Depression – Woher kommt sie? J. C. Reumermann (1)

12/21/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

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Hilfreiche Bücher zum Thema Depression

Wie können wir helfen?

Sprüche 12, 25: „Kummer im Herzen des Mannes beugt es nieder, aber ein gutes Wort erfreut es.“

Kap.15,13: „Ein frohes Herz erheitert das Antlitz, aber bei Kummer des Herzens ist der Geist zerschlagen.“

Kap. 17, 22: „Ein fröhliches Herz bringt gute Besserung, aber ein zerschlagener Geist vertrocknet das Gebein.“

Kap. 18, 14: „Eines Mannes Geist erträgt seine Krankheit; aber ein zerschlagener Geist, wer richtet ihn auf?“

Aus der ersten Schriftstelle lernen wir, wie wichtig es ist, was man hört. Das bleibt nicht ohne Einfluss auf uns. Wir haben vom Kummer im Herzen gelesen. Wenn jemand bekümmert ist, was braucht er dann? Ermahnungen, die uns so leicht fallen? Vielmehr eine frohe Nachricht. Ein gutes Wort erfreut das Herz. Das ist schon im Normalzustand so und erst recht dann, wenn jemand krankhaft niedergeschlagen ist.

Das ist das Eigentliche bei einer Depression: man kommt aus seiner Zerschlagenheit einfach nicht heraus. Jeder Mensch, auch jeder Gläubige, kann schon einmal niedergeschlagen oder zerschlagen sein, aber er kann sich im allgemeinen doch wieder aufrichten. Wenn dies aber nicht gelingt, wenn man alle möglichen Stellen in der Bibel liest, wenn man betet, und dann doch nur das Gefühl hat, ich bekomme keine Antwort mehr, Gott hat mich verlassen, – was ist dann zu tun? Dann dürfen wir als Geschwister, als Bruder und Schwester, mit einem solchen reden und ihm ein gutes Wort sagen. „Ein Wort zu seiner Zeit, wie gut!“ sagt eine andere Schriftstelle (Spr 15, 23).

Weiter sahen wir in Sprüche 15: Der Geist ist zerschlagen bei Kummer des Herzens. Die Schrift kennt also Kummer des Herzens. Das Leuchten der Augen erfreut das Herz, eine gute Nachricht labt das Gebein. Dagegen haben wir in Kapitel 17, 22 gelesen, dass ein zerschlagener Geist das Gebein vertrocknet. Hier finden wir im Wort Gottes einen Hinweis auf psychosomatische Beschwerden.


Warren Neil Clark, Wohin mit der Wut im Bauch?

05/26/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Jedes Jahr werden fast zwei Millionen Amerikanerinnen von ihren Ehemännern verprügelt. Und überraschenderweise wird auch eine nennenswerte Anzahl von Männern von ihren Frauen geschlagen. Schätzungsweise eine Million Kinder erleiden körperliche Mißhandlungen durch ihre Eltern. Außerdem gelangen zunehmend Berichte an die Öffentlichkeit, wie ältere Menschen von ihren erwachsenen Kindern mißhandelt werden. Gewalt in der Familie könnte, wenn man Polizeistatistiken und wissenschaftliche Studien zugrundelegt, das meistverbreitete Verbrechen in Amerikasein (Theology, News and Notes, Juni 1982, Leitartikel).


Wayne Woodrow Bayers (65), 25 Jahre lang autokratischer Football-Trainer im Bundesstaat Ohio, wurde gefeuert, nachdem er einen gegnerischen Spieler tätlich angegriffen hatte. Gewaltausbrüche waren das Markenzeichen seiner Trainerkarriere. „Woodys Vorstellung davon, wie man sich abreagiert", sagte ein Bekannter einmal, „ist, jemanden zu schlagen." „Wenn wir ein Spiel verlieren, ist niemand wütender auf mich als ich selber", sagte er vor fünf Jahren. „Wenn ich morgens in den Spiegel sehe, möchte ich am liebsten ausholen und mir selbst einen Kinnhaken verpassen." Und das waren keine leeren Worte. Nach der Niederlage gegen Towa 1963
schlug Hayes sich mit einem großen Ring an der linken Hand immer wieder ins Gesicht. Während er am Spielfeidrand auf und ab ging, biß er sich manchmal in den Handballen, bis es blutete. Selbst ein Herzanfall im Jahr '974 brachte Hayes nicht dazu, ruhiger zu werden (Time, 15. Januar 1979).
1980 geschah in Amerika alle 24 Sekunden ein Gewaltverbrechen. Alle 23 Minuten wurde jemand ermordet, insgesamt 82088 Vergewaltigungen wurden registriert, alle 58 Sekunden geschah ein Raub und alle 48 Sekunden ein schwerer tätlicher Angriff. In mehr als 50% der Mordfälle war der Täter ein gu-!rBekannter des Opfers, und in diesen Fällen ging der Tat gewöhnlich eine heftige Auseinandersetzung voraus (Federal Bureau of Investigation: Crime in the United States: Uniform Crime Reports).
Sexuelle Angriffe auf Frauen - ebenso verbreitet wie beunruhigend - verzeichnen eine steigende Tendenz. Doch sie gehören immer noch zu den Fällen, die am seltensten zur Anzeige gebracht werden.
• Jede Stunde werden 16 Frauen von Vergewaltigern angegriffen; alle sechs Minuten wird eine Frau vergewaltigt.
• Jedes Jahr werden drei bis vier Millionen Frauen verprügelt; alle 16 Sekunden wird eine Frau geschlagen.
• Drei von vier Frauen werden im Laufe ihres Lebens Opfer von mindestens einem Gewaltverbrechen.
• Mehr als eine Million Frauen brauchen jedes Jahr ärztliche Hilfe, nachdem sie geschlagen wurden.
In den Vereinigten Staaten ist die Zahl der Vergewaltigungen dreizehnmal so hoch wie in Großbritannien, viermal so hoch wie in Deutschland und mehr als zwanzigmal so hoch wie in Japan (Newsweek, 16. Juli 1990).
Wenn Menschen ärgerlich und zornig werden, sind die Ergebnisse fast immer negativ, wenn nicht beängstigend. Doch ist daran nicht der Ärger schuld. Im Gegenteil glaube ich, daß Ärger eine Fähigkeit ist, die Gott uns geschenkt hat - eine neutrale Kraft mit großartigem Potential. Wenn Menschen lernen, schöpferisch mit ihrem Ärger umzugehen, können sie die negativen Auswirkungen verhindern. Ich glaube sogar, daß Menschen frei werden, richtige Freude zu erleben, wenn sie lernen, ihren Ärger konstruktiv zu nutzen.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich übersehe die verheerenden Auswirkungen eines falschen Umgangs mit Ärger nicht. In den letzten Jahren habe ich Tausende von Stunden damit verbracht, ganz persönlich mit Menschen über ihre Probleme zu reden, und ich bin überzeugt, daß kein Problem so viel Schmerz und Sorge verursacht wie Ärger. Ich habe zusehen müssen, wie eine Ehe nach der anderen auseinander-brach, weil zwei Menschen nicht wußten, wie sie ihren Ärger konstruktiv nutzen sollten. Ichhabe miterlebt, wie Patienten in einem Wutanfall ihre Kinder mißhandelten, Streit mit vorbeikommenden Autofahrern anfingen, Selbstmordpläne faßten oder sogar den Ehepartner, der sie abgewiesen, oder den Kollegen, der sie überflügelt hatte, ermorden wollten. Die Fähigkeit, richtig mit Ärger umzugehen, ist in unserer Gesellschaft erschreckend unterentwickelt.
Doch so muß es nicht sein. Wir erlernen unsere Art, mit Ärger umzugehen; sie ist uns nicht angeboren. Wir können sie also verändern. Meinen Klienten sage ich: „Sie können Ihren Ärger konstruktiv nutzen. Sie können sogar Herr Ihres eigenen Ärgers werden! Ärger gehört zwar unausweichlich zu Ihrem Leben dazu, aber wie Sie damit umgehen, ist Ihre Sache. Wenn Sie lernen, Ihren Ärger möglichst vorteilhaft zu gebrauchen, kann er ihnen sogar helfen, in der Beziehung zu anderen und zu sich selbst einen hohen Grad an Sinn und Erfüllung zu finden."
Und dann leite ich sie durch den sorgfältig ausgearbeitten Prozeß, der in diesem Buch dargestellt wird. 

Jeder Schritt soll ihnen helfen, Ärger so zu nutzen, daß sie besser mit dem Leben fertig werden. Ärger läßt sich aus unserer Erfahrung nicht ausschalten, aber er läßt sich zähmen. Und dann, nach harter Arbeit, kann er eine Dynamik bekommen, die uns hilft, ein erfülltes und zufriedenes Leben zu führen.

Worum es in diesem Buch geht
Dieses Buch enthält eine Anzahl von Gedanken über Ärger und Aggression, die dem allgemein verbreiteten Denken völlig widersprechen. Vielleicht werden Sie mehr als einmal entsetzt sein, wenn Sie auf diese neue Sicht des Ärgers stoßen.
Fünf Punkte bilden die Grundlage des hier dargestellten Systems:
i. Ärger ist keinepnmittelbare Gefühlsregung, sondern wird
im Normalfall als automatische innere Reaktion auf Verletzung, Frustration oder Furcht erlebt. Wir alle haben die Fähigkeit, Ärger zu empfinden. Er gehört so selbstverständlich zu uns wie das Atmen und ist völlig berechtigt. Er ist eine innere Reaktion, die uns darauf vorbereitet, schmerzhafte, frustrierende oder beängstigende Erfahrungen zu bewältigen. Wenn Ärger sinnvoll genutzt wird, hilft er uns beträchtlich, uns mit der Ursache schmerzhafter Erfahrungen in unserem Leben auseinanderzusetzen.
2. Ärger ist ein Erregungszustand unseres Körpers. Nichts weiter. Diese Aussage unterscheidet sich gewaltig vom üblichen Verständnis. Die meisten Menschen verwechseln den Begriff „Ärger" mit allen möglichen anderen Begriffen. Doch in Wirklichkeit ist Ärger einfach ein Zustand körperlicher Bereitschaft. Wenn wir ärgerlich sind, bereiten wir uns einfach darauf vor, zu handeln.
Der Wert des Ärgers wird dadurch bestimmt, wie er ausgedrückt wird. Er läßt sich gebrauchen, um Dinge in Ordnung zu bringen oder um alles und jeden in nächster Nähe zu ver nichten. Diese unterschiedliche Art der Reaktion ist vom Ärger selbst unabhängig.
3. Ärger undAggression sind verschieden. Häufig unterscheidet man nicht zwischen Ärger und Aggression. Man stellt sich vor, daß ein verärgerter Mensch mit den Händen fuchtelt, laut redet, alle möglichen bitteren Worte von sich gibt und vielleicht sogar kurz davor steht, gewalttätig zu werden.
Dies beschreibt jedoch nur eine Ausdrucksform für Ärger, die man als Aggression bezeichnet, nicht den Ärger selbst. Angesichts dieser Verwechslung ist es kein Wunder, daß so viele Menschen negativ über Ärger denken.
Ich will es noch einmal betonen: Ärger ist einfach ein körperliches Vorbereitet-Sein. Er gibt Ihnen die Fähigkeit, in bezug auf die Situation zu handeln, die Sie in Aufruhr versetzt hat.
Aggression ist dagegen fat immer destruktiv. Es ist eine Tragödie, wenn man Ärger in Aggression münden läßt. Das ist so, als würde man seine besten Kräfte vergeuden, als würde man durch Atomenergie Menschen vernichten, statt sie zu nutzen, um das Leben von Millionen Menschen lebenswerter zu machen.
Ich bin Gegner fast allen aggressiven Verhaltens. In diesem Buch vertrete ich immer die Auffassung, daß Aggression gewöhnlich langfristige negative Folgen hat. Ich wende mich gegen jeden Ausdruck von Ärger, der nur dazu da ist, anderen Menschen körperlichen oder seelischen Schmerz zuzufügen. Ich habe etwas gegen jede Form von Bitterkeit, Gemeinheit oder Spott ob mit Worten oder Taten.
4. An und Weise, wie wir mit Ärger umgehen, ist erlernt. Diese Tatsache eröffnet uns unbegrenzte Möglichkeiten. Egal wie Sie Ihren Ärger in der Vergangenheit ausgedrückt haben, diese Verhaltensmuster können Sie ändern. Sie können völlig neue Wege lernen, sich Ihren Ärger zunutze zu machen. Er. kann buchstäblich Ihr hilfreichster Verbündeter werden.

Sorgfältige psychologische Forschungen zeigen, daß die meisten Menschen lernen, ihren Ärger auszudrücken, wenn sie noch sehr jung sind. Der Lernvorgang wird im wesentlichen durch zwei Faktoren geprägt: durch Vorbilder und durch Verstärkung.
Lernen durch Vorbilder bedeutet zu beobachten, wie andere Menschen ihren Ärger ausdrücken, vielleicht Eltern, ältere Geschwister, Freunde oder Personen in einer Fernsehserie.
Die meisten gewalttätigen Menschen hatten ein oder mehrere gewalttätige Vorbilder. Ein hoher Prozentsatz dieser Menschen kommt aus Familien, in denen ein Mitglied gewalttätig war. Doch auch Zeitungen oder Unterhaltungssendungen sind voller Aggressionen. Studien zur Gewalt im Fernsehen haben ermittelt, daß stündlich etwa sieben gewalttätige Angriffe gezeigt werden und über So % aller Sendungen Gewalt in irgendeiner Form enthalten.
Lernen durch Verstärkung hat einfach mit den unmittelbaren Auswirkungen des Verhaltens zu tun. In unserer Kultur wird der aggressiv Ausdruck von Ärger gewöhnlich verstärkt. Die Menschenändern sich, wenn man sie anschreit - wenigstens für ein paar Minuten. Langfristig hat das Anschreien negative Auswirkungen, doch das in jungen Jahren erlernte Verhaltensmuster wird von langfristigen Folgen kaum beeinflußt.

5. Die Ausdrucksform Ihres Ärgers können Sie unter Kontrolle bekommen. Durch den gezielten Einsatz Ihrer Verstandeskräfte können Sie die Fähigkeit entwickeln, Ihren Ärger so zu nutzen, daß Sie auch mit schweren Problemen richtig umgehen können.
Dieses Buch wird Ihnen helfen, Ihre Fähigkeit zu mobilisieren, unter Streß zu denken. Sie werden lernen, wie man destruktive Ausdrucksformen von Ärger abstellen und sich statt dessen neue Verhaltensweisen angewöhnen kann. Diese neuen Verhaltensweisen sind darauf ausgerichtet, Probleme zu lösen und Möglichkeiten für ein sinnvolles, fruchtbares und erfülltes Leben zu schaffen.
Dies sind meine Hauptanliegen, die alle zu folgender Einsicht führen: Ärger bietet ein Fülle von Möglichkeiten. Er kann in Ihrem Leben ein Chaos anrichten, oder Sie können lernen, ihn auf höchst konstruktive Weise auszudrücken. Er kann Ihnen die nötige Kraft geben, um beschwerliche Hindernisse aus dem Weg zu schaffen. Sie können gezielt vorwärtsgehen, wenn Sie gelernt haben, Ihren Ärger effektiv einzusetzen.
Doch es erfordert harte und konzentrierte Arbeit, ein Experte im Umgang mit dem Ärger zu werden. Alles, was Sie dazu wissen müssen, können Sie in diesem Buch erfahren. Und wenn Sie sich regelmäßig darin üben, werden Sie lernen, diese Gefühlsregung für die konstruktiven Ziele in Ihrem Leben zu nutzen.
Ärger: Eine der größten Herausforderungen
Weil jeder Mensch einen Körper hat, der sich bei Herausforderungen aller Art automatisch zum Handeln bereit macht, empfindet jeder Mensch auch Ärger. Ärger ist wie eine innere Sprungfeder, die es Ihnen ermöglicht, auch mit den schwierigen und bedrohlichen Dingen des Lebens fertigzu-werden.
Jeder von uns wird ärgerlich. Gott sei Dank! Denn sonst würden wir jeder Art von Verletzung oder Frustration schutzlos gegenüberstehen. Wenn wir ärgerlich werden, steht uns eine enorme Kraft zur Verfügung. Und unsere Entscheidung, was wir mit dieser Kraft tun wollen, bringt uns wie eine Rakete entweder zu einer friedlichen Problemlösung oder zur Zerstörung
Die meisten Menschen wissen nicht, was sie mit all dieser Kraft anfangen sollen. Sie haben durch Eltern, Lehrer, Pastor oder Hausarzt praktisch keine Hilfe in diesem Punkt bekommen und stehen hier fast immer vor einem Rätsel. 

Sie haben: es satt, so oft ärgerlich zu werden - und sich so hilflos zu fühlen, wenn es darum geht, weise mit diesem Gefühl umzugehen.
Wir müssen unseren Ärger effektiv gebrauchen, damit wir uns besser umeinander kümmern können. Und darum soll es in diesem Buch gehen - Ärger, der in einen Verbündeten verwandelt wird. Im ersten Teil geht es um den falschen Umgang mit Ärger, um Reaktionen, die uns typischerweise in Schwierigkeiten bringen. Im zweiten Teil möchte ich die Mißverständnisse im Zusammenhang mit Ärger ausräumen. Ich möchte sicher sein, daß Sie genau verstehen, was Ärger ist, woher er kommt und wozu er gut ist. Der dritte Teil enthält ausführliche Prinzipien, durch die Sie lernen können, Ärger zu beherrschen.
Wie gefährlich die Gefühlsregung ist, die wir in den Griff bekommen wollen, wissen wir:
• Wenn man so tut, als ob man keinen Ärger empfindet und ihn zu begraben versucht, kann er einen selbst - buchstäblich unter die Erde bringen, indem er einen Herzinfarkt
oder einen Schlaganfall auslöst. -
• Wenn man ihn auf falsche Weise abreagiert, kann er die Ehe zerstören, das Verhältnis zu den Kindern belasten oder den Arbeitsplatz in Gefahr briuigeie.
• Wenn man zuläßt, daß er sich gegen einen selbst richtet, kann er das Selbstwertgefühl zerstören und alle möglichen seelischen Leiden verursachen.
• Wenn man es nicht schafft, ihn in den Griff zu bekommen, kann er zu Groll werden; und wenn das geschieht, entwik-kelt man sich zu einem feindseligen, negativen und unausstehlichen Menschen.
Wie schwer es ist, Ärger zu beherrschen und weise zu gebrauchen, weiß ich aus eigener schmerzlicher Erfahrung. Ich bin in meinem Leben durch eine harte Zeit gegangen, bevor ich diese Gefühlsregung in den Griff bekam.
Das Wort „Ärger" hatte in der Umgebung, in der ich aufwuchs, einen negativen Beigeschmack. Es war einfach nicht in Ordnung, Ärger zu haben. Wenn ich ärgerlich wurde, kamen die Schuldgefühle direkt hinterher.
Es wurde praktisch für unmöglich gehalten, Ärger auch konstruktiv nutzen zu können. Soweit ich mich erinnern kann, hat sich eigentlich niemand auch nur zwei Minuten Zeit genommen, um mir etwas über die positiven Seiten des Ärgers nahezubringen.
Man brachte mir bei, meinen Ärger zu verleugnen und so zu tun, als hätte ich keine Probleme damit, um jeden, mich selbst eingeschlossen, zu täuschen. Und das tat ich dann auch - mit großem Erfolg.
Schließlich entdeckte ich, daß die Fähigkeit zum Ärger eine ganz natürliche biologische Komponente ist. Doch diese Tatsache wurde mir nur sehr langsam bewußt. Auch als ich längst erwachsen war, wirkte der Gedanke, daß die Ausdrucksform von Ärger erlernt wird und sich durch Übung ändern läßt, auf mich völlig neu und unerprobt.
Nun kann ich die Resultate genießen, die sich durch disziplinierte Bemühungen in diesem Bereich erzielen lassen. Ich kenne den Lohn für konstruktiv ausgedrückten Ärger aus eigener Erfahrung. Wenn wir ärgerlich werden, steht uns die gesamte Kraft unserer Persönlichkeit zur Verfügung. Wir haben die Voraussetzung, entschieden auf eine Problemlösung hinzuarbeiten und mit dem Ursprung unseres Schmerzes fer-tigzuwerden. Statt unseren Ärger zu verleugnen, können wir lernen, souverän mit ihm umzugehen.
Martin Luther war für seine Fähigkeit bekannt, effektiv mit seinem Ärger umzugehen. Er sagte: „Wenn ich ärgerlich bin, kann ich gut schreibenb beten und predigen, denn dann ist mein gesamtes Temperament beflügelt, mein Verstand geschärft und alle irdischen Plagen und Versuchungen sind verschwunden." Und ich bin überzeugt, daß wir alle lernen können, unseren Ärger so zu gebrauchen wie Luther.

Eine meiner Lieblingsgeschichten über den Ärger als Verbündeten stand am 2. Dezember 1984 in der Los Angeles Ti-ines; der Autor heißt Andy Furiolo. Es ist die Geschichte über eine ältere Dame namens Deborah Larbalestrier, die in einem Stadtteil von Los Angeles lebte, der eine besonders hohe Verbrechensrate hatte. Angesichts der Raubüberfälle und anderen Verbrechen in ihrer Straße hatte sie sich immer hilflos und ängstlich gefühlt. Doch vor zwei Jahren beobachtete sie drei Jungen im Teenageralter, die versuchten, am hellichten Tag den Wagen ihres Nachbarn zu stehlen, obwohl sie ihnen dabei zuschaute. Sie war außer sich und entschied, einzugreifen. Hier ist der Rest des Zeitungsberichts:
„Ich ging mit einem Stock hinaus und sagte zu ihnen: ‚Wie könnt ihr mich nur so beleidigen! Ihr klaut dieses Auto direkt vor meiner Nase, so als ob ich gar nicht da wäre.'
Die Teenager rannten fort, doch Frau Larbalestrier wollte sicherstellen, daß sie nicht zurückkommen würden. Deshalb rief sie alle Bewohner ihres Wohnblocks zu einem Treffen zusammen und sagte ihnen: ‚Wir sind zu Gefangenen in unseren eigenen Wohnungen geworden ... Wir müssen unsere Wohngegend wieder zurückerobern.'
Anschließend machte sie sich auf den Weg zur Polizeistation, um einen privaten Wach- und Schutzverein für ihre Wohngegend zu organisieren."
Als dieser Artikel geschrieben wurde, hatte es seit eineinhalb Jahren kein einziges Verben mehr in diesem Wohnblock gegeben.
Auf diese Weise kann Ärger zu einem Werkzeug konstruktiver Veränderungen in unserem Leben werden, statt sich in ohnmächtiger Wut zu entladen.
Und das ist die Herausforderung, um die es in diesem Buch geht: zu lernen, wie wir unsere mächtigste Gefühlsregung nutzen können, um unser Leben bedeutend besser zu gestalten.

ERSTER TEIL
Fehlreaktionen im Umgang mit Ärger

Inhalt
Einleitung 11
Erster Teil:
Fehlreaktionen liii Umgang mit Ärger
Ich? Probleme mit Ärger? 23
Fehlreaktion 1: Explodieren
Manchmal dreh' ich einfach durch 26
Ärger explosiv entladen 29
Mit Worten um sich schlagen 32
Die Folgen einer explosiven Entladung 36
Therapie für den „Expiodierer" - Erste Lösungsansätze 42 
Ich bekomme, worum ich bitte, aber nicht, was ich will 47 
Fehlreaktion 2: Somatisch reagieren Meine Gesundheit ist am Ende,
aber Ärger kenne ich nicht 50
Groll wirkt im Körper wie Säure 53
Es nagt im Inneren 55
Könnte es sein, daß wir lernen, krank zu werden? 59
Fehlreaktion 3: Sich selbst bestrafen
Wenn etwas falsch läuft, ist es fast immer meine Schuld 62
Wenn sich der Ärger gegen die eigene Seele wendet 66
Depression - Eine nationale Epidemie 68
Wenn das Leben kaum der Mühe wert ist 70
Eine enge Freundschaft mit sich selbst 131
Fehlreaktion 4: Verheimlichen

Prinzip 2: Ziele neu formulieren
Ich habe keine Freunde, denn niemand ruft mich an 72
Überprüfen Sie Ihre Wertvorstellungen in bezug
Der indirekte Ansatz 75 auf Ärger 134
Mach's nicht offen, aber erwisch sie richtig 77
Ein Brief an mich selbst 138
Der raffinierte Schmoller Ein Meister seines Fachs 79
Prinzip 3: Die „innere Antenne" benutzen
Sarkasmus - Die Kunst, mit Pfeilen zu schießen 82
Achten Sie auf Ihre Gefühle 141
Führen Sie ein Ärgertagebuch 144
Zweiter Teil: Das Ziel: Ärger schon beim ersten
Warum wird Ärger so sehr mißverstanden?
Anzeichen erkennen 147

Prinzip 4: Bewußt nachdenken
Ärger richtig einschätzen lernen 87
Bringen Sie Ihr Gehirn auf Touren 151
Was ist eigentlich Ärger? 89
Bei „Explosionsgefahr" jede Reaktion verzögern 153
Wie unterscheidet sich Ärger von Aggression? 92
Ein Schlüsselwort als Auslöser für
Selbst Fachleute verwechseln Ärger mit Aggression 94
das Alternativprogramm 155
Worin unterscheidet sich Ärger von Feindseligkeit
Wie man eine konstruktive Alternative entwickelt 157
und Haß? 98
Warum bin ich ärgerlich? 159
Was läßt mich aggressiv handeln? 100
Was möchte ich jetzt erreichen? 162
Warum entscheide ich mich manchmal dafür
Wie kann ich bekommen, was ich will? 165
zu explodieren? 103 Marthas und Bills Strategien auf dem Weg zum Ziel 169
Muß ich es sagen, wenn ich verärgert bin? 106
Drücken Sie den Start-Knopf 172
Muß ich mich schämen, wenn ich Ärger empfinde? 109
Prinzip 5: Die Vergangenheit zurücklassen
Woher wissen Sie, ob Ihre Thesen über den
Lernen Sie, dem zu vergeben 174
„Mistkerl"
Ärger stimmen? 112
Was empfindet der andere jetzt? 177
Die Lehre der Bibel über den Umgang mit Ärger 115
Das Gefühl, es geschafft zu haben 181

Dritter Teil:
Ein Trainingshandbuch
Eine Welt, die ihren Ärger beherrschen kann 186
Falls Sie wirklich nicht frei werden können, suchen Sie eine gute Therapie 183

Wie Sie im Umgang mit Ihrem Ärger Experte
werden können 121
Prinzip 1: Das Selbstwertgefühl stärken
Anhang
Anmerkungen 193
Das beste Fundament: Ein solides Selbstbild 123
Über den Autor 195
Die entscheidende Dynamik: Bedingungslose Liebe 125
Kontakt zu Menschen, in deren Nähe Sie sich wohlfühlen 129

@1994 Verlag Klaus Gerth

Knorre Heinrich von, Seelische Krankheit Heilung und Heil - Gedanken Erfahrungen Hohe Mark

05/16/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Das Unbewußte

Da bekam ich dieser Tage ein Buch zugeschickt mit dem Titel: »Vor unseren Augen.« Hier wird mit eindrucksvollen Bildern und Texten verdeutlicht, in wieviel Not viele Menschen dieser Erde leben: Als ich in diesem Buch las, da kam mir der Gedanke: Ja, die soziale, die äußere Not kann man mit Bildern zeigen, die Not der Seele ist höchsteps an den Augen ablesbar, meistens aber unsichtbar und oft für den Betreffenden selber sogar, unbewußt. Genauer ausgedrückt müßte ich sagen: Die Not wird oft an einer falschen Stelle lokalisiert, wo sie gar nicht liegt Was zu dieser falschen Lokalisation der Not führt, das soll im folgenden verdeutlicht werden.

Zunächst möchte ich aber einiges Grundsätzliche zum Begriff des Unbewußten sagen. Daß uns nicht alles bewußt ist, was es gibt, ist eine Erkenntnis, die so alt ist wie aie Menschheit. Die magisch denkenden Menschen verehrten in Bäumen, Steinen und Gestirnen ihre angeblichen Götter, die für unerklärliche Wirkungen die Ursache seien. Später sprach man von Welträtseln und drückte damit das Unerklärliche mehr sachlich aus. Mit dem Aufkommen der Aufklärung und der modernen Wissenschaft begnügte man sich nicht mehr mit der Erklärung, daß hier etwas Unerklärbares, vorliege, sondern begab sich an die wissenschaftliche Erforschung der Zusammenhänge der Welt. Der modernen Naturwissenschaft gelang es immer mehr, Ursachen und Folgen zu unterscheiden, Naturgesetze zu formulieren und diese Erkenntnisse dann technisch zur Veränderung des menschlichen Lebens umzusetzen.
Rätselhaft blieb aber weiterhin die Psyche des Menschen, bis die moderne Tiefenpsychologie durch den Begriff des Unbewußten, den sie in die Wissenschaft einführte, einen weiteren Schrift zur Erhellung der menschlichen Erkenntnis tat. Es handelt sich hier also um einen wissenschaftlichen Begriff. Davon abzuheben wäre der Begriff der Transzendenz, der besagt, daß es etwas jenseits unserer Erkenntnis gibt, das letztlich unerreichbar bleibt.
Mit dem Begriff des Unbewußten soll u. a. zum Ausdruck gebracht werden, daß wir unsere Psyche nur dann verstehen können, wenn wir neben dem Vorhandensein bewußter auch die Wirksamkeit unbewußter Prozesse annehmen. Unsere erwachsene Psyche arbeitet also auf zwei Ebenen: auf der Ebene des Bewußten und auf der Ebene des Unbewußten. 

In der Sprache der Psychoanalyse unterscheiden wir den Primärpro-zeß vom Sekundärprozeß, wobei angenommen wird, daß im Laufe unserer psychischen Entwicklung das anfängliche Überwiegendes Primärprozesses zunehmend durch die Entwicklung des Sekundärprozesses ausbalanciert wird. Das Unbewußte arbeitet nach den Gesetzen des Primärprozesses, d. h. es funktioniert raum- und zeitlos, nur der Lust gehorchend, während das Bewußtsein dem Sekundärprozeß folgt:- Logik, Ethik, Verantwortung und die Grenzen von Raum und Zeit haben hier ihre Bedeutung. 

Ein Überwiegen des Primärprozesses, wo die grenzenlose Lust regiert, ist ebenso notvoll wie das Überwiegen des Sekundärprozesses, wo die vitalen Kräfte der Person sich nicht in natürlicher Weise entfalten können und es zu chaotischen Durchbrüchen kommen kann. So besteht die Aufgabe der Psychotherapie in einer Integration beider Funktionsweisen, in einem Ausgleich beider Systeme. Die Grenze zwischen'Bewußt und Unbewußt ist oft fließend - manche seelischen Prozesse sind dem Bewußtsein leichter, manche schwerer und manche zunächst gar nicht erreichbar.
Während die grundsätzliche Unterteilung der Psyche in Bewußt und Unbewußt eine ererbte, genetisch festgelegte Größe ist, handelt es sich bei den Inhalten des Unbewußten nicht nur um ererbte, sondern zu einem großen Teil um erworbene Inhalte. Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle, die mir früher einmal bewußt waren, sind aus bestimmten Gründen unbewußt geworden. Diese unbewußt gewordenen Inhalte der Seele wieder bewußt zu machen, ist eine Aufgabe der Psychotherapie, da durch das Unbewußtwerden mein gefühlsmäßiger und geistiger Horizont sich reduziert und verkleinert hat.
Was das Unbewußte alles umfassen soll, darüber streiten sich die einzelnen psychotherapeutischen Schulen. Die analytische Psychologie C. G. Jungs betont stark das kollektiv Unbewußte, d. h. das allen Menschen gemeinsame Unbewußte, während in der Freudschen Psychoanalyse die individuellen verdrängten Regungen, Strebungen und Wünsche mehr im Blickfeld sind. Ich möchte hier mehr auf das den tiefenpsychologischen Schulen Gemeinsame als auf die Unterschiede abheben und dieses weiter verdeutlichen.
Daß es so etwas wie das Unbewußte gibt, hat die Psychologie durch Experimente, wie z. B. das folgende, nachgewiesen. 

Da wird ein Mensch in Hypnose versetzt und erhält den Auftrag, sich um 16 Uhr die Hände zu waschen. Dieser Mensch geht nach Beendigung der Hypnose nach Hause, und, tatsächlich, um 16 Uhr wäscht er sich seine Hände. Fragt man ihn dann, warum er es tat, wird er alle möglichen Gründe dafür angeben, aber den eigentlichen Grund, daß er nämlich während der Hypnose dazu den Auftrag bekam, wird er sich nicht erinnern können. So tun wir unbewußt viele Dinge, für die wir ganz andere - unzutreffende - Erklärungen abgeben. Wir lokalisieren also oft die Ursachen für unser Handeln an einer falschen Stelle.
Der Inhalt des Unbewußten ist vorwiegend das, was uns nicht paßt, was wir verdrängen und nicht wissen wollen und aus diesem Grunde vor uns selber verbergen - kurz: das Uneingestandene.

Ein Beispiel: Herr Müller fährt Herrn Meyer über den Mund. '>Das habe ich nicht gewollt, ich bitte um Entschuldigung«, sagt Herr Müller. Herr Meyer ist getroffen und nimmt die Entschuldigung nicht an: »Mit einer Entschuldigung ist das nicht getan.« Daraufhin wird Herr Müller erst recht böse - er hat jetzt einen bewußten Grund für seinen Ärger: die Nichtannahme seiner Entschuldigung. So kann er seine unbewußten Aggressionen, die den ganzen Konflikt herbeiführten, zum Ausdruck bringen. Daß Herr Müller gegenüber Herrn Meyer vorher schon aggressive Gefühle hatte, wird Herr Müller bestimmt nicht »wissen«, nicht zugeben und heftig abstreiten. Ein Gefühl für das eigene Unbewußte setzt nämlich eine tiefe Selbsterkenntnis voraus, und die fehlt sehr vielen Menschen.
Außerdem ist die Tatsache, daß es ein Unbewußtes geben soll, über das ich im Augenblick nicht verfüge, eine Kränkung für das Selbstverständnis von uns Menschen. So gibt es viele Menschen - auch in frommen Kreisen -‚ die die Existenz-unbewußter Regungen und unbewußter Kräfte leugnen. Und doch spricht schon Jesus von etwas Unbewußtem, wenn er in der Bergpredigt (Matth. 7, 3) uns Menschen darauf hinweist, wie wir den Splitter im Auge des andern, nicht aber den Balken im eigenen Auge erkennen. Mit dem Balken meint Jesus in diesem Bild zunächst zwar meine Blindheit für die eigene Gottlosigkeit und für die eigene mangelnde Selbsterkenntnis. In einem weiteren - psychotherapeutischen - Sinn ist aber auch meine Neigung, eigene!unbewußte Probleme und Konflikte zunächst beim andern und nicht bei mir selbst zu erkennen, angesprochen. Gemeint ist damit, daß ich z. B. die Gottlosigkeit oder die innere Unwahrhaftigkeit des andern viel schneller erkenne als bei mir selber. Oder: Ich rege mich über die notvollen Seiten des andern viel schneller als über meine eigenen schwachen Seiten und blinden Flecke auf.
Dies Gleichnisbild Jesu weist somit auf ein sehr bedeutsames Kennzeichen des Unbewußten hin: Es gibt Dinge, auf die ich nicht gerne aufmerksam gemacht werden will. Das Unbewußte ist meist nicht das, was ich zufällig vergessen habe, sondern das, was für mich peinlich, kränkend und so unerträglich war daß ich es verdrängt habe. Das hat für mich den Vorteil, daß ich Unangenehmes aus dem Blickfeld verliere, andererseits den Nachteil, daß es vom Unbewußten her durch Fehlleistungen, Träume und auch durch eine scheuklappenförmige Einengung der Gesamtpersönlichkeit seine Wirkungen weiter ausübt, nur sind die Ursachen jetzt nicht mehr für die betreffende Person - für mich - erkennbar.
An diesem Beispiel läßt sich etwas über das Verhältnis von Psychotherapie und Seelsorge - wie ich es sehe - recht gut verdeutlichen. 

Es geht nicht darum, ein Bild wie das vom Splitter und Balken nur theologisch oder nur psychotherapeutisch zu sehen, sondern es von verschiedenen Aspekten-und jeder Gesichtspunkt hat seine besondere Bedeutung—zu betrachten. Erst diese doppelte Optik ermöglicht ein Verständnis mancher sonst unklar bleibender Zusammenhänge. Um es anders zu sagen: Es geht oft um ein Sowohl-Als-auch und nicht nur um ein Entweder-Oder.
Durch die Psychotherapie wird manchem erst deutlich, wie blind er für wesentliche Lebensfragen bisher gewesen war. Die Erkenntnis der eigenen Blindheit motiviert ihn dann zu einem weiteren Fragen und Arbeiten an sich selber. So mancher entdeckt dabei auch seine eigene Blindheit für die geistliche, die christliche Wirklichkeit, die er bisher völlig übersehen oder sogar bewußt weggeschoben hat.

Man hat einmal gesagt, die Neurose sei eine Krankheit, die ich an mir selber nicht erkenne. Dafür erleben die andern sie an mir sehr deutlich. Damit ist treffend zum Ausdruck gebracht, daß das Unbewußte Wege findet, sich in verstellter Weise kundzutun, auch wenn ich es gelber nicht wahrnehme.
Zu Beginn meiner nervenärztlichen Tätigkeit behandelte ich eine Mutter mit angstneurotischen Symptomen wie Anklammern an andere, diffuse Angstgefühle, meist Darmbeschwerden etc., alles Ausdruck der Unfähigkeit dieser Frau, ein eigenes reifes Leben zu führen. Jahre später kam eins ihrer Kinder zu mir in Behandlung. Es war von seiner Mutter seit der frühen Kindheit nicht innerlich freigegeben worden und hatte so die altersgemäßen Entwicklungsschritte nicht durchlaufen können- 

So bot es als Ausdruck der inneren Unreife dieselben Symptome wie die Mutter. Vom Bewußtsein her hatte diese Mutter seit eh und je das Beste für ihr Kind gewollt - und es auch jetzt zu mir geschickt, wo ihr geholfen wurde. Unbewußt hatte sie aber in der frühen Kindheit - ehe sie zur Therapie kam - das Kind zur Unselbständigkeit erzogen, und diese Unselbständigkeit und die begleitende Angstbereitschaft bedurfte dann ebenso wie bei der Mutter nun beim Kind der Behandlung.
Da wir auch als Psychotherapeuten den unbewußten Prozessen ausgeliefert sind, ist es in unserer Ausbildung zunächst einmal notwendig, daß wir uns einer Eigenerfahrung in Form einer Lehranalyse unterziehen, um unser eigenes Unbewußtes etwas besser kennenzulernen. Aufgrund der - Begegnung mit der eigenen Übertragungsbereitschaft und den eigenen inneren Widerständen und Abwehrmechanismen gewinnen wir dann eher einen Zugang zum Unbewußten unserer Patienten.
Unter Übertragungsbereitschaft verstehen wir die Tatsache, daß ein Mensch unbewußt einer Person, der er begegnet, Züge zuschreibt, die eine seiner prägenden Kindheits-Bezugspersonen hatte oder die er selber heute hat. So werde ich als leitender Arzt oft von den Patienten auf Station als Schuldirektor erlebt. Erst im Laufe der Behandlung lernen die Patienten, mich und die andern Personen ihrer Umgebung mehr und mehr als die Person kennen, die ich bzw. die anderen wirklich sind. Sie erwerben durch die Behandlung die Fähigkeit, Personen nicht mehr projektiv entsprechend ihren Kindheits-Bezugspersonen oder ihrer Wünsche, wie ich sein sollte, sondern realistischer zu beurteilen und zu unterscheiden.

Die inneren Widerstände entwickelten sich in der Kindheit mit dem Ziel, eine unerträgliche, in der Kindheit nicht änderbare Situation so zu gestalten, daß ein Weiterleben möglich war. Um ein grobes Beispiel zu wählen: Wie soll ein kleines Kind mit einem immer wieder betrunkenen, randalierenden Vater anders umgehen, als daß es sich ihm gefühlsmäßig entzieht. Dieses innere Auf-Distanz-Gehen setzt sich gewöhnlich fort, und so ist solch ein Mensch dann als Erwachsener z. B. unfähig, zu andern Männern oder überhaupt Menschen eine echte Gefühlsbeziehung aufzubauen. Unbewußt besteht die Angst vor dem randalierenden Vater, dem das Kind ausgeliefert war, weiter.

Bei vielen Menschen, und gerade bei gläubigen Christen, beobachte ich ein starkes Moralisieren. Es fällt ihnen schwer, Schwächen, Fehltritte und Versagen ihrer Mitmenschen als Not anzuerkennen, ohne sie gleich zu verurteilen. D(e Mahnung Jesu, nicht zu richten (Matth. 7, 1), fällt ihnen schwer, weil sie sich selber hart verurteilen. Es ist nämlich eine alte tie-fenpsychologische Erfahrung, daß wir mit andern Menschen bewußt oder unbewußt genauso umgehen wie mit uns selber. Wenn wir uns selber nicht mögen und verurteilen, dann tun wir das auch mit unsern Mitmenschen. Alexander Mitscherlich (1951) hat das in Anspielung an das bekannte Sprichwort so ausgedrückt: Wie ich mir, so ich dir. Nicht umsonst hat Jesus ja betont, daß wir unsern Nächsten wie uns selber lieben sollen (Matth. 19, 19). Es ist so, als ob das Wort Jesu: Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen (Matth. 5, 7), von diesen Christen überlesen wird.
Das Moralisieren kann auch von einem weiteren Gesichtspunkt betrachtet werden. Menschen, die stark moralisieren, machen zunächst einen ethisch hochstehenden Eindruck. Will man mit solch einem Menschen aber dessen seelisches Leben etwas genauer untersuchen, dann mündet dieser Versuch recht bald in Selbstanklagen und Selbstvorwürfen. Die Selbstvorwürfe haben aber, tiefenpsychologisch gesehen, die Absicht, daß nicht noch unangenehmere Zusammenhänge ans Tageslicht kommen, die auf einen tieferliegenderen Schaden hinweisen. Diese Menschen sind nicht in der Lage, sich ein zutreffendes Bild von sich selber zu machen. 

Als Psychotherapeut würde ich sagen: Unbewußt wehrt sich ein Mensch, die Wahrheit über das eigene Selbst kennenzulernen. Nicht ohne Grund wird von der Höllenfahrt der Selbsterkenntnis gesprothen. Es gehört also viel Mut dazu, dem eigenen Unbewußten zu begegnen.
Da erzählte mir ein Patient, wie er immer wieder träume, daß nachts sich ein Vietcong-Soldat in sein Schlafzimmer schleiche, und er vor Schrecken aufwache. Als ich um aufforderte, seine Assoziationen zu diesem Traum zu erzählen, da fiel ihm ein, im Bett sei er völlig wehrlos, und Jie Vietcong, das seien ja Soldaten, die aus dem Hinterhalt einen überfielen, und die ihm viel Angst machten. Im Laufe der weiteren Therapie wurde dann deutlich, wie er auf Sicherheit und Ordnung bedacht war und Spontaneität und schöpferische Einfälle abwehrte.

 Als er zu diesen Tie-Censchichten der eigenen Person zunehmend ein Verhältnis gewann, lok-kerte sich sein ganzes Wesen, er wurde umgänglicher, beweglicher und sein Leben erfüllter und befriedigender. Er hatte wieder eine Beziehung ru den kreatürlich-schöpferischen Quellen der eigenen Tiefenperson gewonnen.

Oft bringen Menschen sehr »vernünftige« Argumente gegen die Psychotherapie vor, die das Unbewußte aufdecken will: Sie koste so viel Geld und Zeit, der Erfolg sei letzten Endes so bescheiden usw. - alles Argumente, die einen Teil Wahrheit ausdrücken. Es ist aber nur die halbe Wahrheit, die andere Hälfte wird unterdrückt, und die halbe Wahrheit - als ganze Wahrheit verstanden - ist letzten Endes Lüge. Und da die Umgebung, die Familienmitglieder, die Nachbarn und Arbeitskollegen diese zweite unterdrückte Hälfte erleben und meist unter ihr leiden, lohnt der Einsatz von Energie und Geld, das eigene Unbewußte kennenzulernen. Wieviel »verkorkste« Kinder wohlmeinender Eltern gibt es doch. Die Eltern haben sich ehrlich bei der Erziehung ihrer Kinder Mühe gegeben, aber ihr Unbewußtes hat ihnen leider Streiche gespielt.

Da kam vor einiger Zeit der Vater einer knapp 20jährigen kaufmännischen Angestellten nach einem Telefonanruf zu mir. Er berichtete mir von dem Suicidversuch seiner Tochter. Dieser Selbstmordversuch hatte zur Aufnahme in ein auswärtiges Krankenhaus geführt. Dort habe man ihm empfohlen, sich um Aufnahme der Tochter in unser Haus zu bemühen. Der Vater - Akademiker - machte auf mich einen sympathischen Eindruck, und ich spürte ihm die Sorge um die Tochter ab. Da er in seiner Schwierigkeit zunächst meine Hilfe in Anspruch nahm bat ich ihn, mir einen Krankenschein zu schicken. Anstatt dessen teilte er mir in dem einige Tage später kommenden Brief mit, ich sollte ihm eine Privatliquidation schicken— wohl mit dem Gedanken, ich sollte ruhig mehr berechnen, und meine Zufriedenheit käme dann seiner Tochter in der Therapie zugute. 

Diese fürsorglich-überfürsorgliche Haltung stellte sich dann in der weiteren Therapie als das Problem heraus: Er konnte seine langsam erwachsen werdende Tochter nicht freigeben - und die Tochter genoß auf der einen Seite das Bedientwerden, quälte sich aber auf der anderen Seite mit einem Gefühl der Sinnlosigkeit, dessen Ursprung sie selber aber zunächst nicht zu deuten verstand. Der Tochter und mir wurde in der Therapie dann recht bald deutlich, daß es sich um die verhinderte Ablösung vom Eltern haus handelte. Das Selbständigwerden wurde ihr durch ihre eigene Bequemlichkeit ebenso wie durch die Überfürsorglichlceit vor allem des Va-ters verunmöglicht.
Als Psychotherapeuten sind wir nicht der Meinung, es müßte lediglich mehr der Umgang mit dem Unbewußten geübt werden, dann seien alle seelischen Übel aus der Welt zu schaffen. Ein intensiverer Umgang mit dem eigenen Unbewußten ist also kein Allheilmittel. Die stärkere Berücksichtigung des Unbewußten würde aber unser Leben menschlicher und wahrhaftiger machen.
Immer wieder staune ich, was Menschen als »selbstverständlich« ansehen: Man verlangt von andern Menschen, sie müßten nach genau denselben Lebensmaximen feben, denselben Verhaltenscodex beachten etc. Konfrontiere ich sie mit der Tatsache, daß die Bedürfnisse nach »Ordnung«, nach Zeitgestaltung, nach musischer Entfaltung— um nur einige zu nennen -verschieden sind, dann höre ich sehr schnell Urteile wie Banausentum, geistige Kleinkrämerei- alles Hinweise für die Verabsolutierung der eigenen Maßstäbe und die Unfähigkeit dieser Menschen, sich in eine andere psychische Welt als die eigene zu versetzen.

Wenn wir uns mehr mit dem Unbewußten beschäftigen, dann erkennen wir, nach was für harten, grausamen Gesetzen wir unbewußt handeln, die ganz vom Lust-Unlust-Prinzip bestimmt sind. In der Tiefenpsychologie verstehen wir unter dem Lust-Unlust-Prinzip das grenzenlose Streben nach Lust ohne Rücksicht auf den andern und das Verweigern unlustbe-tonter Lebensanforderungen. Ein Beispiel: Da ist ein Student vor dem Examen. Er: schafft es aber nicht, sich an die Bücher zu setzen und zu lernen. Statt dessen räumt er sein Zimmer immer wieder auf, betreibt Sport, um sich für das Examen fit zu machen etc.

Weitere Kennzeichen des Unbewußten sind die Zeit- und Grenzenlosigkeit. Da spart und spart ein Mensch, häuft Güter auf Güter und stirbt schließlich. Zum Leben ist erin den 60-80 Jahren, die sein Leben umfaßte, kaum gekommen. Sein Leben führte er ausschließlich in der ständigen Spannung von Habenmüssen und Angst vor dem Nichthaben. Dieser Mensch ist vor der Bewältigung der verschiedenen Stufen des Lebens: Kind— Schulkind— Berufsfindung— Partnerfindung oder bewußte Ehelosigkeit - Alter, um nur einige zu nennen, mit den sich in jedem Alter ändernden und jedem Menschen gesteckten Möglichkeiten und Grenzen ausgewichen. 

Dieses Ausweichen vor dem bewußten Annehmen der eigenen Grenzen finden wir bei vielen Menschen. Denken Sie doch beispielsweise an den Alkoholrausch, aus dem manche nicht in die Wirklichkeit zurückfinden und schließlich der Sucht verfallen. In der Psychotherapie erleben wir häufig viel verborgenere, subtilere Weisen, die Grenzen des eigenen Lebens zu verleugnen, deren Betrachtung hier aber zu weit führen würde.

Mit einem Leben in Zeit- und Grenzenlosigkeit mißbrauchen wir auch unsere Mitmenschen und unsere Umwelt. Wie oft begegne ich in der Therapie der Formulierung: Das müßte doch möglich sein. Menschen verlangen von anderen Zuwendung, Interesse an ihrer Person und an ihrem Ergehen, ohne daß sie bereit sind, ähnliche Maßstäbe für ihren Umgang mit den Mitmenschen anzulegen. Die Rentenneurotiker fordern vom Vater Staat Versorgung und sind nicht bereit, eigene Schritte und Initiativen aufzubringen, um mit der Unbill des Lebens realistischer umzugehen.
So ein Leben in Zeit- und Grenzenlosigkeit geht auch einher mit einer erhöhten Ansprüchlichkeit an das eigene Leben. Solche Menschen weigern sich, einen Teil der seelischen Wirklichkeit, nämlich das Unbewußte, anzuerkennen. Das Sich-Öffnen für das eigene Unbewußte würde nämlich uns demütiger werden lassen. Wer nämlich die eigenen unbewußten Größen- und Allmachtsphantasien ins Blickfeld bekommen hat, der wird mit sich und anderen geduldiger umgehen, weil er weiß, wieviel Zeit er selber zum Wachsen und Reifen braucht.

Mit dem Begriff des Unbewußten wird also zum Ausdruck gebracht, daß es neben dem, was ich bewußt will— und auch als Christ bewußt will—noch eine Vielzahl von mir zunächst nicht bewußten Strebungen gibt, die zum Teil das Gegenteil des bewußt Gewollten zu erreichen suchen. Die Psychotherapie kann und will diese unbewußten Strebungen nicht beisei-tigen (»Herr Doktor, was soll ich dagegen tun?«), wohl aber helfen, diese Tendenzen ins Blickfeld zu bekommen, sich für diese »Schattenseite« der Persönlichkeit zu öffnen und offen zu bleiben und damit diese zunehmend zu integrieren, damit das Resultat aus bewußtem Wollen und unbewußten Strebungen, d. h. unser Handeln und unser Verhalten, dem mehr und mehr entspricht, was wir im Grunde anstreben und eigentlich sind. Jeder von uns ist ja ein Schöpfungsgedanke Gottes, und diesen, nicht ein Zerrbild davon, zu leben ist ja unsere tiefste Bestimmung.

Gott will, daß wir leben (Andacht zu Lukas 15, 1-7)
In unserem Gleichnis versucht Jesus, den Pharisäern zu deuten, warum er mit Sündern ißt und mit ihnen Gemeinschaft hat. Für ihn sind die Zöllner und Sünder ein Teil des Volkes Israel und damit nicht abgeschrieben. Sie gehören zum Volk. Sie sind ein nicht zu vernachlässigender Prozentsatz. Dieses versucht Jesus den Pharisäern zu verdeutlichen.
Es ist überhaupt erstaunlich, wie sehr sich Jesus gerade den Frommen der damaligen Zeit annahm. In Lukas 14 läßt er sich zu einem Gastmahl bei einem der Oberen der Pharisäer einladen, die sein Handeln nicht verstehen, ja mißverstehen.
ERSTENS
So meint Jesus uns Fromme heute morgen, die wir ihn kennen und irgendwo doch nicht kennen. Uns erzählt er dieses Gleichnis. Daß wir moralisierende Fromme damit gemeint sind, läßt sich u. a. an einer Entwicklung dieses Gleichnisses gut verdeutlichen. In unserem Sprachgebrauch benutzen wir den Ausdruck: schwarzes Schaf. Er stammt ursprünglich aus unserm Gleichnis. Ein schwarzes Schaf ist ja ein Familienglied, das eine von der Familienräson abweichende Entwicklung durchmacht, seine eigenen Wege geht und auf das die andern herablassend, mitleidig und moralisierend schauen. Dieses Moralisieren, das im Laufe der Jahrhunderte mit dem Gleichnis verbunden ist, wollte Jesus mit diesem Gleichnis aber gerade abwehren. Denn gegen das Moralisieren der Pharisäer erzählt Jesus die Geschichte vom verlorenen Schaf. Die Pharisäer haben die Sünder aufgrund moralischer Maßstäbe ausgeschlossen - Jesus bietet ihnen den Weg zur lebendigen Gottesbeziehung wieder an.
Ist das nicht auch unser Problem heute? Ich verurteile Menschen, die sich so verhalten, wie ich es nicht für gut halte. Wie kann er das bloß tun? Und umgekehrt verurteilen andere mich: Wieso bist du psychisch krank, nimm dich doch bloß etwas zusammen! Ich verurteile mich wegen meiner Schwäche und möchte mich ändern und gerate dadurch immer mehr in die Verkrampfung. Ich möchte andere ändern, die Umwelt ändern, und die Sache wird noch schlimmer. Denn im Grunde möchte ich etwas Unmögliches erreichen.

@1980 Francke-Buchhandlung

Depression – Woher kommt sie? J. C. Reumermann (2)

05/02/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

BEISPIELE FÜR DEPRESSION IN DER SCHRIFT

Hiob 3, 1‑3: „Danach tat Hiob seinen Mund auf und verfluchte seinen Tag. Und Hiob hob an und sprach: „Es verschwinde der Tag, an dem ich geboren wurde.“ Wie wir wohl alle wissen, hatte Hiob in seinem Unglück zunächst eine andere Einstellung: „Er zerriss sein Gewand und schor sein Haupt, und er fiel zur Erde nieder und betete an“ (Hiob 1, 20).

Lasst uns dies einmal auf uns selbst anwenden: Alles, was wir besitzen, wird weggenommen. Kommen wir dann zur Anbetung? Hiob betete an! „Und er sprach: Nackt bin ich aus meiner Mutter Leibe gekommen, und nackt werde ich dahin zurückkehren; Jehova hat gegeben, und Jehova hat genommen, der Name Jehovas sei gepriesen! Bei diesem allem sündigte Hiob nicht und schrieb Gott nichts Ungereimtes zu“ (Verse 21 und 22). Er verherrlichte in diesem allem Jehova, seinen Herrn! Er nahm es aus der Hand des Herrn ‑ das Vertrauen zum Herrn war geblieben.

In Kapitel 2 wird ihm noch seine Gesundheit genommen. Er wird krank, schwer krank. Seine Frau spricht: „Sage dich los von Gott und stirb!“ Und wie ist seine Antwort? „Du redest, wie eine der Törinnen redet. Wir sollten das Gute von Gott annehmen, und das Böse sollten wir nicht auch annehmen? Bei diesem allem sündigte Hiob nicht mit seinen Lippen“ (Kap. 2, 10). Und dann lesen wir in Kapitel 3 diese völlig anderen Worte. Wie ist das möglich? Wie kam das? Ich denke, dass in dem Herzen Hiobs auf irgendeine Weise doch ein Zweifel an Gott entstanden war.

Dieser Zweifel an und für sich wird von Gott nicht getadelt. Wir tun das wohl. Wir sagen vielleicht, wenn jemand depressiv wird: Der soll nur mal gut nachdenken, was für eine Sünde oder Ungerechtigkeit dahinter steckt. Möglicherweise mangelt es am Glauben! So spricht Gott nicht, wohl aber sprechen die Freunde Hiobs so. Eigentlich meinen sie: „Hiob, du sagst wohl, dass du gerecht bist, aber bei dir stimmt es nicht. Gott straft dich“ ‑ und sie haben damit nicht recht. Die drei Freunde waren leidige Tröster, wie Hiob selbst sagt. Nur Elihu, der vierte und jüngste, führte eine andere Sprache. Wir sehen daraus, wie vorsichtig wir sein müssen. Es ist uns allen klar, dass ein Gläubiger körperlich krank werden kann und darf, auf welchem Gebiet auch immer. Aber wie wir noch sehen werden, sind Körper, Seele und Geist in der Schrift eine Einheit.

Wir lehnen Behauptungen ab, wie: Ein Gläubiger, der richtig glaubt, wird nicht körperlich krank; Krankheiten sind vom Teufel usw. Die Schrift spricht anders. Wie steht es aber mit psychischen Krankheiten? Da sagen manche unter uns, dass ein Gläubiger darunter nicht zu leiden brauche. Als ob das nicht auch eine Krankheit wäre ... Wenn eine schlechte Nachricht schon Kummer des Herzens hervorrufen kann oder wenn ein zerschlagener Geist entsteht, wie wir vorhin gelesen haben, dann erkennen wir, dass ein enger Zusammenhang zwischen Geist, Seele und Leib besteht. Daraus folgt, dass auch ein Gläubiger psychisch krank werden kann, ohne dass die Ursache im fehlenden Glauben liegt. Natürlich kann es auch am Glauben mangeln. Aber ich kenne sehr viele ernste Geschwister, gerade solche, die oft einen guten Dienst in verschiedener Hinsicht getan haben, die unter Depressionen leiden oder Angst bekommen. Woher kommt das? Es kann sein, dass ihnen auf irgendeine Weise etwas zu viel wird oder sie überlastet sind. Es gibt u. a. Erschöpfungsdepressionen. Ein Bruder sagte einmal: „Es ist nicht immer ein Kompliment, wenn man nie etwas von tiefer Niedergeschlagenheit erlebt hat.“ Er meinte damit: Wenn wir bei schlimmen Erlebnissen z. B. in der Familie, im Beruf oder in der Versammlung seelisch nichts weiter davon spüren, dann ist dies unter Umständen auf eine gewisse Gleichgültigkeit zurückzuführen. Wir haben dann unsere natürliche Empfindsamkeit verloren.

In den Worten Elihus, des vierten Freundes Hiobs, finden wir weitere Andeutungen für Erscheinungsformen und Beschwerden einer Depression: „Auch wird er gezüchtigt mit Schmerzen auf seinem Lager und mit beständigem Kampf in seinen Gebeinen. Und sein Leben verabscheut das Brot, und seine Seele die Lieblingsspeise; sein Fleisch zehrt ab, dass man es nicht mehr sieht, und entblößt sind seine Knochen, die nicht gesehen wurden; und seine Seele nähert sich der Grube, und sein Leben den Würgern“ (Hiob 33, 19‑22). – Dann kommt die Wiederherstellung: „ … Sein Fleisch wird frischer sein als in der Jugend; er wird zurückkehren zu den Tagen seiner Jünglingskraft. Er wird zu Gott flehen, und Gott wird ihn wohlgefällig annehmen, und er wird sein Angesicht schauen mit Jauchzen; und Gott wird dem Menschen seine Gerechtigkeit vergelten“ (V. 25. 26).

Wir sahen schon vorher, dass Hiob eigentlich auf seinen Tod wartete (Kap. 3). Das ist für einen schwer Depressiven kennzeichnend. In seinen Gedanken sieht er keinen anderen Ausweg als den Tod. Aber so wie Gott dafür sorgte, dass Hiob wieder ganz auf die Höhe kam, so will Er auch einem jeden helfen, der sich tief im Tal des Todesschattens fühlt.

Elihu spricht von einer beständigen Unruhe, von Kampf. Der Kranke verabscheut das Brot, hat keinen Appetit, keine Lust zum Essen; wozu auch? Er braucht keine Speisen mehr. Hier wird eine ganz ausgeprägte Abmagerung beschrieben. Der Leidende zehrt ab, die früher nicht sichtbaren Knochen treten hervor. Er hat das Gefühl, dass alles dem Ende zugeht. Das ist eine lebhafte Beschreibung dieser schlimmen Krankheit.

Die Schrift berichtet noch von anderen Menschen, und zwar z. T. bedeutenden Menschen, die mehr oder weniger zeitweise an Depressionen zu leiden hatten. Ich denke an Mose, diesen großen Mann Gottes. In 4. Mose 11 lesen wir, wie es ihm zu viel wurde. „Woher soll ich Fleisch haben, um es diesem ganzen Volke zu geben? Denn sie weinen gegen mich und sagen: Gib uns Fleisch, dass wir essen! Ich allein vermag nicht dieses ganze Volk zu tragen, denn es ist mir zu schwer. Und wenn du also mit mir tust, so bringe mich doch um, wenn ich Gnade gefunden habe in deinen Augen, damit ich mein Unglück nicht ansehe“ (V. 13‑15). War das keine Depression? Er sagte gleichsam: Ich kann es nicht tragen! Wo hatte Gott gesagt, dass Mose das Volk tragen sollte? Gott wollte es tragen! Aber als der Widerstand zunahm, wurde es Mose zu viel, und dann hat er dieses alles zu Gott gesagt. Wie verhielt sich Gott dazu? Sagte Er: „Dein Verhalten ist unmöglich, du hast Strafe verdient?“ Nein, so sprach Gott nicht. Wenn Er auch von dem Geist, den Mose besaß, auf siebzig andere Personen legte, so machte Er ihm doch keinen Vorwurf! Je mehr wir selbst von dem Erbarmen des Herrn gespürt haben und täglich spüren, um so mehr verstehen wir die Handlungsweise Gottes. Auch ein Mose, dieser große Mann Gottes, der zu den Glaubenshelden in Hebräer 11 gezählt wird, hat solch einen Tiefpunkt erlebt. Wir können ihn verstehen. Der Herr hat ihn wieder aufgerichtet.

Elia, der große Prophet Gottes, der auf wunderbare Weise einem gottlosen König Ahab widerstand, der auf dem Berge Karmel zeigte, wer Gott war und wer Baal, der auf dem Höhepunkt des Glaubens stand, dieser selbe Elia flüchtet vor einer Frau, vor Isebel. Er wurde depressiv. Wir fragen, warum? So war er in seiner menschlichen Schwachheit. Jakobus 5 erwähnt, dass er von gleicher Natur war wie wir, auch in seiner Schwäche. Er ist die einzige Person aus dem Alten Testament, von der im Neuen Testament etwas Nachteiliges berichtet wird (Röm 11). In seiner Depression klagte er Gottes Volk an. Das sollte uns allen zur Belehrung dienen.

Ein warnendes Beispiel ist Jona, der erst ungehorsam war und vor dem Angesicht Jehovas flüchtete. Von Gott zurückgeholt, kündigte er Ninive das Gericht an. War Jona nun froh, als die Niniviten Buße taten? Im Gegenteil. Er wurde depressiv aus Neid, was oft vorkommt. Ein verborgener Neid, eine verborgene Eifersucht, ein Sichvergleichen mit anderen kann häufig ein Grund für eine unerwartete Depression sein.

Zum Schluss möchte ich noch Noomi nennen. Auch sie wurde depressiv. Zwar war ihr Mann bei dem Ortswechsel der Hauptverantwortliche, aber sie ging doch mit nach den Feldern Moabs, als Hungersnot war. Sie sagte: „Nennet mich nicht Noomi (das bedeutet Liebliche oder Huldvolle), sondern Mara (das ist Bitterkeit), denn der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht' (Ruth 1, 20). War das wirklich so? Hatte der Herr das getan? Sicherlich nicht, aber so waren ihre Gefühle. Gott brachte sie in Seiner Gnade wieder zurecht, und am Ende des Buches Ruth finden wir eine glückliche Noomi mit ihrem Enkelkind Obed auf dem Schoß. Wunderbare Wiederherstellung, wie Gott sie bewirkt!

URSACHEN VON DEPRESSIONEN

1. Thessalonicher 5, 23 unterscheidet beim Menschen zwischen Geist, Seele und Leib. Die Verbindung zwischen Seele und Geist (und auch dem Leib) ist so eng, dass nur das Wort Gottes imstande ist, zu unterscheiden und zu scheiden: „… durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist“ (Hebr 4, 12). Nur das Wort kann zwischen den Äußerungen der Seele (Sitz der Gefühle, Empfindungen und Leidenschaften) und denen des Geistes unterscheiden. Mit unserem Geist können wir mit Gott in Verbindung treten, erhalten wir z. B. auch Einsicht in das Wesen der Dinge um uns her.

Mir geht es darum, zu zeigen, wie eng der Zusammenhang zwischen Seele und Geist ist. Auch bei dem Herrn Jesus können wir diese Dreieinheit erkennen: „Meine Seele ist sehr betrübt“, sagte Er. In Lukas 23, 46 lesen wir: „Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist.“ Schließlich ist in den Evangelien von dem Leib Jesu die Rede.

Ursachen von Depressionen können in diesen drei Bereichen liegen. Bevor ich auf Einzelheiten eingehe, möchte ich zunächst eine Übersicht geben.

Körperliche Ursachen

Eine Überfunktion der Schilddrüse z. B. geht oft einher mit Depression bzw. mit einer Labilität der Empfindungen. Man kommt sich selbst fremd vor und wird empfindlich, was man vorher bei sich nicht kannte. Es handelt sich im Grunde um eine hormonelle Störung. Hormone sind Wirkstoffe, die von Drüsen, wie etwa der Schilddrüse, in das Blut abgegeben werden.

Diabetes mellitus (= Zuckerkrankheit) entsteht, wenn die Bauchspeicheldrüse zu wenig Insulin abgibt. Durch den steigenden Blutzuckergehalt kann es zu psychischen Beschwerden kommen.

Gewisse Formen von Blutarmut sind dafür bekannt, dass sie zu Depressionen führen können.

Auch körperliche Erschöpfung kann eine Depression auslösen. Gerade in unserer Zeit kommt es häufig vor, dass jemand zu lange arbeiten will oder muss. Man gönnt sich zu wenig Ruhe. Manchmal ist es auch gar nicht so einfach, Zeit zu ausreichender Entspannung zu finden.

Seelische Ursachen

Seelische Erregungen können zu körperlichen Störungen führen. Bekannt sind verschiedene Formen von Ekzemen (Hautkrankheit), die sich bei Erregungs- oder Spannungszuständen erkennbar verschlimmern. Viele Magengeschwüre haben da ihre Ursache. Gerade Menschen, die äußerlich ruhig erscheinen, es aber in Wirklichkeit nicht sind, verzehren gleichsam ihre eigene Magenschleimhaut oder Magenwand. Hier handelt es sich um psychosomatische Leiden. Ebenso verhält es sich bei manchen Asthmakrankheiten.

Geistige Ursachen

Hier sind nicht nur verborgene Sünden zu nennen, die ein andauerndes Schuldbewusstsein hervorrufen. Auch grundlegend verkehrte Auffassungen über das Wort Gottes können Veranlassung für den Ausbruch eines depressiven Leidens sein. Davon können besonders Menschen betroffen werden, die durch Zugehörigkeit zu bestimmten Religionsgemeinschaften Schaden genommen haben. Ganz allgemein sind noch sogenannte endogene (von innen kommende), krankhafte Veränderungen im Geist eines Menschen zu erwähnen, die auch durch den Mediziner nicht ohne weiteres zu erklären sind.

Bevor wir auf einige Einzelheiten eingehen, will ich betonen, dass ich nicht nach den Maßstäben der modernen Psychologie oder Psychiatrie vermeintliche Krankheitsursachen beurteilen möchte. Vielmehr habe ich den Wunsch, mich bei meinen Erklärungen auf die Heilige Schrift zu stützen.

ERKENNBARE KRANKHEITSURSACHEN

Unerwünschtes Kind

Ich hatte mehrere Patienten, die mir sagten, dass sie als Kind unerwünscht waren. Wie schrecklich muss das sein. Erfahrungsgemäß ist es für den Betroffenen schwierig, darüber hinwegzukommen, auch dann, wenn er zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus gekommen ist. Der Verstand sagt ihm zwar, was seine Krankheitsursache ist. Trotzdem wird er vielleicht jahrelang mit dem Gefühl nicht fertig, dass er eigentlich überflüssig ist.

Und doch ist es möglich, wie ich aus Erfahrung weiß, wenn dieser Leidende im wirklichen Glauben die Hilfe des Herrn annimmt.

Probleme in der Schule

Vielleicht hat ein Lehrer das Kind immer wieder fühlen lassen, weich einen schlechten Eindruck es macht, und hat ihm dementsprechend auch schlechte Noten gegeben. Dagegen war das Kind machtlos. Es kam das Gefühl auf: Ich bin zu nichts nütze. Sehr häufig bricht die Depression aber nicht schon zu diesem Zeitpunkt durch, sondern zwanzig oder dreißig Jahre nach diesem Erlebnis.

Mangel an elterlicher Liebe

Es kann sein, dass es die Eltern nicht an guten Worten haben fehlen lassen, aber das Kind achtet unbewusst viel mehr auf das Verhalten der Eltern. Manche Eltern sagen ihrem Kind sogar ganz ausdrücklich, dass sie es lieben, aber das Kind erfährt die Wirklichkeit ganz anders. Und diese spricht viel lauter. So entsteht das entscheidende Gefühl: Ich werde nicht geliebt.

Ehrgeizige Eltern

Andere Eltern stellen zu hohe Anforderungen an ihr Kind. Ein Vater z. B., der durch ungünstige Verhältnisse verhindert war, eine gute Ausbildung zu absolvieren, nimmt sich vor, dass seine Kinder es einmal weiter bringen sollen als er. Kann ein Kind die erwarteten Leistungen aber nicht bringen, dann wird es unter Druck gesetzt. Im Zeugnis werden nur die schlechten Zensuren kritisiert, die guten werden gar nicht beachtet.

Patienten haben mir gesagt, dass sie Angst hatten, mit ihrem Zeugnis nach Hause zu kommen. Aus Furcht vor Strafe versuchten sie dann, ihr Zeugnis zu verheimlichen. Die Folge war ein schwerwiegendes Minderwertigkeitsgefühl.

Leistungsprinzip

Ich meine damit, dass Eltern zu ihren Kindern sagen: Wenn du dies tust, bist du lieb, wenn nicht, bist du nicht lieb. Wiederholt sich das immer wieder, dann denkt das Kind schließlich, die Liebe des Vaters oder der Mutter hänge nur von dem ab, was es leistet oder tut. Die Wertschätzung wird in diesem Fall nicht mit der Person verbunden, sondern mit ihren Taten. Die Folge davon ist ein Leistungszwang.

Man kann sich gut vorstellen, dass in solch einem Kind das Gefühl entsteht, nichts wert zu sein, weil es nichts leistet. Vielleicht kann es mit der Zeit seine Arbeiten nicht mehr tun und gleitet in die Depression ab.

Übertriebene Strafen

Ich bin ganz und gar nicht gegen körperliche Züchtigung. Die Schrift selber empfiehlt sie, und die Eltern wissen, wie wichtig dieses Erziehungsmittel ist. Sehr folgenschwer kann es aber sein, wenn Eltern ihre eigenen Probleme durch unmäßige körperliche Strafen auf die Kinder abwälzen. Ja, es gibt sogar Fälle von Misshandlung. Hier kann der Grund dafür zu suchen sein, wenn das Kind oder der junge Mensch erst sehr spät zum Glauben kommt.

Einschneidender Verlust

Der Verlust z. B. eines geliebten Menschen kann zur Depression führen. Deshalb braucht sich niemand zu schämen. Ein so tiefgreifendes Erlebnis muss zunächst einmal verarbeitet werden. U. a. heißt das, dass er sich darüber anderen gegenüber aussprechen muss. Sagen die Nächsten aber zu dem Betroffenen: „Lass nur, es wird schon wieder gut; sprich besser nicht davon“, so kann er aus der Depression nicht herauskommen. Gerade das Aussprechen ist sehr nötig.

Depression als Bestrafung

Es gibt auch Fälle, in denen jemand durch Flucht in die Depressivität die Aufmerksamkeit anderer auf sich lenken will. Es soll wie eine Bestrafung auf die Umgebung wirken für etwas, was ihm tatsächlich oder nur vorgeblich angetan worden ist. Hier kann man aber erkennen, dass keine tatsächliche Depression vorliegt. Der wirklich Kranke wirkt gern bei der Suche nach den Ursachen mit, wenn erst einmal Vertrauen entstanden ist. Er will aus seiner Lage herauskommen. Der andere will aber nicht wahrhaft geheilt werden, eben weil er sein Leiden als Druckmittel bei seinen Nächsten benutzen möchte.

WAS GESCHIEHT BEI EINER DEPRESSION?

Im allgemeinen verwirft der Betroffene sich selbst. Er kann sich nicht leiden, ja er beschuldigt sich selbst. Alle nur möglichen schlechten Gefühle richtet er gegen sich selbst. Das verbraucht natürlich viel Energie – die Folge davon ist dann Müdigkeit.

Jemand verglich Depression mit eingefrorener Wut oder Aggression. Aggression und Depression stehen einander gegenüber. Z. B. wird viel elektrische Energie verbraucht, um Lebensmittel in der Gefriertruhe einzufrieren. Genauso ist es, wenn wir gleichsam unser eigenes Inneres einfrieren wollen. Der Bedauernswerte führt einen beständigen Kampf gegen sich selbst. Alles, was er hört oder denkt, ist für ihn ein Anlass, diesen Kampf fortzusetzen.

So verstehen wir auch, was es für den Depressiven bedeutet, wenn ihm etwa gesagt wird: „Du hast keinen rechten Glauben. Bestimmt hast du eine Sünde begangen. Es ist schon richtig, der Herr muss sich einmal mit dir beschäftigen.“ Mit solchen Bemerkungen können wir keine Hilfe sein, im Gegenteil, wir machen es nur schlimmer.

Noch eine Erscheinung möchte ich erwähnen, die man bei Depressiven häufig antrifft: Das Sich‑Vergleichen mit anderen Menschen, wie wir es z. B. in Psalm 73 von Asaph lesen. Kam er zu dem Ergebnis, dass er besser daran war als die übrigen, weil er den Herrn hatte und in Ihm reich war? Durchaus nicht. Er meinte vielmehr, es gehe ihm schlecht, während die anderen glücklich wären. Das Gute hatte er vergessen. So geht es oft bei dem Vergleichen, und so handelt auch der Depressive. Er sieht sich selbst immer in der schlechtesten Position.

Wer dies vor Augen hat, kann besser helfen.

WIE KÖNNEN WIR NUN HELFEN?

Fast immer gibt es einen Zusammenhang zwischen der Vergangenheit und den auftretenden Beschwerden. Die Krankheitsursache zu finden, ist schon die Hälfte der Wiederherstellung, weil dies auf die rechte Therapie hinweist. Zunächst einmal muss der Kranke sein eigenes Problem erkennen. Vielleicht sagt er, es fehle ihm nichts, weil er sich schämt und sich schlecht vorkommt. Er möchte sich, so gut es geht, selbst täuschen. Es hilft aber nichts, er muss zuerst seine Schwierigkeiten selbst zugeben.

Dann muss der Seelsorger versuchen, der Ursache des Leidens auf die Spur zu kommen. Er muss wissen, dass es körperliche, psychische oder geistige Ursachen gibt. Es kann auch eine Kombination verschiedener Ursachen vorliegen. Wer helfen will, braucht ferner etwas Einsicht in den Vorgang der Depression. Dazu habe ich schon einige Bemerkungen gemacht.

Wenn der Helfer das vorliegende Problem erkannt hat, kann er schließlich die Bibel zu Rate ziehen und anwenden. Dabei ist es sehr wichtig, dass er dem Leidenden Liebe beweist und ihm auch erklärt, dass Gottes Liebe bedingungslos ist, weil sie auf das vollbrachte Werk des Herrn Jesus gegründet ist. Deshalb kann der Vater jedem von uns in Gnade und Liebe begegnen.

Gott liebt den Menschen nicht, weil er etwas für Ihn geleistet hat. Gerade das Leistungsprinzip kann einen Menschen in die Depression treiben.

Über Verfehlungen haben wir schon gesprochen. Hierfür gilt 1. Johannes 1, 9: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“

Man muss aber auch klar unterscheiden zwischen echter Schuld und Pseudoschuld. Der gläubige Kranke sucht die Ursache seines Leidens in sich selbst und findet dann auch eine vermeintliche Schuld. Aber obwohl er sie vor Gott bekannt hat, fühlt er sich weiter schuldig, während wirkliche Schuld vergeben wird, wie das Wort Gottes sagt. Solche Schuldgefühle werden Pseudoschuld genannt.

Drei Hinweise für den Helfer

Zuoberst steht: Den Mitgläubigen akzeptieren.

Wir meinen natürlich alle, dass wir das tun, aber wie sieht die Praxis aus? Wenn wir dem Mitbruder oder der Mitschwester nur vorhalten, was nach unserer Meinung verkehrt gewesen ist, handeln wir dann nicht wie die drei Freunde Hiobs? Konnten sie helfen? Bekanntlich ganz und gar nicht. Im Verurteilen des anderen kommt zum Ausdruck, dass wir von uns selbst höher denken. Aber in der Schrift steht: „In meinem Fleische wohnt nichts Gutes“ (vgl. Röm 7, 18). Wir wissen wohl, dass auch wir zu allem Bösen fähig sind und dass nur die Gnade des Herrn uns bewahren kann. Wenn wir dies bedenken, sind wir besser imstande, den anderen, so wie er ist, anzunehmen. „Deshalb nehmet einander auf (oder: an), gleichwie auch der Christus euch aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit“ (Röm 15, 7). Wie hat der Herr Jesus uns aufgenommen? Welchen Grund hatte Er dazu? Was für Gutes hatten wir denn vor Ihm aufzuweisen? Gar nichts, nur Feindschaft, Hass und Sünde waren auf unserer Seite.

Wenn wir uns dies bewusst machen, können wir einander besser akzeptieren, in unserem Fall auch den depressiv Kranken.

Zweitens: Zuhören, d. h. ohne Vorurteile.

Das ist gewiss nicht jedermanns Stärke. Im allgemeinen nehmen wir das Gehörte auf, wägen ab, ob wir damit übereinstimmen können und bilden uns ein Urteil. Dann geben wir Antwort, mit oder ohne Argument.

Z. B. sagt jemand zu uns: „Ich wage nicht, mich in eine Menschenansammlung zu begeben.“ Vielleicht antworten wir darauf: „Ach was, natürlich kannst du das!“ Wir haben dann gar nicht richtig hingehört. Bedenken wir lieber, dass es der Depressive ernst meint und mit seinen Worten eine Absicht verfolgt, und dass hinter seinem ungewöhnlichen Verhalten eine Ursache steckt.

Zunächst muss man die Worte so nehmen, auch wenn sie uns nicht passen und wir die Dinge anders sehen. Man muss mit einem Kranken nicht „diskutieren“, er braucht unsere Hilfe, eine biblische Hilfe.

Stellen wir besser ergänzende Fragen, wie: Was fühlst du denn? Warum empfindest du das? Oder: Warum möchtest du da und dort nicht hingehen?

So bekommt unser Gesprächspartner Gelegenheit, sich zu äußern. Er merkt auch, dass er nicht abgelehnt wird – sein Vertrauen wächst. Das ist von größter Bedeutung. Ebenso notwendig ist es auch, dass wir den Aussagen positiv begegnen, selbst Vertrauen schenken, Liebe beweisen und etwas Ermunterndes sagen. Das alles kostet viel Zeit und Geduld. Daher ist es auch nicht einfach, einem anderen zu helfen. Aber es lohnt sich.

Und zum Schluss: Ermunterung ist wichtig!

Der Kranke hat große Mühe, selbst Entscheidungen zu treffen. In dieser Lage bestehen für den wohlmeinenden Helfer zwei Gefahren:

1. Er stellt den Depressiven trotzdem vor die wichtige Entscheidung, ob er z. B. ein Haus kauft oder nicht. Gerade zu einer solchen Entscheidung ist er aber ja jetzt nicht in der Lage.

2. Er nimmt dem Kranken jede Entscheidung ab, indem er sagt: Ich mache das für dich. Wie aber soll der Mutlose so selbständig werden und aus seinem Kreislauf herauskommen? Er fühlt dann noch mehr als bisher seine Kraftlosigkeit.

Richtig ist, dass wir ihn ermuntern, mit der Hilfe des Herrn selbst die Lösung zu finden, und ihn dann auch beim Beschreiten des neuen Weges unterstützen. Das sollte stufenweise geschehen.

Römer 12, 15 sagt uns: „Freuet euch mit den sich Freuenden, weinet mit den Weinenden.“ Obwohl das gewiss nicht einfach ist, heißt das in unserem Fall, mit dem Kranken mitzuempfinden, Verständnis zu haben, und die Verheißungen aus dem Worte Gottes zu betonen. Vermeiden wir jetzt möglichst Ermahnungen, denn der Depressive hat sich selbst schon genug beschuldigt und verurteilt.

Nach meiner Erfahrung ist es notwendig, ihm immer wieder zu sagen, dass es eine Hoffnung gibt, wie in Römer 5, 2b‑5 steht: „… und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsale, da wir wissen, dass die Trübsal Ausharren bewirkt, das Ausharren aber Erfahrung, die Erfahrung aber Hoffnung; die Hoffnung aber beschämt nicht, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist.“

Es konzentriert sich alles auf Hoffnung, und wir dürfen diese Hoffnung vermitteln. Gerade dann, wenn jemand im dunklen Tal ist, vielleicht im Tal des Todesschattens, dürfen wir ihm Hoffnung machen. Es gibt einen Ausweg.

Ist das nicht ein lohnender Weg, wenn wir ganz allgemein dies einander weitergeben und so dem anderen ‑ durch die Gnade des Herrn ‑ eine Hilfe sein können, indem wir uns gegenseitig annehmen, uns Zeit füreinander nehmen, einander Liebe beweisen und so weiterhelfen zur Ehre Gottes?

1 Psychische Ursachen haben Auswirkungen auf den Körper. Ein zerschlagener Geist kann auf das Gebein eine solche Auswirkung haben, dass es gleichsam vertrocknet. Ein Depressiver stellt auch fest, dass alle möglichen Körperfunktionen reduziert werden.

Besiegte Schwermut, Richard Kriese

04/19/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die „depressive Welle"BN1521-3.jpg?1681900836011

Bei einem „Hearing" vor dem Gesundheitsausschuß des Bundestages - so meldete die Presse - erklärten 13 Wissenschaftler, daß 8 bis 10 Prozent der Bevölkerung psychiatrische Hilfe brauchen. Gestützt wird diese statistische Aussage durch eine Mitteilung der Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel bei Bielefeld. Es wird nämlich darauf hingewiesen, daß in der Bundesrepublik 6 bis 7 Millionen Menschen „einer psychiatrischen Versorgung in unterschiedlicher Form" bedürfen. Anderen Meldungen zufolge ist jeder zehnte Student psychisch krank, und 30 Prozent der akademischen Führungskräfte leidet unter „neurotischen Symptomen oder Tendenzen". Diese Zahlen, die vermutlich sprunghaft ansteigen, wenn man die Dunkelziffer dazurechnet, beweisen, daß psychogene Krankheiten rapide zunehmen.

Kommt eine „depressive Welle" auf uns zu, wie manche meinen? Vieles deutet darauf hin. Ärzte fordern strukturelle Änderungen der Krankenhäuser und sprechen sich dafür aus, daß bei Neubauten psychiatrische Kliniken eingeplant werden - ein Zeichen dafür, wie aktuell die Problematik seelischer Erkrankungen geworden ist. In die gleiche Richtung weist ein Zitat von Prof. Viktor von Weizsäcker, der behauptet hat, die Bundesrepublik habe 4000 Psychiater zu wenig. Und Rauschgiftexperten wissen längst, daß der Trip ins Drogenparadies vorwiegend von solchen gewagt wird, die zur „traurigen Generation" gehören. Während man also fortschrittsgläubig die Welt von morgen entwirft und am Horizont bereits den Supermenschen aufmarschieren sieht, der chemisch gesteuert unsere Erde in ein Paradies verwandelt, stellen Nobelpreisträger fest, daß der „moderne Mensch immer mehr degeneriert".

Man könnte den Eindruck haben, daß die „Wohlstandswelle" und „Sexwelle" von einer gefährlichen Unterströmung getragen wird, die immer häufiger Tausende in den Sog der Depressionen reißt. Gewiß kann man diese geradezu alarmierende Entwicklung den Experten überlassen mit dem einleuchtenden Satz: „Sorgt dafür, daß die depressive Welle' eingedämmt wird, und denkt darüber nach, unter welchen Bedingungen sie wieder abebbt." Solange die Frage, ob Schwermütigen geholfen werden kann, nur andere angeht, kann man sich das Problem der Depression mit solchen Sprüchen einigermaßen - wenn auch nicht immer mit gutem Gewissen - vom Leibe halten. Was aber, wenn die Schwermut in die eigene Familie lautlos einbricht und sich wie eine schwarze Dunstglocke über jede freie Stunde legt? Manche sind dann schnell dabei, den Mann oder die Frau, den jungen oder das Mädchen, den Vater oder die Mutter in eine Nervenklinik abzuschieben. Andere, die möglicherweise nach Monaten, vielleicht sogar nach Jahren nervenärztlicher Behandlung keinen Erfolg sehen, qualifizieren den Schwermütigen ab - bewußt oder unbewußt - mit dem viel zu leichtfertig dahergeredeten Satz: „Ein Psychopath!"
Abgesehen davon, daß damit nicht viel gesagt ist und bekanntlich jeder seine „Macke" hat, jagt man mit einem solchen Umhängeschild seelisch Leidende in die Isolierung, aus der nicht wenige entweder im Rausch oder im Selbstmord ausbrechen.

Die Gemeinde Jesu darf sich eine solche Haltung nicht leisten. Sie ist dazu aufgerufen, in der Kraft ihres auferstandenen Herrn sich auch bei seelisch Leidenden im besten Sinne des Wortes mitmenschlich zu engagieren. Sie darf, je länger je mehr, ihre Türen nicht nur solchen öffnen, mit denen man das gemeindliche Image aufpolieren kann, sondern auch - vielleicht sogar in erster Linie - solchen, die man draußen als „seelische Krüppel", als „Strandgut der modernen Gesellschaft", als „lästige Psychopathen", in die Randzonen und damit in die Bedeutungslosigkeit abdrängt. Es ist ein Gebot der Stunde, daß sie Psalm 34, 19 ernst nimmt: „Der Herr ist nahe bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben." Gott will die „Niedergeschlagenen aufrichten" (Ps. 146, 8), also den Schwermütigen helfen; nicht nur durch den Facharzt, sondern auch durch Menschen, die an der Landstraße des Lebens schlicht, aber deshalb nicht minder wichtig, wie ein barmherziger Samariter helfen.
Dabei können allerdings verhängnisvolle Fehler gemacht werden, die den Heilungsprozeß verzögern, wenn nicht gar verhindern. Die Rundfunkseelsorge hat mir das mehr als einmal deutlich gezeigt. Weil sich in jedem Jahr auch einige hundert Rundfunkhörer melden, die an Depressionen leiden und nicht wissen, wie sie sich richtig verhalten sollen, Angehörige fragen, wie man mit Schwermütigen umzugehen hat, und Seelsorger anscheinend immer häufiger darüber nachdenken, an welchen Stellen sich Grenze und Möglichkeit seelsorglichen Handelns abzeichnet, möchte ich einige Beobachtungen, Erfahrungen und Einsichten weitergeben, die ich nicht zuletzt christusgläubigen Nervenärzten verdanke. Damit ist bereits angedeutet, daß dieser Beitrag nicht so verstanden werden darf, als könne man mit einer Handvoll guter Tips auf den Nervenarzt in jedem Fall verzichten. Im Gegenteil! Es soll deutlich werden, wie Schwermütige und Angehörige, die einen seelisch Leidenden zu betreuen haben, die Bemühungen des Arztes vorbereiten, unterstützen, ergänzen und -wo es um die geistliche Dimension geht - vielleicht auch je und dann korrigieren. Der Gemütskranke kann nicht immer sofort in eine Klinik eingewiesen werden. Wochenlange Wartezeiten sind heute durchaus keine Seltenheit. In der Zwischenzeit kommt es darauf an, unnötige Fehler zu vermeiden. Das gilt auch für die Zeit nach einer klinischen Behandlung.

Wenn wir uns das, was ein Laie über Ursache, Verlauf und Heilungsprozeß depressiver Erkrankungen wissen kann, angeeignet haben, uns geduldig und liebevoll um den Menschen kümmern, der als Schwermütiger auf unsere Hilfe wartet, und dabei dem Arzt nicht vorschnell in den Arm fallen, können wir dazu beitragen, daß Schwermütigen geholfen wird. Eine schwere, aber auch eine schöne Aufgabe, bei der wir entdecken können: „Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind" (Ps. 146, 8).

Können Sie, mir helfen?
So fragen nicht nur Leute, die gelegentlich einen guten Tip brauchen Wenn diese Frage bei Schwermutigen oft mühsam und halb verzweifelt über die Lippen kommt, wird sie unversehens zu einer stillen, aber darum nicht minder eindringlichen Herausforderung, die den Gesunden an einer entscheidenden Stelle provoziert. Der
Depressive will gesund werden. Aber er weiß oder aNnit
zumindest, daß er dazu einen Menschen notig hat, der bereit ist - vielleicht sogar über eine längere Wegstrecke hinweg - an seiner Seite zu bleiben Dazu zwei Briefzuschriften, die das verdeutlichen können. Ein 22 Jahre alter Verwaltungsangestellter hat geschrieben:
„Ich stehe unter einem seelischen Streß, wie ich ihn mit Worten nicht beschreiben kann. Mit meinem Leben kann ich nichts mehr anfangen Alles erscheint mir einfach sinnlos. Das Wort ‚allein' löst bei mir fast Wahnvorstellungen aus. Mein großes Problem: Wie finde ich einen Menschen, einen Freund, 'der mit mir lacht und mit mir weint? Ich habe die Suche aufgegeben, weil ich keine Kraft mehr habe. In meinen Augen ist alles ohne Sinn. Seit Jahren habe ich Sorgen, Sorgen, Sorgen und nicht eine einzige Freude. Heute kann ich ganz einfach nicht mehr, habe keinen Lebenswillen. Zehn Jahre seelische ‚Depressionen: das hinterlaßt in einem Menschen Spuren"
So ahnlich hat es auch eine Rundfunkhörerin mittleren Alters formuliert
„Keiner hat Zeit', ‚einen richtig anzuhören. Ach, man möchte auch nicht mehr 'davon reden (Depressionen). Von Zeit zu Zeit melde ich mich, aber die Monate gehen dahin. Nichts! Keine Zeit! Ich bin abends zu müde und traurig, um zu beten. Aber ich gehe dabei.
• kaputt, weil ich niemanden habe, der von meinem• Leid weiß und es mittragt Ich habe kein Vertrauen mehr. Jetzt heule ich nur noch In den Boden mochte ich mich verkriechen vor lauter Leid und Traurigkeit.«
In solchen Briefen steht gleichsam zwischen den Zeilen die Frage »Können Sie mir helfen?« Es ist nur allzu verständlich, wenn Schwermutige so fragen Die Depressionen haben sich wie ein Bazillus ins Gemüt eingeschlichen Sie blockieren die Gedanken, ersticken die Freude, lahmen den Willen Das Leben ist zu einem dunklen Labyrinth ohne Hoffnung geworden Die Kraft zum Leben fehlt Weltanklagen und Selbstver-
achtung sitzen wie Dornen in der wunden Seele Man kann kaum noch die Augen heben und fühlt sich bedruckt, erschöpft, todmüde. Das ist Schwermut Das sind Depressionen, die Hunderttausende erleiden und Millionen furchten Wer kann diesen Menschen helfen?
Sind es hochquahfizierte Fachärzte, die mit der breiten Skala psychologischer Arbeitsmethoden haarscharf Diagnosen stellen und eine Therapie empfehlen können, die den Erfolg geradezu garantiert Abgesehen davon, daß zuweilen auch der beste Psychiater sehr bald vor einem „ungeklärten Rest" kapitulieren muß und demzufolge auch je und dann in seinen therapeutischen Maßnahmen unsicher ist, kann dem Depressiven letztlich nur geholfen werden, wenn ihm im Arzt so etwas wie eine therapeutische Persönlichkeit begegnet, die sich in gewisser Weise mit dem Gemütskranken identifiziert, sich also in die Situation einfühlt, geduldig Tatbestände re-
gistriert und zuordnet, vor allen Dingen aber den Patienten zu akzeptieren bereit ist und die Sache des Schwermutigen zu seiner eigenen Sache macht Diese Haltung ist mir vor allen Dingen bei christusgläubigen Arzten in einer solchen Intensität begegnet, daß ich
mich als Seelsorger zuweilen beschämt fühlte.
Identifikation mit dem Schwermütigen - das ist der entscheidende Punkt, auch für solche, die sich seelsorglich um einen Gemütskranken muhen Der gute Seelsorger wird nicht in erster Linie an einem großen Volumen psychologischen Wissens erkannt, das er wohlproportioniert in einem theologischen Überbau unterbringt Man erkennt ihn auch nicht daran, daß er sich in seiner Mitmenschlichkeit darum bemüht - koste es, was es wolle -‚ die autoritative Seelsorge zugunsten einer kommunikativen zu ersetzen, geduldig und sorgfältig Problemkerne einkreist und dann schließlich eine bunte Palette verschiedener Problemlosungen anbietet Wer als Seelsorger nicht in die Seelsorge gewissermaßen mit seiner ganzen Person „eingeht" - sich also mit dem Schwermutigen identifiziert -‚ bleibt letztlich im Vorfeld und wird bewußt oder unbewußt an einem Menschen schuldig, der, von Depressionen gequält, wissen mochte ,Können Sie mir helfen«
Sprachlich hat das Wort Identifikation folgende Bedeutung Gleichsetzung, jemanden oder etwas genau wiedererkennen, völlig wesensgleich sein (auch von Per-sonen),vollkommene Gleichheit bzw. Übereinstimmung zweier Dinge oder Personen. Kann man sich mit dem Depressiven so in eins setzen, die Sache des Kranken ganz zu seiner eigenen machen - nicht nur mitleidig sein, sondern mitleiden -'ohne daß man dabei selbst das psychische Gleichgewicht verliert Eine berechtigte Frage, die jeder kennt, der einen Schwermutigen zu betreuen hat Identifikation mit einem seelisch Leidenden ist „Arbeit der Seele", die gelegentlich von uns das Letzte an geistiger und geistlicher Substanz fordert, die aber auch ganz entscheidend dazu beitragt, daß diese Identifikation zu einem Lauterungsprozeß wird, aus dem wir als barmherzige Menschen hervorgehen
Was Identifikation mit Leidenden bedeutet, wird bei Jesus ablesbar. Er weinte mit den Weinenden, als man ihm sagte, daß Lazarus, sein Freund, gestorben sei. »Als er das Volk sah, jammerte ihn desselben", so wird Matthäus 9, 36 in den älteren Lutherübersetzungen wiedergegeben. In neueren Übersetzungen steht: »Es packte ihn ein tiefes Erbarmen« oder: „Er empfand Mitleid mit ihnen." Der Bericht von der Heilung eines Taubstummen kann das veranschaulichen. In. Markus 7, 33-35
ist zu lesen: »Er führte ihn von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte seine Zunge mit Speichel. Dann sah er auf gen Himmel, seufzte und sprach zu ihm: Hepatha! das ist: Tu dich auf! Und sofort taten sich seine Ohren auf, und das Band seiner Zunge ward los, und er redete recht."
Das ist Identifikation. Jesus fühlt nicht nur mit dem Leidenden. Er tut das, was der Taubstumme nicht tun kann, und zwar so, als wäre er selbst taubstumm.
Im Blick auf die Evangelisation sagte D. T. Niles:
„Könnt Ihr die Namen von Menschen nennen - zwei oder drei vielleicht, um die Ihr echte Sorge tragt, weil sie keine Christen sind? Es sind gute Menschen, gute
Freunde; aber immer, wenn Ihr an sie denk; fühlt
Ihr einen Schmerz in Eurer Seele, weil sie nicht Jesus Christus dienen. Gibt es solche Menschen in Euren, Leben? Wenn nicht, dann seid Ihr keine Evangelisten, ganz gleich, wieviel evangelistische Arbeit Ihr leisten mögt." Die Formulierung „Schmerz in der Seele« sagt, was mit Identifikation gemeint ist. Das gibt es doch: Man kann körperlich darunter leiden, daß Menschen' an Jesus Christus vorbeigehen und mit offenen Augen in die Hölle taumeln. Liebe leidet. Wie kann doch eine Mutter oder ein Vater die Schmerzen des kranken Kindes geradezu physisch mitfühlen! Das ist Identifikation. Allerdings darf diese Identifikation weder im Empfinden noch in Worten steckenbleiben.
Das zeigt das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Wenn wir dieses Gleichnis in einzelne Szenen aufteilen
und sie uns dann gleichsam im Zeitlupentempo anschauen, könnten wir sagen: Der barmherzige Samariter sieht den Mann, den die Räuber halbtot geschlagen hatten, »es jammert ihn", er empfindet also Mitleid, identifiziert sich mit dem Verwundeten, sieigt von seinem Lasttier, geht an den Mann, der auf der Straße liegt und sich in seinen Schmerzen krümmt, ganz dicht heran, kniet neben ihn hin, schaut sich die Wunden an, behandelt sie mit CM und Wein, richtet den Stöhnenden auf, hebt ihn auf sein Lasttier - so vorsichtig wie nur irgend möglich -‚ sucht ein Gasthaus, legt den Verwundeten so, daß er ihn gut pflegen kann, spricht mit dem Wirt und bittet ihn, daß er sich um den Schwerverletzten küziimert, bezahlt die Pflegekosten, verabschiedet sich und verspricht wiederzukommen.
Schwermütige sind zwar nicht äuß undet wie jener Mann, der von Jerus em nach Jericho hinabging und von Räubern blutig geschlagen wurde. Aber ihre
el& ist wund. Die Räuber widriger Lebensui1ia falscher Entscheidüngen, körperlicher Beschwerden, unglücklicher Veranlagungen, okkulter Praktiken haben sie auf der Landstraße des Lebens „niedergeschlagen". Und nun warten sie auf einen, der die Schmerzen lindert und sich um sie kümmert.
Eigentlich sollten das Priester und Leviten tun, also Seelsorger und Gemeindemitarbeiter. Aber sie gehen zu oft - viel zu oft - vorüber. Und doch: Seien wir barmherzig! Manche sind selbst innerlich wund und haben einfach keine Kraft, auch noch zusätzlich anderen Wunden zu verbinden. Gewiß, man sieht es ihnen äußerlich nicht immer an. - Als ob psychische Erkrankungen sofort zu erkennen wären! - Und doch bluten sie heimlich aus vielen Wunden, ganz ähnlich wie der schwerverwundete Mann, der von Räubern überfallen, ausgezogen, geplündert und zusammengeschlagen worden ist. Andere haben Angst vor den Banditen und

möchten das letzte Bißchen geistlicher Substanz bei einer zwar notwendigen, letztlich aber doch mit vielen Risiken verbundenen mitmenschlichen Aktion nicht aufs Spiel setzen. Und schließlich wird es auch solche geben, die zwar den-Mann auf der Straße sehen, aber weder „Cl" noch „Wein« haben, um die Wunden richtig zu behandeln.
Und darum nimmt Gott immer wieder einmal „Laien«,
die es einfach nicht fertig bringen, an dem Mann, der unter die Räuber gefallen ist, vorüberzugehen. Sie sind zwar auch unterwegs wie Priester und Leviten, aber sie haben einen klaren Blick für Leute, die auf der Strekke geblieben sind. Und weil sie nicht vor lauter Id christlichem Management, theologischen Einsichten und falsch verstandener Frömmigkeit gewissermaßen 10 Zentimeter über der Straße schweben, können sie zupacken. Sie tun! das, denn sie identifizieren sich mit dem seelisch Leidenden, der aus vielen Wunden blutet; knien neben ihn nieder, nehmen sich Zeit, korrigieren ihre Terminpläne und behandeln dann psychische Wunden nicht mit ätzender Kritik oder stachligen Willensappellen, sondern „weinen mit den Weinenden", beten, trösten, richten auf und geben weiter, was sie selbst empfangen haben: barmherzige Liebe in der Kraft des Heiligen Geistes.

Sie denken und handeln so konkret, so umsichtig, so liebevoll, daß sie nicht nur im richtigen Augenblick den Arzt konsultieren, der für eine qualifizierte Pflege - wenn nötig, für eine klinische Behandlung - sorgt, sondern kümmern sich um den Depressiven such dann noch, wenn ärztliche Bemühungen vorerst abgebrochen werden. Das ist Identifikation mit psychisch Leidenden in letzter Konsequenz.
Solche Leute können Schwermütigen helfen. Ob der Einsatz und das Risiko nicht zu groß sind? Eine Rundfunkhörerin hat folgendes geschrieben:
16 „Eine ältere Frau wurde wegen Suizidversuches eingeliefert. Tagelang saß sie mit starken Depressionen im Tagesraum. Sie machte sich ständig Vorwürfe, daß sie ihre ganze Familie damit geschändet habe und konnte sich an nichts mehr beteiligen, nicht einmal an einem Gespräch mit anderen Patienten. Ich versuchte täglich, mit dieser Frau ins Gespräch zu kommen und sagte ihr, daß Jesus auch für ihre Sünde gestorben sei und daß er ihr alle Schuld vergeben wolle, wenn sie ihm ihr Leben anvertraut. Und doch hatte ich jedesmal den Eindruck, als redete ich gegen eine Wand, als würde mich diese Frau gar nicht anhören, weil sie immerzu mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt war. Als ich sie einmal fragte, ob sie denn beten würde, sagte sie: ‚Ich kann nicht mehr beten. Nach einigen Tagen verlor ich den Mut, irgend etwas zu unternehmen. Da erinnerte ich mich daran, daß bei Gott kein Ding unmöglich ist. Ich bat ihn, diese Frau von den Depressionen zu befreien. Dann wartete ich noch einige Tage und sprach erneut mit ihr; Nichts geschah. Dann kam ich in eine andere Abteilung. Als ich nach etwa zwei Wochen dieselbe Patientin wieder traf, strahlte sie mir schon von weitem entgegen. Sie sah sehr glücklich aus. Als ich sie dann fragte, ob sie verstanden habe, was ich ihr vor einigen Wochen gesagt hatte, antwortete sie: ‚Ja, und beten kann ich auch wieder.' Diese Erfahrung hat mich tief beeindruckt."
Wer solche und ähnliche Dinge aus nächster Nähe miterleben darf, ist nicht nur für die „Arbeit der Seele" entschädigt. Er ist um eine geistliche Erfahrung reicher geworden, wird nicht mehr vorschnell und unqualifiziert seelisch Leidende als lästige Psychopathen abwerten, kann sicherlich auch bei anderen Vorurteile gegenüber psychisch Kranken abbauen und weiß: Gott kann!


ISBN: 9783920345420
Format: 18 x 11 cm
Seiten: 206
Gewicht: 185 g
Verlag: @Francke Buchhandlung
Erschienen: 1974
Einband: Taschenbuch

Nie tiefer als in Gottes Hand, Edith Schaeffer

03/20/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Warum? Warum? BN2498-2.jpg?1679268693145
Aufgeweckte blaue Augen, ein dicker blonder Haarschopf, rosige Wangen - alles sprach dafür, daß der dreijährige Philip ein robuster, gesunder Junge war. Zusammen mit seiner Schwester und den anderen Kindern hatte er oft seinen Apfelsaft getrunken und Kuchen gegessen, während seine Mutter Claire-Lise und die anderen Frauen vor meiner Bibelstunde am Donnerstagmorgen ihren Kaffee oder Tee tranken. 

Dann kam eine scheinbar leichte Erkrankung - Kehlkopfdiphterie. Eines Tages spielte seine fünfjährige Schwester neben seinem Bett. Auf einmal schluckte und würgte er, und dann war alles still. »Mama, Mama! Philip ist weg!« Gwen spürte instinktiv, daß ihr Bruder nicht mehr mit ihr im Zimmer war. Sein Körper lag noch da, aber Philip war fort. Wie konnte das geschehen? Warum?
Im Musikkonservatorium in Lausanne. Ein ständiges Kommen und Gehen. Die Musiker üben auf ihren Instrumenten, lernen, korrigieren Fehler. Freude, Eifer, Kultur. An einem Nachmittag im April 1972 wartet die neunjährige Anne-Franoise im Foyer des Konservatoriums auf ihre Mutter, die noch oben ist und mit dem Lehrer spricht. Plötzlich rennt ein junger Geistesgestörter, dem die Klinik für einen Tag Urlaub gegeben hat, die Straße hinunter, in der Hand ein Küchenmesser. In sieben Minuten verletzt er sechs Passanten. Kurz bevor man ihn fassen kann, stürmt er in die Musikschule und tötet das Mädchen. Wie ist das möglich? Warum?
Der 20jährige David Koop wurde bei einer Frühjahrsklettertour von einem herabfallenden Felsbrocken getroffen, fiel aus der steilen Wand und hing nur noch leblos am Seil seines Kameraden. Bloß ein Fall für die Unfallstatistik dieses Jahres? Nein. Dieser 20jährige war, wie die anderen auch, ein geliebtes Kind seiner Eltern, hier Dr. und Mrs. C. Everett Koop. Dr. Koop ist ein bekannter amerikanischer Kinderchirurg, der schon vielen Neugeborenen das Leben gerettet hat. Und David war auch ein Sohn des himmlischen Vaters; er stand im aktiven Dienst für Gott, entschlossen, seinen nach Sinn suchenden Altersgenossen die Wahr-
heit zu zeigen. In der Bibel, die er zurückließ, war ein Lesezeichen. Er hatte am Morgen vor der Klettertour im Judasbrief gelesen, und der 24. Vers war angestrichen: »Dem aber, der euch vor dem Straucheln behüten kann und euch untadelig stellen vor das Angesicht seiner Herrlichkeit mit Freuden. . .« Gott war fähig, ihn vor dem Sturz zu bewahren. Wie konnte er trotzdem abstürzen? Warum?
Gerade schrieb ich an die Eltern eines Neunzehnjährigen, der Krebs im Endstadium hat. Einige Zeit schien die Krankheit überwunden, aber dann flammte sie erneut auf, und es besteht keine Hoffnung mehr. Warum dieser Rückfall? Warum?
Warum? Der Brief davor ging an eine junge Frau, die aus dem Fenster gesprungen war, um ihrem Leben ein Ende zu machen. Warum brach sie sich nur den Rücken und die Knöchel? Warum starb sie nicht? Warum?

John und Betty Stam waren jahrelang zur Bibelschule gegangen. Dann waren sie aufs Missionsfeld nach China gefahren, hatten die Sprache erlernt und waren nun bestens vorbereitet für ihren Dienst. Sie waren das ideale Missionarsehepaar, und lange, fruchtbare Jahre schienen vor ihnen zu liegen. Aber dann - es war Mitte der dreißiger Jahre - wurden sie von einer kommunistischen Teenagerbande überfallen. Die Kommunisten fesselten ihnen die Hände auf den Rücken, schleiften sie in ihrer Unterwäsche durch die Straßen und schlugen ihnen den Kopf ab.
Betty hatte dieses Gedicht geschrieben:
Angst - wovor?
Zu fühlen, wie der Geist wird frei,
wie Schmerz zu tiefer Ruhe wird,
des Lebens Müh und Last hört auf?
Angst - davor?
Angst - wovor?
Das Antlitz des Erlösers sehn,
die ausgestreckte Hand, den Glanz
der Wunden seiner Herrlichkeit?
Angst - davor?
Angst - wovor?
Ein Blick, ein Krach, ein Stoß durchs Herz,
Dunkel - dann Licht und himmelwärts!
Durch seine Wunden völlig heil!
Angst - davor?
Angst - wovor?
Des Lebens Same sein imTod,
ein Blut, das Steine fruchtbar macht,
daß Seelen wachsen hin zu Gott?

Angst - davor?
Ein Gedicht voll tiefer Wahrheit. Aber warum mußte es im Leben dieses jungen Paares, für das doch so viele Menschen gebetet hatten, so früh Realität werden? Warum? Ihr Baby hatten sie in dem Raum zurücklassen müssen, wo man sie für die Nacht gefangenhielt. Wie kam es, daß ein alter chinesischer Christ bereitwillig seinen Kopf hinhielt, damit das Kind am Leben blieb? Ein Leben für ein Leben - und zwei andere abgeschnitten. Warum?
Baronin Christa von Mirbach summte eine Melodie vor sich hin, während sie sich zum Ausgehen fertigmachte. Sie wollte ein paar Besorgungen erledigen und sich dann mit ihrem Mann zum Mittagessen treffen. Ihr Summen war nicht leichtsinnig, denn sie kannte sehr wohl die Gefahren, die das Leben in einer Botschaft in unserer so haßerfüllten und gewalttätigen Zeit mit sich bringt, und betete jedenTag treu darum, daß Gott ihren Mann bewahren möge. Baron von Mirbach war Mi1itärattach in der Deutschen Botschaft in Stockholm. Auch er war Christ, und er hatte Gott gebeten, ihm und seiner Frau zu zeigen, ob sie ihm vielleicht nicht an einem anderen Platz dienen sollten. Sie hatten lange auf Gottes Führung gewartet.
Nun, an jenem Morgen wurde die Botschaft von BaaderMeinhof-Terroristen überfallen. Mit vorgehaltener Pistole nahmen sie Sekretärinnen und andere Mitarbeiter gefangen. Ihre Forderung: »Laßt unsere gefangenen Genossen frei, dann lassen wir diese Leute frei; sonst erschießen wir alle 15 Minuten eine Geisel.« Warum mußte der Baron als erster sterben? 

Vielleicht wegen seiner militärischen und edlen Haltung, seiner ruhigen, natürlichenAutorftät? Oder war es seinAdelstjtel? Was immer der Grund war, wenig später wurde sein Körper, von sieben Kugeln durchbohrt, die'fteppe hinuntergewörfen.

Baronin von Mirbach war zu diesem Zeitpunkt möglicherweise die einzige, die nicht vor dem Radio oder Fernseher saß. Sie wartete an dem vereinbarten Treifpunkt auf ihren Mann. Er hatte
gesagt: »Wenn ich nach 20 Minuten noch nicht da bin, habe ich eine andere Verabredung.« Als er nicht kam, war sie daher nicht
beunruhigt, sondern ging weiter ihren Besorgungen nach. Wie Christa und ihre Zwillinge, ein zwölfjähriger Junge und seine Schwester, einige Zeit später die Kraft bekamen, die Todesnachricht zu hören und trotzdem an ihremVertrauen und ihrer Liebe zu Gott festzuhalten, ist ein Geheimnis, das sich in der Geschichte der Familie Gottes immer wieder wiederholt. Es ist Gnade in größten Krisen. Was nicht bedeutet; daß Baronin von Mirbach und ihre Kinder, die Eltern des ermordeten Mädchens in Lausanne oder die anderen, über die ich gesprochen habe, nicht auch immer wieder Wellen der Trauer und Depression erleben. Wir sind Menschen, wir dürfen nicht erwarten, daß wir ungerührt über der Frage »Warum?« stehen.

Und die Frage ist groß und furchtbar. Es schreit in dieser Welt: Warum diesesTöten und Morden, warum all dieserTerror? Warum können ausgerechnet Leute, die sich Pazifisten nennen, die perversesten Mörder sein? Was ist los mit dieserWelt? Woher kommt das alles?
Wir waren nach Philadelphia gerufen worden, weil meine Schwiegermutter einen Schlaganfall erlitten hatte, den sie nach Meinung des Arztes nicht überleben würde. Aber es gelang uns, sie ins Leben zurückzupflegen, und nach sieben Wochen war sie gesund genug, um zu uns in die Schweiz zu kommen, wo wir sie im Chalet les MM&es noch sieben Jahre betreut haben. Mit 89 stürzte sie im Chalet und brach sich den Oberschenkel und die Hüfte. 

Aber die lange Operation in dem kleinen Krankenhaus in Aigle war erfolgreich, und einige Zeit konnte Großmutter sich sogar mit einer Gehhilfe selbständig fortbewegen. Nach dem nächsten Schlaganfall konnte sie nicht mehr sprechen, und nach und nach mußten wir sie in ihrem Krankenhausbett, das wir in einem
Zimmer im Obergeschoß aufgestellt hatten, rund um die Uhr betreuen. Monatelang flößten wir ihr mit einem Löffel Nahrung ein, die sie mochte und schlucken konnte. Dann kamen lange Wochen, in denen sie nicht mehr schlucken konnte; Atmung und Herz waren aber noch stark. Dann wurde aus dem Atmen ein Keuchen, aber das Herz schlug immer noch stark. Ja, dieTrennungvön Geist und Körper erfolgt nicht immer schnell, und der »natürliche Tod« ist nicht immer so natürlich. Wie kann das sein? Warum?
Mein eigener Vater wurde 101 Jahre alt. An seinem 100. Geburtstag versetzte er die Verwandten, die anwesend sein. konnten - Kinder, Enkel, Urenkel - mit seinen Wortspielen und treffenden Bemerkungen, die ein großes Wissen in Politik, Sport, Familienangelegenheiten und anderen Dingen verrieten, in nicht geringes Erstaunen. Sein Geist war alles andere als verkalkt - aber er war in einem Körper gefangen, der ihm immer mehr zum Ärgernis wurde. Man merkte es an demWiderwillen, mit dem er auf seine Fingergelenke schaute, die er fast nicht mehr bewegen konnte; man merkte es daran, daß er mit einem Stock gehen mußte oder plötzlich einschlief, wenn er eigentlich weiterreden wollte.

Sein »Ich habe immer davon geträumt, 100 Jahre alt zu werden, aber ich glaube, das war ein Fehler! « klang recht amüsant, aber in Wirklichkeit war es sehr ernst. Er wußte jetzt, was es hieß, »lebendig zu sterben« - so ganz allmählich seine Beweglichkeit, Kreativität, Kontrolle zu verlieren. An die Stelle der Angst vor demTod war die Angst vor dem abbröckelnden Leben getreten.
Wann ist der Tod überhaupt »natürlich«? Wann ist er passend?. Wann kommt er zur, rechten Zeit für den Sterbenden, für seine Familie, für seine Freunde? Wann ist der Tod nicht ein Schock? Wann ist er »normal«? Was ist derTod?

Die Geschichte bewegt sich nur in eine Richtung. Auf die - Ursache folgt dieWirkung. Wenn ich etwas bereue und am liebsten wieder ungeschehen machen würde, kann ich nicht einfach die Zeit (ob es nun Minuten,Tage oder Jahre sind) zurückdrehen und die anstößige Situation noch einmal neu durchleben. Die Worte »Hätte ich nur .. .« oder »Hätte ich nur nicht ... !« können immer nur Wunschträume bleiben. Nun, auch das Eintreten des Todes in dieseWelt ist die Wirkung einer Ursache— das Ergebnis einer ganz bestimmten Handlung, die wiederum auf eine ganz bestimmte Entscheidung folgte. 

Seit dieser Handlung ist derTod für alle Menschen ein Muß - bis zu jenem wunderbaren Augenblick in der Zukunft, wo die verheißenewiederkunft Christi Wirklichkeit wird und dem Tode die Macht nimmt.

Der erste Tod war eine »Wirkung«. Die Ursache kam nicht von irgendwo her, sondern war eine bewußte Entscheidung eines bestimmten Menschen, den Gott ausdrücklich davor gewarnt hatte, von den Früchten eines bestimmten Baumes im Garten zu essen, denn sobald er davon äße, würde derTod folgen. Gott hatte den Menschen, Mann und Frau, nicht dafür geschaffen, zu sterben. Körper und Geist waren als Einheit gedacht und nicht dazu, auseinandergerissen zu werden. 

Der Körper des Menschen - diese wunderbare Schöpfung, komplizierter als alles andere im Universum - ist etwas ungeheuerWertvolles, und das nicht nur für uns, sondern auch für Gott. Wir haben ihn bekommen, um uns voll als Menschen entfalten zu können. Mit ihm können wir schmecken, riechen, fühlen, hören, sehen, denken, lieben, sprechen, Entscheidungen treffen und kreativ sein. Der Körper ist keine bloße Hülle, kein minderwertiges Anhängsel. Er gehört zur Ganzheit der Persönlichkeit, er ist ein fester Teil des Ichs mit all seinem gewaltigen Potential in Arbeit und Freizeit, Wissenschaft und Literatur, Kunst und Musik und in allen anderen Bereichen unseres Lebens, das Gott uns geschenkt hat. 

Die Augen können Liebe und Zorn, Zustimmung und Abscheu ausdrücken. Die Stimmbänder, Zunge und Lippen können eine fantastische Skala von Gedanken, Bildern, Gefühlen kommunizieren. Die Hände könnenWerkeuge und Kunstwerke herstellen und die Hand eines Kindes führen. Und doch - durch den Tod wird all dies zunichte gemacht. Wir stehen neben der leblosen Form, und obwohl alle Teile rein äußerlich noch intakt aussehen mögen, wissen wir doch, daß dieser Mensch nicht mehr da ist, wie es selbst jene Fünährige so schnell begriff. Die Person ist fort, vor uns liegt ein Leichnam. Obwohl Kain noch nie zuvor einen toten Menschenkörper gesehen hatte, wußte er doch sofort, als er seinen toten Bruder vor sich liegen sah, daß er nicht mehr da war. 

Er konnte Abel nichts mehr sagen, und Abel konnte ihm nichts mehr antworten. Und Kam sah, welche furchtbaren Folgen die Rebellion seiner Eltern gegen Gott hatte. Jetzt wußte ein Mensch zum ersten Mal, was die Trennung. des Geistes vom Körper bedeutete: Tod.
Doch schon vor diesem ersten körperlichenTod hatten die Menschen einen anderen Tod kennengelernt: die Vertreibung aus Gottes Gegenwart. Adam und Eva waren ausgewiesen worden aus dem Ort, wo sie mit Gott in der Kühle des Abends spazierengehen und mit ihm sprechen konnten. Sie hatten den Fall der Schöpfung erlebt, den Übergang von einer vollkommenen in eine verdorbene Welt. Sie waren die einzigen, die auf Grund persönlicher Erfahrung den Unterschied zwischen einem »normalen« und einem »unnormalen« Menschen, zwischen einer »normalen« und einer »unnormalen« Welt kannten. 

Weil sie der Lüge Satans mehr geglaubt hatten als den Worten Gottes, wurde die Welt unnormal, verdreht, gefallen. Wir leben in einer verdorbenenWelt; hinter uns liegt eine vieltausendjährige Kette von bösen Ursachen und bösen Wirkungen. Wenn heute derTod als etwas Normales oder Natürliches angesehen wird, dann nur, weil es ihn schon so lange gibt. Alle, selbst Adam und Methusalem, sind gestorben; nur Elia und Henoch wurden direkt vom Herrn aufgenommen.
Satans Verführungsworte an Eva waren einVernichtungsangriff auf die gute Schöpfung Gottes. Dieser Angriff war Teil eines Kampfes, der schon seit einiger Zeit (wie lange, wissen wir nicht) tobte. 

Der Kampf hatte begonnen, als Satan noch Luzifer hieß und der höchste und schönste der Engel war (vgl. Jesaja 14). Wie alle anderen geschaffenen Engel auch, hatte er einen freien Willen. Die Probezeit war noch nicht vorüber, da verlangte er danach, Gott gleich zu sein, und startete zusammen mit anderen Engeln eine Revolte im Himmel. Es war ein realer Kampf, und er hatte Folgen nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung: Luzifer und die mit ihm verbündeten Engel wurden aus dem Himmel gestoßen; sie waren nun keine Engel mehr, sondern wurden zu Satan und seinen Dämonen.
DerWunsch, Gott gleich zu sein, war damit aber offenbar nicht zu Ende, und der Kampf ging weiter. Luzifer sagte Eva, daß sie
nicht sterben würde, wenn sie von dem Baum äße; aber er wußte nur zu gut, daß nicht nur sie und ihr Mann, sondern auch ihre Söhne und Töchter und Enkel ‚und alle weiteren Generationen sterben würden. Satans falsche Versprechungen enden in Zerstö-

Gottes Segensträger Jakob Kroeker

03/19/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

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Inhaltsverzeichnis
Gottes Dolmetscher . . . . . . . . . . . . . . .
Dunkle Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . .   
Wie wird man Gottes Segensträger? . . . . . . . 
Ein Bote des Lebens . . . . . . . . . . . . . . .
Im Schmelzofen zu Sarepta . . . . . . . . . . . . 
Der neue Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . 
Die große Entscheidung . . . . . . . . . . . . . 
Der entmutigte Gottesknecht . . . . . . . . . . . 
Die Horeb-Offenbarung . . . . . . . . . . . . . . 
Das Geheimnis der Kraft . . . . . . . . . . . . . 
Unfruchtbares Land . . . . . . . . . . . . . . . 
Eine neue Schale . . . . . . . . . . . . . . . . 
Gräben im Bachtal . . . . . . . . . . . . . . . . 
Verschuldetes Leben . . . . . . . . . . . . . . . 
Erstorbene Hoffnungen . . . . . . . . . . . . . . 
Eine kleine Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . 
Versagende Führer . . . . . . . . . . . . . . . . 
Innerliche Seelengröße . . . . . . . . . . . . . 
Ziehe hin in Frieden . . . . . . . . . . . . . . 
Der selbstsüchtige Prophetenjünger . . . . . . . 
Geöffnete Augen . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das verlorene Werkzeug . . . . . . . . . . . . . 
Der letzte Dienst . . . . . . . . . . . . . . . .


Kapitel 1
Gottes Dolmetscher
Aber der Herr sprach zu mir: »Sage nicht: Ich bin zu jung! Sondern du sollst überall hingehen, wohin ich dich sende, und alles reden, was ich dich heiße!« (Jer.1,17).
Unser Gott ist ein Gott der Offenbarung. Er hat geredet und redet noch. Es hat nie Zeiten gegeben, wo Gott dauernd geschwiegen hätte. Denn dauerndes Schweigen wäre eine unerträgliche Vereinsamung Gottes. Gottes urewiges Leben und Wesen ist Offenbarung:
ist Selbstmitteilung. Was Er in Seiner unerschöpflichen Lebensfülle an Freude, an Energien, an Trost, an Friede, an Gerechtigkeit und an Segnungen in sich trägt, möchte Er in Seiner Liebe denen mitteilen, die bereit sind, sich von Ihm segnen zu lassen. Seine ganze Sehnsucht geht daher auf den ungetrübten Verkehr Ihm geistesverwandter Seelen. 

Zu allen Zeiten sehnte Er sich nach Persönlichkeiten, denen Er anvertrauen konnte, was Seine Seele bewegte und als Leben in sich trug. Seine Augen durchlaufen daher die Lande, um Seine Kraft an denen zu erweisen, die aufrichtigen Herzens Ihm zugetan sind. 2.Chronika 16,9. Denn
Leben ohne Möglichkeiten selbstloser Lebensmitteilungen ist immer seelische Vereinsamung, und zwar nicht allein für den Menschen, sondern auch für Gott.
Dauerndes Schweigen Gottes würde aber auch die Menschheit in ewige Nacht und Tod hüllen. So oft Gott die Möglichkeit fand, zu reden, wurde es Licht in der Schöpfung, und die Welt erfüllte sich mit Schönheit und Wachstum, mit Kraft und Leben. Gottes Reden schuf noch immer Welten, stoffliche und geistliche.
Offenbarungsgeschichte und Weltgeschichte sind daher die große Sammlung der von der Menschheit festgehaltenen Offenbarung und Lebensmitteilung Gottes. Es konnten daher auch die dunkelsten Zeiten der Geschichte unsern Gott nicht zum Schweigen bringen. Sein Licht erwies sich stärker als die Finsternis, Sein Leben stärker als der Tod. Es kam daher immer
wieder die Stunde, wo das Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte. Als die Zeit erfüllt war, sandte Er immer wieder seine Propheten. Der Prophet war je und je in der Geschichte Gottes Dolmetscher und Bote. Denn Inspirationen werden immer zunächst von Einzelnen und nie vom Ganzen erlebt. 

Die Sehnsucht nach Erlösung vermag Gott in einem ganzen Volke zu erwecken, das Erlösungsprogramm empfängt zunächst jener Moses, dem Gott im brennenden Busch begegnen und eine ganz bestimmte Mission für seine leidenden Brüder anvertrauen kann. Das war nicht nur in der Geschichte Israel so. Wo Gott in der Geschichte Neues schaffen, Leben wecken, Völker erlösen, Gemeinden segnen konnte, so geschah es immer zunächst durch Einzelne.
So sehr auch das Volk unter der Knechtschaft der Chaldäer in Babel seufzte, seine Brüder zu trösten und ihnen neue Lebensperspektiven für die nahe Zukunft zu geben vermochte nur jener große Jesaja, der von sich bezeugen konnte: »Der Herr hat mir eine geübte Zunge gegeben, dass ich die Müden mit Worten zu erquicken wisse. Er weckt mich am Morgen, am Morgen weckt Er mir das Ohr, dass ich höre, wie die Geübten« (Jes. 50,4). 

Es gibt Prophetenvollmachten, die immer über Volks- und Gemeindevollmachten hinausgehen werden. Wohl wird das Ohr der Gemeinde je und je die Sprache des Propheten verstehen und Gott durch ihn reden hören. Als Ganzes hatte jedoch noch nie ein Volk jenes zarte Gemerk, um Gott auch ohne Propheten zu verstehen; das heißt: ohne jene Gottgeweihten, die auch im Stimmengewirr der Zeiten ihre innere Warte hatten, wo der Mensch schwieg und Gott redete.
Unser Gott braucht daher Boten, die Er senden und Propheten, die Seine Sprache zu dolmetschen verstehen. Er brauchte einen Abraham, dem Er mitteilen konnte, welche Gerichte in den nächsten Tagen über Sodom und Gomorra hereinbrechen würden und wusste, dass dieser als Priester vor Ihm stehen bleiben und Rettung für die Gerechten dieser Städte herbeiflehen würde. Er brauchte einen Daniel, dem Er erschließen konnte, dass die Zahl der Jahre des Gefängnisses zu Ende gingen und die Stunde der Erlösung von der bedrückenden Schmach Babels nahe, denn Er wusste, dass dieser Mann auf den Knien vor Gott jene innere Herzensstellung für sich und seine Leidensgenossen suchen würde, welche Gott die verheißene
Erlösung möglich machen könnte.

Er brauchte einen Johannes den Täufer, denn Er wusste, dass er nach seiner Begegnung mit Jesus sein Volk auf den Gesalbten Gottes mit den Worten hinweisen würde: Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt!

Er brauchte einen Paulus, denn Er wusste, dass dieser Apostel nach seinem Christuserlebnis vor den Toren Damaskus’ der wartenden Welt einen Heiland und Retter bringen würde, der da nicht nur als geschichtliche Person einst lebte, sondern als Auferstandener auch nach seinem Kreuzestode lebt und zu retten vermag immerdar alle, alle die durch Ihn zu Gott kommen. Gott hatte dem Paulus einen lebendigen Heiland geoffenbart, einen lebendigen und gegenwärtigen Christus brachte er der bankrotten Welt. Gott brauchte einen Johannes Hus, einen Martin Luther, einen Menno Simons, einen John Knox und viele andere, denn er wusste, dass sie, frei gemacht von der eigenen Werkgerechtigkeit Roms, mit neuem Lichte von der lebenweckenden und vergebenen Gnade dolmetschen und die Erlösung als eine innerlich zu erlebende Heilstat Gottes ihrem so müden Zeitalter künden würden. 

Er brauchte einen Dr. Baedeker und einen Prediger Kargel, denn er wusste, dass diese beiden Männer eines Tages sich finden und gemeinsam durch Russlands große Gefängnisse und trostlose Verbannungsorte ziehen und in die Nacht des Verbrecherelends und in die Leiden der Verbannten etwas von jener Liebe Gottes hineintragen würden, die durch den Heiligen Geist ausgegossen war in ihre Herzen.
Auch dich und mich braucht dieser Gott der Offenbarung für eine Offenbarung. Es gibt einzelne, es gibt Kreise, es gibt Gemeinden, und es gibt auch ein Volk um dich, wo man Gott zunächst nicht versteht ohne einen Propheten. Dein Bruder wird schmachten und irren, bis du ihm zu dolmetschen vermagst, dass es auch für ihn einen Gott der Erlösung und des Trostes und einen Heiland und Arzt für seine blutenden Wunden gibt. Lass dir geben, und du wirst zu geben haben. Erlebe! Und du wirst von Leben zeugen. Horche! Und dir werden Aufträge für deine Brüder werden. 

Lerne schweigen! Und Gott wird mit dir reden können und du wirst mit geübter Zunge mit den Müden zur rechten Stunde zu reden wissen. So klein auch dein Leben, so beschränkt auch dein Kreis, unser Gott braucht auch kleine Dolmetscher für seine göttlichen Inspirationen. Die kleine israelitische Magd im Hause Naemans trug zwar äußerlich keinen Prophetenmantel und führte in ihrer Hand keinen Prophetenstab, aber unter ihrem schlichten Sklavinnen- und Arbeitskleide trug sie ein Prophetenherz. Daher fand sie zur rechten Stunde jenen Seufzer: Ach, dass mein Herr bei dem Propheten zu Samaria wäre, der würde ihn von seinem Aussatz heilen! 

Durch diesen Seufzer dolmetschte sie von dem großen Können des lebendigen Gottes unter ihrem Volke und gereichte ihrer Umgebung zu einem unberechenbaren Segen. Philippus hat uns kein Evangelium geschrieben und keine Gemeindebriefe hinterlassen, aber als Jünger Jesu ließ er sich vom Geiste in die Wüste führen und dort dolmetschte er dem Kämmerer der Königin Kandace in einer Weise das wunderbare. Kapitel des Propheten Jesaja, dass der fremde Gottsucher in Jesus seinen Heiland und Erlöser fand und als Jünger des Auferstandenen in seine
ferne Heimat ziehen konnte. Sprich daher nicht: Ich bin zu jung! Wenn Gott einen Auftrag für dich hat und seine Worte in deinen Mund legen will. Das dir von Gott Anvertraute wird, zur rechten Stunde abgegeben, sich als Leben für deinen Bruder erweisen.

Solche Dolmetscher Gottes waren auch die beiden Männer Elia und Elisa, deren Dienste in den kommenden Kapiteln beleuchtet werden sollen. Was sie ihrer Zeit und auch uns von Gott zu dolmetschen hatten, das soll uns in den nächsten Kapiteln beschäftigen.

Kapitel 2
Dunkle Zeiten
Ahab machte auch eine Astarte, also dass Ahab mehr tat, den Gott Israels zu erzürnen, als alle Könige Israels, die vor ihm gewesen waren (1.Kön.16,33).
Mit zu den dunkelsten Zeiten in der Geschichte Israels wird jene Periode gezählt, wo Ahab und Isebel zu Samaria regierten. In jenen Tagen wurde im Fleisch vollendet, was in den Tagen eines David im Geist begonnen worden war. Weder am Hofe, noch im Volke herrschte eine geistliche Atmosphäre. Vielmehr hatte es den Anschein, als ob auf geistlichem Gebiet alles dem Untergang geweiht sei. Baal war Gott geworden
in Israel. Aus politischen Gründen hatte sich Ahab mit dem Phönizierkönig Ethaal verschwägert und dessen Tochter Isebel geheiratet. Dadurch wurde ein Freundschaftsbündnis zwischen den beiden Nachbarstaaten hergestellt, nicht nur zur Förderung der gegenseitigen Handelsinteressen, sondern um sich gegen die Gefahr zu decken, die Israel und Juda besonders auch von Assur her drohte. Diese Ehe sollte jedoch die schwersten Folgen haben für die innere Entwicklung Israels. Verschwägerung mit der Welt führt zum Wesen und zum Gericht der Welt. Das war bereits in den Tagen Israels so.


Beeinflusst durch seine Gemahlin erbaute Ahab dem phönizischen Hauptgott einen Tempel in Samaria und führte damit den Baalkultus auch in Israel ein. Dieser wurde in Israel nun in jeder Hinsicht von der Königin gefördert und geschützt, und eine ganze Anzahl von Priestern leitete den Kultus und die Verehrung Baals. Bald fand die phönizische Kultreligion mit all ihren Opferfesten und Ausschweifungen einen derartigen Anhang im Volke, dass die wahren Gottespropheten sich schwer bedrängt und hart verfolgt sahen.

Zwar hatte durch diese Duldung und sichtbare Unterstützung des phönizischen Baalkultus Ahab nicht
einfach den Gott seiner Väter verlassen. Das geht unter anderem aus den Namen hervor, die er seinen Söhnen gab, welche ihm von Isebel geboren wurden. Er nannte den einen Ahasjehu, d. h. »der Herr ergreift« und den anderen Jorem, d.h. »der Herr ist hoch«. In jener Zeit lag in solchen Namen zugleich ein Bekenntnis. Allein das Bekenntnis zu dem Gott der Väter bedeutet nicht auch ein Wandeln vor dem Gott der Väter. 

Bald zeigte sich, dass nicht der Gott Abrahams, sondern der Gott des Phönizierlandes für die Gesinnung und die Entscheidungen des Königs ausschlaggebend war. Denn schon jene Zeit stand unter dem Gesetz des Geistes, dass man nicht Gott und dem Mammon, nicht dem Licht und der Finsternis zu gleicher Zeit dienen kann. Baal herrschte und Baals Sünden wurden die Sünden des Volkes. Hinfort empfing Israel nicht mehr Leben vom Lebendigen, sondern den Tod vom Toten.


Götzen können zwar Götzendienst, aber nicht lebenspendenden Umgang mit dem Lebendigen geben.
Wohl gab es Siebentausend, die sich in ihren Tagen nicht beugten vor dem Geist ihrer Zeit. Aber sie mussten sich so verborgen halten, dass sie nicht einmal von einem Prophetenauge zu finden waren. Denn Elia glaubte, dass er allein übrig geblieben sei, der nicht sein Knie vor Baal gebeugt habe. So geistesarm kam ihm seine Zeit vor. Die Siebentausend waren so versteckt, bildeten so wenig das Salz ihrer Zeit, standen so wenig als Leuchte ihres Volkes da, dass selbst ein Prophet sie nicht sehen konnte: Heilige, die wohl noch von Gott, aber nicht mehr von ihren Brüdern gesehen wurden. In diese dunkle Zeit der Geschichte Israels fielen die Aufträge Gottes an den Propheten Elia und die spätere Berufung des Propheten Elisa. 

Denn Gott hatte auch solch einer Zeit etwas zu sagen und Er fand Männer, die im Auftrage Gottes ihrem Volk etwas zu sagen haben. Das war je und je das Große in Israel, dass Gott immer wieder in den entscheidenden Augenblicken der Geschichte dieses Volkes Männer fand, die ihren Brüdern etwas im Auftrag Gottes zu dolmetschen hatten. Daher erlebte das Volk nie Gericht, bevor es nicht
rechtzeitig vor dem Weg zum Gericht gewarnt worden war. Und es erlebte immer wieder mitten im Gericht den Beginn einer neuen Heilsgeschichte, denn Er konnte dem Volke Propheten geben, die Ewigkeitskräfte in die Zeit der Vergänglichkeit, Rettung in die Nacht der Knechtschaft ihrer Brüder zu tragen vermochten.


Denn unser Gott macht nie Heilsgeschichte ohne zuvor Träger der neuen Geschichte zu geben. Zu seiner Stunde sandte er noch immer seine Propheten. Fand Er erst die Möglichkeit, die Welt mit einer neuen Heilszukunft zu segnen, dann berief Er sich zuvor Knechte, die fähig waren, Seine Organe zu sein: Persönlichkeiten, die Ihn verstanden, aber die auch ihre Brüder verstanden und ihnen im Auftrage Gottes zu dienen wussten. So ein Organ waren Ihm auch die beiden Propheten Elia und Elisa. Durch sie wurde göttliches Licht in die Nacht ihres Volkes getragen. Alle Schwankenden
und Unentschiedenen fanden in ihnen jene heilige Entschiedenheit und jenen Eifer für Gott, die auch sie zur Entscheidung drängten. Entweder Gott oder Baal, entweder Leben oder Tod, entweder Gottes Stimme oder der Menschen Stimme, zu dieser Entscheidung führten sie immer wieder die Einzelnen und das Ganze. Ihr Wort und Dienst bedeutete daher Leben für jene dunkle Zeit, in welche sie sich hineingestellt sahen. Denn in der Geschichte Gottes liefen Gericht und Erlösung in der Regel sehr nahe nebeneinander her.


Gott hat noch immer verstanden, mitten in die Geschichte einer alten Welt die Segensanfänge einer neuen hineinzuweben. Über die chaotischen Zustände einer untergegangenen Welt brütete stets der Geist des Lebens und rief mit seinem neuschaffenden: Es werde! Eine neue Schöpfung ins Leben. Und Gottes Propheten dienten bei dieser Neuschöpfung immer als Seine Dolmetscher. Gott redete durch den Mund seiner Knechte, und diese erweckten das Gewissen des Volkes, zeigten die Quellen des Segens, eröffneten neue Perspektiven, weckten neue Hoffnungen, und bahnten in der Seele ihres Volkes den Weg für eine neue Zukunft an. Würden uns alle großen Anfänge der nahen und
fernen Vergangenheit mehr gegenwärtig sein, ich meine, würde die Geschichte des Reiches Gottes als solche, wie Gott sie in den Jahrtausenden gegeben hat, in ihrer Wirklichkeit mehr vor unserer Seele stehen, wir würden sehen, wie alle großen Anfänge damit begonnen haben, dass zunächst Einzelne da waren, die etwas zu künden und zu erwarten wagten, wo andere nichts mehr erwarteten. Sie erhoben sich im Glauben über die Trümmer einer alten Welt und sahen ein Neuland
der Zukunft nahen. Bewegt und gebeugt standen sie auf dem Totenfelde ihrer Zeit und erhielten plötzlich den Auftrag von Gott: Weissage diesen, dass sie leben sollen! 

Sie hörten das Rauschen unter den Totengebeinen, sahen Neugestaltungen und Bildungen in die
Erscheinung treten und weissagten dem Odem Gottes, dass er sie mit seinem Leben durchdringen möge. Und eines Tages durfte ihr Auge sehen, was einst niemand für möglich gehalten hatte: Vor ihnen stand ein sehr großes Auferstehungsheer!

Am ergreifendsten sehen wir dieses wohl in der Zeit der großen Propheten in Israel. So voll die uns überlieferte Literatur der Propheten auch von Gerichten ist, sie ist dabei doch nie ohne Hoffnung. Denn das erleuchtete Auge des Propheten sah mehr als nur Gericht: Es sah auch das neue Leben, das Gott zu geben vermag nach dem Gericht. So dunkel auch das Gewölk war, das sich zur Entladung über ihre Zeit zusammenzog, es vermochte ihrem Glauben doch nicht den Blick zu nehmen für den Anbruch eines neuen Tages. Aus all dem Wirrwarr ihrer Tage, aus all der Empörung und Wehklage ihrer Zeit stellten sie sich auf die prophetische Warte und sagten: Hüter, ist die Nacht bald hin?
Mit dem Ohr eines Geübten horchten sie, ob nicht das Rauschen der Morgenlüfte eines neuen Tages in den Wipfeln ihrer Zeitereignisse zu hören sei. Das machte sie stark im Tragen des Gegenwärtigen und groß im Hoffen auf das Kommende.

Von dieser Hoffnung getragen stiegen sie unter ihre Brüder und trösteten die Gebeugten, weckten Buße und Umkehr im Volk, lenkten den Blick auf das Neue, das Gott zu geben vermag, und stärkten die Schwachen, die unter der Last der Not und des Elends völlig im Vertrauen zusammenzubrechen drohten. Das Kommende schauend, hoben sie ihre Brüder über die Leiden der Gegenwart hinaus.
Wie vieles sich aus jenen fernen Vergangenheiten mit unserer Zeit berührt, ist nicht schwer zu sehen.
Eine so große, eine so allgemeine und gewaltige Gerichtszeit hat die Welt noch nicht durchlebt, wie wir sie durchlebt haben und noch durchleben. Der Weltrand war Wirklichkeit geworden. Und der Gerichtsengel Ägyptens hat nicht nur die Erstgeburt der Völker, sondern auch so manche unserer Väter und Greise genommen. Unnennbares Herzeleid und Wehklage ist fast in jedem Hause geschaffen. Das dunkle Gewölk, das man schon längst am politischen Himmel sich zusammenziehen sah, hat sich entladen, es folgte Schlag auf Schlag, einer härter als der andere, so dass
die Völker bebten, Königreiche wankten und die Thronen der Erde mit ihren Herrlichkeiten zusammenbrachen. Gott redete mit der Völkerwelt in der Sprache Seiner Gerichte, deren Machtwehen uns noch in Furcht und Spannung halten.


Aber dürfen denn auch wir etwas erwarten für die Zukunft? Kann Gott auch aus dem gegenwärtigen
Chaos eine neue Welt schaffen? Eins steht fest: Auch in unseren Gerichtstagen liegen bereits verhüllt die Anfänge einer neuen Segenszeit. Mag uns das auch zunächst noch so dunkel und unmöglich erscheinen. Gottes letztes Wort in solchen Zeiten war nie Gericht, sondern Gnade. Sie liegt auch für unsere Zeit im Schoße der Zukunft und harrt auf ihre Auslösung und Betätigung: auf die Gefäße, durch welche sie unter eine gerichtete Menschheit getragen werden kann. Wird Gott diese Gefäße finden?
Viele, von denen wir annehmen konnten, dass sie von Gott könnten gebracht werden, weilen nicht mehr in unserer Mitte. Sie gingen heim. Gott gab ihnen höhere Dienste. Und so sehr wir sie auch suchen mögen, wir werden sie – wie einst die Prophetenjünger den Elia – nicht finden. Arm kommt uns daher unsere Zeit vor. Und es ist das nicht nur eine Täuschung.
Sie ist wirklich arm an solchen Kräften, die im Auftrage Gottes zu segnen und von seinen schöpferischen Lebenskräften zu dolmetschen verstehen. Und doch wird Gott Propheten finden auch für unsere Zeit. Sehen wir auch noch nicht, wo sie sind, weil Gideon noch seinen Weizen drischt, Elisa noch seine Ochsen treibt, David noch seine Schafe hütet,
Hesekiel noch ohne Worte unter den Weinenden am Bache Chebar sitzt, Saulus noch die Gemeinde Gottes verfolgt: Aber Gott vermag sie zu finden. Ist erst Seine Stunde gekommen, dann wird Er sie rufen und senden.
Wird Er auch dich rufen? Wird Er dich rufen können? Oder wird dir die Schuld der Menschheit so groß erscheinen, dass du keine Gnade groß genug findest, um sie als die rettende Gotteskraft unter das leidende Volk zu tragen? Ich weiß es nicht. Das sind Fragen, die du persönlich vor deinem Gott wirst zu entscheiden haben.


Ich weiß nur, dass Gott durch die Not deiner Umgebung auch bei dir anklopfen wird: Wer will mein Bote sein, wen darf ich senden? Wie der Dienst im einzelnen in der Zukunft sein wird, können wir noch nicht sagen. Noch liegt das große Geschehen unserer Tage zu verhüllt vor uns. Doch lässt sich weder das Einzelne noch das Ganze überblicken. Aber eins können wir jetzt nach dem Kriege mit noch größerer Gewissheit sagen, als man es während des Krieges zu tun wagte: Es wird in Zukunft wie nie zuvor Dienst geben für solche Knechte und Mägde Gottes, die Vollmacht von Gott haben und das Lieben in der Zeit der Gerichte nicht verlernten.


Je mehr die Zeit ihren Bankrott erlebt, desto mehr wird sie ausschauen, wo die Männer sind, die in der Zeit der Gerichte nicht ihre Kraft und nicht das Ziel verloren haben. Ihre Wunden, die sie geschlagen hat, werden nach jener Salbe aus Gilead rufen, die auch das tiefste Weh zu heilen vermag. Es wird unendlich viel zu trösten, zu verbinden, zu heilen, aufzuerbauen geben. Die Menschheit wird ausschauen nach Männern, die da fähig sind, ihr höhere, göttlichere Grundsätze zu geben, auf denen die Zukunft aufgebaut werden kann, nach Männern, die nicht nur Gott, sondern auch die Menschheit verstehen in ihrem Suchen und Harren, in ihrer Totheit und in ihrem Weh, nach
Männern, die nicht strafend und richtend vor einer aus tausend Wunden blutenden Welt stehen bleiben, sondern ihr jenen großen Retter zu bringen vermögen, der eine ganze Welt voll Weh und Tränen zu retten vermag.
Das wird der Kern der hohen und großen Mission der Zukunft sein. Und möchten wir in dieser Zeit der Prüfung innerlich vorbereitet werden, dass, wenn Gott ruft, wir mit gereinigten Lippen antworten können: »Hier bin ich, sende mich!«

Kapitel 3
Wie wird man Gottes Segensträger?
Und Elia, der Tisbiter, aus Tisbe-Gilead, sprach zu Ahab: So wahr der Herr, der Gott Israels lebt, vor dessen Angesicht ich stehe (1. Kön. 17,1). Da verließ Elisa die Rinder, lief dem Elia nach und sprach: »Lass mich noch Vater und Mutter küssen, dann will ich dir nachfolgen« (1.Kön. 19,20).
Auch die Propheten Gottes haben ihr Werden und ihre Geschichte. Sie kennen innere Konflikte und Entwicklungen und reifen vielfach unter vielen Stürmen und Kämpfen zu jenen Zeugen aus, durch die Gott reden kann. Noch nie stieg ein Prophet wie ein Engel Gottes von der Zinne des Tempels unter das Volk und verkündete demselben jene neue Lebensbotschaft, die die Sehnsucht nach dem kommenden Gottesreiche wecken und die Wartenden innerlich auf das Kommen derselben vorbereiten sollte. Auf diesem Wege sendet Gott uns seine Boten nicht.


Nicht einmal Jesus ist so zu uns gekommen. Auch nahm zu an Gnade und Weisheit und wuchs auf in der Mitte jenes Volkes, dem zu dienen er zunächst berufen war. Hatte auch die jüdische Messiashoffnung solche Vorstellungen und Erwartungen in der Seele des Volkes geweckt und genährt, dass der kommende Gesalbte unmittelbar von Gott erscheinen würde, und dass man nicht wissen werde, woher er komme, so waren das noch nie die Wege, auf denen Gott uns seine Boten sandte.
Nun ist zwar alles organische Werden zunächst von Geheimnissen umgeben. Auch die Anfänge von dem Werden der Gottesknechte. Nur selten wird es möglich sein, tief in diese hineinzuschauen. Lässt sich auch ein und die andere Erscheinung mit der Zeit beurteilen, die Geheimnisse des ersten Werdens werden uns doch mehr verborgen bleiben. Sie gehören zunächst noch in das Allerheiligste unseres Gottes. Die Schrift nennt es Erwählung. Erst mit der innerlich erlebten Berufung liegt das Werden der Gottesknechte mehr offenbar vor uns. Von da ab erkennen wir, wo die Quellgebiete ihres Lebens liegen und was ihr Dienen so reich und gesegnet macht, auch das der beiden Propheten Elia und Elisa.


Wenn wir nun auch nicht das erste Werden und das Geheimnis der Persönlichkeit bei jenen Männern, die Gott zu Trägern seiner Segnungen berief, zu zergliedern vermögen, da sich so vieles bei ihnen verborgen im Allerheiligsten ihres Innenlebens abspielte, so gab es doch anches, das allen gemeinsam war. Zunächst stand wohl bei allen fest, die Gott je zu seinen Propheten und Segensträgern berief, dass sie Persönlichkeiten waren, die lieben und leiden konnten,
bevor sie zu dienen verstanden. Eine leidende Welt kann nur durch Mitleidende gesegnet werden. Nicht durch Machtmittel der Kraft, sondern durch die Opfer der Liebe wird eine verlorene Welt erlöst. Wer nie innerlich trug das Leid der Welt, wird auch äußerlich nie die Not der Welt zu stillen vermögen. Erst die mitleidende Seele vermag Mittel zu finden und Wege zu gehen, die für sie vielleicht ein Opfer, für den Nächsten jedoch eine Erlösung bedeuten werden.


Gideon ist dafür ein typisches Beispiel. Er drosch Weizen auf der Tenne seines Vaters, als er vom Engel zum Richter Israels berufen wurde. Er hatte die Ernte nachts eingebracht, damit sie nicht in die Hände der Feinde fiele. Denn was in seinen Tagen Israel säte, das ernteten die Midianiter. Diese Schmach seines Volkes legte sich wie eine unerträgliche Last auf seine Seele.
Als nun Gottes Bote ihm erschien und ihn grüßte: »Der Herr mit dir, du streitbarer Held!«, da rang sich seine Seele gleich die Frage los: »Ach, mein Herr, ist der Herr mit uns, warum geht es uns dann so?«
Solche leidenden Seelen kann Gott gebrauchen, die findet er, wenn sie sich zunächst auch noch auf der Dreschtenne wie ein Gideon, oder beim Ochsenpfluge wie ein Elisa, oder im Diensthause eines Naeman wie die israelitische Magd, oder wie beim Sykomorenzüchten wie ein Amos, oder bei der Schafherde wie ein David aufhalten. Wäre es uns möglich, den Pulsschlag der Seele eines jungen Wichern, eines von Bodelschwingh, eines Moody, eines Luther, eines Hus
oder anderer zu hören, wir würden offenbar sehen, wie sehr sie innerlich litten und liebten, bevor sie gesandt wurden.
Weiter war allen Segensträgern gemeinsam die erlebte göttliche Berufung. Sie wussten sich von Gott berufen und nur von Gott gesandt. Von Gott empfingen sie ihre Aufträge und Gott gegenüber wussten sie sich verantwortlich für die Botschaft, die sie ihrem Volke und den einzelnen Gliedern desselben zu künden hatten. Was sie dienen ließ, waren nicht äußerliche Beweggründe, sondern innere Nötigungen, die Gottes Sendung zur Quelle hatten. Sie dienten auf Grund innerer Erlebnisse. Daher lehrten sie nicht, sondern dolmetschten, daher waren sie nicht Schriftgelehrte, sondern Propheten.
Sie hatten jene Warte gefunden, wo sie die Dinge ihrer Zeit in göttlichem Licht schauten. »So wahr der Herr lebt, vor dessen Angesicht ich stehe«, bezeugt Elia daher vor dem König Ahab. Gottes Angesicht, das war die Quelleihres Lichtes. Sie schöpften aus der Ewigkeit,
daher kündigten sie Ewiges. Es war weder eine religiöse noch eine nationale Warte, wo sie das Höchste schauten und das Tiefste erlebten. Es war das Sichversetztwissen in die unmittelbare Gegenwart Gottes. Was sie hier erlebten, war weit mehr als allein religiöse Reflexion und Anschauung, und was sie hier schauten, war weit mehr als eine national eingestellte politische Orientierung. Hier lernten sie die innere und äußere Stellung ihres Volkes und die Ereignisse der Zeit vom göttlichen Standpunkt aus beurteilen. Daher waren sie fähig, durch ihr Wort plötzlich völlig neues Licht auf die Verhältnisse ihrer Zeit fallen zu lassen. In der Beleuchtung, die sie den Dingen und Verhältnissen gaben, nahm alles einen ganz anderen Charakter an. 

Es wurden Tiefen offenbar, über die man sich bisher hinweggetäuscht hatte, es traten Gefahren in Sicht, die man nicht hatte sehen wollen, es wurden Schäden offengelegt, die den Ruin und den Zusammenbruch des Volkes unbedingt vorbereiten mussten.
Das bezeugen auch die Dienste der beiden Propheten Elia und Elisa. Sie sahen, was ihre Zeit nicht sah, sie redeten, was das Ohr ihres Volkes von anderen nicht hörte. Ihre Seele litt unter den herrschenden Zuständen im Volke und ihr Auge sah, dass ohne innere Beugung und Umkehr die Wege des Volkes in Gericht und Verderben führen müssten.
Und doch brannte ihre Seele in dem Verlangen, ihr Volk zu retten und ihren Brüdern zu dienen. Daher war ihr Wort so voll Feuer und Kraft, welches sie zu künden hatten. Sie rangen innerlich um das Leben des Volkes, daher stellten sie sich vielfach in direkten Gegensatz zum Volke und redeten wie ein unbestechliches Gewissen, das man nicht zum Schweigen bringen kann. Durch ihr Wort und Zeugnis stellten sie ihre Zeit immer wieder vor die Entscheidung und die
Wahl, mit Gott den Weg zum Leben, oder ohne Gott den Weg des Todes zu gehen.
Weiter ist auch allen Gottesknechten gemeinsam:
der Weg der Entsagung. Sie können Gegenwärtiges opfern, um Höheres zu empfangen.
Einen Elisa fand der Herr beim Pfluge. Als nun die göttliche Berufung an ihn erging, ein Bote Gottes und ein Segensträger für seine Brüder zu werden, so galt es für ihn, den Bruch mit seiner bisherigen Lebensstellung zu vollziehen. Das gemütliche Bauernleben musste er vertauschen mit dem unstetigen Leben eines Wanderpropheten mit all seinen Einschränkungen und
Entbehrungen. Auch mit der Feindschaft musste er rechnen, die in seinen Tagen gegen die wahren Propheten Gottes bestand, namentlich gegen Elia.
Aber wie später Paulus besprach er sich nicht lange mit Fleisch und Blut, sondern alsbald ließ er den Pflug und Ochsen und opferte dem Herrn. Denn er wusste sich hinfort an Gott gebunden.

Es gibt keine Segensträger, es sei denn, sie sind bereit, diesen Opferweg zu gehen. Jeder Segen für andere ist mit einem vorangehenden Opfer verbunden. Auch heute noch. Wer nicht im Glauben diese Opfer zu verbringen vermag, wird unfähig bleiben, seine Brüder zu segnen. Elisa konnte als reicher Bauernsohn ein frommer Israelit, aber kein Prophet Gottes sein.
Den Segen eines Prophetendienstes fand er erst, als er bereit war, Ochsen und Beruf liegenzulassen, um hinfort an Gott allein gebunden zu sein und von Ihm sich senden zu lassen.
Soll damit nun gesagt werden, dass auch ein jeder von uns seinen Beruf, seine Aufgaben in der Familie und so weiter aufgeben müsse, bevor man ein Segensträger für andere werden könne? Das liegt dem Zeugnis der Schrift völlig fern. Auf diesem Wege würde von uns niemals das erreicht werden, was Gott erreichen möchte. Aber wie es für einen Elisa Vorbedingungen gab, die erfüllt werden mussten, wenn er Gottes Bote sein wollte, so gibt es solche auch für uns.


Wenn man nun sagen sollte, worin diese für uns bestehen, dann müsste ich offen sagen: im einzelnen Fall weiß ich das nicht! Denn jeder Einzelne wird ganz individuell von Gott geführt und erzogen. Aber ganz allgemein darf man das sagen: Was sich uns je und je als Hindernis erweist, um für andere ein Segen zu werden, das gilt dem Herrn als Opfer freiwillig zu Füßen zu legen. Wer dazu bereit ist, mag äußerlich verlieren, aber wird innerlich Vollmacht erhalten, seinen Brüdern zu dienen.

Kapitel 4
Ein Bote des Lebens
So wahr der Herr, der Gott Israels lebt, vor dessen Angesicht ich stehe, es soll diese Jahre weder Tau noch Regen fallen, es sei denn, dass ich es sage! (1.Kön.17,1).
Es gibt viele Menschen, die sind nur das, was ihre Zeit aus ihnen machte. In der Gesinnung, in der Anschauung und Geistesrichtung ihrer Zeit finden sie das Programm ihres Lebens. Es gibt aber auch einzelne Persönlichkeiten, die das sind, was Gott aus ihnen machte.
Sie lassen sich von ihrer Zeit nicht das Programm ihres Lebens geben, sondern werden durch ihr Leben für ihre Zeit zum Programm. Denn sie haben sich innerlich nicht auf ihre Zeit hin, sondern auf Gott hin eingestellt. Ihre innerliche Orientierung finden sie nicht
im Geiste ihrer Zeit, sondern im Licht und in der Gesinnung Gottes. Sie sind nicht irdisch, sondern himm

Vogel Friedhold, Leben im Sieg Jesu

03/16/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Sieg - ein angeborenes Verlangen

Wie wahr das ist, konnte ich erst heute wieder beobachten. Unsere jetzt siebenjährige Tochter bat mich: »Papi, spiel mit mir Dame!« Wir bauten das Spiel auf und begannen damit. Die Chancen standen für Elisabeth sehr schlecht, und in ihrem Gesicht waren alle Gefühle abzulesen: Freude, wenn sie einen Stein wegspringen konnte - Ärger und Enttäuschung, wenn sie Verluste hinnehmen mußte. Ich habe es dann so jongliert, daß das Spiel unentschieden ausging. 

Triumphierend rief sie: »Wir haben beide gewonnen!« In kritischen Situationen habe ich es schon erlebt, daß Elisabeth mit einer Handbewegung das ganze Spiel vom Tisch räumte. Bald wird sie lernen müssen, mutig zu verlieren. Aber die natürliche Veranlagung ist der Wille zum Sieg und die Freude am Sieg.
Haben Sie schon einmal einen wiedergeborenen Christen kennengelernt, der in der ersten Zeit seines neuen Lebens Niederlagen in der Nachfolge Jesu als selbstverständlich hingenommen hat? 

Es ist meine Beobachtung, daß das erst nach Monaten eintritt, Niederlagen zu akzeptieren und sie schon (im Unglauben) einzukalkulieren. Das ist zwar natürlich, aber nicht geistlich und göttlich. Das Verlangen nach Sieg, die Freude am Sieg und die Gewißheit des Sieges ist jedem Christen gleichsam in die Wiege gelegt.
Wir sollten ganz neu und anbetend das Wort hören, das Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Rom schrieb: »Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Entbehrung oder Gefahr oder Schwert? Aber in dem allem überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn« (Römer 8, 35. 37-39).

Das Wort vom Sieg steht hier nicht isoliert. Im Textzusammenhang finden wir es mitten unter Aussagen, die von dunklen, von unheimlichen, von zerstörerischen Mächten sprechen. Eine breite Skala von Gewalten und Ereignissen wird genannt, die dem Jesusnachfolger entgegentreten, um ihn zu Fall zu bringen. Satan hat mobil gemacht. Ein Heer von Dämonen - gefallene Engel, Fürstentümer, Gewalten - umgibt uns.
Auch im sichtbaren Raum erleben wir harte Auseinandersetzungen und Angriffe. Die Bibel spricht von Verfolgung, von Spott und Gefahren. Aber mitten in der Dunkelheit bricht der Apostel in das jubelnde Bekenntnis aus:
»Aber in dem allem überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat« (Römer 8, 37).
Im Grundtext des Neuen Testamentes steht hier ein Wort, das die Tatsache eines Siegeslebens noch heller und herrlicher aufleuchten läßt. Es kann so übersetzt werden: »Wir sind mehr als Sieger durch Jesus. «
Das aber ist auch das Geheimnis des sieghaften Christseins: »durch Jesus«. Wo Jesus in uns leben kann, da ist Sieg; ja, dort ist mehr als Sieg! Es ist Sieg aus einer anderen Kraft - aus der Kraft des auferstandenen Herrn. Zugleich entdecken wir aber auch, däß hier das dunkle Geheimnis aller Niederla-: gen angesprochen wird. Niederlagen sind im Christsein immer dort, wo wir Jesus Christus zur Seite schieben, um uns zu verwirklichen.

Christsein ist kein Sonntagsbummel. Wir sind bedroht. Eine gefallene unsichtbare und sichtbare Welt steht gegen uns. Sie hat das Ziel, uns in die Knie zu zwingen. Es geht um Kapitulation vor dem Gegenspieler Gottes. Aber Jesus Christus, der in uns lebt, will über alle Macht des Feindes triumphieren. Sein Sieg soll unser Sieg werden. Darum müssen wir dem Sieger von Golgatha die Herrschaft in unserem Le- ben überlassen. Wir müssen ihm die Kämpfe und das Steuer übergeben. Es muß Jesu Sieg sein, sonst ist es unsere Niederlage. Allein in seinem Sieg sind wir »in allem mehr als Sieger«.

Das biblische Fundament
Normales Christsein ist ein Leben im Sieg! Diese Aussage hört man nicht auf allen Kanzeln. Aber es ist eine durch und durch biblische Wahrheit. Normales Christsein heißt: Sieg über die Sünde, Sieg über die Mächte der Finsternis, Sieg über negative Charakterveranlagungen, Sieg in Anfechtungen und Schwierigkeiten, Sieg in Verfolgung und Verleumdung - umfassender Sieg.
Nun kann nicht bestrittdn werden, daß zwischen dieser biblischen Wahrheit und dem gelebten Christsein oft eine liefe Kluft liegt. Bei vielen Christen scheint sogar die Niederlage das Normale zu sein; bei anderen ein ständiger, das Leben hin und her reißender Wechsel zwischen Niederlage und Sieg. Es gibt Christen, die sich so an diese Abormalität gewöhnt haben, daß sie das als das Normale empfinden. Andeutungen über ein Siegesleben klingen in ihren Ohren wie Schwärmerei. Dieser Umstand verlangt eine eindeutige und unmißverständliche biblische Klärung.
1. Die Gegenmächte
a) Sünde ist eine offensive Realität. So spricht Gott zu Kam: » . . . die Sünde lauert vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen« (1. Mose 4, 7).
Beachten wir hier besonders den Begriff »lauern«. Er erinnert an ein Raubtier, daß auf sein Opfer lauert. So ist die Sünde. Sie bedroht das Leben des Jesusjüngers.

b) Finsternismächte sind zerstörerische Realitäten. Der Apostel Petrus sagt:
»Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann« (1. Petrus 5, 8).
Im zweiten Korintherbrief schreibt Paulus: »Satan selbst verkleidet sich als Engel des Lichts« (2. Korinther 11, 14).
Die antigöttlichen Mächte versuchen, Einfluß im Leben des Gläubigen zu gewinnen. Sie möchten den Christen zurückziehen auf die alte Ebene des Unglaubens und des Ungehorsams gegen Gott.

c) Negative Charaktereigenschaften sind beeinflussende Realitäten. So muß Paulus erschütternd ausrufen: »Denn ich weiß, daß in mir, so wie ich von Natur bin, nichts Gutes wohnt. Das Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht« (Römer 7, 18).
Diese Erkenntnis, daß sein Charakter, seine Veranlagungen negativ, dem Wollen Gottes entgegengesetzt sind treibt den Apostel an den Rand der Verzweiflung.
d) Anfechtungen sind bedrückende Realitäten. Darum ruft Jesus Christus seinen Jüngern zu:
»Wachet und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallt« (Matthäus 26, 41).

Wenige Stunden, nachdem Jesus diese Warnung ausgesprochen hatte, fiel einer der Jünger in Anfechtung, und er fiel in der Anfechtung. Dreimal hörten die Kriegsknechte im Hof des hohenpriesterlichen Palastes aus dem Mund des Petrus die Worte: »Ich kenne Jesus nicht, weiß auch nicht, was du sagst.« Der Mann, der so überzeugt zu Jesus gesagt hatte, daß er lieber sterben würde, als ihn zu verleugnen, lag nun am Boden - niedergestreckt von der Anfechtung.
e) Schwierigkeiten sind verletzende Realitäten. Vielschichtig und mannigfaltig sind die Schwierigkeiten, die auf die Nachfolger Jesu einstürmen. Sie begegnen uns in dem Lebensraum, in dem wir uns befinden. Dem Schüler in Schule und Familie. Der Hausfrau in Nachbarschaft und Ehe. Dem Pastor in der Gemeinde. Dem Vater in der Berufswelt.

Der Apostel Paulus hat in der Rückblendung auf sein Leben eine weite Skala von Schwierigkeiten niedergeschrieben: »Fünfmal habe ich von den Juden vierzig Geiflelhiebe weniger einem erhalten; dreimal bin ich mit Stöcken geschlagen und einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf hoher See. 

Ich habe weite Strecken zurückgelegt, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr unter Juden, in Gefahr unter Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dein Meer, in Gefahrcunter falschen Brüdern« (2. Korinther 11, 24-26).
Auch wenn Ihre Nöte anderer Art sind, so gehören sie doch zu den Bedrängnissen, von denen Paulus sagt, daß wir durch sie hindurchmüssen, wenn wir in das Reich Gottes kommen wollen (Apostelgeschichte 14, 22).
O Verfolgungen sind zermürbende Realitäten. Die Nachfolger Jesu Christi werden im allgemeinen nicht mit offenen Armen empfangen. Oft, sind sie ein Fremdkörper, wie Johannes schreibt:
»Darum kennt (Grundtext: anerkennt) uns die Welt nicht; denn sie kennt (Grundtext: anerkennt) ihn (Jesus) nicht« (1. Johannes 3, 1).
Und Jesus Christus sagt in unmißverständlicher Klarheit: »Wenn ihr von der Welt stammen würdet, dann hätte die Welt lieb, was zu ihr gehört. Weil ihr aber nicht von der Welt stammt, sondern ich euch aus der Welt erwählt habe, darum haßt euch .die Weit. Erinnert euch an das Wort, das ich zu euch gesagt habe: Der Knecht ist nicht größer als sein Herr.

Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen« (Johannes 15, 19. 20).
Das »christliche Abendland« macht davon keine Ausnahme. Wo der Christ kompromißlos auf der Seite seines Herrn steht, wird er diese Ablehnung und Verfolgung auch heute erleben.
Auf dem Weg mit Jesus müssen wir diesen Tatsachen bewußt ins Auge sehen. Wir dürfen sie nicht umgehen wollen und sie nicht ignorieren. Sieg bedeutet, sich der Realität zu stellen und in ihr durch Jesus Christus siegen.

2. Das Siegeszeugnis
Wer zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist weiß, daß die Bibel Maßstab für das neue Leben ist. In allen Fragen müssen wir auf dem Fundament des Wortes Gottes zur Gewißheit geführt werden. Ungewißheit ist bereits eine Quelle für Niederlagen. Im Zweifel, im inneren Zwiespalt liegt der Ansatz zur Kapitulation. Dazu ein Beispiel aus der Seelsorge:
Vor mir sitzt ein jünger Mann. Er war vor Jahren in die Drogenszene hineingeschlittert und hatte seine Existenz zerstört. Dann erlebte er durch Jesus Christus eine wunderbare Befreiung. Jegliches Verlangen nach Drogen war verschwunden, sein Leben erfüllt von der Freude über diese einzigartige Erfahrung. 

Zum Zeitpunkt der seelsorglichen Begegnung mit mir lag dieses Befreiungserlebnis vier Jahre zurück. Jetzt blicke ich in ein Leben voller Angst und Niederlagen. Die sexuell perversen Bilder der Vergangenheit bedrängen immer noch seine Phantasie. Das Verlangen nach Drogen ist neu erwacht. Die alte Rebellion gegen Gott bricht von Zeit zu Zeit durch. Und das alles begann mit der bohrenden Frage: Gibt es im Christsein wirklich Sieg, oder bin ich dnutrerurteilt, ein Leben lang den anrollenden Wellen der
Versuchung zu unterliegen?.
In einem Brief schreibt ein gläubiger Physikstudent: »Ich erkenne immer wieder, daß in allem, was ich tue, in jeder Handlung, bei jedem Wort, in jedem Gedanken soviel Selbstsucht, Hochmut, Selbstmitleid und oft auch Lieblosigkeit liegt. Das macht mich ganz fertig. In dieser Dunkelheit habe ich es schon fast aufgegeben, etwas für Gott zutun. Ich komme mir oft wie eine gespaltene Persönlichkeit vor. Der eine Teil, mein altes Ich, ist pausenlos dabei, meinen Blick von Jesus wegzuziehen. Leider ist die andere Stimme in mir, die auf Jesus hinweist, gegenüber der ersten sehr schwach geworden. Es ist nervenaufreibend, dauernd in diesem Kampf zu leben.«
Durch den ganzen Brief klingt der Ruf hindurch: Gibt es wirklich ein Siegesleben?
Diese Frage ist also keine fromme Spielerei. Es ist eine Existenzfrage des Christseins. Was sagt die Bibel dazu?
a) Gibt es Sieg über die Sünde? Beachten wir, was Jesus in der
Auseinandersetzung mit gläubigen Juden dazu gesagt hat: »Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht. Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei« (Johannes 8, 34. 36).
»Wirklich frei« - oder wie es nach dem Grundtext übersetzt werden muß: »Seinsmäßig frei« —drückt eine, das ganze Sein umschließende Befreiung von der Macht der Sünde aus. Jesus Christus hat durch sein Sterben am Kreuz nicht nur eine umfassende Vergebung gebracht, sondern auch eine umfassende Befreiung.
Der wiedergeborene Christ steht nicht mehr unter dem Diktat, unter der Herrschaft der Sünde. Er ist als Kind Gottes kein Sklave der Sünde mehr. Hier muß und kann ein klares Entweder-Oder gesprochen werden. Entweder Kind Gottes oder Sklave der Sünde.
b) Gibt es Sieg über die Finsternismächte? Das Zeugnis der Heiligen Schrift ist auch an dieser Stelle eindeutig:

»Widersteht dem Teufel, dann flieht er von euch« (Jako-bus 4, 7).
Es ist der Auftrag und liegt in der Vollmacht des Gläubigen, Satan, dem Gegenspieler Gottes, im Namen Jesu entgegenzutreten. Nicht der Christ ergreift die Flucht vor den Mächten der Finsternis, sondern umgekehrt. Wir bekennen mit Luther:
Groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen.
Aber zugleich halten wir fest an der Aussage der Bibel: »Der in euch ist, ist größer als der, der in der Welt ist« (1. Johannes 4, 4).
Das ist die biblische Aussage vom Sieg über die Finsternis-mächte.
c) Gibt es Sieg über die Charakterveranlagungen? Klärend wollen wir zunächst feststellen, daß durch die Wiedergeburt nicht unsere Temperamente verwandelt werden. Ein temperamentvoller Mensch wird, wenn er zum Glauben an Jesus kommt, nicht plötzlich ruhig. Gott verwandelt nicht unsere Temperamente, aber er heiligt sie. Nun gibt es aber Charaktereigenschaften, die mit unserem Temperament nicht unmittelbar etwas zu tust haben. Diese Eigenschaften können durch das Temperament unterstützt oder zeitweise zur Seite gestellt, aber niemals ganz verhindert oder plötzlich hervorgerufen werden. Ich kenne Menschen, die bei jeder Kleinigkeit in Wut geraten. Das hat nichts mit Temperament zu tun. Die Bibel sagt:
»Die Liebe ist langmütig und freundlich. Sie stellt sich nicht ungebärdig« (1. Kor. 13, 4.5).
Es gibt Menschen, die immer angeben und übertreiben. Sie haben einen stark ausgeprägten Geltungstrieb. Gottes Wort sagt:
»Die Liebe bläht sich nicht auf (gibt nicht an)« (1. Kor. 13, 4).
Manchmal begegne ich Menschen, die von der Eifersucht geplagt sind. Auch das ist kein unabänderliches Schicksal, denn die Heilige Schrift bezeugt:
»Die Liebe ist nicht eifersüchtig« (1. Kor. 13, 4).
Andere leiden an ihren unreinen Vorstellungen und sind sehr stark triebhaft veranlagt. Ihnen sagt die Bibel:
»Die Frucht des Geistes ist . . . Selbstbeherrschung« (Gal. 5, 22).
Wieder andere sehen hinter allem sofort etwas Negatives. Sie sind durch und durch mißtrauisch. Alle Türen werden doppelt verriegelt und die Geldkasse jeden Tag an einem anderen Ort aufbewahrt. In dieser negativen Grundhaltung beobachten sie jede Bewegung der anderen und ziehen dann daraus ihre Schlüsse. Solchen Leuten ruft die Schrift zu:
»Die Frucht des Geistes ist Freundlichkeit, Güte«
(Gal. 5, 22).
Allen diesen negativen Eigenschaften setzt die Bibel die verwandelnde Kraft der Liebe und des Geistes entgegen. Darum gibt es befreienden Sieg über die bedrängenden Eigenschaften unseres alten Wesens, Sieg über »das selbstsüchtige Handeln«, wie Paulus es nennt. Er schreibt:
»Wenn ihr aber durch den Geist das selbstsüchtige Handeln tötet, werdet ihr leben« (Römer 8, 13).
d) Gibt es Sieg in den Anfechtungen? Wenn wir betend und wachend in die Anfechtungen hineingehen und die betende und wachende Grundeinstellung auch während der Anfechtungen beibehalten, dann werden wir gestärkt als Sieger aus den Anfechtungen hervorgehen. Aus dieser Erfahrung heraus kann Jakobus das faszinierende, allerdings für manche Christen auch völlig unbegreifliche Wort schreiben:
»Meine lieben Brüder, haltet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtungen fallt« (Jakobus 1, 2).
Freude in Anfechtungen? Warum?
»Weil ihr wißt, daß euer Glaube, wenn er sich bewährt, Geduld bewirkt. Die Geduld aber soll ihr Werk tun bis ans Ende, damit ihr vollkommen und ohne Tadel seid und keinen Mangel aufweist« (Jakobus 1, 3. 4).
Welch ein herrlicher Sieg ist das!
e) Gibt es Sieg in Verfolgung? In der Apostelgeschichte wird im fünften Kapitel von einer zweiten Verfolgungswelle berichtet, die über die junge Christengemeinde hereinbrach. Petrus und Johannes, die beiden Säulen der Urgemeinde, werden verhaftet. Da ereignet sich ein atemberaubendes Wunder. Ein Engel holt die Apostel in der Nacht aus dem Gefängnis. Schon bei Sonnenaufgang predigen sie im Tempel wieder von Jesus Christus. Erneut werden sie verhaftet und verhört. Der Hohe Rat verbietet ihnen, den Namen Jesus öffentlich zu nennen. Dann werden sie ausgepeitscht und weggestoßen. Verfolgung, unheimliche Demütigung, brennende Schmerzen. Aber die Bibel berichtet, daß sie den »Hohen Rat voll Freude darüber verließen, daß sie gewürdigt worden waren, für seinen Namen Schmach zu erleiden« (Apg. 5, 41). Das ist Sieg!
So schreibt auch Paulus:
'>Man schmäht uns, so segnen wir; man verfolgt uns, so dulden wir's; man beschimpft uns, so reden wir freundlich« (1. Korinther 4, 12. 13).
Welch ein überragendes Zeugnis des Sieges ist das doch: Wenn Gott uns in ähnliche Situationen führt, dann sollten wir das vor Augen haben, was Paulus in gleicher Lage schrieb:
»Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Mißhandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und in Ängsten, um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark« (2. Korinther 12, 10).
Da ist kein Klagen und Jammern, kein Resignieren und Auflehnen; da ist Freude, Mut, Dankbarkeit. Siegesleben der Kinder Gottes.
16 f) Gibt es Sieg in Schwierigkeiten? Der Geschäftsmann, der in einen Konkurs verwickelt ist - die alleinstehende Frau, der
man die Wohnung kündigt— derArzt, der verklagt wird - der
Schüler, der um seine Versetzung bangt — der ältere Herr, der in ein Pflegeheim soll— gibt es für sie alle eine innere Kraft, so
daß sich Angst in Zuversicht verwandelt; Nervosität in Gelassenheit, Klage in Dank? Ja! Für Kinder Gottes gibt es Siegeskraft. Paulus kann bekennen:
»Ich kann arm sein, ich kann reich sein: mir ist alles und jedes vertraut; satt sein und hungern, Überfluß haben und Mangel leiden: alles vermag ich durch den, der mich stark macht« (Philipper 4, 12. 13).
Können Sie das auch bezeugen? Können Sie von einem solchen überragenden Sieg in Ihrem Leben sprechen? Oder liegen Sie schon bei Kleinigkeiten am Boden, vom Ärger über-
wältigt, von der Sorge gequält, von der Mutlosigkeit erdrückt? Ist nicht das Leben vieler Christen genau das Gegenteil von dem, was die Bibel bezeugt? Sie halten zwar fest an
Jesus, und doch stolpern sie von Niederlage zu Niederlage. Sie gleichen eher heruntergekommenen Bettlern als strahlenden Königskindern. Da ist nichts von »herrschen im Leben durch Christusaus der Fülle der Gnade« (Römer 5, 17), wie es die Bibel nennt.
Es ist wichtig„ daß daß wir uns einmal in diesem Spiegel des Wortes Gottes besehen. Es ist wichtig, daß wir auch diese Dimension des Kreuzes erkennen, die davon Zeugnis ablegt, daß die Macht der Sünde und des Satans gebrochen ist. Es ist wichtig, daß wir den »alten Menschen ablegen und den neuen Menschen anziehen« (Eph. 5, 22-24) und ein Auferstehungsleben führen.
Brennend muß die Frage unser Herz erfüllen: Wie erhalte ich dieses biblische Siegesleben? An keiner Stelle der Bibel wird eine so klare und praktische Antwort gegeben wie im Epheserbrief, in dem Kapitel, das von der göttlichen Waffenrüstung spricht. Ihm wenden wir uns jetzt zu.

Inhalt
Seite
Sieg - ein angeborenes Verlangen 7
Das biblische Fundament 9
1. Die Gegenmächte 9
2. Das Siegeszeugnis 12
3. Gabe und Aufgabe 18
Die Kraft des Christen 19
1. Gottes Geist wohnt in uns 21
2. Von nichts anderem erfüllt 23
3. Befehl ist Befehl 26
4. Vier göttliche Linien 28
a) Die geistlichen Gespräche 29
b) Die Melodie des Herzens 33
c) Der unbegrenzte Dank 35
d) Die Demut 41
5. In der Kraft des Geistes handeln 43
6. Voll Geistes sein 46
a) Die Kraft des Geistes 46
b) Die Liebe des Geistes 47
c) Die Besonnenheit des Geistes 49
Der Feind des Christen .. 51
1. Erkenne den Feind 53
2. Erkenne den Standort des Christen 58
a) Im Feindesland 58
b) In Christus 61
3. Erkenne die Methoden Satans 64
Methode 1: Gottes Wort in Frage stellen 66
Methode 2: Verführung zum »Wandel im Fleisch« 68
Methode 3: »Ein Unglück kommt selten allein« 70
Methode 4: Angriff an der »schwachen Stelle« 72
Methode 5: »Daß wir uns einen Namen machen« 74 

Methode 6: »Trachtet nach dem, was auf Erden ist« 76
Methode 7: Das Nein zum Kreuz 78
Methode 8: Mehr scheinen als seht 80
Methode 9: Aktzentverschiebungen des Glaubens 81
Das Ziel des Christen 88
1. Machtvoller Widerstand 90
2. Aufträge ausführen 91
3. Den Siegesraum behalten 96
Die Rüstung des Christen 101
1. Sieg durch Wahrheit 104
2. Sieg durch Gerechtigkeit 107
a) Was ist Gerechtigkeit? 108
b) Wie erhalten wir Gerechtigkeit? 110
c) Wie behalten wir die Gerechtigkeit? 111
3. Sieg durch Bereitschaft 111
4. Sieg durch Vertrauen 114
a) »In allem«, nicht »vor allem« 115
b) »Ergreift den Schild des Glaubens« 116
c) »Alle feurigen Pfeile des Bösen« 117
5. Sieg durch Errettung 118
6. Sieg durch Gottes Wort 120
7. Sieg durch Gebet 124
Jesus ist unser Sieg 128

@ 1981 Christliches Verlagshaus

Die Sprechstunde Scherer Kurt

01/26/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Neun Punkte zur NachfolgeBN7443.jpg?1674726053535

Glaube will getan und gelebt werden. Geschieht dies nicht, bleibt die Leben spendende Erneuerung, die beim einzelnen Gläubigen wie auch in der Gemeinde ihren Niederschlag findet, aus.

An einem Neun-Punkte-Programm möchte ich dies verdeutlichen:


1. Die Bibel allein ist verbindliche Autorität.
Auch in unseren Tagen geht der Streit um die Autorität der Bibel weiter. Fragen wie: Können wir ihr vorbehaltlos vertrauen? Sind die Wunderberichte wahr? Stehen sie nicht im Widerspruch zur Wissenschaft? Bringen manche Verunsicherung mit sich. Wir sollten solche Fragen nicht überhören. 

Wir sollten sie aber auch nicht überbewerten und uns in unfruchtbare Diskussionen verstricken lassen. Wer sich von diesen Wenn und Aber gefangennehmen läßt, wird nie die Wahrheit der biblischen Aussagen in seinem Leben erfahren. Wunder sollen allein die schauen, die sich auf Gottes Wort verlassen und ihm trauen; ihnen sagt Jesus Christus offene Türen zu, d. h. Zugang zu den Menschen und Hilfe bei der Bewältigung ihrer Probleme.
Wir sollten uns verstärkt mit der Bibel beschäftigen. Sie gibt die Antwort auf die Fragen unserer Zeit, sie gibt Orientierung, sie gibt uns den Glauben, den wir zum Leben benötigen. Je mehr wir sie studieren, desto deutlicher wird es: Was die Welt braucht, ist Gottes Wort - das Evangelium!
-Die einzig richtige Entscheidung lautet (wie einst bei Petrus, Lk5,5): Auf dein Wort, Herr Jesus, will ich es wagen, mein Leben zu leben.

2. Jesus allein gibt Heil
Jesus Christus war die Mitte des Redens, Tuns und Denkens der ersten Christen. Sie wußten: »In keinem anderen ist das Heil, es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden sollen« (Apg 4,12).
Heute dagegen besteht die Gefahr, daß Jesus Christus unter Floskeln, Aktionen, Sitzungen und Ordnungen begraben wird. Es gilt neu zu lernen, daß nur in ihm Heil, und daß er der Herr ist. Jesus war nicht der Sozialreformer, der Sozialist, der Humanist nein, er ist der Heiland der Welt, der den Menschen von seiner Ichgebundenheit erlöst.
- Es darf nicht heißen: »Jesus und«, sondern: »Jesus allein«. Die einzig richtige Entscheidung lautet »Ich schäme mich des Evangeliums von Jesus Christus nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die alle ratet, die sich ihm anvertrauen« (Röm 1,16).

3. Der Glaube allein gibt Anteil am Leben Gottes.
In unserer Zeit des Leistungszwangs gilt es ganz neu zu lernen, daß man sich die Erlösung und das Leben aus Gott nicht selbst verdienen kann. Nicht weil wir ihm irgendwelche Leistungen vorzuweisen hätten, gibt Gott uns Anteil an seinem Leben, sondern allein weil er uns liebt und weil Jesus Christus sein Leben stellvertretend für unsere Schuld geopfert hat. Wer sich diese Tatsache dankbar vor Augen führt, wird frei von Verkrampfung in seiner Christusnachfolge.
- Die Entscheidung, die wir daraus zu ziehen haben, kann nur lauten: »Laßt uns ihn lieben, denn er hat uns zuerst geliebt« (1Joh4,19).

4. Gottes Heiliger Geist allein bringt neues Leben.
Im Leben vieler Christen führt der Heilige Geist ein Schattendasein. Aber Jesu Verheißung »Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein« (Apg 1,8) kann nur ausgelebt werden, wenn wir uns dem Wirken des Geistes nicht versperren.
Die Lebensgeschichten gesegneter Christen - etwa wie Franz von Assisi oder John Wesley zeigen nur zu deutlich die ungeheure Bedeutung des Heiligen Geistes; diese Menschen rechneten ganz konkret mit seinem Wirken und planten es in ihr Leben ein. Heute setzt man oft viel zu viel auf Betriebsamkeit, Geld, Bauten, Organisationen und Methoden. Aber neues Leben entsteht nur aus der von Gott gewirkten Dynamik des Heiligen Geistes. Wo diese Kraft verdrängt wird, mag gut und gekonnt über Jesus geredet werden, aber es fehlt die Tiefenwirkung.
- Unsere einzig richtige Entscheidung kann hier nur die Bitte sein: »Komm, Schöpfer, Heiliger Geist, kehr ein, besuche segnend unsre Reihn.«

5. Wir brauchen Zeichen des neuen Lebens.
Viel Leerlauf in der Nachfolge Jesu entsteht dadurch, daß wir nicht mehr wissen, daß wir Gottes Kinder sind, daß uns die innere Gewißheit (vgl. Röm 8,16) fehlt. Denn ohne diese Gewißheit wird auch die Frucht des Geistes (Gal 5,22-23) fraglich - und an ihren Früchten sollen die Christen doch erkannt werden (vgl. Mt 7,20). Wo diese Früchte fehlen, da können wir nicht mehr mit unserem Leben Gott ehren und unseren Mitmenschen ein Segen sein, da steigen wir über kurz oder lang aus dem Leben mit Gott aus.
- Die einzig richtige Entscheidung ist hier: Buße tun und Gott um Vergebung und neue Gnade bitten, in der Kraft seines Geistes zu leben.

6. Zur Nachfolge Jesu gehört Selbstdisziplin.
Viele Christen wollen dienen, aber nur stundenweise; gehorchen, aber nicht immer; das Kreuz tragen, aber kein schweres; Opfer bringen, aber nicht sich selbst; lieben, aber nicht zu sehr. Sie führen ein Leben der Halbheiten und Kompromisse.
Diese Fehlentwicklung kann nicht ernst genug eingeschätzt werden; denn an ihr liegt es, daß so viele Menschen keinen Unterschied mehr zwischen Christen und Nichtchristen zu erkennen vermögen. Glaube ohne Heiligung wird unglaubwürdig.
- Die einzig richtige Entscheidung ist: Mich Gott total zur Verfügung stellen; ihm wirklich auf allen Wegen folgen und ihn lieben aus ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit allen Kräften. Fangen wir heute damit an!


7. Nachfolger Jesu sollen belebend wirken.
Das Leben vieler Christen wirkt eher lähmend. Sie sind im Liberalismus erstarrt oder haben sich von der Selbstzufriedenheit gefangennehmen lassen. Fehlende Erfahrungen mit Gott, das Sichdrehen um sich selbst, unvergebene Schuld, Mangel an Erbarmen, Vertrauen, Demut und Dankbarkeit wirken sich verheerend aus.
Diese Lähmung kann nur überwunden werden durch anhaltendes Gebet. Wir müssen es auch wieder neu lernen, in Erwartung zu leben, mit Jesu Handeln heute zu rechnen. Dann werden wir auch erfahren, daß Jesus mit uns auf dem Weg ist; dann bricht Neues auf, werden Probleme gelöst. Wo durch veränderte Menschen Lebenslagen sich ändern, wird die Nachfolge Jesu anziehend.
- Richtig entscheiden wir uns hier, wenn wir uns durch Gottes Geist wieder in Bewegung bringen lassen zu unserem Nächsten hin und nicht warten, bis dieser auf uns zukommt.

8. Unser sozial-diakonisches Engagement ist gefordert.
Wir sind gerufen, uns mit ungeteiltem Herzen dem notleidenden Menschen zuzuwenden. Dabei müssen wir ihn in seiner Gesamtpersönlichkeit sehen. Jesu Aufforderung »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« findet ihre Erfüllung im Gehorsam jenem anderen Wort Jesu gegenüber: »Was ihr einem von diesen meinen geringsten Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan« (Mt25,40).
Dabei ist allerdings zu beachten, daß nur ein von Christus ergriffener Mensch wirklich richtig motiviert ist in seinem Handeln. Viele der heutigen sozialen Leistungen sind bloß humanes Handeln; man sieht nicht, daß dem ganzen Menschen - in Leib- und Seelsorge - geholfen werden muß. Den Menschen wirklich helfen kann nur, wer zuvor Jesu Hilfe an sich erfahren hat. 

Wer nicht durch die Macht Christi verändert wurde, der kann auch keine Gesellschaft auf Dauer positiv verändern.
- Wir können Evangelisation und Diakonie nicht gegeneinander ausspielen. Richtig stehen wir dann, wenn wir im evangelistisch-missionarischen und im sozial-diakonischen Einsatz stehen - und zwar einzig und allein motiviert von Jesus Christus, inspiriert durch Gottes Heiligen Geist und Gottes Ehre suchend.

9. Nachfolger Jesu bedürfen der Schulung.
Es geht nicht an, daß Christen einfach so vor sich hinleben, ohne sich zu informieren, was in der Welt, in der wir leben, vor sich geht. Ob Nöte in der Familie, ob Einsame und Kranke, ob soziale Probleme oder Menschenwürde oder was auch immer - kein Lebensbereich ist unserer Verantwortung entzogen. Hellwach, mit offenen Augen und Ohren müssen wir unsere Tage durchleben - nicht in einem frommen Ghetto, sondern als Minderheit mit der Licht- und Salzkraft (vgl. Mt 5,13-16), die Jesus uns zugesprochen hat. Er hat uns beauftragt, nicht wir selbst. In seiner Vollmacht leben und handeln wir, nicht aus eigener Kraft.
- Um im Glauben zu leben, bedarf es der Information und der Schulung. Auch dies geht nicht ohne Gemeinschaft mit anderen gläubigen Menschen, die ebenfalls den Weg der Nachfolge gehen, in der Gewißheit, daß Jesus vorangeht.

Falls Sie jetzt Ihr Leben ganz neu Jesus Christus zur Verfügung stellen wollen, dann können Sie das folgende Weihegebet sprechen - in der Gewißheit, daß Gott es dem Aufrichtigen gelingen läßt.

Herr, mein Gott, ich bin nicht länger mein
eigen, sondern dein! 
Stelle mich hin, wo du willst, und geselle mich
zu wem du willst.

Laß mich wirken, laß mich leiden, brauche
mich für dich oder stelle mich für dich beiseite;
erhöhe mich für dich oder erniedrige mich für
dich; laß mich erfüllt oder laß mich leer sein;
gib mir alles oder gib mir nichts.

Ich übereigne alle Dinge aus freiem Willen und
freudigem Herzen deinem Wohlgefallen und
deinem Walten.

Herr, mein Gott, der du heilig, allmächtig und
ewig bist, Vater, Sohn und Heiliger Geist,
du bist mein und ich bin dein.So soll es sein!
Und das Gelübde, das ich auf Erden getan,
möge im Himmel bekräftigt werden. Amen.
(Nach John Wesley)

Hänssler ISBN 3-7751-1116-6

Auch schwere Wege sind Segenswege, Werner Heukelbach

01/10/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Das große Erkennen Blog%20Heukelbach.jpg?1673345515575

Wir leben in einer Zeit, wo Rasten und Jagen, Schaffen und wieder Schaffen uns ganz und gar gefangen nehmen wollen. Es geht von früh bis spät, und bei nicht wenigen Menschen ist jede Minute ausgenutzt, um das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Einer versucht da den anderen zu überholen.

Wir nehmen uns oft überhaupt nicht mehr die Zeit, darüber nachzudenken, daß auch einmal etwas nicht so gehen könnte, wie wir es planen. Wenn dann Unvorhergesehenes kommt, ja, wenn gar große Schwierigkeiten auftauchen, dann drohen sie uns umzuwerfen.

 Wir nahmen uns nicht die Zeit, damit zu rechnen, daß mal etwas eintritt, das uns aus der Bahn wirft, etwas, das unsere Gedankenwelt dann so gefangen nimmt, daß wir kaum noch unsere täglichen notwendigsten Pflichten erfüllen können.

Mutlosigkeit erfüllt dann unser Herz. Wir meinen, wir hätten unüberwindbare Hindernisse vor uns - und es kommt uns gar nicht der Gedanke, daß dieses ein Halt des großen Gottes ist, der nun in unser Leben eingreift und uns zum Nachdenken zwingt.- 

Er zwingt uns, uns mit Ihm zu befassen. Natürlich liegt es uns Menschen dann, zunächst Gott dafür verantwortlich zu machen, daß dieses so gekommen ist- Wir suchen ja Immer alles von uns abzuwälzen und nie die Schuld bei uns zu sehen. Wir meinen, indem wir gegen Gott rebellieren, würden wirmit den Schwierigkeiten fertig. Doch Gott kennt das menschliche Herz durch und durch, und Er weiß, daß wir nur in der Stille auf den rechten Weg und zur rechten Erkenntnis gebracht werden können.

Wenn das Toben und Rebellieren dann vorüber ist, zieht der Mensch sich in seinem Schmerz zurück - zurück in die Stille. Und dann erst kann Gott in Liebe zu ihm reden.
Wo ist, lieber Leser, deine Stille? Wo findest du Zeit zur inneren Sammlung? - Du brauchst die Stille vor Gott. Du brauchst die Stille vor dem Worte Gottes. Du brauchst. die Stille vor deinem Heiland und - Retter Jesus Christus.

Auch in Schwierigkeiten werde stille Im Gebet. Die Bibel sagt: Vertraue still dem Herrn und harre -auf ihn. - Manche Menschen meinen, wenn sie ein Gebet zu Gott emporsenden, dann müßte Gott sofort das Gebet erhören und antworten. Oft tut Gott das. Aber Er tut es nicht immer. 

Ja, Er tut es bei weitem nicht immer. Er will sehen, ob du Ihm vertraust. Er will sehen, ob du wirklich mit Ihm rechnest, ja ob du nur mit Ihm allein rechnest. Er will hören, ob dein Gebet aus der Tiefe deines Herzens kommt. Gott will nicht eine oberflächliche Sache bei dir hinausführen. Er will, daß du aus der Tiefe deines Lebens heraus Ihm Herz und Leben weihst. Ja:

Warte still auf Gottes Einschreiten. In Klagelieder 3, 26 stehen die Worte geschrieben: Es ist gut, daß man stille wartet auf die Rettung des Herrn. - Im Warten wird die Seele reif für den Himmel. Im wartenden Zustand fällt manches von deinem Leben ab, was dich hindert, Gott zu nahen... Im stillen Warten reifst du für Gottes großes Geschenk. Ja, in allen Nöten sei stille, stille und wieder stille. Denke stets daran:

Auch die stärksten Wogen kann der Herr Jesus glätten. In der Bibel stehen die Worte geschrieben: Er verwandelt den Sturm in Stille, und es legen sich die Wellen. Wenn Weil auf Weil über dein Leben hinbraust, dann tust du gut, dich betend tief zu demütigen und dich vor dem Herrn Jesus zu beugen; denn dann werden die Wellen am schnellsten über dich hinwegbrausen und dir nichts anhaben können.
Der Liederdichter sagt:
Ebnen muß sich jede Welle;
denn dein Heiland will sich nahn.
Nur an einer stillen Steile legt Er Seinen Anker an.

In der Stille tut sich dir der Herr Jesus kund. In den ersten Versen des bekannten Psalms 23 steht geschrieben: Der Herr ist mein Hirte mir wird nichts mangeln. Er lagert mich auf grünen Auen, er fübit mich zu stillen Wassern - Diese innere Ruhe, diese Stille im Herzen, will dir der Herr Jesus, der gute Hirte, schenken. Es soll dir nicht daran mangeln. 

Was Er gibt, will Er reichlich geben. Er hat stille Wasser. Er hat Erquickungen für deine Seele. Er will dich weiden auf grünen Auen. Er führt dich Innerlich von Genuß zu Genuß.
Es gibt aber auch ein falsches Stillewerden. Es Ist das Stillewerden in deinem verlorenen Zustand. Du gehst gleichgültig Schritt für Schritt dem Verlorengehen entgegen. Diese falsche Stille wird dich einmal ins. Verderben hlnehw1hen Da ruft dir die Bibel die Worte zu: Schnell, eile, stehe nicht still! Betrachte jetzt In der Stille deinen Inneren Zustand. 

Lieber Leser, glaube es: Du mußt zum Herrn Jesus kommen. In Lukas 18, 40 stehen die Worte geschrieben: Jesus aber stand still und hieß ihn zu sich führen. - Ich . möchte dich sehr gern in dieser Stunde zu dem Herrn Jesus führen. Ich weiß aber nicht, ob mir dieses gelingen wird. 

Ich weiß nicht, ob du folgen wirst Ich weiß nicht, ob du den Wunsch hast, wirklich dem Heiland Jesus Christus dein Herz und Leben zu weihen Ich habe aber jetzt eine Bitte an dich: Knie doch vor dem Herrn Jesus nieder. Schütte vor Ihm dein Herz aus., Schütte dein Herz aber aus bis auf den Grund. Werde vor Ihm ganz stille. In 1. Chronika 28, 9 stehen die Worte geschrieben: Der Herr erforscht alle Herzen, und alles Gebilde der Gedanken kennt er. Wenn du ihn suchst, wird er sich von dir finden lassen.

 Höre es, lieber Leser, der rettende Gott will sich von dir finden lassen Er erforscht dem Herz. Er kennt deine Gedanken. Er kennt auch deinen sündigen Zustand; aber Er ist für dich da. Dein Heiland ist für dich gestorben.
Betrachte in der Stille das Erlösungswerk. Ja, nimm dieses Erlösungswerk jetzt im Glauben als deinen Besitz hin. Kolosser 1, 14 ruft dir jetzt persönlich zu: In welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden. - Lieber Leser, was du brauchst, ist die Vergebung deiter Sünden. Dann wird dein Herz stille werden. Du wirst zur Freude kommen. Die Heilsgewißheit wird dem Teil Du darfst danken,

 danken und wieder danken, wenn du es im Glauben jetzt hinnlmmst: Der Herr Jesus starb für mich. Der Herr Jesus tilgte meine Sündeftschuld. Der Herr Jesus erlöste mich von dem Fluch der Sünde.
Bekenne dann mutig deinen Heiland und Retter. Römer 10, 9 ruft dir zu: Wenn du mit deinem Munde Jesum als Herrn bekennen und in deinem Herzen glauben wirst, daß Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, du errettet werden wirst. -

Oder fehlt dir die rechte Erkenntnis? Wenn du nicht erkennst, daß du ohne den Herrn Jesus verloren bist, dann fehlt bei dir ja auch das Suchen.
Es fehlt dir das Sehnen nach der Gewißheit, daß es auch für dich eine Errettung der Seele igibt. - Ich will versuchen, dir durch die folgenden Zeilen dieses Erkennen etwas zu erleichtern: Wenn ein Geschäftsmann erkennt, daß es für ihn keinen Ausweg mehr
gibt, um dein bevorstehenden Bankrott auszuweichen, so ist diese seine Erkenntnis mit einer Unruhe verbunden.
Wenn ein Kapitän erkennt, daß sein Schiff leck ist, und daß es keinen Ausweg der Rettung mehr gibt, so ist diese seine Erkenntnis furchtbar!
Wenn der Schwerkranke erkennt, daß alle ärztliche Hilfe vergebens ist und daß keine Medizin da ist, welche die ersehnte Heilung bewirkt, so ist dieses Erkennen mit einem großen Schmerz verbunden.

Es gibt aber noch ein größeres Erkennen, und davon möchte ich jetzt reden Zunächst rufe ich dir einmal zu Erkenne die Wege Gottes! In Jesaja 41, 20 lauten die Worte so: Damit sie sehen und erkennen und zu Herzen nehmen und verstehen allzumal, daß die Hand des Herrn dieses getan hat. - Vielleicht wirst du mit diesem oder jenem, was an Schwerem in deinem Leben liegt, nicht fertig. 

Die vielen Fragen deines Herzens lassen dich nicht zur Ruhe kommen. Dein Grübeln führt dich immer wieder in Betrübnis hinein. Du wirst von nicht guten Gedanken geplagt. Lieber Leser, nimm jetzt einmal alles, was an Bitterkeit und an Enttäuschung in deinem Leben liegen mag, aus Gottes Hand hin, und:

Erkenne dein Abweichen von Gott! Rufe das aus, was einmal ein Mann, von dem die Bibel berichtet, ausgerufen hat. Er kleidete sein Gebet in folgende Worte: Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken (Psalm 139). - Wenn Gott dein Herz erforschen will, dann mußt du Ihm das Herz willig öffnen. Gestatte doch Gott einmal, daß Er Sein Licht hineinleuchten läßt in deine Gedankenwelt. Da ist gewiß vieles, vieles, was das Licht Gottes nicht vertragen kann. 

Du wirst dann bald erkennen, wie weit du von Gott, ja, wie weit du von Jesus Christus entfernt gelebt hast. In Jeremia 3, 13 stehen die Worte geschrieben: Erkenne deine Missetat, daß du von dem Herrn, deinem Gott, abgefallen bist. - Durch die Sünde ist jeder Mensch von Gott getrennt. Durch das Blut Jesu Christi kann aber jeder Mensch wieder in die Nähe Gottes kommen. Er kann zu Gott zurückkehren. Er kann die Gemeinschaft mit Gott suchen und finden. 

Du mußt dein Herz auf Gott richten. Lieber Leser:
Erkenne du den großen Gott! Die Bibel sagt: Und ich will ihnen ein Herz geben, mich zu erkennen, daß ich der Herr bin; und sie werden mein Volk, und ich werde ihr Gott sein; denn sie werden mit ihrem ganzen Herzen zu mir umkehren. - Das Erkennen deiner Sünde geht der Vergebung deiner Sünde voraus. Je mehr du deine Sünden erkennst, um so früher wirst du den Herrn Jesus als deinen Heiland und Retter suchen. Du mußt aber mit deinem ganzen Herzen dem Herrn Jesus nahen.

Erkenne dann den Herrn Jesus als deinen Heiland. In Johannes 17, 3 stehen die Worte geschrieben: Dies aber ist das ewige Leben, daß sie dich, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen. - Du darfst den Herrn Jesus als deinen Heiland erkennen, wenn du vor Ihm deine Sündenschuld hingelegt hast. Du darfst Ihn im Glauben als deinen Heiland annehmen. 

Der Herr Jesus liebt dich sehr. Er hat Seine Liebe zu den Menschen unter Beweis gestellt, indem Er auf Golgatha Sein Leben für die Sünden der Menschheit hingab.
Nun versuche doch, das Geschehen auf Golgatha einmal von dieser Schau aus zu sehen. Zweifele doch nicht an der Wahrheit dieses Geschehens, sondern nimm es als Tatsache hin. Oder trifft dich diese Erlö-sungstat so, daß du Angst davor hast, der Herr Jesus könnte dein ganzes Leben restlos wissen? Nimmst du vielleicht deshalb eine Gegenstellung zu Ihm ein? Davon geht aber deine Unruhe nicht weg. 

Davon werden schwere Wege nicht leichter. Und diese. schweren Wege sollen ja Segenswege für dich werden. Den meisten Menschen liegt es, einen Schlag, den sie bekommen, mit einem Gegenschlag zu beantworten! Niemand läßt gern dieses oder jenes über sich ergehen, ohne darauf zu reagieren.
In einer Angelegenheit aber darfst du, lieber Leser, nicht um dich schlagen. 

Du mußt ganz stille werden, wenn der Herr Jesus zu dir persönlich reden will. Er will dir die Fragen, die dein Herz bewegen, beantworten. Er sagt dir, so möchte ich noch einmal betonen, daß Er dich liebt Er sagt dir aber auch, daß dein Leben einer Erneuerung bedarf. Er selbst, dein Heiland, will bei dir diese große Erneuerung durchführen.

Schlage nicht um dich, wenn der Herr Jesus dir sagt, daß du ein Sünder seiest. Laß dir die Worte aus der Bibel tief zu Herzen gehen: Alle sind abgewichen, sie sind allesamt verderbt; da ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer (Psalm 14, 3). - Es gehört viel Demut dazu, sich als Sünder bezeichnen zu lassen. Wenn aber Gott selbst es zu dir sagt, dann darfst du diesem Wort keinen Widerstand leisten. Der Herr Jesus kennt ja dein Leben von der Wiege an bis jetzt zu dieser Stunde. 

Er sagt durch Lukas 12, 2 auch zu dir: Es Ist aber nichts verdeckt, was nicht aufgedeckt, und es ist nichts verborgen, was nicht kundwerden wird. - Laß den Herrn Jesus bitte hineinsehen in die allerletzten Fragen, die dein Herz bewegen, Vergiß es aber bitte nicht, daß auch schwere Wege Segenswege sind.
Schlage nicht um dich, wenn dir der Herr Jesus sagt, daß dir der Herzensglaube noch fehlt. Er sieht nicht auf deine äußere Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft. Der Herr Jesus sieht dein Herz an. Er will eine persönliche Verbindung mit dir aufnehmen. 

In Jesaja 28, 18 stehen hinweisend auf den Herrn Jesus die Worte geschrieben: Siehe,. ich gründe einen Stein in Zion, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, aufs festeste gegründet: Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen. - 

Es gibt viele Menschen in unserer Zeit, die sind sehr flüchtig. Manche haben Angst, einmal stille zu werden, um sich mit Ihrem Leben zu beschäftigen. Der Mensch unserer Tage liebt nicht die tiefe Selbstbesinnung. Lieber Leser, nimm du dir aber bitte jetzt einmal die Zeit, und beschäftige dich mit deinem Leben; denn sei gewiß:

Der Herr Jesus wird einmal jeden Menschen richten. Die Bibel sagt Nach ihren Wegen will ich mit Ihnen handeln, und mit ihren Rechten will ich sie richten (Hesekiel 7, 27). - Wenn du so einmal vor deinem Heiland und Retter Jesus Christus stille wirst, dann wirst du bald ein tiefes Empfinden dafür bekommen, daß dein Leben göttlich geordnet werden muß. Dieses kann aber nur der Herr Jesus bewirken. Öffne du Ihm dein. Herz, öffne es für Seine Gnade, die Er auch dir zuteil weiden lassen möchte.

Es kann so sein, daß eine besondere Not dich: drückt, oder daß du meinst, andere konnten diese Gnade bekommen aber für dich wäre sie nicht da Ja es kann eine Not in ein Menschenherz hineinkommen, daß man meint, so halte ich es nicht mehr länger aus Menschen können dich an' stürmen; so daß du am Boden liegst. 

Du siehst, wie deine Gegner froh-lecken. Du schaust zu, wie es dem Gottlosen wohigeht. Und du sagst vielleicht das, was In Psalm 94,3 geschrieben steht:
Wie lange noch werden die Gottlosen frohlocken? - Wie lange werden sie sich freuen? Wie lange noch wird die Traurigkeit in meinem Herzen weiter wirken. So und ähnlich sind die Fragen, die dein Herz bewegen Lieber Leser, lies doch einmal selbst Psalm 94, und werde dabei ganz, ganz stille, und du wirst dann Antwort bekommen auf die Fragen. - In dem erwähnten Psalm heißt es weiter:
Wie lange noch werden die Gottlosen Freches reden? 

Es kann sein, daß diese Frage auch schon dein Herz bewegt hat. Da möchte ich dir sagen: Höre doch nicht auf die Reden der Gottlosen. Höre doch nicht auf ihr Prahlen; sondern: Blicke nach oben! Schaue auf den Herrn Jesus! Alles, alles, aber auch alles, was du bisher an Leid und Weh durchgemacht. hast, soll dich nah an das Herz des Herrn Jesus bringen. Denke daran; Auch schwere Wege sind Segnswege! Der innere Friede, von Gott gesandt, soll dein Besitz werden. Du betrachtest vielleicht die Ungläübigen. Du betrachtest die Gläubigen. 

Du siehst nach links, du schaust nach rechts. Du bist gleich einem Rohr, das vom Winde hin und her bewegt  wird. Dir fehlt der innere Halt. - Vielleicht sagst du mit dem Psalmist
Wie lange noch werden die Ungläubigen gegen die Gläubigen auftreten? 

Du kannst das Zeitgeschehen nicht ändern. Du kannst keine Situation in dieser Hinsicht verhindern. Der Herr Jesus kann es tun; aber Er wird manches reif werden lassen. Darum schaue du nicht auf dieses oder auf jenes; sondern sage alles dem Herrn Jesus. Er wird dir zur Seite stehen, dafür bete ich, daß Er es tun möchte. - Vielleicht fragst du sogar:
Wie lange noch muß ich so schwere Wege gehen? .- Wie lange noch muß Traurigkeit mein Herz erfüllen? Wieder möchte ich dir sagen: Du mußt reif werden für das große Gotterleben, reif werden, um die Gottes-kindschaft In Empfang nehmen zu können, reif werden für die Begnadigung von Gott. -

Wie lange noch willst du Im Unglauben leben? Begrabe doch alle deine Zweifel. Wenn du dein Herz vor dem Herrn Jesus ausgeschüttet hast und Ihm unter tiefem Bedauern deine Sündenschuld genannt hast: dann nimm die Glaubensstellung ein. Ja: Tue es ab sofort, und .du wirst das erleben, was in Psalm 94, 19 geschrieben steht: 

Bei der Menge meiner Gedanken m meinem Innern erfüllten deine Tröstungen meine Seele mit Wonne - Diese Wonne, diese Freude, diese Glückseligkeit, diesen Frieden, ja, dieses
alles will der Herr Jesus dir schenken. Nimm es im Glauben dankbar an
In Psalm 103 5 heißt es Deine Jugend erneuert sich wie die des Adlern Der Psalmist denkt da an den bekannten Prozeß der Mauserung dem die Vogel alle Jahre unterliegen Selbst der stolze Adler, der sonst Im majestätischen Fluge über den höchsten Gipfeln seine Kreise zog, kajert dann still In seinem Horste Er scheint kraftlos und krank zu sein. 

Sein scharfes Auge ist matt und glanzlos Aus seinen gewaltigen Schwingen lösen sich Federn Aber dann kommt der Augenblick, da ihm aus den geheimnisvollen Quellen der Natur neue Kräfte zufließen Er ist verjungt er ist stärker denn zuvor. Neue Federn sind ihm gewachsen, ein neues Kräftgefühl durchpulst Ihn. Er hebt den Kopf, sein Auge durchdtingt wieder die Ferne. Und schon breitet er die Schwingen aus und schwebt davon und wiegt sich in dem reinen Äther.

Ober dem Eingang zu den Franekeschen Anstalten in Halle stehen die Wbrte Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft daß sie auffahren mit Flügeln wie Adlei (Jes. 40, 31). —Auch wir müssen von zSt zu Zeit durch Dürre und innere Schwache, gleichsam durch eine Mauser hindurch Gott scheint uns im Stich gelassen zu haben Es geht uns wie dem Propheten Wie eine Schwalbe, wie ein Kranich klagte ich Schmachtend blickten meine Augen zur Höhe 

0 Herr, mir ist bange' (Jes 38, 14) und doch werden solche Zeiten, wenn wir nur nicht aufhören, auf den Herrn zu harren, uns wunderbare Segnungen bringen. Wir werden Innerlich erneuert und verjüngt, uns wachsen neue Schwingen, daß wir uns u Gott erheben können. 

Phil. Spitta singt davon:

Das sind die geist'gen Fasten, 
wo Er uns scheint entfernt 
und man allein die Lasten 
der Sünde kennenlernt.

Da wird man eingeleitet 
in Reu' und Sündenleid, 
doch da auch vorbereitet 
zur Festtagsherrllchkeit.

Der Herr erwählt sich immer
zum Segnen Seine Zeit,
Er gibt den Freudenschimmer
nach trübem Herzeleid;

Er gießt den Gnadenregen 
hinein ins dürre Herz
und führt auf dunkeln Wegen
zum Lichte himmelwärts.

Mit Liebe leiten Alexander Strauch

12/31/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Es ist keine Übertreibung, wenn man sagt, dass die Bibel ein Buch der Liebe ist. Die Geschichte desBV19372.jpg?1672499726212 Evangeliums »denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab« (Joh 3,16), ist die größte Liebesgeschichte, die jemals erzählt wurde. Weil Gott uns so sehr liebte, sollen auch wir den Herrn, unseren Gott, mit ganzem Herzen, ganzer Seele, ganzem Verstand und ganzer Kraft lieben und unseren Nächsten wie uns selbst (s. Mk 12,30-31). Da dieses Gebot, Gott und den Nächsten zu lieben, an alle wahren Gläubigen gerichtet ist, habe ich mich auf das Thema Liebe in Bezug auf christliche Leiter und Lehrer konzentriert. Hier sind die Gründe dafür:

Erstens: Obwohl von allen Weltreligionen das Christentum mit seiner Lehre über die Liebe Gottes und der Anweisung an christliche Gläubige, Liebe zu üben, beispiellos ist, konzentrieren sich christliche Leiter gewöhnlich nicht auf die Liebe, wenn sie eine Leitungsfunktion übernehmen. Es wurde schon viel Gutes über Führungseigenschaften wie Mut., Ideenreichtum, Charisma, Überzeugungskraft, Ausdauer, visionäres Denken, Selbstdisziplin und Entschlossenheit geschrieben. Doch nur wenige Bücher über Gemeindeleitung bezie- hen die Liebe mit ein. Das ist ein tragischer Fehler, denn das Neue Testament sagt ganz klar, dass die Liebe eine unentbehrliche Gabe bei der Führung und Unterweisung einer Gemeinde ist. In der Tat ordnet das Neue Testament an, dass Geistesgaben in Liebe ausgeübt werden sollen. Paulus erklärt sogai' dass man ein »tönendes Erz oder eine schallende Zimbel« ist (iKor 13,1), wenn man ohne Liebe leitet und lehrt. Wenn ein christlicher Leiter alle oben erwähnten Führungsqualitäten besitzt, aber keine Liebe hat, dann ist er zum Scheitern verurteilt (s iKor 13,1-3). 

Zweitens: Leiter und Lehrer geben den geistlichen Ton einer Gemeinde an. Sie haben die Macht, in ihrer Gemeinde eine liebevollere Atmosphäre zu schaffen. Wenn sie Gott und die Menschen heben, werden auch ihre Gemeindeglieder höchstwahrscheinlich Gott und die Menschen lieben. Wenn die Leiterjedoch egozentrisch, kritiksüchtig, stolz, böse und herzlos sind, dann werden die Gläubigen die gleichen schlechten Eigenschaften annehmen. In den letzten Jahren habe ich mit vielen Menschen gesprochen, die mit ihrer örtlichen Gemeinde unzufrieden waren, aber nicht genau wussten, warum. Ich glaube, dass in vielen Fällen jene Liebe fehlte, die im Neuen Testament beschrieben wird. Der Mangel an Liebe ist weit verbreitet und die Ursache vieler Probleme, wie die vom Streit geplagte Gemeinde in Korinth beweist. Darum besteht die Heilige Schrift darauf, dass Leiter und Lehrer Vorbilder in der Liebe sein sollen: »Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild der Gläubigen im Wort, im Wandel, in Liebe, im Glauben, in Keuschheit« (ITim 4,12). Für die Gemeinde ist die Liebe lebenswichtig, denn sie ist ihr »Lebensatem& und unentbehrlich bei der Evangelisation und für das geistliche Wachstum (s. Eph 4,16). 

Drittens: In der Gemeindefamilie müssen die Gläubigen als Geschwister in Christus eng zusammenarbeiten, um Entscheidungen zu treffen und ihren christlichen Dienst zu tun. Manchmal ist das schwierig. In jeder Ortsgemeinde gibt es oft Sitzungen in den verschiedenen Gruppen: Sitzungen der Ältesten und Diakone, Mitarbeiterbesprechungen, Vorstandssitzungen, Ausschusstreffenund überregionale Konferenzen. Je länger wir zusammen arbeiten, desto mehr lernen wir die Fehler und unangenehmen persönlichen Eigenschaften des anderen kennen, die das gemeinsame Leben belasten können. Wenn man das neutestamentliche Prinzip der Liebe versteht, dann wird das die Gruppenleitung, die Gruppentreffen und das Gemeindeleben erheblich verbessern. Ohne Liebe können wir nicht in Eintracht miteinander leben und arbeiten. 

Viertens: Es gibt viele falsche Vorstellungen von der Liebe, die korrigiert werden müssen. Im Namen der Liebe haben Christen ihre Familien verlassen, alle möglichen sexuellen Sünden begangen, Gemeindezucht abgelehnt und das Wesen Gottes und die Erlösung entsprechend der zeitgemäßen Vorstellung von Liebe und Toleranz - neu ausgelegt. Obwohl die Liebe die »ErJWlung des Gesetze«ist, wurde sie zum Feind des Gesetzes gemacht (Röm 13,8-10). Obwohl die Liebe »alles Böse« verabscheut, wurde sie dazu benutzt, das Böse zu rechtfertigen (Röm 12,9). In seinem klassischen Werk Testaments of Love erklärt Leon Morris: »Es gibt nichts Schreckliches, was nicht schon im Namen der Liebe begangen wurde.«2 Trotz dieser Schattenseiten bin ich davon überzeugt, dass Älteste und Lehrer ihre Fähigkeit im Umgang mit Menschen und ihren Gemeindedienst deutlich verbessern würden, wenn sie wirklich verstehen, was die Bibel über die Liebe sagt. 

Ein richtiges Verständnis der Liebe würde sinnlose Konflikte und Streit mindern, die Evan-gelisation fördern und geistlich gesunde Gemeinden zur Folge haben. Aber am meisten würde es den Herrn freuen. Dieses Buch wurde daher für alle Leiter und Lehrer in Gemeinden geschrieben, egal welchen Dienst sie ausüben. Wenn Sie Menschen führen oder lehren - wie etwa in der Sonntagsschule, der Jungschar, dem Frauen- oder Männerkreis, dem Bibelgesprächskreis, in der Verwaltung, in Musikgruppen oder als Ältester, Diakon, Pastor, Evangelist oder in der Mission -‚ dann ist die Liebe für Sie und Ihre Gemeinde unentbehrlich. Michael Green drückt es wunderbar aus: »Die Liebe ist die begehrenswerteste Eigenschaft in der Welt. Und sie ist das Herzstück der Christenheit.«' Aus diesem Grund fordert Gott uns auf, dass Sie und ich mit Liebe leiten und lehren und in der Liebe zu ihm und allen Menschen stetig wachsen.

LIEBE FÜR CHRISTLICHE LEITERSCHAFT UNENTBEHRLICH - motivierende Kraft der Liebe

CHARAKTER UND VERHALTEN - Langmut und Güte - weder neidisch noch prahlerisch - weder arrogant noch unanständig - weder selbstsüchtig noch schnell zum Zorn - weder nachtragend noch froh über das Böse - erträgt glaubt hofft erduldet alles 

ARBEIT EINES LIEBEVOLLEN CHRISTLICHEN LEITERS - Liebe und Mitgefühl äußern - Gastfreundschaft praktizieren - sich um Bedürfnisse anderer kümmern - Gebetsarbeit - Hunger der Seelen stillen - geliebte Menschen bewahren und ermahnen - Ungehorsame bestrafen und wieder aufrichten - Konflikte nach dme besseren Weg lösen - Geboten Christi gehorchen und andere Gehorsam lehren