsprechend,
weil Er mich ohne Sünde in Christo sieht. Das führt zur
Versöhnung. Wer von Versöhnung redet, redet von ganz
neuen Beziehungen zwischen Gott und uns. Die Sünde
hatte uns von Ihm entfernt. Die Trennung zwischen Ihm
und uns war vollständig. Jetzt aber hat Gott ein Mittel
gefunden, um diese Scheidung aufzuheben, so daß uns
nichts mehr trennt. Nachdem Gott mich gerechtfertigt
hat, verbindet Er mich mit Sich selbst. Als Beispiel
diene ein Vorgang aus dem Geschäftsleben. Jemand hat
das Vertrauen eines Menschen, dem er seine geschäftliche
Existenz verdankt, getäuscht und ihn tief verwundet und
bloßgestellt. Der Bankerott des Schuldigen ist die Folge
davon. Der Geschädigte prüft die Rechnungen, stellt die
Fälschungen fest . . . und bezahlt sämtliche Schulden. Er
hätte Grund, zu sagen: Ich bezahle zwar deine Schulden,
aber von nun an gibt es keinerlei Verbindung mehr zwischen
unö beiden. Statt dessen rechtfertigt er den anderen
und bringt ihn wieder zu Ehren, und, um die Größe die
274
ser Ehrenrettung zu beweisen, macht er ihn zu sei-
nemTeilhaber. Der bisherige Schuldner hat nun die
gleichen Geschäfte, die gleichen Interessen, die gleichen
Beziehungen wie der, den er so tief verletzt hat. Es
gibt keinen Unterschied mehr zwischen beiden, sondern
es herrscht völlige Gemeinschaft. Ähnlich ist es hinsichtlich
des großen Werkes, das Gott für uns getan hat: Das
Ergebnis des Opfers Christi besteht nicht nur darin, uns
Vergebung zu verschaffen und uns zu rechtfertigen, sondern
auch darin, daß es uns mitGottversöhnt,die Beziehungen,
die wir, die Schuldigen, abgebrochen hatten, wiederherstellt
und uns die Interessen und Gegenstände gibt,
welche die Interessen und die Gegenstände Gottes selbst
sind, um uns so mit Ihm zu verbinden von nun an bis
in Ewigkeit.
Diese Beziehungen konnten durch niemand anders
als durch Jesum Christum wiederhergestellt werden: „Gott
war in Christo, die Welt mit sich selbst versöhnend, ihnen
ihre Übertretungen nicht zurechnend, und hat in uns das
Wort der Versöhnung niedergelegt". (V. ty.) Das war
es, was Gott charakterisierte, als Jesus inmitten der Menschen
erschien. Aber die Welt hat diese Einladung nicht angenommen.
Sie hat sich im Gegenteil Dessen entledigt,
in dem Gott selbst war, um die Welt mit Sich
zu versöhnen. Aber während Seiner Abwesenheit schickt
Gott Gesandte in Seinen Dienern: „So sind wir nun Gesandte
für Christum, als ob Gott durch uns ermahnte;
wir bitten an Christi Statt: Laßt euch versöhnen mit
Gott!" (V. 20.) Diese Versöhnung hat jetzt nicht mehr
zu geschehen wie zu der Zeit, als Gott in Christo in dieser
Welt war. Sie ist g e s ch e h en. Die Grundlage dazu ist
275
am Kreuze gelegt worden, wo Der, der Sünde nicht kannte,
für uns zur Sünde gemacht wurde. So lautet die Botschaft
der Gesandten: Ihr könnt jetzt voller Vertrauen
kommen! „Laßt euch versöhnen mit Gott!" Er hat Seinen
eigenen Sohn für uns zur Sünde gemacht, auf daß
wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm! (Vergl. auch
Röm. S, 70. 77; Kol. 7, 27. 22.)
Christus
für alle gestorben, geopfert, um vieler Sünden
zu tragen
Wenn wir uns mit dem Versöhnungswerk unseres
Erlösers beschäftigen und das Wort darüber erforschen,
stoßen wir auf eine Schwierigkeit. Wir lesen, daß Christus
„für alle gestorben ist" (2. Kor. 5, 75), daß Er
„für alles den Tod schmeckte" (Hebr. 2, 9), „sich selbst
zum Lösegeld gab für alle" (7. Tim. 2, 6); und dann
finden wir in Hebr. 9, 28 und an anderen Stellen die Einschränkung,
daß „Er einmal geopfert worden ist, um vie -
l e r Sünden (nicht aller) zu tragen".
Dieser scheinbare Widerspruch schwindet, sobald wir
verstehen, daß das Werk Christi von zwei Gesichtspunkten
aus zu betrachten ist, daß es einen doppelten, einen „sühnenden"
und einen „stellvertretenden" Charakter
trägt. Christus hat sich geopfert, sowohl um Gott
im Blick auf die Sünde zu verherrlichen, als
auch um unsere Sünden zu tragen. Weil nun
einerseits durch Seinen Tod Gott vollkommen verherrlicht
ist, kann Gott gegen alle nach dem Werte des Blutes
Christi verfahren, und weil Christus anderseits die
276
Sünden der Vielen getragen hat, kann Gott allen, die
an Ihn glauben, vergeben und ihnen ein völliges Heil
schenken.
Es ist sehr wichtig, diese beiden Seiten des Todes
Jesu auseinanderzuhalten; denn unklare Begriffe darüber
schwächen den Evangeliums-Ruf an die Welt und machen
die Sicherheit der Gläubigen zweifelhaft. Wie uns nun
das Wort die tiefen und erhabenen Gegenstände des Glaubens
stets in Vorbildern verständlich und handgreiflich
macht, so tritt uns auch der Unterschied zwischen „Sühnung"
und „Stellvertretung" im Werke Christi
recht deutlich in dem Opfer des großen Versöhnungstages
(Z. Mose 76) vor Augen.
Dort wurden zwei Böcke vor dem Eingang des
Zeltes der Zusammenkunft vor Jehova gestellt. Über diese
beiden Opfertiere mußte Aaron Lose werfen, ein Los für
Jehova und ein Los für Asasel, d. i. Abwen­
dung. Der Bock, auf welchen das Los für Jehova
stel, wurde als Sündopfer geschlachtet. Sein Blut wurde
innerhalb des Vorhangs gebracht und einmal auf die Vorderseite
des Gnadenstuhls (Sühndeckels) und siebenmal vor
ihn gesprengt. Der Bock wurde geschlachtet wegen Israels
Sünde; eine gerechte Grundlage für das Weilen eines heiligen
Gottes inmitten eines unheiligen Volkes mußte geschaffen
werden. Auf den Kopf dieses Bockes wurden aber
keine Sünden bekannt. Das Blut wurde einfach in Gottes
Gegenwart gebracht, zum Zeichen dafür, daß die Sünde
Seiner Heiligkeit und Ehre gemäß verurteilt und gerich­
tet war.
Ganz anders verfuhr man mit dem zweiten Bock, auf
welchen das LoS für Asasel gefallen war.
277
Er wurde lebendig vor Jehova gestellt. Aaron legte
seine beiden Hände auf den Kopf des Tieres und bekannte
auf ihn „alle Ungerechtigkeiten der Kinder Israel und alle
ihre Übertretungen, nach allen ihren Sünden". Nachdem
auf diese Weise die Sünden des Volkes auf den Bock übertragen
waren, schickte er ihn durch einen bereitstehenden
Mann in die Wüste, „damit der Bock alle ihre Ungerechtigkeiten
auf sich trage in ein ödes Land". Alles war
Sache deö Priesters.
In diesen beiden Böcken sehen wir vorbildlich die beiden
großen Seiten der Versöhnung, durch die sowohl der
göttlichen Herrlichkeit entsprochen, als auch dem Elend der
Menschen begegnet worden ist. Auf der einen Seite, der
Seite Gottes, finden wir die Aufrechthaltung aller Rechte
Gottes im Blick auf die Sünde, auf der anderen die Seite
des Menschen, die Tilgung der ganzen Schuld durch dasselbe
Opfer. Eins ist so vollkommen wie das andere.
In dem Bock also, auf welchen das Los für Jehova
fiel, dessen Blut ins Allerheiligste gebracht wurde,
wird der Tod Christi als die große Tatsache vorgebildet,
durch welche die Sünde gesühnt und Gott in bezug auf
die Sünde vollkommen verherrlicht worden ist. In völligem
Gehorsam und aus Liebe zu Seinem Vater gab sich
unser Herr dahin. Er, der Sünde nicht kannte, wurde zur
Sünde gemacht. (2. Kor. 5, 2t.) Denken wir daran, wie
sehr Gott in dieser Welt verunehrt, wie Seine Wahrheit
verachtet, Seine Autorität verletzt. Sein Gesetz übertreten,
Seine Forderungen übersehen. Seine Würde in den Staub
gezogen war! Und gerade da, wo alles das geschehen war,
ist Er durch Christum vollkommen verherrlicht worden im
278
Leben und im Tode. Gewiß hätte Gott nach Seiner G e -
rechtigkeit den Sünder beseitigen und dem Feuersee
überliefern können. Wo wären dann aber Seine Liebe,
Seine Ratschlüsse der Gnade, Seine Barmherzigkeit,
Sein Mitgefühl und selbst die Behauptung
Seines Ruhms geblieben, die gerade durch Christi Tod
sich frei entfalten konnten? Der Tod unseres Herrn und
Sein auf den Thron Gottes gesprengtes Blut haben, wie
nichts anderes das hätte tun können, geoffenbart, ivas
Gott ist: Licht und Liebe. In diesem Tode hat Gott das
Mittel gefunden, Seine Gnadenratschlüsse auszuführen,
ohne daß die Majestät Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit
irgendwie darunter gelitten hätte. Auf Grund dieses
Todes kann Er jetzt dem reuigen Sünder in Gnaden begegnen,
ja, ihn gar einladen, zu Ihm zurückzukehren.
Das Los für Jehova ist fürwahr auf das wahre
Opfer gefallen, so daß Gott in weitestem Sinne betreffs
der Sünde verherrlicht worden ist und nun volle Freiheit
besitzt, gegen alle in Gnaden zu handeln und das Evangelium
der Gnade der ganzen Schöpfung predigen zu
lassen.
Nur im Hinblick auf dieses Sühnungswerk hat Gott
die gefallene Welt schon beinahe 6000 Jahre in Langmut
und Güte tragen können. Nur so kann Er heute noch den
gottlosesten Menschen atmen, essen, trinken und schlafen
lassen, kann ihm Sonnenschein und seinen Feldern fruchtbaren
Regen geben. Diese herrliche Seite des Sühnungswerkes
strahlt aus all den Stellen im Worte hervor, die
von der Gnade Gottes gegen die ganze Welt reden. „Unser
Heiland-Gott will, daß alle Menschen errettet werden
und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen." (7. Tim.
279
2, 4.) „Die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für
alle Menschen." (Tit. 2, 47.) „Wir sehen aber Jesum
. . . mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt — so daß Er durch
Gottes Gnade für alles den Tod schmeckte." (Hebr. 2,
9.) „Der Herr ist langmütig gegen euch, da Er nicht will,
daß irgendwelche verloren gehen, sondern daß alle zur
Buße kommen." (2. Petr. Z, 9.)
„Nicht ohneBlut" ging der Hohepriester ins Heiligtum,
lesen wir in Hebr. 9. So ist auch das Blut unseres
großen Opfers allezeit vor Gottes Augen, und dieses Blut
ist der Beweis von der Vollendung des Werkes Dessen, der
„die Sühnung für unsere Sünden", ja, von diesem Gesichtspunkt
aus betrachtet, „die Sühnung für die
ganze Welt" ist. (7. Joh. 2, 2.) Auf Grund der Kostbarkeit
dieses Blutes kann Gott allen, die da kommen,
selbst wenn ihre Sünden blutrot wären, Vergebung zuteil
werden lassen.
Der Tod Christi bildet somit das Fundament
derHerrlichkeitGottes, zugleich aber auch — nach
dem zweiten, mit ihm verknüpften Gedanken — die
Grundlage einer vollkommenen Sündenvergebung
für die Vielen, die auf ihn ihr Vertrauen setzen. Das
wird uns vorbildlich an dem zweiten Bock gezeigt, auf
welchen das LoS für Afasel fiel. Wir haben schon oben
gesagt, daß der Hohepriester die Ungerechtigkeiten des Volkes
auf den Kopf dieses Bockes Asasel bekannte, indem er
beide Hände auf ihn legte. Die persönliche Schuld der
Kinder Israel wurde so durch ihn, der das ganze Volk vertrat,
auf den Bock „der Abwendung" gelegt und durch
denselben in ein ödes Land getragen — das eindrucksvolle
280
Bild von der Tatsache, daß sie nie wieder gefunden oder in
Erinnerung gebracht werden soll.
Christus hat alle Sünden der Seinigen, als ob cs
Seine eigenen wären, an Seinem Leibe auf dem Kreuze getragen.
(4. Petr. 2, 24.) „Um unserer Übertretungen willen
war Er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen."
(Jes. SZ, 5.) In Ihm finden wir die Verwirklichung
dessen, was die zwei Böcke am Versöhnungstage
vorbildlich darstellen. Sein Werk hat diesen doppelten Charakter:
Er hat sich geopfert zur Verherrlichung Gottes hinsichtlich
der Sünde und zur Tilgung unserer ganzen Sündenschuld.
Gott ist so vollkommen dadurch verherrlicht,
daß Er dem reuigen Sünder nach Seiner Gnade und
Liebe begegnen und selbst die Schöpfung am Ende an den
gesegneten Folgen des SühnungöwerkeS Christi teilnehmen
lassen kann; und der Errettete, mit dem Blute Christi besprengt
und also gereinigt vom bösen Gewissen (Hebr.
40, 22), hat das freudige Bewußtsein, daß seiner Sünden
und Gesetzlosigkeiten nie mehr gedacht werden wird.
In der Erkenntnis dieser beiden Seiten des Sühnungswerkes
Christi können wir nun mit der frohen Bot­
schaft, daß „Christus für alle gestorben ist", zu
allen Menschen gehen und ihnen in dem Tode Christi
den Grund, ja, den einzigen Grund zeigen, auf welchem
sie Gott nahen und Vergebung empfangen können; und
wir dürfen den Vielen, die da glauben, zurufen: Alle,
alle eure Sünden hat Sein Blut hinweggetan, hat sie
so völlig getilgt, daß Gott versichern kann: sie sollen nie
wieder in mein Gedächtnis kommen.
„Innerlich bewegt"
(Matth, y, 35—38.)
Es ist jetzt hundert Jahre her, daß der Herr durch Seinen
Geist in kraftvoller Weise in England und, von dort
ausgehend, fast auf der ganzen Erde zu wirken begann.
Besonders in der Stadt Plymouth, wo das Werk seinen
Anfang nahm, muß es in jener Jett wunderbar zugegangen
sein. Es soll kein Haus in jener Stadt gegeben haben,
in dem nicht wenigstens einer war, der sich mit den sogenannten
„Brüdern" versammelte. Das Theater mußte
geschlossen werden und blieb es drei Jahre lang, weil man
allgemein begehrte, abgesondert von der Welt zu leben. Mit
aller Kraft bemühte man sich, das geistliche Wohl der Menschen
zu fördern. Der Besitzer des Theaters selbst wurde
durch den großen, äußeren Schaden, den er erlitt, nicht erbittert,
sondern kam zum Glauben und versammelte sich
mit den „Brüdern" um den Tisch des Herrn. Große Versammlungsräume
wurden errichtet, in denen nicht nur gemeinschaftlich
das Wort betrachtet, sondern auch zahlreichen
Scharen das Evangelium verkündigt wurde.
Heute ist es in der genannten Stadt so ganz anders.
Es ist nicht unsere Absicht, zu untersuchen, wie das gekommen
ist, und wie diesem Zustand etwa wieder abzuhelfen
wäre. Was wir möchten, ist, alle, die sich heute noch irgendwo
in der gleichen Weise versammeln wie jene Gläubigen,
soweit sie für uns erreichbar sind, auf die Gesinnung aufmerksam
zu machen, die damals Allgemeingut in jenen
Reihen und von solch gewaltiger Wirkung war, eine Gesin-
t^XXXII 11
282
iiling, die so treffend durch die zwei Worte ausgedrückt
wird: „innerlich bewegt".
Der Zustand der Kirche Englands schien in jenen Tagen
geradezu hoffnungslos. Ihre Führer arbeiteten dem
göttlichen Werke entgegen und kümmerten sich nicht um
das Volk. Aber gerade dies gab unseren Brüdern Veranlassung,
sich mit ganzem Herzen um die Vielen zu bemühen,
die, wenn auch unbewußt, geführt und geweidet zu werden
begehrten. Indem sie dem Herrn vertrauten, war ihnen ihre
persönliche Schwachheit, die sie wohl fühlten, kein Hindernis.
In ihrer Mitte herrschte wahre Bruderliebe. Keiner
suchte der erste zu sein, sondern einer achtete den anderen
höher als sich selbst. Dienende Liebe war die Losung, selbst
bis in die kleinsten Dinge hinein. Schulter an Schulter arbeitete
man unter Gläubigen und Ungläubigen.
In dem Sendschreiben an Philadelphia (Bruderliebe)
in Offenbarung 3 ist von einer kleinen Kraft die Rede, aber
auch von großer Treue. Denn wir hören, daß das Wort
des Herrn bewahrt und Sein Name nicht verleugnet wurde.
Aus diesen zwei Gründen (Schwachheit und Treue) stellte
der Herr sich jener Versammlung als der Heilige und
Wahrhaftige vor und als Der, welcher ihr eine geöffnete
Tür gegeben hatte, die niemand zu schlie -
ßen vermochte.
Man darf wohl sagen, daß die oben genannten Brüder
von dem Geist von Philadelphia beseelt waren. Sich ihrer
Schwachheit durchaus bewußt, fühlten sie ihre Verantwortung,
Wort und Namen des Herrn festzuhalten. Die
Kraft dazu fanden sie in dem Heiligen und Wahrhaftigen.
Indem sie sich nun absonderten von allen, die verkehrte
Dinge lehrten, und von den Ungläubigen, sowie sich fern
283
hielten von dem Geist der Welt (auch der christlichen Welt,
die wohl eine Form der Gottseligkeit hat, deren Kraft aber
verleugnet), konnte ihr Herr und Meister sie bereiten und
verwenden für jedes gute Werk. (Vergl. 2. Tim. 2, 16
bis 3, 5.) Der Gegenstand ihrer Herzen war Christus.
Von Ihm legten sie Zeugnis ab vor Sündern wie vor Kindern
Gottes. Und allen legten sie ans Herz, wahreNach-
folgerIesu zu werdenin allem.
Allezeit überströmend in dem Werke des Herrn und
überzeugt, daß ihre Arbeit nicht vergeblich sein würde, verkündigten
sie überall das Evangelium und suchten der
Wahrheit durch Wort und Schrift Eingang zu verschaffen.
Sie waren dabei von dem Bewußtsein durchdrungen, daß
„dieses gut und angenehm ist vor unserem Heiland-Gott,
welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur
Erkenntnis der Wahrheit kommen". (1. Tim. 2, 3. 4.) Ein
schönes Begehren war vorhanden, den anderen mitzuteilen
von dem, was der Herr einem selbst gegeben hatte. Die,
welche weiter gefördert, und die, welche reich waren, stellten
sich mit allem, was sie hatten, Erkenntnis und Besitztum,
dem Werk des Herrn zur Verfügung. Da sie den Schrecken
des Herrn — das schreckliche Gericht — kannten, überredeten
sie die Menschen, dem kommenden Zorn zu entfliehen.
Innerlich bewegt und von der Liebe des Christus gedrängt,
predigten sie Den, der für alle gestorben ist, auf
daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern
Dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden.
(2. Kor. S, 11—15.)
So war es. Und wie ist's heute?
Ach, die Liebe ist im Lauf der Jahre erkaltet. Was sich
einst unter der kraftvollen Leitung des Heiligen Geistes so
284
herrlich entwickelt hat, ist mit der Zeit bei vielen zur Form
geworden. Und so weinen wir denn heute nicht allein um
den Verfall der Gemeinde, der ekklLsis, sondern auch um
das Dahinschwinden eines Zeugnisses, das Gott nach Seiner
Vorsehung und göttlichen Führung der Versammlung
(Gemeinde) in den letzten Tagen geschenkt hat.
Was ist nun zu tun?
Vor allem gilt es zu erkennen, daß durch unsere
Untreue so viel verloren gegangen ist. Ernste Buße und
Demütigung ist am Platze. Dann aber sollten wir anhaltend
Gott um die rechte Herzensstellung den Menschen gegenüber
bitten, um ein wahres „innerlich Bewegtsein".
Die Brüder, die sich im Anfang in kindlicher Einfalt
abgesondert haben, um ein Zeugnis für ihres Herrn Wort
und Namen zu sein, sind später hochmütig geworden. Damit
fand dann bei manchen die Auffassung Eingang, als
ob sie lediglich dazu berufen wären, von besonderen Wahrheiten
zu zeugen, die der Herr ihnen anvertraut hatte, während
z. B. die Verkündigung des Evangeliums anderen
Christen überlassen blieb.
Daß diese Auffassung nicht richtig ist, ist den meisten
von unö sicherlich ohne weiteres klar. Welch eine besondere
Aufgabe hat doch der Apostel Paulus gehabt, indem er als
Verwalter Gottes dazu bestellt war, die Wahrheit betreffs
der Versammlung zu verkündigen; aber war er dabei nicht
zugleich auch ein unermüdlicher Diener des Evangeliums?
(Vergl. Kol. 4, 23—25.) Hat dieser große Mann neben
seinen Bemühungen, die Wahrheit auözubreiten, nicht sein
Leben in den Dienst des Evangeliums gestellt? Juden und
Heiden gegenüber betrachtete er sich als Schuldner und
wies sie unermüdlich auf Christum hin. Und seinem Timo
285
theus, de» er aufgefordert hatte, das ihm anvertraute
schöne Gut der Wahrheit zu bewahren, sagt er noch kurz
vor seinem Heimgang: „Tu das Werk eines Evangelisten!"
(2. Tim. 4, 5; vergleiche auch Phil. 4, 27.)
Und was lesen wir von dem Herrn Jesus selbst?
Nachdem die Führer des Volkes Israel Ihn schon im Beginn
Seines Dienstes verworfen hatten, und infolgedessen
für das Volk der Juden keine Hoffnung mehr war, zog
Jesus in allen Städten und Dörfern umher, lehrte in ihren
Synagogen, predigte das Evangelium des Reiches und
heilte jede Krankheit und jedes Gebrechen. Er sah die großen
Scharen in ihrem Elend und Mangel, wie sie ermattet,
hungrig und zerstreut waren wie Schafe, die keinen
Hirten haben. Und innerlich bewegt, scheute Er keine Mühe.
Wo man Ihn nur hören wollte, auf den Plätzen oder in
den zum Gottesdienst bestimmten öffentlichen Häusern,
lehrte Er. Großen Volksmengen wie einzelnen Personen
verkündigte Er die gute Botschaft, auf der Straße und in
den Häusern. Ja, Er ermunterte sogar die Jünger — obwohl
Er selber im Begriff stand, die Arbeiter auszusenden
— den Herrn der Ernte zu bitten, Arbeiter auszusenden
in Seine Ernte, weil ihrer so wenige waren. Mochte auch
bei den Führern alle Mühe umsonst sein, unter den
Volksmengen war die Arbeit nicht vergebens gewesen
und würde nicht vergebens sein. Welch ein Grund für Ihn,
die mühsame Arbeit fortzusetzen! Sieh da, unser Vorbild,
Vorbild für alle, Vorbild für jeden einen!
Mögen auch die Tage böse sein, mag die Verwirrung
auf geistlichem Gebiet zunehmen, so lang das Wort gilt:
„Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben", so lang ist
auch noch Hoffnung. Die Kraft der ersten Zeit der
286
Christenheit ist freilich nicht mehr vorhanden. Aber Christus,
der gestern und heute und in Ewigkeit derselbe ist, ist
geblieben. Wenn alles vergeht. Er bleibt. (Vergl.
Hebr. 1, 11. 12.) Er ist auch heute noch der Heilige und
Wahrhaftige, der öffnet, und niemand wird schließen. Wenn
wir nur das Gefühl der eigenen großen Schwachheit haben!
Wenn wir nur treu sind und in Bruderliebe unseren
Weg gehen! Der Herr Jesus war innerlich bewegt, als Er
die vielen Schwachen, Kranken und Unglücklichen in Israel
sah. (Matth. 14, 14; 20, 34.) Er war innerlich bewegt,
als eine große Volksmenge drei Tage bei Ihm weilte
und nichts zu essen hatte. (Matth. 15, 32.) Aber vor allen!
war Er innerlich bewegt angesichts des tieftraurigen
Zustandes, in welchem Israel sich in geistlicher Hinsicht befand.
Da weinte Er. (Luk. 19, 41.)
Worin können wir unserem Herrn und Meister folgen?
Nicht darin, daß wir zunächst ein Auge haben für die
große Ernte, dann aber, indem wir sehen, daß so wenig Arbeiter
da sind, um die Ernte hereinzuholen, die entsprechenden
Folgerungen aus dieser Wahrnehmung ziehen?
Eiletut not, wenn die Felder reif sind. In der Erntezeit
stehen die Leute sehr früh auf. Dann arbeiten sie den
ganzen langen Tag und sind dankbar für jede gebrachte
Hilfe. Nun, wie in den Tagen des Herrn, so sind auch
heute die Felder weiß zur Ernte. Jahrelang ist gepflügt
und gesät worden. Aber wo sind heute die Menschen, die
bereit sind, die Ernte einzuholen? Viele Arbeiter sind abgerufen
worden. Ach, wie wenig fühlen wir in unseren Tagen
die eigene Verantwortlichkeit im Blick auf die Ernte! Arbeiter
heranziehen und aussenden können wir freilich nicht.
Aber wir können beten, können flehen um mehr, um neue
287
Arbeiter. Wir können eindringlich und anhaltend zum
Herrn der Ernte rufen, daß Er geeignete Menschen los -
mach en und sie aus send en möge in Seine Ernte.
(Vergl. Matth, y, 37. 38.)
Wir können unserem Herrn auch darin folgen, daß
wir uns Ihm voll und ganz zur Verfügung stellen, wenn
Er zu uns sagt: Gehe hin! Warum begeben sich nicht mehr
junge Leute in Seinen Dienst? Der Heiland hat doch gesagt:
„Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium
der ganzen Schöpfung!" Der Herr kann Ältere und
Alte brauchen, aber Er fordert auch die Kraft der I ü n -
gere n. Auch von solchen wünscht Er, daß sie Ihm und
Seinem Dienst ein ganzes langes Leben weihen. Wo sind
aber die, die auf den Ruf des Herrn antworten: Hier bin
ich; sende mich!? Ach, wie sind da der Gründe so viele,
die gegen eine frohe, entschiedene Antwort sprechen! Wovon
sollen wir leben? Aber das Wort gilt auch heute noch: Der
Arbeiter ist seines Lohnes wert. Der Herr wird sorgen.
Woher unö die Weisheit, die wir für den Verkehr mit den
Menschen brauchen, unter denen wir leben wie inmitten von
Wölfen? Aber es ist auch heute noch so: Nicht wir sind die
Redenden, sondern der Geist des Vaters, der in uns wohnt.
Und wir brauchen unö nicht zu fürchten vor denen, die den
Leib töten, die Seele aber nicht zu töten vermögen. Nur Der
ist zu fürchten, der sowohl Seele als Leib zu verderben vermag
in der Hölle. (Vergl. Matth. 1.0,1—32.) Mögen wir
uns daher wohl fragen, ob der Herr nicht einen Ruf für
uns hat! Und ist es unö klar geworden, vielleicht nach
Rücksprache mit dem einen und anderen vertrauenswürdigen
Bruder, daß der H e r r uns ruft, dann laßt uns nicht
länger mit Fleisch und Blut zurate gehen, sondern im
288
Glauben alles preisgeben, um Ihm zu dienen, der alles,
auch sich selbst, für uns preisgegeben hat! Dem einfältigen
Gebet antwortet der Herr. Den einfältig Fragenden läßt Er
nicht im unklaren, wenn Er auch vielleicht hier und da einmal
sagen muß: Warte noch!
Schließlich können wir unserem Herrn auch noch in
der Weise folgen, daß wir, was wir auch sein mögen, in
unserer Umgebung Zeugnis ablegen von dem, was wir besitzen,
und die Netterhand jedem reichen, der sie nur nehmen
mag. Wie ist's damit? Reden wir mit unseren Nachbarn
über Jesum? Legen wir in unseren Kontoren oder Läden
oder Werkstätten Zeugnis von Ihm ab? Merken die
Leute unserer Umgebung etwas davon, daß wir Christen
sind? Denken wir je daran, Traktate oder dergleichen zu
verteilen? Liegt uns die Ausbreitung der Bibel am Herzen?
Vergessen wir doch nicht: Das Unglück der Ungläubigen
besteht nicht nur darin, daß sie verloren gehen. Auch für
dieses Leben fehlt ihnen die rechte Führung und das wahre
Glück. Sie haben ja keinen Hirten. Und Jesus möchte ihnen
doch Führer und alles sein. Er, der Seine Herde auf
grüne Auen und an stille Wasser führt, der die Seele erquickt,
dessen Stecken und Stab allezeit trösten, und der die
Seinen leitet in Pfaden der Gerechtigkeit. Sollten wir nicht
begehren, andere mit diesem guten Hirten zusammenzubringen?
Aber weiter: Reden wir wohl mit anderen Gläubigen,
mit denen Gott uns zusammenführt, über die großen
Wahrheiten, die uns selbst kostbar geworden sind? Sicher
tun wir gut daran, mit Christen, die nicht den gleichen
Weg mit uns gehen, über das zu reden, was uns eint.
Aber will das sagen, daß wir über das, was wir selbst als
herrliche Wahrheit besitzen, anderen gegenüber schweigen
289
sollen? Gewiß müssen wir uns vor Wortgefechten und
Streitereien hüten, auch darauf achten, nicht immer und
immer wieder dasselbe Thema anzuschneiden. Aber wir
sollten doch in Liebe von dem Herrlichen zeugen, das wir
selbst in der Schrift gefunden haben. Ach, so mancher Gläubige
weiß ja nichts von dem, woran wir uns durch Gottes
Gnade schon lange erquicken dürfen. In früheren Zeiten
haben die Brüder unter Gebet und viel Eifer Schriften unter
Andersdenkenden verbreitet, die von der Art unseres
Zusammenkommens, von der Hoffnung, die wir haben,
oder von der Bibel selbst redeten. Früher wurden die Wortbetrachtungen
mit Liebe und Segen gelesen und anderen
warm empfohlen. Und heute?
Möchten wir doch bei uns selbst beginnen, zu dem zurückzukehren,
was gut und was nötig ist! Möchten wir, die
Lenden umgürtet, „fest und unbeweglich" dastehen, was
die Wahrheit angeht, „allezeit überströmend in dem Werke
des Herrn" — ein lebendiges Zeugnis für Gläubige und
Ungläubige — da wir wissen, daß unsere „Mühe nicht vergeblich
ist im Herrn", (t. Kor. 15, 58.)
Auf eine Gefahr möchte ich noch besonders aufmerksam
machen, die wohl für alle besteht, die dein Herrn irgendwie
dienen möchten, und das ist die Gefahr gesetzlichen
Vorgehens. In solchen Fällen wird unser Zeugnis mehr
schaden als nützen. Nein, wir müssen den Menschen begegnen
mit dem Herzen Christi, durchdrungen von der Not
der Zeit. Betrachten wir aus solcher Herzensstellung heraus
die großen Scharen, so wird es mit den rechten Gefühlen
geschehen. „Innerlich bewegt", werden wir dann anhalten
im Gebet und in unermüdlicher Tätigkeit.
Sind wir uns des Segens bewußt, der unser Teil ist,
240
und habe« wir ei« Herz für die, die alles dies entbehre«,
so wird die Liebe die Triebfeder unseres Tuns und Handelns
sein. Dann rufen wir den anderen zu: Kommt und
seht! Dann leiten wir die Menschen an der Hand zu Quellen
der Segnung. Dann sind wir weder hart noch kurzsichtig
noch ermüdend; sondern betrübt darüber, daß andere
das Glück nicht kennen, das wir selbst genießen, tun wir,
was wir können, zu ihrem Besten.
Wir halten unsere Augen manchmal geschlossen. Als
ich ein Knabe war, sagte mein Vater oft: „Wir müssen mit
offenen Augen durchs Leben gehen!" An dieses Wort habe
ich häufig denken müssen. Das Sehender Dinge um uns
her, des Elends und Mangels, der großen Ernte und des
Fehlens von Arbeitern treibt uns zu Gott und — zu Menschen.
„Als Jesus aber die Volksmengen sah,
wurde Er innerlich bewegt über sie."
Nach dem Holländischen von I. N. v.
Unterredungen über den zweiten Brief
an die Korinther
x.
Kapitel 6, 1—li)
Im fünften Kapitel unseres Briefes ist die Rede gewesen
von der Evangelisation, einem Teil des Dienstes,
der allen Menschen gilt. Die jetzt gelesene Stelle aus dem
6. Kapitel zeigt uns, daß dieses gleiche Evangelium eine
ganz besondere Mahnung für die Nationen hat. So ist daö
Wort des Apostels zu verstehen: „Mitarbeitend aber ermahnen
wir auch, daß ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich
291
empfanget". Wenn diese Stelle nicht richtig verstanden
wird, kann sie leicht die Seelen in Verwirrung bringen. So
haben die einen aus ihr herauslesen wollen, daß der Christ
seines empfangenen Heils wieder verlustig gehen kann,
während andere zu beweisen suchen, daß „die Gnade Gottes
vergeblich empfangen" nicht den völligen Verlust der
Gnade seitens dessen, der sie empfangen hat, bedeute. Beide
Ansichten sind unrichtig. „Die Gnade Gottes vergeblich
empfangen" kann tatsächlich nur eins bedeuten, nämlich
jedes mit dieser Gnade verbundenen Vorrechts verlustig zu
gehen. Gott schwächt niemals die Verantwortlichkeit des
Menschen ab, auch nicht diejenige des Christen, oder vermindert
sie dadurch, daß Er sie mit der Gnade vermischt;
anderseits aber kann allein die Gnade uns von den Folgen
unseres Bankerotts retten, was unsere Verantwortlichkeit
betrifft. Seit dem Beginn der menschlichen Geschichte werden
diese beiden Grundsätze in ihrer ganzen Strenge nebeneinander
aufrechterhalten. Der verantwortliche Adam, der
vor Gott nackt erfunden wird, stirbt und erntet so die Folgen
seines Ungehorsams; aber die Gnade bekleidet diesen
selben Adam und führt ihn in das Leben ein, da, wo sein
Ungehorsam ihm den Tod gebracht hatte.
Der folgende Vers ist ein Zwischensatz: „Denn Er
spricht: „Zur angenehmen Zeit habe ich dich erhört, und
am Tage des Heils habe ich dir geholfen". Siehe, jetzt ist
die wohlangenehme Zeit, siehe, jetzt ist der Tag des Heils."
(V. 2.) Diese Stelle ist Jesaias 49 entnommen, jenem Kapitel,
dessen drei erste Verse uns Israel, auf das Jehova
sich als auf Seinen Knecht zu stützen versucht hatte, in völliger
Untreue zeigen im Blick auf das, was Gott von diesem
Volk erwartete. Dann, im vierten Vers, spricht Chri-
242
stuö, der treue Knecht: „Umsonst habe ich mich abgemüht,
vergeblich und für nichts meine Kraft verzehrt". Der Herr
ist gekommen, um als Israels Stellvertreter vor Gott hinzutreten,
aber die, für welche Er kam, hatten betreffs der
Gnade, die ihnen in Seiner Person gebracht worden war,
ihr völliges Jukurzkommen bewiesen. Sie hatten die Gnade
Gottes vergeblich empfangen. Deshalb fährt der Herr
im fünften Verse fort: „Und Israel ist nicht gesammelt
worden; aber ich bin geehrt in den Augen Jehovas, und
mein Gott ist meine Stärke geworden". Darauf antwortet
Gott Ihm (V. 6): „Es ist zu gering, daß du mein Knecht
seiest, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten
von Israel zurückzubringen; ich habe dich auch
zum Licht der Nationen gesetzt, um mein Heil zu sein bis
an das Ende der Erde". So ist Seine Arbeit doch nicht umsonst.
Ja, die Frucht derselben wird bis zu den Grenzen der
bewohnten Erde gesehen werden. Aber auch selbst für Israel
wird diese Arbeit nicht verloren sein, freilich erst in der
Zukunft. Gott sagt zu Christo, Seinem Knecht: Ich habe
dich erhört, und ich habe dir geantwortet: „Jur Zeit der
Annehmung habe ich dich erhört, und am Tage des Heils
habe ich dir geholfen". (V. 8.) Alles, was du für Israel
getair hast, ist vergeblich gewesen, aber später werde ich
dich setzen zum Bunde des Volkes. Und dann beschreibt Er
in den Versen 4—13 diese wunderbare Wiederherstellung.
Aber „siehe", sagt der Apostel, „jetzt ist die wohlangenehme
Zeit, siehe, jetztist der Tag des Heils". (V. 2.)
Jetzt scheint daö Licht den Nationen. Wenn man das erkannt
hat, wird diese Stelle sehr einfach. Indem er sich
an die Korinther wendet, ermahnt Paulus die Nationen,
es nicht zu machen wie Israel und nicht die Gnade Gottes
293
vergeblich zu empfangen. Da wir zu diesen Nationen gehören,
sollten wir darauf achten, wie wir die Gnade Gottes
empfangen, und sollten auf eine Weise ivandeln, die im
Einklang mit ihr steht. Daö gehörte zu dem Dienst des
Paulus.
Weiterhin zeigt der Apostel, daß er, was ihn persönlich
angeht, die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen
hat. (V. 3—ro.) Er tritt im Charakter eines Knechtes
Gottes, wie sein Herr und Meister, vor die Korinther. Inmitten
von Juden und Nationen gibt er „in keiner Sache
irgend einen Anstoß, auf daß der Dienst nicht verlästert
werde, sondern in allem erweist er sich als Gottes Diener".
Was aber sind die Eigenschaften, die den Diener
empfehlen? Verweilen wir, um zu sehen, was Gott von
uns erwartet, ein wenig bei dem, was der Apostel Paulus
gewesen ist: „in vielem Ausharren" oder „in vieler
Gedul d". Eine Sache kennzeichnet in erster Linie
den Diener: Ausharren oder Geduld, um alles zu ertragen.
„In Drangsalen, in Nöten, in Ängsten." Hier haben wir
es mit Schwierigkeiten zu tun, von denen eine noch größer
ist als die andere. Drangsal ist wohl die schlimmste. Dieses
Wort kehrt immer wieder sowohl in den Psalmen als
auch in den Propheten, wohl deshalb, weil es eine ganz
besondere Bedeutung hat, die der „großen Drang-
s a l", der „Drangsal für Jakob", (Jer. 30, 7) durch die
der gläubige jüdische Überrest am Ende wird gehen müssen.
Während aus Nöten und Ängsten noch irgend ein
Ausweg führen mag, hier gibt es keinen Ausweg
mehr, so daß der Gläubige nur noch ruft: „Bis
wann?", indem er sein Vertrauen einzig und allein auf
Gott setzt. So mußte David durch Drangsale, Nöte und
294
Ängste hindurch, bis er keinen Ausweg mehr sah. Aber da
öffnete Gott Seinem Gesalbten einen Weg vor Saul und
vor Absalom. Und wie David war auch der Apostel durch
alle diese Dinge hindurchgegangen in ausharrender Geduld.
Dann nennt der Apostel „Streiche, Gefängnisse, Aufstände,
Mühen, Wachen, Fasten". Am Ende dieses Briefes
erfahren wir, was Paulus an Derartigem alles durchgemacht
hat. Die Apostelgeschichte gibt uns sozusagen nur
eine Probe davon, denn Gott hat nicht alle Einzelheiten
aus dem Leben des Apostels aufgezählt, während Er zugleich
aber doch soviel mitteilt, wie nötig ist, um eine erschöpfende
Darstellung von der hingebenden Laufbahn eines
Knechtes des Herrn auf Erden zu geben. Auch darin folgte
der Apostel, wenn auch ohne Iweifel von ferne, dem Beispiel
seines göttlichen Meisters, von dem der geliebte Jünger
sagte: „Wenn die Dinge/ die Jesus getan hat, alle
einzeln niedergeschrieben würden, so würde, dünkt mich,
selbst die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen".
„In Reinheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Gütigkeit,
im Heiligen Geiste, in ungeheuchelter Liebe; im Worte
der Wahrheit, in der Kraft Gottes; durch die Waffen der
Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken." (V. 6. 7.) Auch
diese Dinge durften bei diesem Dienst nicht fehlen: Der
Heilige Geist, ungeheuchelte Liebe, das Wortder Wahrheit!
Möchten wir das doch recht verstehen! Durch Seine
Gnade hat Gott uns mit Seinem Wort in Verbindung
gebracht und uns davon überzeugt, daß wir ohne dieses
Wort keinen Schritt zu tun vermögen. Aber beachten wir
wohl, daß als Grundlage unseres ganzen Christenlebens
das Wort der Wahrheit genannt wird, nicht einfach
das Wort Gottes. Es ist das Wort, in welchem
295
Gottes Gedanken ihre völlige Offenbarung
gefunden haben! Dieses Wort hatte der Apostel
in Händen, um das Werk Gottes in dieser Welt zu
tun. Nun, dieses Werk ist ein Kampf; deshalb fügt der
Apostel hinzu: „in der Kraft Gottes; durch die Waffen der
Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken". Unter den Waffen
zur Rechten oder der rechten Hand haben wir das
Wort Gottes zu verstehen, unter denen zur Linken den
Schild des Glaubens. Einerseits müssen wir durch das
Wort kämpfen und anderseits dem Feind widerstehen. Diese
Waffen sind Waffen der Gerechtigkeit, denn das
Wort erweist sich nur dann wirksam, wenn praktische
Gerechtigkeit den kennzeichnet, der es bringt. Nur
wenn wir mit dieser Gerechtigkeit bewaffnet sind, vermögen
wir die feurigen Pfeile des Bösen auözulöschen. Ein
Christ besitzt alle nötige Kraft zum Widerstand, alle nötige
Kraft auch zum Kampf in dieser Welt; aber um zu siegen,
muß er sich vor der Sünde auf seinen Wegen hüten. „Er
leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um Seines
Namens willen", sagt der Psalmist, hier freilich im Blick
auf den Wandel, nicht auf den Kampf. Wenn wir Christi
Pfad folgen, werden wir niemals die Sünde unter unseren
Füßen finden. Gibt es eine Begegnung mit ihr, so nur,
um sie zu bekämpfen. Der Herr selbst ist hierin für uns
das vollkommene Vorbild.
„Als Verführer und Wahrhaftige; als Unbekannte
und Wohlbekannte." Diese Worte erinnern mich an das
Leben eines Bruders, den wir wegen seiner Gaben und seiner
Frömmigkeit hoch geschätzt haben. Er hat diese Worte
verwirklicht, indem er in den Spuren des Apostels wandelte.
Von den Menschen beschuldigt, ein falscher Lehrer
296
und ein Verführer zu sein, war er in Gottes Augen ein
Wahrhaftiger. Sein Name galt denen, die ihn aussprachen,
als Schandfleck, und es war, als ob man sich verschworen
hätte, ihn mit Stillschweigen zu übergehen. Man
behandelte ihn als Unbekannten, aber Gott war er wohlbekannt.
Das ist's, wonach wir, was uns betrifft, trachten
sollten. Wenn wir, ohne an uns zu denken, in dieser
Welt als Diener Christi wandeln, was tut's dann, wenn
die Welt uns nicht kennt? Gott kennt uns. Unser Weg ist
höchst einfach, denn wirhabenihnnurvoneinem
Gesichtspunkt aus zu betrachten. Was kümmert
es mich, der Welt ein Unbekannter zu sein, wenn
Gott von mir spricht, wie Er einst von Abraham sagte:
„Ich habe ihn erkannt"!?
„Als Sterbende, und siehe, wir leben; als Gezüchtigte
und nicht getötet; als Traurige, aber alle Zeit uns
freuend; als Arme, aber viele reich machend; als nichts
habend und alles besitzend." (V. 9. t0.) Paulus war immer
ein Sterbender, einer, der seitens der Welt ständig
zum Tode verurteilt war, aber siehe, Gott erhielt ihn am
Leben. Er wurde gezüchtigt, und Gott bediente sich der Rute
in der Hand der Welt zum inneren Wachstum Seines
geliebten Apostels. Jur rechten Zeit aber hielt Gott, wie
bei Hiob, die Hand Satans auf, der den Diener gern getötet
hätte, um sich seines Jeugnisses zu entledigen. Bei
aller Trauer, in der er oft war, war sein Herz doch voll
Freude, weil seine Augen nicht auf die Umstände gerichtet
waren, sondern auf die Person Christi. Er war arm,
aber machte viele reich. Er hatte nichts und besaß doch
alles. Das sind die letzten Züge, die dieses Bild trägt. Wen
sehen wir in ihnen? Paulus, gewiß, aber einen Paulus,
2Y7
der in allem seinen Meister nach ahmte. Wer
war arm wie Er, aber machte viele reich? Von Ihm steht
geschrieben, daß Er arm wurde, auf daß wir reich würden.
„Nichts habend und alles besitzend." Haben wir unseren
Herrn da nicht wieder? Er hatte nichts in dieser Welt. Galt
es, die Doppeldrachme zu bezahlen — Er hatte sie nicht.
Trotzdem gehörten Ihm alle Dinge, und Er verfügte zu
aller Gunsten darüber.
Dem Apostel ist es von Anfang bis zu Ende seiner
langen Laufbahn gelungen, in seinem Leben die Charakterzüge
seines Herrn wieder hervortreten zu lassen, und er
war vollkommen glücklich dabei. Denn mochte er auch
nichts in dieser Welt gefunden haben, er befand sich im
Besitz eines Gegenstandes, der sein alleiniges Vorbild geworden
war, und in welchem sich alle seine Zuneigungen
vereinigten.
Laßt uns oft über diese Stelle nachsinnen, denn es
ist für uns der Mühe wert, den Dienst zu erfüllen, den
der Herr uns anvertraut hat! Bitten wir Ihn auch inständig
um die Gnade, diese Charakterzüge zur Schau stellen
zu können! Daß die Verwirklichung aller dieser Dinge möglich
ist, beweist das Beispiel des Apostels. Zugleich soll es
uns hindern, den Mut zu verlieren beim Erwägen der Vortrefflichkeit
des Dienstes, wie er durch unseren Herrn und
Meister, den vollkommenen Diener, erfüllt worden ist.
Die Frage, auf die es ankommt, ist: Welchen Platz
nimmt der Herr in meinem Herzen und in meinen Gedanken
ein? Wenn Er mein Herz ganz ausfüllt, so werde ich
imstande sein. Ihn zu ehren, indem ich Ihm folge.
Hier schließt der erste Teil dieses Briefes.
298
Usstja
(2. Chron. 2b.)
Zwischen dem Anfang und dem Ende der Geschichte
des Königs Ussija besteht ein großer und ernster Gegensatz.
Dieser König hatte, wie verschiedene andere, eine erste und
eine letzte Geschichte. Seine erste diente zur Verherrlichung
Gottes, zu seinem eigenen Wohl und zum Segen des Volkes.
Aber die letzte war das gerade Gegenteil davon. Das
Urteil Gottes darüber lautet: Er wurde stark und handelte
treulos. (V. 46.)
Ussija war erst sechzehn Jahre alt, als er König
wurde. Er hatte einen gläubigen Vater (V. 4) und vielleicht
auch eine gläubige Mutter, wenn wir anders die Worte:
„Der Name seiner Mutter war Jekolja, von Jerusalem"
(V. Z), recht verstehen. Wichtiger aber als das ist die Mitteilung
des Heiligen Geistes: „Er suchte Gott in den Tagen
Sekarjas, der kundig war in den Gesichten Gottes".
(V. 5.) Das Leben dieses Sehers übte auf den jungen
König einen besonderen, gesegneten Einfluß aus. Wohl
allen, die eine solche Jugend und Erziehung gehabt haben!
Sie genießen in der Tat große Vorzüge. Timotheus war
auch ein solch bevorzugter Jüngling. Nicht nur waren seine
Großmutter und seine Mutter gläubige Frauen; er hatte
auch noch das Vorrecht, von dem großen Apostel Paulus,
dem treuen und ergebenen Diener des Herrn, zu lernen,
der ihn noch später in seinem letzten Brief mit den Worten
an seine gesegnete Jugendzeit erinnerte: „Du aber bleibe
in dem, was du gelernt hast, und wovon du völlig überzeugt
bist, da du weißt, von wem du gelernt hat". (2. Tim.
Z, 44.)
2YY
Esra sagt: „Die Hand unseres Gottes ist über allen,
die Ihn suchen zum Guten". (Kap. 8, 22.) Das erfuhr
auch Ussija. „In den Tagen, da er Jehova suchte, gab Gott
ihm Gelingen." (V. 5.) Von ihm kann im Blick auf diese
erste Zeit wohl gesagt werden, daß er in seinem Glaubensleben
gleichsam „von Kraft zu Kraft" ging. Er hatte ein
Heer, das „den Krieg mit gewaltiger Kraft führte . . .
Und sein Name ging aus bis in die Ferne; denn wunderbar
ward ihm geholfen." (V. 13. 15.) Ja, der Gerechte,
der Gott sucht, ist ein gesegneter Mensch: „Er ist wie ein
Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht bringt
zu seiner Zeit, und dessen Blatt nicht verwelkt; und alles,
was er tut, gelingt". (Ps. 1, 3.)
Daß zwischen den Segnungen der alttestamentlichen
Gläubigen und den unsrigen ein Unterschied besteht, wissen
wir. Der gläubige Christ bleibt oft genug, äußerlich betrachtet,
ein armer Mann. Das liegt an unserer grundsätzlich
anderen Stellung. Wir sind gesegnet mit „Segnungen
in den himmlischen Ortern in Christo". Zudem haben wir
heute „eine kleine Kraft" (Offbg. 3, 8). Umsomehr aber
sollten wir an dem Tage kleiner Dinge (Sach. 4,10), da
Gott nicht durch Macht und Kraft, sondern durch Seinen
Geist wirkt, allezeit das Angesicht Gottes suchen. Warum
haben wir in unserer Arbeit so oft kein Gelingen, sondern
vielmehr Mißerfolge gehabt? War es vielleicht nicht deshalb,
weil wir nicht immer mit unserem Herzen vor Gott
gestanden, nicht immer das Angesicht Gottes gesucht und
nicht ernstlich geprüft haben, „was der gute und wohlgefällige
und vollkommene Wille Gottes ist"? (Röm. 12, 2.)
Solange der Prophet Elia vor dem Angesicht Gottes stand,
war Gott mit ihm. Als er aber diesen Platz verließ, ging
300
er einen verkehrten Weg, wurde mutlos und begehrte zu
sterben. Selbst dieser große Prophet ist uns also nicht in
allem zum Vorbild. Das war mit dem Herrn Jesus ganz
anders. Er konnte sagen: „Ich tue nichts von mir selbst,
sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich. Und
der mich gesandt hat, ist mit mir; Er hat mich nicht allein
gelassen, weil ich allezeit das Ihm Wohlgefällige tue."
(Joh. 8, 28. 29.)
Mag nun aber selbst des Elias Tun nicht in allem
vorbildlich sein, so ist doch sein« ganze Geschichte voll Belehrung
für uns. Auch dieser Mann war gleichsam von
Sieg zu Sieg geführt worden, bis die große Niederlage
kam. Weshalb ließ Gott sie zu? Er war ein Mensch wie
wir, und niemals steht der Gläubige mehr in Gefahr, sich
zu erheben, als dann, wenn Gott ihm in der einen
oder anderen Weise Gelingen gegeben hat. Wie ist er dann
so leicht geneigt zu denken: Das ist die Folge meiner
Weisheit und meiner Kraft. Hatte sich Elia auch in
dieser Gefahr befunden? Wenn man den Schluß von
r. Kön. 49, 4 liest, sollte man es fast meinen. Bei den
Gläubigen in Korinth war eö jedenfalls so. Sie hatte Gott
mit allen geistlichen Gaben ausgestattet, so daß sie „in
keiner Gnadengabe Mangel hatten", (4. Kor. 4, 7.) Anstatt
nun in Demut vor Gott zu wandeln und sich dankbar
Gottes zu rühmen, taten sie das Gegenteil. Sie rühmten
sich selbst und ihre Fähigkeiten. Deshalb mußte der
Apostel ihnen schreiben: „Was aber hast du, das du nicht
empfangen hast? Wenn du es aber auch empfangen hast,
was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?"
(7. Kor. 4, 7.) Die Gefahr, sich zu überheben, bestand
auch für den großen Apostel. Aber weil er sie kannte, trug
— 3or —
er willig, was Gott ihm dieserhalb aufzuerlegen für gut
fand. In dieser Einstellung schrieb er von sich: „Auf daß
ich mich nicht durch die Überschwenglichkeit der Offenbarungen
überhebe, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben,
ein Engel Satans, auf daß er mich mit Fäusten
schlage, auf daß ich mich nicht überhebe". (2. Kor.
l2, 7.)
„Und als er stark geworden war, erhob sich sein
Herz, bis er verderbt handelte; und er handelte treulos
gegen Jehova, seinen Gott, und trat in den Tempel Jehovas,
um auf dem Räucheraltar zu räuchern." (V. 7b.)
Mit diesen Worten kommen wir zu dem zweiten Teil
der Geschichte Ussijas. Sie ist gekennzeichnet durch Treulosigkeit
und offenbare Auflehnung gegen Gott und Sein
Wort. Er ging in den Tempel, um priesterliche Dienste zu
tun, was ihm ebensowenig zustand wie einst dem Korah
und seiner Rotte (vergl. 4. Mose 76, 70), denn er war
ein Mann aus dem Stamme Juda, „zu welchem Stamme
Moses nichts in bezug auf Priester geredet hat". (Hebr. 7,
74.) Wie so anders steht in dieser Hinsicht Nehemia da!
Er weigerte sich, in den Tempel zu gehen. Wohl wollten
ihn seine Feinde dazu veranlassen, um einen Anklagegrund
wider ihn zu finden, aber er wies ihr Ansinnen mit den
Worten tiefer Demut zurück: „Wie könnte einer, wie ich
bin, in den Tempel hineingehen und am Leben bleiben?"
(Vergl. Nehem. 6, 70—74.) So ging auch der Herr, der
ebenfalls dem Stamme Juda entsprossen war, während
Er auf Erden weilte, niemals in den Tempel, um dort zu
räuchern, sondern nur, um das Volk zu lehren. Juda ist
der königliche Stamm und Levi der priesterliche. Der König
302
Saul aus dem Stamme Benjamin tat einst in seiner Bedrängnis
auch Priesterdienste, indem er das Brandopfer
opferte. Aber Samuel sprach zu ihm: „Du hast töricht
gehandelt" (t. Sam. dZ, 13), und kündigte ihm sodann
den Verlust seines Königtums an.
Ussija handelte in seiner Vermessenheit nicht nur „töricht",
sondern „treulos". Er wollte das Königtum
mit dem Priestertum vereinigen. „Gott aber widersteht
den Hochmütigen." So finden wir es auch hier.
Der Hauptpriester Asarja und mit ihm achtzig Priester
Jehovas, wackere Männer, widerstanden ihm mit den
Worten: „Nicht dir, Ussija, geziemt es, Jehova zu räuchern,
sondern den Priestern, den Söhnen Aarons, die
geheiligt sind zum Räuchern. Geh aus dem Heiligtum hinaus;
denn du hast treulos gehandelt, und es wird dir nicht
zur Ehre gereichen von Jehova Gott." (V. 18.)
Dieses Beispiel ist erschreckend und warnend zugleich,
warnend vor allem für solche, die der Herr in Seinen
Dienst gestellt hat. Es ist gewiß eine große Ehre, eine besondere
Gabe, einen besonderen Auftrag vom Herrn erhalten
zu haben. Aber wenn die Gabe nicht entsprechend ausgeübt,
wenn der erhaltene Auftrag nicht in Demut und
Treue ausgeführt wird, so ist die Verantwortung nur umso
größer. „Wir werden ein schwereres Urteil
empfangen", sagt Jakobus. (Kap. 3, 1.) Daö hochmütige
Trachten nach einem Platz, der dem stolzen Herzen
höher und begehrenswerter erscheint als der vom Herrn angewiesene,
ist verhängnisvoll, und da der Hochmut die Neigung
des Menschen ist, die wohl zuletzt stirbt, so ist für den
Diener des Herrn (freilich auch für jeden Gläubigen) hier
die größte Wachsamkeit geboten.
30Z
Bei Ussija hat der durch die stets wachsenden Erfolge
stärker und stärker entwickelte Hochmut offenbar zu einer
immer weiteren Entfernung des Herzens von dem Angesicht
des Herrn geführt, denn die ernsten Vorstellungen
der Priester machten überhaupt keinen Eindruck auf ihn.
Er, der im Anfang in Demut das Angesicht des Herrn gesucht
hatte, folgte, nachdem er in sich stark geworden war,
den Eingebungen seines Herzens. Als er glaubte, in eigener
Kraft fertig werden zu können, hatten die Ermahnungen:
„Trachtet nach Jehova und Seiner Stärke, suchet
Sein Angesicht beständig!" (Ps. 105, 4) keinen Wert mehr
für ihn.
Gott rief diesem armen Mann, der sich weder durch
Gottes Wort, noch durch das ernste Zeugnis der Priester
auf seinem verkehrten Wege aufhalten ließ, sondern mit
erhobener Hand sündigte (vergl. 4. Mose 45, 30), ein
ernstes Halt zu. „Und als er über die Priester erzürnte, da
brach der Aussatz aus an seiner Stirn,. . . und sie trieben
ihn eilends von dannen fort; und auch er selbst beeilte sich,
hinauszukommen, weil Jehova ihn geschlagen hatte. Und
der König Ussija war aussätzig bis zum Tage seines Todes."
(V. 49—21.) Dem Gesetz nach mußte er sterben,
denn es steht geschrieben: „Der Mann, der mit Vermessenheit
handeln würde, daß er auf den Priester, der dasteht,
um den Dienst Jehovas, deines Gottes, daselbst zu
verrichten, oder auf den Richter nicht hörte: selbiger Mann
soll sterben. Und du sollst das Böse aus Israel hinwegschaffen."
(5. Mose 17, 12.) Hier nahm Gott die Sache
selbst in die Hand. Er schlug ihn. Das war das Ende all
seiner Herrlichkeit. Er sank in den Staub. Gott dagegen,
gegen Den er die Hand erhoben hatte, blieb unerschütter
304
lich in Seiner Herrlichkeit. Im Todesjahre Ussijaö sah der
Prophet Jesaja den Herrn immer noch „sitzen auf hohem
und erhabenem Thron«". (Jes. 6, 4.)
Eindringlich fürwahr redet diese Geschichte zu unser
aller Herzen und Gewissen. Wie oft hat Gott auch uns
wunderbar geholfen, so daß wir wohl mit David sagen
können: „Vielfach hast Du Deine Wundertaten und Deine
Gedanken gegen uns erwiesen" (Ps. 40, 5). Aber gar
leicht vergessen wir solche Wohltaten und erweisen uns im
Blick darauf recht undankbar. Oder, wie bereits angedeutet,
anstatt in Demut unseren Weg zu gehen, erheben sich
unsere Herzen. Diese Gefahr ist umso größer, je weniger
wir im praktischen Leben vor Gott stehen und im Gefühl
der eigenen Schwachheit und Kraftlosigkeit allezeit das
Angesicht Gottes suchen. David betete: „Erforsche mich,
Gott, ... und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist,
und leite mich auf ebenem Wege!" (Ps. 439, 23. 24.)
Und ein Größerer als er ruft uns zu: „Lernet von mir,
denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig"!
(Matth. 44, 29.) Nur in solcher Stellung kann Gott uns
Gnade geben (Matth. 23, 42) und uns segnen, während
Er „reichlich dem vergilt, der Hochmut übt". (Ps. 34, 23.)
Gedanken
Jeder arbeite an dem Tage, an welchem er lebt. Er
weiß nicht, ob er morgen noch lebt; lebt er aber, dann arbeite
er. Was gibt's da noch für morgen zu sorgen?
*
Der lebt am allerbesten, der sich selbst nichts lebt, und
der lebt am allerärgsten, der sich selbst lebt. ^th-r
305
Noch einmal „das Lager" *!
*1 Liner unserer Mitarbeiter sendet eine zweite Antwort auf die Krasse:
ZNas iit unter „Lager" ltzebr. rz, izl zu verstehen? a> zur Kett der
Apostel? b> in der setztgen Feit? lstehe August-Muinmer des „Botschafter",
Seit« 22Z-I
Sa er in der Anwendung de« Ausdrucks „Lager" etwas weiter geht
als der erste Sch-eiber — grundsätzlich stnd beide stch durchaus einig —
auch im ersten Teil in gedrängter Kürze «inen Überblick über den ganzen
Brief gibt, wird die Antwort vielen Lesern ein« willkommene Ergänzung
der ersten bringen. Sie Schriftleitung.
Die Beantwortung des ersten Teils der Frage ist meines Trachtens
einfach; das „Lager" ist offenbar das religiöse jüdische System
mit allem, was es umfaßte, dessen Mittelpunkt Jerusalem
war. Die Aufforderung, außerhalb desselben zu gehen, schiebt der
Schreiber des Briefes bis zum Schluß auf, nachdem er vorher auf
die verschiedenste Weise versucht hat, die Empfänger von dem System
loszulösen.
Die Hebräer — Lhristen aus den Juden — waren bis zu
jener Zeit mit jenem System gegangen, mit dem sie durch die stärksten
Bande verknüpft waren. (Siehe Apstgsch. 2s, 20 u. a. St.)
Da aber ihr Glaubensblick nicht mehr so unverrückt auf das Unsichtbare
gerichtet war als zu Anfang, da sie sich für Thristum entschieden,
so bestand für sie Gefahr, sich wieder ganz dem Judentum
zuzuwenden. Um sie von dieser Gefahr zu befreien, sucht
ihnen der Heilige Geist durch den Schreiber dieses Briefes die großen
Gegensätze vor Augen zu führen, die zwischen dem bestanden,
was sie besessen, und dem, was sie durch ihre Verbindung mit
Lhristo erlangt halten. <Lr stellt Thristum den Engeln und Moses
gegenüber, Sein Priestertum dem Priestertum Aarons, Sein Vpfer
den Mpfern, die Gott unter dem Gesetz verordnet hatte, und zeigt
dann im letzten Kapitel, daß Jesus Christus, zu Dem sie gekommen
waren, unveränderlich derselbe bleibt, (v. 8.) Hierdurch wollte
er sie bewahren „vor fremden Lehren". Durch Gnade, in Lhristo
dargeboten, sollten sie befestigt werden, nicht durch „Speisen" (jüdische
Verordnungen; v. H)- Dann sagt er ihnen, daß die Chri«
st e n den Altar, Len Gott anerkannt (die wahre Anbetung), hätten,
nicht diejenigen, die der Hütte dienten, (eine andere Bezeichnung
für das Judentum und diejenigen, die daran sesthiclten;
vergl. Kap. 9, 8. si.) Die Anbetung der Christen ist himmlisch,
da Christus in den Himmel eingegangen ist und ihnen „den neuen
und lebendigen Weg" eingeweiht hat. Sein eigenes Blut, in dessen
Kraft Er, „als Er eine ewige Erlösung erfunden hatte", in das
himmlische Jerusalem einging (Kap. 9, j2), hat ihnen Freimütigkeit
gegeben, um dort einzutrsten. Jedoch wurde Der, welcher
durch Sein eigenes Blut das Volk heiligte (wir müssen uns immer
Z06
wieder daran erinnern, daß es ein Brief an die Hebräer ist), von
den Menschen (und die Leiter des religiösen jüdischen System; waren
die Anführer) außerhalb des Tores gebracht, um dort als ein
Gegenstand der Verachtung und Schmach zu leiden. (v. lI. j2.)
Deshalb sollten die Christen aus den Hebräern zu Ihm hinausgehen,
„Seine Schmach tragend", (v. (3.) Schätzten sie wirklich
das große Vorrecht, nicht mehr von ferne zu stehen, sondern im
Heiligtum droben nahen und sich von einem Christus nähren zu
dürfen (vergl. v. sO), der auf Golgatha starb, jetzt aber im Himmel
ist, so würde es ihnen nicht schwer fallen, das jüdische System
aufzugeben und zu Christo hinauszugehen, außerhalb des Lagers,
bereit, die damit verbundene Schmach zu tragen.
Die Beantwortung des zweiten Teiles der Frage liegt schon
teilweise in dem Gesagten. Ium besseren Verständnis dessen, was
heute unter dem Ausdruck „Lager" zu verstehen ist, sei mir erlaubt,
die Worte eines sehr geschätzten Schriftauslegers anzuführen. Lr
schreibt: „Das Lager ist ein irdisches religiöses Verhältnis mit
Gott, außerhalb des Heiligtums, und auf der Lrde errichtet, mit
Priestern zwischen den Menschen und Goll. Dieses (Lager) waren die
Juden. Sie warfen Christum aus ihm hinaus, und es ist jetzt ganz
und gar verworfen." Die jüdische Religion war, obwohl von Gott
selbst eingeführt, eine Religion des Fleisches (vergl. Hebr. ft, sO
u. a. St.). Der Mensch im Fleische wurde darin geprüft, zeigte
aber sein gänzliches Fehlen, was sich endgültig in dec Verwerfung
Christi erwiesen hat. Gott hat deshalb dieses System gänzlich verworfen
und in dem Christentum etwas ganz Neues errichtet. Letzteres
gehört seinem Charakter nach dem Himmel an, da Christus
von der Lrde verworfen uud jetzt im Himmel ist.
Ls war nun von Anfang an das Bestreben des Feindes, den
himmlischen Charakter des Christentums zu verderben, indem er
jüdische Lehren und jüdische Einrichtungen einzuführen suchte. Das
ist ihm leider gelungen. „Wenn nun", schreibt der erwähnte Ausleger
weiter, „die bekennende Kirche dis Stellung des Lagers hie-
nieden einnimmt, so ist der Platz des Gläubigen stets außerhalb
desselben. Tatsächlich hat sie es getan. Sie rühmt sich dessen,
aber es ist jüdisch."
Wenn wir uns nun fragen: Gibt es in den religiösen christlichen
Bekenntnissen (besonders in den großen) nicht manches, was
ganz mit dem religiösen, jüdischen System übereinstimmt und ihm
zweifellos auch entlehnt ist, wie Tempel oder sog. Gotteshäuser,
ein ordiniertes, weltliches Priestertum, eine geistliche Musik zur
Verschönerung des Gottesdienstes, Amtskleider und dergleichen
mehr, muß dann die Antwort nicht bejahend ausfallen? In diesen
Dingen kann auch der nicht wiedergeborene, religiöse Mensch seine
volle Befriedigung finden, kann sich darin betätigen, sich ihrer rühmen
und sich dafür einsehen. Aber sie gehören zu einer Religion
Z07
des Fleisches, und Christus, der im Himmel verherrlicht ist, hat
darin nicht den Platz, der Ihm zukommt.
Was der Christ heute als ein Lager anzusehen und zu verlassen
hat, ist meines Erachtens für jeden einzelnen eine Frage des
geistlichen Verständnisses, das er, wenn er in Abhängigkeit zum
Herrn emporblickt, sicher erlangen wird. I. M.
Kragen aus dem Leserkreise
Was ist unter dem großen Hause (2. Tim. 2, 20) zu verstehen?
a) zur Zeit der Apostel b) in der jetzigen Zeit?
(vergl. die August-Nummer unserer Zeitschrift unter „Fragen
aus dem Leserkreise".)
Das große Haus ist heute nichts anderes als das, was es
zur Zeit der Apostel in seinen Anfängen bereits war. Der Unterschied
besteht nur in den Maßen der Ausdehnung, ähnlich wie bei
dem aus dem Senfkorn entstandenen Baum, der immer derselbe
blieb, nur im Verlauf der Zeit größer wurde.
Zu verstehen ist unter dem „großen Haus" dasselbe, was
unter dem Baum zu verstehen ist: die Gesamtheit der sich zu
Christo bekennenden Menschen. Als Hausherr ist, was besonders
ins Gewicht fällt, der Herr gedacht, wenn auch freilich in
Vers 2f nur von einem Hausherrn im allgemeinen die
Rede ist. Nach Hebräer 3, 3—6 ist die die Lehre des Christus
bekennende Körperschaft — vom Schreiber mit „w i r" betont —
das Haus Gottes unter der Verwaltung Christi als des Sohnes.
Denn nicht um „wohnen", sondern um „Verwaltung" handelt
es sich sowohl im Hebräerbrief (vergl. „Mose als Diener")
als auch hier im 2. Timotheusbriefe. Unter den Bekennern mögen
Heuchler oder Gleichgültige sein. Sie sind auch tatsächlich da; ja,
sie sind im Verhältnis zu den wahrhaftigen und entschiedenen Bekennern
die große Mehrheit geworden. Das ändert aber nichts
an der Tatsache, daß die Gesamtheit in dem angegebenen
Sinne das Haus Gottes ist. Deswegen heißt in Vers i9 der
feste Grund der Grund Gottes. Das Siegel aber zeigt als
verwaltenden Hausherrn Den an, welcher der „H e r r" ist. Lr,
der verwaltende Herr des Hauses Gottes, kennt, d. i. unterscheidet
von den unechten Bekennern die, welche Sein sind. Und
von ihnen erwartet Lr, daß sie von der Ungerechtigkeit abstehen,
die sich innerhalb des Hauses eingestellt hat.
Ls gibt Ungerechtigkeit mancherlei Art. Dis Kapitel 3 und
H geben eine Aufstellung davon. Au beachten ist, daß, sowohl hier
wie in allen spät geschriebenen Briefen, die Ungerechtigkeit mit
falschen Lehren und Lehrern in Verbindung steht. Diese öffnen
nach und nach jeder Ungerechtigkeit Tür und Tor.
Z08
Mas für ein Verhalten, dem Millen des verwaltenden
Hausherrn entsprechend, wird nun von den treuen Bekennern
erwartet? Rein anderes als das in Vers 2s vorgestellte. Alle
Bekenner werden (nach Vers 20) mit den Gefäßen eines großen,
sagen wir, eines einem vornehmen, reichen Manne gehörenden
Hauses verglichen. Merl es sich nun hier nicht um leblose Gefäße,
sondern um mit Unterscheidungsvermögen und Willen begabte
Menschen handelt, so können und müssen Die unter ihnen, welche
Gefäße zur Ehre sein wollen, sich von den Gefäßen, die zur Unehre
sind, trennen, obwohl sie im Hause verbleiben.
Das ist der kennzeichnende Unterschied zwischen dem „Lager"
und dem „großen Hause". Dort ist das Stichwort:
hinausgehen zu dem verworfenen Thristus; hier: drinnen
bleiben, dem Hausherrn zugetan, aber sich trennend
von solchen, die dem Hausherrn nicht zugetan, ihm nicht
Gefäße zur Ehre, mit anderen Morten, Menschen sind, die das
Böse tun, sei es in Mandel oder Lehre. In diesem Lichte erscheinen
z. B. ein Timotheus und ein Vnesiphorus (Rap. s) als Gefäße
zur Ehre; ein Hymenäus und ein philetus als Gefäße zur
Unehre (Rap. 2).
Welcher Art Gefäße wollen w i r sein? F. Rpp.
Sie Liebe
wenn ich mit Menschen- und mit Lngels-
zungen redete
Und hätte der Liebe nicht:
So wäre ich ein tönend Erz oder eine
klingende Schelle!
Wenn ich weissagen könnte
Und wüßte alle Geheimnisse und alle Erkenntnis
Und hätte allen Glauben, also daß ich Berge
versetzte,
Und hätte der Liebe nicht:
So wäre ich nichts!
Menn ich alle meine Habe den Armen gäbe
Und ließe meinen Leib brennen
Und hätte der Liebe nicht:
So wäre mir's nicht nütze!
„Dlrf dein Brot hin auf die KlLche
der Nasser"
(Nach einem Eingesandt)
Jur Zeit, als verschiedene unserer Brüder in Holland
die wichtigen Gedanken miteinander austauschten, die den
Anstoß zu dem im Novemberheft des „Botschafter" veröffentlichten
Aufsatz „Innerlich bewegt" gegeben haben,
beschäftigten den Schreiber dieser Zeilen hier in Deutschland
dieselben und ähnliche Gedanken, bis sie am Ende
den Entschluß in ihm reifen ließen, sie niederzuschreiben.
Da ich nicht glaube, daß dieses Zusammentreffen ein rein
zufälliges ist, möchte ich den Gedanken unseres holländischen
Bruders gern noch einige Ausführungen hinzufügen.
Was mich vor allem veranlaßt, trotz des bereits hinausgegangenen
Mahnrufs auch noch zur Feder zu greifen,
ist der Umstand, daß nach meinen und anderer Beobachtungen
unter den Kindern Gottes heute viele sind, die
eine Zeitlang mit mehr oder weniger Freudigkeit und Eifer
für den Herrn und Sein Evangelium gezeugt und gearbeitet
haben in Verwandtschaft, beruflichem Wirkungskreis,
Wohnort und vielleicht noch darüber hinaus, die aber jetzt
aus Enttäuschung und Mutlosigkeit schweigen. Rein
menschlich betrachtet, ist diese Mutlosigkeit und ihre Folge,
die Tatenlosigkeit, verständlich. Denn wenn ein vielleicht
jahrelanges treues Zeugnis ohne jeden sichtbaren Erfolg
bleibt, warum dann noch Zeit dafür aufwenden? Das
Wort vom harten Boden ist doch nicht bloß eine Redensart,
nicht bloß ein Beruhigungs- oder Entschuldigungs-
I^XXXII 12
— zro —
mittel für die eingetretene Müdigkeit, sondern eine Tatsache,
die nicht Hinwegzuleugnen ist. Es gibt manches
Kind Gottes, das jahrelang einsam im Kreise der Verwandtschaft
oder am Wohnort geblieben ist und vergeblich
nach einer der so heiß ersehnten Früchte ausgeschaut hat,
und dessen Mund jetzt so gut wie schweigt, und dessen Füße
und Hände ruhen. Ich wiederhole: Das ist verständlich.
Zu solcher und unser aller Ermunterung sei deshalb in
den nachfolgenden Zeilen einiges aus dem Wort in Erinnerung
gebracht, denn das Wort Gottes allein stellt alle
Dinge ins rechte Licht.
Zugegeben sei zunächst, daß große Unterschiede unter
den Menschen bestehen bezüglich Annahme oder Nichtannahme
des Evangeliums, sei es, daß es sich um eine augenblickliche
oder endgültige Stellungnahme handelt. Doch
wer von uns kennt die endgültige Stellungnahme des einen
und anderen, wer den entscheidenden Ausgang im voraus?
Darf uns daher diese Tatsache zur Untätigkeit führen?
Rechtfertigt sie unsere Mutlosigkeit? In keiner Weise.
Nehmen wir auch hierin das Beispiel Dessen, der alles
im voraus wußte, als Vorbild! War Er nicht auch da noch
unermüdlich tätig, wo alle Mühe vergebens schien? Chorazin,
Bethsaida und Kapernaum reden eine laute Sprache.
Diese Städte werden in besonderer Weise vom Herrn
gescholten wegen ihrer Unbußfertigkeit, und ein furchtbares
Gericht wird ihnen angekündigt. Aber hat der Herr
nicht gerade in ihrer Mitte Seine meisten Wunderwerke
getan? (Lies Matth. 4b, 20—24.) Ja, dürfen wir nicht
annehmen, daß für dieses Sein Handeln gerade die Unbußfertigkeit
dieser Städte der treibende Beweggrund gewesen
ist? Und Jerusalem? Wie widerstrebend und böse
— zrr —
hatte es sich den Propheten und Gesandten Gottes und
erst recht dem Herrn selbst gegenüber gezeigt, aber Er
konnte sagen: „Wie oft habe ich deine Kinder versammeln
wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt
unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!" (Matth.
23, 37.) Und das von Ihm von vornherein gekannte Ende
war, daß sie den Sohn ganz verwarfen und Ihn ans
Kreuz schlugen. Ich will jetzt nicht reden von den gerechten
Regierungswegen Gottes, die sie erfahren mußten und
noch erfahren werden. Was mir so groß vor Augen steht,
ist die über alle Bosheit erhabene, über alle Feindschaft
und Sünde triumphierende Gnade Gottes. Wurden in den
Tagen der Apostel nicht doch noch viele aus dieser Stadt
und ganz Judäa, ja, auch aus Galiläa und Samaria dem
Herrn hinzugetan? (Vergl. Apstgsch. 2; 4, 4; 5, 74; 6, 7;
Kap. 8; y, 34.) Trotz aller gemachten traurigen Erfahrungen,
trotz der völligen Verwerfung, die Ihm zuteil geworden
war, hatte der Herr Seinen Jüngern kurz vor Seiner
Aufnahme gesagt, daß sie Buße und Vergebung der Sünden
predigen sollten allen Nationen, aber „anfangendvon
Jerusalem" (Luk. 24, 47), und ferner: „Ihr werdet
meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als
auch in ganz Judäa und Samaria und bis an
das Ende der Erde". (Apstgsch. 4, 8.) Wie herrlich steht
unser anbetungswürdiger Herr da vor unseren Augen, sowohl
in Seiner Liebe, die sich nicht erbittern läßt und Böses
nicht zurechnet, als auch in Seiner Gnade, die Er übt angesichts
des Bösen und der Schuld! Unermüdlich sind
Seine Heilandsliebe und Hirtentriebe, womit Er dem Verlorenen
nachgeht, bis Er es findet. Welch ein Beispiel,
unerreichbar, und dennoch unS zur Nachahmung gegeben!
312
Jede Frucht reift zu ihrer Zeit. Wir vergessen oft, daß
Zeit erforderlich ist zwischen Saat und Ernte. Deshalb muß
der „Ackersmann warten auf die köstliche Frucht der
Erde und ihretwegen Geduld haben, bis sie den
Früh-undSpätregen empfang e". (Jak. 5, 7.)
So laßt uns denn vertrauen auf Gottes Liebe, Macht und
Weisheit!
Die Weisheit Gottes möchte ich hier noch besonders
hervorheben. Als Kindern der Weisheit, die wir alle sein
sollten, geziemt uns neben dem Vertrauen auf Seine Liebe
und Macht auch ein völliges Vertrauen auf Seine Weisheit.
Diese Seine Weisheit nun steht vor allem mit den
Wegen Seiner Vorsehung in Verbindung, die wir n i ch t
im voraus kennen. Im Prediger, Kap. 11, wo uns die
Wege der Vorsehung und daö Wirken Gottes in verschiedenen
Bildern vor Augen geführt werden, finden wir deshalb
immer wieder das Wort: „Du weißt nicht".
Eindringlich sind wir darauf hingewiesen worden, daß
den Menschen gegenüber ein „Innerlich Bewegtsein" in
Worten und im Handeln das für uns Gegebene ist. Und
was haben wir zu tun im Blick auf die Wege der göttlichen
Vorsehung, die wir nicht kennen? Die Antwort auf diese
Frage gibt uns gleich der erste Vers des angeführten Kapitels
Prediger 11, und zwar verbunden mit einer kostbaren
Ermunterung, die schon vielen immer wieder zu neuem
Mut und Eifer verhelfen hat. Der Vers lautet: „W i r f
dein Brothin auf die Fläche der Wasser, denn n a ch
vielenTagen wirst du es finden".
Wahl- und zwecklos scheinbar sollen wir unser Brot,
also das, was uns selbst zur Nahrung und Erquickung
dient, auf die Fläche der Wasser werfen. Einen weniger
313
geeigneten Platz, sollte man meinen, könnte eS dafür nicht
geben. Muß der Weise, der dieser Aufforderung folgt, nicht
sein Brot verlieren? Das Brot stellt das Wort Gottes, und
die Fläche der Wasser das Völkermeer dar. Wie wenig geeignet
scheint die Verworrenheit der Welt, um das Wort
Gottes auszunehmen! Hinzu kommt die völlige Unwissenheit,
in der wir uns betreffs des Orts befinden, wohin die
Wasser unser „Brot" tragen werden. Sie möchte uns wohl
veranlassen, es nicht aufs Geratewohl zu verbreiten. Aber
die Rechnung stimmt nicht. Was wir zu tun haben ist, daß
wir uns der göttlichen Vorsehung anvertrauen, einem Willen,
der seinen Zweck und sein Ziel verfolgt, und der nicht
danach fragt, ob wir seine Absichten kennen. Gottes Vorsehung
will, daß wir das Wort des Lebens ausbreiten, ohne
uns zu fragen, ob es ausführen wird, wozu es gesandt ist.
Nach vielen Tagen werden wir für unser Vertrauen belohnt
werden und werden erkennen, wozu Gott Sein Wort
bestimmt hat. Wir werden in den Besitz dessen gelangen,
was wir Dem anvertraut hatten, der Sein Wort an dem
richtigen Ort wird landen lassen?)
Der Prediger geht niemals über eine irdische, begrenzte
Zeit hinaus. So sagt er auch hier: „Nach vielen Tagen".
Wir können anders rechnen, denn wir ernten in der
Ewigkeit die Frucht des in dieser Welt ausgestreuten
Samens. Was vorgestellt werden soll, ist das Vertrauen
zu den Wegen Gottes, sowie das Ergebnis dieses Vertrau-
1°) 5o finden wir es hier dargestellt, entsprechend der Betrachtungsweise
des Predigers; ebenso stehen die weiteren Gedanken
und Anweisungen des Kapitels in Verbindung mit den Wegen
der Vorsehung Gottes. Mit dem „Innerlich Bewegtseiu" ist es anders.
Beides sollte jedoch miteinander ksand in ksand gehen. Doch
ich habe den Eindruck, daß wir selbst in einigen Versen von Prediger
s s diesen innerlichen Gefühlen und Lrbarmungen begegnen.
— Z44 —
enS, denn wie würden wir das wiederfinden, was wir auf
die Wasser gestreut haben, wenn Gott es nicht zurückbrächte?
Wie ermunternd ist doch alles dies für uns! Wir
finden die Frucht des Wortes Gottes wieder, und es kehrt
nicht leer zuIhm zurück. „Denn gleichwie der Regen und
der Schnee vom Himmel herabfällt und nicht dahin zurückkehrt,
er habe denn die Erde getränkt und befruchtet
und sie sprossen gemacht, und dem Säemann Samen gegeben
und Brot dem Essenden: also wird mein Wort sein,
daö aus meinem Munde hervorgeht; es wird nicht
leer zu mir zurückkehren, sondern es wird
ausrichten, was mir gefällt, und durch-
führen, wozu ich es gesandt habe." (Jes. 55,
40. 44.)
Es ist an uns, den Menschen ihre geistliche Nahrung
auszuteilen in Kenntnis der vorhandenen Bedürfnisse, und
wir sollen das in freigebiger Weise tun. „Gib einen Teil
an sieben, ja, sogar an acht; denn du weißt nicht, was für
Unglück sich auf der Erde ereignen wird." (Pred. 44, 2.)
Diese Tätigkeit unserseits, was den Dienst des Säens anbetrifft,
ist nötig, sogar dringend nötig, denn die Zeit ist
kurz. Zeitliche Unglücksfälle, die sogar den Charakter von
zeitlichen Gerichten tragen mögen, können sich ereignen,
und — so müßten wir als solche, denen daö ganze Wort
Gottes in die Hand gegeben ist, hinzufügen — das Gericht
steht vor der Tür. Vielleicht ist es näher, als wir selbst
denken, und dann werden die, die ihr Teil nicht angenommen
haben, ewig darben und dem Gericht verfallen sein.
Es würde den Rahmen dieser Abhandlung überschreiten,
wollten wir auf alle Verse in Prediger 44 und
— zrs —
ihre Einzelheiten eingehen. Doch seien noch einige Punkte,
als mit unserem Thema in Verbindung stehend, kurz berührt:
„Wer auf den Wind achtet, wird nicht säen, und wer
auf die Wolken sieht, wird nicht ernten." (V. 4.) Sind
diese Worte nicht deutlich? Es darf kein Aufhalten geben
im Säen und Ernten. Kostbare Zeit könnte verloren gehen.
Am Ende unterbliebe gar die Saat, und die Ernte bliebe
aus. Wir wissen nicht den Weg des Windes. (V. 5.)
„Am Morgen säe deinen Samen, und des Abends
ziehe deine Hand nicht ab; denn du weißt nicht, welches
gedeihen wird: ob dieses oder jenes, oder ob beides zugleich
gut werden wird."(V. 6.) Morgen und Abend, günstige und
schwierige Umstände, gelegene und ungelegene Zeit (vergl.
2. Tim. 4, 2) — was dürfte uns hindern am Werke?
Daß man am Morgen, wo die Kraft frisch und der Mut
noch nicht durch widrige Umstände gebeugt ist, froh an die
Arbeit geht, ist natürlich. Aber am Abend, der Zeit der
Erschlaffung und des Müdegewordenseins — wie ist es
da? Der Prediger sagt: „Und des Abends ziehe deine Hand
nicht ab!" Diese Ermahnung ist vor allem beherzigenswert.
Eingedenk der Ausführungen des vorigen Schreibers aber
möchte ich hier noch eine weitere Anwendung machen und
der Jugend zurufen: Nutze den Morgen deines Lebens für
Ihn! Sammle am Morgen für dich selbst, damit du am
Morgen auch deinen Samen auf jede mögliche Weise für
andere ausstreuen kannst! Wie freuen wir uns aber auch
über jeden altbewährten, erfahrenen und im Dienst ergrauten
Säemann, der am Abend des Lebens seine Hand nicht
abzieht, solange der Herr der Ernte ihm die notwendige
Kraft darreicht!
316
Wenn wir nun auch wiederum nicht wissen, welcher
Same gedeihen wird, ob der am Morgen oder am Abend
gesäte, was tut es zur Sache? Dieses oder jenes, sagt der
Prediger, wird gedeihen, ja, vielleicht wird sogar beides
gut werden. Hoffnung ist die treibende Kraft eines
Säemanns. Ohne sie können wir unö einen solchen gar
nicht vorstellen.
Manches in den Acker dieser Welt gesäte Samenkorn
ruhte Jahre, ja, vielleicht Jahrzehnte im verborgenen, ohne
zu keimen. Kein menschliches Herz gedachte seiner noch, bis
es plötzlich, durch den Geist Gottes hervorgerufen, seine
lebendige Kraft offenbarte. In solchen Fällen trifft dann
meist zu, daß „es ein anderer ist, der da sät, und ein anderer,
der da erntet," aber es kommt ein glücklicher Augenblick,
wo „beide, der da sät und der da erntet, zugleich
sich freuen". Beider Arbeit wird anerkannt,
beide empfangen Lohn und freuen sich zugleich, denn der
Lohn des Erntenden ist auch der Lohn des Säemanns. Der
eine oder der andere der Leser ist vielleicht vom Herrn der
Ernte berufen, in der Hauptsache zu säen. Andere wird Er
senden, um zu ernten, woran sie nicht gearbeitet haben.
Die einen haben gearbeitet, und die anderen werden in ihre
Arbeit eintreten, werden Lohn empfangen und Frucht sammeln
zum ewigen Leben. (Lies Ioh. 4, 35—38.)
Bei der Ausübung dieses Dienstes laßt uns auch nicht
aus dem Auge verlieren, daß bei Gott kein Ding unmöglich
ist. Gott vermag dem Abraham aus Steinen Kinder
zu erwecken. Mag Feindschaft, Widerspenstigkeit und Her-
zenshärtigkeit unserem Dienst begegnen — Er ist derselbe
geblieben. Er, der aus einem Saulus einen Paulus machte.
„Daher, meine geliebten Brüder, seid
— Zst7 —
fest, unbeweglich, allezeit überströmend
in dem Werke des Herrn, da ihr wisset,
daßeureMühenichtvergeblichistimHerr n."
Ich furche Leu Acker mit scharfem Pflug,
Der meist nur Disteln und Dornen trug,
Und streu' in die Lurchen die goldne Saat,
Wohl wissend, welch ew'gen Wert sie hat.
Die einen mahnen: „Du solltest ruhn,
Das ist ja doch nur vergebliches Tun".
Die andern vergelten mein Mühen mit Spott
Und fragen lächelnd: „Was lohnt dir Gott?"
Ich lasse leuchten getrost mein Licht,
Die Arbeit ist mein, dis Leute nicht;
Und kehrt eine Seels zu Jesu sich hin,
So dünket mich's wahrlich ein großer Gewinn.
Bald ernten wir droben, was hier wir gesät,
Zum Ausstreu'n des Samens ist's dann zu spät;
Dann möcht' ich vom Heiland das Wort empfahn:
„Was du vermochtest, hast du getan!"
Unterredungen über den Metten Brief
an die Korinther
XI.
Kapitel 6, st st — Kap. 7, st.
Der stst. Vers von Kapitel 6, mit dem unsere heutige
Betrachtung beginnt, steht sozusagen mit Vers st in Verbindung,
in welchem der Apostel die Korinther so ausdrücklich
ermahnt, die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen
zu haben. Daö praktische Ergebnis des Empfangs
dieser Gnade läßt sich kurz mein Wort zusammenfassen,
und dieses Wort heißt: Heiligkeit. Tatsächlich macht
die praktische Heiligkeit Anspruch auf das ganze christliche
Leben als Zeugnis in dieser Welt. Beim Passah wur
318
den die Israeliten durch daö Blut des Lammes vor dem
Gericht Gottes sichergestellt, und eine andere bildliche Darstellung
des Todes Christi wird unö im Roten Meer gegeben,
wo das Volk nicht nur vor dem Gericht sichergestellt,
sondern bis zu Gott geführt wurde. Aber von dem Tage
an, wo die Israeliten das Passahlamm geopfert hatten,
blieb nur noch eins für sie zu tun übrig, nämlich daö
Fest zu begehen, d. h. die Feier des Festes der ungesäuerten
Brote, Sinnbild eines Lebens praktischer Heiligkeit,
das mit dem Opfer begann und dann ununterbrochen während
sieben Tagen fortdauerte. Die Zahl sieben ist bekanntlich
bedeutungsvoll. Als Zahl der Vollkommenheit
stellt sie unseren ganzen, vollständigen Lebenslauf
bildlich dar.
Es ist wichtig, daß wir verstehen, aus was für Stük-
ken die Ermahnung des Apostels zur Heiligkeit in der vorliegenden
Stelle besteht. Die praktische Heiligkeit hat drei
Charakterzüge. Der erste betrifft die Heiligkeit in Bezug
auf unsere Beziehungen zur Welt, der zweite die Heiligkeit
unserer religiösen Beziehungen, und der dritte die persönliche
Heiligkeit. Wenn wir unö über diese drei Punkte klar
geworden sind, so wird es uns nicht schwer fallen, zu erkennen,
daß die praktische Heiligkeit sozusagen unser ganzes
christliches Leben durchdringen sollte. Wir finden die genannten
drei Stücke bereits im 19. Kapitel des dritten Buches
Mose erwähnt, und zwar im 19. Vers. In der ersten
der drei in diesem Vers gegebenen Verordnungen haben
wir die Beziehungen zur Welt, von denen die Verse 14 u.
15 unserer Stelle reden. In der zweiten: „Dein Feld sollst
du nicht mit zweierlei Samen besäen", erkennen wir unschwer
ein Sinnbild der religiösen Beziehungen, von denen
— 31S —
im 1b. Verse die Rede ist. Wir sollen nicht verschiedenerlei
Samen auf Gottes Feld verwenden; nur einen einzigen
Samen gilt es für uns zu säen. Und in der dritten: „Ein
Kleid, aus zweierlei Stoff gewebt, soll nicht auf dich kommen",
haben wir ein Bild von der persönlichen Heiligkeit,
die Kapitel 7, 1 vorstellt.
Bevor jedoch der Apostel auf diese drei Punkte eingeht,
schreibt er: „Unser Mund ist zu euch aufgetan, ihr
Korinther, unser Herz ist weit geworden". Er hatte die infolge
seines ersten Briefes bei ihnen hervorgebrachten
Früchte des Geistes gesehen, und anstatt seine Gefühle für
sie weiter in seinem Herzen zu verschließen, war er jetzt
frei ihnen gegenüber. Er fügt hinzu: „Werdet auch ihr
weit!" Wozu? Um seine nun folgenden Ermahnungen recht
aufzunehmen, damit fortan auch ihr Weg ein heiliger
Weg würde.
Zunächst (Vers 14) sollten sie nicht „in einem ungleichen
Joche mit Ungläubigen sein", — eine Anspielung
an das, was wir im dritten Buch Mose gelesen haben.
„Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit?"
Nicht e i n verbindender Zug besteht zwischen der
Welt und den Kindern Gottes. Es handelt sich da eben
um zwei ganz und gar verschiedene Arten, und niemals
hat es, was auch die Gelehrten darüber sagen mögen, in
der Welt etwas wie Art-Verwandlung gegeben. Wie paßt
doch das Wort des Apostels auf die heutige Zeit! War
nicht, als das gegenwärtige Zeugnis Gottes in unserer
Mitte bekannt zu werden begann, die Trennung von der
Welt weit entschiedener als heute? Da ist es wohl der
Mühe wert, zu fragen: Inwieweit sind wir diesem Zeugnis
treu geblieben? Wie ist es um die Art und Weise be
320
stellt, in der viele unter uns mit der Welt Geschäfte machen?
Wie benutzen wir sie für unsere eigenen Sachen?
Wäre mehr Treue vorhanden, so würde zweifellos die Erinnerung
des Apostels die gleichen Früchte hervorbringen
wie ehemals. Ja, wir haben Grund, beschämt das Haupt
zu senken beim Gedanken daran, daß diese Frucht unter
uns heute so wenig gefunden wird. „Welche Genossenschaft
hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? oder welche
Gemeinschaft Licht mit Finsternis? und welche Übereinstimmung
Christus mit Belial?" Es ist fürwahr ein scharfer
Gegensatz vorhanden auf der ganzen Linie, ein unüberbrückbarer
Kontrast zwischen dem christlichen Element und
dem der Welt. Die christliche ist die Lichtseite. Nicht
nur hat daö Licht uns geleuchtet, sondern es steht auch geschrieben:
„Ihr seid Licht in dem Herrn". Wie Er selbst
„das Licht der Welt" ist, so sind auch Seine Jünger in
Seiner Abwesenheit „das Licht der Welt". (Vergl. Eph.
S, 8; Joh. 9, 5; Matth. 5,1,4.) Was aber hat die Finsternis
mit dem Licht gemacht? Wenn man in einem völlig
dunklen Zimmer ein Streichholz anzündet, so durchbricht
man damit in gewissem Maße die Finsternis. Aber als (in
sittlicher Hinsicht) das Licht der Welt herniederkam, da
hat die Finsternis es nicht erfaßt oder ergriffen; sie ist in
keiner Weise von ihm durchdrungen worden. Das Licht
ließ nur den unheilbaren Zustand des Menschen hervortreten,
und dieser Zustand ist auch heute noch derselbe in der
Gegenwart derer, die das Licht der Welt sind seit dem
Weggang ihres Heilands.
„Und welche Übereinstimmung hat Christus mit Belial?
oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?"
(V. 15.) Redet dieses Wort nicht zu unseren Ge
32r
wissen? Da ist Christus auf der einen Seite, und auf der
anderen der Teufel. Kann es eine Übereinstimmung zwischen
beiden geben, zwischen dem Feinde Christi und denen,
die Christum in dieser Welt darstellen? Und da ist der
Glaube auf der einen Seite, und der Unglaube auf der anderen,
und keine Berührung ist möglich zwischen diesen
beiden entgegengesetzten Polen.
Dann geht der Apostel zur zweiten Frage über, die
ebenfalls sinnbildlich im ky. Kapitel des dritten Buches
Mose erwähnt wird: „Welchen Zusammenhang hat der
Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn ihr seid der Tempel
des lebendigen Gottes." (V. tb.) Ist es nicht eine geradezu
unerhörte Sache, daß wir Christen, die Versammlung
Gottes, der Tempel des lebendigen Gottes sind? Im
26. Kapitel des dritten Buches Mose sagt Gott: „W e n n
ihr meine Gebote beobachtet.... so werde ich meine Wohnung
in eure Mitte setzen.... und ich werde in eurer Mitte
wandeln und werde euer Gott sein, und i h r werdet mein
Volk sein". (V. Z. rr. 12.) Dort will Er es also von dem
Verhalten des Volkes abhängig machen, ob sie der Ort
sein sollen, wo Gott wohnt. Bei uns ist das Gegenteil der
Fall. Wir sind dieser Tempel kraft der Gabe des Heiligen
Geistes, und weil wir es sind, sind wir dazu berufen, hei -
lig zu sein, praktisch für Gott abgesondert in dieser Welt.
Aus diesem Grunde sollten wir uns in keiner Weise mit
der Religion der Welt um uns her verbinden. Dieser
Grundsatz hat dadurch keinerlei Änderung erfahren, daß
der Götzendienst aus der christlichen Welt verschwunden
ist, und infolgedessen die Gottentfremdung eine weniger
grobe Form angenommen hat. Sich damit verbinden, hieße
den wahren Charakter des Volkes Gottes verlieren. „Dar
322
um gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht
der Herr, und rühret Unreines nicht an, und ich werde
euch aufnehmen." (V. 17.) Das ist eine Anführung aus
Jesaias 52. An dieser Stelle handelt eS sich für das Volk
Gottes, das in das verheißene Land eingeführt werden
soll, darum, sich zu lösen von jeder Verbindung mit Babylon,
der Mutter des Götzendienstes, um teilzuhaben an den
Segnungen des Landes Israel. Für uns heute kommt die
Absonderung von „der großen Babylon" in Frage, der abtrünnigen
Christenheit, um einzugehen in unser himmlisches
Kanaan. Und diese Absonderung findet gerade auf
Grund des christlichen Zeugnisses statt. Aber es ist nicht
genug, von „Absonderung" zu reden, denn es kann auch
eine schlechte Absonderung geben. Die Heiligkeit besteht
in der Absonderung für Gott, und für nichts anderes.
Das ist's, was uns von der Religion der Welt
trennt. Unsere Heiligkeit ist für Gott. Hieran knüpft
sich eine sehr große Segnung. „Und ich werde euch zum
Vater sein", steht geschrieben, „und ihr werdet mir zu
Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige."
(V. 18.) Das bedeutet nun nicht, daß wir dann,
wenn wir unö nicht absondern, keine Kinder Gottes mehr
sind, aber der Genuß der Familienbeziehungen zum Vater
hängt von dem Maß unserer Absonderung für Gott
ab, so wie für Israel der Genuß dec Beziehungen zu Jehova
und dem Allmächtigen. Wenn wir, der Familie der
Kehathiter gleich, dazu benutzt werden, die Geräte dcö
Heiligtums zu tragen, könnte es da für uns in Frage kommen,
zu diesem Zweck die Welt mit uns zu verbinden?
Wäre es jemals einem Fremden erlaubt gewesen, die Lade
und den Sühndeckel, oder Näucherfaß und Leuchter, oder
323
den goldenen oder den ehernen Altar zu tragen? Niemand
durfte diese Sachen berühren, wenn er nicht zum Stamm
Levi gehörte, dem diese heiligen Verrichtungen in Israel
aufgetragen waren.
Hierauf kommt der Apostel zu derpersönli ch e n
Heiligkeit, oder, um mit 3. Mose 19 zu reden, zu dem
aus zweierlei Stoff gewebten Kleid. Es ist sicherlich
ernstester Erwägung wert, wenn Paulus in Kap. 7,1 fortfährt:
„Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte,
so laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des
Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden
in der Furcht Gottes". Ich möchte annehmen, daß
die beiden Ausdrücke „Befleckung des Fleisches und des
Geistes" einerseits auf die Heiligkeit Hinweisen, die dem
persönlichen Verhalten geziemt, wie es nach außen in unserem
Wandel zutage tritt, und anderseits aus die Heilig­
keit, was den Zustand unserer Herzen betrifft. So kann
man sich hüten vor jeder Befleckung im Blick auf daö
Zeugnis nach außen — man erscheint tadellos —, und
doch, wenn jemand in unsere Herzen hineinschauen könnte,
wie vieles möchte er da entdecken, das keineswegs der
Reinheit entspricht! Es ist deshalb wichtig, daß wir diese
beiden Seiten unserer persönlichen Heiligkeit in Übereinstimmung
miteinander bringen, daß wir die beiden Schalen
der Waage im Gleichgewicht halten. Unser äußerer
Wandel, unsere Taten und Worte müssen mit dem übereinstimmen,
was in unseren Herzen ist, damit wir mit unserem
geliebten Herrn sagen können: „Mein Gedanke geht
nicht weiter als mein Mund". (Ps. 17, 3.)
Wenn sich die drei genannten Kennzeichen praktischer
Heiligkeit bei den Kindern Gottes finden, so ist damit der
324
Beweis geliefert, daß diese den Ermahnungen dcö Wortes
ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben. Aber jenen Grundsätzen
zuwider wandeln, heißt, die Gnade Gottes vergeblich
empfangen haben.
Gott gebe uns allen, daß sich in unserem christlichen
Leben mehr, viel mehr Wirklichkeit zeige, als es bisher der
Fall war! Er gebe uns, einem jeden einzelnen, einen Geist
der Demütigung und Buße, damit wir treuere Zeugen
Dessen werden, dessen Gnade alles für uns getan hat, und
der uns befreit hat aus der Macht der Finsternis und versetzt
in das Reich des Sohnes Seiner Liebe!
„Ser Anfang der Monate"
(2. Mose 42 u. 43)
Das 42. Kapitel des zweiten Buches Mose beginnt
mit einer Änderung des Jahresanfangs. Ein besonderer
Grund für diese Änderung wird nicht angegeben. Es heißt
einfach: „Dieser Monat soll euch der Anfang der Monate
sein, er soll euch der erste sein von den Monaten des Jahres".
In dieser Bestimmung lag eine Andeutung für das
Volk Israel, daß ihre Verbindung mit Gott in gewisser
Hinsicht einen neuen Charakter annahm, daß sie gleichsam
in neue Beziehungen zu Ihm traten oder in solchen erfunden
werden sollten; und weiter, daß dies eine Notwendigkeit
war, denn es heißt: „Dieser Monat soll euch der Anfang
der Monate sein". Und das wurde ihnen gesagt, als
sie sich noch in Ägypten befanden, an dem Ort des Todes
und des Gerichts, der Stätte, die durch die Natur und das
Fleisch charakterisiert wurde.
Die wichtige Kundgebung findet indessen sehr schnell
Z2S
ihre Erklärung — „Gott ist Sein eigener Ausleger" —,
denn in unmittelbarem Anschluß daran sehen wir die Gemeinde
in Beziehung zu dem Lamm Gottes gebracht, dessen
Blut sie allein vor dem Schwert des Engels sicherstel-
len konnte, oder mit anderen Worten, in welchem allein
jede Forderung ihre Befriedigung fand, die von dem Thron
des Gerichts erhoben wurde, auf dem die Gerechtigkeit
sitzt. Auf diese gesegnete Weise wird Israel darüber belehrt,
daß der neue Charakter, in dem es fortan vor Gott
wandeln sollte, der eines bluterkauften Volkes ist, eines
befreiten und erlösten Geschlechts. Das war die Form,
die das neue Leben, das neue Jahr, in das sie jetzt traten,
tragen sollte. Das war ihre neue Schöpfung, ihre Wiedergeburt.
Diese Wahrheit findet sich in neutestamentlicher
Form in 2. Kor. 5, 16—19 wieder, wo wir von dem Menschen,
der im Glauben und im Bewußtsein seiner Versöhnung
mit Gott wandelt, lesen: „Daher, wenn jemand in
Christo ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen,
siehe, alles ist neu geworden. Alles aber von dem
Gott, der uns mit sich selbst versöhnt hat
durch Iesum Christu m." Das ist das Beginnen des
neuen Jahres durch den Menschen, sein Eintreten in ein
neues Leben, wo er als ein Sünder, der durch das Passah-
Blut Jesu versöhnt worden ist, eine neue Schöpfung geworden
ist. Ebenso in r. Petr, 1, 23, wo von einem solchen
Menschen gesagt wird, daß er wiedergeboren sei durch
das Wort, das ihm das Evangelium verkündigt hat. Und
dieses Evangelium ist die Botschaft von der Erlösung durch
das Blut des Lammes. Hierdurch wird der Gläubige zu
einer gewissen Erstlingssrucht der Geschöpfe Gottes. (Jak.
r, 18.)
Z26
Der Hinweis aus frühster Zeit auf das „eine
neue Schöpfung Gewordensein", wie wir ihn hier in 2.
Mose r2 haben, findet also seine schnelle Erklärung, und
diese Erklärung wird bestätigt durch die eine und andere
Stelle im Neuen Testament. Aber es gibt noch mehr verwandte
Seiten zwischen diesen Kapiteln und Teilen des
Neuen Testaments?)
Am Ende des k2. Kapitels sehen wir das nun erlöste
Volk im Verkehr mit anderen. Sie werden darüber belehrt,
wie sie sich den „Fremdlingen" gegenüber zu verhalten haben.
Ihnen soll gesagt werden, daß sie ebenso willkommen
geheißen würden, in den Segenskreis der neuen Schöpfung
einzutreten, wie sie selbst; sie durften daö Passah mit
ihnen essen oder die Erlösung mit ihnen feiern. Freilich
mußten sie dazu beschnitten werden, so wie die Israeliten
beschnitten worden waren. Sie mußten sich lossagen vom
Fleisch oder dem Zustand der alten Schöpfung. So durften
sie dann mit ihnen eintreten in das neue Jahr, ins
neue Leben und die neue Schöpfung Gottes in Christo
Jesu. Das Vertrauen auf das Fleisch muß verschwinden,
aber an seine Stelle tritt ein sich Christi Jesu Rühmen —
das ist die Beschneidung. (Phil. Z, Z.)
Im Neuen Testament ist die Apostelgeschichte die führende
und mit allen Rechten ausgestattete Zeugin und Bewahren»
dieses der Verkündigung des Evangeliums gewidmeten
Dienstes der Erlösten. In ihr sehen wir, wie die
Heiligen sich an die „Fremdlinge" wenden — ganz in der
*) Der Aufbau von Joh. 3 gleicht dem von 2. Mose s2.
Dort beginnt der Herr mit dem Zeigen der Notwendigkeit der
Wiedergeburt oder der Notwendigkeit, eine neue Achöpfnng zu
sein, aber Er erklärt erst später, wie dies geschehen kaun. (Dergl.
v. Z mit sH u. s b.)
Z27
einfachen Art der uns beschäftigenden Stelle. (2. Mose 72,
43—49.) Wenn wir diese Verse lesen, atmen wir die Luft
des Neuen Testaments. Wir sind in Verbindung mit dem
Heiligen Geist, der in späteren Tagen die Apostelgeschichte
beseelt. Kraft der durch das Passah-Blut, das Blut des
Lammes Gottes, bewirkten Versöhnung verkündigen wir
allen um uns her, daß das Reich ihr Teil sei auf Grund
ihrer Wiedergeburt, ihres Glaubens an den Einen, „welcher
unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer
Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist". „Wir
sind Gesandte für Christum, als ob Gott durch uns ermahnte",
und rufen immer noch den „Fremdlingen" zu:
„Laßt euch versöhnen mit Gott!" (Vergl. Röm. 4, 25
und 2. Kor. 5, 20.) Wie lieblich, überzeugend und kostbar
ist eö doch, den Geist und die Grundsätze des Neuen Testaments
zu finden, wenn wir diese so sehr früh erfolgten
Kundgebungen des Alten lesen!
Aber da gibt es noch mehr dieser Art. Ebenso wie der
Gläubige sich an die „Fremdlinge" wenden soll, soll er
auch achthaben auf sich selbst, soll einen ordentlichen Wandel
führen und seiner Seele die rechte Nahrung zuführen,
den Besonderheiten der göttlichen Berufung und dem Sinn
des Geistes entsprechend. Das ist das Nächste, was wir
im 73. Kapitel finden, und dasselbe finden wir, sowohl
der Form als auch dem Charakter nach, in den Briefen des
Neuen Testaments.
Das 73. Kapitel zeigt uns den Israel Gottes, der
jetzt durch das Blut erlöst und dadurch in Gottes Gegenwart
und Gemeinschaft gebracht worden ist, in seinem Verhalten
dieser seiner hohen Stellung und Berufung gemäß.
Alle seine Quellen findet er in Gott; das, was Gott für
Z28
ihn getan hat, ist jetzt für ihn Ausgangspunkt, Berufung
und die verborgene Kraftquelle für all sein Tun. Er reinigt
sich, indem er das Fest der ungesäuerten Brote feiert.
Er bringt sich selbst dar, indem er sein Erstgeborenes lind
seine Erstlingsfrüchte dem Herrn bringt. Und nach dem
Grund für all dieses Reinigen, für all dieses Darbringen
gefragt, erzählt er einfach, was der Herr für ihn getan
hat, als er in Ägypten war, in Knechtschaft an dem Ort
des Todes und des Gerichts. Das ist seine einzige Erwiderung
auf alle Fragen, die an ihn gestellt, oder alle Einwendungen,
die gegen sein Verhalten gemacht werden mögen.
So wird zum Ausdruck gebracht, daß die Quellen seines
sittlichen Lebens in der Rettung seines Gottes sind.
Und auf noch einen Anklang an den Geist des Neuen
Testaments möchte ich aufmerksam machen, den wir in
den Versen Z u. 4 dieses Kapitels finden. Hier wird Israel
nämlich aufgefordert, des Tages seiner Befreiung
zu „gedenken" — fürwahr ein Wort, das deutlich an den
Geist des Neuen Testaments erinnert. Denn das, was den
Gläubigen dieses Zeitalters des Evangeliums als eine ständige
Verordnung auferlegt ist, ist ja nichts anderes als ein
Fest des „Gedächtnisses". (4. Kor. 41, 23—26.) Und andere
Stellen des Neuen Testaments zeigen uns, daß dieses
„Gedenken", dieses „Sicherinnern" gerade die Beschäftigung
der Ewigkeit oder des Lebens der Erlösten in Herrlichkeit
sein wird. (Vergl. Offbg. 1, 5; 5, 9.) I. G. B.
Tut, wie ihr seht, daß eure Kinder gegen euch tun. Sie legen
sich des Nachts nieder und schlafen ohn alle Sorge. Sie kümmern
sich lauter nichts, wo sie morgens ein Stück Brot oder Suppe nehmen
wollen; denn sie wissen, daß Vater und Mutter für dasselbe
sorgt. Luther
— 32Y -
„Ses Gewissens wegen"
„Das Wort Gottes ist ... ein Beurteiler dec Gedanken
und Gesinnungen des Herzens . (Hebr. 4, 42.)
Haltung, Einstellung und Tun des Menschen werden hinsichtlich
der Beweggründe durch dieses Wort bloßgelegt.
Das Verhaltendes Menschen sieht seine Umgebung;
die Beweggründe des Verhaltens kennt Gott allein, und
nur Ihm steht daher letzten Endes über diese das abschließende
Urteil zu. Er spricht das letzte Wort in allem.
Aus Römer 43, 5 geht hervor, daß unser Tun verschiedene
Beweggründe haben kann. Es handelt sich an dieser
Stelle darum, untertan zu sein der von Gott gegebenen
Obrigkeit, die als Gottes Dienerin dasteht, eine Rächerin
des Bösen und zum Lobe derer, die Gutes tun. „Sie trägt
das Schwert nicht umsonst", d. h. sie weiß ihren Anordnungen
und Gesetzen Achtung und Nachdruck zu verschaffen.
Das ist das Kennzeichen einer mit Autorität ausgestatteten
Obrigkeit. Dann heißt es: „Darum ist es notwendig,
untertan zu sein, nicht allein der Strafe wegen, sondern
auch des Gewissens wegen". (Röm. 43, 5.) Die Strafe
trifft den Aufrührer und Empörer, den Unbotmäßigen und
Ungehorsamen. „Mit Aufrührern laß dich nicht ein", sagt
die Schrift. (Spr. 24, 24.) Doch nicht die Furcht vor Strafe,
die Furcht, die den Knecht kennzeichnet und den Kleinmütigen
beseelt, sollte den Jünger Jesu veranlassen, der
Obrigkeit untertan zu sein. Er sieht vielmehr in ihr die nach
Gottes Willen vorhandene Macht zur Aufrechterhaltung
der Ordnung, und in dieser Erkenntnis unterwirft er sich
willig, weil er damit dem Willen und der Ordnung Gottes
entspricht.
Z30
Diese für jedes Kind Gottes, für jeden Jünger Jesu,
wenn'ö recht steht, selbstverständliche innere Haltung
könnte jedoch zu der Frage führen: „Warum erwähnt denn
der Geist Gottes hier überhaupt die Strafe?" Sicher haben
die Christen in Rom, an die dieses Wort zunächst gerichtet
ist, den Hinweis gut verstanden. Ihnen war es nicht so
leicht gemacht, untertan zu sein. In Rom herrschte Nero,
ein blutdürstiger Feind des Namens Jesu und Seiner Bekenner,
ein Mann des Frevels und der Willkür. Da lag es
nahe, aus Furcht vor Strafe, aus Furcht vor dem Tyrannen
die Haltung anzunehmen, welche eigentlich aus einem
besseren Beweggrund hervorgehen sollte. „Unterwerfet
euch nun aller menschlichen Einrichtung um des
Herrn willen", schreibt Petrus, ("l. Petr. 2, "lZ.) In
diesen Worten ist sowohl Haltung als auch Beweggrund
für jedes gehorsame Kind Gottes klar gezeigt.
„Um des Herrn willen" geziemt sich für den Christen Unterwürfigkeit
gegenüber der gottgegebenen Regierung und
ihren Maßnahmen. Als unser Herr auf Erden wandelte,
regierte der römische Kaiser an der Stätte des Heiligtums
Jehovas, während der zu Seinem irdischen Volke gekommene
König und Messias mit Hohn abgewiesen wurde.
Welche Stellung aber nahm unser bewundernswertes Vorbild
diesem, ich möchte sagen, völlig regelwidrigen Zustand
gegenüber ein? „Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist,
und Gott, was Gottes ist!" lautete Seine erhabene Antwort
auf eine listige Frage Seiner Feinde.
Doch noch eine andere Weisung des Wortes Gottes
ist hier zu beachten. Derselbe Apostel, der die Gläubigen
in Rom ermahnte, „untertan zu sein", forderte durch Timotheus
dazu auf, „Flehen, Gebete und Fürbitten zu tun
— 3Zr —
für Könige und alle, die in Hoheit sind". Das geht noch
einen Schritt weiter. Während Untertansein gleichbedeutend
ist mit Stillhalten, und unter Umständen auch mit Leiden
— so war es zur Zeit der Apostel —, bedeutet Beten und
Flehen Tätigkeit. Diese Tätigkeit sollte ausgeübt werden,
„auf daß wir ein ruhiges und stilles Leben führen
mögen in aller Gottseligkeit und würdigem
Ernst". (1. Tim. 2, 4. 2.) Auf das letztere kommt es
an. Dem Apostel schwebte gewiß nicht ein sogenanntes
stilles, sorgloses Leben vor Augen. Nie würde das
der Art dieses unermüdlichen Mannes entsprochen haben,
nie auch der Gesinnung seines großen Vorbilds Jesus Christus,
der einst daö Wort sprach: „Mein Vater wirkt bis
jetzt, und ich wirke". (Joh. S, 77.) Was er wünscht,
ist ein Leben, das den Gläubigen die Möglichkeit gibt, den
Gedanken und dem Willen Gottes entsprechend tätig
zu sein, und Gott „will, daß alle Menschen errettet
werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen". (V.
4.) Sollten nicht auch in bezug hierauf unsere Gewissen
in Übung sein? Gottes Wille ist, den Menschen zu
segnen, und welche Segnung könnte höher sein als die,
errettet zu werden und zur Erkenntnis der Wahrheit zu
kommen? Der erste Beweggrund für Bitten und Flehen
für alle, die in Hoheit sind, ist also hier der gnadenreiche
Wille Gottes.
Wenn nun aber auch die Erfüllung der großen göttlichen
Absichten in bezug auf das Befreitwerden solcher,
„welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der
Knechtschaft unterworfen sind", hier im Vordergrund stehen
mag, so ist doch anderseits die gegebene Aufforderung
ganz gewiß ohne jede Einschränkung zu verstehen. Es ent
3Z2
spricht sicherlich voll und ganz unserer christlichen Stellung,
wenn wir in Fürbitte und Dankbarkeit täglich unseres
Landes und Volkes und aller, die in Hoheit sind, vor dem
Thron der Gnade gedenken, fürbittend vor allem die Männer
vor Gott bringen, welche an der Spitze unseres Volkes
stehen, auf daß sie die erforderlichen Maßnahmen und
Entscheidungen treffen in der Erkenntnis, daß an Gottes
Segen alles gelegen ist. Das wird unserem Lande und
Volke zum bleibenden Segen gereichen.
Ein wahrer Christ kann nie unter den Mißmutigen
und Unzufriedenen seinen Platz haben. Dankbar für das
empfangene Gute und mit freudigem Vertrauen stützt er
sich auf den lebendigen Gott und erbittet für sich und für
sein Volk und Land Schutz und Hilfe, Rettung und Bewahrung,
Gnade und Segen von Dem, der die Zügel Seiner
vollkommenen Regierung nie aus den Händen gibt.
Ein besonderes Kennzeichen des Antichrist ist, daß
er „widersteht und sich selbst erhöht über alles, was Gott
heißt oder ein Gegenstand der Verehrung ist". (2. Thess.
2, 4.) Für den Christen heißt es: „Fürchtet Gott, ehret
den König!" (4. Petr. 2, 47), und ferner: „Gebet... die
Ehre, dem die Ehre gebührt". (Röm. 43, 7.) Sind diese
Worte für das einfältige Kind Gottes nicht unzweideutig?
Da bedarf es wahrlich nicht des Hinweises, daß dem vorhandenen
Oberhaupt in jedem Fall die Ehre gebührt, auch
dann, wenn ein gekrönter König fehlt. Zu aller Zeit wird
der dem Worte Gottes gehorsame Gläubige jede von Gott
gegebene Autorität mit Dank gegen den Geber anerkennen
und ihr die gebotene Ehre erweisen in dem Bewußtsein,
dadurch den Geber selbst als die höchste Autorität zu
ehren.
Aanuar1934
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. Z.j
Zweiundachtzigster
Zahrgang
1
Inhalt Seite
„Lis hierher hat uns Jehova geholfen" . . . . 1
„wenn jemand mich liebt............ ".................... 7
Unterredungen über den zweiten Lrtef an die
Korinther I.......................................................15
Gedanken...........................................................23
„wenn ihr in mir bleibet ...".......................24
Habet den Glauben nicht mit Ansehen der Person l 26
Seine Zunge sGedtchtj........................................ 28
Verls« 8. Lrockhau« / Wuppertal - Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto Löln rzdzy
Schriftleiter: wich. Lrockhaus, Wuppertal» Elberfeld» Laustr. zr
Betrachtungen über öas Wort Gottes
L. H. M.: Vie fünf Bücher Mose
5 Lände. Zn Halbleinen gebunden........................ 9.—
Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................ 12.—
preise der einzelnen Bände;
1. bis 4. Mose Halbleinen je AM 1.80- 5. Mose . . 2.50
1. bis 4. Mose Ganzleinen je AM 2.50,- Z. Mose . 3.-
H. R.: Die Bücher Samuel bis Esther
3 Lände. Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 9.-
preise der einzelnen Bände:
Oie Bücher Samuel............................................... Z.-
Oie Sucher der Könige........................................... 3.80
Oie Bücher Esra, Nehemia und Esther................ 2.70
I. R. V.: Das Reue Testament
5 Lände. Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 20.—
preise der einzelnen Bände;
Matthäus und Markus........................................... 3.60
Lukas und Johannes............................................... 4.—
Apostelgeschichte bis ll. Korinther........................... 4.50
Galater bis Philemon........................................... Z.-
Hebräer bis Offenbarung....................................... 4.50
SeschenkauSgabe in Kassette:
5 Lände in Halbfranz (Lederrücken und -ecken) mit
Kopfgvldschnitt ........................................................ 30.—
R B.: Gebauten über örn Vries an Sie Römer
Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel.... 3.15
Geüanken über ben Vries an bte Galater
Zn starkem Umschlag............................................... 1.50
Zn Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................ 2.25
Billige Linzelbanüchen in starkem Umschlag:
H.A.: Oer Prophet Hosea ...............................................
Oer Prophet Maleachi............................... . . .
Z.A.O.: Sprüche, Prediger, Lieb der Lieber ................
Die Apostelgeschichte...............................................
Oer Lrief an die Römer .......................................
Oie Ärie e
Die Äriefe
Oie Ärie e
Oie Lrie e
Oie Lrie e
Oer Ärie"
an die Korinther...........................
an die Galater und Epheser . . .
an die philipper und Kolosser . . .
an die Thessalonicher ....................
an Timotheus, Titus und Philemon
an die Hebräer...............................
1.10
-.80
-.40
1.10
1.10
1.35
1.35
1.25
1.10
1.25
1-
-.90
-.90
1.25
Oer Lrief des Zakobus und die Briefe des Petrus
Die Briefe des Zohannes und der Lrief des Zudas
Oie Offenbarung . ...............................................
R. Vrockhaus/ Verlag/ Wuppertal-Elberfelö
Botschafter-Jahrgang
In Ganzleinen mit Golbtitel............................ NM. 3.—
Botschaster-Einbanööecke
Ganzleinen mit Goldtitel....................................NM. 0.70
Visu, bezw. in neuer Auflage sind erschienen:
Nr. 240
Was öle Schrift mir sagt
(Sonderdruck aus „Botschafter")
4h Seiten. Preis................................................... NM. 0.40
Nr. 243
Du unö öein Haus os-r.
Der Christ in seinem Hause
32 Seiten. Preis....................................................NM. 0.20
Zur Verbreitung werden empfohlen:
Billiges Daschentestoment
mit Psalmen
Zn starkem Kalikoumschlag .... RM. -.90
Das Evangelium nach Matthaus
Zn starkem Papierumschlag .... RM. -.40
Das Evangelium nach Lukas
Zn starkem Papierumschlag .... RM. -.40
Der Sturrm
Neu ist erschienen:
anß Larcasfonne
Line Erzählung aus der Zeit des Albigenser-Kreuzzuges
Aus einer Besprechung:
Vas mich besonders drängt, diese christliche Erzählung den
Lesern warm zu empfehlen, ist der Umstand, daß sich — ob
gewollt oder ungewollt — durch dieses Buch wie ein roter
Faden die Forderung an den Gläubigen zieht, „seine Berufung
und Erwählung festzumachen". Ls handelt sich um
die erwachsenen Rinder eines Vaters, der die göttliche Wahrheit
von ganzem Herzen erfaßt hat; sie selber aber stehen
in Gefahr, „die alten Grenzen zu verrücken, welche die Väter
gemacht haben", in dem Wahne des Besserwissens. Die
Geißel der Verfolgung bewirkt, daß das zuvor nur Angelernte
bei allen zum Besitztum des Herzens wird. — Mögen
viele Leser das von der ersten bis zur letzten Seite spannend
geschriebene Buch zur Hand nehmen mit dem Gewinn, daß
auch sie mit Herzensentschluß „die Wahrheit kaufen" und
nicht wieder verkaufen. (F. v. R. in „Die Tenne")
23 f Seiten, In feinem Ganzleinenband .... RM. 3.80
Aus anderem Verlag wird bestens empfohlen:
-kwcheugeschtchte >««««.»«»
von Prof. R. Sohm.
Ganzleinenband ...........................................................RN. 3.-
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 2ZZ Tlorth 7th Street, Paterson R. I.
In der Schweiz bei:
7t. Müller-Kersting, Kiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem).
Gedruckt bei F. u. V. Lrockhzus, Vuppeitrl»Llberfeld
„Ser Botschafter" mtt „Mitteilungen aus dem 'Merke de»
Herrn in der Kerne-- kostet vierteljährlich 75 Pfennig.
Kebruar 1934
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. q, Z.l
Kveetundschtzigster
Ashrgang
2
Inhalt Seite
Sie Seligpreisungen I........................................ 29
Bemerkungen üver Psalm 22..............................39
Unterredungen über den Metten Brief an die
Korinther I...................................................... 45
Einige Gedanken zur Keter des Nahles des Herrn 49
Er denkt an mich...............................................zö
Verlas R. Lrockhaus / Wuppertal» Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto Köln lzöz-
Schriftleiter: wilh. Lrockhaus» wuppertal»Elb«rfeld» Laustr. 52
R. Vrockhaus/ Verlag/ Wupperlal-Llberfelö
Der Sturm
Neu ist erschienen:
aus Sareassonne
Sine Erzählung aus der Zett des Albigenser-Kreuzzuges
Aus einer Besprechung:
Mas mich besonders drängt, diese christliche Erzählung den
Lesern warm zu empfehlen, ist der Umstand, daß sich — ob
gewollt oder ungewollt — durch dieses Buch wie ein roter
Laden die Forderung an den Gläubigen zieht, „seine Berufung
und Erwählung festzumachen". Ls handelt sich um
die erwachsenen Rinder eines Vaters, der die göttliche Wahrheit
von ganzem Herzen erfaßt hat; sie selber aber stehen
in Gefahr, „die alten Grenzen zu verrücken, welche die Väter
gemacht haben", in dem Mahne des Besserwissens. Die
Geißel der Verfolgung bewirkt, daß das zuvor nur Angelernte
bei allen zum Besitztum des Herzens wird. — Mögen
viele Leser das von der ersten bis zur letzten Seite spannend
geschriebene Buch zur Hand nehmen mit dem Gewinn, daß
auch sie mit Herzensentschluß „die Wahrheit kaufen" und
nicht wieder verkaufen. (L. v. R. in „Die Tenne")
23s Seiten. sZn feinem Ganzleinenband .... RM. 3.80
Aus anderem Verlag wird bestens empfohlen:
Awcheugeschichte
von Prof. R. Sohm.
Ganzleinenband .......................................................... RN. 3.—
Sotschaster-Iahrgang
In Ganzleinen mit Goldtitel............................ RM. Z.—
Sotschaster-Embanö decke
Ganzleinen mit Goldtitel....................................RM. 0.70
Betrachtungen über öas Wort Gottes
L. H. M.: Die fünf Bucher Mose
5 Lande. Zn Halbleinen gebunden........................ 9.—
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................ 12.—
preise der einzelnen Bände:
1. bis 4. Mose Halbleinen je RM 1.80,- 5. Mose. . 2.S0
1. bis 4. Mose Ganzleinen je RM 2.50- 5. Mose . . 3. -
h. R.: Vie Sucher Samuel bis Esther
3 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 9.-
preise der einzelne» Bände:
Oie Lücher Samuel............................................... 3.—
Oie Lücher der Könige........................................... 3.80
Oie Lücher Esra, Rehemia und Esther................ 2.70
I. N. D.: Das Reue Testament
5 Lände. In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel 20.—
preise der einzelne» Bä»de:
Matthäus und Markus........................................... 3.60
Lukas und Iohannes............................................... 4.—
Apostelgeschichte bis II. Korinther............................ 4.S0
Galater bis Philemon........................................... 5.—
Hebräer bis Offenbarung....................................... 4.50
Geschenkausgabe in Kassette:
5 Lände in Halbfranz (Lederrücken und -ecken) mit
Kopfgoldschnitt .......................................................... 30.—
R. B.: Geüanken über Äen Brief an sie Romer
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel................. 3.15
Gedanken über öen Brief an die Galater
In starkem Umschlag.............................................. 1.50
In Ganzleinen gebunden mit Goldtitel.................. 2.25
Billige Linzelbänüchen in starkem Umschlag:
H.R.: Oer Prophet Hosea ...............................................
Oer Prophet Maleachi............................... . . .
I.N.O.: Sprüche, Prediger, Lied der Lieber ................
Oie Apostelgeschichte...............................................
Oer Lrief an die Römer.......................................
Oie Äriefe
Oie Lrie
Oie Äriefe
Oie Äriefe
Oie Äriefe
Der Lrief an die Hebräer ...................................
Oer Lrief des Iakobus und die Äriefe des Petrus
Oie Äriefe des Iohannes und der Lrief des Iubas
an
an
an
an
an
die Korinther...............................
die Galater und Epheser . . . .
die philipper und Kolosser . . . .
die Thessalonicher ........................
Timotheus, Titus und Philemon .
Oie Offenbarung ...................................................
1.10
-.80
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1.10
1.10
1.35
1.35
1.25
1.10
1.25
1.-
-.90
-.90
1.25
e
R. Vrockhaus, Verlag/Wupperlal-Llberfelö
Von der vorletzten Ausgabe des
Taschenliederbuches mit AM
auf besonders dünnem Papier
ist noch eine kleine Anzahl Bände (sämtlich völlig
einwandfreie Stücke) vorrätig, die hiermit besonders
billig angeboten werden:
ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rotgoldschnitt . . (Preis bisher 40.00) 6.50
ff. braun Saffian, dto. dto. (Preis bisher ilo.so) ^00
in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Marokkoleder, mit Rotgoldschnitt
(Baxterband)............................ (Preis bisher 42.50) S.50
in ff. braunem Baxterband (Preis bisher 43.00) 9.00
Da der Vorrat, wie bemerkt, nur gering ist, empfiehlt
sich baldige Bestellung.
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 North Ith Street, Paterson N- I.
In der Schweiz bei:
7t. Müller-Kersting, Kiechtenfiraße, Huttwil (Kt. Bem).
Gedruckt Sei K. u. V. Lrvckhsus, S-»G-, Vuppertal^Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Vperke des
Herrn in der Kerne" kostet vierteljährlich 7s Pfennig.
März 1YZ4
Botschafter
-es
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, s l
Aweiundachtzlgster
Aahrgsng
3
Inhalt Seite
Sle Seligpreisungen II........................................ 57
Eine Erfahrung, die zu denken gibt.................... 64
Unterredungen über den zweiten Brief an die
Korinther II ...................................................67
„Sie Zeit erkennend"........................................ 75
Kragen aus dem Leserkreise..............................83
„Nur auf Gott vertraut still meine Seele, von
Ihm kommt meine Rettung".......................... 84
Verlag R. Lrockhau» / Wuppertal -- Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto Köln rsdzg
Schriftleiter: wich. Lrockhaus, wuppertal»Llberf«ld, Laustr- 52
^,5'cm dick, ca 300 gr. schwer
Auf gutem Hader n-Dünndruck:
53 f Kunstleder mit Rotschnitt ....................................5. HO
532 Leder mit Rotschnitt....................................................... 7.75
Auf allerfeinstem deutschen India-f)apier:
533 Saffianleder mit Rotschnitt......................................... (s.70
53H Saffianleder mit Goldschnitt......................................... s3.50
535 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Rotschnitt 1(5.30
536 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt s 7. —
537 Saffianleder, biegsam, mit Rotschnitt .... fH.HO
5381 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt......................................... (8.75
538II ff. braun Saffian, dto. dto..................................
5391 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Linband
(Schutzklappen), Marokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) ................................... 23.50
539II in braunem Baxterband......................................... 2H.50
Hausbibel
Garmond, Lexikon-Gktav, s 7,5:25 cm groß, s,900 kg schwer
500 Doppel-Kaliko mit Marmorschnitt............................... 9-80
50f Doppel-Kaliko mit Rotschnitt......................................... sO.50
502 Halbleder mit Marmorschnitt................................... (2.30
502a Halbleder mit Notschnitt................................................(3.—
503 Halbfranz, Lederrücken, Lederecken und Goldschnitt s8.50
504 Saffianleder mit Marmorschnitt ........................20.—
50Ha Saffianleder mit Rotschnitt......................................... 20.70
505 Saffianleder mit Sxangenprägung und Goldschnitt 25.50
506 Saffianleder mit Goldschnitt und Goldlinien . . 27.—
507 braun oder schwarz Safian mit Reichgoldverzierung
auf Rücken, vorder- und Rückseite, Innenkanten vergoldet,
mit Goldschnitt ..........................................36.—
In 2 Bänden: Altes und Neues Testament getrennt:
555 Doppel-Kaliko mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . (3.—
556 Halbleder mit Marmorschnitt oder Notschnitt . . s7.—
556 Halblsder mit Marmorschnitt oder Rotschnitt . . f7.—
Laschentestament mit Psalmen
10 : 15 cm groß Rlk.
Billige Ausgabe in starkem Kaliko-Umschlag .... —.90
590 Kunstleder mit Rotschnitt .......................................... 2.50
591 Leder mit Rotschnitt........................................5.—
592 Leder mit Goldschnitt ......................................... 6.—
590 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Notschnitt 8.50
594 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Goldschnitt 9-^0
5951 fs. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt....................................12.—
59511 ff. braun Saffian, dto. dto....................................... (2.50
596 I in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schuhklappen), Rlarokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) ....................................................................... 15.—
596II in braunem Baxterband ................................... 15.50
Laschenlieüerbuch mit Koten
8 : 12 cm groß
610 Kunstleder mit Rotschnitt ........ 2.20
611 Saffianleder mit Rotschnitt .......................................... —
6s2 Saffianleder mit Goldschnitt ............................... 5.—
6s5 Saffianleder, persisch (Schutzklappen) mit Notschnitt 6.50
61H Saffiaisteder, persisch (Schutzklappen) m. Goldschnitt 7.50
6(51 ff. schwarz Saffian, biegsam, Innenkanten vergoldet,
mit Rot-Goldschnitt....................................IO.—
6(5 II ff. braun Saffian, dto. dto...................................... 10.50
6161 in ff. schwarzem, biegsamen persisch. Einband
(Schutzklappen), Rlarokkoleder, mit Rot-Goldschnitt
(Baxter) ....................................................................... 12.50
616II in braunem Baxterband ................................... 13.—
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 23Z Tlorth 7th Street, Paterson N. L.
In der Schweiz bei:
71. Müller-Kersting, Ziechtenstrahe, Huttwil (Kt. Bem).
Less/re/ers 2>r//r^es ^4/r^e-v//
Taschenbibei
letzte Exemplare der I. und 9. Auflage
(sämtlich völlig einwandfreie Bände)!
/ (y. Auflage) auf gutem, hadernhaitigen Dünndruck,
12:17 cm groß, 2,s cm dick, 470 Gramm schwer.
Preis
bisher letzt
Saffianleder mit Marmorschnitt..........................(8.20) 6 —
Saffianleder mit Goldschnitt.............................(10.30) 1.50
Saffianleder mit Goldschnitt u. 8 bibl. Karten (10.80) 8.—
// (7. Auflage) auf ff. Hadern-Dünndruck, 12:17 cm groß,
2 cm dick, 425 Gramm schwer, mit 8 bibl. Karten
513a Saffianleder mit Rotschnitt....................(10.60) I.—
515 a persisch (Schuhklappen) mit Rotschnitt . (14.50) KO —
516a persisch (Schuhklappen) mit Goldschnitt (16.60) K2 —
517a Saffianled. Ledervors., weichm.Rotschn. (13.50) 9.50
518a I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsah,
Innenkanten vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt
.................................................... (18.-) K5.—
518a II. ff. braun Saffian dto. dto. . . . (is.25) K4.—
510 al. in ff. schwarzem, weichen persischen
Einband (Schuhklappen), Marokkoleder
mit Rotgoldschnitt (Laxier) .... (22.25) K6 —
5lSa II. in braunem Ä-axterband . . . (23.50) Kl.—
Gedruckt »ei u. w. Srockhuu«, 8.-G-. wuvvertal^ Elberfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Werke des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. i.so
Ltpril lyzq
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. 4, Sl
K«>e1undachtz1gster
Jahrgang
4
Inhalt seit«
Sie Seligpreisungen III...................................85
Unterredungen über den zweiten Lrief an die
Lvrinther III.................................................yz
Etwas, woran wir mehr in Kürvttte denken
sollten......................................................... ioo
Sie Einheit des Geistes.....................................104
Elis und Obadja............................................... no
Ser Morgenstern IGedichts.............................. 112
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal» Elberfeld / Postfach 227
Postscheckkonto LLln lzbzy
Schriftleiter: wich. Srockhsus, Wuppertals-Elberfeld, Saustr. 52
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Pf«.
l 75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung cinzugeben......................................... so
f76 Naaman, der S^rer...........................................................HO
f7H Der Vater und der verlorene Sohn................................... fO
f82 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . fO
f86 Bist du deiner Errettung gewiß?................................... s5
H87 L. H. M>: Was ist die Wiedergeburt? .... 20
f88 Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?............................................... fO
l.89 R. B.: Gibt es eine Allversöhnung?............................. 1,5
R. B.: Lin Wort über die christliche Taufe ... f5
20 f Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 pfg., fOO Stück . f50
203 Gerechtfertigt und befreit ............................................... sO
20H R. B.t Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis...........................................................HO
205 Was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.t Der Thrift u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" sO
208 Der Gläubige und der verfall......................................... HO
209 L. H. M.t Gedanken über das Abendmahl des Herrn HO
2f0 R. B.t Der Tisch des Herrn............................................... sO
2ff Der Unterschied zwischen der Ankunft Lhristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit........................................................... sO
2H2 L. B.: Alles in Christo..................................................... HO
2f3 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
2H5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde . .............................................................................30
2H6 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
2f8 R. B.t Nach Wahl der Gnade.........................................50
2s9 R. B.t Wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Opfers Christi................................... 10
22f R. B.t „Ich komme bald!" Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 30
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Lhristi ... 20
22H Ein Wort über Frauendienst..................................... f5
225 R. B.t Gethsemane................................................ HO
226 R. B.t Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . fO
227 I. N. Darbtzt Die Opfer des 3. Buches Risse und
ihre vorbildliche Bedeutung...............................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn fO
229 Nehemia oder: Das Bauen der Mauer............................. 20
230 I. N. Darbtzt Was ist eine Sekte?............................... 5
Nr. Pfg.
23 s Die Versammlung und die Zucht....................................s5
233 R. B.t „Da bin ich in ihrer Mitte"..............................sO
234s <Lin Wort über Gebetsheilungen.........................................sO
237 Christus der Mittelpunkt, oder: warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . , . s5
238 Gottes Wort und Gebet..................................................... s5
23I Unabhängigkeit aus kirchlichem Gebiet..............................sO
2H0 Was die Schrift mir sagt................................................sO
24s s Das Abendmahl des Herrn................................................. 5
2H2 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . . . s5
24s3 R. B.: Was ist Anbetung?............................................... sO
24s4s „Alles geschehe anständig und in (Ordnung" . . . . s5
2H5 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören................................................................. 1.0
2H7 Segnung u. Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth sO
24s8 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe sO
23 s Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet . . . s5
252 R. B.t Das Reich Gottes............................................... sO
254s R. B.t Über das Verhalten des Gläubigen zur Ehe 20
255 R. B.t Die Lhe des Lhristen...............................................50
258 Die Welt und der Christ..................................................... sO
259 R. B.t Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien"............................................... 20
26s „Ich bin's!" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.t Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 30
263 Was Hiob zu lernen hatte, oder: Wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?......................................... HO
264s L. B.t Der Sabbath und der Tag des Herrn . . . HO
266 R. B.t Christus oder der Antichrist? Wen erwarten
wir? ............................................................................. sO
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht .... 7
269 E. Bll.: Eine Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. n. Darb?: Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw....................................................................... s0
27s H. R.t Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit.................................................................20
273 I. N. Darb?: Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes...................................................................................s5
27H Gottesdienst und Dienst am Wort........................................ HO
275 R. B.: Die Versammlung oder Gemeinde . . . . s0
276 R. B.t Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi.................................................................30
277 R. B.: Älteste und Diener........................... 20
279 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle..................................................... s5
28s R. B.t „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) , . 2
29 s Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat)............................... 2
Besonders -r//r^es ^4/r^e^v//
Taschenbibel
letzte Exemplare der I. Auflage
(sämtlich völlig einwandfreie Bände)!
// (7. Auflage) auf ff. Hadern-Oünndruck, 12:17 cm groß,
2 cm dick, 425 Gramm schwer, mit 8 bibl. Karten
Preis
bisher jetzt
513 a Eaffianleder mit Rotschnitt................... (10.60) ?.—
515 a Persisch (Schuhklappen) mit Rotschnitt . (14.50) 10 —
516 a Persisch (Schuhklappen) mit Goldschnitt (16.60) 1L.—
517 a Saffianled. Ledervors., weich m. Rotschn- (13.50) 9.6V
518a I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsah,
Innenkanten vergoldet, weich mit Rot-
goldschnitt .................................................(48.-) 13.—
518a II. ff. braun Saffian dto. dto. . . . (19.25)14.—
519a II. in ff. braunem, weichen persischen
Einband (Schuhklappen), Marokkoleder
mit Rotgoldschnitt (Laxier) .... (23.50) II —
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Tiorth 7th Street, Paterson 7k. Z.
In der Schweiz bei:
R. Müller-Kersting, Kiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem)
Gedruckt Set 8- u. V. Srockbsu», Wuppertal»Elberfeld
Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Vperke des
Herrn tn der Kem«" kostet halbjährlich RM. i.so
1Y34
Botschafter
des
tzeils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. q, Z.I
Aweiundachtzigster
Aahrgang
s
Inhalt s-lte
Sie Seligpreisungen IV................................113
Levensstürme...................................................123
Unterredungen über den zweiten Lrief an die
Lorinther IV...................................................132
„Lasset euer Licht leuchten!"....................... iqo
Verlag R. Srockhsu« / Wuppertal» Elkerfeld / Postfach rar
Postscheckkonto LLln tsbzp
Schriftleiter: will). Lrockhaus, Wuppertal-Elöerfsld, Laustr. zr
Älteve
Botfcha-teir-Liahvsünse
Aus alten Botschafter-Heften sind wiederum eine Anzahl Jahrgänge
zusammengestellt worden, die hiermit freundlichst angeboten
werden:
Zn Ganzleinen gebunden
mit Goldiiiel
Jahrgänge 4894, 4893, 4894, 4896
bis 4899, 4902, 4903, 4906 bis
4947 (z. T. nur einzelne Exemplare)
Jahrgänge 4948 und 4949 . . .
Jahrgänge 4920 und 4924 . . .
(nur wenige Exemplare)
Jahrgänge 4922 und 4923 . . .
Jahrgänge 4924 bis 4933 . . .
je NM. 2.so
/- -/ 2 -
-- -- 2.S0
,, 2.S0
// // 3.
Mitteilung
Die im Mai fällige Nummer der
sus c/em e/es Zlerrn
rn «/er Ztzrne"
kann diesmal nicht erscheinen, weil sich der verantwortliche
Schriftleiter, Br. ErnstBrockhaus,auf
einer längeren Auslandreise befindet.
So Gott will, erscheint die Nummer im Juni.
Der Verlag.
Lesv/reZers Z>rZZr'^es ^4nLeZ»vZ/
Taschenbibel
letzte Exemplare der T. Auflage
(sämtlich völlig einwandfreie Bände)!
77(7. Auflage) auf ff.Hadern-Oünndruck, 72:17 cm groß,
2 cm dick, 425 Gramm schwer, mit 8 bibl. Karten
preis
bisher letzt
517 a Safflanled. Ledervors., weich m. Okotschn. (13.50) 9.50
S18a l. ff. schwarz Saffian, Ledervorsah,
Innenkanten vergoldet, weich mit Äotgoldschnitt.....................................................(
18.-) "15.—
518a H. ff. braun Saffian dto. dto. . . . (19.25) ^4 —
Zur Verbreitung werden empfohlen:
Nwelteile
Das Evangelium nach Matthäus
Das Evangelium nach Lukas
In starkem Papierumschlag je io pfg.
Taschenieftameni
mit Pfalme«
Billige Ausgabe
In starkem Kalikoumschlag 90 pfg.
Erscheint
die
BronDor-
danz
znv
„Elberfelder
Bibel"
Das Rundschreiben beir. des geplanten
Drucks einer Elberfelder Bibel-
Konkordanz hat bei vielen Freunden
gute Aufnahme gefunden. Allen Bestellern,
deren bei weitem größte Zahl
stch zur Unterstützung des kostspieligen
Unternehmens zur Vorauszahlung bereit
erklärt hat, sei schon jetzt für ihr
Vertrauen und ihre Hilfsbereitschaft
von Herzen gedankt. Immerhin fehlen
noch einige hundert an der genannten
Mindeflzahl von WOO Stück. Weil gewiß
noch viele Geschwister da sind, die
sich das wertvolle Werk gern anschaf-
fen würden, wenn sie nur das dazu nötige
Geld aufbringen könnten, wird
nochmals ausdrücklich darauf hinge-
wiesen, daß der Betrag nicht auf einmal
bezahlt zu werden braucht. Auch
diejenigen, die das Werk nicht in einzelnen
Lieferungen, sondern lieber nach
Fertigstellung gebunden beziehen möchten,
können, wenn ihnen die Bezahlung
kn einer Summe zu schwer fällt,
ratenweise zahlen. Rur wolle man die
einzelnen Raten möglichst nicht unter
fünf Mark bemessen.
In der Hoffnung, daß in der nächsten
Rümmer des „Botschafter" bekannt
gegeben werden kann, daß der Druck
gesichert ist, zeichnet
Mit freundlichem Gruß
Oer Verlag.
Gedruckt Sei K. u. V. Srvckhsus, Wuppertal-iklderfeld
Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Werke des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. l.50
Duni 1Y34
Botschafter
des
Heils in Cßristo
„Ser Herr ist nahe." Iphil. q, s.s
Kweiundachtzigster
Jahrgang
6
Inhalt Seit«
Sie Seligpreisungen V..................................... 141
Bruderliebe...................................................... 150
Unterredungen über den zweiten Brief an die
Lorlnther V.................................................. 156
Sas Herz des Menschen - und was Gott da»
aus macht l...................................................166
Aus dem Leserkreis............................................167
Herr, führ' mich Seinen V?eg .. . (Gedichts. . idS
Verls- R. Lrockßsuo / Wuppertal»Elberfeld / Postfach rr7
Postscheckkonto Liin izdzq
Schriftleiter: wilh. Lrvckhaus, Wuppertal» Elberfeld, Lanstr. sr
Zn 10. Auflage ist erschienen:
Taschenbibel
Nonpareille, deutsche Schrift, 1217 cm groß, 2 cm dick, 430 Gramm
schwer. Auf Hochfein Hadem-Dünndruck.
Mit erläuterndem Vorwort, Erklärung von Maßen, Münzen und
Gewichten, Zeittafel und Verzeichnis der wichtigeren vom Text ab.
weichenden Lesarten. Sämtliche Leder bände mit 8 Karten der
biblischen Länder.
Nr. Mk.
Sll Kunstleder, Rotschnitt................................ 4.20
SlZ Saffianleder, Rotschnitt........................ s.so
Sl4 Saffianleder, Goldschnitt........................ lo.so
sis Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt . l2.so
Sl6 Saffianleder, Schutzklappen, Goldschnitt . l4.so
SlS I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsatz),
Innenkanten vergoldet, Rotgoldschnitt l6.—
sis H. ff. braun Saffian dto. dto..................... ltz.so
sitz I. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schuhklappen, Rotgoldschm'tt (Äax-
terband)........................................................... 20.S0
Sly II. in braunem Laxterband.................. 2l.—
S22 in 2 Länden, Saffianleder, biegsam (Leder-
Vorsatz), Rotschnitt......................................... 20.—
S27 Studien-Ausgabe in 2 Länden, mit gutem
Schreibpapier durchschossen, Saffianleder
(Ledervorsah), Rotschnitt................... 28.—
Bessne/ern -rZZZ^es ^4/r^e^sZZ
Taschenbibel
letzte Exemplare der I. Auflage
(sämtlich völlig einwandfreie Bände)!
// (7. Auflage) auf ff. Hadern-Oünndruck, 72:17 cm groß,
2 cm dick, 425 Gramm schwer, mit 8 bibl. Karten
preis
bisher jetzt
517 a Safflanled. Ledervors, weich m. Rotschn. (13.50) 9.50
518a I. ff. schwarz Saffian, Ledervorsatz,
Innenkanten vergoldet, weich mit Rotgoldschnitt
.................................................(18.-) 13 —
518a II. ff. braun Saffian dto. dto. . . . (19.25)14.—
Ältere
Votschastev-Lahv-Suge
Aus alten Äotschaster-Heften find wiederum eine Anzahl Jahr«
gange zusammensestellt worden, die hiermit freundlichst angeboten
werden:
Zn Ganzleinen gebunden
„ mit Goldtitel
Zahrgange 1S95,1S9S,1S99,19O2,
1903, 1906 bis 1917................je RM. 2.50
(z. T. nur einzelne Exemplare)
Jahrgänge 191S und 1919 ... . „ „ 2.—
Jahrgänge 1920 und 1921 .... „ ,, 2.50
Jahrgänge 1922 und 1923 . . . . „ „ 2.50
Zahrgänge 1924 bis 1933 ....,, „ 3.—
Erscheint
die
da«r
zur
„ Elberfelder
Bibel"
-
Das Rundschreiben beir. des geplanten
Drucks einer Elberfelder Bibel-
Konkordanz hat bei vielen Freunden
gute Aufnahme gefunden. Allen Bestellern,
deren bei weitem größte Zahl
sich zur Unterstützung des kostspieligen
Unternehmens zur Vorauszahlung bereit
erklärt hat, sei schon jetzt für ihr
Vertrauen und ihre Hilfsbereitschaft
von Herzen gedankt. Immerhin fehlen
noch etwa zweihundert an der genannten
Mindesizahl von itOOO Stück. Weil
gewiß noch viele Geschwister da sind, die
sich das wertvolle Werk gern anschaffen
würden, wenn sie nur das dazu nötige
Geld aufbringen könnten, wird
nochmals ausdrücklich darauf hinge-
wiesen, daß der Betrag nicht auf einmal
bezahlt zu werden braucht. Auch
diejenigen, die das Werk nicht in einzelnen
Lieferungen, sondern lieber nach
Fertigstellung gebunden beziehen möchten,
können, wenn ihnen die Bezahlung
in einer Summe zu schwer fällt,
ratenweise zahlen. Nur wolle man die
einzelnen Raten möglichst nicht unter
fünf Mark bemessen.
In der Hoffnung, daß in der nächsten
Nummer des „Botschafter" bekannt
gegeben werden kann, daß der Druck
gesichert ist, zeichnet
Mit freundlichem Gruß
Der Verlag.
Gedruckt Sei K. u. V. Srvckhsu«, K--G., V?upp«rtLl»LILerfeId
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Werke des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. 1.50
Juli 1YZ4
Botschafter
des
Heils in Cßristo
„Ser Herr ist naße." lLhil. 4,5.1
Aweiundschtzigster
Zahrgang
7
Inhalt s«it-
Sie Seligpreisungen VI.....................................i6y
AufdemSlberg............................................... 175
Unterredungen über den zweiten Lrief an die
Lorinther VI.................................................. 1S2
„Sie Mauer".................................................. 187
Unsere Erwartung.........................................
Verlag R. Srockhsus / Wuppertal»Elberfeld / Postfach ri7
Postscheckkonto Köln lsdzq
Schriftleiter: will,. Lrockhaus, Wuppertal» Elberfeld, Laustr. zr
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Pfg.
l 75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung sinzugehen......................................... W
476 Naaman, der Syrer........................................................... fO
47H Der Vater und der verlorene Sohn................................... fO
482 Der gefangene Paulus vor dem Rönig Agrippa . . fO
486 Bist du deiner Errettung gewiß?................................... s5
487 L. H. LU.: Was ist die Wiedergeburt? .... 20
488 Hat Gott die einen zur Verdammnis und die anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?............................................... fO
489 R. B.t Gibt es eine Allvcrsöhuung?............................. 4.5
490 R. B.t <Lm Wort über die christliche Taufe ... s5
20 4 Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 Pfg-, sOO Stück . f50
203 Gerechtfertigt und befreit ............................................... 40
204 R. B.t Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis...........................................................40
205 Was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.t Der Christ u. d. Gesetz. Gedanken über Nöm. 7 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" . ... 40
208 Der Gläubige und der verfall......................................... 40
20H L. H. !N>: Gedanken über das Abendmahl des Herrn 40
240 R. B.t Der Tisch des Herrn............................. . . sO
244 Der Unterschied zwischen der Ankunft Lhristi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit........................................................... fO
2f2 L. B.t Alles in Christo..................................................... 40
243 Du und dein Haus, oder: Der Christ in seinem Hause 20
2s5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.................................................................................. 20
2s6 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
2s8 R. B.t Nach Wahl der Gnade......................................... 50
249 R. B.t Wie kann ich wissen, daß ich auscrwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Gpfers Lhristi................................... 10
22i R. B.t „Ich komme bald!" Ein Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 20
222 Das Reich der Himmel und die Rirche Christi . . . sO
224 Lin Wort über Frauendienst.......................................45
225 R. B.t Gethsemane.................................................. 40
226 R. B.t Der Richterstuhl und der Gläubige . . . . 40
227 I. N. Darbet Die Gpfer des 3. Buches Nisse und
ihre vorbildliche Bedeutung...............................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn 40
229 Nehemia oder: Das Bauen der Niauer..............................lO
230 I. N. Darb^: Was ist eine Sekte? ..... 5
Nr. Pf,.
23 s Die Versammlung und die Jucht..............................s5
233 R. B.t „Da bin ich in ihrer Mitte"..............................sO
23H Lin Mort über Gcbetsheilungen ..........................................sO
237 Christus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . . . . s5
238 Gottes Wort und Gebet..................................................... s5
239 Unabhängigkeit aus kirchlichem Gebiet..............................sO
2H0 Mas die Schrift mir sagt................................................sO
2Hs Das Abendmahl des Herrn................................................. 5
2H2 G. Cutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß ... s5
2H3 R. B.t Mas ist Anbetung?............................................... sO
2HH „Alles geschehe anständig und in (Ordnung" . . . . s5
2H5 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören................................................................. 1,0
2H7 Segnung u. Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth sO
2H8 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe sO
25 s Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet . . . s5
252 R. B.t Das Reich Gottes............................................... sO
25H R. B.t Über das Verhalten des Gläubigen zur The 20
255 R. B.t Die Lhe des Christen...............................................50
258 Die Welt und der Christ..................................................... sO
259 R. B.t Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien"............................................... 20
26s „Ich bin's!" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.t Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 20
263 Mas Hiob zu lernen hatte, oder: Wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?......................................... HO
26H L. B.t Der Sabbath und der Tag des Herrn ... HO
266 R. B.t Christus oder der Antichrist? Men erwarten
wir?........................................................................ sO
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Jucht .... 7
269 Hl.: Line Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. kl. Darbet Lin Brief über „die Brüder, ihre
Lehre" usw....................................................... . . , sO
2?s H. R.t Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Christenheit..........................................................20
273 I. N. Darbtzt Gaben und Ämter in der Versammlung
Gottes.................................................................., , s5
27H Gottesdienst und Dienst am Mort................................. HO
275 R. B.t Die Versammlung oder Gemeinde . . . . sO
276 R. B.t Die Versammlung, das Haus Gottes, und
der Leib Christi.................................................................30
277 R. B.t Älteste und Diener ..... ............................................ 20
2 ?9 Die Zerrissenheit unter den Gläubigen in der Gegenwart.
Lin Ruf an alle..................................................... s5
28s R. B.t „Lr ist die Sühnung für unsere Sünden." Lin
Wort über Versöhnung, Sühnung u. Stellvertretung 20
290 Wohin sollen wir gehen? (vierseitiger Traktat) . . 2
29 s Zeichen der Zeit (vierseitiger Traktat)............................... 2
Ln 40. Auflage ist erschienen:
Taschenbibel
Nonpareille, deutsche Schrift, 12; 17 cm groß, 2 cm dick, 450 Gramm
schwer. Aus Hochfein Hadem-Dünndruck.
Sämtliche Leder bände mit 8 Karten der biblischen Länder.
Nr. Mk.
544 Kunstleder, Rotschnitt................................ 4.20
543 Saffianleder, Rotschnitt......................... s.so
544 Saffianleder, Goldschnitt........................ 40.50
545 Saffianleder, Schutzklappen, Rotschnitt . 42.50
546 Saffianleder, Schuhklappen, Goldschnitt . 44.50
548 I. ff. schwarz Saffian, biegsam (Ledervorsah),
Innenkanten vergoldet, Rotgoldschnitt 46.—
548 II. ff. braun Saffian dto. dto..................... 46.50
549 i. ff. schwarz Marokkoleder, biegsam (Ledervorsatz),
Schuhklappen, Rotgoldschnitt (Äax-
terband)........................................................... 20.50
549 ll. in braunem Baxterband.................. 24.—
522 in 2 Bänden, Saffianleder, biegsam (Ledervorsatz),
Rotschnitt ......................................... 20.—
527 Studien-Ausgabe in 2 Bänden, mit gutem
Schreibpapier durchschossen, Saffianleder
(Ledervorsah), Rotschnitt................... 28.—
Zn Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 North 7th Street, Paterson N. Z
Zn der Schweiz bei:
N. Müller-Kersting, Kiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem).
Gedruckt Sei u. V. Srockhsus, L.»<8., Vuppertsl^ Elkerfeld
„Ser Botschafter" mlt „Mitteilungen aus dem Verke des
Herrn ln der Kerne" kostet halbjährlich RM. 1.50
Augult 1Y34
Botschafter
des
Hells in Christo
„Ser Herr ist nahe." (Phil. 4,3-1
Av?eiundach1zigster
Zshrgsng
8
Inhalt Seit«
Unterredungen über den Metten Lrief an die
Korinther VII............................................... iy7
Einige Gedanken über die Hochzeit zu Kana . 20s
Sie Seligpreisungen VII.....................................210
Sprüche 3, 6 (Gedichts........................................ 2tö
„Einer von euch"...............................................217
Kragen aus dem Leserkreise..............................22z
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal» Llkerfeld / Postfach 44
Postscheckkonto Köln lzbzy
Schriftleiter: Wilh. Lrockhaus, Wuppertal»Elberf«ld, Laustr. sr
Schriften erwecklichen, erbaulichen und
belehrenden Inhalts
Nr. Pf«.
H 75 Die beiden Schwestern / Zwei ernste Begebenheiten zur
Warnung für solche, die in Gefahr stehen, eine unheilige
Verbindung einzugehen......................................... HO
H76 Naaman, der Syrer...........................................................HO
H7H Der Vater und der verlorene Sohn................................... HO
H82 Der gefangene Paulus vor dem König Agrippa . . HO
H86 Bist du deiner Errettung gewiß?....................................H5
H87 L. tz. !N.: Was ist die Wiedergeburt? .... 20
H88 Hat Gott die «inen zur Verdammnis und di« anderen
zur Herrlichkeit bestimmt?............................................... HO
H8H R. B.t Gibt es eine Allversöhnung?............................. H5
H90 R. B.t Ein Wort über die christliche Taufe . . . H5
20 s Der wahre Grund des Friedens / 202 Der Friede mit
Gott und der Friede Gottes, je 2 pfg-, WO Stück . H50
203 Gerechtfertigt und befreit ............................................... HO
20H R. B.t Unsterblichkeit der Seele, Seelenschlaf und
ewige Verdammnis...........................................................40
205 Was ist die Heiligung nach der Schrift? .... 20
206 R. B.t Der Lhrist u. d. Gesetz. Gedanken über Röm. 7 20
207 „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" .... HO
208 Der Gläubige und der verfall......................................... HO
209 L. tz. !N.: Gedanken über das Abendmahl des Herrn HO
2H0 R. V.: Der Tisch des Herrn............................................... HO
2HH Der Unterschied zwischen der Ankunft Christi zur Aufnahme
Seiner Heiligen und Seiner Erscheinung mit
ihnen in Herrlichkeit........................................................... HO
2H2 L. B.t Alles in Christo..................................................... HO
2H3 Du und dein Haus, oder: Der Lhrist in seinem Hause 20
2H5 Die persönliche Gegenwart des Heiligen Geistes auf
der Erde.................................................................................. 20
2H6 Ewige Verdammnis und Wiederbringungslehre . . 30
2H8 ». B.t Nach Wahl der Gnade.........................................50
F^onkovdanz
zur »Elberfelder Bibel"?
Endgültiger Bescheid erfolgt, so Gott will, in der
September-Nummer des „Botschafter".
«r. ps«.
2f9 R. B.t Wie kann ich wissen, daß ich auserwählt bin? 30
220 Die Vollgültigkeit des Opfers Lhristi.............................. sO
22s R. B.t „Ich komme bald!" Lin Wort über die „Ankunft"
und die „Erscheinung" unseres Herrn ... 20
222 Das Reich der Himmel und die Kirche Lhristi . . . f0
22H Lin Wort über Frauendienst............................................... s5
225 R. V.t Gethsemane......................................................... HO
226 R. B.t Der Richterstuhl und der Gläubige sO
227 I. N. Darbet Die Opfer des 3. Buches Mose und
ihre vorbildliche Bedeutung...............................................50
228 Der Unterschied zwischen Abendmahl u. Tisch des Herrn fO
229 Nehemia oder: Das Bauen der Mauer..............................HO
230 I. N. Darbet Was ist eine Sekte?............................... 5
23 l Die Versammlung und die Zucht....................................s5
233 R. B.t „Da bin ich in ihrer Mitte"..............................sO
23H Lin Wort über Gebetsheilungen......................................... fO
23? Lhristus der Mittelpunkt, oder: Warum haben wir
uns allein im Namen Jesu zu versammeln? . ... H5
238 Gottes Wort und Gebet..................................................... f5
239 Unabhängigkeit auf kirchlichem Gebiet............................. sO
2H0 Was die Schrift mir sagt................................................sO
2Hl Das Abendmahl des Herrn................................................. 5
2H2 <8. Lutting: Sicherheit, Gewißheit und Genuß . . . f5
2H3 R. B.t Was ist Anbetung?............................................... sO
2HH „Alles geschehe anständig und in Ordnung" . . . . s5
2H5 „Ihr seid Brüder!" Lin Wort an alle, welche dem
Herrn angehören................................................................. sO
2H 7 Segnung u. Ruhe. Kurze Gedanken über das Buch Ruth f0
2H8 Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe f0
25 f Gottes Tun mit den Seinigen und das Gebet ... f5
252 R. B.t Das Reich Gottes............................................... s0
25H R. B.t Über das Verhalten des Gläubigen zur Lhe 20
255 R. B.t Die Lhe des Lhristen...............................................50
258 Die Welt und der Lhrist..................................................... sO
259 R. B.t Die Braut, das Weib des Lammes ... 20
260 „Auf daß sie alle eins seien"...............................................20
26 l „Ich bin's!" oder: Die Stimme Jesu im Sturm . . 20
262 R. B.t Gibt es eine Auferstehung des Leibes? . . 20
263 Was Hiob zu lernen hatte, oder: Wie kann ein
Mensch gerecht sein vor Gott?......................................... HO
26H L. B.: Der Sabbath und der Tag des Herrn ... HO
266 R. V.t Lhristus oder der Antichrist? Wen erwarten
wir? . ..... ........................................................ !0
268 Irdische Sorgen, eine himmlische Zucht .... 7
269 6-- tz. M.t Line Hilfe oder ein Hindernis? ... 7
270 I. Ä. Darbx: Lin Brief über „die Brüder, ihre
kehre" usw............................................................................... HO
27s H. R.t Der Brief des Judas, oder: Die letzten Tage
der Lhristenheit........................................................20
ksiirelssZskrlSSS
Älbveitzkalendev
„Oer Bote des Friedens" .... —«HO
Oie Rückwand des Kalenders ist in Mehrfarbendruck
ausgeführt. Bild: die Männer im
Feuerofen (Daniel Z).
Ne« Block tnBuckckovm
In Kunstleder gebunden.........................
1.40
Lanittienkalendev
»Botschafter de« Frieden«- . . . —»48
Derselbe mit Marktverzeichnis für Deutschland . —.KO
Mndevabveitzkalendev
„Dillenburger Kindergabe" . . .
Jedes Tagesblättchen bringt auf der Vorderseite
einen Bibelspruch und ein paffendes
Bildchen, auf der Rückseite kleine Erzählungen,
dem kindlichen Verständnis angemessene Be-
trachtungen, Gedichte, Rätsel usw.
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Tiorth 7th Street, Paterson N, I
In der Schweiz bei:
R. Müller-Kersting, Fiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem)
Gedruckt 8«I 8. u. V. Lrockbaus. L.»G., Vuppertal-Elkerfeld
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen aus dem Merke des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. i-so
Ospremoer 1934
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphll. 4, s i
Av-elundachtzigster
Jahrgang
y
Inhalt
Sie Seligpreisungen VIII...............................
Kolge mir nach l................................................
Unterredungen über den zweiten Lrief an die
Lorinther VIII.........................................
Vom Lieder ^Vorschlägen...............................
Psalms iu. 4 (Gedichts............................
s-tt«
225
236
244
250
252
Verlag R. Lrockhsus / Wuppertal" Llöerfeld / Postfach 44
Postscheckkonto Köln 156z»
Schriftleiter: wllh. Lrockhaus, Wuppertal-Llberfeld, Laustr. za
R. Vrockhaus, Verlag/ Wuppertal-Llberfelö
In 2. Auflage ifl erschienen:
GeSicht
Herr/ mach mich still!
Kunstblatt, Zweifarbendruck. / (Größe 25/18 cm.)
Es ist in schöner, gut leserlicher Schrist gedruckt und
wird !n folgenden zwei Ausführungen freund«
lichst empfohlen:
1. Auf starkem Karton mit seidenem Aufhänger RM. —.40
(Porto 15 pfg.)
2. In dunkelpol. oder Gold-Leiste unter Glas gerahmt RM. 2.50
(Porto und Verpackung für 4 bis Z Stück 50 pfg.)
kssr «Iss Zsikr 1SLS
Äbvewkalenderr
„Der Bote des Friedens^ . . . .—«HO
Oie Rückwand des Kalenders ist in Mehrfarbendruck
ausgeführt. Bild: die Männer im
Feuerofen (Daniel Z).
DevBlotkknNutbfovm
Ln Kunstleder gebunden.........................
Samilienkalendev
»Botschafter de« Frieden«- . . . —»48
Derselbe mit Marktverzeichnis für Deutschland —
-Kindevabveitzkatendev
»Dillenburger Kindergabe- ... K»—
Fedes Tagesblättchen bringt auf der Vorderseite
einen Bibelspruch und ein paffendes
Bildchen, auf der Rückseite kleine Erzählungen,
dem kindlichen Verständnis angemessene Betrachtungen,
Gedichte, Rätsel usw.
Zn Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Tlorth ?th Street, Paterson 7l. I
In der Schweiz bei:
R. Müller-Kersting, Kiechtenfirahe, Huttwil (Kt. Bem).
cktonSordanz
,»v „Elbevfelde« Mbet"
Endlich ist's so weit. Mit nochmaligem herzlichen Dank an alle,
die durch ihre Vorausbestellungen tätige Mitarbeit geleistet haben, kann
heute mitgeteilt werden, daß der Verlag sich entschlossen hat, in der
Hoffnung auf Gottes gnädige Durchhilse mit der schwierigen Arbeit des
Drucks der Eiberfelder-Bibel-Konkordanz zu beginnen. Am die Fürbitte
der Geschwister wird herzlichst gebeten.
Wann die erste Lieferung erscheinen wird, kann heute noch nicht
bestimmt angegeben werden, da die Dorbereitungsarbeiten naturgemäß
geraume Zeit beanspruchen. Nach Möglichkeit wird sie aber noch im
Laufe dieses Jahres herauskommen und den Bestellern der
Lieferungen zugesandt werden. Das ganze Werk bürste in etwa
zwei Fahren fertig vorliegen. Bis dahin müssen die Besteller der
gebundenen Ausgabe sich also freundlichst gedulden.
Oie Besteller, welche sich zur Vorausbezahlung des ganzen Werkes
bereit erklärt haben, werden gebeten, diese Vorauszahlung jetzt zu leisten:
KM. 21.SL)
(Subskriptionspreis für das Werk in Lieferungen)
KM. SS. -
(Subskriptionspreis für das Werk in einem Band)
und zwar am einfachsten mittelst Zahlkarte auf Postscheck-Konto Köln
156ZS: R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld. Bitte auf dem Abschnitt
neben der genauen Anschrift zu vermerken: Vorauszahlung für Konkordanz.
Diejenigen Dorauszahler, welche durch ihre Schristenbesorger
bestellt haben, wollen auch durch diese bezahlen.
Neubestellungen werden nach wie vor dankend entgegengenommen.
Auch trotz der vorliegenden Bestellungen ist das Risiko für den
Verlag noch groß, sodaß er sehr dankbar wäre, wenn die Bestellerzahl
sich weiterhin erhöhte. Mit freundlichem Gruß!
Ii. Brockhaus.
Gedruckt Set Z. u. V. Srockbsus, Vuppertsl^LlSerfeld
„Ser Lvtschafter" mit „Mitteilungen aus dem Werke des
Herrn ln der Kerne" kostet halbjährlich RM. 1.50
r^rrover 1934
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr Ist nahe." lphil. 4, J.I
Zweiundachtzigster
Zahrgang
10
Inhalt se,t«
Sle Seligpreisungen IX.....................................25z
„Jesus nahm die Brote"................................... 262
Unterredungen über den zweiten Brief an die
Lorinther IX.................... 267
Christus für alle gestorben, geopfert, um vieler
Sünden zu tragen........................................ 275
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal» Llkerfeld / Postfach«
Postscheckkonto Löln lz-zg
Schrlstlelter: wllh. Lrockhaus, wuppertal^Llberfeld, Saustr. zr
Lehrplan Mr -en
Biblischen LLnievrichi
in 40S Abschnitten mit je 40 bis 43 Fragen über die
biblischen Geschichten- mit Anhang: Zeittafel usw.
Nach dem Holländischen von A. S.
Ln hübschem Einband, stark kartoniert
KM. 1-
Das Büchlein ist aus dem Empfinden heraus geschrieben,
daß unserer lieben Lugend in den hinter uns
liegenden Jahren, abgesehen von dem Unterricht in
der Sonntagschule, kaum Gelegenheit gegeben wurde,
mit den göttlichen Wahrheiten bekannt zu werden.
Die Notwendigkeit eines Lehrplans ergab sich, nachdem
man an verschiedenen Orten damit begonnen
hatte, den Herangewachsenen biblischen Unterricht zu
geben. Daß der Herr dieses Büchlein zum reichen
Segen für unsere Kinder gereichen lasse, ist der Wunsch
von Verfasser und Verleger.
ILsIsiR«I«r k«r «Iss 1SSS
Äbrrewkalenderr
-^Oer Bote des Friedens^ . . . .—«HO
Die Rückwand des Kalenders Ist in Mehrfarbendruck
ausgeführt. Md: die Männer im
Feuerofen (Daniel Z).
NevBloMttButhsovm
Ln Kunstleder gebunden.........................
Samilienkalendev
..Botschafter des Friedens- . . . —.48
Derselbe mit Marktverzeichnis für Deutschland —.8(1
Mndevabveitzkalcndev
»Dillenburger Nlndergabe- . . . 4»—
Fedes Tagesblättchen bringt auf der Lor»
derseite einen Bibelspruch und ein paffendes
Bildchen, auf der Rückseite kleine Erzählungen,
dem kindlichen Verständnis angemessene Betrachtungen,
Gedichte, Rätsel usw.
Fn Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Tlorth ?th Street, Paterson N. I
In der Schweiz bei:
R. Müller-Kersting, Fiechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem).
Konkordanz
zmr „Gwevfewev Bibel"
Endlich ist's so weit. Mit nochmaligem herzlichen Dank an alle,
die durch ihre Dorausbestellungen tätige Mitarbeit geleistet haben, kann
heute mitgeteilt werden, baß der Verlag sich entschlossen hat, in der
Hoffnung auf Gottes gnädige Durchhilfe mit der schwierigen Arbeit des
Drucks der Elberselder-Bibel-Konkordanz zu beginnen. Um die Für«
bitte der Geschwister wird herzlichst gebeten.
Wann die erste Lieferung erscheinen wird, kann heute noch nicht
bestimmt angegeben werben, da die Dorbereitungsarbeiten naturgemäß
geraume Zeit beanspruchen. Nach Möglichkeit wird sie aber noch im
Laufe dieses Jahres herauskommen und den Bestellern der
Lieferungen zugesandt werden. Das ganze Werk dürste in etwa
zwei Jahren fertig vorliegen. Bis dahin müssen die Besteller der
gebundenen Ausgabe sich also freundlichst gedulden.
Oie Besteller, welche sich zur Vorausbezahlung des ganzen Werkes
bereit erklärt haben, werden gebeten, diese Vorauszahlung seht zu leisten:
KM. 21.S0
(Subskriptionspreis für das Werk in Lieferungen)
KM. 2S -
(Subskriptionspreis für das Werk in einem Band)
und zwar am einfachsten mittelst Zahlkarte auf Postscheck-Konto Köln
156 ZS: R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld. Bitte auf dem Abschnitt
neben der genauen Anschrift zu vermerken: Vorauszahlung für Konkordanz.
Diejenigen Dorauszahler, welche durch ihre Gchristenbesorger
bestellt haben, wollen auch durch diese bezahlen. Besondere Rechnung
wird nicht ausgestellt. Nach erfolgter Zahlung wird Quittung erteilt.
Neubestellungen werden nach wie vor dankend entgegengenom«
men. Auch trotz der vorliegenden Bestellungen ist das Risiko für den
Verlag noch groß, sodaß er sehr dankbar wäre, wenn die Bestellerzahl
sich weiterhin erhöhte. Mit freundlichem Gruß!
R. Brockhaus.
Gedruckt d«i Z. u. V. Lrockßau», VupperlÄl-lkldrrkelb
„Ser Botschafter" mit „Mitteilungen SUS dem Werke de«
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. 1.50
Lwvemver 1934
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr lst nahe." sphtl. 4, S-i
Kweiundachtzigster
Jahrgang
lr
Inhalt Seit«
„Innerlich bewegt"........................................... 2S1
Unterredungen über den zweiten Brief an die
Lorinther X...............................................290
Usslsa................................................................ 2yS
Gedanken......................................................... 304
Noch einmal „das Lager"................................. 30s
Kragen aus dem Leserkreise..............................307
Sie Liebe......................................................... 30S
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal - iklkerfel!» / Postfach«
Postscheckkonto Liln rzhz-
Schriftleiter: wilh. Lrockhaus, wuppertsl^ElSerfelh, Lauftr. zr
ckronkordanz
,uv „Elbevfeldev Mbel"
Endlich ist's so weit. Mit nochmaligem herzlichen Dank an alle,
die durch ihre Dorausbestellungen tätige Mitarbeit geleistet haben, kann
heute mitgeteilt werben, daß der Verlag sich entschlossen hat, in der
Hoffnung auf Gottes gnädige Durchhilfe mit der schwierigen Arbeit des
Drucks der Elberfelder-Bibel-Konkordanz zu beginnen, ilm die Fürbitte
der Geschwister wird herzlichst gebeten.
Wann die erste Lieferung erscheinen wird, kann heute noch nicht
bestimmt angegeben werben, da die Dorbereitungsarbeiten naturgemäß
geraume Zeit beanspruchen. Nach Möglichkeit wird sie aber noch im
Laufe dieses Jahres herauskommen und den Bestellern der
Lieferungen zugesandt werden. Das ganze Werk dürste in etwa
zwei Jahren fertig vorliegen. Dis dahin müssen die Desteller der
gebundenen Ausgabe sich also freundlichst gedulden.
Oie Besteller, welche sich zur Vorausbezahlung des ganzen Werkes
bereit erklärt haben, werden gebeten, diese Dorauszahlung seht zu leisten:
«M. 21.S0
(Subskripttonspreis für das Werk in Lieferungen)
«M. 2S. -
(Subskriptionspreis für das Werk in einem Band)
und zwar am einfachsten mittelst Zahlkarte auf Postscheck-Konto Köln
1S6ZS: R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld. Bitte auf dem Abschnitt
neben der genauen Anschrift zu vermerken: Dorauszahlung für Konkordanz.
Diejenigen Dorauszahler, welche durch ihre Gchristenbesorger
bestellt haben, wollen auch durch diese bezahlen. Besondere Recknung
wird nickt ausgestellt. Nach erfolgter Zahlung wird Quituinq erteilt.
Neubestellungen werden nach wie vor dankend entgegengenommen.
Auch trotz der vorliegenden Bestellungen ist das Risiko für den
Derlag noch groß, sodaß er sehr dankbar wäre, wenn die Bestellerzahl
sich weiterhin erhöhte. Mit freundlichem Gruß!
R. Brockhaus.
Lehrplan für den
Biblischen LlrNereicht
in ^ioZ Abschnitten mit je 10 bis ^l3 Fragen über die
biblischen Geschichten,- mit Anhang: Zeittafel usw.
Nach dem Holländischen von A. S.
In hübschem Einband, stark kartoniert
rrm. i -
Das Äüchlein ist aus dem Empfinden heraus geschrieben,
daß unserer lieben Jugend in den hinter uns
liegenden Zähren, abgesehen von dem Unterricht in
der Sonntagschule,kaum Gelegenheit gegeben wurde,
mit den göttlichen Wahrheiten bekannt zu werden.
Die Notwendigkeit eines Lehrplans ergab sich, nachdem
man an verschiedenen Orten damit begonnen
hatte, den Herangewachsenen biblischen Unterricht zu
geben. Daß der Herr dieses Äüchlein zum reichen
Segen für unsere Kinder gereichen lasse, ist der Wunsch
von Verfasser und Verleger.
I^/ec/ev/ro// tv/vc/
Der Sturm
auf Carcassonne
Sine Erzählung aus der Zeit -es Albigenser-Kreuzzuges
Aus einer Besprechung:
Was mich besonders drängt, diese christliche Erzählung den
Lesern warm zu empfehlen, ist der Umstand, daß sich — ob
gewollt oder ungewollt — durch dieses Buch wie ein roter
Laden die Forderung an den Gläubigen zieht, „seine Berufung
und Erwählung festzumachen". Ls handelt sich um
die erwachsenen Kinder eines Vaters, der die göttliche Wahrheit
von ganzem Herzen erfaßt hat; sie selber aber stehen
in Gefahr, „die alten Grenzen zu verrücken, welche die Väter
gemacht haben", in dem Wahne des Besserwissens. Die
Geißel der Verfolgung bewirkt, daß das zuvor nur Angelernte
bei allen zum Besitztum des Herzens wird. — Wögen
viele Leser das von der ersten bis zur letzten Seite spannend
geschriebene Buch zur Hand nehmen mit dem Gewinn, daß
auch sie mit Herzensentschluß „die Wahrheit kaufen" und
nicht wieder verkaufen. (L. v. R. in „Die Tenne")
231 Seiten stark.
Ln feinem Leinenband .... IM. 3.80
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 2ZZ Iiorth Ich Street, Paterson N. I
In der Schweiz bei:
7t. Müller-Kersting, Mechtenstraße, Huttwil (Kt. Bem).
Gedruckt Sei 8. u. V. Srockhsu», L.-G„ Vduppertsl-LIberfeld
Ser Botschafter" mlt „Mitteilungen aus dem Werke des
Herrn in der Kerne" kostet halbjährlich RM. 1.50
Vezemver 1934
Botschafter
des
Heils in Christo
„Ser Herr ist nahe." lphil. q, z.I
Aveeiundschtzigster
Zahrgsng
12
Inhalt Seit«
„V?irf dein Brot hin auf die Kläche der Vasser" zoy
Unterredungen über den Meilen Lrief an die
Lvrinther XI.................................................. 317
„Ser Anfang der Monate"..............................324
„Ses Gewissens wegen"................................. 329
Verlag R. Lrockhaus / Wuppertal» Llverfeld / Postfach gg
Postscheckkonto Löln lgSzp
Schriftleiter: wilh. Lrockhaus, wuppertal^LIberfeld, Laustr. 52
Lehvvlarr Mr -en
Vwlischen LMtemiOt
in 405 Abschnitten mit je 40 bis 43 Fragen über die
biblischen Geschichten,- mit Anhang: Zeittafel usw.
Nach dem Holländischen von A. S.
In hübschem Einband, stark kartoniert
«m. 1.-
Das Büchlein ist aus dem Empfinden heraus geschrieben,
daß unserer lieben Jugend in den hinter uns
liegenden Iahren, abgesehen von dem Unterricht in
der Sonntagschule, kaum Gelegenheit gegeben wurde,
mit den göttlichen Wahrheiten bekannt zu werden.
Die Notwendigkeit eines Lehrplans ergab sich, nachdem
man an verschiedenen Orten damit begonnen
hatte, den Herangewachsenen biblischen Unterricht zu
geben. Daß der Herr dieses Büchlein zum reichen
Segen für unsere Kinder gereichen lasse, ist der Wunsch
von Verfasser und Verleger.
U^/eL/er/ro// iv/rc/
Dev Sturm
auf Larcassonne
Sine Erzählung aus der Zelt des Albigenser-Kreuzzuges
Aus einer Besprechung:
Was mich besonders drängt, diese christliche Erzählung den
Lesern warm zu empfehlen, ist der Umstand, daß sich — ob
gewollt oder ungewollt — durch dieses Buch wie ein roter
Laden die Forderung an den Gläubigen zieht, „seine Berufung
und Erwählung festzumachen". Es handelt sich um
die erwachsenen Rinder eines Vaters, der die göttliche Wahrheit
von ganzem Herzen erfaßt hat; sie selber aber stehen
in Gefahr, „die alten Grenzen zu verrücken, welche die Väter
gemacht haben", in dem Wahne des Besserwissens. Die
Geißel der Verfolgung bewirkt, daß das zuvor nur Angelernte
bei allen zum Besitztum des Herzens wird. — Mögen
viele Leser das von der ersten bis zur letzten Seite spannend
geschriebene Buch zur Hand nehmen mit dem Gewinn, daß
auch sie mit Herzensentschluß „die Wahrheit kaufen" und
nicht wieder verkaufen. (Z. v. R. in „Die Tenne")
234 Seiten stark.
Ln feinem Leinenband .... RM. 3.SV
gelingend wird gebeten, Reubsstellungen oder etwaige Kündigungen de«
„Lotichaster", der „Samenkörner" usw. für das Hahr razz beim Verlag
oder bei den bisherigen Besorgern, wenn möglich, bl« zum I, Kanuar bewirken
zu wollen. Kails bi» zu diesem Zeitpunkt keine Veränderungen angemeldet
lind, wird angenommen, daß die bisherige Anzahl auch weiter gewünscht wird.
Ver die Schriften nicht gut bezahlen kann, bestelle deshalb nicht ab, sondern
setz« stch betreffs billigeren oder ganz unentgeltlichen Bezugs mit dem Schrift
tenbesorger seines Ortes oder dem Verlag selbst in Verbindung. Sen Schrif»
tenbesorgern sei an dieser Stelle herzlich gedankt für ihre oft mühevoll« Arbeit!
Sicher, der tzerr wird auch Liefen Sien st belohnen.
In Amerika bestelle man bei:
Anton Weise, 233 Tlorch Ich Street, Paterson A.L
In der Schweiz bei:
A. Müller-Kersting, Kiechtenfirabe, Huttwil (Kt. Bem).
wichtige Mitteilung betreffs
»uv „Wtbevseldev M»»I"
Wiederholt ist mitgeteilt worden, daß der Verlag sich entschlossen
hat, mit der schwierigen Arbeit des Drucks der Elberfelder Bibelkon-
kordanz zu beginnen. Inzwischen sind bereits eine Anzahl Seiten gesetzt
worden, und die Arbeit geht voran.
Da eine Verzögerung in der Papierlieferung eingetreten ist, wird
das erste Heft dieses Jahr wohl nicht mehr erscheinen können, voraussichtlich
aber im Januar 1935. Weitere Lieferungen folgen sobald als
möglich. Das ganze Werk dürste Ende 1936 fertig vorliegen. Bis dahin
müssen die Besteller der gebundenenAusgabe sich also freundlichst
gedulden.
Von den Bestellern, die sich zur Vorausbezahlung des ganzen
Werkes, sei es in Lieferungen oder gebunden, bereit erklärt haben, sind
inzwischen eine ganze Reihe Zahlungen eingegangen. Der größere Teil
steht aber noch aus. Oer Subskriptionspreis beträgt bekanntlich
RM. 21.50 für das Werk in Lieferungen
RM. 25.— für das Werk in einem Band
Die noch rückständigen Zahler werden freundlichst um baldige Einsendung
der Beträge gebeten,am einfachsten mittelst Zahlkarte auf Post«
scheck-KontoKöln 15639: R. Brockhaus, Wuppertal-Elberfeld. Bitteauf
dem Abschnitt neben der genauen Anschrift zu vermerken: Vorauszahlung
für Konkordanz. Diejenigen Vorauszahler, welche durch ihre Schristen-
besorger bestellt haben, wollen auch durch diese bezahlen. Besondere Rech-
nung wird nicht ausgestellt. Nach erfolgterZahlung wird Quittung erteilt.
III! Noch ist es Zeit, zum Subskriptionspreis zu !III
II bestellen. Schlußtermin hierfür wirb im Januar
II
II bekanntgegeben. Wer nach diesem Termin be-
II
II stellt oder zahlt, kann natürlich auf den Sub-
II
II skriptionspreis keinen Anspruch mehr machen,
II
II sondern muß -en bereits angegebenen höheren
II
III, Preis bezahlen. „H
Also, bitte, im eigenen Interesse bald bestellen und bald zahlen!
Mit freundlichem Gruß!
N. Brockhaus.
Gedruckt Set j. u. V. Srockbsu». L.-D-, Wuppertal-GISerfeld