Botschafter des Heils in Christo 1854

01/31/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger
Botschafter des Heils in Christo Inhaltsverzeichnis: 1854 Seite
Friede mit Gott (Römer 5,1) 3-8
Unsere Hoffnung in Gott (Rö 8,17; Rö 8,15; Gal 4,6; Joh 17,22) 8-12
Der Wandel vor Gott (Römer 12 1) 12-18
Verfall der Kirche 18-25
Werke Rechfetigung (Römer 4,5) 25-27
Mit Christus einsgemacht (Römer 6,5) 27-32
Gedanken zu Matthäus 16,2432-36
Paulus und Silas in Philippi  (Apg 16,9-34) 32-42
Die Welt und die Kirche (Off 18-22)42-83
Die Geschichte Josephs 80-84
Wandelt in Liebe (Eph5,2) 84-89
Über den Gottesdienst 89-98
Mose stellt sich seinem Volk gleich (Heb11,23-27)
98-102
Mit Freimütigkeit hinzutreten
102-105
Gedanken zu Matthäus 18,20
105-108
Vermischtes
108-110
Abraham und Lot (1.Mose 13,14
110-118
Gedanken zu Hebräer 11,11-19118-119
Gedanken über 1. Samuel 1.2
119-121
Gedanken
121-127
Herodes und Petrus
127
Korrespondenz
127-130
Gedanken
130-133
Sehnsucht nach der himmlischen Heimat
133-134
Die Kirche nach dem Wort Gottes
134-149
Gedanken über des Herrn Abendmahl (1.Kor 11,23-26)
149-158
Gedanken über 1. Mose 24
158-166
Wirkungen des Geistes Gottes
166-175
Gedanken über  (1. Johannes 1)
175-177
Gedanken
177-180
Befreiung vom Gesetz   (Rö 5; Rö 6; Rö 7; Rö 8) JND
180-191
Die Vereinigung der Kinder Gottes
191-201
Gedanken über (Epheser 4,32; 5,1.2)
201-202
Die Heiligen nach dem Wort Gottes (Epheser 4,32; 5,1-2) JND
202-218
Gedanken über (Epheser 1,3-9)
218-223
Du erster aller Brüder  
223-240

                 


BdH 1854 Die Welt und die Kirche Teil 5/5

Die Welt und die Kirche Teil 5/5

Autor: John Nelson Darby

Kapitel 21,1–8: Ein Ereignis von höchster Wichtigkeit hier ist, das Jesus dass Reich Gott dem Vater zurückgibt (1. Kor 15,24) Er nahm als Mensch das Reich ein. Derjenige, der Mensch wurde, hat sich erniedrigt, und ist über alles erhoben worden. Es handelt sich von seiner Menschheit und nicht nur von seiner Gottheit. Gegenwärtig vertritt Jesus uns als Mensch; als Mensch auch wird Er herrschen. Dieses ist sehr köstlich für uns. Jesus ist nicht ein unbekannter Gott, sondern ein Mensch zur Rechten Gottes sitzend.

Als Mensch wird Er das Reich Gott dem Vater zurückgeben, welches Er als Mensch erhalten hatte(1. Kor 15,22–28) Als Mensch wird der Sohn Gott untertan sein, und nicht mehr herrschen, obgleichEr als Gott ewig herrschen wird. Wenn alle Heiligen glücklich sind, bedarf es keines Vertreters mehr,auch keiner Regierung, wenn keine Bösen mehr sind; Gott wird alles in allen sein.

Die Gerechtigkeit wird dann nicht herrschen; sie wird wohnen.Die Vollkommenheit wird erst dann stattnden, wann alles neu gemacht sein wird. Hier ist kein Unterschied des Volkes Gottes unter den Menschen. Die Wohnung Gottes ist bei den Menschen. Alles ist Friede. Gott ist alles in allen. Alle diejenigen, welche nach dem Gericht bleiben, sind zusammen gesegnet. Aber zu erwägen ist, ob das, was die jetzige Kirche ist, nicht auch einen besonderen Segen hat, ob sie nicht die Wohnung Gottes unter den Menschen sein wird.

Jesus ist hier das A und das O, der Anfang und das Ende aller Ratschlüsse Gottes. Er ist selbst Gott.Wann er alles vollendet und alles Gott unterworfen haben wild, dann wird der allgemeine Segen stattnden. Seit dem Fall Adams bis zu dem Tag dort, ist die Oenbarung der Gnade und der Geduld Gottes.

In einem Sinn sind wir hier am Ende des Buches der Oenbarung Denn hier enden sich alle Ereignisse der Prophezeiung. Was noch folgt, ist eine Beschreibung des neuen Jerusalems, der Freude der Heiligen, während der tausend Jahre, und die Verbindung des himmlischen Jerusalems mit der Erde.Alles hält an Christus. Der kleinste derer, welche Christus anhängen, Christus lieben, wird in der Herrlichkeit Christi glänzen; und ein solcher wird von den Gottlosen selbst, die ihn jetzt verachten, als weise erfunden werden.

Gott wolle uns geben, der Herrlichkeit Christi treu zu sein, während die Welt diese Herrlichkeit jetzt verachtet, und so werden wir Teil daran haben, wenn sie oenbart werden wird.Kapitel 21,9–27 bis Kapitel 22,1–5 Indem ihr den 9. Vers mit dem ersten des 16, Kapitels vergleicht, werdet ihr diese Ähnlichkeit nden, dass es einer der sieben Engel, die die sieben Schalen haben, ist, welcher dem Johannes die Beschreibung Babylons gibt, und dass es auch einer von ihnen ist, welcher die Braut des Lammes, du: heilige Stadt, so wie die ganze Folge der Prophezeiung vom 9. Vers an beschreibt. Der Mittlerdienst des Lammes ist beendigt.

Was sich im Kapitel 21,9–27 und Kapitel 22,1–5 ndet, bildet keine historische oder prophetische Folge des vorhergehenden. Es ist eine Beschreibung des neuen Jerusalems und mehrere Umstände gehen dem Anfang dieses Kapitels voran. Der Engel beschreibt auch Babylon, nachdem er ihreGeschichte gezeigt hat.

Vers 9–13 Nur im Himmel ist es, in der Herrlichkeit, wo von der Braut, dem Weib des Lammes, die Rede ist. Die gegenwärtige Haushaltung ist nur die Sammlung der lebendigen Steine dieser Stadt, dieSammlung der Heiligen, der Kirche. Durch die Auferstehung werden wir alle, ganz geräuschlos, andie Stelle gesetzt werden, welche uns bereitet worden ist (1. Kön 6,7).

Hier ist die Braut des Lammes, nicht die des Königs, wie im alten Testamente. Die Kirche hat Teil anden Leiden wie an der Herrlichkeit Christi; und für sie ist Jesus das Lamm und nicht der König; dieOenbarung der himmlischen Gerechtigkeit und nicht der irdischen Gerechtigkeit; denn im letzteren Fall halte Christus nicht sterben sollen. Diese himmlische Gerechtigkeit ist in Gott verborgen, nicht gekannt von der Welt; aber dem Glauben bekannt. Vor der Welt ist der Tod Christi die größte Ungerechtigkeit des Menschen. Das Lamm ist auch die Oenbarung der Geduld und der Güte Gottes.

Er konnte nur im Himmel nach seinem Wert geschätzt werden. Keine Belohnung auf der Erde konnte dessen, Jesus gelitten hat, würdig sein. Die Art, wie Jesus den verherrlicht hat, konnte nicht anders würdig belohnt werden, Sohn zur Rechten des Vaters zu setzen. Leiden, um recht gehandelt zu haben, sich allem unterwerfen, dies ist der Anteil des Christen, Besser ist es, den Charakter Jesu zu behalten als seinen Mantel. Die Kirche hat an diesem allem Teil. Sie hat die Gemeinschaft seine? Leiden und seiner Auferstehung. Sie wird die Braut des Lammes in seiner Herrlichkeit, wie sie in seiner Verwerfung Teil an seinen Leiden halte. Man kann nicht Anteil an Christus oben haben, ohne Anteil an Christus hier unten gehabt zu haben. Christus ist ein Ganzes.

Die Braut des Königs ist die Braut auf der Erde. Die Braue des Lammesist die Kirche in der Herrlichkeit. Sogar in der Herrlichkeit ist die Gnade der Anteil der Kirche. Die Regierung der Gerechtigkeit bezeichnet Jerusalem auf der Erde. Die Stadt kommt vom Himmel. Die Stadt, welche von der Erde kommt, ist Babylon. Hier ist das „heilige Jerusalem“. „Sie kommt vom Himmel.“ Sie bendet sich nicht auf der Erde; wo man auch keinem Begri davon hat. Der Erde kann es oenbart werden; aber es ist eine himmlische Sache in ihrem Ursprünge, in ihrem Charakter, in ihrer ganzen Natur.

Was von Gott kommt, ist heilig. Jesus, der einzige, wahrhaft von Gott ausgegangene Mensch, war vollkommen heilig. Er war nicht von der Erde. Unmöglich kann etwas den Ursprung und die Natur dessen beecken, was vom Himmel kommt. „Er kaum nicht sündigen, weil er von Gott geboren ist“ (1. Joh 3,9). Unser auferstandene Leib ist ein Tempel Gottes; es ist eine Herrlichkeit im Himmel aufbewahrt. Das, was wahrhaft von Gott vereint mit Gott ist, kann sich nicht beecken. Seiner Natur nach ist das wesentlich göttliche Leben nicht nur rein; sondern es kann sich weder beecken, nochsich verderben.

Esist hier noch etwas mehr,„die Herrlichkeit Gottes.“ Dann hat die Stadt die Formen und die Schönheit dessen, was Gott in Herrlichkeit oenbart. „Wir rühmen uns der Honung auf die Herrlichkeit bei Gott“ (Röm 5,2) Christus wird kommen, um in den Heiligen verherrlicht zu werden, und die Kirche ist mit der Herrlichkeit Gottes selbst bekleidet. Es ist köstlich, dass wir immer den wahren Zweck Gottes haben, welcher sich nicht diesseits seiner Herrlichkeit aufhalten kann. Will man den Grund aller Ratschlüsse Gottes sehen, so muss man seine Herrlichkeit ins Auge fassen. Was mich auf der Reise durch diesen oder jenen Ort führte, ist nicht der Wunsch diesen Ort zu sehen, sondern derjenige, auf ein entfernteres Ziel zu gelangen. 

Der Blick auf die Herrlichkeit heiligt wahrhaft, und gibt ein Ziel, erhaben über alles, was bereit sein könnte, um uns aufzuhalten. Niemals, hier unten, wird man, auch in den kleinsten Einzelheiten, recht wandeln können, wenn das große Ziel nicht vor unseren Augen ist. Habe ich einen Gegenstand vor der Herrlichkeit, sogar den guten Zustand der Kirche im Einzelnen, so wird meine Seele darunter leiden, obgleich der himmlische Charakter nicht darunter leidet. Ein etwas erhebt alles, was der Christ tut, welcher in dem, was er tut, die Herrlichkeit Gottes zum Ziel hat.

Niemals ist in der Oenbarung die Rede vom Vater. Wir haben auch hier nicht Kinder des Vaters,sondern die Braut des Lammes. Dieses Buch spricht von Regierung und von Herrlichkeit; und Gott, in diesem Buch, nimmt alle Titel, außer dem des Vaters an. Die Apostel des Lammes Vers 14, nicht die zwölf Stämme Israels, bilden die Grundsteine der Stadt. Die Propheten wussten, dass diese Dinge nicht für sie, aber für uns wären (1. Pet 1,12). Es ist darin eine vollkommene Ordnung. Der goldene Stab; (V 15) die genaue Gerechtigkeit Gottes misst alles, und richtet alles. Das Resultat der Arbeit Gottes ist vollkommen. Nichts fehlt darin. Nichts ist länger als dass andere. Alles darin ist vollkommen geordnet. Kein einziger Hammerschlag ist darin mehr nötig. Alles ist vollkommen. Gott ist der Baumeister.

Vers 18 Gott ist das Gebäude der Mauer. Der Jaspis stellt Gott vor. Christus ist mit reinem Goldumgürtet, und es ist gesagt: „Gerechtigkeit ist der Gurt seiner Lenden.“ Es ist die göttliche nicht irdische Gerechtigkeit in Jesu erfüllt. Vers 21. Da ist auch die Reinheit ein durchsichtiger Kristall die vollkommene Reinheit Gottes, welche nicht mehr beeckt werden kann (Kap 15,2). Die Reinheit ist nicht mehr Wasser, sondern. Kristall, sie ist dicht und fest gemacht. Die Kirche, eins mit Christus, wird hier gesehen, die Gerechtigkeit Gottes, seine Reinheit, seine Heiligkeit besitzend. Die menschliche Gerechtigkeit ziemt einem Christen nicht. Man kann die irdische Gerechtigkeit, welche sagt: Aug um Aug, Zahn um Zahn, nicht mit der Gnade vermengen. Die Gerechtigkeit des Himmels kann sich mit der Gnade vereinen, und die einzige Gerechtigkeit, welche den Christen zukommt, ist eine himmlische Gerechtigkeit. Indem Gott ihm seine Natur mitteilte, ist er über die Sünde erhaben, und hat Teil an der Herrlichkeit Gottes. 

Der wahre Charakter des Christen ist der der Gerechtigkeit und der göttlichen Heiligkeit und der derGnade. Es ist das, was Gott zukommt, wann er als Mensch oenbart ist. Es ist Glauben nötig, um sein Vermögen zu verlieren und zu vergeben; aber wenn dies aus der Gesellschaft der Menschen ausgehen heißt, so ist es dafür in diejenige Gottes eintreten. Welch ein Teil für uns und wie erhebt dies unsere Seelen! – Diese Gerechtigkeit, diese Heiligkeit Gottes kann nicht vollkommen oenbartwerden, bis dass die Kirche in Herrlichkeit oenbart ist. –

Die Verschiedenheiten der Steine. Vers 19 und 20 enthalten Einzelheiten, welche meine Kenntnisse übersteigen. Von Satan ist gesagt, dass er vor seinem Fall unter feurigen Steinen wandelte, dassallerlei kostbares Gestein seine Decke war (Hes 28,14). Christus hat diese Steine auf dem Brustschild des Hohepriesters. Diese Steine sind die Herrlichkeit, worin die erhabenste Kreatur vor ihrem Fall wandelte. Es ist die Herrlichkeit, in welcher Christus sich bendet, und wo er erkaufte Geschöpfe hinsetzt. Die Kirche ist in dieser Herrlichkeit. Es ist in Beziehung auf Herrlichkeit die größte Nähe Gottes. Es ist das Strahlen der göttlichen Natur in ihrer mannigfaltigen Schönheit durch die Kreatur oenbart und abgespiegelt, und dieses in der unmittelbarsten Beziehung zu Gott. Ein Strahlenwechsel zwischen Ihm und der Kreatur. Im Hesekiel ndet sich dies in der Schöpfung; auf dem Brustschild Jesu in Gnade; hier in Herrlichkeit. Es handelt sich hier um die Rechte der Oberherrschaft Gottes, welcher die Kirche in diese Herrlichkeit setzt, und nicht um die Zuneigung des Vaters zu den Kindern.

Im Vers 21 sind die zwölf Tore zwölf Perlen. Was schön zu nennen ist, die Vollkommenheit dermoralischen Gnade in der Kirche, eine Perle von großem Wert? (Mt 13,46). Das ist es, was Christus gesucht hatte. Die Straßen sind reines Gold, wie durchscheinender Kristall; keinerlei Beeckung ist mehr möglich. Jesus wird sich nicht mehr zu beschäftigen haben, uns die Füße zu waschen, damit wir in die Gegenwart Gottes kommen kennen zum Gottesdienst. In der Herrlichkeit wird man in der Reinheit aufrecht ehen. Je weiter wir gehen, je mehr werden wir in der Reinheit sein, ohne mehr des Gewissens zu bedürfen, um auf unserer Hut zu sein. Je mehr wir unseren Neigungen überlassen werden, je mehr werden wir Gott loben. Dies ist eine große Ruhe für denjenigen, welcher die Heiligkeit liebt. Wir werden Edelsteine sein in der Herrlichkeit, und wir werden in der Reinheit wandeln. 

Dieses ist die himmlische Ruhe. Vers 22–27. Es ist darin kein Tempel, d. h. nichts mehr, welches die Herrlichkeit Gottes einschließt. Die Verhüllung Gottes ist der Tempel. Er enthält sein Volk. Wenn man aus dem Tempel ging, so fand man die Welt. Dann wird man eingeschlossen sein in Gott. Er ist der innigste Mittelpunkt von allem, wie auch der Umkreis unseres Glücks. Um aus der Reinheit hinauszugehen, müsste man aus Gott gehen, welcher unendlich ist. Alle Namen Gottes in dieser Haushaltung, außer dem des Vaters, sind da. Das Lamm, dasjenige, das gelitten hat, und welches alle unsere Neigungen in sich zusammenfasst, ist auch der Tempel. Gott wird die Sonne der Stadt sein (V 23) und wir werden erkennen, wie wir erkannt sind. Dieses hat Bedeutung. – Die Nationen auf der Erde, die im Gericht verschont blieben, wandeln im sicheren Licht, im Licht der Stadt. Jesus sagt: „Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, die habe ich ihnen gegeben, auf dass die Welt erkenne, dass du sie geliebt hast, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22–23). Es wird eine Welt sein, welche es wissen und sehen wird, bei der Offenbarungdieser Herrlichkeit. 

Die Zuneigung der Braut freut sich der Herrlichkeit, welche dem Lamm zukommt, und die Braut ist in dieser Herrlichkeit oenbart. Die Kirche, als die Oenbarung der Güte und der Herrlichkeit Gottes, wird das Licht der Welt sein. In unserer Herrlichkeit wird die Welt begreifen, welch einen Erlöser wir gehabt haben. Welche Freude für uns, in welchen, in den zukünftigen Zeiten der überschwängliche Reichtum seiner Gnade und seiner Güte gegen uns in Christus Jesus gezeigt werden wird (Eph 2,7). Wann die Welt uns dort sehen wird, kann sie begreifen, dass Gott uns geliebt hat, wie er Jesus geliebt hat. Alles entspricht dann dem Teile, das wir hienieden gehabt. Das irdische Jerusalem wird sich an den Feinden Gottes rächen. Hier unten sind wir die Werkzeuge der Gnade und der Herrlichkeit Gottes. Sünder können davon von Herzen reden. Dieses fährt im Himmel fort.

Die Kirche wird in der Herrlichkeit das Zeugnis der Gnade sein, und das irdische Jerusalem wird strenge Gerechtigkeit gegen die Sünde ausüben. Jetzt ist Gott verwerfen und verachtet in uns. Er wird in uns verherrlicht werden!

Jesajas 40 zeigt uns, dass das irdische Jerusalem die irdische Regierung, und die Rechte derGerechtigkeit Gottes hat, „Die Nationen und die Völker, welche dir nicht dienen, werden umkommen“

(V 12). Was das himmlische Jerusalem betrit: „Die Nationen der Erretteten werden in ihrem Licht wandeln.“ Alles, was Gott in der Herrlichkeit vervollkommnen wird, muss hier unten durch den Heiligen Geist oenbart werden Durch Vorgeschmack lässt der Heilige Geist uns etwas von dieser Herrlichkeit vorher erkennen. Und das Erkennen dieser Herrlichkeit ist ein Tätigkeits–Prinzip, welches die Welt niemals zu begreifen vermag; die Früchte aber kann sie verstehen. Die Selbstsucht der Welt versteht die Gnade, welche in dem Christen ist, und welche verzeiht; aber im Grundsatz ist diese Gnade eine Torheit für sie. Obgleich sie unsere Gründe nicht begreift, ist die Treue ein Zeugnis der Gnade. Gott möge in uns geheiligt werden durch den Anblick dieser Herrlichkeit!

Der Anfang des Kapitels 22 zeigt uns die Verbindung der himmlischen Stadt mit der Erde, mit derWelt. Die Welt wird sehen, dass wir geliebt worden sind, und wird wissen, wie sehr wir geliebt wurden, wann bei der Erscheinung Christi, wir auch mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen werden. Wann er erscheint, muss er ja vor jemand sein. Seine Erscheinung ist seine Oenbarung in der Welt, von welcher er verworfen wurde, aus welcher aber Gott den Schauplatz alles dessen machte, was er von sich selbst oenbart hat. Da ist es, wo die Sünde hereintrat, wo Satan regiert, wo der Mensch in Empörung gegen Gott lebte, wo die Engel Jesu dienten, wo Jesus den Hades besiegte, den Tod und den Fürsten dieser Welt. Nichts ist einfacher, als dass Gott die Herrlichkeit Jesu und die der Christen in der Welt oenbart, auf welcher sie verachtet wurde.

Wir werden jetzt die großen Prinzipien dieser Herrlichkeit sehen. Das irdische Jerusalem hat fast alle Charakter des Himmlischen. Indessen ist ein wesentlicher Unterschied. Das heißt, in dem Himmlischen ist die Herrlichkeit, und von ihr aus wird das irdische Jerusalem beleuchtet. Dieses ist unter einem Gesetz, unter einer Regierung. Unsere christliche Erziehung auf dieser Erde macht uns fähig diese Herrlichkeit zu oenbaren.

Das irdische Jerusalem ist auf der Erde der Sitz der Regierung Gottes in Gerechtigkeit. Seine Herrlichkeit verlangt die Erniedrigung aller Nationen (Sach 1,21; 2,8–13; 8,22–23 usw.). Unter Israel sah man die Geduld Gottes in der Regierung, und die Unfähigkeit Israels, sich dieselbe zu Nutze zu machen. Die Regierung des neuen Jerusalems wird sein Gesetz in ihr Herz schreiben, (Hes 36,27) und wird sie fähig machen, dieser Regierung Gottes zu entsprechen, und Gott wird darin seine Herrlichkeit oenbaren. „Mein Volk werden alle gerecht sein.“

Im himmlischen Jerusalem ist eine innigere Entfaltung der Hilfsquellen, welche in Gott sind, um zu segnen, wenn sich Elend und nicht Gehorsam ndet. Auf dem Lebensbaum sind Blätter, bestimmt zur Heilung der Heiden.

In Eden wurde der Mensch versucht als unschuldig noch. Darin waren zwei Bäume: der Eine desLebens, der Andere der Erkenntnis des Guten und Bösen. Das Leben, ohne welches man nichts machen kann und die Verantwortlichkeit; dies sind die Grundlagen jeglicher Religion. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit befand sich der Mensch in zwei Lagen; in der Unschuld und in der Sünde, in Eben und unter dem Gesetze. Das Gesetz verlangt den Gehorsam, nachdem die Erkenntnis des Guten und Bösen da ist; und ist Böses da, so wirkt die Gegenwart Gottes dahin, uns zur Flucht zu bringen. Das Gesetz macht die Verantwortlichkeit in dem Menschen, welcher die Erkenntnis des Guten und Bösen hat, Wirksam; aber das Leben gibt es nicht.

Christus beschäftigte sich mit dem Menschen, ohne Honung auf seine Verantwortlichkeit under nahm die Verantwortlichkeit auf sich, und hat das Leben gegeben. Und so wird er alles für den Menschen. Er kommt als Versöhner und als Mittler, stellt sich unter die Verantwortlichkeit nach der ganzen Forderung Gottes; leistet ihr Genüge, nimmt auf sich die gänzliche Wirkung des Baumes der Erkenntnis des Guten und Bösen, und teilt das Leben mit. Der Mensch ging fehl, aber er aß nicht vom Baum des Lebens, nur von dem der Erkenntnis des Guten und Bösen. Der Mensch richtet sich immer zu Grund, wenn er sich unter die Verantwortlichkeit stellen will. Erkennen, dass Christus eine Quelle des Lebens ist, und die Verantwortlichkeit seines eignen Heils behalten, heißt in der Verwirrung und in der Furcht sein. Christus muss als Vermittler verantwortlich und die Quelle des Lebens sein. Es ist also allein die Gnade, das Mittel, mit Gott zu tun zu haben. Wir werden Spuren dieser Dinge sogar im himmlischen Jerusalem sehen.

Hinsichtlich unser ist alles vollendet. Da das Leben und die Verantwortlichkeit vereinigt sind; es ist eine Freude für uns wie für die Engel, den Willen Gottes zu tun. – Möge uns Gott begreifen und ergreifen lernen die beiden Prinzipien, das Leben und die Verantwortlichkeit. Nehmen wir auf uns die Verantwortlichkeit, so ist es aus mit uns. –

Hier stellen zwei Bilder das Leben dar. Ein Strom des Wassers des Lebens. Es ist nicht allein das Leben in uns, sondern man wird auf ewig von dem Leben getränkt, welches vom Thron Gottes ausgeht, und in der Stadt in Fülle strömt. Ein Baum des Lebens. In Eden hätte man von den Früchten des Baumes des Lebens essen können, aber in diesem Baum war kein Prinzip der Heilung. Hier ist es nicht so. Die Blätter des Baumes sind zur Heilung der Heiden. Der Baum des Lebens ist gesegneter. Seine Frucht ist die Speise derer, welche in der Stadt sind, und aus seinen Blättern stießen die nötigen Hilfsquellen für diejenigen, welche noch auf der Erde sind.

 Da ist die Freude der Gemeinschaft; man wird getränkt am Fluss des Stromes des Lebens. Obgleich diese Freude die erhabenste ist, ist es auch eine für Gott selbst, denjenigen Gutes zu tun, welche es bedürfen. Es ist die Gnade, die Güte. Wir haben Teil an dieser Freude in der heiligen Stadt; wir werden darin der Gnade uns erfreuen, welche heilt, sowohl als derjenigen, mit der Heiligkeit getränkt zu werden. „Es ist Freude im Himmel über einen einzigen Sünder, der Buße tut.“

Also wird im himmlischen Jerusalem weder die Unschuld ohne Gnade, noch die Verantwortlichkeit und das Gesetz ohne das Leben sein.

Vers 3–4. Hier ist der Mittelpunkt aller Herrschaft; der Thron Gottes und des Lammes. Die Ruhe dort wird keine Trägheit sein. „Die Diener werden ihn bedienen.“ Zwischen Gott und uns wird Nichts sein, und wir werden sein Antlitz sehen; und auf unseren Stirnen (V 4) nicht das Geringste, das nicht der Ausdruck Gottes wäre. Alles was Gott ist, sein Name, wird auf unseren Stirnen sein, d. h. offenbart in uns auf die augenscheinlichste Weise. Die Sklaven trugen auf ihren Stirnen den Namen ihres Herrn. Wir werden das Antlitz Gottes sehen. Die, die reines Herzens sind, werden Gott schauen.

Alle Welt wird sehen müssen, dass wir Diener Gottes sind. Dieses alles ist sogar vor der Welt eine volle Offenbarung dessen, was Gott ist. Vers 5. Alles, was hier ist, ist für die Kirche ein ewiger Zustand. – Kapitel 22,6–21; Vers 6–7. Hier endet sich diese Beschreibung. Wann der zweite Adam seine Macht wird ausgeübt haben, um alle die von den Propheten erwähnten Dinge wieder herzustellen, denn wird das Ende sein. Er wird Priester sein nach der Ordnung Melchisedeks, Priester auf dem Throne, um Gott zu loben, und die Welt zu segnen. Er wird diese rebellische Welt seiner Macht unterworfen haben. Dieses ist die Form, welche die Vermittlung zu dieser Zeit annehmen wird; nicht, wie jetzt, verborgen, sondern mit seinem Volk.

Vers 10. Hier ist ein merkwürdiger Ausdruck. Gott hatte Damit geboten, die Prophezeiung zu versiegeln (V 12.14). Hier im Gegenteil sagt er (für die Kirche), sie nicht zu versiegeln. Man leugnet nicht, dass Christus wiederkomme; auch leugnet man die zukünftige Haushaltung nicht; aber man weicht ihrer Kraft auf das Gewissen aus, indem man sagt: „Der Herr zögert zu kommen. Er sagt: Ich komme bald“; Er verspätet sich nicht, aber er ist geduldig, da er will, dass alle, zur Buße kommen. Darum wollte Gott nicht, dass diese Oenbarung ein versiegeltes Buch sei. Er sagt: „Ich komme bald.“ Im Prinzip hindert nichts den Getreuen zwischen dem gegenwärtigen Augenblick und dem Kommen des Herrn, seine Wiederkunft zu ergreifen. Gott will, dass das Kommen Jesu ein meinem Herzen naher und teurer Gedanke sei; darum will er nichts versiegeln. Gott will, dass im Herzen des Gläubigen keine Trennung sei zwischen dem Augenblick, wo die Prophezeiung ausgesprochen wurde, und demjenigen der Wiederkunft Jesu.

Vers 7. Hier ist etwas für den Wandel. „Selig wer die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt.“ Zur Zeit der Reformation war die Erklärung dieses Buches in der Schrift Luthers: „Die Gefangenschaft Babylons“ ein Beweggrund, welcher die Kraft gab, aus der Ungerechtigkeit der verdorbenen Christenheit herauszugehen. Jesus erwarten, welcher selbst kommt, ist es, was uns ermuntert. Vers 16. Im Anfang der Oenbarung gibt sich Jesus als die Wurzel Davids. Hier sagt er, er sei die Wurzel und der Sprössling Davids, weil er seinen Platz annahm, als König, Sohn Davids. Vers 17. Dieser Vers gibt der Kirche ihre normal Lage im Erwarten Jesu. Nicht allein die Braut sehnt sich nach dem Bräutigam; es ist der Geist und du? Braut; es ist ein Wunsch vom Geist selbst geheiligt und gebilligt. Es ist nicht der Geist, den man erwartet. Der Geist sehnt sich, er kann sich nicht nach dem Geist sehnen. Die Braut sehnt sich, und sie sehnt sich nach dem Bräutigam, nicht nach dem Geist. „Herr Jesu, komme bald.“ Wenn ich ein tausendjähriges Reich ohne Christus wünsche, so sage ich nicht: „komm bald“; dann sage ich: zögere wenigstens taufend Jahre. Die Kirche sagt natürlich:

„komm“, wenn sie ihre Vorrechte ergrien hat. Es gibt Seelen, welche diese Vorrechte der Kirchenicht ergrien haben; darum beehlt er dem, der ihn erwartet, zu sagen: „Komm.“ Die Kirche hat schon den Strom des Lebens; darum spricht sie: „Wer dürstet, komme, denn ich besitze den Strom des Lebens, und wer Wasser des Lebens will, der nehme (denn ich habe es) umsonst.“ Die Kirche vertritt die Gnade. Unterdessen ist ihre Picht und ihr Vorrecht, diejenigen, die dürsten, einzuladen, zu nehmen von dem Wasser des Lebens, welches sie besitzt. Die Kirche, die den Heiligen Geist hat, ladet ein, von diesem Lebenswasser zu trinken. Als Verlobte Jesu sagt sie zum Bräutigam: „komm“;

Nichts trägt mehr zur treuesten und einfachsten Ausbreitung des Evangeliums bei als der Gedanke, dass Jesus bald kommen wird. Wenn ihr Geld wünscht, oder eine Versorgung für eure Kinder in der Welt, oder wenn ihr Pläne für die Zukunft habt, so könnt ihr nicht wünschen, dass Jesus bald komme, und könnt ihr das nicht, dann stehen eure Herzen nicht gut mit Jesu. Dies ist für die Christen ein trauriger Zustand. Und wenn jemand den Herrn nicht erkennt, nichts schrecklicher dann, als das Kommen Jesu. Es ist sein Gericht.

Gott reinige unsere Herzen, damit wir wünschen können, dass Jesus bald komme! Amen.

BdH 1854 Gedanken

Gedanken

Der Weg des Gehorsams ist auch derjenige der Erkenntnis der immer innigeren Liebe Gottes.

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Das einzige Ziel der Leitung Gottes für uns ist, die Reichtümer seiner Gnade und seiner Liebe zu

erforschen.

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Die Folgen für denjenigen, welcher Ohren hat, zu hören, und Augen, zu sehen, sind, fest im Glauben und im Gehorsam zu bleiben.

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Der Glaube vernünftelt und rechnet nicht, aber er gehorcht.

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Nicht durch große Reben, noch durch große Einwendungen, führt man die Seele der Gnade und der Wahrheit zu. Es geschieht vielmehr durch die äußere Offenbarung, und der Ermahnung Christi in uns. Denn wenn Er in uns ist und wir in Ihm, so werden diejenigen, welche Ohren haben, hören, und die, welche Augen haben, sehen. Außer Christus ist alles nur Fleisch; aber das Fleisch nützt zu nichts. Es ist allein der Geist, welcher lebendig macht (Gal 5,24).

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Sobald Gott in seiner Gnade durch uns wirken will; so fängt er zuerst an, in uns zu wirken, und Er bildet uns zu dem Dienste, wozu er uns bestimmt hat. Darum bedient er sich dieser armseligen, also zubereiteten Gefäße, auf dass dieses zum Lob und Ruhm seines Namens durch diejenigen wird, welche der Herr durch seinen Geist zu wirken beauftragt, so gering dies auch dem natürlichen Menschen erscheinen mag.

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Das hauptsächlichste im Christentum, und was denen, die ihre Herzen durch den Glauben gereinigt haben, noch die ganz besondere Kraft gibt, ist die Oenbarung der Vereinigung der Kirche mit dem auferstandenen und verherrlichten Jesu vor dem Vater. Die innige, tiefe Zuneigung der Seele, wird uns mehr und mehr das Verständnis erönen, was wir vor Gott in Christus sind, und das, was Christus für uns ist, damit wir wachsen können in dem neuen Leben, dessen Ziel und Maß das Vorbild der Vollkommenheit Christi ist. Die Oenbarung des Geheimnisses Christi enthält die ganze Oenbarung für die Kirche.

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Was das Werk der ersten Schöpfung vollendete, ist die Erschaung des Mannes und der Frau, vonersterem entnommen. Gott stellte Adam als Gebieter über diese Schöpfung, und führte ihm Eva als seine Gefährtin zu. In Hebräer 9,26 ist gesagt, dass Christus am Ende der Zeiten oenbart worden ist. Die Erscheinung Christi vollendete, was sich Gott seit dem Anfang vorgesetzt hatte. Der Mann und die Frau, hingesetzt als Herren dieser Schöpfung, fassten schon den Gedanken des großen und tiefen Geheimnisses in sich, welches Gott beschlossen hatte; aber es durfte nicht eher der Welt durch Denjenigen oenbart werden, in welchem alle Ratschlüsse Gottes erfüllt werden konnten.

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Die Erscheinung Christi, des zweiten Adams, vollendete das Werk der neuen Schöpfung; und dasWeib, (die Kirche) entnommen aus Ihm, ist nun die Gefährtin und wird Ihm im Paradies Gottes zugesellt.

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Paulus knüpft alle Erkenntnis an dieses Geheimnis und für die Vollendung desselben macht Gott alle Dinge, und nach deren Entwicklung wird er alles in der Kirche verwirklichen. Es ist die Oenbarung der ganzen Liebe des Vaters gegen Sünder, welche er zu seinen viel geliebten Kindern macht. Alle Gaben des Heiligen Geistes, alle Gnaden Christi, sind der Kirche mitgeteilt, um dieses Geheimnis Christi zu oenbaren. Die Briefen an die Kolosser und die Epheser zeigen uns mit der größten Klarheit, dass sich alles an die Oenbarung der Kirche knüpft; und auch alle Ratschlüsse Gottes dahin ausgehen.

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Der innige Verkehr, welcher sich nun aus der Vereinigung Jesu mit seiner Kirche ergibt, der Verkehr seiner Gemeinschaft enthält ein größeres Maß der Seligkeit, als all der Glanz, welcher sich daran knüpft. Sollte diese Gemeinschaft deshalb nicht mit der ausdauerndsten Emsigkeit gesucht und ausgebildet werden? Sollte es nicht unser Glück ausmachen, Mitarbeiter Christi zu sein, zu bauen, was ihr inne wohnt, zu arbeiten und zu verkündigen das Geheimnis von der Erkenntnis Christi, nach dem Maß der Gaben eines jeglichen, für den Wachstum des Körpers? Nichts wird köstlicher für diejenigen sein, welche aus der Zuneigung Christi, in seinem Interesse wirken, als für die Entwicklung der Seelen tätig zu sein, und sie zu stärken, in Beziehung der Zuneigung zu Jesu, als Braut.

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Wenn die Kirche diese außerordentlich großen Vorrechte aus dem Auge verliert, so ist die Folgedavon, dass die Tätigkeit dieser Zuneigung für Christus auf andere Gegenstände hingelenkt wird und die Braut sich mit der Welt verbindet. Wenn aber Gott in seiner Güte diese köstliche Oenbarung für die Kirche wieder aufs Neue belebt, und sie erweckt vordem Schlummer und der Untreue, und sie erleuchtet, den Bräutigam doch aufs Neue zu lieben und zu erwarten, wird man da nicht denken können, dass dieses dann der Ruf der Ankündigung ist, welche der Erlösung des Körpers, wie seiner Einführung in die himmlischen Wohnungen vorangeht, wo dieses Geheimnis der Liebe dann wird vollendet sein?

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Sobald man den Fall und die Ohnmacht von denjenigen näher betrachtet, welche Gott gekannt und gedient haben, ndet man, dass in den Umständen, welche diesem Fall voran gingen, und in den Früchten, welche denselben oft begleiten, die köstlichsten Tröstungen, durch die Erkenntnis der unergründlichsten Liebe Gottes nach seiner Gnade.

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Es sei aber damit nicht gesagt, dass wir die Versuchungen des Falles herbeiführen dürften, umdie Tröstungen und die tiefe Liebe Gottes zu besitzen. Keineswegs; obgleich bei unserem Fall das Verständnis der Wege Gottes in dieser Hinsicht, weil es geschrieben ist, ein mächtiges Mittel seiner Gnade für die Wiederherstellung unserer Seele wird. Man muss das Bewusstsein des Zustandes, woraus Gott uns gezogen hat, bewahren und sich vor der Versuchung zu einem neuen Fall hüten; dieses ist es, worauf sich die Ermahnung in Epheser 3,11 bezieht: „Deshalb denkt daran, dass ihr, einst aus denNationen dem Fleisch nach – „Unbeschnittene“ genannt von derso genannten „Beschneidung“, die im Fleisch mit Händen geschieht . . . “ Das Bewusstsein unseres vorhergehenden Zustandes der Verderbtheit, so wie auch unserer gegenwärtigen Schwachheit, macht es notwendig, sich unter die Abhängigkeit dessen zu stellen, welcher allein die Macht hat, sich in der Ohnmacht seiner Diener zu verherrlichen.

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Als David vor Saul oh, lernte er seine Ohnmacht kennen, denn es überkam ihn eine große Furcht wegen Achisch, dem König zu Gat (1. Sam 21,12). Diese Gelegenheit gab ihm Anlass zu der Verfertigung des 34. Psalms. David halte keinen Glauben, als er ein Obdach bei Achisch suchte;aber Gott, welcher die Macht besitzt, alles zum Besten seiner Kinder zu führen, bediente sich des Umstandes, dass Er David den herrlichen Lobgesang eingab, welcher diese Tatsache in ihm erweckte, durch das tiefe Gefühl von der Sorge, welche Gott für die Seinen in all ihren Ängsten hat, und sie daraus zu befreien kommt.


BdH 1854 Die Kirche nach dem Wort Gottes 

Autor: John Nelson Darby

Das ist für uns eine Frage von der höchsten Wichtigkeit und beschäftigt in unseren Tagen viele

ernste Christen. Doch kann nur das Wort Gottes, dieses einzig wahre Licht, uns eine richtige Lösung dieser Frage geben und wir tun wohl an dieser Quelle allein zu schöpfen. Wir dürfen es auch gewiss als eine Wirkung des Geistes Gottes ansehen, dass diese Frage gegenwärtig immer lauter erhoben wird. Seine Kinder sollen die Ausdehnung und die Gedanken seiner Liebe kennen lernen, und in wahrhaft christlicher Aufopferung eine Stellung einnehmen, welche seiner Gute entspricht. Das lebendige Bewusstsein, Glied der Kirche Gottes zu sein, leitet unsere Neigungen und bildet den Charakter unseres Christentums. Sind wir in den letzten Tagen, wie es viele ernste Christen denken, so muss gewiss die Wichtigkeit und der Wert dieser Frage immer fühlbarer werden. Es ist wahr, die klugen Jungfrauen mussten zu jeder Zeit ihre Lampen bereit halten und wachen, aber diese Picht war noch weit gebieterischer, als um Mitternacht der Schrei erscholl: „Siehe, der Bräutigam kommt, geht aus ihm entgegen!“

Die Kirche ist etwas unendlich Kostbares für Christus. Er hat sie geliebt; Er hat sich für sie hingegeben, auf dass Er sie heiligte, sie reinigend durch das Bad des Wassers im Wort, auf dass Er sich selbst die Kirche dar stellte ohne Flecken, ohne Runzel oder dergleichen, sondern dass sie heilig und fehlerlos sei (Eph 5,25–27). Diese Offenbarung lässt uns die Wichtigkeit der Kirche fühlen. Sie ist der Gegenstand der Liebe und Sorge Christi und wie herrlich wird die Erfüllung der Ratschlüsse Gottes in Betreich ihrer sein! Welch ein Vorrecht, ihr anzugehören! – In obiger Stelle wird auch die ganze Innigkeit eines Mannes mit seinem geliebten Weibe als Bild von der Einigung der Kirche mit Christus hingestellt; übrigens ein schwaches Bild von der Wirklichkeit dieses großen Geheimnisses. Wir sind Glieder seines Leibes, Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Bein. Die Kirche nimmt dieselbe Stellung ein, welche Eva in Bezug auf Adam inne hatte, der ein Bild von dem war, der kommen sollte.

Sie ist mit Ihm verbunden im Genuss alles dessen, was Ihm Gott verliehen hat. Durch die Natur der Sache selbst begreift man völlig, dass eine solche Verbindung mit Christus eine ganz besondere Stellung ist; sie macht einen besonderen Gegenstand der Ratschlüsse und Gedanken Gottes aus. Denn die Stellung einer Braut oder die eines Weibes, wie die der Eva ist etwas ganz Besonderes. Sie ist nicht das Erbe; sie ist weit mehr als Kind, wie teuer dies auch seinem Vater sein mag; es heißt das mehr als Volk Gottes sein, obgleich alle diese Dinge zu gleicher Zeit wahr sein können. Man kann nichts innigeres mit sich verbunden denken, als sein Weib und seinen Leib.

Niemand, sagt der Apostel, hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, das ist das eigene „ich.“ Eine solche Beziehung erweckt die innigsten Gefühle und ruft die unumschränktesten Pichten hervor. Dieses Traktat, aus dem Französischen übersetzt, erscheint hier des Namens wegen etwas abgekürzt Der Herr selbst hat die Tragweite dieser Stellung in den Worten ausgedrückt: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Er selbst, sein Leib war es, den Saul verfolgte.

Der Kaufpreis Christi für die Kirche war sein Blut, sein eigenes Leben. Er hat sich selbst dar gegeben und nachdem Er sie für sich erworben hat, bildet Er sie. Er heiligt sie, damit Er sie sich selbst als eine herrliche Kirche ohne den geringsten Makel darstellte. Nichts soll ihrer Herrlichkeit mangeln; nichts dass Auge oder das Herz ihres göttlichen Bräutigams verletzen können. Hier schon bemerken wir, dass sie unter allen Umständen immer als ein Ganzes betrachtet wird, sowohl während ihrer Reinigung auf Erden, als auch wenn sie herrlich ihrem Bräutigam im Himmel dargestellt wird.

Die Erlösung dieses Leibes durch das Blut des Kreuzes ist auf der Erde geschahen; ihre Reinigung durch das Wort mittels des Geistes geschieht auch auf der Erde. Das herrliche Ergebnis bei der Wiederkunft Christi wird ihre Vollendung im Himmel sein, für den sie bereitet ist. Hat auch die Hochzeit noch nicht stattgefunden, so hat doch das Verhältnis immer in seinen Rechten bestanden; nicht nur nach dem Ratschluss Gottes, sondern in Wirklichkeit. Seit Christus die Kirche für sich erworben hat, ist sie sein. Das Verhältnis besteht, und wie Christus immer treu gewesen ist, so hätte es auch die Kirche sein sollen. Ihre Reinigung von Seiten Christi war die Absicht dieses Verhältnisses, und das hätten die Christen stets anerkennen sollen. Doch bleiben sie stets verantwortlich in Betreff der Pichten, welche aus diesem Verhältnis hervorgehen.

Die Existenz der Kirche ist auf die Tatsache gegründet, dass Christus sie geliebt und sich für sie dahin gegeben hat. Sie ist versöhnt und erlöst; sie genießt die Gnade der vollkommenen Liebe Christi. Er hat sie erkauft, um sie herrlich darzustellen, und dies alles bildet den Grund ihres Lebens und ihrer Beziehungen. Sie wird nicht durch ein Gesetz auf die Probe gestellt; sie ist der Gegenstand des vollkommenen Werkes Christi. Er hat sie erworben, als sie noch im Dienst Satans, unrein und schuldig war. Diesem Werk allein verdankt sie ihre Existenz; und sie ist darum verantwortlich, weil Christus sie erworben hat. Dies sagt ihr ohne Zweifel, dass sie gänzlich sein Eigentum sein soll; aber sie muss es sein, weil sie es schon ist. Der Christ hat die friedliche Versicherung, dass er Christus angehört. Diese Versicherung gibt eine Ruhe, welche die süßesten Gefühle erweckt. – Die Wirkung dieser Wahrheit in dem Gewissen ist für die Heiligung ebenso groß. Diese Heiligung ist die Reinigung dessen, was allein Christus angehört. Er setzt es in den Stand, um immer bei Ihm zu wohnen. 

Diese Reinigung dehnt sich auf die Gedanken, die Gefühle und die Art und Weise der Anschauung aus. Da die Kirche Ihm ganz angehört, so steht sie in jedem Gefühle, in jeder Bewegung des Herzens mit Ihm in Beziehung. Er kann ihre Reinigung ebenso vollständig verwirklichen, als ihre Erlösung. Er wird sie sich ohne Runzeln darstellen, aber das Herz des Christen sollte diesem Werk entsprechen. Der Einuss der Beziehung der Kirche mit Christus aus die Honung ist nicht weniger groß. Sie ist außerhalb der Gerichte, welche die Ankunft des Herrn über diese Welt herbeiführen wird. Sie gehört der Welt nicht mehr an. Vielmehr erwartet sie den glücklichen Augenblick, wo der Herr sie rufen wird. Er wird sie zu sich nehmen, damit sie die Herrlichkeit und die Freude des Verhältnisses mit Christus völlig genießen, welches sie durch die Gnade schon kennt. Das ist die Stellung der Kirche und ihrer Beziehung mit Christus.

Christus ist das Haupt der Kirche, welche ist sein Leib, die Fülle des, der alles in allen erfüllt (Eph 1,22). Der Leib gehört zum Haupt und macht den Menschen vollständig; ebenso gehört die Kirche zu Christus. Er als das Haupt lenkt die Kirche, seinen Leib und übt die ganze Macht über sie; die 114

Die Kirche nach dem Wort Gottes Kirche aber als der Leib macht den geheimnisvollen Menschen nach den ewigen Ratschlüssen Gottes vollständig. Es ist klar, dass es sich hier nicht um die göttliche Person Christi handelt. Die Kirche wird an der Herrschaft Christi über alle Dinge, und an seiner ganzen Herrlichkeit, wie Er sie vom Vater empfangen hat, Teil nehmen (Eph 1,21–22). Gott wird in der Fülle der Seiten alle Dinge im Himmel und auf Erden in Christus zusammenfassen, und wir haben Teil an der Erbschaft. „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit die Welt erkenne, dass du sie geliebt, wie du mich geliebt hast“ (Joh 17,22). „Sind wir Kinder, so sind wir auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi“ (Röm 8,17).

Jetzt wollen wir mit mehr Reihenfolge die Lehre des Worts in Bezug auf die Kirche betrachten und dann sehen, welchen Platz die Kirche in den Wegen Gottes einnimmt. Der von Gott vorher gefasste Ratschluss besteht nach Epheser 1 dann, alle Dinge im Himmel und ans Erden in Christus zusammenzufassen. Die Kirche, als sein Leid, als seine Braut, wird Ihm in jener Zeit zugesellt sein (Eph 1,22–23; 5,27). Alles aber ist Christus noch nicht unterworfen. Gott hat noch nicht alles als Schemel unter seine Füße gelegt. Die Kirche ist Ihm auch noch nicht herrlich dargestellt.

Er sitzt noch immer zur Rechten Gottes (Heb 2,8). – Besteht nun während dieser Erwartung der glücklichen Vereinigung mit Christus eine Kirche? Lag es in den Gedanken Gottes, dass es während dieser Erwartung eine Kirche auf Eiden gebe? Wer dem Wort Gottes unterworfen ist, wird darüber klar sein. Christus selbst ist der Erste, der ankündigt, dass die Kirche sein muss: „Auf diesem Felsen will ich bauen meine Kirche.“ Der Zusatz, dass die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen sollen, zeigen uns, dass es nicht um eine schon in der Herrlichkeit dargestellten Kirche handelt, sondern um die auf der Erde. – Die Kirche hatte noch erst anzufangen. Christus, als Sohn des lebendigen Gottes anerkannt, sollte die Grundlage eines neuen Werkes auf der Erde werden. Die Tatsache, dass es Gläubige auf der Erde gibt, die Jesus als den Christ anerkennen, macht nicht die Kirche. Dieses fand statt, als Jesus redete und die Kirche noch zu bauen war. Dieses Werk war noch zu vollbringen. Jesus musste für die jüdische Nation sterben, und nicht für diese Nation allein, sondern dass Er die Kinder Gottes, die zerstreut waren, zusammen brächte. Es gab schon damals Kinder Gottes, aber sie waren zerstreut und vereinzelt. Christus sollte sie durch seinen Tod zusammenbringen. 

Nicht nur sollte Er sie retten, damit sie im Himmel zusammen kämen; sie waren ja errettet, weil es Kinder Gottes waren; Er sollte sie zu einem zusammen bringen. Es gab schon damals Gläubige; aber die Kirche war durch die Versammlung dieser Gläubigen noch zu bauen. Dies hat jetzt wirklich durch das Wort Jesu und durch die Macht des Heiligen Geistes, der vom Himmel herabgestiegen ist, stattgefunden.

Hierhin gehört auch die Bitte Jesu: „Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, so durch ihr Wort an mich glauben werden, auf dass sie alle eins seien, gleich wie du Vater, in mir und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube, du hast mich gesandt“ (Joh 17,20–21). Es ist aber auch das sehr tröstlich für uns, dass Jesus selbst da in der Mitte ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind. Es ist das ein köstliches Licht, welches das Wort uns für die Zeiten der Finsternis mitteilt.

Das Herabkommen des Heiligen Geistes aber hat dar Lehre von der Kirche eine weit größere Entwicklung gegeben. Wir sehen in Apostelgeschichte 2, dass sie wirklich bestand. Alle die, welche glaubten, waren an ein und demselben Orte beisammen und hatten alles gemein, wiewohl es schon 3 000 Seelen gab; auch fügte der Herr alle Tage zu der Kirche hinzu solche, die errettet werben sollten. Die Einigung und Einheit der Erretteten wurde wirklich durch die Gegenwart des

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vom Himmel herabgestiegenen heiligen Geistes vollendet. Es war ein Leib auf der Erde, ein sichtbarer Leib, Er wurde von Gott anerkannt und alle hielten sich daran, die Er zu seiner Erkenntnis berief. Diese wurden durch den Herrn selbst dazu geleitet, der in ihren Herzen wirkte; es war die Kirche Gottes. Nur war sie bis dahin ausschließlich aus Juden zusammengesetzt. Die Geduld Gottes wartete noch zu Jerusalem. Zwar schuldete diese Stadt durch den Tod Jesu 10.000 Pfund?, und dennoch bot Er ihr durch das Zeugnis des Heiligen Geistes Buße an. Gott erinnerte sich an seine Barmherzigkeit und erklärte, dass, wenn die so schuldvolle Nation Buße tue, Jesus wiederkommen würde (Apg 3). Jerusalem aber blieb gegen diesen Ruf taub und seine Oberen widerstanden wie immer dem Heiligen Geist; sie steinigten den, durch welchen er Zeugnis ablegte. Von da ab erscheint ein neues Werkzeug der unumschränkten Gnade Gottes auf dem Schauplatz. 

Es war Saul, der Verfolger, der Ausdruck des Hasses der Juden gegen Christus. Man sieht ihn zuerst bei dem Märtyrer Stephanus als der selbst an seinem Tod Wohlgefallen hatte. Aber jetzt wurde er der eifrige Zeuge des Glaubens, den er zu zerstören gesucht hatte. Diese unumschränkte Gnade aber, die zwar noch immer die Juden berücksichtigt, geht nicht mehr von Jerusalem aus. Antiochien die Stadt der Heiden ist es, welche den Paulus aus ihrem Schoß abreisen sieht, um sein apostolisches Wert zu vollbringen.

Bis dahin predigte man zwar einen erhöhten Christus, als einzigen Retter, aber es war der unter den Juden durch Zeichen und Wunder bekannte Mensch. – Dies wussten sie, und denselben hatte Gott erhöht und zum Herrn und Christ gemacht. Petrus und die übrigen Apostel, welche Jesus während seines Dienstes begleiteten, sind Ihm bis zur Wolle, die Ihn vor ihren Augen verbarg, gefolgt. Sie erhielten das Zeugnis, dass Er in derselben Weise wiederkommen werde. Die Beziehungen Christi mit den Juden wurden in dieser Weise unterhalten, nämlich, dass Er zwar zur Rechten Gottes erhöht ist, dessen Zepter aber von Zion ausgehen muss und der die Buße seines Volkes erwartet. Das Zeugnis des Heiligen Geistes wurde aber in Stephanus durch die blinde Nation verworfen. Von da ab wird Christus als der Menschensohn oenbart, der gelitten und nun Erbe aller Dinge im Himmel und auf Erden ist. Hier tritt nun Paulus auf und Gott fängt durch ihn, obwohl Er sein Werk zu Jerusalem fortsetzt, doch cm neues an. Paulus hatte Jesus dem Fleisch nach nicht kennen gelernt und dieser oenbart sich ihm in der Herrlichkeit des Himmels, zu leuchtend für das menschliche Auge. – Das ist nicht Jesus, der auf der Erde gekannt und nun Herr geworden ist, sondern der Herr der Herrlichkeit, der als solcher gesehen erklärte, dass Er Jesus sei. Aber wo bendet er sich für den Paulus auf der Erde? In den Seinen. Gesehen als Herr ohne seines gleichen, fragt Ihn Saul: Wer bist du Herr? 

Und der Herr antwortete: Ich bin Jesus, den du verfolgst. Die Heiligen wann Er selbst, sein Leib. Hier tritt uns die volle Oenbarung der Einigung des herrlichen Herrn mit den Gliedern seines Leibes auf der Erde entgegen.

So es sich nun um den Herrn der Herrlichkeit und die Glieder seines Leibes handelte, war die Frage über Juden und Heiden beendet. Die Beziehungen der Gläubigen mit Jesu wurden himmlisch und bestanden in der Einheit des Leibes Christi; also in dem Himmel erkannt, gab es weder Juden noch Heiden. Die Kirche war dennoch auf der Erde, denn sie wurde verfolgt, aber sie war mit dem Herrn im Himmel eins. Er, der verherrlichte Herr war es, der verfolgt wurde. Auf welch ein köstliches Gebiet führt dies das Herz. Wir hören aus dem Mund des Herrn selbst die größte Versicherung unserer Einigung mit Ihm. Er betrachtet das schwächste Glied seines Leibes als einen Teil seiner selbst. Doch lasst uns die Prüfung der Lehre weiter verfolgen.

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Der Brief an die Römer hat nicht die Kirche zum Gegenstand. Er weist nach, dass die Juden unter dem Gesetz, wie die Heiden ohne Gesetz vor Gott gleich schuldig seien, und nur der Glaube an den Gott, der Christus von den Toten auferweckt hat, rechtfertigt beide vor Ihm. Durch die Gnade war der Glaubende gerechtfertigt, erneuert und Erbe Gottes. Er hatte das Leben und die Gefühle des Geistes und wurde durch eine Liebe, von der ihn nichts scheiden konnte, für die Herrlichkeit bewahrt. Dann zeigt er in Kapitel 9 bis 11 die Zulassung der Juden und Heiden ohne Unterschied zu dem Genuss dieser Segnungen. Die Heiden sind eingepfropft, um als Kinder Abrahams die Linie in dem Genüsse der Verheißungen fortzusetzen. In den Ermahnungen am Schluss des Briefes erinnert uns der Apostel daran, dass wir als Glieder des Leibes Christi, auch unter einander, einer des anderen Glieder sind (Röm 12,4–5). „Denn gleicher Weise als wir in einem Leib viele Glieder haben, aber alle Glieder nicht einerlei Geschäfte haben; also sind wir viele ein Leib in Christus, und unter einander ist einer des anderen Glied, und haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist usw.“

Der 1. Brief an die Korinther liefert uns einen köstlichen Unterricht über diesen Gegenstand. Dieser Brief gibt uns Einzelheiten über das Innere einer örtlichen und besonderen Kirche, obwohl er an alle, die den Herrn anrufen, gerichtet ist. Er zeigt uns, dass die Christen eines Ortes, als Körper vereinigt, insofern die Einheit des ganzen Leibes verwirklichen. Die Kirche in Jerusalem war im Anfang Beides zugleich. Aber es gab damals viele Versammlungen. Die Christen eines jeden Orts vereinigten sich als Leib und bildeten die Kirche Gottes an diesem Ort: „die Kirche Gottes zu Korinth.“ Es gab nur eine; sie bestand aus Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen, die in Korinth waren. Der Apostel rechnete auf ihre Befestigung bis ans Ende. Sie waren außerhalb der Welt; durch ihr Bekenntnis, wie durch ihren gemeinsamen Wandel als Leib, waren sie von dieser gekannt und getrennt. Die Beziehungen der einzelnen Glieder mit der Welt werden in dem Brief besprochen und beziehen sich auf den gewöhnlichen Lebensverkehr. Hier ist aber der vollständigste Unterschied zwischen den Brüdern und der Welt scharf bezeichnet. Es gab solche, die drinnen und solche, die draußen waren.

Nicht nur war ein Unterschied im Wandel der Einzelnen, sondern ein gemeinschaftlicher Wandel als ein von der Welt getrennter Leib (vgl. 5,13; 10,17.21–22; 2. Kor 11,16–17) Das Abendmahl war das äußere Zeichen, das sie vereinigte, (1. Kor 10,17)

Die Gegenwart des Heiligen Geistes in der Kirche unterscheidet sich von der Gegenwart des Heiligen Geistes in dem Einzelnen. Der Leib des Einzelnen ist ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Kor 6,19); die Kirche ist aber auch sein Tempel, weil sein Geist in ihr wohnt (Kap 3,16–17). Der Geist Gottes ist einer, wie verschieden auch die Oenbarungen seiner Gegenwart sein mögen. Dies lag in den Gaben. Diese Gaben waren für den gemeinschaftlichen Nutzen gegeben. Dir heilige Geist teilte sie einem jeden nach seinem Wohlgefallen aus. Er vereinigte alle Christen in einen

einzigen Leib. Die Ausübung der Gaben war die Tätigkeit eines Gliedes dieses Leibes für das Wohl des ganzen Leibes. Es war ein und derselbe Geist, der einem jeden austeilte. Sowie nun der Leib einer ist und viele Glieder hat, und alle diese vielen Glieder nur einen Leib bilden, also auch Christus. Die Kirche ist Er ja selbst, sein Leib. Denn durch einen Geist sind wir alle zu einem Leib getauft, Juden und Heiden, (1. Kor 12,12) Nachdem hier die Einheit dieses Leibes bewiesen ist, sehen wir die Gaben durch die Glieder des Leibes wirksam. Der Dienst der Glieder dehnt sich auf den ganzen Leib aus; ja es ist ihre Picht zu erbauen, wenn es ihnen gegeben ist. – Nachdem Christus sein Werk vollbracht hat ist Er hinaufgestiegen und hat den Heiligen Geist, vom Vater empfangen, in diese Welt gesandt.

Derselbe gibt Zeugnis von der Herrlichkeit Jesu zur Rechten Gottes, vereinigt die Glieder mit sich und unter einander zu einem Leib, der mit seinem Haupt im Himmel d. i. mit Christus verbunden ist. Es ist nun also die Bildung des Leibes durch die Gegenwart des Heiligen Geistes erfüllt und dieser Leib ist auf der Erde gebildet worden. Seine Einheit, so wie sie uns das Wort Gottes darstellt, ndet auf der Erde statt, auf welche der Heilige Geist herabgestiegen ist, um sie zu vollbringen. Ebenso werden auch die Gaben auf der Erde ausgeübt. Der Heilige Geist befand sich als einer in allen Gläubigen und zu gleicher Zeit als einer in dem vereinigten Leib. Diese Einheit wird sich im Himmel nicht verlieren, wenn alle Glieder vereinigt sein werden, auch diejenigen, welche in Jesu schlafen und für diesen  Tag der Herrlichkeit bewahrt werden. Diese kommen aber für den Augenblick nicht in Betracht.

Sie sind in einer Stellung, wo weder der Umgang, noch irgend eine Oenbarung der Einheit, noch ein Dienst für die Herrlichkeit Christi möglich ist. Wohin der Heilige Geist hinabgestiegen ist, und wo der wohnt, da ist die Oenbarung der Kirche. Sie ist also auf der Erde, während ihr Haupt zur Rechten des Vaters sitzt. Der Geist wendet sich an die Christen auf der Erde, und an diese allem. So spricht er: Ihr seid der Leib Christi und ein jeglicher ein Glied dieses Leibes. Gott hat gegeben in die Kirche: zuerst Apostel, dann Propheten, dann Hirten und Lehrer, dann Wundertäter, dann Gaben der Heilung usw. Hier belehrt uns Gott also, dass die Kirche, der Leib Christi, in ihrer Einheit hienieden durch den Heiligen Geist gebildet ist. Er oenbart sich in den Gaben durch die Glieder dieses Leibes.

Er ist ebenso wirklich und persönlich herabgesandt, als der Sohn. Aus Apostelgeschichte 1,5 sehen wir, dass die Taufe des Heiligen Geistes sein Herabsteigen ist. – Der Brief an die Galater berührt die Lehre von der Küche nur durch eine Erklärung, dass alle Christen in Jesus Christus eins seien (Gal 3,28).

Der Brief an die Epheser verlangt in dieser Beziehung eine besondere Aufmerksamkeit. Das erste Kapitel zeigt uns den Grund der unumchränkten Gnade; dann den von Gott gefassten Ratschluss, alles im Himmel und auf Erden in Christus zusammen zu fassen; weiter, dass die Kinder Gottes für die Erbschaft mit dem Heiligen Geist versiegelt sind, und endlich oenbart es uns die Kirche als seinen Leib, mit Ihm, als dem Haupt und Herrn über alles, verbunden. Das 2. Kapitel oenbart die wirksame Nacht, welche die Kirche mit Christus vereinigt hat. Es zeigt, dass Juden und Heiden, beide von Natur Kinder des Zorns, nun mit Christus lebendig gemacht, mit auferweckt und mit Ihm in den Himmel gesetzt sind. So bestand jetzt kein Unterschied mehr. Gott hatte aus zweien einen neuen Menschen gemacht, indem Er sie mit sich versöhnte und sie durch das Kreuz in einen einigen Leib vereinigte. Das war die Kirche. Der Christ war aus dem Grund der Apostel und Propheten aufgebaut, wovon Jesus Christus der Eckstein war. Juden und Heiden waren miteinander aufgebaut, um die Wohnung Gottes durch den Geist zu sein.

 Die Kirche wurde durch ihre Einigung mit dem Haupt?, als im Himmel seiend betrachtet; ihr Beruf war durchaus himmlisch. Wie Israel von den Heiden, so war die Kirche von der Welt abgesondert. „Ihr seid nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.“ – Juden und Heiden waren mit Gott in einem einzigen Leib versöhnt worden. An die Stelle des Tempels, wo Jehova wohnte, war die Kirche getreten. Sie bildete die Wohnung Gottes auf der Erde und diese Wohnung war durch den Geist. Dies gibt uns den wahren Charakter der Kirche auf der Erde. Dieser Charakter enthält die schwerste aber auch köstlichste Verantwortlichkeit; denn die Christen sind nach der ihnen zugeteilten Gnade verantwortlich. Nie wird die Kirche, trotz ihrer Untreue, diesen Charakter verlieren, denn der Geist der Wahrheit, soll ewiglich bei den Seinen bleiben. – Auf das 3. Kapitel kommen wir später zurück.

Das 4. Kapitel ermahnt die Heiligen in einer ihrer Berufung windigen Weise zu wandeln d. i. dieWohnung Gottes durch den Geist zu sein. Das Gefühl der Gegenwart Gottes bringt immer die Demut hervor und indem der Apostel auf dieses Gefühl besteht, ermahnt er sie die Einheit des Geistes durch das Band des Friedens zu bewahren. Denn, sagt er, es gibt nur einen Leib nur und nur einen Geist. Dies führt den Apostel auf die Gaben in Beziehung zu dem Leide. Christus bat den Sieg über Satan davon getragen. Er konnte nun seiner Kirche die Macht mitteilen, die von diesem Sieg das Zeugnis sein würde. Sie war der Knechtschaft des Feindes entrückt und konnte das Gefäß dieser Macht und dieses Zeugnisses sein. Weil hier der Gegenstand sein Leib ist, so handelt es sich um Gaben, die sich auf das Wohl dieses Leibes begehen. Christus ernährte durch diese Gaben den Leib und beförderte dessen Wachstum. Sie wurden zur Erbauung dieses Leibes ausgeführt. Man lese recht aufmerksam das Kapitel bis zum 16. Vers. – Durch die unergründlichen Reichtümer werden alle Dinge erfüllt und zwar in der Macht der von Ihm vollbrachten Erlösung, Sie sind der Grund der Erbauung der Kirche.

Von ihrer Ausdehnung hatte kein Prophet eine Idee; sie wurde von keiner Weissagung verkündigt. Jedes Glied teilt nach der ihm verliehenen Gnade dem Leib von den Reichtümern Christi mit. Dieser Leib entwickelt sich in seinen Gliedern zu einer Größe, wovon die Fülle Christi das Maß ist und diese Fülle ist auch allein das Mittel zu seinem Wachstum. Die vollkommene Statur, das Mannesalter Christi ist immer das Ziel und das allein anerkannte Maß. Welch unendliche Gnade! Von dem Staub des Todes bis zu dem Thron Gottes erfüllt Er alles und die Kirche ist sein Leib, und dessen Glieder, die Glieder Christi. Der Apostel hat hier den ganzen Leib als auf der Erde betrachtet im Auge. Die Liebe umfasst notwendig alle Glieder als Glieder Christi. Die Ausdehnung der Vorrechte der Kirche und der Gedanken Gottes, wird besonders in den Worten ausgedrückt: „Dem aber, der vermöge der in uns wirkenden Macht überschwänglich mehr zu tun vermag, als wir bitten oder selbst verstehen, Ihm die Ehre in der Kirche in Christus Jesus auf alle Geschlechter in alle Ewigkeiten. Amen!“ (Eph 3,20)

Die unendlich kostbare Belehrung des 5. Kapitels mag hier Übergängen werden, weil schon im Anfang die Rede davon war. Es ist aber deutlich, dass der Epheserbrief als Gegenstand eine Kirche behandelt, die ein einziger Leib, dessen Haupt Christus ist. Es ist ein Leib, der seit der Himmelfahrt Jesu ans der Erde gebildet und entwickelt ist und zwar durch den von oben herabgesandten Geist, der daraus seine Wohnung macht; ein Leid, der die Herrlichkeit Gottes in allen Zeiten widerstrahlen lassen soll. Dieser Leib, der anfangs in seiner Vollkommenheit gebildet war, sollte durch die Macht des Heiligen Geistes, der darin wohnte, wachsen, wie ein Kind wächst, um zu einem ausgewachsenen Menschen zu gelangen.

Der Brief an die Kolosser redet von der doppelten Herrlichkeit Christi. Er ist das Haupt aller Dinge und das Haupt seiner Kirche (V 15–16). Er ist der Erstgeborene der ganzen Schöpfung und der Grund dazu ist, weil Er alles geschaen hat. Der, welcher alles geschaen hat, muss, wenn Er als Mensch mitten in der Schöpfung Platz nimmt, ganz gewiss das Haupt derselben sein (V 17). Er ist auch das Haupt des Leibes, welcher ist die Kirche, der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten (V 18). Dann nden wir die Versöhnung aller Dinge und der Kirche. Nachdem Er durch das Blut des Kreuzes Frieden gestiftet hat, ist der Gedanke Gottes der, alle Dinge im Himmel und auf Erben durch Christus zu vereinigen (V 16). Die doppelte Herrlichkeit Christi und die doppelte Versöhnung fordert einen doppelten Dienst: der Dienst des Evangeliums an alle Kreatur unter dem Himmel und der Dienst der Küche, weiche der Leib Christi ist.

Die Gegenwart Christi im Geist unter den Heiden ist die Honung der Herrlichkeit und zwar einer himmlischen Herrlichkeit. Im Epheserbrief ist Christus als zur Rechten Gottes erhöht und seiner Kirche Gaben darreichend, betrachtet; im Kolosserbrief sehen wir Ihn in der Kirche gegenwärtig, indem Er den Heiden den Besitz der himmlischen Herrlichkeit, in welche Er selbst eingegangen, zusichert. Christus, als auferstanden, ist ihr Haupt, die Kirche ist sein Leib. Die Heiden wie die Juden nehmen daran teil, und Christus, die Honung der Herrlichkeit, wohnt darin. Dieser Ausdruck stellt unstreitig fest, dass die Kirche ausschließlich als auf der Erde betrachtet wird. Die Kolosser liefen Gefahr, ihre innige Vereinigung mit ihrem Haupt aus den Augen zu verlieren, darum hebt dieser Brief besonders die Reichtümer und die Vollkommenheit Christi hervor. Die Güte unseres Gottes hat sowohl die Treue der einen als die Untreue der anderen zum Segen der Kirche dienen lassen, indem Er dadurch Gelegenheit zu solch köstlichen Belehrungen nahm.

Der 1. Brief an Timotheus gibt uns einige kostbare Gedanken in dem kurzen Satz: „Das Haus Gottes, welches ist die Kirche des lebendigen Gottes, die Säule und die Grundfeste der Wahrheit“ (Kap 3,15). Hier benden wir uns auf einem Boden, der mehr mit dem praktischen Charakter der Kirche in Verbindung steht. Sie ist das Haus Gottes; in ihr und nirgends anders bendet sich die Wahrheit; sie ist es allein, die solche in der Welt unterhält. Suchen wir diese Erklärung zu begreifen. Die Kirche schat nicht die Wahrheit, jene ist vielmehr durch diese geschaen. Sie fügt weder Macht noch Gewicht dazu. Die Wahrheit ist von Gott, ehe die Kirche sie empfängt; aber sie besitzt die Wahrheit.

Sie besteht nur insofern, als sie und sie nur allein dieselbe besitzt. Wo bendet sich die Wahrheit anders als in der Kirche? Nirgends. Es hieße die Wahrheit und die Wege Gottes leugnen, wenn man voraussetzen Wollte, dass sich diese anderswo als da befände. Die Wahrheit kann nichts anderes sein, als was Gott gesagt hat, als sein Wort. Da, wo die Wahrheit ist, vorausgesetzt, dass ein durch sie eingerichteter Leib vorhanden ist, da ist die Kirche. Und die Kirche, welche sie besitzt und durch ihren Besitz besieht, oenbart die Wahrheit schon durch ihr Bestehen. Die Autorität der Kirche hat nur dafür zu sorgen, dass sie immer die Wahrheit verkündigt. Die Wahrheit allein macht nicht die Kirche; das Wort „Kirche“ schließt andere Ideen ein. Ein einziger Mensch, der in der Wahrheit ist, ist nicht die Kirche. Die Versammlung Gottes aber zeichnet sich durch den Besitz der Wahrheit Gottes aus. Die Versammlung, welche die Wahrheit nicht als Bedingung ihrer Existenz hat, – ist nicht die Versammlung Gottes. –

Es bleibt noch eine Stelle übrig, welche die Kirche in einer so vollständigen Weise darstellt, sowohl in Bezug auf ihre Honung, als auf ihren Dienst. Oenbarung 22,17: „Der Geist und die Braut sprechen: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm. Und wen da dürstet, der komme lud nehme Wasser des Lebens umsonst.“ Hier nden wir den Geist in sehr merkwürdiger Weise eingeführt. Es hat einige Ähnlichkeit mit Römer 8,27 Diese beiden Stellen zeigen, in wie weit der Heilige Geist in dem Wort Gottes als seit dem Pngsttag wohnhaft auf Erden, sowohl mit dem Christen als mit der Kirche eins betrachtet wird. „Er aber, der die Herzen erforscht, weiß, was der Sinn des Geistes ist, denn er verwendet sich für die Heiligen nach Gottes Wohlgefallen“ (Röm 8,27). Hier handelt es sich um unsere Seufzer. In der Oenbarung sprechen der Geist und die Braut: „Komm.“ Der Geist nimmt so sehr seine Stelle mit der Braut, dass das Gefühl der Kirche ganz das ist, was der Geist selbst ausdrückt.

Der Geist ist auf der Erde und belebt die Kirche, indem er die wahre Quelle ihrer Gedanken ist. Die durch diese Gedanken selbst belebte Kirche, drückt ihre Gefühle unter dem Einuss des Heiligen Geistes aus. Das Verlangen und die Honung der Kirche ist, dass ihr Bräutigam komme. Es handelt sich hier nicht um die Weissagung. Christus, der diese mitgeteilt hat, stellt sich hier selbst dar. Ich bin der glänzende Morgenstern. Die Kirche kennt Ihn. Sie wird bei Ihm sein, bevor der große Tag der Oenbarung kommt; sie wird mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen. Darum ist das brennende Verlangen der Braut, dass Er komme. Es gilt aber auch ein Zeugnis abzulegen. Das Zeugnis ruft denen zu, die da hören, aber noch nicht ihre Vorrechte als Braut erfasst haben, sich an ihren Ruf „Komm“ anzuschließen; ihren Schrei zu verstärken, damit Er komme. Die Kirche besitzt schon den Strom des lebendigen Wassers und ladet nun die Durstigen ein, sich umsonst zu laben.

Welch eine schöne Stellung für die Kirche. Das erste Gefühl ihres Herzens richtet sich auf ihr Haupt, ihren Bräutigam. Er will wie der Morgenstern kommen und sie zu sich in den Himmel nehmen, bevor Er vor der Welt oenbart wird. Lesen wir das 17. Kapitel des Johannes–Evangeliums durch, so nden wir, dass die Gläubigen dieselbe Stellung wie Jesus, als seinen Ersatz, auf der Erde einnehmen sollen. Aber um diese Aufgabe zu erfüllen, kann Er nur allein durch seinen Geist die Kraft sein. Diese Wahrheit erleichtert uns die Einsicht von der Stellung der Kirche. Christus war auf der Erbe, aber eins mit dem Vater. Er oenbarte Ihn auf der Erde. Er war auf der Eide ein himmlischer Mensch, der auf der Erde den Geist und die Gefühle des Himmels oenbarte, – Liebe und Heiligkeit. „Der Menschensohn, sagte Er, der im Himmel ist.“ Die Kirche ist nicht von der Welt, wie auch Christus nicht von der Welt war. Mit ihrem Haupt im Himmel vereinigt, oenbart sie durch ihren Wandel die Gefühle und den Geist des Himmels. Sie wohnt dort in Christus durch den Geist; ihr Leben ist dort verborgen mit Christus in Gott. Sie sucht nichts hienieden und erklärt laut, dass sie noch ihr Vaterland sucht; sie ist mit Ihm eins, sie weiß es. Sie kann es nicht anders sein. Kann ihr Herz anerkennen, dass Christus eine andere Braut als Genossin seiner himmlischen Freude habe? 

Die Natur ihres Bestehens, sowie der Charakter ihres Bräutigams und die Einheit des Geistes, fordert ihre Einheit. Sie ist auf der Erde; sie seufzt nach ihrer Heimat, mehr noch nach ihrem Bräutigam, der wiederkommen wird, um sie dahin zu führen, wo Er ist. Unterdessen legt sie auf der Erde, durch die Gegenwart des Heiligen Geistes zu einem einzigen Leib vereinigt, Zeugnis ab. In dieser Stelle erkennt Gott sie an, bis Christus kommt. – Doch gehen wir jetzt zu dem zweiten Teil unserer Betrachtung über, nämlich, welchen Platz die Kirche in den Wegen Gottes einnimmt.

Für die Verwaltung der Fülle der Zeiten wird Gott alle Dinge im Himmel und auf Erden in Christus,als dem Haupt, vereinigen, dessen Braut und Leib die Kirche ist. Sie ist die Begleiterin Jesu in seiner himmlischen Herrlichkeit. Nicht als Kirche nimmt sie auf der Erde an der Aufeinanderfolge der Wege Gottes teil. Sie war vor Gründung der Welt in den Tiefen der Ratschlüsse Gottes verborgen, bis Christus, von der Erde verworfen, ihr himmlisches Haupt werden konnte. Die Tür zu dieser Oenbarung dieses herrlichen Geheimnisses wurde erst dann recht aufgetan, als die Juden das Zeugnis dieser Herrlichkeit verwarfen. – Bis Christus verworfen nun de, war der Mensch auf alle mögliche Weise auf die Probe gestellt: ohne Gesetz, unter dem Gesetz und selbst unter der in der Person Christi dargebotenen Gnade. Immer aber ward der Mensch als Feind Gottes erfunden. Christus, ein neuer

Mensch, auferstanden, verherrlicht zur Rechten Gottes, außerhalb der Welt, nimmt als Mensch dieStelle ein, wo der Mensch nach den Ratschlüssen Gottes sein sollte. Es gibt einen Menschen zurRechten Gottes, mit welchem die Kirche durch den Heiligen Geist vereinigt sein kann. Solange das Haupt im Himmel fehlte, konnte der Leib nicht da sein. Seit der Verwerfung Israels oenbart Gottdas verborgene Geheimnis, welches sich an die himmlische Herrlichkeit des Menschensohnes knüpft.

Er sammelt während dieser Zeit, den mit Ihm vereinigten Leib und wird mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen. Dies wird alsdann geschehen, wenn Gott in seiner unumschränkten Gnade seine Wege mit Israel wieder aufnehmen wird; „denn Verblendung ist zum Teil über Israel gekommen, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist.“ Nur diese unumschränkte Gnade ist es, welche die Verheißungen an Israel erfüllen wird. Seht doch die mannigfaltige Weisheit Gottes! Die Engel bewundern diese Weisheit und Macht Gottes. Die Kirche sollte ihnen neue Tiefen der Ratschlüsse Gottes oenbaren.

Die himmlische Herrlichkeit Christi und die durch Ihn vollbrachte Erlösung waren der Gegenstand des Zeugnisses des Heiligen Geistes. Die Schriften des Paulus, der erwählt war, die unergründlichen Reichtümer Christi zu verkündigen, sind voll von dieser Lehre. Er hebt immer die Herrlichkeit Christi hervor. Das Geheimnis der Kirche, bis dahin verborgen in Gott, wurde nun enthüllt. Jetzt oenbarte sie den Mächten und Gewalten die Mannigfaltigkeit der Weisheit Gottes (Eph 3,9–11). Sie hatte seine Geduld, seine Macht, seine Regierung gesehen, aber nie einen himmlischen Leib auf der Erde, der mit seinem Sohn im Himmel vereinigt war. So konnte Er für den Augenblick seine Regierung für ein irdisches Volk, den Juden, bei Seite lassen, um mit einem himmlischen Volk in Beziehung zu treten. Der Zweck des Apostels in Epheser 3 ist der, zu zeigen, dass die Kirche eine neue Sache ist. Es hatte andere Mittel gegeben, um die Weisheit und die Wege Gottes zu oenbaren, irdische Mittel. Jetzt sahen die himmlischen Wesen in der Kirche eine ganz neue Art von Weisheit. 

Die Kirche bestand bis dahin nicht allein, sie war auch vor ihrer Existenz nicht oenbart worden. Sie war ein in Gott verborgenes Geheimnis gewesen. In Kolosser 1,16 nennt er sie „das Geheimnis, das zu allen Zeiten und allen Altern verborgen gewesen ist.“ Der Apostel erklärt, dass er dies Geheimnis durch eine besondere Oenbarung empfangen habe. Juden und Heiden bilden einen Leib, den Leib Christi (Eph 3,6). Wenn Israel, als Nation, aus Gnaden in den Genuss der ihm gemachten Verheißungen wieder gesetzt wird, wird die Kirche als Braut des Herrn in derselben Herrlichkeit glänzen, in welcher

Er selbst erscheint.

Das ist die Kirche, das ist ihre Bestimmung. Was ist aber ihr Platz und was ist ihre Berufung? Es istgesagt, dass der Heilige Geist, der vom Himmel herabgestiegen ist, sie auf der Erde sammelt. Die versammelten Erlösten hier unten, wo der Heilige Geist wohnt, machen die Kirche aus. Es kann daselbst Unwissenheit geben; ihre Glieder können hier und da zerstreut sein; die Kirche bat untreu sein und ihres Schmuckes beraubt werden können; aber dennoch bleibt es wahr, dass sie immer die Kirche, die Braut Christi ist. Sie ist mit Ihm als eine reine Jungfrau verlobt. Dies ist aber ein himmlischer Christus. Israel ist sein Volk auf der Erde. Die Kirche hat eine himmlische Berufung; noch mehr, sie ist die Braut und der Leib Christi. Wenn alle Gebauten Gottes erfüllt sein werden, so wird sie in Wirklichkeit mit Ihm sein. Ihre Gedanken und ihr Charakter werben nach ihrem Anteil nach Gott gebildet sein. Auch ist sie jetzt schon durch den Geist mit Christus vereinigt.

Die Kirche ist eine; sie kann nur eine sein. Die Welt hat Christus verworfen und hat sich dadurch selbst gerichtet und verdammt. Der Herr sagte, als sein Tod vor seinen Geist trat: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt.“ Die Kirche wurde in Gnaden eingerichtet als die Beziehungen Gottes mit der Welt durch die Verwesung Christi für immer beendet waren. Darum war sie berufen aus der Welt zu gehen, um von Gott aufgenommen zu werden. Sie gehört Christus allein; sie ist ein Volk, das Ihm eigen ist. „Ihr seid nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.“ Und zwar ndet das nicht nur einzeln statt. „Dass sie eins seien, sagt der Herr, auf dass die Welt glaube.“ Dies ist eine für die Welt fühlbare

Einheit, und die Welt ist außerhalb derselben. „Wozu.“ sagt der Apostel, „soll ich die richten, welche draußen sind? Richtet ihr nicht die, welche drinnen sind? Diejenigen, welche draußen sind, werden von Gott gerichtet.“ Der Heilige Geist ist auf der Erde, um die engste und förmlichste Einheit unter den Gliedern des Leibes einzurichten. Die Einen waren Glieder der anderen; diese Wahrheit war unter ihnen anerkannt. Alle wussten, dass ein Christ nicht von der Welt war, weil er zu der Kirche gehörte. „Wenn eins der Glieder leidet, so leiden alle Glieder mit Ihm.“ Diese Einheit war in jeder Kirche eines Orts klar oenbart, wie selbst die Adressen mehrerer Briefe es zeigen. Diese örtliche  Einheit bekräftigte aber die allgemeine Einheit. Ein jeder, der daran Teil nahm, nahm schon dadurch an der allgemeinen Einheit Teil. Die Lehrer, die Evangelisten, die Apostel; Timotheus, Titus, Paulus gehörten einer Kirche nicht mehr als der anderen an. Die Gaben waren Glieder des Leibes. 

Die Idee, nur Glied dieser oder jener Kirche zu sein, ndet sich nicht in der Bibel. Es handelt sich um einen ganz anderen Gedanken, um Glieder des Leibes Christi. Diese Bande, diese Gelenke der Handreichung, welche in den örtlichen Kirchen, die aber der Kirche angehörten, tätig waren, bestätigten die Einheit des ganzen Leibes. Sie machten sie der Welt sichtbar und völlig fühlbar.

Die Christen erkannten sich und waren anerkannt als ein Leib. Sie hatten gemeinsame Interessenund die engsten Bande mit einander, als ein Leib außerhalb der Welt. Der Heilige Geist kann nicht die Welt und die Kirche vereinen. Letztere hat Er mitten aus der Welt herausgerissen. Wenn sie in der Welt ist, so ist es oenbar ihre Picht, den Herrn in dieser Einheit und durch dieselbe als ein Ganzes zu verherrlichen. Dies ist die Verantwortlichkeit, die sich an jede durch Gott gesetzte Stellung knüpft.

Die Beweggründe dazu sind umso mächtiger, je ausgezeichneter die Gnade dieser Stellung ist. Wir sind das Salz der Erde, das Licht der Welt, eine Stadt, die auf dem Berg liegt, ein Brief Christi, der von aller Welt gelesen und erkannt werden soll. Durch die Macht des Geistes sollte der Leib Christi den Charakter seines Hauptes wieder hervorbringen, und Ihn so auf der Erde verherrlichen. Die Braut sollte die Anhänglichkeit an ihren Bräutigam oenbaren, dem sie ganz und ausschließlich angehört.

Man redet von einer unsichtbaren Kirche; das Wort Gottes redet nicht davon. Der einzelne Christ, ein Glied der Kirche, soll nicht unsichtbar sein; vielmehr soll er sein Licht leuchten lassen. Also kann auch die Kirche selbst nicht verborgen sein. Ist sie aber in ihrer Einheit, sowohl im Bekenntnis als im Wandel nicht sichtbar, so ist sie verweltlicht. Die Kirche, als Braut Christi, muss begehren, ihren Bräutigam während seiner Abwesenheit zu verherrlichen. Sie muss Ihm ihr Herz weihen; ihre Leitung von Ihm allein hinnehmen und seiner Ankunft harren. Sie ist das Haus Gottes, darum soll sie suchen sich rein zu erhalten, wegen der Heiligkeit des Geistes, der in ihr wohnt. Sie ist die Säule und Grundfeste der Wahrheit, darum darf nur die Wahrheit den Grund ihrer Existenz ausmachen. Möge der treue Gott durch seinen Geist uns den Ernst und die Wichtigkeit des besprochenen Gegenstandes immer fühlbarer machen.

 Das Brotbrechen

Gedanken über das Brotbrechen

Autor: Charles Henry Mackintosh

Große Unwissenheit, ja selbst Geringschätzung herrscht bei vielen Christen über diesen so kostbaren Gegenstand. In dieser Zeit der Verwirrung wissen viele Kinder Gottes ihre teuren Vorrechte wenig zu schätzen. Das Gefühl der Dankbarkeit ist so schwach, weil sie die liebende Fürsorge ihres guten Herrn, so wie seine mannigfachen Segnungen nicht recht verstehen. – In dem Abendmahl hat uns der Herr ein Gedächtnis seiner Liebe gestiftet; Er hat vor uns einen Tisch ausgebreitet, um welchen nicht nur einige, sondern alle seine Kinder sich versammeln sollen. Gerade hier soll jede Verschiedenheit vergessen sein und nur die brüderliche Liebe und Gemeinschaft walten.

Hier soll man nur solche sehen, welche die Liebe Gottes zu diesem Mahl eingeladen und das Blut Christi zur Teilnahme würdig gemacht hat. An diesem Tisch soll jedes Herz ganz und gar auf seinen gebrochenen Leib und sein vergossenes Blut gerichtet und von dem so teuren Lamm und seiner unaussprechlichen Liebe für uns erfüllt sein. Hier sollen die Versöhnten seinen Tod verkündigen und wartend auf die Wiederkunft des Herrn, sich in Honung seiner und ihrer Herrlichkeit erfreuen.

Suchen wir 1. über die Beschaenheit der Verordnung des Herrn Abendmahl klar zu werden. Wird diese nicht verstanden, so gehen wir gewiss in allen unseren Begrien darüber irre. Das Abendmahl ist ein Mahl der Danksagung für die schon empfangene Gnade. Der Herr selbst bezeichnet den Charakter des Mahls bei der Einsetzung durch Danksagung. „Er nahm das Brot und dankte usw.“ Das Lob und nicht die Bitte ist der passende Ausdruck der Herzen derer, die um den Tisch des Herrn sitzen.

Gewiss ist es nicht zu leugnen, wir haben viel zu bitten, zu bekennen und zu beklagen; aber des Herrn Tisch ist nicht der Platz für Klagende. Der „gesegnete Kelch“ ist für uns ein Kelch der Danksagung; er ist das von Gott eingesetzte Sinnbild jenes köstlichen Blutes, welches uns die Erlösung verschate.

„Das Brot, das wir brechen ist das nicht die Gemeinschaft das Leibes Christi?“ Wie könnten wir denn dieses brechen mit einem traurigen Herzen und mit betrübtem Angesicht? Die Gottes–Familie soll sich da versammeln, und sich ungeheuchelt in der Liebe dessen erfreuen, der sie zusammen gebracht hat. Jedes Herz mag seine besondere Erfahrungen, seine verborgenen Sorgen, seine Anfechtungen und Gebrechen haben; aber diese Gegenstände sollen nicht bei des Herrn Tische betrachtet werden.

Wenn es geschieht, so ist dieses dem Mahl des Herrn eine Unehre; es wird alsdann der Kelch des Segens zu einem Kelch der Sorgen gemacht. Der Herr hat uns zu diesem Fest eingeladen, und, trotzunserer Mängel und Gebrechen, soll nichts als die Fülle seiner Liebe und die reinigende Kraft seines Blutes zwischen Gott und unserer Seele stehen. Bleibt unser Auge unverrückt auf Jesus gerichtet, dann ist für etwas anderes kein Raum mehr da. Beschäftige ich mich mit meinen Sünden, so werde ich mich unglücklich und elend fühlen; ich gedenke an das, was Gott mir zu vergessen gebietet und ich vergesse, was allein der Gegenstand meiner Gedanken sein sollte. Des Herrn Mahl ist mir dann nicht ein Fest der Freude und Wonne, vielmehr eine Zeit der Dunkelheit und Niedergeschlagenheit.

Der wahre Charakter seiner Verordnung ist alsdann verloren und ich bin geeigneter in den Reihen der Zitternden unter dem Berg Sinai, als in der Mitte einer glückseligen Familie am Tisch des Herrn. Bei der Einsetzung des Abendmahls waren gewiss alle Dinge vereinigt, große Traurigkeit und Trostlosigkeit des Geistes hervorzubringen; doch der Herr Jesus konnte „danken.“ Der Strom der Freude, welcher durch seine Seele oss, war zu mächtig, als dass er durch die umgebenden Umstände hätte gehemmt werden können. Es war gerade seine Freude, seinen Leib hinzugeben, dass er gebrochen, und sein Blut, dass es vergossen würde; und diese Freude konnte durch menschliche Gedanken und Gefühle nicht gestört werden. Und konnte Er sich im Geist erfreuen und danken bei jenem Brotbrechen, welches allen Gläubigen ein Gedächtnis seines gebrochenen Leibes sein sollte, sollten wir uns denn nicht freuen im Genuss all der Segnungen seiner Mühen und Leiden? Es kann ja nicht anders sein. Unser himmlischer Vater sagt: „Lasst uns essen und fröhlich sein“ (Lk 15,23).

 Sollen wir den Tisch, wo der Vater und der verlorene Sohn bei einem fetten Kalb zusammen sitzen, zu einer Szene voll Kummers und düsteren Misstrauens machen? Das sei ferne! Wir müssen nicht Kummer in die Gegenwart Gottes bringen; denn „vor Ihm ist Freude die Fülle.“ Sind wir nicht glücklich und selig, so sind wir auch nicht in der Gegenwart Gottes; vielmehr stehen wir dann vor unseren Sünden und Sorgen, oder vor sonst etwas, was außer Gott liegt.

Es mag vielleicht gefragt werden: ist denn keine Vorbereitung nötig? Sollen wir uns zu dem Tisch des Herrn mit derselben Gleichgültigkeit niedersetzen, wie zu einer gewöhnlichen Mahlzeit? Gewiss nicht. Wir bedürfen der Vorbereitung; esist dies aber die Vorbereitung Gottes, die fürseine Gegenwart passt, und nicht unsere eigene. Nicht unsere Seufzer oder Reuetränen machen uns würdig, sondern allein das vollendete Werk des Lammes Gottes, bezeugt durch den Heiligen Geist. Manche glauben dadurch den Tisch des Herrn zu ehren, wenn sie sich mit einer in den Staub gebeugten Seele nähern, niedergedrückt von dem Gefühl einer unerträglichen Sündenlast. Dieser Gedanke kann nur aus der Gesetzlichkeit des menschlichen Herzens stießen, aus dieser so fruchtbaren Quelle von Gedanken, die Gott und das Kreuz Christi verunehren, die den Heilige Geist betrüben und unseren Frieden gänzlich umstürzen. Gewiss wird die Reinheit des Herrn Tisches völliger gewahrt, wenn dem Blut Christi die alleinige Ehre gegeben wird, als wenn menschliche Betrübnis und Neue hinzugetan werden soll.

In dem Abendmahl des Herrn liegt ferner eine wirkliche Anerkennung der Einheit des Leibes Christi.Denn ein Brot ist es,so sind wir viele ein Leib, die weil wir alle eines Brotesteilhaftig sind (1. Kor 10,17). Die Kirche zu Korinth schien diese Einheit des Leibes aus dem Gesicht verloren zu haben. Es waren dort schlimme Fehler und eine traurige Verwirrung eingerissen. Der Apostel sagt: „Wenn ihr nun zusammen kommt, so hält man da nicht des Herrn Abendmahl, denn ein jeglicher nimmt sein eigenes.“

Hier herrschte Trennung und nicht Einheit des Leibes. Nur da kann des Herrn Mahl sein, wo der ganze Leib des Herrn, die Einheit aller Gläubigen anerkannt wird. Die Einheit einer gewissen Anzahl,vereinigt durch bestimmte Formen oder Grundsätze, welche sie von anderen Gläubigen trennen, ist Sektiererei. Der Glaube an das Versöhnungswerk Christi und ein Wandel, der mit diesem Glauben übereinstimmt, kann nur die Grenze der Gemeinschaft bilden. Wenn anders, so hört der Tisch auf, des Herrn Tisch zu sein, sondern wird der eigene Tisch einer Sekte und hat kein Recht Ansprüche an die Herzen der Getreuen zu machen. Ein solcher Tisch wird die, so rechtschaen sind, oenbar machen.

Es könnte gefragt werden: Hindert nicht die schreckliche Verwirrung unserer Zeit den ganzen Leib in einem zu sammeln? Und ist es deshalb unter den jetzigen Umständen nicht besser, dass jede Benennung oder Partei ihren eigenen Tisch habe? Die leiseste Bejahung dieser Fragen würde nur beweisen, dass Gottes Volk nicht länger fähig sei nach seinen Grundsätzen einherzugehen, und dass es der traurigen Ungewissheit übergeben sei, nach menschlichen Anordnungen zu handeln. Gott sei Dank, dass dies nicht der Fall ist. „Die Wahrheit des Herrn währt ewiglich;“ und was der Heilige Geist in 1. Korinther 11 lehrt, dazu sind alle Glieder der Kirche Gottes verbunden. In der Gemeinde zu Korinth waren große Unordnungen, Spaltungen und Rotten. Sie unterschieden nicht mehr den Leib des Herrn, was zeitliche Gerichte nach sich gezogen hatte. Der Heilige Geist wurde betrübt und entehrt. Sein Werk war es, die Kirche in eins zu sammeln und dem Haupt entgegen zu führen. Die Korinther hatten dieses Werk und somit den wohlgefälligen Willen Gottes vergessen. 

Der Apostel sagt: „Hierin lobe ich euch nicht.“ Er sucht sie durch ernste Ermahnungen wieder zu der so wichtigen Anerkennung der Einheit des Leibes zurückzuführen. Seine Ermahnungen gelten auch uns und die Rechtschaenen werden darauf merken und oenbar werden. Wir sehen große Unordnung und Verwirrung in der bekennenden Kirche; aber menschliche Mittel und Anordnungen helfen nichts,sondern allein Gottes Wort. Diese Anordnungen sind eischlich; sie bergen die schrecklichen Schäden höchstens vor den Augen der Menschen, aber vor dem Angesicht Gottes ist die Verwirrung nur umso gräulicher. Nur wer die Einheit des Leibes Christi anerkennt und darin lebt, steht im Einklang mit den Gedanken des Heiligen Geistes und mit dem Willen Gottes.

Nachdem der Herr Jesus von den Toten auferstanden war und sich zur Rechten Gottes gesetzt hatte,sandte Er den Heiligen Geist auf die Erde, seinen Leib zu sammeln. Er sollte einen Leib und nicht viele Leiber sammeln. Mit den vielen Leibern, wie wir sie sehen, hat Er kein Mitgefühl. Wohl hat Er sein segensvolles Mitgefühl mit den vielen Gliedern in diesen Leibern; denn wenn diese auch Glieder menschlicher Sekten oder Parteien sind, so sind sie dennoch Glieder des einen Leibes. Aber Er wohnt nicht in den vielen Leibern, denn „wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Knechte oder Freie und sind alle zu einem Leib getränkt“ (1. Kor 12,13). Ich sage, der Heilige Geist kann nicht in allen Spaltungen der bekennenden Kirche wohnen, denn Er sagt selbst zu solchen: „Hierin lobe ich euch nicht.“ Er wird betrübt durch sie; Er arbeitet ihnen entgegen; sie sind Ihm ein Schmerz und eine Unehre, denn Er will alle Gläubigen zur Einheit des Leibes hinan bringen. Wir müssen jedoch des Geistes Wohnen in der Kirche und sein Wohnen in dem Einzelnen unterscheiden. Er wohnt in dem Leib Christi, das ist die Kirche. Er wohnt aber auch in dem Leib des Gläubigen; wie wir lesen: „Euer Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes, der in euch ist, welchen ihr habt von Gott“ (1. Kor 6,19). Deshalb ist der einzige Leib, in welchem der Heilige Geist wohnt und segensreich wirkt und wo diese anerkannt und gepegt wird, die ganze Kirche Christi. So soll auch der Tisch des Herrn an irgend einem Orte, die Darstellung der Einheit der ganzen Kirche sein und wo dieses nicht ist, da ist auch nicht der Tisch des Herrn.

Es kann nicht stark genug hervorgehoben werden, dass alle Gläubigen „ein Brot und ein Leibsind.“ Es ist auch ein sehr gewöhnlicher und allgemeiner Irrtum, das Abendmahl nur als ein Mittel anzusehen, wodurch dem einzelnen Gläubigen Gnade und Segen zuieße. Es ist dies gewiss wahr, denn jeder Gehorsam hat Segen zur Folge; aber es ist dies nur ein kleiner Teil des Segens, wie wir bei aufmerksamem Lesen von 1. Korinther 11 sehen können. Beim Abendmahl wird vornehmlich des Herrn Tod und sein Kommen unseren Seelen dargestellt und wird hiervon ein Teil des Leibes ausgeschlossen, da ist etwas verkehrt. Wird die vollkommene Verkündigung des Herrn Todes, oder von seinem Kommen, oder die Darstellung des ganzen Leibes Christi durch irgendetwas gehindert, so ist etwas Falsches beim Brotbrechen. Wir werden diesen Irrtum schnell entdecken, wenn unser Herz einfältig dem Wort Gottes und dem Geist Christi unterworfen ist. Der rechtschaene Christ wird jede Spaltung von sich abwerfen, er wird entschieden festhalten an dem weiten, göttlichen Grundsatz, der alle Glieder des Leibes Christi als solche umfasst und einschließt. Er wird nicht allein besorgt

sein, würdig vor dem Herrn zu wandeln, sondern auch prüfen, dass nichts mit dem Mahle, woran er

Teil, nimmt, verbunden sei, welches die Einheit der Kirche hindert. Jede menschliche Grenze wird

er verwerfen, selbst wenn sie einen göttlichen Schein hat. Es ist nicht zu leugnen, dass in dieser

Beziehung in unseren Tagen der Heilige Geist in einer furchtbaren Ausdehnung betrübt wird. Man

denkt an sich, an seine seligen Gefühle und nicht an die Ehre und Herrlichkeit Christi oder die

Einheit seiner geliebten Kirche. Eine solche Selbstsucht kann nur traurige Folgen haben. Wo die freie

Wirksamkeit des Heiligen Geistes gehemmt wird, da ist auch wenig Erkenntnis, Freude, Kraft, Dank

und Anbetung. – Betrachten wir 2. die Umstände, unter welchen des Herrn Abendmahl ein gesetzt

ist. – Auch dies ist besonders wichtig und lehrreich. Der Herr war im Begri in den Kampf gegen

alle Mächte der Finsternis zu treten und all der grausamen Feindschaft der Menschen entgegen zu

gehen; Er wollte Jehovas gerechten Zorneskelch gegen die Sünde bis auf die Hefen ausleeren. Es

nahte für Ihn ein schrecklicher Morgen, schrecklicher als je ein Mensch oder Engel einen gesehen

hat, und dennoch, „in derselben Nacht, da Er verraten ward, nahm Er das Brot.“ Welch eine Liebe

ohne Selbstsucht sehen wir hier! – „Dieselbe Nacht“ – die Nacht der Sünde und Schmerzen, die Nacht

seines Todeskampfes und blutigen Schweißes, die Nacht wo ein Jünger Ihn verriet, ein anderer Ihn

verleugnete und alle Ihn verließen, – in solch einer Nacht, war das Herz Jesu voll von Empndungen

für seine Kirche, – in einer solchen Nacht setzte Er das Abendmahl ein. Das zerstoßene Korn und

die gepresste Traube geben uns vereinigt Stärke und Freude und beides bestimmte der Herr zu

Sinnbildern seines gebrochenen Leibes und seines vergossenen Blutes. An seinem Tisch ist Er noch

immer gegenwärtig, als der das Brot und den Wein gibt. Unser Glaube sieht Ihn und hört Ihn noch

immer sagen: „Nehmt und esst, das ist mein Leib,“ und von dem Kelch: „Trinkt alle daraus, denn dies

ist mein Blut des neuen Testaments, welches vergossen ist für viele zur Vergebung der Sünden.“ Diese

Anordnung führt die Seele in jene verhängnisvolle Nacht zurück; sie bringt vor unsere Angesichter

die Wahrheit des Kreuzes und die Leiden des Lammes Gottes, wenn unsere Seelen ruhen, sich weiden

und erfreuen können; sie erinnert uns an die tiefe Liebe ohne Selbstsucht, an die willige Hingabe und

Aufopferung dessen, der den gerechten Zorneskelch Jehovas für die Sünde ausleerte, und dennoch für

uns beschäftigt war, und uns ein Fest bereitete, welches den herrlichsten Ausdruck unserer innigen

Vereinigung mit Ihm und allen Gliedern seines Leibes oenbarte. Wer kann an jene Nacht denken

und nur mit sich beschäftigt sein? Kann die Selbstsucht im Angesicht des Kreuzes bestehen? Können

wir in der Gegenwart dessen, der sich selbst für uns opferte nur an unsere Interessen denken? Ist es

möglich herzlos und eigenwillig den Leib Christi zu zerreißen und durch menschliche Grenzen und

Satzungen teuer erkaufte und geliebte Glieder von seinem Tisch zurückzuweisen? Gewiss, es konnte

nicht sein, wenn alle Gläubigen den gebrochenen Leib und das vergossene Blut unseres Herrn Jesus Christus recht im Geist auassten. Diese Wahrheit würde sie frei und aller Ketzerei und Spaltung ein Ende machen. „Nehmt euch unter einander auf, gleich wie Christus euch hat aufgenommen zu Gottes Lobe“ (Röm 15,7).


Welches sind nun 3. die Personen, für welche allein des Herrn Abendmahl eingesetzt ist? – Es ist

die Kirche Gottes, die Familie der Erlösten. Alle Glieder dieser Familie sollen Teil nehmen. Es ist ihr

alleiniges Vorrecht; denn nur sie kann den Tod des Herrn verkündigen und sein Kommen freudig

erwarten; sie hat vollen Anteil an den reichen Segnungen, die mit dem Opfer Christi verbunden

sind. Wer unter ihnen eigenwillig und ohne die triftigsten Gründe abwesend sein kann, der beweist

nur, dass er diese Fülle von Segnungen gering schätzt, oder auch sich des Ungehorsams gegen das

ausdrückliche Gebot des Herrn schuldig macht. Wenn eine Versammlung von Christen selten, oder

nur, wenn es sich gerade so macht, das Brot zusammen bricht, so gibt sie ihre Gleichgültigkeit gegen

den Tisch des Herrn und seine Segnungen und Freuden zu erkennen, und dass sie das Abendmahl nur

als eine Nebensache ansteht. Viele klagen über Gaben zur Erbauung und Belehrung und der Tisch des

Herrn, wo ohne diese Gaben Kraft und Freude den Teilnehmenden dargereicht wird, wird versäumt.

Und gewiss, wo der Tisch des Herrn eigenwillig, durch einzelne oder eine ganze Versammlung,

vernachlässigt wird, kann das göttliche Leben nur Schaden leiden. – Sollten sogar einzelne Christen

denken: ich werde reichlich gesegnet, wenn ich zu Haus allein bin; der Herr kann mit mir das

Abendmahl innerlich halten, so beweisen sie nur ihren Ungehorsam gegen Gott, ihre Unwissenheit

und Geringschätzung. Es heißt: „Verlasst nicht die Versammlung, wie etliche pegen.“ „Ihr sollt

den Tod des Herrn verkündigen, bis dass Er kommt.“ Wollen wir nun klüger sein, als der Herr? O

möchten alle Glieder der Kirche lebendigen Eifer für die Herrlichkeit Christi und die Einheit seines

Leibes beweisen! Möchten sie den Leib des Herrn unterscheiden und in kindlichem Gehorsam ihre

seligen Vorrichte mit Freuden genießen! Durch unsere Trägheit und Gleichgültigkeit hemmen wir

den Wachstum unserer Seelen, schaden den Brüdern, schätzen Gottes Gebote gering und verkennen

den Gegenstand der göttlichen Liebe und Fürsorge.

Niemand aber gehört an den Tisch des Herrn, der nicht ein wahres Glied der Kirche Christi ist. Die

unbeschnittenen Fremden durften an dem Passah der Gemeinde Israel nicht Teil nehmen. Christus ist

unser Passah für uns geopfert und es darf niemand dieses Fest feiern, niemand von dem Brot essen

und den Wein trinken, als der den köstlichsten Wert seines Blutes kennt. Ohne diese Erkenntnis

zu essen und zu trinken, heißt unwürdig oder das Gericht essen und trinken. In dieser Beziehung

hat die Christenheit große Schuld auf sich geladen. Die äußerlich bekennende Kirche legt, gleich

Judas, beim Abendmahl ihre Hände an den Tisch des Herrn und – verrät Ihn; sie isst mit Ihm und in

demselben Augenblicke hebt sie ihren Fuß gegen Ihn auf. Was wird ihr Ende sein? Ganz das Ende

des Judas. „Da er nun den Bissen genommen hatte, ging er sogleich hinaus und – fügt der Heilige

Geist in einer schauerlichen Feierlichkeit hinzu – es war Nacht“ (Joh 13,30). Schreckliche Nacht!

Der stärkste Ausdruck göttlicher Liebe bringt den stärksten Ausdruck menschlichen Hasses hervor.

Also wird es mit der falschen bekennenden Kirche insgesamt sein und mit allen einzelnen falschen

Bekennern. Obschon sie sich in dem Namen Jesu für getauft halten mögen und sich in ihrem Wahn

zu dem Tisch des Herrn niedersetzen; sie sind seine Verräter gewesen und werden sich zuletzt in die

äußerste Finsternis hinausgestoßen nden, umarmt von einer Nacht, die nimmer die Strahlen des

Morgens sehen wird; gestürzt in einen Abgrund von endlosem und unaussprechlichem Weh. Wenn

sie auch sagen werden zum Herrn: „Haben wir nicht vor dir gegessen und getrunken? hast du uns

nicht gelehrt?“ – so wird doch seine feierliche, seine herzzerreißende Antwort sein: „Weicht von

mir, ich kenne euch nicht!“ – Mein lieber Leser, ich bitte dich, bedenke diese Zeilen. Bist du noch in deinen Sünden, so entehre und verunreinige nicht des Herrn Tisch durch deine Gegenwart und anstatt hier zu erscheinen als ein Heuchler, gehe lieber nach Golgatha als ein armer, schuldiger und verlorener Sünder, bis du von deiner Versöhnung durch das Blut Jesu Christi durch den Heiligen Geist überzeugt bist. Dein bloßes Sündenbekenntnis mit dem Mund, ein Freisprechen von Seiten der Menschen und dann durch den Genuss des Abendmahls die Versiegelung deiner Versöhnung mit Gott empfangen zu wollen, ist nur Selbstbetrug und leere Menschensatzung.

Schließlich wollen wir 4. noch einige Worte in Betre der Zeit und der Art und Weise der Feier

desselben hinzufügen. – Wenn des Herrn Abendmahl auch nicht am ersten Tage der Woche eingesetzt

wurde, so sehen wir doch in dem Lukasevangelium 24,30 und der Apostelgeschichte 20,7, dass die

Christen an diesem Tag zum Brotbrechen versammelt waren. „Und da Er mit ihnen zu Tische saß,

nahm Er das Brot, brach es, dankte und gab es ihnen“ (Lk 24,30). Dies war am ersten Wochentag. Und

„am ersten Tage der Woche kamen die Jünger zusammen, das Brot zu brechen“ (Apg 20,7). Es war der

Auferstehungstag; – und nur in Kraft seiner Auferstehung vermögen wir seinen Tod in der rechten

Weise zu verkündigen. Nachdem der Kampf vorüber war, kam Melchisedek hervor und brachte

Brot und Wein und segnete Abraham in dem Namen des Herrn. Also kam auch unser Melchisedek,

nachdem der Kampf vorüber war, in der Auferstehung mit Brot und Wein hervor zu stärken und zu

erfreuen, die Herzen seines Volkes und sie anzuhauchen mit dem Frieden, den Er so teuer erkauft

hatte. Dieser Tag sah die ersten Christen, nur getrennt durch die Örtlichkeit, versammelt am Tisch

des Herrn, als ein Leib, durch einen Geist getauft und belebt. Sie hielten fest an dem Grundsatz der

Einheit der Kirche Christi. Welch ein, Tag des Segens war dieser erste Tag der Woche! Wie sehr

wurde durch diese Einheit der Name Gottes und das vollgültige Werk Christi verherrlicht und mit

welcher Kraft und Freude wurde an diesem Tag der Tod des Herrn verkündigt und sein Kommen

erwartet! Wer hat den Christen ein Recht gegeben von dieser Ordnung und diesem Tag abzuweichen?

Der Abfall etwa? Warum denken sogar manche Christen, es ist genug alle drei oder sechs Monate

oder gar alle Jahr einmal dieses Mahl zu feiern? Können wir zu oft gesegnet werden und seinen Tod

verkündigen? Lasst uns doch in jeder Beziehung einfältig zu des Herrn Wort zurückkehren.

Was nun endlich die Art und Weise der Feier betrit, so sollten die Christen doch vor allen zeigen,

dass das Brotbrechen ihr höchster und erster Gegenstand sei, weshalb sie am ersten Wochentage

zusammenkommen. Es wurde das Werk Christi durch das Mahl verkündigt und diesem gebührte der

Erste Platz. Es ist auch der persönliche Verkehr mit Gott etwas Vorzüglicheres, als der Verkehr unter

einander. Wie die gemeinschaftliche Anbetung und Lobeserhebung, die sich direkt an Gott wendet,

einen höheren Platz einnimmt, als die gegenseitige Erbauung, also auch das Abendmahl, wo wir

direkt mit dem Lamm, das für uns abschlachtet ist, verkehren. Die Feier der Stunde ist geheiligt durch

die Gegenwart Christi. Nach dem Brotbrechen sollte auch dem Heiligen Geist Raum gelassen werden,

durch Erbauung und Belehrung zu dienen. Es ist das Amt des Geistes, den Namen, die Person und

das Werk Christi zu erhöhen und zu verkündigen; Ihm allein kommt es zu die Versammlungen der

Christen zu ordnen und zu regieren, und Er wird dem Werk Christi stets den ersten Platz geben.

Das Brotbrechen ist in der Tat in den Hintergrund gestellt. Der Tisch, an welchem der Herr den ersten

Platz haben sollte, ist aus dem Gesicht verloren und irgend einem Menschen der Vorsitz eingeräumt

werden. Solange die Christen nicht alles aufgeben, ausgenommen das, was sie als Christen haben,

wird nie die Einheit der Kirche erlangt werden. Solange sie sich nicht einfach als Jünger zu des

Herrn Tisch vereinigen, sondern als Lutheraner, Reformierte, Baptisten Methodisten usw., wird der

Leib des Herrn zerrissen und der Heilige Geist verunehrt bleiben. Ich sage nicht, dass solche unter ihnen, welche unseren Herrn Jesus von Herzen lieb haben, nicht wertvolle Wahrheit besitzen, aber ich sage, sie haben keine Wahrheit, die sie hindern könnte mit allen wahrhaft Gläubigen sich zum Brotbrechen zu versammeln. 

Wie kann jemals eine Wahrheit Christus hindern, die Einheit der Kirche darzustellen? Unmöglich! – Dies kann nur ein Sektengeist in solchen, die Wahrheit haben, aber die Wahrheit selber kann dies nimmer. Alle Christen sind „ein Leib und ein Geist.“ Der Herr gebe seinem ganzen Volk einfältig Auge und einen demütigen und aufrichtigen Geist. Amen.


Gedanken über 1. Mose 24

Nachdem das herrliche Geheimnis der Kirche und ihrer Einheit mit Christus, dem himmlischen Haupt, oenbart worden, sehen wir, wie schon das Alte Testament bewundernswürdige Vorbilder dieser verborgenen Gedanken Gottes enthielt. Doch wer vermochte diese Bilder zu enthüllen, solange die Kirche ein Geheimnis in den Tiefen der Ratschlüsse Gottes blieb? Sie wurden erst dann verstanden, als Gott den unausforschlichen Reichtum seiner Gnade in Güte über uns in Christus Jesus durch seine heiligen Apostel und Propheten ans Licht brachte. Wir lesen in Epheser 5,30–32: „Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein. Um dessentwillen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seinem Weib anhängen und werden die zwei ein Fleisch sein.

Dies Geheimnis ist groß, ich sage es aber auf Christus und auf die Gemeinde.“ Diese Worte nden wir schon im 1. Buch Mose 2,23–24 angewandt auf Adam und Eva. Also in dem ersten Menschenpaar legte Gott in einem Vorbild sehr deutlich seine herrlichen Gedanken in Betre der Kirche und ihrer Einheit mit Christus nieder, deren völlige Verwirklichung für die Fülle der Zeiten aufbewahrt wird.

Adam war der Herr der Schöpfung, ein Bild dessen, der kommen sollte, und Eva seine Gefährtin

und Genossin all seiner Rechte. Christus ist das Haupt der Schöpfung und das Erbe aller Dinge

und die Kirche, seine Gefährtin und Miterben, hat, als sein Leib und seine Braut, völligen Anteil

an seinem Herrlichen Erbe. Die Erfüllung dieser verborgenen Weisheit Gottes, niedergelegt in so

einfachen Bildern, erregt unsere Bewunderung und erfüllt das Herz mit Liebe und Anbetung, ja mit

unaussprechlicher Freude, da wir Mitgenossen dieses köstlichen Geheimnisses selbst sind.

In dem Kapitel, welches hier unserer Betrachtung vorliegt, tritt uns in Isaak und Rebekka ebenfalls

ein herrliches Vorbild auf Christus und der Gemeinde entgegen.

In Hebräer 11,17–19 lesen wir: „Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, da er versucht ward,

und gab dahin den Eingeborenen, da er schon die Verheißungen empfangen hatte, von welchem

gesagt ward: „In Isaak wird dir der Same genannt werden;“ und dachte: „Gott kann auch Wohl von den

Toten auferwecken;“ daher er ihn auch zum Vorbild wiedernahm.“ Nicht nur der Gehorsam, sondern

auch der Glaube Abrahams wurde hier auf das Stärkste geprüft. Der eingeborene Sohn, der Sohn, auf

welchem die Verheißungen Gottes ruhten, sollte durch den Vater zum Opfer dargebracht werden.

Nach menschlicher Einsicht wurden durch diesen Tod alle Verheißungen zu nichts gemacht. Wer wird

von einem Gestorbenen sagen: „Deine Nachkommen werden sein wie die Sterne am Himmel und wie

der Sand am Meere?“ Aber für den Glauben Abrahams blieb der wahrhaftige und lebendige Gott, und

seine Honung gründete sich auf den Gott, der die Toten auferweckt. Dieser Glaube hatte schon sein

Herz erfüllt, ehe der Knabe geboren war, also, dass er nicht angesehen seinen fast hundertjährigen

Leib, noch den erstorbenen Mutterleib der Sara, die über die Zeit ihres Alters den Verheißenen gebar.

Er wüsste aufs allergewisseste, dass das, was Gott verheißen hat, er auch tun kann (Rom 4,18–22).

Auch jetzt dachte er: „Gott kann auch wohl von den Toten erwecken.“ Dieser Glaube lebte nicht in

den Herzen jener Jünger, die auf dem Weg nach Emmaus, über den gekreuzigten und gestorbenen Messias trauerten, indem sie sagten: „Wir aber hoten, Er sollte Israel erlösen“ (Lk 24,21). Sie hielten ihre Verheißungen für vernichtet, weil sie ihre Honungen nicht auf den Gott setzten, der die Toten auferweckt.

Abraham nahm seinen Sohn zum Vorbild auf Christus, dem Auferstandenen, wieder, und setzte ihn

nachher zum Erben all seiner Güter ein. Abraham besaß einen großen Reichtum, denn der Herr hatte

ihn allenthalben reichlich gesegnet.

Als Christus von der Erde verworfen und gekreuzigt ward, nahm Ihn Gott durch die Auferstehung von

den Toten wieder zu sich in den Himmel auf. Er erhöhte Ihn zur Rechten seiner Majestät, krönte Ihn

mit Preis und Ehre und setzte Ihn zum Erben aller Dinge ein. Er ist das Haupt der ganzen Schöpfung.

Nicht nur hat Er als Gott alles geschaen, sondern auch als Mensch alles durch sein Blut erkauft.

Alle Dinge sind „durch Ihn“ und „für Ihn“ geschaen.

Der erste Adam hatte durch den Sündenfall seine Herrschaft über die Erde verloren, und dieselbe

der Vergänglichkeit und dem Verderben Preis gegeben. Christus, als der zweite Adam, kam vom

Himmel und gab sein Blut zum Lösegeld zur Befreiung der Schöpfung dar, die bei der Oenbarung

der Kinder Gottes verwirklicht werden wird (Röm 8,19–21). Er nahm ganz und gar die Stellung des

ersten Adams in der verlorenen Schöpfung ein und brachte durch seine freiwillige Unterwerfung

und Gehorsam alle Dinge wieder, die durch Hochmut und Ungehorsam verloren waren. Sünde, Fluch

und Tod lasteten auf dem ersten Adam; aber Jesus trat für ihn ein und brachte durch seinen Tod am

Kreuz eine ewige Erlösung für alle, die da glauben.

Nun ist er als der verherrlichte Mensch das Haupt der ganzen Schöpfung. „Alle Dinge sind unter

seine Füße getan“ (1. Kor 15,27). In der Fülle der Zeiten sollen in Ihm alle Dinge im Himmel und auf

Erden vereinigt, und als unter ein Haupt zusammengefasst werden. „Denn es ist das Wohlgefallen

der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen und Er alle Dinge durch Ihn versöhnte zu Ihm selbst, indem.

Er Frieden machte durch das Blut seines Kreuzes durch Ihn, es sei auf Erden oder im Himmel“

(Kol 1,19–20). sein Blut ist also auch das Lösegeld für die ganze Schöpfung, und es werden alle Dinge

im Himmel und auf Erden durch dasselbe gereinigt werden. So ist nun alles für Ihn geschaen; der

Vater hat Ihm alle Dinge zum Erbteil übergeben. Er ist der eingeborene Sohn und der alleinige Erbe.

Untersuchen wir jetzt das angeführte Kapitel weiter.

Als nun Abraham alt und wohl betagt war, rief er Elieser, seinen ältesten Knecht und Verwalter aller

seiner Güter, zu sich, und beauftragte Ihn, seinem Sohn Isaak ein Weib aus dem Land zu holen, wovon

er ausgezogen war. Er fügte die ernsten Worte hinzu: „Hüte dich, dass du meinen Sohn nie wieder

dahin bringst.“ Das Weib sollte aus dem Land geholt und dahin geführt werden, wo Isaak wohnte

und das Erbteil vom Vater empng. – Begleiten wir nun den Elieser auf seinem Wege, so sehen wir

besonders die Treue und die Eile, womit er seinen Auftrag ausrichtete, und zugleich seinen steten

Verkehr mit dem Gott Abrahams. Rebekka war die Berufene, welche Gott für Isaak auserkoren hatte.

Das geforderte Zeichen, woran er die Auserwählte erkennen wollte, war die unaufgeforderte

Bereitwilligkeit Rebekkas, seine Kamele zu tränken. Er beschenkte sie mit einer goldenen Spange

und zwei goldenen Armbändern. Tarnach wurde er durch ihre Bemühung in das Haus ihres Vaters

Bethuel aufgenommen, und durch ihren Bruder Laban mit den Worten eingeführt: „Komm herein,

du Gesegneter des Herrn; warum stehst du draußen?“ Bevor er sich aber zum Essen niedersetzen

wollte, entledigte er sich seines Auftrags. Er sprach: „Ich bin Abrahams Knecht. Und der Herr hat

meinen Herrn reichlich gesegnet, und ist groß worden, und hat ihm Schaf und Ochsen, Silber und

Gold, Knechte und Mägde, Kamele und Esel gegeben. Dazu hat Sara, meines Herrn Weib, einen

Sohn geboren meinem Herrn in seinem Alter, dem hat er alles gegeben, was er hat“ (V 34–36). Dann

erzählte er den Auftrag Abrahams, und dass der Herr Gnade zu seiner Reise gegeben habe. Als

Rebekkas Vater und Bruder erkannten, dass dieser Ruf vom Herrn kam, willigten sie ein, Rebekka

mit ihm ziehen zu lassen. „Und Elieser zog hervor silberne und goldene Kleinodien und Kleider, und

gab sie der Rebekka“ (V 53). Er beschenkte sie schon zum Voraus mit den Gütern ihres Bräutigams.

In Elieser sehen wir ein Vorbild der Sendung des Heiligen Geistes. Derselbe ist vom Himmel auf

die Erde hernieder gesandt, um die Braut, wofür Christus sich selbst dargegeben hat, zu sammeln,

von der Welt abzusondern und dem Bräutigam entgegen zu führen. Nicht soll Jesus der von der

Welt verworfen ist, dassin zurückkehren, um daselbst zu wohnen, – seine Erscheinung wird für

die Welt das Gericht sein – sondern die Braut soll von derselben abgesondert und zu Ihm in die

himmlische Herrlichkeit geführt werden. Der Heilige Geist überzeugt die Welt von der Sünde, von der

Gerechtigkeit und von dem Gericht; aber die Berufenen hören durch die Wirksamkeit des Heiligen

Geistes die gute Botschaft von Christus, dem Auferstandenen, und von dem herrlichen Reichtum

seines Erbes. Diese Botschaft redet nur von Gnade und Liebe und erfreut und erquickt die gehorsamen

und bereitwilligen Herzen. Der Heilige Geist überzeugt uns, dass wir in Jesu angenehm und geliebt

sind, vor Grundlegung der Welt zur Kindschaft verordnet, und auserwählt zur Braut Christi, um mit

Ihm alle himmlischen Segnungen zu genießen.

Der Heilige Geist ist persönlich in unserer Mitte; obgleich wir Ihn nicht sehen, so vernehmen doch

unsere Herzen seine wirksame Kraft. Die Welt kann Ihn nicht empfangen; aber bei der Braut Christi,

bei der Auserkorenen Gottes hat Er Wohnung gemacht. Sie war in den Ratschlüssen Gottes schon vor

Gründung der Welt bekannt und auserwählt; aber sie wurde erst oenbar durch die Absonderung von

der Welt und durch die Innewohnung des Heiligen Geistes. Die Braut Christi ist sich selbst bewusst,

dass sie Christi ist, und dass sie Ihm ganz angehört, da sie schon zum Voraus durch den Heiligen

Geist mit seinen köstlichen Kleinodien und dem heiligen Kleid seiner Gerechtigkeit geschmückt ist.

Der Geist Gottes ist das Siegel ihrer Berufung an dem Tage, wo sie Ihn sehen wird; Er ist ihr bis

zur Erlösung des Erbes als Unterpfand gegeben. Nach dem Reichtum seiner Gnade werden ihr jetzt

schon die verborgenen Ratschlüsse oenbart, nach welchen sie auserwählt und herrlich gemacht ist.

Es werden ihr die unaussprechlichen Reichtümer seiner Gnade und seiner Herrlichkeit verkündigt,

und dass Christus, ihr himmlischer Bräutigam, zum Erben aller Dinge eingesetzt ist. Was kann

das Herz der Braut mehr erfreuen, als wenn sie von der Verherrlichung und dem unermesslichen

Erbteil ihres Bräutigams hört, da sie weiß, dass sie seine auserwählte Gefährtin ist und in vollem

Maß alles mit Ihm genießen wird, was sein ist. „Christus in euch die Honung der Herrlichkeit“

(Kol 1,27). Sein Reichtum und seine Herrlichkeit ist der Reichtum und die Herrlichkeit seiner Braut.

Die Liebe des Vaters kann die so teuer erkaufte Braut des geliebten Sohnes nicht weniger segnen, als ihren Bräutigam; weil sie alle von einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden (Heb 2,11). Jesus selbst bekennt: „Die Herrlichkeit, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.“ Wir sind mit Christus gesegnet im Himmel, in geistlichen Gütern (Eph 1,3). Je mehr die Kirche durch die Gnade in die Erkenntnis des Geheimnisses Gottes eingeweiht ist, desto mehr wird sie den Wert ihrer Berufung zu schätzen wissen. Diese Erkenntnis bildet ihren Charakter und heiligt ihren Wandel.


Paulus achtete, um der überschwänglichen Erkenntnis Christi willen, alles für Schaden und Koch. Sie allein kann unser Herz wahrhaft befriedigen und erfreuen, da sie uns in der Gegenwart eine Gnade

und in der Zukunft eine Herrlichkeit zusichert, die alle menschlichen Gedanken übersteigt.

Am anderen Morgen sagte Elieser: „Lasst mich zu meinem Herrn ziehen“ (V 64); und als sie ihn

baten, die Rebekka noch etwa 10 Tage dort zu lassen, erwiderte er: „Haltet mich nicht auf, denn der

Herr hat Gnade zu meiner Reise gegeben. Lasst mich, dass ich zu meinem Herrn ziehe“ (V 56). Es

wurde auch Rebekka gefragt: „Willst du mit diesem Mann ziehen?“ Und sie rief: „Ja, ich will mit

ihm. Da ließen sie Rebekka unter vielen Segenswünschen von sich. Und also machte sich Rebekka

auf mit ihren Dirnen, und setzten sich auf die Kamele und zogen dem Mann nach. Und der Knecht

nahm Rebekka an und zog hin.“ Hier tritt uns besonders die Eile entgegen, womit Elieser sich auf

den Weg macht. Der Herr hat Gnade zu seiner Reise gegeben, und nun will er auch nicht länger

säumen, die Auserkorene dem harrenden Bräutigam entgegen zu führen. Ebenso nden wir Rebekka

bereitwillig, ihr bisheriges Vaterhaus, so wie ihre Heimat und ihre Freundschaft zu verlassen, um

in einem anderen Vaterland, in dem Zelt Saras, die Gefährtin dessen zu sein, welcher der Erbe aller

Reichtümer Abrahams war. Diese Erwartung hat für ihr Herz einen kräftigeren Zug, als die Wünsche

der Ihrigen, die sie noch gern etwa 10 Tage in ihrer Mitte zu haben wünschten. Sie verlässt Vater und

Mutter, um ihrem Mann anzuhängen. Sie zieht hin, nicht achtend die Beschwerden der Reise durch

die Wüste, die noch zwischen ihr und dem entfernten Bräutigam lagen. Ihre Freude in Honung

erweckt ausharrende Geduld. Sie traut sich dem Elieser an, der den Weg kennt und der sie auch

immer mehr über die Gesinnung Abrahams und Isaaks, wie über das große Erbteil des Letzteren

unterhalten konnte.

Der Heilige Geist wirbt um die Seelen und sondert sie von der Welt ab. Wir haben gehört, dass die

überschwängliche Erkenntnis Christi uns die Bereitwilligkeit und die Kraft gibt, alles für Schaden

und Kot zu achten. Sobald wir durch den Geist der Weisheit, am Verstand erleuchtet, die Honung

unseres Berufs und den herrlichen Reichtum des Erbes an den Heiligen erkennen, sind wir bereit,

alles zu verlassen. Die Welt und ihre vergänglichen Reize verlieren ganz ihren Wert, sobald uns die

Herrlichkeit oenbar wird, die kein Auge gesehen und kein Ohr gehört und in keines Menschen Herz

gekommen ist. Die Gewissheit, dass wir Mitgenossen der himmlischen Berufung Gottes in Christus

Jesus sind, macht, dass wir alles Sichtbare gering schätzen. „Durch den Glauben wollte Moses, da

er groß ward, nicht mehr ein Sohn der Tochter Pharao heißen und erwählte viel lieber, mit dem

Volk Gottes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben; und achtete die

Schmach Christi für größeren Reichtum, denn die Schätze Ägyptens, denn er sähe an die Belohnung“

(Heb 11,24–26). Die himmlische Herrlichkeit ist das Erbteil der Braut; doch was noch viel köstlicher

ist, sie besitzt den Bräutigam selbst; sie ist ganz sein und darf in seiner persönlichen Gegenwart und

sichtbaren Gemeinschaft alles das genießen, was Er besitzt. „Wir werden Ihm gleich sein, denn wir

werden Ihn sehen, wie Er ist“ (1. Joh 3,3). Die Honung, Ihm gleich zu sein, macht, dass wir bereit

sind, uns „zu reinigen, wie er rein ist.“ „In den zukünftigen Zeiten wird Gott den überschwänglichen

Reichtum seiner Gnade in Güte über uns in Christus Jesus oenbaren“ (Eph 2,7).

Schon jetzt weiß sich die Braut eins mit ihrem himmlischen Bräutigam, obgleich sie noch in der

Wüste, umgeben von mannigfacher Versuchung, pilgert. Sie ist sein; sie ist durch den Geist mit Ihm

auf ewig vereinigt und vom Vater auserwählt, vor Gründung der Welt. Sie gehört ebenso wenig dieser

Welt an, wie Er; sie ist Mitgenossin einer himmlischen Herrlichkeit. Dies Bewusstsein wird ihr Kraft

und Bereitwilligkeit geben, auszugehen aus einer Welt, die nicht ihre Heimat ist. Sie wird durch Wort

und Wandel bekennen, dass sie auf dieser Erde nur ein Gast und Fremdling ist, und dem himmlischen

Vaterland, wo Jesus, ihr Bräutigam, die Stätte für sie bereitet hat, mit großem Verlangen entgegen

eilen. Sein Gott ist ihr Gott, und sein Vater ihr Vater. Sie erkennt anders kein Vaterhaus und keine

Heimat mehr, als da, wo Jesus ist. Sie weiß, dass sie erlöst und aus erwählt ist, und dass nur noch

der glückselige Augenblick der sichtbaren Vereinigung mit ihrem himmlischen Haupt übrig ist. Auf

diesen Augenblick wartet sie mit Sehnsucht, und verlässt in Eile alles, was sie in ihrem fröhlichen

Laufe hemmen will. Ihr Herz ist erfüllt von Honung der himmlischen Herrlichkeit, und diese macht,

dass sie die vielen Drangsale dieser Zeit mit ausharrender Geduld trägt und den Kampf des Glaubens

bis zum Ende kämpft.

Der Heilige Geist, der Wohnung bei der Braut gemacht hat, bleibt auch stets ihr Begleiter. Sein

Werk ist es, dieselbe durch die gefahrvolle Wüste hindurch zu leiten und sie dem verherrlichten

Bräutigam im Himmel entgegen zu führen. Er allein weiß, was in Gott ist, und Er ist es auch, der die

Gesinnungen des Vaters und seines Sohnes und die Fülle des herrlichen Erbes der teuren Miterbin

oenbart. Durch Ihn wird sie immer tiefer in die Erkenntnis Gottes und ihrer köstlichen Erwartung

eingeführt. Er unterhält in ihr die Gefühle des Himmels und beschäftigt sie mit den Dingen, die

droben sind, wo Christus zur Rechten des Vaters mit Preis und Herrlichkeit gekrönt ist. Er kräftigt

den Glauben, macht völlig die Liebe und befestigt die Honung. Stets ist Er bereit, das Bewusstsein

wacker zu erhalten, dass wir dem Himmel angehören, und eine himmlische Herrlichkeit mit Christus

zu erwarten haben, damit unsere Blicke nicht durch die sichtbaren Dinge dieser Welt gefesselt werden.

Jeder Blick auf diese Dinge, mag der Eindruck auch noch so verschieden sein, schwächt unseren

Glauben und unseren freudigen Lauf. Nur die stete Erwartung Christi und unserer Vereinigung mit

Ihm gibt Mut und Kraft im Kampf, Trost in Trübsal und Ausharren in der Geduld.

Die Braut, oder die Kirche muss sich stets der Führung des Heiligen Geistes überlassen. Sobald sie

selbstgefällig ihre eigenen Wege geht, wird sie irren und ermatten. Blicken wir auf den bisherigen

Weg, den die Braut in der Wüste seit ihrem Ausgang gemacht hat, so erkennen wir bald, dass sie in

dieser Beziehung sehr gefehlt hat. Sie hat den Heiligen Geist, ihren treuen Führer, betrübt und sich

mancher und großer Untreue gegen die Treue und zärtliche Liebe ihres Bräutigams schuldig gemacht.

Sie vergaß zum Teil ihre himmlische Berufung und beschäftigte sich mit irdischen Honungen; sie

verkannte ihre innige Verbindung mit Christus und wurde verweltlicht; sie hörte auf, die Wiederkunft

Christi und ihre Vereinigung mit dem himmlischen Bräutigam zu erwarten und suchte Genüsse auf

dieser Erde. Ihre Wartezeit ans dieser feindlichen Erde hat große Ähnlichkeit mit dem Durchzug der

Kinder Israels durch die Wüste, und obgleich sie von dem Apostel in 1. Korinther 10, so ernstlich

ermahnt und gewarnt war, diesem halsstarrigen und untreuen Volk nicht zu folgen, so hat sie doch

nicht hierauf geachtet. Ihr weltlicher Sinn fand sogar oft eine Beruhigung in dem Gedanken: „Mein

Herr kommt noch lange nicht!“ Möchte doch die Braut mit Beschämung ihre Untreue erkennen

und in Einfalt durch den Heiligen Geist zu der überschwänglichen Erkenntnis Christi und zu der

freudigen Erwartung der nahen und herrlichen Zukunft ihres geliebten Bräutigams zurückkehren.

Im obigen Kapitel lesen wir von Vers 62 weiter: „Isaak aber kam vom Brunnen des Lebendigen und

Sehenden, (denn er wohnte im Land gegen Mittag), und war ausgegangen zu beten auf dein Felde

um den Abend, und hob seine Augen auf und sähe, dass Kamele daher kamen. Und Rebekka hob ihre

Augen auf und sähe Isaak, da el sie vom Kamel und sprach zu dem Knecht: Wer ist der Mann, der

uns entgegen kommt, auf dem Felde? Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. Da nahm sie den Mantel

und verhüllte sich. Und der Knecht erzählte Isaak alle Sachen, die er ausgerichtet halte. Da führte sie

Isaak in die Hütte seiner Mutter Sara, und nahm die Rebekka, und sie ward sein Weib, und er hatte

sie lieb.“

Ein feierlicher Augenblick, ein Augenblick der tiefsten und seligsten Freude, wird die Vereinigung

der Braut mit Christus sein. Ihre Pilgerschaft auf einer feindseligen Erde ist alsdann beendet, die

mannigfachen Drangsale sind überstanden, und das herrliche Kleinod der himmlischen Berufung

ist erreicht. Die Braut, welche aus Liebe zu dem, den sie nicht gesehen, die Welt verließ und

eine beschwerliche Wüste durchwanderte, genießt jetzt das süßeste Glück in seiner persönlichen

Gegenwart. Sie erfreutsich der innigsten Gemeinschaft dessen, dem sie all ihr Glück und ihre Seligkeit

zu verdanken hat. Dann erst wird sie die Gesinnungen des Vaters und des Sohnes recht verstehen; sie

wird erkennen, dass sie der Gegenstand der zärtlichsten Zuneigung und der innigsten Liebe Gottes

und des Lammes ist. Was sie hienieden nur stückweise durch Oenbarung begreifen konnte, weil sie

mit Schwachheit umgeben war, wird sie in der Herrlichkeit vollkommen verwirklicht sehen. Nicht

nur wird sie diese Herrlichkeit, die Ihm vom Vater gegeben ist, rühmen und preisen, sondern sie wird

als sein Weib alles mit Ihm genießen, was Er besitzt. Zu dieser unaussprechlichen Seligkeit konnte

sie nichts erheben, als die freie Wahl einer unbegrenzten Liebe und einer unbeschränkten Gnade.

„Ihr habt nicht mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ Die Kirche vereinigt mit Christus

in der Herrlichkeit ist die Verwirklichung der verborgenen Ratschlüsse und Gedanken Gottes. Sie

wird als der Abglanz des göttlichen Wesens und der himmlischen Herrlichkeit ein Gegenstand der

Bewunderung aller sein, die im Himmel und auf Erden sind, zum Lob und Preis der Gnade und

Herrlichkeit Gottes.

Wie sehr sind solche Gedanken geeignet, unsere Herzen über alles Sichtbare zu erheben, und sie in

Honung fröhlich zu machen. Es gibt kein wirksameres Mittel für die Heiligung unseres Wandels,

für die Ausdauer im Kampf des Glaubens, als die Erwartung Christi und seiner Herrlichkeit. Wenn

die Apostel auf das Wohl der Kirche einwirken wollten, so redeten sie von der herrlichen Zukunft

Christi und von dem unausforschlichen Reichtum seines Erbes an den Heiligen. „Seid geduldig und

stärkt eure Herzen, denn die Zukunft des Herrn ist nahe“ (Jak 5,8). „Freut euch in dem Herrn alle

Zeit, und wiederum sage ich euch: Freut euch! Eure Lindigkeit lasst kund sein allen Menschen. Der

Herr ist nahe“ (Phil 4,4–5). Das Gefühl, dass der Herr nahe ist, gibt Geduld in allen Anfechtungen,

und macht, dass sie selbst für eitel Freude geachtet werden.

So wie Isaak der Rebekka entgegen kam, so wird auch Christus bei seiner Zukunft dar Kirche, seiner

Braut entgegen kommen. „Denn Er selbst, der Herr, wird mit einem Feldgeschrei und Stimme des

Erzengels und mit der Posaune Gottes hernieder kommen vom Himmel, und die Toten in Christus

werden auferstehen zuerst. Danach wir, die wir leben und übrig bleiben, werden zugleich mit

denselben hingerückt werden in den Wolken, dem Herrn entgegen in der Luft, und werden also bei dem Herrn sein allezeit. So tröstet euch mit diesen Worten unter einander“ (1. Thes 4,16–18). Diese Vereinigung wird der Erste Gegenstand der Zukunft Christi sein. Die Kirche muss mit Ihm vereinigt sein, ehe Er in der Herrlichkeit erscheint, weil sie Ihn bei dieser Erscheinung begleiten wird. Sie hat Ihn jeden Augenblick zu erwarten; Er kann heute noch aus dem Heiligtum zurückkehren und die harrende Braut abholen. Darum gebe der Herr, das wir uns stets bereit halten, Ihn würdig zu empfangen, umso mehr, da die süße Honung uns belebt, dass Er nahe ist.

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BdH 1854 Wirkungen des Geistes Gottes

Wirkungen des Geistes Gottes

Autor: John Nelson Darby

10 Viele Christen sind geneigt, Christus und den Heiligen Geist entweder zu sehr zu trennen, oder zu

verwechseln. Es werden einerseits die Wirkungen des Geistes in uns zu sehr von Christus getrennt,

und andererseits das Werk Christi für uns zu sehr mit den Wirkungen des Geistes verwechselt. Dies

erweckt im Herzen oft traurige Ungewissheit und Zweifel.

Die Wirkung des Geistes Gottes in mir erregt Kampf; sie deckt die Sünde auf und treibt zur Tötung

des Fleisches. Es wird dadurch meiner Seele klar, was Christus ist und was ich bin, und dies Gefühl

erweckt Demut. Wenn ich Christus, der ganz ohne Sünde war, anschaue, so erkenne ich umso mehr,

wie Gott die böse Wurzel der Sünde in meinem Fleisch verdammt. Betrachte ich Jesus in seiner

Herrlichkeit, so erkenne ich noch viel mehr, dass ich das, was vor mir liegt, noch nicht ergrien

habe; obgleich ich weiß, dass ich in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit umgestaltet

werde. Dieses Gefühl erweckt ein Selbstrichten und ein inneres Betrüben, wiewohl ein seliger Friede

und eine freudige Honung die Seele öfters erfüllen kann. Man erkennt, wie wenig alles das, was

man für Gott fühlt, in Wahrheit verwirklicht wird; auch wird jede Sünde tiefe Beschämung und

Verabscheuung unsererselbst hervorrufen. Fehlt nun die Erkenntnis, dass wir in Christus vollkommen

angenehm sind, so werden wir bange und verzagt werden. Unvermerkt treten wir dann oft unter

das verdammende Gesetz zurück und verlassen die „Freiheit, womit uns Christus befreit hat.“ Es ist

wahr: jeder Christ wird mehr oder weniger schmerzlich sein eigenes Herz müssen kennen lernen,

das ist der absondernde, heiligende Fortgang. Doch dürfen wir dies nicht mit unserer Rechtfertigung

verwechseln; unsere Aufgabe ist, uns selbst zu richten und nicht Gottes Gericht über uns zu erwarten.

Entdecken wir die Sünde, bevor wir eine klare Erkenntnis des Werkes Christi haben, so erfolgt Angst

und Schrecken. Haben wir aber das Wort Christi für uns in Wahrheit erkannt, so verabscheuen wir

die Sünde noch tiefer, aber wir erschrecken nicht, als ob wir durch dieselbe verdammt würden.

Man hört vom Verbergen des Angesichts Gottes und anderen Redensarten, die der Glaube niemals

führen kann; denn dem Glauben ist es bewusst, dass Gott fortwährend seinen Gesalbten anschaut

und deshalb sein Angesicht uns niemals verbirgt. Hat man aber solche Gedanken, so hat man sie nur

als puren Unglauben zu behandeln. Jeder Gläubige muss es zugeben, dass sie unwahr sind, wenn er

anders erkannt hat, dass die Gläubigen ganz und vollkommen in Christus angenehm sind. Darum ist

ein Fürwahrhalten solcher Gedanken nichts anders als die Lüge des eigenen Herzens und Unglaube.

Aber, sprichst du: „Sind das auch Redensarten, was wir in Hiob 13,24 und in Psalm 10,1–13; 2,27;

88,30; 8,55; 102,3; 104,29; Jes 54,8 – und an vielen anderen Stellen des Wortes Gottes lesen?“ Wenn

du alle Stellen der heiligen Schrift in dieser Beziehung nachsuchst, so wirst du nden, dass diese

Ausdrücke nur vor und während des Priestertums Aarons vorkamen. Es reicht aber kein Einziger bis

10 Dieses aus dem Englischen übersetzte Traktat wird hier etwas abgekürzt mitgeteilt.

in die Zeit hinaus, in welcher Christus, als der ewige Hohepriester, für die Glieder seiner Kirche im

Heiligtum vor Gott erscheint. Auch lesen wir in Hesekiel 28,20, dass nach Ausgießung des Heiligen

Geistes kein Verbergen des Angesichts Gottes mehr stattnden soll. Diese Ausgießung ist für die

Kirche geschehen und wenn wir derselben als Glied einverleibt sind, dann haben wir an diesem

Geist Teil. Es gibt also für uns kein Verbergen des Angesichts Gottes mehr, weil die Kirche in ihrem

vollkommenen Haupt im Himmel repräsentiert ist. Der Heilige Geist richtet die Sünde in ihr; aber

das bringt mich auch zum Bewusstsein, dass ich um derselben willen nicht gerichtet werde, weil

Christus das Gericht für mich ertragen hat. Dies ist kein Deckmantel der Bosheit. Das Fleisch möchte

es zwar gerne immer dazu verdrehen, – ja alles möchte es verkehren. So aber verhält sich es mit

der Sache der Wahrheit nicht. Der Heilige Geist zeigt mir den Herrn, der meine Sünden getragen

und ausgefegt hat, zur Rechten Gottes; Er gibt mir dadurch völlige Gewissheit, dass sie hinweggetan

sind, und dass ich in Christus völlig angenehm und geliebt bin. Derselbe Geist beurteilt die Sünde,

wegen ihrer verwerichen Eigenschaft, in welcher sie in dem Licht der Herrlichkeit Christi umso

deutlicher erkannt wird. Wollen wir sie aber nicht erkennen, so züchtigt und säubert uns der Vater.

In seine Hände hat der Sohn diejenigen zu bewahren befohlen, die der Vater Ihm gegeben hat. Er

züchtigt uns alsdann als ein heiliger Vater – gleich wie ein Weingärtner die Reben. Dazu kommt

die Zucht der Kirche, welche den Geist empfangen hat. Die Vernachlässigung dieser Zucht hat viel

dazu beigetragen, dass man ein großes Misstrauen in die selige Gewissheit der Gläubigen setzt. Die

Gläubigen haben die heilige Verpichtung, sich in ihrer Gesamtheit als die Kirche, als den Leib Christi,

als ein oenbares, heiliges Volk anzusehen. Dies ist nach dem Wort Gottes ihre Stellung. Die Kirche

ist die Wohnstätte des Heiligen Geistes. Darum sollten sie durch den Geist alle göttliche Ordnung und

Zucht für die Erhaltung der oenbar gewordenen Heiligkeit dieses gottgeweihten Volkes aufrecht

erhalten. Der Geist tut den Stand der Kirche in Christus kund. – „An demselben Tage werdet ihr

erkennen, dass ich in meinem Vater bin, und ihr in mir und ich in euch.“ Er erweckt und bewahrt

in Gnade und Heiligkeit die Charakterzüge der Kirche. „Ihr seid ein Brief Christi, geschrieben mit

dem Geist des lebendigen Gottes.“ Ruht meine Seele ganz und gar in dem Werk Christi und erkenne

namentlich, dass Er angenehm ist, – angenehm als der Einzige, der vor Gott erscheint, um mich in

sich selbst darzustellen; dann erkenne ich, dass ich auch unendlich vollkommen und angenehm vor

Ihm bin. – „Gleich wie Er ist, so sind auch wir – in dieser Welt,“ so dass „darin die Liebe bei uns völlig

ist, auf dass wir Freudigkeit haben, am Tag des Gerichts.“ Man setzt gewöhnlich an die Stelle des

Werkes Christi für uns, die Wirkungen des Geistes in uns und dies hat oft die traurigsten Folgen.

Gründe ich meinen Frieden und meine Honung auf die Wirkung des Geistes in mir, so werde ich

verzagt sein, wenn ich das Fleisch wirken sehe und kann sogar zweifeln, ob ich wohl im Glauben sei.

Der sichere und unumstößliche Ruhepunkt des Glaubens ist nur das vollendete Werk Christi für uns,

welches stets vor Gott dasselbe bleibt. Sagst du etwa: Allerdings, aber ich kann es des Fleisches und

Unglaubens wegen nicht so klar erkennen. –

Lieber, das verändert die Wahrheit nicht. Und zu welchem gerade auch immer diese Dunkelheit

steigen möge, behandle sie als Unglaube und Sünde, – nicht aber als Zustand eines Christen, oder als

wenn Gott sein Angesicht verberge. Die Entdeckung der Sünde in dir, wie verabscheuungswürdig

sie auch ist, gibt keine Ursache zum Zweifeln. Eben diese Sünde war es, für welche die Versöhnung

geschah. Und eben darum, weil du ein Sünder warst, darum ist Christus gestorben und auferstanden.

Dieses schlichtet die ganze Sache.


Vielleicht spricht jemand: Ich bin der göttlichen Überzeugung, dass Christus, der wahre Sohn Gottes,

eins mit dem Vater und all seinem Werk und seiner Gnade ist; aber ich bin nicht gewiss, ob ich Anteil.

an Ihm habe; – darum handelt sich meine Frage und das ist eine ganz andere Sache, ach! dies ist keine

andere Sache, sondern ein Kunstgri des Satans und schlechter Unterricht, welcher dich nur von

Christus zurückwerfen möchte. Gott hat zu unserem Trost diese zwei Dinge mit einander verbunden,

dadurch, dass Er gesagt hat: „Von dem allen . . . wird in diesem ein jeglicher, der glaubt, gerecht.“

Kurz, will man sagen: „Ich glaube, aber ich weiß nicht, ob ich Anteil habe,“ so ist man im Betrug des

Satans. Denn Gott sagt: Diejenigen, die da glauben, die sind es, die da Anteil haben. Das ist seine

Handlungsweise. Vom Gesichtspunkt Gottes aus habe ich kein größer Recht, zu glauben, dass ich

ein Sünder bin, als auch, dass ich in Christus gerecht bin. Es ist ein und dasselbe Zeugnis, welches

bezeugt, dass keiner gerecht ist und dass Gläubige gerechtfertigt sind.

Nur in Christi Werk, in dem Werk, das er der Sünde wegen vollendet hat, habe ich vollkommenen

Frieden. „Aber,“ sprichst du, „soll ich mich denn nicht selbst untersuchen, ob ich im Glauben bin?“

– Keineswegs. – Was sagt denn 2. Korinther 13,5: „Versucht euch selbst, ob ihr im Glauben seid,

usw.?“ – Warum sollten sie sich untersuchen? Der in ihnen wirksame Glaube sollte ihnen ein Beweis

sein, dass Christus durch den Apostel geredet habe; sie sollten durch die Gewissheit ihres eigenen

Christentums von der Apostelschaft des Paulus versichert sein. Doch gehen wir weiter.

Der Mensch ist stets gereinigt in dem Werke, welches der Geist Gottes in ihm wirkt, dasjenige zu

suchen, was nur in dem Werk Christi zu nden ist. Die Erfahrung dessen aber, was in meiner Seele

vorgeht, ist nicht Glaube. Meine Gewissheit, mein Trost und meine Honung dürfen sich nicht auf

das gründen, was in mir vorgeht, sonst hätte die Gerechtigkeit durch den Glauben aufgehört. Wohl

ist es wahr, dass diese Dinge durch Erfahrung gegen spitzndige Bestreitungen können befestigt

werden, wie in der ersten Brief Johannes. Wiederholt behaupte ich, dass durch das Anschauen

des Werkes Christi der Maßstab der Heiligkeit erhöht wird. Anstatt das trübe Bild in meiner Seele

anzuschauen, erblicke ich Ihn durch den Geist in der Vollkommenheit der Herrlichkeit, zu deren

Gemeinschaft ich berufen bin. Und – auf dass ich würdig wandeln möge dem Gott, der mich zu

seinem Königreich und zu seiner Herrlichkeit berufen hat, – „vergesse ich, was dahinten ist, und

jage nach dem vorgesteckten Ziele, nach dem Kleinod der himmlischen Berufung Gottes in Christus

Jesus.“ Und meine Selbstprüfung wird keine trübsinnige Untersuchung ob ich im Glauben sei, oder

nicht. Dabei kann ich Gott nie in Zuversicht, demgemäß was Er getan hat in Christus Jesus, ehren.

Vielmehr wird es eine Untersuchung davon, ob ich wandle, wie es einem solchen geziemt, der berufen

ist in Gottes Königreich und Herrlichkeit.

Die Trennung der Person Christi von den Wirkungen des Heiligen Geistes ist ebenfalls ein Mangel

bei vielen Christen. Man spricht gewöhnlich von einem „Geborensein aus dem Geist.“ – Dessen

Notwendigkeit wird bewiesen durch das, was wir sind; es werden die Früchte dieser Geburt

hervorgehoben, und dann wird die Frage gestellt: „Bist du ein Solcher? – denn alsdann gehst du in

den Himmel ein.“ Es liegt darin eine Wahrheit; aber es fragt sich, ob dieses auch in der Schrift also

dargestellt ist. Da sind die Dinge immerwährend und völlig mit Christus verbunden. Wir sind mit

Christus gestorben und lebendig gemacht und also mit Ihm vereinigt, dass wir völlig Teil nehmen an

alle dem, wovon Er der Erbe ist. Es ist eine Vereinigung des Lebens und des Erbrechtes, wovon der

Heilige Geist die Kraft und der Zeuge ist. – Also ist es in der Brief an die Epheser ausgedrückt: „Und welche da sei die überschwängliche Größe seiner Kraft an uns, die wir glauben nach der Wirkung seiner mächtigen Stärke, welche Er gewirkt in Christus, da Er Ihn von den Toten auferweckt hat, und gesetzt zu seiner Rechten im Himmel. Und auch euch hat Er lebendig gemacht. – Da wir tot waren in den Sünden hat Er uns samt Christus lebendig und auferstehen gemacht; und gesetzt in das Himmlische in Christus Jesus.“ Ebenso in Kolosser 2,13: „Gott hat euch mit Ihm lebendig gemacht, indem Er euch geschenkt hat alle Sünden.“ „Seid ihr nun mit Christus auferstanden?“

Die Wirkung des Geistes Gottes, indem Er in göttlicher Kraft handelt, geschieht, um uns in lebendigen Umgang mit Christus zu bringen. Er will in uns die Kraft von alle dem verwirklichen und oenbaren, was in Christus betätigt ist. Er sucht uns in die Kraft und Verbindung des Lebens und der Herrlichkeit des zweiten Adams, des auferstandenen und verherrlichten Menschen zu bringen. „Wer dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm. Wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein.“ Wirsind „Miterben, indem wir mit leiden, auf dass wir mit verherrlicht werden;“ „umgestaltet in das Bild,“ indem das Gott uns samt Ihm hat lebendig gemacht, und hat uns mit Ihm auferstehen gemacht und mitgesetzt usw (Eph 2,5–6). Der Geist Gottes wirkt also in uns im Leben, Dienen und Leiden und endlich auch in Herrlichkeit, in der Auferstehung unseres Leibes.

Es wird von dem Geist gesprochen als lebendig machend und auch als bewohnend. Was einzelne

Personen betrit, die also vom Geist lebendig gemacht und vom Geist bewohnt sind, so werden

sie von da an in die Gemeinschaft des Lebens Christi gebracht, so dass sie ewiges Leben haben, –

in Ihm selbst, als Gottes Sohn. In dieser Gemeinschaft werden sie auch zugleich oenbar gemacht

und nach seinem Wohlgefallen zu Werkzeugen zubereitet, um seine Herrlichkeit zu oenbaren. Die

besondere Sache, wovon der Geist in der Kirche zeugt, ist, dass Jesus Christus, der, unmittelbar mit

der Herrlichkeit verbunden, Herr ist, „zur Verherrlichung Gottes des Vaters.“

Der Mensch wird nicht nur nach außen hin verändert, sondern auch durch die Mitteilung eines

neuen Lebens. Er wird teilhaftig der göttlichen Natur: wie er mit dem ersten Adam zur lebendigen

Seele geworden ist, also ist er auch jetzt eins mit dem zweiten Adam, Christus, welcher der lebendig

machende Geist ist. Die Kirche hat dieses Leben empfangen in Kraft seiner Auferstehung. Selbst ihr

Dasein hat die Kirche in Folge dieser Auferstehung; sie ist selbst das Zeugnis, dass alles Gericht ihrer

Sünden vorüber ist. Wäre dieses nicht so, dann könnte die Kirche gar nicht existieren.

Dies ist der wirkliche Charakter unserer Wiedergeburt in ein Königreich hinein, wo uns keine Sünde

zugerechnet wird, noch zugerechnet werden kann. Wir sind durch die Kraft dessen hineingeführt

worden, in welchem alle Sünden hinweg getan sind. Das Leben der Kirche ist zu einem und demselben

gemacht mit der Auferstehung Christi; und darum ist es der tatsächliche Beweis in ihr, dass alles

völlig vergeben und hinweggetragen worden ist, was ihr Leben nach dem ersten Adam jemals hat verüben können.

Die Rechtfertigung der Kirche ist eins mit der lebendigen Gnade. Sie besitzt dieselbe, weit sie mit Ihm lebendig gemacht und mit Ihm aus dem Grab auferstanden ist, in welches Er alle ihre Sünden trug. Also sind Wiedergeburt und Rechtfertigung unzertrennlich mit einander verbunden, und die

Wirkung des Geistes, von dem Werk Christi durchaus abgesondert und an ihren Früchten erkennbar,

ist ein Lebendigmachen samt Christus aus den Übertretungen und Sünden. Christus hat im Gericht

für mich den Tod als Lohn der Sünde getragen, deshalb mir diese vergeben sind und ich gerechtfertigt

bin, als der ich aus denselben lebendig gemacht worden. Die Auferstehung beweist, dass ein Gericht

stattndet, sagt der Apostel (Apg 17). Sie beweist aber auch, dass es für uns keins gibt, sagt uns der

Geist durch denselben Apostel, denn „Christus ist auferweckt um unserer Gerechtigkeit willen.“ Er

war tot unter unseren Sünden; Gott auferweckte Ihn, und wo sind die Sünden jetzt? – Die Kirche ist

aus dem Grab Jesu lebendig gemacht, in welchem die Sünden geblieben sind.

Da die Wirkungen des Geistes uns in Gemeinschaft mit dem Sohn das Leben geben und die

Herrlichkeit oenbaren, die uns zugleich zugehört, so kommen sie genau mit dem überein, was der

Herr in Bezug auf sich selbst sagt. Darum verhält sich unsere Gemeinschaft mit Ihm gerade so, wie

seine Gemeinschaft mit dem Vater. Wir legen Zeugnis von seiner Herrlichkeit ab, wie Er von der

Herrlichkeit, die Er bei dem Vater hatte. Diese zwei Verhältnisse werden angedeutet (Joh 4,14; 7,38).

Doch ist es nötig, zu bemerken, dass wir in diesen und ähnlichen Schriftabschnitten nicht über die

Einwirkungen des Geistes auf uns von außen, belehrt werden, sondern über sein Wohnen in uns.

Von außen wirkt der Geist Gottes entweder durch das Zeugnis der Predigt, für dessen Aufnahme

wir verantwortlich sind, oder wenn er uns überzeugt, erneuert und lebendig macht. „Ihr widerstrebt

allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter taten, so tut ihr.“ Wenn wir das wirksame Wort durch

den Glauben aufnehmen, so wirkt der Geist von außen auf uns, und wir werden dadurch lebendig

gemacht. Christus wird alsdann in uns oenbar. „Ihr seid alle Gottes Kinder, durch den Glauben an

Christus Jesus.“ „Aus freiem Willen hat Er uns gezeugt durch das Wort der Wahrheit, auf dass wir

wären Erstlinge seiner Kreaturen.“ Für dies Zeugnis ist der Mensch verantwortlich, denn es ist ein Zeugnis Gottes.

Da das Werk an welchem wir Teil haben, ein vollkommenes ist, so ist auch der Geist, der Seinen

Wohnsitz in den Gläubigen nimmt, ein Geist des Friedens und der Freude; Er ist ein Geist des

Zeugnisses von alle dem, was Christus ist, und was Er getan hat, und dass Er und sein Werk dem

Vater völlig wohlgefällig sind.

In Johannes 4. wird das Zeugnis mit dem lebendigen Wasser verglichen. Aus den wiederholten

Antworten des Weibes, die sie den Forderungen des Herrn gibt, sehen wir hier zugleich die Stumpfheit

und Unfähigkeit des Fleisches, um die Dinge des Geistes zu vernehmen. Man sollte meinen, sie hätte

für die Dinge wach werden müssen, die sonst über ihre gewöhnlichen Gedanken ganz hinaus gingen.

Doch will ich jetzt nicht auf das Vermögen des Fleisches, es anzunehmen, eingehen, sondern auf

die Oenbarung des Herrn. Der Herr redet hier von einer Gabe, die Er selbst darreicht; daher ist zu

bemerken, dass Christus der Geber und nicht die Gabe ist. „Wer des Wassers trinken wird, das ich

ihm gebe, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden.“ „Es quillt in das ewige Leben.“ Es ist

das göttliche Leben von dem Sohn, welches durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt,

genossen wird. Er wohnt in uns, nicht nur als Gottes Geist, um seine Herrlichkeit zu oenbaren,

sondern Er ist die Kraft des Lebens, welches seine Gemeinschaft und sein Herkommen aus dem

ewigen Quell hat, aus welchem es her ießt. Jesus mochte in unserer Niedrigkeit oder in seiner

Herrlichkeit sein, das Leben hat Er immer in sich selbst, als der Sohn Gottes. Er konnte auferwecken

ins natürliche Leben, oder auch ins Auferstehungsleben.

Zusammen mit diesem neuen Leben wohnt und zeugt der Geist ganz besonders. Christus konntedas Leben damals mitteilen, aber nicht als das Haupt des Leibes. Dieser Charakter war Ihm als dem Auferstandenen eigen. Durch die Wirkung des Geistes, der also mit unserem neuen Leben in uns wohnt, geschieht es, dass Gott von uns besonders gekannt und genossen wird. Weil es aber der Geist dessen ist, welcher uns lebendig gemacht hat, so wird Gott von uns als Vater genossen und geehrt.

Gott war auch den Juden bekannt und verwandt, aber unter dem Namen Jehova; uns aber ist die besondere Verwandtschaft: „Mein Vater und euer Vater, mein Gott und euer Gott.“ Wir kennen Ihn als Kinder. Dies wird im 4. Kapitel des Johannesevangeliums angedeutet: „Gott ist ein Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Und kurz vor diesem Ausspruch sagt der Herr: „Die wahrhaftigen Anbeter werden den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit; denn der Vater will auch haben, die Ihn also anbeten.“ Diese Gemeinschaft Gottes und diese Erkenntnis Gottes ist das Wesen außerordentlicher Freude. Ich meine, dass wir Ihn als Gott und Vater erkennen und genießen. Es ist in diesem Erkennen Gottes eine Tiefe, die alle unsere Gedanken übersteigt. 

Es kann da von keiner Sünde mehr die Rede sein. In seiner Gemeinschaft erreicht der Friede eine unendliche Höhe. Züchtigungen, wenn sie nötig werden, mögen diese Genüsse für eine Zeit wegnehmen. „Da ihr jetzt eine Zeit (wo es nötig ist) traurig seid in mancherlei Anfechtungen.“ Aber mag die Freude auch geschwächt sein, unsere Zuversicht zu Gott gründet sich auf das vollgültige Werk Christi, und wir werden nur umso unmittelbarer auf Gott geworfen. Wir sollten in Gott immer froh sein; aber wir sind geneigt uns den verliehenen Segnungen zuzukehren, und den Segensspender einigermaßen zu vergessen. Daher widerfahren uns die Entbehrungen, damit wir sein gedenken mögen. Wir sollen stets in Ihm ruhen, in Ihm uns ergötzen und erfüllt werden mit aller Gottesfülle. In dem Namen Gottes als solchem wird uns die Kraft dieser Gemeinschaft mitgeteilt, wobei wir in der Liebe gegründet und gewurzelt sind, indem wir Ihn erkennen und von Ihm erkannt sind. Er hat uns einen Sinn gegeben, dass wir erkennen den Wahrhaftigen und sind in dem Wahrhaftigen, in seinem Sohn Jesus Christus.

„Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben.“ Der ungetrübte Geist ist die Kraft hiervon, und wohl uns, wenn es sich also mit uns verhält. Es ist auf die einfachste Wahrheit gegründet. Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und seinem Sohn Christus. „Auf dass die Liebe,“ sagt der Herr, (indem er von der Kraft dieser Dinge redet, wie sie von Gottes Seite wirkt) „womit du mich geliebt hast, sei in ihnen und ich in ihnen.“ Und wie dieses von unserer Seite geschieht, sagt der Herr in den Worten: „An dem Tag werdet ihr erkennen, dass ich im Vater bin, und ihr in mir und ich in euch.“ Möchte doch die Kirche immer mehr in der ungesehenen Gemeinschaft mit Gott wandeln, und wir immer tiefer das vollbrachte Werk Christi für uns, und die Wirkungen des Geistes Gottes in uns und dessen Verbindung mit Christus, erkennen und unterscheiden.

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BdH 1854 Gedanken über 1. Johannes 1

Gedanken über 1. Johannes 1

Der Apostel Johannes schreibt den Christen, um sie vor Verführung, zu bewahren (Kap 2,16).

Ernstlich ermahnt er sie: „Kindlein lasst euch niemand verführen“ (Kap 3,7). Die Verführer waren

hier vornehmlich solche, die da nicht bekannten, Christus Jesus ins Fleisch gekommen. Er nennt sie

Widerchristen, weil sie von dem Geist des eigentlichen Antichristen beseelt waren. Diesen gegenüber

hebt er schon gleich im ersten Verse des Briefes die köstliche und wichtige Wahrheit hervor, dass

Jesus im Fleisch oenbart: „Das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unseren Augen, das

wir beschaut haben und unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens – und das Leben ist

erschienen, und wir haben gesehen und zeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist

welches war bei dem Vater und ist uns erschienen.“ – Christus ist, das Leben. Wer den Sohn hat,

der hat das ewige Leben. Wir besitzen es in Ihm vollkommen, wie Er es selbst besitzt. „Er ist uns

gemacht von Gott zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung“ (1. Kor 1,30).

Es ist ein herrlicher Gedanke, Ihn selbst in seiner Vollkommenheit zu haben. „Was wir gesehen

und gehört haben, das verkündigen wir euch, auf dass ihr auch mit uns Gemeinschaft habt; unsere

Gemeinschaft aber ist mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus.“ Das Leben bringt uns in diese

selige Gemeinschaft. Wer das ewige Leben hat, der hat und steht den Sohn, und wer den Sohn steht,

der steht den Vater (Joh 14,9). „An demselben Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater

bin, und ihr in mir und ich in euch“ (V 20). Der Geist des Vaters und des Sohnes in uns ist die Quelle

und die Kraft dieser Einheit. Es ist ein unaussprechliches Glück und Vorrecht, die Gemeinschaft des

Vaters und des Sohnes genießen zu können. Dies macht unsere Freude vollkommen (V 4).

Nach Epheser 1,4 wissen wir, dass wir nach dem ewigen Ratschluss Gottes vor Gründung der Welt

in Christus erwählt sind, dass wir sollten sein heilig und unsträich vor Ihm in der Liebe. Dies

ist das Wesen Gottes. Er ist heilig, ohne Tadel und ist die Liebe. Diesem Wesen sollen wir nach

seinem Ratschluss ganz entsprechen. Wir sollen vor Ihm ein Gegenstand sein, worin Er sich selbst

wiederndet. Welch ein Reichtum von Weisheit und Liebe oenbart sich in diesen Gedanken. Es ist

wahr, wir werden diesem Ratschluss erst völlig in der Herrlichkeit entsprechen; aber es ist gut, dass

wir ihn jetzt verstehen. Er wird unsere Herzen mit Liebe und Anbetung erfüllen und wir werden

hienieden als Erlöste und Geliebte in seiner Gemeinschaft demselben durch unseren ganzen Wandel

zu entsprechen suchen. Wer die Honung hat, Jesu in der Herrlichkeit gleich zu sein, reinigt sich,

wie Er rein ist (1. Joh 3,3).

In Vers 5 des angeführten Kapitels sehen wir den Charakter Gottes: „Gott ist ein Licht, und ist

keine Finsternis in ihm.“ „So wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit Ihm haben, und wandeln in der

Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit“ (V 6). Wer im Licht wandelt, bendet sich in

der Gegenwart und Gemeinschaft Gottes. Ein jeder Christ bendet sich im Licht Gottes, weil er in

Christus ist; aber es kann sein, dass er nicht nach dem Licht wandelt. Das Bewusstsein der Nähe und

Gegenwart Gottes wird uns alles oenbaren, was nicht nach dem Licht ist.


In Vers 7 nden wir die Stellung des Christen auf dreifache Weise ausgedrückt. 1. So wir im Licht

wandeln, wie er im Licht ist; so haben wir 2. Gemeinschaft unter einander; und 3. das Blut Jesu Christi

macht uns rein von aller Sünde. Der Christ kann nicht in Finsternis sein, weil Er in Christus in die

Gegenwart Gottes gebracht ist. Das Fleisch denkt nur an sich und kennt keine Gemeinschaft, darum

kann nur dann von Gemeinschaft die Rede sein, wenn wir im Licht wandeln. Das Blut Christi macht

uns rein von aller Sünde, um stets die Gegenwart und Gemeinschaft Gottes genießen zu können. Gott

ist heilig und duldet die Sünde nicht vor seinem Angesicht. „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde,

so verführen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns“ (V 8). Hier ist von der Sünde, als dem

Wesen, und nicht von den Sünden, als den einzelnen Tatsachen, die Rebe. Wir können nicht sagen,

wir haben keine Sünde, aber wohl, wir stehen vor Gott ohne Sünde, weil das Blut Christi uns reinigt

von aller Sünde. Wäre letzteres nicht also, so dürften wir nie die Gegenwart und Gemeinschaft Gottes

genießen, denn Gott ist heilig. „Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir Ihn zum

Lügner und sein Wort ist nicht in uns“ (V 10). Das Wort Gottes sagt uns, dass wir gesündigt haben,

und unsere Sünden das Opfer Christi erfordern; wer solches leugnet, der leugnet Gottes Wort. Aber

wie köstlich und beruhigend ist es für das Herz der Christen, dass sie wissen, dass ihr Hohepriester

mit seinem eigenen Blut im Heiligtum droben ist und Er sie stets in Kraft dieses Blutes vertritt und

jede Anklage des Satans zu Boden schlägt. Es ist also nichts da, was ein Grund für uns wäre, nur

einen Augenblick die Gegenwart und Gemeinschaft Gottes zu entbehren. Wenn wir sündigen, so

werden wir betrübt sein; der Heilige Geist wird uns züchtigen, aber Er wird uns auch überzeugen,

dass Jesus uns vertritt und uns dann wieder zum Genuss der Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes

zurückführen. Nie aber wird der Heilige Geist uns sagen, dass Gott uns irgend eine Sünde zurechnet.

Wir haben in diesem Kapitel drei Arten von Verführung. 1. Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft

mit Ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit (V 6). So wir

sagen, wir haben keine Sünde, so verführen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns (V 8). 3.

So wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir Ihn zum Lügner und sein Wort ist nicht in

uns (V 10). Diesem gegenüber aber wissen wir als Gläubige, dass wir 1. in Christus stets im Licht

sind, 2. dass sein Blut uns reinigt von aller Sünde, 3. dass Gott die Sünde nicht zurechnet und Jesus

uns stets vertritt.

Der 9. Vers ist mehr allgemein. Gott fordert von unserer Seite Bekenntnis der Sünde, und seine

Vergebung nach Treue und Gerechtigkeit gründet sich auf das Opfer Christi. Er kann uns die Sünden

nicht zurechnen, weil das Blut Christi vor seinem Angesicht ist, und Er treu und gerecht ist.

144

BdH 1854 Gedanken

Gedanken

Die Kirche sieht Christus verherrlicht zur Rechten Gottes. Da steht sie den Beweis, dass alles für sie

vollbracht ist, dass sie in der Person Christi eine so reine und vollkommene Heiligkeit besitzt, die

selbst den Thron Gottes nicht beschmutzen kann. In der Verherrlichung Christi eht sie den Erfolg

dieser Gerechtigkeit (Phil 2,6–10). Seine Herrlichkeit gehört aber auch der Kirche an, als Teilhabern

der Gerechtigkeit, vermöge ihrer Vereinigung mit Ihm. „Ich habe ihnen gegeben die Herrlichkeit, die

du mir gegeben hast.“ Hier sehen wir den wahren Sinn von Galater 5,5: „Wir erwarten im Geist die

Honung der Gerechtigkeit, durch den Glauben.“ Wir erwarten nicht die Gerechtigkeit, diese haben

wir schon in Christus durch den Glauben. Die Kirche ist durch den Glauben bereits gerechtfertigt;

weil wir aber in Christus nicht bloß die Gerechtigkeit vollbracht sehen, sondern auch die Herrlichkeit,

als Lohn derselben, so erwarten wir, als Gerechtfertigte und mit dem Heiligen Geist erfüllte, auch

diese Herrlichkeit. Sie gehört uns an als dasjenige, was der Gerechtigkeit zukommt, an welcher wir

Teil haben. . . .

Die Kirche steht Christus tot, um der Sünde willen, die sie begangen hat. Dies ist das Ende von allem,

was sie getan hatte, vermöge ihrer Abstammung von dem ersten Adam. Die unaussprechliche Liebe

des Erlösers bewog Ihn, sich selbst an die Stelle der Kirche zu begeben. Er nahm die Schmerzen

des Todes, das gerechte Gericht des heiligen Gottes auf sich. Er fühlte umso mehr dies schreckliche

Zorngericht über die Sünde, weil Er selbst heilig war und nach der Liebe Gottes liebt. Unter der

Schwere der Sünde sank Er in den Tod. Satan, der Fürst dieser Welt, der des Todes Gewalt hatte,

jubelte, wiewohl er nichts an Christus fand, das ihm Macht über Ihn geben konnte, so jubelte Er doch

in seinem Triumph über den einzig Gerechten, in welchem die einzige Honung der Welt bestand.

Der Tod rühmte sich, sein einzig edles Schlachtopfer verschlungen zu haben. Doch sein Jubel war

kurz. Der Triumph des Fürsten der Finsternis war nichts anders, als eine Schautragung seiner eigenen

Niederlage. Er hatte einen Kampf zu Gesehen gehabt, nicht mit der Kirche, als Gebundene unter

seiner Gewalt im ersten Adam, sondern mit dem Heerführer unseres Heils. Christus aber hatte sich

der Gerechtigkeit Gottes unterworfen. Der Satan vollzog das Urteil, weil er die Gewalt des Todes

vermöge des göttlichen Gerichts über uns halte; das Urteil selbst aber war das Recht Gottes gegen

uns. Gottes Recht aber war nun vollzogen, und so war Satans Macht zerstört. „Durch den Tod nahm

Er die Macht dem, der des Todes Gewalt hatte.“ Satans Sieg über den ersten Adam machte ihn zum

Meister über dessen Besitz und Erbe. „Die Kreatur ist unterworfen der Eitelkeit.“ Der Sieg des zweiten

Adams zog ihn aus von allem dem, das er dem ersten Adam abgenommen hatte. Gott hat nach seinem

überaus gütigen und weisen Rat die Folgen des Sieges noch nicht in die Erscheinung gebracht, aber

er ist völlig errungen.

Wie die aufgehende Sonne, also bestrahlte die Auferstehung die Welt. Der Glaube nur sähe es; der

Glaube derer, deren Augen geönet waren, und die Gott erwählt hatte, von dem vollkommenen Siege

Zeugnis zu geben. Christus allein hatte den Sieg errungen. Die Kirche aber, um welche gestritten

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BdH 1854 Gedanken

warb, teilt alle frohen Erfolge des Sieges. Sie ist gesegnet mit Christus; sie ist die Gesellschafterin

seiner Herrlichkeit, die Miterbin aller Verheißungen. Sie hat Gemeinschaft mit Ihm, der da segnet; sie

geht ein in die Freude des Herrn. Sie ist eins mit Ihm und wird zu Ihm in seine Herrlichkeit geführt.

Sie hat ein Leben empfangen, welches sie mit Ihm vereinigt, und in Folge dieser Vereinigung besitzt

sie mit Ihm alles, was sein ist.

Die Kirche ist mit Christus gestorben. Da ihre Sünden Ihm auferlegt sind, so ist das Gedächtnis

derselben vor Gott im Grab Christi begraben. Als gerechter Gott gedenkt Er derselben nicht mehr.

Ein Gedenken derselben würde eine Herabsetzung des Blutes Christi sein, welches kein gerechtes

Verhalten gegen Ihn wäre. „Er ist getreu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt.“ Das Blut

Christi, nicht aber unsere Sünden, ist vor Gottes Augen. Er schätzt uns als erkauft, durch den Preis

seines Blutes.

Die Kirche ist aber auch angesehen, als auferstanden mit Christus. In dem Leben Christi lebt sie vor

dem Vater, indem Er sie ebenso völlig liebt, wie Er den Sohn selbst liebt. Er züchtigt sie, wenn sie von

den Wegen ausweicht, die Ihm wohlgefällig und solchem Leben, solch hoher Vereinigung angemessen

sind. „Ich bin der Weinstock,“ sagt Jesus, „und mein Vater ist der Weingärtner.“ Rechtlicher Weise

erkennt uns Gott in Christus an, als ebenso vollkommen in Ihm, wie Christus selbst vollkommen ist,

indem unsere Sünden in seinem Grab vergraben sind. In Liebe züchtigt Er uns, als in Christus, wenn

wir nicht wandeln in seinen Wegen, nicht wandeln nach der Kraft des Auferstandenen, als Erbin der

Herrlichkeit, welche Er durch die Auferstehung beerbte. . . .

Der Gerechtigkeit Christi bin ich teilhaftig, indem ich belebt bin mit dem Leben, in welchem Er

ist auferstanden von den Toten, aus dem Leben hervorgehend, in welchem Er alle meine Sünden

vergraben hat. Dieses Leben ist auch die Kraft der Heiligung hienieden. Es ist die Quelle der Heiligkeit

in uns, es ist die Heiligkeit selbst, das „Leben aus Gott“ in uns. Vermöge dieses Lebens suchen wir die

Dinge, die droben sind, die in Christus und sein sind. Vermöge dieses Lebens wird unser Verlangen

nach Gott gerichtet. Darin besteht die wahre Heiligung, dass der alte Mensch verurteilt ist, als tot,

weil Christus seinetwegen gestorben ist. – „Der Leib ist tot um der Sünde willen;“ das ist ihr ganzer

Lohn. „Der Geist ist das Leben um der Gerechtigkeit willen.“ Indem also Christus uns das Leben

schenkt, welches in uns die Kraft der Heiligung ist, macht Er uns zu Teilhabern aller seiner Verdienste.

Es gibt noch eine andere Frucht der Auferstehung, nämlich die innere Gewissheit der völligen Gunst

Gottes, die mit dem– Bewusstsein der Kindschaft gepaart ist; „die Gnade, in der wir stehen.“ Nachdem

wir den Zugang erlangt haben durch das Kreuz, stehen wir jetzt in der Gunst Gottes im Heiligtum;

indem wir nicht den Geist der Knechtschaft empfangen haben, sondern den Geist der Kindschaft

und rufen: Abba, lieber Vater! Unser Anteil an der Auferstehung ist unser von Gott Geborensein. Als

solche, die von ihren Sünden erlöst sind, weil Christus für sie dahingegeben ward, stehen wir vor

Gottes Angesicht, als seine Kinder, als seine Geliebten, als seine Heiligen. Erwiesen ward die Liebe

darin gegen uns, dass Christus auf diese Erde kam, für uns zu sterben. Vollendet aber ist diese Liebe

gegen uns dadurch, dass wir in Ihm solche vor Gott sind, wie Er ist. Dies sind wir schon hienieden,

weil wir mit Ihm vereinigt sind durch den Geist, den Er uns gegeben hat. Unser Kindesverhältnis

zu dem Vater, als gereinigt von den Sünden, und bekleidet mit dem Rock der Gerechtigkeit, ein

Verhältnis welches die Seele mit Freude erfüllt, stießt uns aus dieser Lehre zu. „Er hat uns das

Anrecht gegeben, Gottes Kinder zu werden.“ Nicht Knechte nein Kinder. Hier sind süße Folgerungen

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BdH 1854 Gedanken

dieser Wahrheit, die selbst hienieden schon vorhanden sind. Die Vereinigung mit Christus aber ist

das Fundament. Tiefen Folgerungen nun mögen wir nachgehen, in Betre unserer Leider, bis zur

Herrlichkeit. Die Auferstehung Christi ist die Erstlingsfrucht, die Kirche ist die Ernte. Es ist ein

inniges Verband zwischen der Auferstehung der Kirche und der Auferstehung Christi, und zwar

vermöge der Vereinigung der Kirche mit Ihm, wegen des einen Geistes, welcher der Geist Christi ist,

und in Ihm und in der Kirche wohnt.

Nicht also verhält es sich in Betre des Bösen. Wohl ist es die Macht Christi, wodurch sie

auferstehen, aber es geschieht dies doch nicht vermöge der Bereinigung mit Ihm, noch durch seinen

innewohnenden Geist. Die Welt kann diesen Geist nicht sehen noch empfangen. Die Gottlosen

werden auferweckt, um gerichtet zu werden. Die Auferweckung der Kirche ist die Folge ihrer

Vereinigung mit Christi; es ist der Augenblick ihrer gänzlichen Vollendung, nicht aber ein notwendig

Vorhergehendes vor ihrem Gerichte. Christus ist in der Tat schon für sie gerichtet worden und hat

die Strafe aller ihrer Sünden ausgestanden. Die Auferstehung ist die Folge davon, dass die Kirche in

Christus durch das Gericht ihrer Sünden hindurchgegangen ist; nicht aber etwas das ihrem Gericht

durch Christus vorangeht. Die Auferstehung der Kirche ist ihre Aufnahme durch Christus, als welche

in und mit Ihm, die vom Gericht über sie verfügte Strafe gebüßt hat. Hinfort soll sie bei Ihm sein

in seiner Herrlichkeit, in seinem Reiche, wie Er in Johannes 14,1–3: „In meines Vaters Haus sind

viele Wohnungen.“ Christus ist nicht dahin gegangen, um dort allein zu sein. „Wenn es nicht so wäre,

dann würde ich es euch gesagt haben. Ich gehe hin, euch eine Statte zu bereiten, und ob ich hingehe,

euch eine Stätte zubereiten, so will ich wiederkommen und euch zu mir aufnehmen, auf dass ihr sein

möget, wo ich auch bin.“ Es ist nötig, dass, wenn Christus wiederkommt, auch die Leiber der Seinen

die Vorrechte seines Reiches genießen, denn auch diese sind sein, weil Er sie erkauft hat.

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BdH 1854 Befreiung vom Gesetz

Die Befreiung vom Gesetz nach der Heiligen Schrift

Autor: John Nelson Darby

Es gibt in unserem Verhältnis mit Gott zwei bemerkenswerte Punkte: unsere Verantwortlichkeit als

Mensch, und die Kraft des Lebens, in welchem wir vor Ihm leben. Schon im Paradies hat Gott diese

beiden Dinge vorgestellt: in dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, und in dem Baum des

Lebens. Was nun die Verantwortlichkeit betrit, so ist der Mensch ein Sünder geworden. Er hat also

kein geistliches Leben in sich (Joh 6,53). Die Sünde hat den Tod und die Verdammnis hereingeführt.

Nach dem Fall hat Gott das Gesetz durch Mose gegeben, um den Zustand des Menschen zu prüfen.

Das Gesetz Gottes soll die Gerechtigkeit fordern nach der Natur dessen, dem es gegeben ist; aber das

Gesetz gibt kein Leben (Gal 3,21). Es ist die Natur des Gesetzes, dass es fordert und nicht gibt. Weil

es sich um Gerechtigkeit handelt, so kann Gott die Forderungen des Gesetzes nicht verringern und

wenn die göttliche Natur in uns ist, wünschen wir nicht, dass diese Forderungen Verringert werden.

Das Gesetz ist der Maßstab der Verantwortlichkeit des natürlichen Menschen; aber es gibt das Leben

nicht, und weil der Mensch ein Sünder ist, so wirkt es, anstatt ein Hilfsmittel zu werben, Tod und

Verdammnis. Die Vermischung der Gnade und des Gesetzes, insofern jene in uns wirkt, ändert diesen

Zustand nicht. Die Gnade nimmt unsere Verantwortlichkeit nicht weg, und was das Gesetz fordert,

ist nicht vollbracht. Christus ist gekommen, um unser Heiland und Erretter zu werden. Er wirkt das

Leben der Gläubigen; Er unterwarf sich dem Tod, unter welchem wir lagen, und unsere Sünden und

den Zorn Gottes, welchen jene verdienten, ertrug Er am Kreuze. Aber nicht allein das; der Mensch in

seiner Person ist in eine neue Stellung getreten, er ist der auferstandene, verherrlichte Mensch vor

Gott. Die Gerechtigkeit Gottes ist in Ihm vollbracht und als Lohn hat Er diese Herrlichkeit empfangen.

Untersuchen wir jetzt, wie wir Teilhaber dieser herrlichen Stellung vor Gott sind.

Die Sünde verträgt sich nicht mit Gott; nichts kann die Verantwortlichkeit der Kreatur weg tun. Im

Anfang des Briefes an die Römer stellt der Apostel den sündigen Zustand der Heiden und Juden vor.

Ohne Gesetz ist der Mensch gesetzlos (gottlos), entehrt durch die Sünde, hat alle wahren Ideen von

Gott verloren und ist hingegeben solchen Dingen, die dem Menschen nicht geziemen. Unter dem

Gesetz ist er nicht allein durch die Wirkung der Lust verdorben, sondern ungehorsam kraft seines

eigenen Willens. Das Gesetz verdammt nicht allein die Sünde, sondern auch den Sünder. Der Herr

kommt, von einem Weib geboren und unter das Gesetz getan; Er vergießt sein Blut, um uns vor Gott

zu reinigen, um den Sünder zu rechtfertigen vor Gott, dem gerechten Richter. Die tiefe, reiche Gnade

ist auch in diesem Werk vor uns gestellt. Dies ist die Lehre der Brief bis Ende des 3. Kapitels.

In dem 4. Kapitel fängt er an, eine andere Wahrheit zu betrachten, nämlich die Wirkung und das

Ergebnis der Auferstehung Christi. Im 5., 6. und 7. Kapitel haben wir die Wirkung dieser Wahrheit

und im 8. Kapitel das vollkommene Ergebnis.

148

BdH 1854 Befreiung vom Gesetz

In dem 4. Kapitel ist die Geschichte Abrahams eingeführt. Wenn der Jude durch das Gesetz verdammt

war, so konnte er sich auf das Verhältnis Abrahams mit Gott berufen. Der Apostel stellt darum die

Grundsätze dieses Verhältnisses vor und zeigt, dass dasselbe von dem Glauben und der Verheißung

abhing. Die Gerechtigkeit war durch den Glaube, und dem Abraham gegeben, ehe er beschnitten

war, „Abraham glaubte Gott und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“ Noch ein anderer

Grundsatz ist in diesem Kapitel dargestellt. Abraham war so gut wie gestorben, wie auch sein Weib

Sara. Gott hatte dennoch einen Samen verheißen. Abraham zweifelte nicht wegen der Unfähigkeit

des Menschen, sondern glaubte in der Kraft Gottes, der seine Verheißungen erfüllen sollte. Und dies

wurde im zur Gerechtigkeit gerechnet.

So ist es mit uns; nur mit dem bemerkenswerten Unterschied, dass wir nicht glauben, dass Gott

seine Verheißungen vollbringen kann, sondern dass Er sie vollbracht hat. „Wir glauben an Gott, der

unseren Herrn Jesus von den Toten auferweckt hat.“ Hier ist zu bemerken, dass der Apostel nicht sagt:

Wir glauben an den, der auferweckt ist, sondern an den, der auferweckt hat. So lasst er uns verstehen,

was die Tragweite dieser Lehre ist. Gott ist nicht ein gerechter Richter in der Auferstehung, und als

solcher befriedigt in dem Werk Christi, sondern Er wirkt in seiner eigenen Kraft in dem Gebiet des

Todes, um seinen Geliebten auszuführen und um uns jetzt in Christus in eine neue Stellung, wo der

Tod und die Sünde keinen Platz nden, einzuführen. Gott arbeitet für uns, um uns völlig zu erretten

und vor Ihn zu setzen in Gnade und in Gerechtigkeit. Der Mensch tot, was das geistliche Leben

betrit, und was das natürliche Leben betrit, lebendig in der Sünde, stirbt in Christus und aufersteht

in Ihm, und ndet seinen Platz vor Gott in Gnade, wo die Sünde hinweggetan und die Gerechtigkeit

vollbracht ist. „Um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen

auferweckt.“

Vom 5. bis 8. Kapitel wendet er diese Wahrheit auf unseren Zustand an. Im 5. Kapitel auf unsere

Rechtfertigung; im 6. auf das neue Leben des Christen; im 7. auf das Gesetz; im 8. nden wir den

Zustand der befreiten Seele vollkommen dargestellt.

Im 5. Kapitel zeigt er, dass der Gläubige Frieden mit Gott genießt, dass er lebt in der Gunst Gottes,

Erbe seiner Herrlichkeit ist und sich der Trübsale selbst freut, die sein geistliches Wohl fördern. Noch

mehr, er freut sich Gottes selbst, der Quelle einer beständigen Freude. Der Mensch war in dem ersten

Adam und darum auch Erbe der Folgen seines Ungehorsams; der Gläubige ist in dem zweiten Adam,

durch dessen Gehorsam er gerecht ist; weil er aber gerecht ist durch den Gehorsam eines anderen,

Christi, so sagt das Fleisch: es ist gleichgültig, was ich tue, ich kann tun, was ich will. Ich aber sage:

Du hast schon genug getan, dich zu verderben und erkennst an, ohne es zu bemerken, dass du die

Sünde willst. – Doch fahren wir in unserem Gegenstand weiter fort.

Der Apostel spricht hier nicht von dem wichtigen Beweggrund, dass der Gläubige in dem Blut Christi

ndet, nicht zu sündigen, noch von der Kraft der Liebe Gottes, sondern er zeigt, dass er nicht in der

Sünde leben kann, welcher er gestorben ist. Der Christ ist teilhaftig der Folgen des Gehorsams Christi,

weil er gestorben und auferstanden ist. Wie kann er in der Sünde leben, da er dieser Sünde schon

gestorben ist? Ein gestorbener Mann lebt nicht. Er ist nicht teilhaftig des Segens, der in Christus ist,

es sei denn, dass er das Leben Christi hat. Obgleich, was das natürliche Leben betrit, er noch in

der Welt lebt, so soll er sich der Sünde für gestorben halten, weil er lebt von dem Leben Christi, der

gestorben und auferstanden ist.


Im 7. Kapitel betrachtet er die Wirkung derselben Wahrheit in Beziehung auf das Gesetz. Das Gesetz,

sagt er, herrscht über den Menschen, solange er lebt, und stellt als Beispiel das Band der Ehe auf.

Solange als der Erste Mann lebt, darf die Frau keinen anderen haben, anders würde sie schuldig sein.

Der Erste Mann ist das Gesetz, der zweite Christus, auferstanden von den Toten (Christus lebend

auf dieser Erbe war selbst unter dem Gesetz). So kann man nicht unter dem Gesetz sein und auch

verbunden mit Christus, auferstanden von den Toten. Dennoch ist es nicht das Gesetz, welches stirbt,

sondern Christus ist gestorben unter dem Gesetz; denn die unter dem Gesetz gesündigt haben, sollen

durch das Gesetz verurteilt werden, und das Gesetz ist nützlich, so man sein recht braucht (Röm 2,12;

1. Tim 1,8–9). Wären wir selbst unter dem Gesetz gestorben, so wären wir verloren; aber Christus ist

für uns gestorben, und weil Er von den Toten auferstanden ist, sind unsere Seelen mit Ihm verbunden,

da das Gesetz kein Recht mehr über einen gestorbenen Menschen hat. Nun ist also Christus, der von

den Toten auferstanden ist, unser einziger Mann. Also hat uns die Auferstehung Christi vom Gesetz

sowohl als von der Sünde und Verdammnis befreit.

Das 5. Kapitel an die Römer erweist also uns unsere Stellung in Christus, dem zweiten Adam, der

auferstanden ist; das 6. das neue Leben in Ihm, dessen Kraft ist, dass wir uns der Sünde für gestorben

halten und das 7. unsere vollkommene Befreiung vom Gesetz, welches über einen Mann herrscht,

solange er lebt; wir aber sind gestorben und auferstanden in Ihm. Es ist der neue Mensch in Christus,

welcher Gott Früchte bringt und nicht der alte unter dem Gesetz. Daran ist aber das Gesetz nicht

Schuld; sondern weil die Sünde in dem Fleisch ist, so ist die Wirkung des Gesetzes, die Sünde auf das

Gewissen zu binden und ein Anlass für die Sünde zu werden, sich zu erregen.

Um auf die Hauptsache des Kapitels zurückzukommen, so sehen wir, dass man nicht unter dem

Gesetz und mit Christus dem Auferstandenen zu einer Zeit sein kann; man würde sonst zwei Männer

zugleich haben. In der zweiten Hälfte des Kapitels haben wir die Erfahrungen des Menschen, der

die Gerechtigkeit unter dem Gesetz vollbringen und Gott in Beziehung mit dem Gesetz, dem ersten

Mann, Frucht bringen will. Erweckt von Gott und unter dem Einuss des neuen Lebens versteht er die

Geistlichkeit des Gesetzes, er schätzt seine Forderungen; er will das Gesetz erfüllen und sein Gewissen

kann sich nicht befriedigen, ohne dieses zu tun. Die neue Natur hat die Gerechtigkeit des Gesetzes

lieb; aber durch den Widerstand des Fleisches vollbringt sie dieselbe nicht (V 14.16.22). Trauriger

Zustand der Seele, die durch die Wirkung der Gnade in ihr will das Gute tun, aber weil sie unter dem

Gesetz ist, nichts vollbringen kann. Doch bemerken wir hier, dass die Seele in Beziehung mit dem

ersten Mann ist und daher gar nicht mit dem zweiten. Wir haben gesehen, dass sie nicht zwei Männer

zusammen haben kann. So spricht diese Stelle weder von Christus noch von dem Heiligen Geist.

Man ndet die allgemeine christliche Erkenntnis der Geistlichkeit des Gesetzes. Das persönliche,

erneuerte Gewissen weiß, dass die Forderungen dieses geistlichen Gesetzes nicht erreicht werden.

Der erneuerte Wille macht alle mögliche Anstrengungen, bis dahin zu reichen, aber es gelingt ihm

nicht. Er hat dennoch die Geistlichkeit des Gesetzes lieb; er wünscht nicht, dass dieses weniger

vollkommen sei. Er weiß, dass Gott seine Autorität nicht vermindern und seine Heiligkeit nicht

verändern kann. Von ganzem Herzen strengt er sich an, das Ziel zu erreichen; aber die Kraft mangelt

ihm. Das Gesetz fordert eine vollkommene Vollbringung, das Gewissen und der Wille stimmen ein;

aber das Gesetz gibt keine Kraft; das Ziel wird niemals erreicht. Die Erwachung des Gewissens wirkt

nicht die Vollbringung der Gerechtigkeit, sondern die Verzweiung in der aufrichtigen Seele. Es

ist viel schwerer zu wissen und anzuerkennen, dass man keine Kraft hat, Gutes zu tun, als dass

150

BdH 1854 Befreiung vom Gesetz

man gesündigt hat. Die Erfahrung, welche die Seele unter dem Gesetz macht, ist ein Mittel, die

Überzeugung ihrer Ohnmacht zu bewirken; aber weder Gott noch der neugeborenen Seele kann die

Gerechtigkeit gleichgültig werden, und weil sie dieselbe nicht vollbringen kann, so soll der Mensch

seine Erlösung anderswo nden. Doch weil Gott die aufrichtige Seele von ihrer Ohnmacht überzeugen

will, hat Er keinen Gefallen, sie in dem traurigen Zustand zu lassen, und sobald sie diesen Zustand

anerkennt und Hilos in sich selbst ist und weiß, dass sie die Gerechtigkeit des Gesetzes niemals

erreichen kann, so oenbart Er ihr seine vollkommene Befreiung in Christus. Alsdann dankt sie Gott

für das, was schon getan ist, und so entdeckt sie ihre Stellung in dem auferstandenen Christus, ihrem

wahrhaftigen Mann, um Gott Frucht zu bringen (V 24–25). Jetzt ist nicht allein die Stellung, sondern

auch die Kraft und die Freiheit sein Anteil. Das Fleisch ist da; seine Natur ist nicht verändert; aber

unsere Stellung vor Gott ist im Geist und nicht im Fleisch. Die Kraft des Geistes ist lebendig in uns

da, so dass wir wandeln nicht nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist. Christus im Himmel ist der

Ausdruck unserer wahrhaftigen Stellung vor Gott; Christus lebend auf der Erde ist die Darstellung

und das Beispiel des himmlischen Menschen auf der Erde. Wandeln wir nach dem Geist, so erfüllen

wir das Gesetz (indem wir Gott und unseren Nächsten lieb haben), weil wir nicht unter dem Gesetz

sind.

Der Heilige Geist hat das Ende des 25. Verses hinzugefügt, um zu zeigen, dass, obgleich wir befreit

sind, die Natur des Fleisches nicht verändert ist; aber das Gesetz (d. h. hier, der immer auf dieselbe

Weise wirkende Grundsatz) des Geistes des Lebens in Christus Jesus befreit uns vollkommen von

dem Gesetz der Sünde und des Todes. Diese herrschen in dem alten Menschen; in Christus leben

wir in dem neuen, wo der alte kein Recht hat und der Heilige Geist ist die einwirkende Kraft. Was

die Gerechtigkeit betrit, so hat der Christ vollkommenen Frieden, weil er weiß, dass Gott anstatt

ihn zu verdammen, getan hat, was das Gesetz nicht tun konnte, dass Er nämlich durch Christus

in der Gleichheit des Fleisches der Sünde und als Sündopfer die Sünde im Fleisch verdammte. Der

aufrichtige Christ wird immer mehr betrübt sein über die Wirkung der Sünde in seinem Fleisch,

wie über seine früher begangenen Sünden selbst; aber er weiß, dass Christus an seiner Statt sowohl

für diese gestorben ist, wie für jene. Hier dann im Kapitel 8. nden wir Christus als Opfer auf dem

Kreuz, und lebend in der Auferstehung, sowie die lebendige Kraft und das freudenreiche Zeugnis

des Heiligen Geistes vollkommen entwickelt. Vom Vers 5–11 des 8. Kapitels ist der Heilige Geist

als Charakter und Kraft des Lebens; von Vers 12 bis 27 ist Er in uns der persönliche Zeuge unserer

Kindschaft und unseres Erbteils und der Mithelfer unserer Schwachheit; von Vers 28 bis Ende des

Kapitels erweist der Heilige Geist, dass Gott nicht allein in uns wirkt, sondern auch, dass Er in seiner

eigenen Kraft und Treue für uns ist, so dass der gesegnete Gläubige versichert ist, dass nichts ihn

von der Liebe Gottes, die er durch den Heiligen Geist, der in ihm wohnt, erkennt, trennen kann.

Die Höhe der Herrlichkeit, die Tiefe des Todes sind in Christus die Beweise und die Mittel unserer

ewigen Seligkeit vor Gott selbst, welche die Gnade uns gegeben hat.

Es wäre vielleicht nützlich, die Lehre über den 3. Vers des 8. Kapitels noch etwas ausführlicher

darzustellen. Die drei ersten Verse in diesem Kapitel führen uns den Hauptinhalt der drei

vorhergehenden Kapitel vor. Es gibt, wie wir gesehen haben, drei Gegenstände darin. Zuerst

nden wir die sündige Stellung des Menschen in Beziehung seiner Verantwortlichkeit, welcher

die Rechtfertigung vor Gott entspricht. Dies ist der Gegenstand des 5. Kapitels. Die Natur des ölten

und des neuen Menschen, ist der Gegenstand, den das 6. Kapitel betrachtet. Gott aber, um die Fähigkeit

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BdH 1854 Befreiung vom Gesetz

des Menschen, die Gerechtigkeit hervorzubringen, zu prüfen, hat das Gesetz eingeführt und der

Mensch, weil er gefallen und ein Sünder war, konnte diese Gerechtigkeit nicht vollbringen. Selbst als

er noch kein Sünder war, wurde die Prüfung seines Gehorsams durch ein Gesetz der Anlass seines

Falles Wenn aber durch die neue Geburt die Geistlichkeit des Gesetzes erkannt ist, dann versteht der

Mensch, dass er nicht allein Sünden getan hat, sondern dass ein Gesetz der Sünde in seinen Gliedern

ist. Diesen Gegenstand betrachtet der Heilige Geist in dem 7. Kapitel.

Die Kraft und die Natur des neuen Lebens in Christus, gestorben und auferstanden, ist die Antwort

der Gnade Gottes an die Bosheit des Fleisches. Dieses ist in dem 6. Kapitel vorgestellt. Die Befreiung

der Seele durch das völlige Verständnis des Werkes Gottes in Christus, entspricht in der Gnade

den Erfahrungen des 7. Kapitels. Wenn man nun mit Aufmerksamkeit die drei ersten Verse des 8.

Kapitels betrachtet, wird man leicht sehen, dass der 1. Vers dem 5. Kapitel, der 2. dem 6. und der 3.

dem 7. Kapitel entspricht. Das 6. und 7. Kapitel stehen aber in enger Verbindung, weil das Gesetz,

durch die Erfahrungen des neugeborenen Menschen, der unter demselben liegt, das Mittel ist, die

wahrhaftige Natur des alten Menschen zu erkennen. So nden wir diese zwei Kapitel in dem 2. und 3.

Verse des 8. Kapitels vorgestellt. Alle Honung der Verheißung ist auf die Rechtfertigung in dem 5.

Kapitel gegründet. Die Menschen wollten es nicht also haben; sie wollten sich wirklich von dem

Gesetz der Sünde durch ihre Anstrengungen befreien, um sich tadellos vor Gott zu benden; aber

Gott erlaubte dieses nicht und nach der Wahrheit kann es nicht also geschehen, weil einerseits das

Werk Christi unnütz wäre, und andererseits die Menschen die wahrhaftige Natur und Schuld der

Sünde nicht kennen würden. Wenn man durch seine Anstrengungen in seinem Gewissen vor Gott

freistände, so würde die Rechtfertigung, wenn auch nicht durch eigene Kraft, doch wenigstens durch

das Werk des Heiligen Geistes und nicht durch das Werk Christi stattnden. Aber das will Gott

nicht und der Mensch kann es nicht, weil die Wirkung des Heiligen Geistes ihn die Unerträglichkeit

der Sünde vor Gott sehen lässt und die Natur des Menschen sich nicht verändert. Diese Natur aber

ist Sünde. Der Mensch muss sich der Gerechtigkeit Gottes unterwerfen. Überzeugt von der Sünde,

verdammt von dem Gesetz, muss er seine Gerechtigkeit in einem anderen nden, nämlich in Christus,

gestorben für ihr, auferstanden vor Gott. Darum kommt das 3. und das 5. Kapitel des Briefes vor

dem 6. und 7. Kapitel und der 1. Vers des 8. Kapitels vor dem 2. und 3. Verse.

Nachdem der Heilige Geist den Kampf der neugeborenen Seele vorgestellt und seine Ohnmacht

bestätigt hat, ist das – „keine Verdammnis,“ – (Kap 8,1) das erste Bedürfnis der Seele und der Anfang

der Antwort Gottes in seiner Gnade. – Weil wir aber dieses Vorrecht – „keine Verdammnis“ – in einem

auferstandenen Christus haben, so trennt sich dasselbe nicht von dem Leben und kann nicht getrennt

werden. Darum ist es nicht allein eine Lehre, von einem Gegenstände, der vor Gott ist, sondern eine

Veränderung der Erfahrungen in der Seele, bewirkt durch die Kenntnis dieses Gegenstandes durch

den Glauben. Der Mensch hat durch das Gesetz die Erfahrungen seiner Ohnmacht gemacht; er hat

das Gesetz der Sünde in seinen Gliedern durch das Gesetz Gottes kennen gelernt; er hat diese Sünde

in sich selbst gesehen; er hat sie gehasst; aber er hat sich nicht von ihr befreien können. –

Ehe wir weiter gehen, müssen wir bemerken, weil wir vom Gesetz sprechen, dass selbst Christus für

viele Seelen ein Gesetz ist. Sie erkennen seine Liebe; sie sehen wie groß dieselbe in seinem Werk

am Kreuz ist; sie haben in dieser Liebe einen Beweggrund für die vollkommene Liebe ihres Herzens

zu Christus; aber sie nden dieselbe nicht in ihrem Innern. Sie sollen Christus von ganzem Herzen

lieben, aber sie lieben Ihn nicht also. Und dieses ist gerade das Gesetz, welches erfordert, dass wir

Gott lieben von ganzem Herzen. Wir haben in Christus einen neuen Beweggrund gefunden; wir

haben dem Gesetz vielleicht eine neue Form gegeben; aber wir benden uns immer unter dem Gesetz,

bekleidet mit dem Namen Christi. Die Kraft der Sünde ist stets da; sie verhindert uns, das Gesetz zu

erfüllen, welches erfordert, dass wir von ganzem Herzen lieben. Die Sünde ist in dem Fleisch, die

mich drängt und überwindet. Wie kann ich ein Ende machen mit diesem schrecklichen und listigen

Feinde? Unsere Ohnmacht ist unsere Zuucht. Wir nden, dass Gott selbst hineintreten muss, weil

wir nichts darin tun können. Sobald ich das Werk Gottes (nicht die Verheißungen) verstanden habe,

nde ich, dass Gott das ganze Werk schon vollbracht hat. Das ist, was der dritte Vers will. Gott selbst

hat das Nebel bekämpft, das mich immer unterjochte. Ohne Sünde zur Sünde gemacht, hat Christus

sowohl die Sünde in dem Fleisch für uns vor Gott, als auch die Sünden, die wir wirklich begangen

haben, weggetan, weil Er nicht allein, für die Sünden, sondern auch für die Sünde gestorben ist.

Die Liebe Gottes ist uns oenbart, weil Christus in diese Welt gekommen ist, da wir nichts als

Sünder waren; aber diese Oenbarung seiner Liebe reinigt das Gewissen nicht. Doch nicht allein das;

sondern solange das Gewissen nicht gereinigt ist, kann das Herz die Liebe nicht genießen, weil die

Ungewissheit in dem Gewissen die Furcht hervorbringt, und diese das Herz verhindert, um der Liebe

gewiss zu werden. Wohl ist es darüber gewiss, dass in Gott die Liebe ist, aber es kann sie sich selbst

nicht zueignen, weil das Gewissen immer sagt, dass Gott die Sünde nicht ertragen kann. Der Heilige

Geist, der im Evangelium von der Liebe spricht, ist durch dasselbe Wort Licht, um von der Sünde

zu überzeugen. Und diese Überzeugung reicht nicht allein bis zu den Sünden, sondern auch bis zur

Sünde. Ein Kind kann von der Liebe seines Vaters überzeugt sein; aber es kann sich nicht vor sein

Angesicht stellen, wenn sein Gewissen es anklagt. „Die Furcht hat Pein.“ Wenn wir aber mit Christus

auferstanden sind, so ist es nicht allein wahr, dass Gott uns in unserem Sünderzustand geliebt hat;

Er hat uns auch in eine durchaus neue Stellung versetzt; in die Stellung Christi selbst vor Gott, wo

wir selbst das Ergebnis der Wirkung Gottes sind, nach der Kraft, womit Er Christus von den Toten

auferweckt und zu seiner Rechten in den Himmel versetzt hat (Eph 1,9–23; 2. Kor 5,5).

Die Erscheinung der Liebe Gottes in Christus, da wir Sünder waren, ist uns 1. Johannes 4,9 vorgestellt;

aber unsere vollkommene Stellung in Christus durch die Teilnahme desselben Lebens ist in demselben

Kapitel Vers 17 dargetan. Christus aber ist in diese Stellung hineingetreten, als Er sein Werk durchaus

vollbracht hatte, das Werk, wodurch das Gewissen gereinigt und so die Liebe in das Herz ohne

Hindernis ausgegossen ist. Weil ich vereinigt mit Christus bin, der schon für mich gestorben und

auferweckt ist, so kann die Sünde mir ebenso wenig zugerechnet werden, als sie Christus zugerechnet

werden kann. Seine Stellung vor Gott ist ganz die meinige und gedenken wir daran, dass, eine andere

zu haben, nichts anders hieße, als verdammt zu werden. Es gibt zwischen dem ersten und zweiten

Adam kein Mittelding Wir wissen aber wohl, dass die Stellung Christi vor Gott, jetzt sündlos ist; nicht

allein, was die Vollkommenheit der Person betrit, die immer vollkommen war, sondern auch in

Betre der Zurechnung der Sünde. Warum aber? Ist Gott gleichgültig gegen die Sünde geworben? Ist

Christus nicht mit ihr beschäftigt? Ist Er vor der Schwierigkeit der Arbeit entohen? Hat Er die zwölf

Legionen Engel gefordert, um sich zu erretten? Oder den Rat der Hohepriester angenommen und sich

selbst gerettet, wie Er so oft die Anderen gerettet hatte? Wir wissen es wohl; nein! Er ist das sündlose

Haupt der Gläubigen, weil Er die Sünde, als ihr Vertreter auf dem Kreuz für sie hinweggetan, und

sie, als Er dieses vollbracht hatte, mit sich vereinigt, durch ein neues Leben, ausströmend aus Ihm,

und durch die Kraft des Heiligen Geistes, der sie mit Ihm eins macht. Und was ist jetzt die Tragweite

dieser Wahrheit für die Gläubigen? Nicht allein hat Christus unsere Sünden auf dem Kreuz getragen;

Er war daselbst unser Vertreter persönlich vor Gott. Für alles, was der Heilige Geist uns zeigt, das

vor dem Angesicht Gottes, im Licht seiner Gegenwart Sünde ist, für alles dieses ist Christus auf dem

Kreuz gestorben und hat es für uns getragen. Er ist selbst, vor dem Angesicht Gottes, gerichtet nach

dem Licht seiner Herrlichkeit, da Er, welcher Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht ward.

Jetzt ist, Gott sei Dank, alles vorübergegangen. Das Werk ist vollbracht; die Wolke des Blitzes des

Gerichts Gottes, das Gewitter seines Zorns ist vorübergezogen und hat unsere Sünde mitgenommen,

und die Sonne der Liebe Gottes selbst scheint jetzt ohne Hindernis aus; die vollkommene Liebe, die

Christus gab, um das Werk zu vollbringen. Das Gewissen ist gereinigt nach der Heiligkeit Gottes,

welche die Sünde daselbst gerichtet hat.

Früher war Gott selbst verborgen, obgleich Er das Gesetz unter die Menschen geschickt hat; aber der

Schlag, der den Vorhang zerriss, auf dass Gott in seiner Heiligkeit oenbart wurde, hat die Sünde

weggenommen, die uns verbot vor seinem unbedeckten Angesicht zu stehen. Das vollkommene Licht

(denn das wahre Licht ist jetzt erschienen), welches hervorleuchtend ist und in welchem wir stehen,

zeigt, dass wir vor dem Angesicht Gottes ohne Sünde sind, und dass unsere Kleider in dem Blut des

Lammes gewaschen sind. Desto näher wir dem Licht stehen, desto deutlicher oenbart sich unsere vollkommene Reinheit vor Gott.

Was nun das Gesetz nicht tun konnte, weil es den Sünder verdammt, ohne sein Fleisch verändern zu

können, das hat Gott getan, weil Christus nicht allein unsere Sünden getragen hat, sondern in der

Gleichheit des Fleisches der Sünde gekommen und ein Opfer für die Sünde geworden ist, und also hat

Gott die Sünde im Fleisch verurteilt. Lasst uns wohl beachten, Er sagt nicht: sie wird verurteilt, als

etwas, was noch getan werden muss; und auch nicht: durch die Kraft des Heiligen Geistes, sondern

durch das Sündopfer Christi. Für die Sünde, wovon der Heilige Geist dich, der du glaubst, überzeugt

hat, hat Christus sich wie ein Sündopfer übergeben. Gott hat die Sünde, die dich bisher betrübt hat,

verdammt, aber am Kreuz Christi. Er hat sie weggetan, und du bist von ihr freigesprochen. Du hassest

sie, – es kann nicht anders sein, wenn der Heilige Geist in dir wirkt; – jetzt ist sie dir ebenso wenig

zugerechnet, wie die Anderen traurigen Früchte, die der faule Baum hervorgebracht hat. Du bist vor

Gott in Christus, in welchem sie am Kreuz verurteilt worden ist.

Was nun die Heiligung betrit, – was ist die Wirkung dieser Wahrheit? – Was haben wir von der

Stellung des Gläubigen gesagt? Er ist in das Licht selbst vor das Angesicht Gottes gestellt. Er hat

ein Leben, welches sich in diesem Licht erfreut, und den Heiligen Geist, um es zu genießen. Nach

diesem Licht ist die Heiligung gemessen. Weil wir in der Gegenwart Gottes sind, so wird alles

nach der Vollkommenheit dieser Gegenwart beurteilt. „Wir haben Gemeinschaft mit dem Vater und

dem Sohn.“ Darum sagt auch der Apostel, wenn er Römer 3,33 von der Sünde spricht, nicht, wir

haben gesündigt und reichen nicht an die Picht der Menschen, sondern wir erreichen nicht die

Herrlichkeit Gottes, und weil wir aus dem Grundsatz der Gnade stehen, so ist nicht die Heiligkeit

allem gefordert, sondern wir sind Teilhaber seiner Heiligkeit. Und nicht allein das, sondern weil Gott

für uns ist, so haben wir die Kraft, diese Heiligung zu verwirklichen und weil wir wissen, dass Er

für uns ist, haben wir Vertrauen, diese Kraft bei Ihm zu erlangen In der Gemeinschaft Gottes wird

die Heiligung verwirklicht; aber mit dem Bewusstsein der Sünde ist die Gemeinschaft unmöglich.

Wo werden wir die Kraft zur Heiligung nden, wenn nicht in Gott? Wie können wir die praktische

Heiligung selbst vollbringen, ohne diese Kraft? Wie kann ich diese Kraft bei Gott suchen, wenn ich nicht die Gewissheit habe, dass Er für mich ist, und wenn mein Gewissen mich verhindert, Ihm zu nahen? Die Anstrengungen nach der Heiligkeit können treu sein, ohne dass man befreit ist, weil die

Neigungen des neuen Lebens da sind; aber solche Anstrengungen werden immer mit dem Bedürfnis

der Rechtfertigung vermischt und die wahrhafte Natur der Heiligkeit wird verkehrt und verloren

werden, oder besser gesagt, nicht erkannt werden. Was die Regel des Lebens in Beziehung unserer

Stellung in Christus betrit, so ist sein Leben auf der Erde unser Beispiel. „Der da sagt, dass er in

Ihm bleibt, soll auch wandeln, wie Er gewandelt hat.“ In Ihm waren zwei Dinge: Er war ein gerechter

Mensch vor Gott, und die Oenbarung des Charakter Gottes vor den Menschen. Dies soll auch

unser Leben auf der Erde sein; wandelnd vor dem Angesicht Gottes, sollen wir seinen Charakter vor

den Menschen oenbaren. Dieses ndet statt, weil Christus schon unser Leben ist; wie der Apostel

sagt: „Auf dass das Leben Christi in unserem sterblichen Leib oenbart werde.“ Und hier ist der

wichtige Unterschied, zwischen dem Gesetz und den Geboten Christi. Das Gesetz verheißt das Leben,

wenn wir seine Gebote erfüllt haben. Die Gebote Christi, wie alle Sinne Worte und Werke, sind der

Ausdruck und die Richtung des Lebens, welches wir schon in Ihm besitzen. Und jetzt, welches waren

die Grundsätze dieses Lebens in Christi selbst? Zuerst konnte Er sagen: „Der Sohn des Menschen,

der im Himmel ist.“ Die Liebe war die Urquelle seiner ganzen Wirksamkeit. Selbst als Mensch war Er

von Gott geboren und Er selbst konnte sagen, dass um der Freude willen, die vor Ihn hingestellt war,

Er die Schande nicht achtete und das Kreuz trug. So ist es mit uns, mit dem notwendigen Unterschied

seiner herrlichen Person, weil Er Gott selbst ist. Vereinigt mit Ihm, ist unser Leben mit Ihm in Gott verborgen.

Was unser christliches Leben betrit, so sind wir von Gott geboren. Die Liebe Gottes in unserenHerzen ist die Quelle unseres Wandels; und die Herrlichkeit in Christus, die uns vorgestellt ist,

bestärkt uns in allen Leiden unserer Pilgerschaft auf der Erde. Dazu dürfen wir noch hinzufügen,

dass die Kraft des Heiligen Geistes durch dessen Fülle Er auf der Erde lebte und wirkte, unsere Kraft

ist, um Ihm nachzufolgen. Darum haben wir zwei Grundsätze, um das Gute und das Böse zu messen:

die Innewohnung des Heiligen Geistes in uns auf der einen Seite, und das Leben und die Fülle eines

verherrlichten Christus auf der anderen Seite. Was den Heiligen Geist, womit wir auf den Tag der

Erlösung versiegelt sind, betrit, so sollen wir ihn nicht betrüben; vielmehr sollen wir von Ihm erfüllt

werden, auf dass unsere Gemeinschaft mit Gott verwirklicht werde in vollkommener Freude. Was den

Herrn betrit, so sollen wir den alten Menschen ausziehen und den neuen Menschen anziehen, der

nach Gott geschaen ist in Gerechtigkeit und wahrhaftiger Heiligkeit. Und nicht allein das; sondern

in Beziehung mit der Fülle seiner Herrlichkeit, sollen wir aufwachsen in allen Dingen in Ihn hinein,

der das Haupt ist, nämlich Christus, zu einem vollgewachsenen Mann, nach dem Maß der Natur der Fülle des Christus. –

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BdH 1854 Die Vereinigung der Kinder Gottes

Die Vereinigung der Kinder Gottes

Es wird wohl kein Christ leugnen können, dass es Gott selbst ist, der die Gemeinden bildet, indem Er

die Seelen seinem Sohn zuführt. Wohnen z. B. in E. hundert oder zweihundert Bekehrte, so sind diese

die Kirche zu E. Also lesen wir, dass zu Jerusalem alle die, welche mit bereitwilligem Herzen das

Wort der Apostel aufgenommen hatten, die Gemeinde in dieser Stadt bildeten. Gott selbst hat diese

Personen zu Gliedern seiner Kirche gemacht, indem Er sie durch den Glauben zu Gliedern Christi

machte, welcher deren Haupt ist (Eph 1,22–23; 2,19–22). Es kommt keinem Menschen, zu, dieses nach

Willkür abzuändern; weder eine dieser Personen auszuschließen, noch eine andere hinzuzufügen.

Der Mensch hat hier nur anzuerkennen, was Gott getan hat.

Kann es nun nach dem Willen des Herrn sein, wenn seine Jünger das, was Er zusammengefügt hat,

trennen, indem sie in einer Stadt mehrere Versammlungen bilden? Wenn diese Versammlungen

durch Menschen– oder Ländernamen, oder gewisse Lehren bezeichnet werden? Es haben doch die

Christen nicht aufgehört, denselben Erlöser, dasselbe himmlische und ewige Vaterland zu haben?

(Eph 4,3–6; Gal 3,26–28; Kol 3,11) Gewiss nicht, und es war dies auch nicht die Meinung des Herrn,

wenn Er sagt: „Auf dass sie alle eins seien; gleich wie du Vater in mir, und ich in dir, dass auch sie in

uns eins seien, auf dass die Welt glaube, du hast mich gesandt“ (Joh 17,21). Man erwidert, dass es

sich hier um die geistige und unsichtbare Gemeinschaft handle, welche immer unter den wahren

Gliedern Jesu Christi bestehen werde. Aber die hier vom Herrn hinzugefügten Worte: „Auf dass die

Welt glaube, du hast mich gesandt,“ geben uns einen anderen Gedanken. Die Welt, welche nur das

glaubt, was sie sieht, kann nicht an ein Haupt glauben, von dessen Leib als ein Ganzes sie nicht mehr

die Spur sieht, sondern nur getrennte Teile. Es war dieser Körper in eins zusammengefügt durch die

Gelenke der Handreichung und er wurde sichtbar durch eine einzige Versammlung an jedem Orte.

Eine solche Versammlung sollte die Welt dahin bringen, an das schon verherrlichte Haupt dieses

Körpers zu glauben. Dieses fand auch in dem Augenblick statt, als die Jünger zu Jerusalem vereinigt

„an einem Orte“ und belebt „von demselben Geist allesamt verharrten in der Apostel Lehre, in der

Gemeinschaft, in dem Brotbrechen und in dem Gebet“ (Apg 2). Aber bald gehrte der Sauerteig der

Spaltungen den Süßteig durch (Mt 13,33). Paulus konnte schon den Korinthern sagen: „Es ist unter

euch Eifer, Streit, Spaltungen; wenn der Eine sagt: Ich bin Paulisch; der andere: Ich bin Apollisch,

seid ihr denn nicht eischlich?“ (1. Kor 3,3–4) Indessen, weder die Korinther, noch irgend eine andere

der apostolischen Gemeinden scheinen nicht im Geringsten daran gedacht zu haben, sich in ein und

demselben Orte in verschiedene Gemeinen zu verteilen. Ich stelle nicht in Abrede, dass dies vielleicht

die Ansicht einzelner Glieder gewesen sein mag.

Erst später wurde dieses Werk des Feindes vollbracht und man ist sogar dahin gekommen, es

rechtfertigen zu wollen. Man stellt es als eine unvermeidliche Folge der Verschiedenheit der Ansichten

des menschlichen Geistes dar, als wenn der menschliche Geist es wäre, der den Leib Christi beleben

und leiten solle, und nicht der Geist Christi selbst. Die Spaltungen, sagt man auch, sind eine

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BdH 1854 Die Vereinigung der Kinder Gottes

Gelegenheit für die Christen, sich in der Geduld und Tragsamkeit zu üben; als wenn das Böse aufhörte,

Böses zu sein, weil Gott in seiner unendlichen Weisheit das Gute aus dem Bösen hervorgehen lässt;

als wenn man Böses tun müsse, damit Gutes daraus hervorkomme; und endlich, als wenn ohne

dem in der Gemeinde nicht genug verschiedene Meinungen und Mängel blieben, um die Geduld

und Tragsamkeit der Christen zu üben (Röm 14. und 15,3). Eine sonderbare Art, die Geduld und

Tragsamkeit zu üben, indem man sich von denen abtrennt, welche man tragen und lieben soll!

Bewundert man auch den Beistand und die gegenseitige Liebe zweier Eheleute, welche, getrennt

durch Unvereinbarkeit der Ansichten oder der Laune, ein jeder für sich nach seiner Weise leben,

aber sich dessen ungeachtet ein freundliches Gesicht machen, wenn sie sich in der Welt begegnen?

Und dieses sollte die Einigkeit sein, zu welcher die Jünger Jesu berufen sind? Und man möchte uns

überzeugen wollen, dass dieses alles sei, was Er für sie wünschte, als Er sagte: „Auf dass alle eins

seien, wie du, Vater, in mir, und ich in dir; dass auch sie in uns eins seien, auf dass die Welt glaube,

du hast mich gesandt.“

Was sollen denn die Gläubigen tun? Sie sollen hören, was die Apostel den ersten Gläubigen zu

Jerusalem sagten: „Errettet euch von diesem verkehrten Geschlecht“ (Apg 2,40). Nach diesem Wort

sollen sie sich trennen von der Welt, in deren Mitte sie leben, und sich an demselben Orte zusammen

vereinigen, und verharren in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, im Brotbrechen und im

Gebet. Sie sollen dem Wort glauben, welches der treue Herr in seiner göttlichen Vorsehung, ohne

Zweifel für den traurigen Zustand, worin sich jetzt seine Gemeinde bendet, bestimmte: „Da, wo zwei

oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20). Auf dieses Wort

fest vertrauend, sollen sie fortfahren, sich als Jünger zu versammeln, und diese gemeinschaftliche

Versammlung nicht verlassen, sondern sich gegenseitig ermahnen zur Liebe und guten Werken

(Apg 20,7; Heb 10,24–25). Da werden sie die beste Einrichtung haben, eine ganz schriftmäßige

Einrichtung, die man in zwei Worten zusammenfassen kann: Versammlung der Gläubigen im Namen

des Herrn Jesus, und unter der Leitung seines Geistes.

Wenn Gott in solchen Versammlungen Hirten und Lehrer oenbart, wie Er es seiner Gemeinde bis

an das Ende zu tun versprochen hat, (Eph 4,11), so wird es die Picht eines jeden Gliedes sein, sie

anzuerkennen und die Gaben zu benutzen, welche Gott etlichen zur Erbauung aller gegeben hat

(1. Kor 14,15–16; 1. Thes 5,12–13; Heb 13,17).

Es benimmt dies jedoch keinem Glied in der Versammlung das Recht und die Picht ein Lied, eine

Ermahnung, eine Unterweisung zu geben, welche es selbst vom Herrn zu diesem Zweck empfangen

hat (1. Kor 14,26–33). Wir nden dieses in den Gemeinen, bevor es Älteste und Bischöfe gab, und

auch selbst nachher (Apg 2,41–43; 1. Kor 12,18). In der Tat, wenn wir unseren Kultus (Dienst) Gott

darbringen, so tun wir es als Priester und nicht als Hirten und Lehrer, oder mit einem Wort als

Diener (Beamte). Sind denn auch nicht alle Prediger, so sind doch alle „Priester, um in den Gemeinen

geistliche Opfer darzubringen, Gott angenehm durch Jesus Christus,“ – „die Frucht der Lippen, welche

seines Namen verkündigen“ (1. Pet 2,19; Heb 13,15). Da ist es, wo diese Grundsätze verwirklicht sind,

oder doch wenigstens oen anerkannt und verwirklicht nach der Kraft, welche man empfangen hat.

Da ist es, wo wir die Versammlung der Brüder sehen, eine Gemeinde nach dem Worte, nämlich: „Ein

Haus Gottes im Geist, gebildet aus lebendigen Steinen, ruhend auf dem Grundstein; heilige Priester,

darzubringen geistliche Opfer, Gott angenehm durch Jesus Christus“ (1. Pet 2,5). Diejenigen aber

sind zu bedauern, welche glauben, einen solchen Wandel richten zu müssen, indem sie anführen,

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BdH 1854 Die Vereinigung der Kinder Gottes

dass Gott ein Gott der Ordnung und nicht der Verwirrung sei. Sie denken aber nicht daran, dass der

Apostel eben deshalb, weil Gott ein Gott der Ordnung ist, diesen Weg zu wandeln geboten hat, wie

wir oben gesehen haben. Es geht daraus hervor, dass sie, die also sprechen, sich einen ganz anderen

Begri von der Ordnung in der Gemeinde machen, wie der Apostel. Für ihn ist es die Ordnung nach

dem Geist und durch den Geist; für sie ist es die Ordnung nach dem Fleisch und durch das Fleisch.

Das Dasein der Dienste oder Ämter in einer solchen Versammlung, wird nichts von der

Freiheit wegnehmen, Jesus zu verkündigen, welches jedem Christen zukommt. Es wird in keiner

Weise verhindern, dass der, welcher sich durch den Herrn dazu berufen glaubt, unter seiner

Verantwortlichkeit evangelisiert. So sehen wir ja auch, dass die Jünger zu Jerusalem, zerstreut

durch die Verfolgung, von Ort zu Ort gingen, das Wort Gottes verkündigend (Apg 8,4).

Also wird man einerseits eine Oenbarung der Einheit des Leibes in der Versammlung der Jünger

haben, vereinigt um das Mahl des Herrn, um anzubeten, um sich gegenseitig zu ermahnen;

und andererseits ist ein weites Feld gelassen für die, besondere Wirksamkeit eines jeden in der

Verkündigung unter der Welt; – zwei so verschiedene Dinge, und doch in der gegenwärtigen

Unordnung der Christenheit allgemein verwechselt.

Was sind z. B. die Versammlungen, gewöhnlich Predigten genannt? Eine Verkündigung des

Evangeliums, indem man der Menge, die sich dort zusammenndet, hauptsächlich Buße und Glauben

predigt, zum wenigsten, wenn der Prediger gläubig ist. Aber es sind zugleich Versammlungen zum

Gottesdienst oder Kultus, wo man das Abendmahl nimmt, wo man mit dieser Menge dankt, wie

mit Brüdern, wie mit Gliedern der Gemeinde Gottes; auch hört man oft diese Versammlungen

gleichgültiger Weise „die Predigt“ oder „den Gottesdienst“ nennen. Auf diese Weise entsteht die

Vermengung zweier Dinge, welche getrennt bleiben sollten, und diese Vermengung hat das Eine,

wie das Andere entstellt. Die Verkündigung des Evangeliums ist dadurch entstellt, dass man einer

Versammlung sagt: Tut Buße und glaubt! und zu gleicher Zeit mit derselben dankt, als wenn sie

schon geglaubt hatte und bricht auch das Brot der Gläubigen mit ihr. Dies kann ja nur die Wirkung

der Predigt schwächen, und die Seelen in einer falschen Sicherheit gefangen halten. Der Kultus oder

Gottesdienst wird dadurch entstellt, dass man den Seelen, welche man wie Glieder der Gemeinde

Gottes behandelt, und welchen man als solchen das Abendmahl reicht, immer aufs Neue zuruft: Tut

Buße und glaubt! und dies kann nur bewirken, dass solche Seelen in der Ungewissheit bleiben, und

hindert sie, in der Gnade Gottes befestigt zu werden. Auch war dies nicht die Weise der Wirksamkeit

der Apostel. Sie predigten der Menge auf den Straßen, in den Synagogen und überall, wo sich dazu

die Gelegenheit darbot; aber sie vereinigten sich nur mit denen, welche glaubten, den Jüngern, den

Ihrigen, auf den Söllern usw., um zu bitten, zu danken, das Brot zu brechen, und sich unter einander

zu ermahnen (Apg 2,44; 4,23; 20,7 usw.).

Der Menge sagten sie: Glaubt und lehrt um, so werdet ihr die Vergebung eurer Sünden und die Gabe

des Heiligen Geistes empfangen (Apg 2–3 usw.). Den Jüngern, in Gemeinen vereinigt, sagten sie:

„Nachdem ihr geglaubt habt, seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist der Verheißung.“

„Ihr seid bekehrt worden von den Abgöttern, zu dienen dem lebendigen und wahrhaftigen Gott und

seinen Sohn Jesus vom Himmel zu erwarten.“ „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen

Geistes ist, der in euch ist und welchen ihr habt von Gott? Und ihr seid nicht mehr euer selbst, denn

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BdH 1854 Die Vereinigung der Kinder Gottes

ihr seid teuer erkauft. Verherrlicht denn Gott in eurem Geist und an eurem Leib, welche sind Gottes“

(Eph 1,13; 1. Thes 1,9; 1. Kor 4,19–20).

Die Zerstreuung der Christen und ihre Vermengung mit der Welt hat auch die Verwirrung dieser

Dinge herbeigeführt. Ein Teil der Christenheit, mehr als andere den Begri von Gottesdienst und

Opfer festhaltend, hat dieses Opfer bis zu dem Punkt hin entstellt, daraus ein Schauspiel zu machen,

zum Genuss einer nicht geweihten Menge, ein anderer Teil der Christenheit, entschieden protestierend

gegen diese Enteiligung des Opfers Christi, hat dagegen beinahe vergessen, was Gottesdienst ist, und

ihn allgemein mit der mehr oder weniger treuen Unterweisung ihrer Prediger verwechselt und mit

den Gebetsformeln, welche diese von den Kanzeln lesen. Dies waren die traurigen Folgen, nachdem

die Christen aufgehört hatten, sich unter einander zu versammeln; denn wer würde bitten, ngen,

danken, „im Geist und in der Wahrheit anbeten können,“ wenn nicht die, welche, „nachdem sie

der Wahrheit geglaubt haben, mit dem Geist versiegelt worden?“ (Joh 4,34; Eph 1,13) Freilich hat

man in mehreren kleineren Gemeinen diese Verwirrung gefühlt, und dahin gearbeitet, derselben

abzuhelfen; aber es wird immer etwas fehlen, solange die Vereinigung der Kinder Gottes nicht

praktisch stattgefunden haben wird.

Man verwechselt auch diese Vereinigung mit der Verkündigung des Evangeliums, weil man oft das

die Versammlung der Brüder nennt, wenn mehrere sich versammelt haben, um gemeinschaftlich zu

evangelisieren. Ich bin fest überzeugt, dass der Christ, sowohl allein für sich, als auch mit seinen

Brüdern zusammen das Evangelium verkündigen kann, je nachdem er sich dazu berufen fühlt. Ich

glaube, dass solche Versammlungen zur Bekehrung vieler dienen können; aber ich glaube nicht, dass

dieses die Vereinigung der Kinder Gottes ist. Auch sehe ich weder in den Unterweisungen, noch in

der Wirksamkeit der Apostel die Verkündigung des Evangeliums unter der Welt als Mittelpunkt,

um welche sich die Christen vereinigen sollen, dargestellt. Zu diesem Zweck ist uns das Abendmahl

gegeben, in welchem alle eins sind, so wie sie von ein und demselben Brote essen (1. Kor 10,17). Wir

nden auch in der Schrift, dass das Abendmahl dazu diente, diese Vereinigung zu bezeichnen: „Als

die Jünger versammelt waren, um das Brot zu brechen“ (Apg 20,7). – Eine Versammlung, um das

Evangelium zu verkündigen, ist nicht eine solche, welche die Verheißung hat: „Wo zwei oder drei

in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Es soll damit aber keineswegs

behauptet werden, dass der Herr nicht immer und überall mit den Seinen sei, dass Er nicht noch auf

eine besondere Weise mit denjenigen sei, welche wünschen, von seiner Gnade Zeugnis abzulegen,

und Er dieses Zeugnis nicht segne. Doch sage ich, dass diese Versammlung zur Verkündigung des

Evangeliums nicht eine solche ist, welcher jene Verheißung gemacht worden ist. Würde man es

aber wagen, diese Verheißung auf eine Versammlung anzuwenden, die größtenteils aus Ungläubigen

gebildet ist? Oder auch jenes Wort, was augenscheinlich dieselbe Verheißung ist: „Alles was ihr

werdet gebunden haben usw.?“ Gewiss nicht, weil man fühlt, dass diese Personen, die keinen Teil am

Geist Gottes haben, auch die Dinge Gottes nicht zu unterscheiden wissen. Man wird aus ähnlichen

Gründen fühlen, dass eine Versammlung zur Verkündigung des Evangeliums in keiner Weise den

Versammlungen der ersten Christen entspricht, wovon Paulus 1. Korinther 12. und 14. redet.

Eine solche Versammlung ist auch nicht diejenige, von welcher Paulus den Hebräern Kapitel 10,25.

sagt: „Verlasst nicht unsere Versammlung,“ oder wörtlich: „die Versammlung unserer selbst oder

unter uns.“ In der Tat, eine Versammlung, welche man zusammengerufen, um ihr die Bekehrung zu

predigen, ist nicht die Versammlung der Christen unter sich; auch ist das Beiwohnen einer solchen


Versammlung in keinerlei Weise geboten. Ich bin als Christ vollkommen frei, einer Versammlung,

wo das Evangelium verkündigt wird, beizuwohnen oder nicht, sei es nun, dass ich daselbst rede,

oder nicht rede. Das Wort Gottes überlässt dieses meinem Ermessen. Es könnten ja in einer Stadt, in

welcher ich wohne, zwanzig Versammlungen zur Verkündigung des Evangeliums geben und wollte

Gott, es gäben ihrer noch mehr; aber welche würde ich in diesem Fall schuldig sein, zu besuchen?

Aber sind die Jünger des Herrn in eins um das Abendmahl ihres Erlösers versammelt, um Ihm ihren

Dienst darzubringen und sich gegenseitig zu ermahnen, so haben sie das bestimmte Gebot, die

Versammlung ihrer selbst oder unter sich nicht zu verlassen.

Im Allgemeinen ist die Verkündigung des Evangeliums eine vortreiche Sache; ob sie vereinzelt oder

zusammen betrieben wird, das tut nichts; aber nie ist sie in dem Wort als der Mittelpunkt dargestellt,

um welchen sich die Christen vereinigen und der Welt ihre Einheit oenbaren sollen. Eine solche

Annahme verdreht den Begri der Christen über die wahre Versammlung, zu welcher sie berufen

sind; dadurch hält man sie davon fern, anstatt sie dahin zu führen.

Ohne Zweifel ist es peinlich, so viel über die Verwirrung zu sagen, aber wenn wir verweigern die

Wunde zu untersuchen, wie werden wir zu dem Heilmittel gelangen können? Manche Christen

scheinen den Entschluss gefasst zu haben, die Augen über das Übel zuzuschließen, oder sie wünschen

zur Heilung nichts anderes zu gebrauchen als die kraftlosen Heilmittel ihrer eigenen Erndung . . .

Ärzte, welche nur leicht die Wunde der Tochter meines Volks verbinden. Um die Einigkeit der Christen

herbeizuführen, errichten sie Vereine zur gemeinschaftlichen Verkündigung des Evangeliums,

zum Gebet, zur Heidenmission, Vereine von jeder Art und jeder Form. Sie reisen mit großem

Kostenaufwand nach Paris und London, um sich mit den Christen zu verbrüdern, welche sie niemals

gesehen haben und welche sie vielleicht niemals wiedersehen werden; aber auf die verschiedenen

Benennungen, oder auf ihre Einrichtungen nach eigener Weisheit, oder auf die Überlieferungen

ihrer Väter, kurz auf alles dieses zu verzichten, um sich mit den Christen, die an ihrer Tür wohnen,

um dasselbe Brot und unter der Leitung des Heiligen Geistes zu vereinigen, – sprecht ihnen nicht

davon. Dieses ist die einzige Sache, welche sie nicht tun wollen und vor allem ist dies das Einzige,

was der Herr von ihnen verlangt. Er überbürdet nicht das Gewissen seiner Kinder mit so vielen

Vereinigungen; Er beruft sie nicht zu einer Vereinigung, deren Verwirklichung so kostspielig und

schwierig, ja für den zwanzigsten Teil der Christen unmöglich ist; zu einer Vereinigung von einigen

Tagen im ganzen Jahr, und folglich so künstlich und trügerisch. Was Er von ihnen verlangt, ist eine

einfache Einigung, zugänglich für alle, ohne Geräusch, ohne Aufsehen; aber wahrhaftig und für alle

Tage, in der Mitte der Brüder, wohin seine Vorsehung sie gestellt hat. Das ist es, was der Herr von

ihnen verlangt, und das ist es, was selbst die Welt von ihnen verlangt. Woher kommt es, sagt sie,

dass, nachdem ihr euch mit den Christen der ganzen Welt verbrüdert habt, ihr zurück kommt und

haltet euch abgesondert von den zwei oder drei Christen in eurer Stadt oder in eurem Dorf, und

fangt wieder wie vorher an, euren eigenen Gottesdienst und euer eigenes Abendmahl zu halten?

Was ist das für eine Vereinigung? – Ach, wir müssen es bekennen, die Welt hat Recht. Dies ist

nicht die Einheit, welche Jesus für seine teuren Jünger wollte, und dies wird uns immer wieder zu

diesem Grundsatz zurückführen: Derjenige, welcher aus Gott geboren ist, versammle sich mit seinen

Brüdern im Namen des Herrn und unter der Leitung seines Geistes. Dadurch bekommt sowohl die

Verkündigung des Evangeliums als auch der Kultus seinen wahren Charakter. Und dies ist auch die

wahre Grundlage der Vereinigung der Kinder Gottes. Was mich betrit, so kenne ich keine andere

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BdH 1854 Die Vereinigung der Kinder Gottes

und ich glaube, dass das Sektenwesen darin besteht, eine andere Grundlage zu geben. Christen z. B.

fordern mich auf, mich mit ihnen zu vereinigen, um den Gottesdienst und das Abendmahl mit der

Welt zu halten. Ich verweigere es; – wer macht eine Trennung? Ich, der es verweigert? Nein; aber

diejenigen, welche, indem sie unserer Vereinigung die Bedingung setzen, mit der Welt Gottesdienst

zu halten, mich verpichten auf den Gehorsam gegen den Herrn zu verzichten, welcher den Seinen

verbietet, sich mit der Welt zu vereinigen (2. Kor 6,14–18; Apg 2,40). Gegen die Gebote des Herrn

gibt es keine Einwendungen, und auch selbst dann bleiben sie unverändert, wenn sie in Jahr und Tag

vergessen und verkannt worden sind.

Andere Christen fordern mich auf, mich mit ihnen unter einem bestimmten Glaubensbekenntnis, oder

einer besonderen Einrichtung oder Verwaltung zu vereinigen. Ich verweigere es; – wer macht eine

Trennung? Ich, der es verweigert? Nein; aber diejenigen, welche zu unserer Vereinigung Bedingungen

setzen, die der Herr nicht gestellt hat; und sich in dieser Frage, welche eine Grundsatzfrage ist, auf

die Anzahl, auf das Altertum oder auf Nachfolge berufen; – dieses ist Päpstelei.

Es ist klar, dass, indem ich mich mit Christen vereinige, welche diese Form und diese Einrichtung

haben, ich mich immer mehr oder weniger von denen trenne, welche eine andere haben. Es werden

verschiedene Abteilungen in der Herde des Herrn gebildet; diese Formen, diese Einrichtungen sind

die Zäune, welche die Schafe verhindern, sich in eine einzige Herde, unter der Leitung des einen

Hirten zu vereinigen. Dagegen die Christen, welche ihren Brüdern zu der Vereinigung nur solche

Voraussetzungen stellen, die Gott selbst gestellt hat, nämlich von Gott geboren zu sein und sich von

der Welt zu trennen; diese tun dadurch, was sie können, diese Vereinigung herbeizuführen und jede

Gelegenheit zur Trennung hinweg zu tun, und sind dann auch für diese nicht verantwortlich.

Aus diesem Grund schließe ich mich auch keiner Benennung an, es seien Reformierte, Lutheraner,

Baptisten, Methodisten usw. Es ist nicht, als wenn ich nicht die Vereinigung der Kinder Gottes

wünsche, sondern weil ich sie wünsche und weil ich für die Hindernisse nicht verantwortlich sein

will, welche man durch alle diese menschlichen Einrichtungen macht. Deshalb will ich Christ und

nichts als Christ sein. Auf diesem Gebiet reiche ich jedem eine brüderliche Hand, wer den Namen

des Herrn Jesus, seines und meines Erlösers anruft. Ich wandle mit ihnen in allen Dingen, wo ich es

tun kann, ohne an einem menschlichen Joch zu ziehen. Auf diesem Gebiet lade ich alle meine Brüder

zur Versammlung der Kinder Gottes ein, wozu ich übrigens das Recht verlieren würde, wenn ich

mich in eine der Abteilungen einreihen ließe, in welche sie das Haus Gottes eingeteilt haben.

O, wenn diese köstliche Vereinigung doch besser verstanden und verwirklicht würde! Welche

Segnungen würde man zunächst für die Kinder Gottes und dann für die Welt zu erwarten haben? Wenn

z. B. die Christen, welche in E. sind, sich an einem Ort und in einem Geist vereinigt, gemeinschaftlich

die verschiedenen Gaben anwendeten, welche sie vom Herrn empfangen haben; welches Licht, welche

Ermunterungen, welche Tröstungen würden sie nicht daraus ziehen! Welch ein Zeugnis für die Welt!

Sollte man nicht glauben dürfen, dass sich bis zu einem gewissen Gerade verwirklichen würde, was

Paulus 1. Korinther 14 sagt: „Wenn alle weissagen und ein Ungläubiger oder ein Unkundiger tritt

ein, so ist er von allen überführt, durch alle geurteilt und also sind die Geheimnisse seines Herzens

oenbart, dergestalt, dass er sich auf sein Angesicht werfen und Gott anbeten und bezeugen wird,

dass Gott wahrhaftig in eurer Mitte ist.“

Aber um dessentwillen müssen wir alle unsere Vorteile nach dem Fleisch verwerfen und aufhören

Reformierte, Lutheraner, Baptisten usw. zu sein; Hirten, Lehrer oder Evangelisten durch die Autorität

dieser oder jener Kirchen, dieser oder jener Lehranstalten, dieser oder jener Vereine zu berufen. Man

muss nichts anders sein wollen als Christ, Jünger, Bruder, unter der Leitung des Heiligen Geistes; alles

das anzunehmen, was Er uns durch den Geringsten in unserer Mitte darreicht, wie auch als Werkzeuge

dieses Geistes zu dienen, wenn Er uns zur Erbauung aller oder auf andere Weise verwenden will.

Dieser Geist ist einer; wenn wir uns alle seiner Leitung überlassen, werden wir sehen, dass Er mächtig

ist, durch seine göttliche Kraft die getrennten Glieder des Leibes Christi zu versammeln und sie

in eine Einheit zusammen zu führen. Aber, wenn wir diese Einigung wünschen und zeigen uns

halsstarrig, wollen dieser Einigung menschliche Einrichtungen zu Grund legen, in welchen wir uns

benden, oder welche wir unterstützen; wollen durch mehr oder weniger geschickte Anordnungen,

Übereinkünfte, Zugeständnisse die Dierenzen ausgleichen, so verlassen wir den sicheren und festen

Boden des Wortes Gottes, welches weder diese Anstalten, noch diese Ausgleichungen kennt. Wir

werfen uns in den beweglichen Sand der menschlichen Systeme, welche verändert und immer wieder

verändert werden, je nach Zeit und Umständen und welche endlich nichts bessern. Anstatt Männer

des Glaubens zu sein, sind wir in diesem Fall höchstens Männer, welche neben dem Wort Gottes in

schwierigen Dingen einen Ausweg zu nden wissen.

Brüder, die Zeit ist kurz; der Herr kommt, sein Wort sagt es uns. Ist es zu wünschen, dass wir, wenn

Er kommt, erfunden werden vermengt mit der Welt, getrennt unter einander, wie die Knechte, welche

essen und trinken mit den Trunkenen und ihre Mitknechte schlagen? Nein; sondern vielmehr wie

Israel, das in Erwartung der versprochenen Befreiung, sich von den Ägyptern absonderte, und um

das Lamm, das Zeichen ihrer Befreiung, vereint sich sammelte. Also getrennt von der Welt und

versammelt unter einander, sind wir berufen die Wiederkunft unseres viel geliebten Erlösers zu

erwarten, und solange seinen Tod zu verkündigen und uns unter einander zur Liebe und guten

Werken zu ermahnen. Wir werden auf diesem Weg die Treue des Herrn, die Zulänglichkeit seines

Wortes und seines Geistes erfahren, und stets mit zuversichtlichem Verlangen rufen: „Komm Herr

Jesus!“ Amen (Aus dem Französischen übersetzt).

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BdH 1854 Gedanken über Epheser 4,32; 5,1.2

Einige Gedanken über Epheser 4,32; 5,1.2

Autor: John Nelson Darby

„Seid aber zueinander gütig, mitleidig, einander vergebend, wie auch Gott in Christus euch vergeben hat. Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder, und wandelt in Liebe, wie auch der

Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer,

Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph 4,32–5,2).

Christus war nicht allein vollkommener Mensch, der nur das Gesetz erfüllte, sondern auch die

Oenbarung Gottes des Vaters und der Ausdruck der Wirkung der göttlichen Liebe im Wesen des

Menschen. Durch Ihn stehen die Gläubigen nun in Beziehung mit dem Vater, der durch Ihn oenbart

worden ist. Nun sollen auch wir den Charakter des Vaters darstellen, wie er in dem Herrn Jesus

dargestellt worden ist. In Matthäus 5,48 zeigt uns der Herr Jesus in seinem Wort: „Ihr nun sollt

vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5,48). Er sagt nicht vor dem Vater,

denn dies sind wir in Christus. Gelehrt durch die Handlung des Vaters, die in Liebe mit dem Menschen

ist, sollen wir selbst auch handeln, wie Er handelte. Wir werden diesen Grundsatz in dem angeführten

Kapitel Verse 44–48 bestätigt nden. Derselbe Grundsatz gilt in Epheser 4,32: „einander vergebend,

wie auch Gott in Christus euch vergeben hat“. Gott hat uns vergeben, als wir Sünder waren, und nach

diesem Maßstab sollen auch wir einander vergeben. Aber nicht allein das; unser Verhältnis mit Gott

ist jetzt deutlich zum Ausdruck gebracht, da wir nun als geliebte Kinder Gottes bezeichnet werden.

Wir sollen unseren Vater nachahmen, und wie Gott handeln, nach der Oenbarung Gottes, die wir in

Christus Jesus haben, wodurch wir auch den Charakter unseres Vaters besitzen. Christus ist davon

die Vollkommenheit und der Ausdruck; auf dieser Erde lebte Er in der vollkommenen Kraft der Liebe.

Alles, was Er getan hat, alles, was Er gesagt hat, alle seine Wege in der Welt hatten die Liebe zur

Quelle. Gott, der Liebe ist, oenbarte sich in dem Herrn Jesus im Fleisch. So nden wir in Ihm das

Beispiel unseres Wandels. Die vollkommene Liebe in den Menschen hat immer zwei Charaktere.

Einerseits ist sie auf Gott gerichtet, von welchem sie ausströmt und Alles Gott zum Opfer darbringt;

andererseits dient sie den Menschen. So war es mit Christus. Er gab sich selbst als Darbringung und

Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch (vgl. Eph 5,2). So soll es auch mit uns sein. Wir

sollen den Menschen in Liebe dienen, und keinen andern Zweck haben, als Gott wohlzugefallen.

Wenn man in Israel dem Herrn ein Speisopfer brachte, wurde der ganze Weihrauch zum Gedächtnis

auf dem Altar entzündet. Die beiwohnenden Priester nahmen den süßen Geruch wahr, aber der

ganze Weihrauch wurde dem Herrn dargebracht. Es ist wichtig zu bemerken, dass die Liebe, die

von Gott ausströmt und in den Menschen wirkt, immer auch zu Gott zurücksteigt, welches das Ziel

seiner ganzen Wirksamkeit ist. Die Vollkommenheit dieses Wandels, frei von aller Selbstsucht, ist

das Zeugnis der Liebe vor den Menschen und das Band der Gemeinschaft der gläubigen Christen

untereinander. Gott selbst ist da, weil Gott Liebe ist und „wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und

Gott in ihm“ (1. Joh 4,16). Daher sind wir Nachahmer Gottes auf dieser Erde und haben das große

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BdH 1854 Gedanken über Epheser 4,32; 5,1.2

Vorrecht, dazu berufen zu sein. Welch ein Segen, der Ausdruck seines Charakters zu sein! Welch ein kräftiges Band der Christen untereinander die Liebe ist, d. h. Gott selbst in ihnen! Wie sollten die Christen diesen Schatz bewahren; wie eißig alles das vermeiden, was den Geist betrüben könnte, der die Kraft dieser Liebe in uns ist, und so die Gemeinschaft untereinander, die sie dadurch mit Gott haben, schwächen. „Die Liebe“, sagt der Apostel, „ist das Band der Vollkommenheit“ (vgl. Kol 3,14), weil sie die Kraft der Gemeinschaft Gottes selbst ist und sie uns vor allem bewahrt, was Ihm nicht gefällt und unseren Brüdern ein Anstoß sein könnte. „Wer seinen Bruder liebt, bleibt in dem Licht, und kein Ärgernis ist in ihm“ (1. Joh 2,10). Wie süß ist die Liebe, in welcher wir Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn und durch die Gegenwart Gottes untereinander haben. Die göttliche Freude ist überragend, und die Fülle Gottes ist in unserer Freude durch die Bekräftigung des Heiligen Geistes, indem wir uns erinnern, dass wir berufen sind, in allen Dingen Nachahmer Gottes zu sein und in allen Dingen in der Liebe zu wandeln.

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

Die Heiligen nach dem Wort Gottes Die Überlieferungen sind in jeder Zeit für die Kirche ein großer Schaden gewesen. Rom hat stets in ihnen die schärfste Wae gefunden das einfache Gottes Wort zu entstellen und zu verdrängen; und der Protestantismus, obschon mit Rom gebrochen, hat durch die Reformation nicht alles verworfen, was von dort herstammt. Vielmehr sind eine Menge Lehrsätze, Gewohnheiten, Formeln und Redensarten beibehalten worden, welche nichts, als eine Mitgift des Papsttums sind; und auch hier nden wir nicht weniger Eiferer für die Überlieferungen ihrer Väter, ohne ernstlich zu prüfen, ob und bis zu welchem Punkt dieselben in dem Wort Gottes, dieser allein untrüglichen Regel, einen Grund nden; – und wehe allen, welche sich in ihrem Gewissen verpichtet fühlen, solch menschliches Joch abschütteln, und an dem Zeugnis des Wortes Gottes festhalten zu müssen. Aber es bleibt wahr: die Überlieferungen haben beständig das einfache Schriftwort geschwächt, und die Kinder Gottes ihrer Vorrechte in Christus beraubt; und bis zu unseren Zeiten gilt die Warnung des Apostels: „Seht zu, dass euch niemand beraube durch die Philosophie und losen Trug nach der Menschenüberlieferung, nach den Anfangsgründen der Welt und nicht nach Christus“ (Kol 2,8).

In der Tat, teure Brüder, wir können nicht zu sehr auf unserer Hut sein, denn wir leben inmitten der Überlieferungen; sie sind so zu sagen, die Luft, welche wir einatmen. Hier einige wenige Beispiele. Beinahe alle Begrie von Kirche sind nur Überlieferungen, die dem Wort widersprechen. Wo lesen wir etwas von einer sichtbaren und unsichtbaren, wo etwas von einer triumphierenden Kirche? Wo nden wir so genannte, vom Staat abhängige National– und Volkskirchen? oder solche, die sich nach bestimmten Personen oder nach besonderen Lehrpunkten benennen? Wo lesen wir von Kirchen nach menschlichen Ordnungen, wo die Freunde des Formwesens über Einteilung von Geistlichkeit und Laien, über die so genannte apostolische Amtsnachfolge, über die Notwendigkeit einer Einsegnung oder Einsetzung der Prediger oder Hirten oder Lehrer, sei es durch eine Regierung, sei es durch eine Körperschaft, sei es durch ein Presbyterium? Wo nden wir die Konrmation der Kinder, die Einsegnung der Ehe durch Priester? Sind nicht alles menschliche Überlieferungen, zu denen noch die gehören, welche sich auf den Gottesdienst beziehen, der bei dem größten Teile der Christen in einer willkürlichen Form besteht? Wo endlich fordert das Wort Gottes auf, um die Ausgießung des Heiligen Geistes über die Kirche zu bitten, als wenn die Kirche Ihn nicht schon empfangen hätte und als ob es noch ein neues Pngstfest gäbe? Wo die Kirche ist, da ist der Heilige Geist; wo dieser fehlt, da ist auch keine Kirche.

Man hat Überlieferungen über den Sonntag, als ob er ein jüdischer Sabbat wäre; – Überlieferungen über das Gesetz, unter dessen Joch man beständig die Befreiung des Herrn zu stellen sucht, wählend man die bestimmten Weisungen des Evangeliums verachtet; – Überlieferungen über die Ankunft und Erscheinung des Herrn, welche Einige mit dem Tod verwechseln, andere eine geistige Ankunft nennen. – Genug, wer vermöchte alle die Einfälle aufzuzählen, welche man an die Stelle der Gedanken Gottes gesetzt hat, und wodurch so viele unbefestigte Christen verirrt und verarmt sind! Doch Gott sei Dank! Viele dieser menschlichen Erndungen sind in der letzten Zeit als solche bezeichnet worden, – und die Wahrheit in Christus, die noch vor kurzem über manchen Lehrpunkt unter dem Scheel war, ist klar verkündigt und aufgerichtet. Lasst uns jedoch, meine Brüder, noch einige andere dieser Irrtümer berühren, und sie in dem Schmelztiegel der Schrift läutern. Wir beginnen unsere Untersuchung mit dem einzelnen Menschen beigelegten Worte „heilig,“ – einem Schriftausdruck, der zu den verworrensten Ansichten Anlass gegeben hat.

Oft liest man die Ausdrücke: Der heilige Johannes, der heilige Petrus, der heilige Paulus, der heilige Hyronimus, der heilige Augustin, der heilige Bernhard; und es könnte die Frage entstehen, warum man nicht auch sagt: Der heilige Abraham, der heilige Mose, der heilige Samuel, der heilige Jesajas, der heilige Luther, der heilige Calvin usw.? Sind diese etwa weniger heilig als jene? Welche Verwirrung der Begrie! Erinnert uns nicht dieses mit einem Menschennamen verbundene Wort „heilig“ an die päpstliche Kanonisierung, d. h. an die Heiligsprechung eines Verstorben durch den Papst? Und sind diese Heiligen nicht eine besondere Klasse von Personen, wovon die armen römischen Katholiken glauben, dass deren Hilfe, Fürbitte, Dienste einen beinahe göttlichen Beistand litten könnten?

Doch richten wir uns selbst. Wir begeben denselben Fehler wenn wir sagen: Heiliger Matthäus, heiliger Lukas, heiliger Johannes, heiliger Paulus, heiliger Petrus usw. Haben wir doch keinen ähnlichen Ausdruck in der Schrift, und es ist immer schlimm, weiser als das Wort sein zu wollen. Wir erkennen dadurch immer eine besondere Art von Heiligen an und ahmen daher denjenigen nach, die auf die Verneinung des allgemeinen Priestertums der Christen, einen besonderen Priesterstand errichtet haben, – oder doch Auen Wenigsten denjenigen, welche das allgemeine Priestertum immer in dem Fall annehmen, dass es durch einige dazu bezeichnete Personen ausgeübt werde. Dieses heißt nichts anderes, als einen sehr verderblichen Irrtum aufrichten und verbreiten, nämlich dass die Heiligung und die Heiligkeit, anstatt der Beginn des Christenlebens in sein, ein endlich zu erreichendes Ziel seien, als ob man nicht durch dir Gnade Gottes in Christus, sondern durch eigene Werte und Anstrengung heilig werden könne. Es lohnt daher der Mühe, seine Sprache nach dem Wort Gottes zu regeln, weil Folgerungen von großer Tragweite aus dem Missbräuche eines einzigen Wortes hervorgehen können. Lasst uns daher aus dem Wort selbst lernen, welche es Heilige nennt, und was ein Heiliger ist.

Man ist im Allgemeinen über den Sinn der Worte „heilig“ und „Heiliger“ einverstanden, indem man weiß, dass sie so viel bedeuten als: Eine Person oder eine Sache absondern, damit sie Gott geweiht sei. So gab es unter der Haushaltung des Gesetzes geheiligte oder abgesonderte Personen, Örter, Zeiten und Gegenstände.

Das Volk Israel war gänzlich in diesem Sinn ein geheiligtes Volk, eine heilige Nation (5. Mo 14),abgesondert und getrennt von denNationen durch alle seine Einrichtungen: durch seinen Gottesdienst, seine Verordnungen, seine Verheißungen, seinen Sabbat, um Jehova anzugehören. Dieses war eine Heiligung der Stellung nach, allein entsprungen aus dem Wohlgefallen Gottes, welcher ihnen oftmals wiederholt: „Ich bin Jehova, welcher euch heiligt“ (2. Mo 31,13; 3. Mo 20,8; 21,8; Hes 20,12). Von da ans oss für Israel die Verantwortlichkeit, sich zu heiligen, in seinen Wegen heilig zu sein; von da aus wurden solche Gebote, wie diese, welche nur einem abgesonderten Volk gegeben werden konnten, so oft wiederholt: „Heiligt euch denn und seid heilig; denn ich bin Jehova, euer Gott. Beobachtet auch meine Gebote und tut sie: Ich bin der Ewige. – Ihr werdet mir denn heilig sein; denn ich bin

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

heilig, ich, Jehova; und ich habe euch von den Anderen Völkern abgesondert, auf dass ihr mein seid“

(3. Mo 20,7–8.26). Aber in diesem völlig heiligen Volk gab es noch besonders geheiligte Personen; und vor allem die Erstgeborenen, wie geschrieben steht: „Heiligt mir alle Erstgeburt; denn sie ist mein“ (2. Mo 13,2).; „Alle Erstgeburt gehört mir, weil ich die Erstgeburt im Land Ägypten schlug; ich habe mir alle Erstgeburt in Ägypten geheiligt . . . sie soll mein sein“ (4. Mo 3,13; Lk 2,23).

Darum mussten die israelitischen Eltern ihre ältesten Söhne um sie behalten zu können, loskaufen (2. Mo 34,20). Und Jehova erleichterte ihnen diesen Loskauf, indem Er sagte: „Seht! Ich habe die Leviten unter den Kindern Israel genommen, anstatt aller Erstgeburt; folglich werden die Leviten mein sein“ (4. Mo 3,12). – Also waren die Leviten besonders geheiligt (5. Mo 10,8).

Unter den Leviten hatte Gott die Familie Aaron erwählt, um Ihm das Priesteramt auszuüben. Aaron und seine Söhne sollten dazu eingesetzt und geheiligt sein (3. Mo 40,12–13). Die Priester waren Gott näher als die levitischen Bruder und als der Rest des Volkes; und unter ihnen war der Hohepriester noch näher und heiliger. Denn er allein konnte nur in das Allerheiligste eintreten und die heiligen Kleider tragen, die ihm zum Ruhm und Schmuck waren und welche ihn heiligten (2. Mo 28,2–3). Er war also nach dem Gesetz die allerheiligste Person in Israel.

Was die heiligen Örter betrit, so begnüge ich mich, im Allgemeinen das Land Kanaan anzuführen, welches wohl das heilige Land genannt werden konnte, weil es das Land Jehovas und Emanuels ist; und in Kanaan war Jerusalem die heilige Stadt; (Mt 4,5; 27,53); und in Jerusalem war der heilige Tempel, die Wohnung Gottes, das Bethaus mit seinem Heiligen und seinem Allerheiligsten. Und ferner sollten die Juden, Tage, Monate, Zeiten und Jahre heiligen und gewissenhaft beobachten; z. B. den Sabbat, den Neumond, die jährlichen Feste, das Ruhe– und das Jubeljahr. Endlich gab es geheiligte, für Jehova geweihte, abgesonderte Gegenstände, welche nicht für den gemeinen und gewöhnlichen Gebrauch verwandt werden durften; z. B. die Becken und die verschiedenen Geräte der Stiftshütte und des Tempels. – Der Zorn Jehovas entammte wider Belsazar, welcher die dem Tempel gehörigen goldenen und silbernen Gefäße geraubt hatte, indem er mit seinen Gästen Wein daraus trank. – Und es wird der Tag kommen, wo Jehova König sein wird über die ganze Erde, wo alles gleichmäßig Gott geheiligt sein wird, wo die Worte, eingegraben auf das Plättchen, welches die Kopfbedeckung des Hohepriesters schmückte: „Die Heiligkeit Jehovas,“ selbst auf die Schellen der Pferde geschrieben sein werden; und wo jeder Topf, der in Jerusalem und Judäa sein wird, dem Herrn der Herrlichkeit geweiht sein wird (Sach 14,20–21).

Dieses waren unter dem Gesetz die heiligen Personen und Sachen. Unter dieser Haushaltung der Schatten und Vorbilder war die Heiligung ganz förmlich und äußerlich. indessen kann das, was wir davon gehört haben, nicht dazu dienen, um Licht auf die christliche Heiligung zu werfen, womit wir uns jetzt beschäftigen wollen.

Nur im neuen Testamente kann man Aufklärungen über eine Frage dieser Art nden; und hier

untersuche ich mehr als hundert Stellen, in welchen die Wörter:„heiligen, Heiligung, heilig, Heiligkeit“

sich in Bezug auf Menschen angeführt vornden.

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

Erstens ndet sich niemals das Wort „heilig“ mit einem Eigennamen verbunden, was genügen sollte,

um einen solchen Ausdruck zu richten. Wohl ist es einige Male einer Klasse von Personen beigelegt;

z. B. die heiligen Propheten (Lk 1,70; Apg 3,21; 2. Pet 3,2); die heiligen Apostel und Propheten (Eph 3,5);

die heiligen Männer Gottes (2. Pet 1,21); die heiligen Frauen, die ehedem lebten (1. Pet 3,5); Heilige,

welche entschlafen und auferweckt waren (Mt 27,52) – Das, was wir bis jetzt gesagt haben, genügt, um

uns den Wert und die Anwendung dieses verschiedenen Personen beigelegten Beinamens begreifen

zu lassen; – aber lasst uns ins Auge fassen, dass niemals gesagt ist: ein heiliger Apostel, ein heiliger

Prophet, eine heilige Frau usw.

Zweitens nden wir nur eine einzige Stelle, wo die Worte „heilig“ und „geheiligt“ eine Heiligung

oder Heiligkeit der Stellung nach bezeichnen, welches nur ein äußerliches Vorrecht, nicht aber eine

innerlich ersprießliche Gnade in sich einschließt. Diese Stelle ndet sich in 1. Korinther 14: „Der

ungläubige Mann ist geheiligt durch sein Weib, und das ungläubige Weib ist geheiligt durch ihren

Mann; anders wurden gewiss eure Kinder unrein sein; nun aber sind sie heilig.“

Drittens. Was die heiligen oder geheiligten Sachen betrit, – mit Ausnahme derjenigen, welche also

nach dem jüdischen Begri benannt sind, wie z. B. die heilige Stadt (Mt 4,5; 27,53), der heilige Ort

(Apg 21,28), der heilige Berg (2. Pet 1,13), – so kennen wir nur eine einzige Stelle, wo es sich um

materielle Gegenstände handelt, welche geheiligt sind. Wir meinen nämlich die in 1. Timotheus 4,5. –

Der Apostel lehrt uns, dass die Speisen von Gott geschaen seien, um mit Danksagung von denen

genossen zu werden, welche gläubig sind und die Wahrheit erkannt haben; weil alle Kreatur vor

Gott gut und nichts verwerich ist, sobald sie mit Danksagung genossen wird . . . ; denn sie ist durch

das Wort Gottes und das Gebet geheiligt. – Der Gläubige hat das köstliche Vorrecht durch seine

Danksagung, dasjenige in eine heilige Speise zu verwandeln, was auf dem Tisch der Ungläubigen

und Weltkinder nur eine ganz gewöhnliche Nahrung ist. Der Christ weiß durch das Wort seines

Gottes, dass diese Speisen ihm von dem Herrn, der sie geschaen hat, gegeben sind. Ihm dankt er,

und auf diese Weise sind sie geheiligt und für Gott abgesondert.

Viertens haben wir noch das heilige Gebot und das heilige Gesetz (Röm 7,12; 2. Pet 2,21); der heilige

Bund Gottes (Lk 1,72); die heiligen Schriften und die heiligen Briefe (Röm 1,2; 2. Tim 3,15); den

heiligen Beruf, durch welchen uns Gott berufen und errettet hat (2. Tim 1,9); den heiligen Kuss, durch

welchen sich die Brüder gegenseitig begrüßen (Röm 16,16; 1. Kor 16,20; 2. Kor 13,12; 1. Thes 5,26)

und unseren allerheiligsten Glauben (Jud 20). In allen diesen Beispielen erklärt sich selbst das Wort

„heilig“ ohne Schwierigkeit.

Fünftens. Lasst uns nun unseren hauptsächlichen Gegenstand, Die Kirche, näher ins Auge fassen, d. h.

die Kirche nach dem Wort Gottes, und nicht nach den Begrien der Welt. In Gnaden die Vorrechte

besitzend, die Israel unter der Bedingung des Gehorsams angeboten waren, und welche Israel unter

dieser Verantwortlichkeit verloren hat, – ist die Kirche ein heiliges Priestertum und das heilige

Volk (1. Pet 2,5.9; 2. Mo 19,5–6), und der heilige Tempel Gottes, ein heiliger Tempel in dem Herrn

(1. Kor 3,17); – und eines Tages wird Christus sie sich selbst darstellen, herrlich, . . . heilig und ohne

Tadel (Eph 5,27). – Hier ist es noch nicht zu zeigen nötig, dass die Kirche heilig genannt wird, sondern

es genügt für den Augenblick, daran zu erinnern, dass Gott die Nationen besucht hat und noch

besucht, um daraus ein Volk für seinen Namen zu erziehen (Apg 15,14), und dass dieses Volk, also

abgesondert, die Kirche oder die Versammlung ist.

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

Sechstes. Lasst uns endlich das Wort „heilig“ betrachten, wie es den aus Gnaden erretteten Sündern

beigelegt ist. Zunächst nden wir, wie sie „die Christen, die Gläubigen, die Kinder Gottes, die

Brüder, und die Jünger“ genannt werden. Das Wort „Christ“ ndet sich nur dreimal im Wort Gottes

(Apg 11,26; 26,28; 1. Pet 4,16); ebenso ndet man den Ausdruck „die Gläubigen,“ um damit einen

oder alle Christen zu bezeichnen nicht oft (2. Kor 6,15; 1. Tim 4,10.12; 5,16). Der Name „Kinder

Gottes,“ als Benennung der Gläubigen kommt auch ziemlich selten vor (Joh 11,52; Röm 8,21; Gal 3,16;

1. Joh 5,2). Die gewöhnlichsten Ausdrücke zur Bezeichnung der Kinder Gottes sind: „Jünger,“ „Brüder“

und „Heilige“. Die beiden ersten Benennungen sind oftmals in der Einzahl genannt. Wir lesen: „ein

Jünger“ (Apg 9,10.26; 16,1; 21,16); oder „ein Bruder“ (1. Kor 7,12; 8,11; Eph 6,21; Kol 4,7; Phlm 7.16.20;

Jak 1,9; 2,15). – Aber niemals ist gesagt: „ein Heiliger,“ als von einem Erlösten gesprochen.11 Endlich

ndet sich das Wort „Jünger“ oft mit einem Eigennamen zusammen gesetzt, (siehe die vorstehend

angeführten Stellen in Bezug auf diese Benennung). Das Wort „Bruder“ ndet sich einige Male

unmittelbar vor oder nach einem Eigennamen; so heißt es z. B., der Bruder Quartus (Röm 16,23);

der Bruder Sosthenes (1. Kor 1,1); der Bruder Timotheus (2. Kor 1,1; Kol 1,1; Phlm 1); der treue und

vielgeliebte Bruder Onesimus (Kol 4,9); Silvanus, der gläubige Bruder (1. Pet 5,12); unser vielgeliebter

Bruder Paulus (2. Pet 3,15); – aber niemals ist das Wert „heilig“ auf diese Weise angewandt. Niemals

würde der Heilige Geist sagen und niemals hat er gesagt: der heilige Quartus, der heilige Sosthenes,

der heilige Timotheus usw.–

Lasst uns dazu bemerken, dass die Christen in unseren Tagen, um die Geretteten zu bezeichnen,

von allen anderen Namen Gebrauch machen, aber selten den Ausdruck „Heilige“ anwenden. Es

scheint, dass man dazu zu ängstlich ist, oder dass man es zu anmaßend betrachtet. Mit Ausnahme

der Anwendung in dem so genannten apostolischen Glaubensbekenntnis: „die Gemeinschaft der

Heiligen“ vermeidet man diesen Ausdruck sorgfältig und fürchtet sich, wie es scheint, damit sowohl

die Gläubigen im Allgemeinen, als auch die Christen einer Örtlichkeit zu bezeichnen, wiewohl diese

zwei Begrie in den Schriften des neuen Testaments sehr gewöhnlich sind.

Nun ist es aber immer falsch und oft gefährlich, voll der Sprache des Wortes Gottes abzuweichen,

wenn man von oenbarten Dingen redet. Denn indem man die Worte fahren lässt, trägt man auch

die dadurch ausgedrückte Meinung zu Grab. Hier aber handelt es sich um Gedanken oder Meinungen

Gottes, die wir nicht ungestraft vernachlässigen oder verleugnen dürfen. Es ist demnach von großer

Wichtigkeit, dass wir über das, was die Heiligen sind, ins Klare kommen; und die Heilige Schrift,

welche uns allein weise macht zur Seligkeit, wird uns auch darüber den besten Aufschluss geben

können. Da wir nun schon von der Heiligkeit im alten Bunde gesprochen haben, so lasst uns auch

das Neue Testament önen und zusehen, wem darin der Name „heilig“ gegeben ist. Daraus werden

wir am besten die Tragweite dieses Wortes herleiten können, indem wir zu gleicher Zeit erfahren,

wie arme Sünder zu Heiligen werden und wie die praktische Heiligkeit oder die Heiligung, bei ihnen

eine Anwendung ndet.

Was uns zunächst auällt, ist, dass dieser Beiname in den Evangelien niemals den Jüngern des Herrn

beigelegt ist. Er erscheint zuerst in der Apostelgeschichte, nachdem die Kirche gegründet ist und

die Taufe mit dem Heiligen Geist und die Heiligung des Geistes empfangen hat. Zunächst nden

11 Wir lesen in Markus 6,20: „Herodes fürchtete Johannes, ihn als einen gerechten und heiligen Mann kennend.“ – Ich

kenne nicht eine andere ähnliche Anwendung des Wortes „heilig.“ Jedenfalls ist nicht gesagt: „ihn als einen Heiligen

kennend.“

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

wir diesen Ausdruck in dem Mund eines Jüngers, Namens Ananias, welcher also von Paulus zu

dem Herrn sprach: „Ich habe gehört . . . wie viel Übles er deinen Heiligen in Jerusalem getan hat“

(Apg 9,13). – Hier sind die Jünger Heilige des Jesus genannt. Von da an diente dieser Ausdruck sehr

oft dazu, sowohl die Gläubigen von dieser oder jener Örtlichkeit, als auch die Versammlung der

Erwählten zu bezeichnen.

In der ersten Bedeutung haben wir unter anderen die folgende Stelle: „Petrus . . . ging hinab zu

den Heiligen, die zu Lydda wohnten“ (Apg 8,32). Nachdem er eine Jüngerin, Namens Tabita ins

Leben gerufen hatte, „richtete sie Petrus auf und rief die Heiligen (oenbar die von Joppe) und die

Witwen und stellte sie lebendig dar“ (Apg 9,41) Ferner sagt Paulus (Apg 26,10), dass er ehedem in

Jerusalem viele Heilige ins Gefängnis geworfen habe. – Seht dazu die Adressen einiger Briefe des

Heidenapostels, wo dieser Name den Gläubigen gegeben ist (Röm 1,7; 1. Kor 1,2; 2. Kor 1,1: Eph 1,1

usw.). Seht weiter die zahlreichen Stellen, wo Paulus seine Reise nach Jerusalem gedenkt, „für den

Dienst der Heiligen,“ welche zu Jerusalem waren (Röm 15,25–26.31; 1. Kor 16,1; 2. Kor 8,4). Seht nach

in den Begrüßungen an den Enden der Briefe, wo diese Benennung, sei es den Brüdern, in deren Mitte

sich der Apostel bendet, sei es allen oder nur einem Teil derer, an welche er sich wendet, beigelegt

ist (2. Kor 13,12; Phil 4,21–22; Heb 13,24) Der Apostel sagt: „Ist jemand unter euch . . . der es wagt,

zu hadern vor den Ungerechten, und nicht vor den Heiligen? Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die

Welt richten werden?“ (1. Kor 6,1–2); „Wie in allen Versammlungen der Heiligen, lasst eure Weiber

schweigen“ (1. Kor 14,33); „lasst diesen Brief alle Heiligen lesen“ (1. Thes 5,27).

Lasst uns jetzt solche Stellen anführen, wo dieses Wort sich im Allgemeinen auf alle Kinder Gottes

bezieht. Judas sagt von dein Glauben, dass er einmal den Heiligen übergeben worden sei (V 3). – Es

zeichneten sich die Epheser nach Kapitel 1,15, die Kolosser nach Kapitel 1,4 und Philemon Vers 5,

„durch ihre Liebe zu allen Heiligen aus.“ – Paulus erwähnt auf eine löbliche Weise die Glieder des

Hauses Stephanus, welche sich selbst zum Dienst der Heiligen verordnet hatten (1. Kor 16,15), so wie

die Arbeit der Liebe, welche die gläubigen Hebräer für den Namen Gottes bewiesen hatten, nämlich,

dass sie den Heiligen gedient hatten und noch dienten (Heb 6,10) – Paulus ermahnt die Gläubigen zu

Rom, den Bedürfnissen der Heiligen zu Hilfe zu kommen (Röm 12,13); er lobt die Witwen, welche

das Zeugnis hatten, „die Füße der Heiligen gewaschen zu haben“ (1. Tim 5,10); er sagt dem Philemon

(V 7): „Die Herzen der Heiligen sind erquickt durch dich, lieber Bruder.“ Er empehlt den Brüdern

zu Rom, die Schwester Phöbe auf eine den Heiligen würdige Weise zu empfangen (Röm 16,2), und

denen von Ephesus: „für alle Heiligen zu bitten“ (Eph 6,18). Er unterrichtet uns, dass das Geheimnis,

verborgen vor den Zeiten, jetzt seinen Heiligen oenbart worden ist (Kol 1,26), und dass die gläubigen

Heiden nicht mehr Fremdlinge sind, sondern Mitbürger der Heiligen (Eph 2,19), dass die Gaben,

durch Jesu der Kirche gegeben seien, die Vollendung der Heiligen zum Zweck haben (Eph 4,12). Er

bittet den Vater unseres Herrn Jesus Christus für die Heiligen zu Ephesus, dass sie fähig seien, mit

allen Heiligen zu begreifen, welches da sei die Breite und die Länge usw (Eph 3,18). Er sagt uns, dass

der Heilige Geist vor Gott die Heiligen vertritt (Röm 8,27), und gibt den Namen heilige Brüder allen

denen, welche an der himmlischen Berufung Teil haben (Heb 3,1).

In allen diesen Beispielen handelt es sich um die Gesamtheit der Heiligen auf dieser Erde, oder um die

Kirche, den Leib Christi. Hier einige Stellen, wo dasselbe Wort die allgemeine Vereinigung der Kinder

Gottes in der Herrlichkeit bezeichnet. „Danksagt dem Vater, der uns tüchtig gemacht hat zum Erbteil

der Heiligen im Licht“ (Kol 1,12). Es ist ferner die Rede von den Reichtümern dieser Herrlichkeit

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

dieses Erbes Gottes in seinen Heiligen (Eph 1,18), und von der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus

mit aller, seinen Heiligen (1. Thes 3,13; vgl. Sach 14,5; Jud 1,14). „Und wenn der Herr kommen wird,

die Rache auszuüben mit einer Feueramme, so wissen wir, dass Er an jenem Tag in seinen Heiligen

verherrlicht sein wird“ (2. Thes 1,10) und, „dass die Heiligen die Welt richten werden“ (1. Kor 6,2).

Durch diese zahlreichen Anführungen wird mein Zweck erreicht sein, denn alle meine teuren Leser

werden jetzt mit mir überzeugt sein, dass das Wort „Heilige,“ auf die Gläubigen angewandt, eine

Stellung bezeichnet, in welche sie die Gnade Gottes alle gleich gestellt hat. Sie sind alle auf dieselbe

Weise heilig, mit gleichen Namen und auf gleicher Stufe. Sie sind heilig, wenn sie alle gerettet, und

weil sie alle gerettet sind, und es gibt also in dieser Beziehung keinen Unterschied zwischen ihnen.

Die einzige Stelle, welche auf den ersten Blick anscheinend eine Anspielung auf verschiedene Gerade

unter den Heiligen zulässt, zeigt im Grund nur die Demut des Apostels Paulus, wenn er sagt: „Mir,

dem Geringsten unter allen Heiligen, ist diese Gnade widerfahren“ (Eph 3,8).

Was sind denn die Heiligen nach dem Wort? Es sind alle diejenigen, für deren Sünden Jesus Christus

sich selbst dahin gegeben hat, um sie von der gegenwärtigen bösen Welt zu erretten. – Bileam,

Israel von dem Gipfel der Hügel betrachtend, rief: „Dieses Volk wird besonders wohnen und es wird

nicht unter die Nationen vermengt sein“ (4. Mo 23,9). Ein anderer Feind Israels, Haman, sagte dem

König Ahasveros, indem er von den Juden sprach: „Es gibt ein gewisses Volk, abgesondert unter den

Nationen, . . . und welches sich überall getrennt hält, deren Gesetze anders sind, als die der anderen

Völker ..“ (Est 3,8). –

Was nun die Juden durch ihre Einrichtungen waren, das verwirklicht die Kirche geistlicher Weise. Sie

ist das abgesonderte Volk Jesu Christi, welches Er erkauft und gereinigt hat von aller Ungerechtigkeit,

und besteht aus denen, die durch den Glauben Himmelsbürger sind, die gestorben sind, und deren

Leben verborgen ist mit Christus in Gott. Obwohl in der Welt, sind sie nicht von der Welt, wie Jesus

nicht von der Welt war. Sie sind also heilig oder abgesondert12 von dem verkehrten und verdorbenen

Geschlecht, um Gott anzugehören, der sie in Christus Jesus geliebt hat, und alle sind gleich heilig,

abgesehen von irgend einem Werk ihrerseits.

Aber lasst uns genauer untersuchen und von dem Wort lernen, auf welche Weise wir zu Heiligen

und Geheiligten gemacht worden sind. Hier ist die Antwort und die verschiedenen Mittel der Gnade

Gottes, welche uns als Ursachen bezeichnet werden, die dieses gesegnete Ergebnis bewirken.

Vor allem zeigt uns das Wort die ewige Erwählung Gottes, welcher „uns vor Gründung der Welt in

Christus erwählte, auf dass wir würden heilig und ohne Tadel vor Ihm in der Liebe“ (Eph 1,4); und

anderswo: „Erwählt in der Vorsehung Gottes, des Vaters, in der Heiligung des Geistes“ .. (1. Pet 1,2).

Auch Judas wendet sich an die Berufenen, geheiligt in Gott dem Vater, in Christus Jesus. Ferner wird

uns darin der Beruf Gottes mitgeteilt, welcher „uns berufen hat, nicht zur Unreinigkeit, sondern zur

Heiligung“ (1. Thes 4,7).

Das Wort gibt den Glauben in Christus Jesus, welcher selbst seinem Knecht Paulus sagt: „Ich sende

dich zu den Heiden, um ihre Augen zu önen, auf dass sie empfangen die Vergebung der Sünden und

12 Wenn Jesus sagt, Johannes 10,36: „Sprecht ihr denn zu dem, den der Vater geheiligt hat,“ – so sehen wir, dass Er

zunächst abgesondert worden ist, ehe Er gesandt wurde; und daher ist Er „das Lamm, erwürgt vor Grundlegung der

Welt“ (O 13,8); ebenso wie das Passahlamm vier Tage vorher abgesondert war, ehe es erwürgt wurde.

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes ein Anteil haben unter denen, welche geheiligt sind, durch den Glauben an mich.“ Unsere Vereinigung mit Christus ist der Grund unserer Heiligung. Darum ist gesagt: „Alle Heilige in Christus Jesus“ (Phil 1,2), und die „Geheiligten in Christus Jesus“ (1. Kor 1,2). Wir sehen ferner in dem Wort, was Jesus ist und was Er getan hat. Jesus, „welcher uns von Gott gemacht ist zur Heiligung, zur Weisheit, zur Gerechtigkeit und zur Erlösung“ (1. Kor 1,30). Ferner heißt es: „Sintemal sie alle von einem kommen, beide, der da heiligt und die da geheiligt werden“ (Heb 2,11).

Wir sehen ferner darin das Werk Christi und vornehmlich Seilt Opfer und seinen Tod: „Er hat euch jetzt versöhnt durch den Leib seines Fleisches durch seinen Tod, um euch heilig und ohne Tadel darzustellen . . . vor Ihm“ (Kol 1,22). „Christus hat die Kirche geliebt und sich selbst für sie dahingegeben, auf dass Er sie heiligte ..“ (Eph 5,25–26). – Und noch durch den Willen (Gottes) sind wir geheiligt, durch das Opfer des Leibes Jesu Christi, einmal geschehen, . . . denn durch ein Opfer hat Er vollendet alle, die Geheiligten (Heb 10,10.14).

Das Wort teilt uns den Wert des Blutes Jesu mit: „Denn wenn das Blut der Stiere und Böcke heiligt die Unreinen zur leiblichen Reinigung; wie vielmehr wird das Blut Christi unser Gewissen, von den toten Werten reinigen“ (Heb 9; 13; 14). Es ist das Blut des Bundes, durch welches das Volk geheiligt worden ist, denn: „Jesus, auf dass Er das Volk heiligte durch sein Blut, hat Er gelitten draußen vor dem Tor“ (Hed 13,12). –

Das Wort zeigt uns die Himmelfahrt Christi und sein jetziges Sitzen zur Rechten Gottes, wo Er unser Sachwalter vor dem Vater ist. „Also ist Er abgeändert von den Sündern und erhoben über die Himmel“ (Heb 7,26). Das ist der wahre Sinn jener Worte, welche Er an seinen Vater richtet, indem Er seine Jünger seiner Obhut beehlt: „Ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie geheiligt seien durch die Wahrheit“ (Joh 17,19).

Wir nden im Wort den Geist Gottes ausdrücklich „den Heiligen Geist!“ oder„den Geist der Heiligung“genannt. – „Gott hat euch von Anfang erwählt zur Seligkeit in der Heiligung des Geistes und dem Glauben der Wahrheit“ (2. Thes 2,13). – Paulus hat von Gott die Gnade empfangen, der Apostel Jesu Christi unter den Nationen zu sein, indem er den heiligen Dienst des Evangeliums von Gott ausrichtete, auf dass das Opfer der Nationen angenehm sei, geheiligt durch den Heiligen Geist (Röm 15,15–16). Derselbe Apostel, nachdem er verschiedene Klassen von Sündern aufgezeichnet hat, von welchen er erklärt, dass sie das Reich Gottes nicht ererben werden, fügt hinzu, indem er sich an die Heiligen zu Korinth, und demzufolge an die Heiligen aller Orten und Zeiten wendet:

„Und derselben waren etliche unter euch; aber ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seidgerechtfertigt durch den Namen des Herrn Jesus und den Geist unseres Gottes“ (1. Kor 6,11). „Gott hat uns errettet nach seiner Barmherzigkeit, mittels der Abwaschung, der Wiedergeburt und der Erneuerung des Heiligen Geistes, welchen Er ausgegossen hat reichlich über uns durch Jesus Christus, unseren Erlöser“ (Tit 3,4–6).

Die Heilige Schrift endlich gibt uns die Bedeutung des Wasserbades im Wort an, durch welches Jesus seine Kirche reinigt (Eph 5,26). Er sagt: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, welches ich euch verkündigt habe“ (Joh 15,3).; – und in der Bitte, welche Er an den Vater richtet, sagt Er: „Heilige sie in deiner Wahrheit; dein Wort ist die Wahrheit“ (Joh 17,17). Man sieht es ganz deutlich, dass dieses Werk von Gott ist, und zwar völlig von Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Der Mensch tut durchaus nichts dabei. Er ist geheiligt, wie er gerechtfertigt ist, und dieses geschah zu derselben Zeit, in welcher er gerechtfertigt ist durch die alleinige Gnade Gottes, das vollkommene Werk Jesu und die Wirkung des Heiligen Geistes in ihm. Von da muss er ausgehen, um in dem Gehorsam zu wandeln und heilig zu leben. Das Wort erinnert ihn daran, und er selbst muss es im Bewusstsein halten, wenn er Früchte zur Verherrlichung Gottes bringen will. „So zieht nun an, wie Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Wohlwollen, Demut, Sanftmut ..“ (Kol 3,12). „Hurerei aber und alle Unreinigkeit, oder Geiz lasst nicht von euch gesagt werden, wie den Heiligen zusteht“ (Eph 5,3).

– Das Wort sagt ausdrücklich: „wir sind geheiligt.“ Und in der Tat, man muss heilig sein, um Werk der Heiligung wirken zu können; ganz so, wie ein Apfelbaum sein muss, um Äpfel hervorbringen zu können. Diese Werke sind eine Folge der Erlösung des Sünders, welcher, von der Sünde befreit und ein Kind Gottes geworden, seine Frucht in der Heiligung hat, und das Ende: das ewige Leben. Jetzt werden wir begreifen, dass die praktische Heiligung darin besteht, hauptsächlich unsere Stellung zu verwirklichen und nach unserem Charakter, als Heiliger zu wandeln; mit einem Wort: in der Heiligung zu bleiben, in welche uns der Herr gestellt hat. Wir dürfen also die Heiligung nicht als etwas verstehen, was wir noch nicht besitzen und wonach wir laufen und doch niemals erreichen werden, sondern wir haben vielmehr das Bewusstsein festzuhalten, dass wir Heilige sind, um zur Vollkommenheit zu gelangen, und um auf dem Wege, die Heiligung, wie sie in Gott ist und uns durch Christus mitgeteilt, besser zu verstehen und zu genießen, und zu verwirklichen in der Entwicklung des neuen Lebens, in Verständnis und in Kraft in der Gemeinschaft Gottes durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist; wie uns Gott auch züchtigt, auf dass wir seiner Heiligkeit teilhaftig seien. – Wir sind geheiligt, weil wir in Christus sind; wir haben in der Heiligung zu verbleiben, ganz so wie wir in Christus bleiben sollen. Wir besitzen die Heiligkeit, weil Christus in uns ist. Das Leben Christi in uns, hat immer Christus selbst zu seinem Gegenstand, und weil wir das, was in Ihm ist, immer mehr verwirklichen, so wächst unser inneres Leben. 

Wir sind, in Betre unseres Verhältnisses mit Gott, in Christus geheiligt und weil Er unser Leben ist, sind wir seiner Heiligkeit teilhaftig. Und dieses ist es, was unser Leben heiligen wird. Lasst uns darin ganz sicher sein. Es ist nicht möglich, in dem Gewissen und in dem Gefühl unserer Heiligung in Christus zu leben, ohne dass dadurch selbst unsere Gedanken, unsere Neigungen, unser Wille, unser Wer! und unsere Auührung heilig gemacht seien. Es ist nur eine sehr kleine Fahl von Vorschriften, die unmittelbar auf die praktische Heiligung Bezug haben. Das sagen wir nicht, um dadurch die Wichtigkeit derselben schwächen zu wollen; denn fände sich auch nur eine einzige derselben, so würde dieses schon hinreichend genügen, um den dem Wort unterworfenen Christen, eine ernste Aufmerksamkeit darauf zu verwenden: auch ist die Heiligkeit für sein Herz köstlich. Freilich, indem wir uns der Menge der Andeutungen erinnern, welche den Zustand der Heiligung und der Heiligkeit des Gläubigen grundsätzlich und außerhalb jedem Werk seinerseits feststellen, so muss uns notwendig der Gegensatz zwischen den Gedanken des Menschen und den Gedanken Gottes auallen. Beschäftigt man sich doch heutzutage fast ausschließlich mit der praktischen Seite der Heiligung, während man die andere Seite dieser Frage sehr wenig beachtet, ja sogar vernachlässigt und dadurch die Seelen in Verwirrung und Zaghaftigkeit bringt. Dieses sollte man tun und jenes nicht lassen. Lasst uns daher etwas näher in die Gedanken Gottes eingehen.

 Wir fangen mit 1. Thessalonicher 4,3–4 an: „Das ist der Wille Gottes, eure Heiligung; dass ihr euch fern haltet von der Hurerei; und ein jeder von euch zu besitzen sein eigen Gefäß in Heiligung und Ehren.“ – Ja, dieses ist der Wille Gottes, welcher will, dass wir verstehen, uns ohne Tadel vor der Welt und abgesondert von ihr zu halten; denn darin besteht vornehmlich vor unserem Gott und Vater der reine und unbeeckte Gottesdienst. Der Apostel Petrus, nachdem er die Brüder ermahnt hat, in der Gnade Gottes, welche ihnen in der Oenbarung Jesu Christi geworden ist, vollkommen zu verharren, empehlt ihnen, wie gehorsame Kinder zu wandeln, indem er hinzufügt: „Sondern nachdem, der euch berufen hat und heilig ist, seid auch ihr heilig in allem euren Wandel; weil geschrieben steht: Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ (1. Pet 1,15–16). Gott hat uns zu seinen Kindern gemacht und uns auf diese Weise geheiligt und uns der göttlichen Natur teilhaftig gemacht. Jetzt will Er, dass in seinem Haus die Familie in allen Einzelheiten des Lebens den Charakter des Vaters oenbare. Er ist heilig und hat uns zur Heiligung berufen; von da aus entspringt für uns die Verantwortlichkeit: „Seid heilig in allem euren Wandel.“

„Sucht den Frieden mit allen und die Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn schauen“(Heb 12,14). Unmittelbar darauf lesen wir: „Wacht, dass niemand die Gnade Gottes versäume;“ – und die Heiligung ist ein Teil dieser Gnade, ohne welche in der Tat niemand den Herrn sehen wird. Wir  sind der Heiligkeit teilhaftig. wie der Gnade; Gott hat uns mit beiden zusammen in Christus gesegnet.

Wir lesen ferner: „Glückselig die, welche reines Herzens sind; weil sie Gott, schauen werden“ (Mt 5,8).; – und welche sind es, die reines Herzens sind, wenn nicht die, welche durch den Glauben unter die Besprengung des Blutes Jesu gekommen sind, das uns von aller Sünde reinigt (1. Joh 1,7; Tit 2,14; Apg 15,9) und welche; von Gott geboren, mit Ihm in einer neuen Natur nach der Kraft dieses Blutes, wie seine Erlösten und Geheiligten Gemeinschaft haben. Deshalb können wir sagen: „Wir wissen, dass wir von Gott sind“ (1. Joh 5,19). Sie allem, die Geheiligten, haben das Vorrecht gehabt, den Herrn Jesus nach seiner Auferstehung zu sehen, wie Er es ihnen angekündigt hatte (Joh 14,19.22; Apg 13,31; 1. Kor 15,5–8). „Und wie dem Menschen ist gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht: Also ist Christus einmal geopfert, wegzunehmen vieler Sünden. Zum anderen Mal aber wird Er ohne Sünde erscheinen denen, die auf Ihn warten, zur Seligkeit“ (Heb 9,27–28). 

Sie allein, nämlich diejenigen, deren Sünden durch Christus getragen sind und welche sorgfältig von den Menschen, deren einzige Erwartung Tod und Gericht ist, abgesondert sind, sie allein werden Ihn sehen, wenn Er in Gnaden und zur Seligkeit kommen wird zur Befreiung unserer Leiber und zu unserer Einführung in die Herrlichkeit. – „Vielgeliebte, wir sind nun Gottes Kinder, und wir wissen, dass, wenn Er offenbart worden ist, wir Ihm gleich sein werden; weil wir Ihn sehen, wie Er ist“ (1. Joh 3,2). – Den Heiligen ist gesagt: „Ihr seid gestorben“ – und dann als Folgerung: „Tötet denn eure Glieder, welche auf Erden sind“ (Kol 3,3.5). Und gleichfalls: „Ihr seid errettet, ihr seid vollkommen gemacht bewirkt denn eure Seligkeit mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, welche in euch das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen bewirkt“ (Phil 2,12–13). – Im sechsten Kapitel des zweiten Korintherbriefes empehlt der Apostel den Korinthern, gemäß ihrer Absonderung zu wandeln und nicht an demselben Joch der Ungläubigen zu ziehen. Zur Unterstützung dieser Anempfehlung rückt er es ihnen ins Bewusstsein, dass sie der Tempel des lebendigen Gottes sind, und setzt ihnen als Folgerung diesen Befehl und diese Verheißung des allen Testaments hinzu:

„Darum, geht aus ihrer Mitte, und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt kein Unreines an und ich werde euch annehmen. Und ich werde euer Vater sein und ihr werdet meine Söhne und Töchter sein, sagt der Herr, der Allmächtige.“ Die Verwirklichung unserer Heiligung ist also, dass wir, in Jesu verbleibend und im Licht wandelnd, Gemeinschaft mit dem Vater, so wie den Genussalles dessen haben, was unser Vorrecht als Söhne und Töchter des Allmächtigen enthält. Dann fügt Paulus hinzu: „Habend denn diese Verheißungen, Geliebte, lasst uns reinigen von aller Beeckung des Fleisches und des Geistes, unsere Heiligung in der Furcht Gottes vollendend“ (2. Kor 7,1). Die Heiligung vollendet und verwirklicht13 sich durch Ausgehen aus der Mitte der Ungläubigen, und da bekennend sein Verhältnis mit dem allmächtigen Gott, der in der Mitte der Seinen wohnt. Der Gläubige wandelt ferne von der Welt und in der Gemeinschaft mit seinem Vater in dem Verhältnis, in welches der heilig? Geist ihn schon gestellt hat, und reinigt sich von aller Beeckung; – und das ist es, was den Heiligen zusteht.

„Wenn einer sich von solchen Leuten reinigt, der wird ein Fass zu Ehren sein, geheiligt und ganz gebräuchlich dem Herrn und zubereitet zu jedem guten Wert“ (2. Tim 2,21). Praktisch geheiligt zu sein, wie er, abgesondert ein Gefäß zu Ehren, es grundsätzlich ist; – das könnte man von einem Christen im Mannesalter sagen, „welcher aus Gewohnheit geübte Sinne hat, das Gute von dem Bösen zu unterscheiden“ (Heb 5,14).; oder er ist: „Der vollkommene Mensch Gottes, völlig ausgebildet für jedes gute Werk.“ – (2. Tim 3,17) Es ist derjenige, welcher die Ermahnung des Paulus begreift und sein Leben danach gestaltet: „Ich ermahne euch denn, Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, eure Leiber, wie lebendiges, heiliges, angenehmes Opfer, Gott darzubringen; dies ist euer Gottesdienst nach dem Wort“ (Röm 12,1). Dieses Opfer ist Gott angenehm, weil es heilig ist; und es heiligt, weil es Gott durch Christus angehört.

Die nahe Ankunft des Tages des Herrn, an welchem die Himmel und die Erbe vergehen werden,so wie die geduldige Erwartung Jesu zu unserer Vereinigung mit Ihm, sollen für uns mächtige Anregungen zum Gehorsam und zur praktischen Heiligung sein. „Weil denn alle diese Dinge sich auösen, darum sollt ihr heilig sein im Wandel in der Gottesfurcht, erwartend und entgegeneilend der Ankunft des Tages Gottes . . . Darum Vielgeliebte, diese Dinge erwartend, beeifert euch, vor Ihm ohne Tadel und ohne Fehler im Frieden erfunden zu werden“ (2. Pet 3,11–14). – „Und weil wir solches wissen, nämlich die Zeit, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, sintemal unser Heil jetzt näher ist, als wir gläubig wurden; die Nacht ist vorgerückt, der Tag hat sich genähert; lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und lasst uns bekleidet sein mit den Waen des Lichts“ (Röm 13,11–12).

Ja, heilige Brüder, „lasst uns unter einander bewachen, uns reizen zur Liebe und guten Worten, nicht verlassen die Versammlungen unserer selbst, . . . sondern uns ermahnend, und umso mehr als ihr seht herannahen den Tag“ (Heb 10,24–25). Ja, der Tag naht; alles soll entschieden mehr und mehr seine Gestalt zeigen; die heiligen und weltlichen Sachen sollen geschieden und nicht mehr vermengt sein. Das Volk Gottes soll je mehr und mehr seine Absonderung von der Welt oenbaren. Bald wird dieses Wort seine Erfüllung haben, zum Gericht für die Ungläubigen, zur Warnung für die Heiligen: „Wer böse ist, der sei immerhin böse, und wer unrein ist, der sei immerhin unrein, aber wer fromm ist, der sei immerhin fromm, und wer heilig ist, der sei immerhin heilig“ (O 22,11).

Gott liebt die Heiligen, und weil Er sie liebt und sie als seine Söhne anerkennt, und weil Er ihr Glück will und es außer dem kindlichen Gehorsam kein Glück für sie gibt, lässt Er es nicht mangeln, weder an Ermahnungen, noch an Beweggründen, noch an Zurechtweisungen, noch an Gerichten, „auf dass sie Teil haben an seiner Heiligkeit“ (Heb 11,10). Wie ein geschickter und weiser Weingärtner beschneidet Er die Rebe, welche in Christus Früchte trägt, auf dass sie noch mehr Frucht trage. Ehre und Dank unserem Gott und Vater!

13 Das griechische Zeitwort bezeichnet auch: verwirklicht.

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BdH 1854 Die Heiligen nach dem Wort Gottes

„Und jetzt, Brüder, empfehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, welcher euch erbauen und ein Erbteil geben kann unter allen Geheiligten“ (Apg 20,32); dass der Herr euch vermehren und zunehmen lasse in der Liebe zu einander und gegen jedermann . . . , um zu befestigen euer Herz, ohne Tadel in der Heiligkeit vor unserem Gott und Vater, auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus mit allen seinen Heiligen (1. Thes 3,12–13). – „Nun denn, dass der Gott des Friedens selbst euch durch und durch heilige, und dass euer Geist ganz samt Seele und Leib, ohne Tadel auf die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus bewahrt sei. Derjenige, welcher euch berufen, ist treu, und Er wird es tun“ (1. Thes 5,23–24). (Nach dem Französischen)

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Gedanken über Epheser 1,5–9

Einige Gedanken über Epheser 1,5–9 In dem Brief an die Epheser wird uns der Ratschluss Gottes in Betre der Kirche oenbart. Gott selbst macht uns das Geheimnis seines Willens, die Tragweite seiner Liebe und unsere Teilnahme daran in Christus kund. Der Heilige Geist spricht in diesem Brief nicht von der Ankunft Christi, weil Er hier die Kirche als schon im Himmel darstellt. Ihr Segen ist in himmlischen Örtern in Christus (Kap 1,3); sie ist in Ihm mitauferweckt und mitversetzt in die himmlischen Örter (Kap 2,6); ihr Zeugnis ist im Himmel (Kap 3,10) und ihr Kampf ist mit bösen Geistern in himmlischen Örtern (Kap 6,12).

In den beiden ersten Versen nden wir die Adresse des Briefes und den gewöhnlichen Gruß. Dann lesen wir Vers 3: „Gelobt sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit aller geistlicher Segnung in den himmlischen Örtern in Christus.“ Der Name Gottes ist immer der Ausdruck seines Wesens. Er hat sich oenbart unter den Namen:

„der Allmächtige“, „Jehova“, „Vater“ und was diese Namen bezeichnen, das ist Gott. Hier nennt Ihn der Heilige Geist, den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er ist der Gott unseres Herrn Jesus Christus, weil Christus Mensch ist; sowohl Mensch in seiner Niedrigkeit, als auch jetzt Mensch verherrlicht vor Gott. Es ist nicht allein köstlich für uns, dass Gott als Mensch auf Erden oenbart war, sondern auch, dass ein Mensch verherrlicht vor Gott im Himmel ist. Er ist der Vater unseres Herrn Jesus Christus, weil Christus der Sohn ist. Diese beiden Namen oder Charaktere Gottes im Verhältnis zu Christus, als „Gott und Vater“ sind der Grund und die Urquelle aller Segnungen. Der Name „Gott“ entspricht dem 4. Verse, sowie dem Gebet in Vers 15–23; der Name Vater dem 5. Verse und dem Gebet in Kapitel 3,14–21. – Im Gegensatz zu Israel, welches seine Segnungen auf dieser Erde und in irdischen Dingen hatte, ist unsere Segnung in himmlischen Örtern in geistlichen Gütern. 

Und nicht allein sind wir durch Christus, sondern auch in und mit Ihm gesegnet. Sein Gott und Vater ist auch unser Gott und Vater. Also sagte Er zu Maria, als Er sein Werk vollendet hatte und auferstanden war: „Gehe hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“ (Joh 20,17). Christus ist der Erstgeborene vieler Brüder und alles, was Er von seinem Gott und Vater empfangen hat, haben wir mit Ihm gemein. Er hat uns mit sich in die gleiche Stellung versetzt. Wir haben dieselbe geistliche Segnung, in den himmlischen Örtern die sein ist, und werden sie da besitzen und genießen, wo Er sie besitzt und genießt. Alles was Er hat und alles was Gott und der Vater Ihm tun und geben konnte, haben wir auf die beste Art, das ist in Christus selbst.

„Gleichwie Er uns hat auserwählt in Ihm vor Grundlegung der Welt, auf dass wir sein sollten heilig und ohne Tadel vor Ihm in der Liebe.“ Vers 4. Hier haben wir den Ratschluss Gottes in Betreff der Kirche. Die Welt ist freilich der Ort, worin die Kirche in der Zeit gefunden wird; allein in den Ratschlüssen Gottes war sie schon vor Grundlegung der Welt. Doch war sie in Gott verborgen und also sollte

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Gedanken über Epheser 1,5–9

es sein. Solange der Zaun, das Gesetz, die Juden und Heiden trennte, konnten diese Gedanken, die nur auf dem Grundsatz der Gnade beruhen, nicht oenbart werden. Jetzt aber, nachdem der Zaun abgebrochen ist, scheint dieser Ratschluss in aller Fülle aus. – Gott ndet nur Wohlgefallen in sich selbst. Sein Wesen ist Heiligkeit und Liebe. Christus aber ist das Ebenbild und der vollkommene Ausdruck seines Wesens. In Ihm ndet Gott alles was Er selbst ist, darum ist Er der Gegenstand seines Wohlgefallens und seiner Liebe. Jetzt sind auch wir oder die Kirche es in Ihm. Heilig tadellos und in Liebe, das ist das Wesen Gottes und das unsrige. Nur in diesem Charakter konnten wir vor Ihm und in seiner Gegenwart. bleiben. Wir sind nach dem Ratschluss Gottes auserwählt in Christus, um vor Gott ein Gegenstand seines Wohlgefallens und seiner Wonne zu sein. Welch ein Vorrecht! und Gott will, dass wir es recht verstehen lernen. Wir hätten nach seinem Ratschluss heilig und tadellos und in Liebe vor Ihm sein, und also seinem Wesen ganz und gar entsprechen können, und doch hätte Er uns vor sein Angesicht als Engel, Knechte usw. hinstellen können; aber wir lesen Vers 5 weiter: „Der uns zuvor verordnet hat zur Kindschaft durch Jesus Christus durch sich selbst nach dem Wohlgefallen seines Willens.“

Er verordnete uns zur Kindschaft nach dem Wohlgefallen seines Willens. Gott erwählte für uns das Beste, damit wir ganz und gar seinen Charakter genießen konnten. Christus ist der Sohn Gottes, aber wir sind auch Söhne und zwar in derselben Beziehung und in denselben Neigungen des Herzens zum Vater. In einem gewissen Sinne werden auch Adam, Israel und die Engel Kinder Gottes genannt, aber in einer anderen Beziehung; wir sind es durch Christus. Gott mangelt nichts; Er ist sich selbst genug; aber seine Liebe musste etwas vor sich haben, wo Er alle die Gefühle seines Herzens und alles, was Er ist, niederlegen konnte. Welch ein Vorrecht und welche Freude für uns, dass wir der Gegenstand dieser Liebe geworden sind? Habe ich meine Gemeinschaft an dem Ratschluss Gottes in Vers 4 erkannt, so verstehe ich, was Gott ist, und erkenne ich meine Verordnung zur Kindschaft in Vers 5, so erfahre ich was der Vater ist. Gott muss, wie wir gesehen, einen Gegenstand haben, der Ihm gleich ist; wozu wir erwählt sind und wozu Er uns selbst bereitet hat; weil Er uns aber nun seine Natur mitgeteilt, so kann kein anderer Gegenstand uns erfreuen und glücklich machen, als Gott selbst; und wir rühmen uns Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus. 

Wir werden stets mit etwas beschäftigt sein, entweder mit der Sünde oder mit Gott, je nachdem wir der Welt oder Ihm angehören. Wenn unsere Herzen das Verhältnis zu Gott dem Vater und zu Christus Jesus verstanden haben und in Wahrheit davon erfüllt sind, und wenn nur in dieser so nahen Stellung mit Gott verkehren und seine Gemeinschaft genießen, so sind wir in der Tat glücklich und voll des Friedens Gottes.

Im Vers 6 fährt denn der Apostel weiter fort: „Zum Preis der Herrlichkeit seiner Gnade, durch welche Er uns begnadigt hat in dem Geliebten.“ Wir sind auserwählt in Christus (V 4), zur Kindschaft verordnet durch Christus (V 5), und begnadigt in dem Geliebten (V 6). Er fügt auch hier hinzu „in dem Geliebten“. Der Heilige Geist will uns in diesem Ausdruck vor Augen stellen, was Christus vor Gott und dem Vater ist; und wir sind in dem Geliebten vor Ihm. „Auf dass die Liebe, womit du mich liebtest, sei in ihnen und ich in ihnen“ (Joh 17,26). Wir genießen dieselbe Liebe Gottes, womit Christus geliebt ist. Wir müssen uns aber erinnern, dass hier nicht die Rede von der Erlösung, sondern vom Ratschluss ist. Die Erlösung ist das Mittel für den Ratschluss Gottes. Der Heilige Geist stellt uns in diesem Kapitel das Herz Gottes vor und das was wir vor Ihm sein sollen. Dieser Ratschluss scheint jetzt ans in seinen Kindern und dies ist die Herrlichkeit seiner Gnade.

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Gedanken über Epheser 1,5–9

In Vers 7 aber redet der Heilige Geist von der Erlösung: „in welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Vergehungen nach dem Reichtum seiner Gnade.“ Von Natur sind wir Sklaven der Sünde, ohnmächtig und elend, ja was es nur Schlechtes und Schwaches geben kann, nden wir in dem Menschen. Sein ganzes Wesen ist Sünde und Verderben, und nicht umsonst spricht hier der Heilige Geist von dem Reichtum Gnade, wie Er vorher, als von dem Ratschluss Gottes und unserer Stellung vor Gott die Rede war, von der Herrlich, seit seiner Gnade sprach. Dieser Reichtum seiner Gnade dringt in die Tiefen unseres Elends, und es muss unserem Herzen wohl tun, uns in diesem Reichtum vor Gott zu wissen.

Ich muss diesen Reichtum verstehen, wenn ich anders frei vom bösen Gewissen die Gegenwart Gottes genießen will. Dieser Reichtum seiner Gnade wird uns in Vers 8 und 9 in einer anderen Beziehung vorgestellt, wenn der Apostel sagt: „Mit welcher er überschwänglich gewesen ist über uns in aller Weisheit und Einsicht, und hat uns kund gemacht das Geheimnis seines Willens, nach seinem Wohlgefallen, welches er sich vorgenommen hat in sich selbst.“

Haben wir als arme Sünder den Reichtum seiner Gnade in der Erlösung ernannt, so lernen wir auch verstehen, in welche Stellung Er uns nach seinem Ratschluss gesetzt und nach dem Wohlgefallen seines Willens verordnet hat. Gott selbst erönet uns diese herrlichen Gedanken nach seiner Weisheit und Einsicht. „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, denn ein Knecht weiß nicht was sein Herr tut: aber Ach habe euch Freunde genannt, denn alles, was ich von meinem Vater gehört habe, habe ich euch kund getan.“ Dem Freund önen wir unser Herz und weilen ihm alles mit, was uns selbst beschäftigt. So oenbart uns Gott nicht allein das, was uns zu wissen nötig ist, sondern alles das, was sein eigenes Herz erfüllt und beschäftigt; alles, was Ihm selbst teuer und köstlich ist. Gott nannte den Abraham seinen Freund, und sagte: „Sollte ich dem Abraham etwas verbergen, was ich tun will?“

Ferne von dem Gerichte, was Sodom und Gomorra treen sollte, oenbart ihm der Herr das, was Er zu tun vor hatte. Die Kirche ist in Christus vor Gott gestellt, im Besitz der vollkommen Liebe, in der Gemeinschaft Gottes mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus. Die Sünde ist hinweg getan, und diese Tatsache und Gewissheit im Herzen lässt uns die Gegenwart Gottes genießen. Der Heilige Geist überzeugt uns, dass das Werk Christi in Betre unserer Sünden vollbracht ist, und dass wir als Kinder von Gott geliebt sind. Solange wir aber dieses Bewusstsein nicht haben, solange wir nicht frei sind, sind wir noch mit der Sünde beschäftigt und nicht mit Gott. Wir sind glücklich, wenn wir verstanden haben, dass wir uns der Liebe Gottes ganz anvertrauen und stets darauf rechnen dürfen. Gott rechnet aber auch auf unsere Liebe. Jesus sagt zu seinen Jüngern: „Hättet ihr mich lieb, so würdet ihr euch freuen, dass ich zu euch gesagt habe ich gehe zu meinem Vater.“ Ihre Liebe sollte es gewünscht und auch verstanden haben, dass beim Vater zu sein, viel köstlicher war, als in einer feindseligen Welt, wo für den Sohn Gottes keine Liebe zu nden war.

So köstlich es für uns ist mit Christus, das Erbe zu besitzen und zu genießen, so ist es doch viel köstlicher für uns, Gott selbst, sowohl den Vater als den Sohn zu haben und uns seiner Gemeinschaft und Gegenwart zu erfreuen; wie für die Braut der Besitz des Bräutigams selbst köstlicher sein wird, als dessen noch so großes Erbteil. Wir sind jetzt zu Lobe der Herrlichkeit seiner Gnade, dort werden wir zu Lobe seiner Herrlichkeit sein. In seiner Gegenwart werden wir stets das Bedürfnis fühlen mit dem Heiligen Geist erfüllt zu sein, um alle seine herrlichen Gedanken zu verstehen, seine Gemeinschaft zu genießen und mit Ihm zu wandeln. Darum wolle uns der treue Herr ganz und gar mit seinem Geist erfüllen.