Geleitwort
Es war im Herbst 1985, als ich dem Autor dieses Buches, Manfred A. Bluthardt, das erste Mal persönlich begegnet bin. Er war erst wenige Monate zuvor mit seiner Familie aus Chile nach Deutschland zurückgekehrt, um in der Leitung der Deutschen Missionsgemeinschaft mitzuarbeiten. Sie befanden sich noch voll in der Umstellung. Was für ein Wechsel nach 23 Jahren Missionsdienst und Leben in Südamerika. Deutschland hatte sich seit seiner ersten Ausreise 1961 dramatisch verändert. Er kam zurück in sein Heimatland und fand sich gleichsam in einer neuen Welt wieder.
Auch ich erlebte damals eine massive Umstellung, jedoch in umgekehrter Richtung. Nach Hochschulstudium und Uni-Karriere mit viel persönlicher Freiheit und Weltoffenheit galt es, mich in die Dienstgemeinschaft eines Missionswerks zu integrieren. Gott hatte uns in die Außenmission berufen.
So fanden Manfred Bluthardt und ich uns in recht ähnlichen persönlichen Herausforderungen wieder, als wir damals auf dem Buchenauerhof zusammenkamen. In den darauf folgenden Wochen arbeiteten wir handwerklich miteinander, dabei ergaben sich gute Gespräche.
Wir stammten aus unterschiedlichen Generationen und hatten sehr verschiedene Biografien: Er, ein erfahrener Missionar und Missionsleiter, ich, ein junger Rebell, der gern provozierte. Damals habe ich Manfred Bluthardt schätzen gelernt. Seine geradlinige Persönlichkeit.
Die klare Verkündigung und seinen Mut, Gottes Wort zu lehren, ob es gerade attraktiv erscheint oder nicht. Wie er selbst schwierige Bibeltexte respektvoll stehen lässt und sich unter Gottes geoffenbarte Wahrheit stellt. Manfred Bluthardt strahlt Gottvertrauen und Glaubensmut aus, was durch seine sonore Stimme noch unterstrichen wird. Er konnte eigentlich alles - verkündigen, leiten, verwalten, künstlerisch gestalten und handwerklich tätig sein. Wie es damals von einem typischen Missionar erwartet wurde. Das beeindruckte mich.
Nach fünf Jahren Mission im Orient hat der Vorstand der DMG uns ebenfalls ins Heimatteam berufen. So arbeitete ich ab Januar 1991 intensiv mit Manfred Bluthardt zusammen. Im Oktober 1991 erschütterte uns der plötzliche Tod des damaligen Missionsleiters Bruno Herrn. Manfred Bluthardt wurde zu dessen Nachfolger berufen, und ich zu seinem Stellvertreter. In den darauf folgenden Jahren arbeiteten wir eng zusammen. Dabei habe ich besonders Manfred Bluthardts Liebe zu Jesus, seine vollkommene Hingabe und seinen unermüdlichen Einsatz bewundert. Er war und ist ein »Missions-Staatsmann«, der die Missionsarbeit in wunderbarer Weise repräsentiert.
Im November 1999 ging Manfred A. Bluthardt formal in >'Ruhestand« und flog bereits am folgenden Tag für vier Monate nach Chile, um allen Mitarbeitern und Missionaren zu dokumentieren, wer jetzt die Leitung hatte. So konsequent und selbstdiszipliniert lebte er - zumal sein Herz stets für Südamerika geschlagen hat. Bis heute verkündigt er gerne weiter Gottes Wort, besonders auf Missionsfreizeiten, bei denen er Bibelarbeiten hält. Zudem bringt er seine Missionserfahrung in verschiedenen Gremien ein. Er baute den Männergebetsbund mit auf, in dessen Vorstand er mitarbeitete, wie auch im Leitungskreis der Akademie für Weltmission in Korntal. Die Ausbildung neuer Missionare liegt ihm am Herzen. Als Missionsleiter der DMG und auch danach hat er viele Abenteuer mit Gott erlebt, doch diese werden wahrscheinlich einmal Gegenstand eines eigenständigen Buches sein.
2001 zog das Ehepaar Bluthardt in seine alte Heimat nach Ostfildern um. Die ehemalige Kaserne Scharnhäuser Park war inzwischen in ein neues Stadtviertel umgebaut worden. Der Württembergische Brüderbund begann dort eine Gemeindeneugründung. Neben Bibelstunden und Predigten engagierte sich Bluthardt tatkräftig beim Neubau des Gemeindezentrums.
Mit Fleiß und handwerklichem Geschick investierte er unzählige Stunden auf der Baustelle des Neubaus. Als Senior-Missionsleiter ist er sich nicht zu schade, einfache Arbeiten zu bewältigen und sich die Hände schmutzig zu machen: ein dienender Leiter, der dem Vorbild Jesu folgt.
Eines war und ist ihm das Wichtigste: Menschen einzuladen zur Begegnung mit dem auferstandenen Herrn Jesus Christus. Mit Wort und Tat lebt Manfred Bluthardt das Evangelium, bis heute. Seine persönlichen Erfahrungen in diesem Buch möchten Sie dazu einladen, Gott beim Wort zu nehmen, sich von Gott ein neues Leben schenken zu lassen. Das gibt es nur durch Jesus Christus. Wir möchten Sie dazu ermutigen, sich einzulassen auf das Abenteuer mit Gott, Nachfolge Jesu zu leben und ähnliche eigene Erfahrungen mit dem Herrn zu machen. Er ist der Gleiche, vor 2000 Jahren, vor 50 Jahren und heute.
Dieses Buch ist keine Biografle. Manfred A. Bluthardts Erzählungen sind bewusst selektiv, er beschränkt sich auf einige ausgewählte Ereignisse und Erlebnisse. Es ist auch keine Autobiografle, denn der Autor ist hier lediglich Berichterstatter. Manfred Bluthardt bleibt bewusst im Hintergrund, als Augenzeuge von Gottes großen Taten. Eindrucksvoll schildert er, was er mit Gott erlebt hat.
Da geht es um Gottes Eingreifen in Lebensgefahr. Wie er als Kind im zugefrorenen Teich eingebrochen und unter die Eisdecke geraten ist ... Um Gottes wunderbare Hilfe in fremden Kulturen und ausweglosen Situationen. Es geht darum, wie Gott im Missionsdienst unter Mapuchen-Indianern in Chile großartig gehandelt hat. Und um Gottes treues Versorgen, als der Autor über viele Jahrzehnte zu einem Glaubenswerk ohne gesichertes Einkommen gehörte. Manfred A. Bluthardt erzählt, wie der Herr ihn und seine Frau mit ihren sechs Kindern sowie unzähligen geistlichen Kindern wunderbar beschenkt hat. Spannende Abenteuer mit Gott, die das. Leben geschrieben hat.
Das Buch liest sich wie eine Art Fortsetzung der biblischen Apostelgeschichte. Auch in der Bibel geht es nicht um herausragende Personen wie Petrus oder Paulus, sondern um Gottes vollmächtiges Handeln, es geht um Gott. Gott macht Geschichte, und das mit uns schlichten Menschen.
Dabei berichtet der Autor nicht nur seine Erfolge. Im Gegenteil: In schonungsloser Offenheit beschreibt er auch eigene Fehler und Versagen. Das macht Mut. Gott kann auch aus scheinbaren Niederlagen Gutes machen. Ihm dürfen wir vertrauen. Auf Gott ist Verlass. Diesen Gott können wir auch heute beim Wort nehmen. Dazu laden uns die Berichte von Manfred A. Bluthardt ein: Jesus Vertrauen zu schenken, der das Herz von vielen Menschen verändert hat, der ein Leben reich macht und tiefen Sinn stiftet, der ein Leben in Ewigkeit bei Gott schenkt. Gott wirkt in unserer Welt. Und er ist stets für eine Überraschung gut. Wer mit Gott rechnet, verrechnet sich nicht!
Dr. Detlef Blöcher
seit 2000 Nachfolger von Lic. Manfred A. Bluthardt als Direktor der Deutschen Missionsgemeinschaft (DMa) Sinsheim, Januar 2009
Wer mit Gott rechnet verrechnet sich nicht!
Gott aus dem Leben auszuklammern ist immer eine Fehlkalkulation und führt in den Bankrott. Es ist ein Trugschluss zu meinen, das Leben selbst meistern zu können. Gottes Hilfe ist schon im Leben, erst recht aber im Tod unverzichtbar. Wir Menschen können existieren, weil Gottes Barmherzigkeit uns die Luft zum Atmen und ein begrenztes Dasein geschenkt hat. Aber leben, wirklich leben, in alle Ewigkeit leben ... Das können wir nur durch den, der das Leben ist: Jesus Christus.
Der Fischer Simon Petrus hat das existenziell erfahren. Nach einer erfolglosen Arbeitsnacht und vor einer drohenden beruflichen Pleite begegnet er Jesus. Der spricht konkret in das Leben des frustrierten Fischers hinein. Der Galiläer glaubt und vertraut ohne zu zweifeln der Zusage von Jesus. Petrus rechnet mit Jesus wie mit Zahlen. In der Bibel berichtet uns der Arzt Lukas von diesem Ereignis:
»'Hern, erwiderte Simon, 'wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, wffl ich es wagen. Sie warfen ihre Netze aus und fingen so viele Fische, dass die Netze zu zerreißen anfingen« (Lk 5,5.6; .Hfa).
Es lohnt sich, die Erfahrungen von König David ernst zu nehmen. Er sagte: »Menschen, die sich einreden: 'Gott gibt es überhaupt nicht!<, leben an der Wirklichkeit vorbei« (Ps 14,1 Hfa). Und: »Du hilfst denen, die sich helfen lassen und sich selbst nicht überschätzen. Die Überheblichen aber stößt du von ihrem Thron. Herr, du machst die Finsternis um mich hell, du gibst mir strahlendes Licht. Mit dir kann ich die Feinde angreifen; mit dir, mein Gott, kann ich über Mauern springen« (Ps 18,28-30 Hfa).
Auch bei scheinbarer Überlegenheit der Gegner ist man mit Gott immer in der Mehrzahl. Gottes Mengenlehre passt eben nicht in unser logisches Denken. Gott kann es sich beispielsweise leisten, das Heer um den Feldherrn Gideon so sehr zu reduzieren, dass von 32000 Mann nur noch 300 Getreue übrig bleiben.
Und dann schenkt Gott dieser unbewaffneten Minderheit auch noch den Sieg (Ri 6-7).
Lesen Sie hier von Menschen, die mit Gott gerechnet haben, in deren Leben Jesus der große Pluspunkt wurde. Mit Jesus Christus bleibt auch am Ende des Lebens eine positive Bilanz Denn unsere menschlichen Defizite und unsere Lebens-Verlustrechnung werden durch seine unbegrenzte Gnade ausgeglichen, Rechnen Sie damit? Dann verrechnen Sie sich sicher nicht.
Missionsfreunde und unsere eigenen sechs Kinder haben mich immer wieder ermutigt, ja sanft gedrängt, aus der Vielfalt unserer persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse, vor allein in Südamerika, einiges zu Papier zu bringen; Meine liebe Frau Gertraud hat mich dabei tatkräftig unterstützt, auch als Korrekturleserin.
Wenn Gott das Lob bekommt, die Leser im persönlichen Glauben an Jesus Christus gestärkt werden und das missionarische Interesse geweckt wird, sind diese Zeilen mehr als nur Druckerschwärze.
Lic. Manfred A. Bluthardt, Ostfildern, Januar2009
Harte Kriegsjahre
Mit den Nachbarjungen spielten wir Krieg. Jede Gruppe hatte ihre eigenen Waffen und Strategien, und gewaltlos ging es bei Weitem nicht zu. Dass unser Land tatsächlich unter den Wunden des Zweiten Weltkriegs litt, bekam ich erst in den letzten Kriegsjahren mit. Als Fahrräder und Skier, Wolldecken und manches andere »eingezogen« wurden. Dabei hatten wir auch so schon unsere zwei Paar Schlittschuhe stundenweise unter sechs Kindern aufgeteilt. Als selbst die letzten unserer Schuhe total verschlissen waren, hatten auch die angerosteten Schlittschuhe im Winter längere Ruhepausen.
Immer wieder wurden wir von der Oma zum Einkaufen geschickt. Aber ihre Hustenbonbons gab es schon lange nicht mehr. Und die Lebensmittelmarken reichten für die zehnköpfige Großfamilie ohnehin nicht aus. Mutter arbeitete von früh bis spät, sie stopfte Strümpfe, flickte Hosen, nähte neue Kleider aus alten.
Was Garten und Acker hergaben, wurde ihnen abverlangt. Alles war mit harter Arbeit verbunden. Das Ähreulesen mit den Schwestern war ein Schauspiel, nein, eine Tragödie. Kaum war der Acker von den Bauern abgeerntet, standen schon Scharen von Sammlern mit Körben und Säcken bereit und fielen wie Heuschrecken über die spärlich liegen gebliebenen Ähren her. Ihre Schnelligkeit musste unsere Schwester mit einem schmerzhaften Rechenhieb der resoluten Bauersfrau an den Kopf bezahlen. Sie hatte nicht den gebührenden Abstand gewahrt.
Hausgemachte Säfte waren nur für besondere Anlässe und ganz heiße Sommertage gedacht.
Einmal komme ich schweißgebadet und nach Flüssigkeit lechzend durch den Hintereingang ins Haus. Was? Das ist ja ein Traum! In der Waschküche steht eine Flasche Apfelsaft auf dem Tisch. Das Gewissen schlägt, aber der Durst drängt. Und plötzlich ist die Flasche am Mund. Aber genauso schnell wieder abgesetzt, denn es ist flüssige Seife
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Von sechs Geschwistern war ich wohl das Schwergewicht. Deshalb hatte ich immer Hunger. Sich satt zu essen war ein immer gegenwärtiger Wunsch, Brotrationierung eine schlimme Strafe.
Im Herbst grub ich einem Bauern den ganzen Obstgarten um, sammelte Blätter und war Hausboy für alles. Der Lohn: eine dicke Schnitte Brot mit einem schleierartigen Überzug aus Schmalz lind als Glanztat meiner Gutherzigkeit brachte ich diese keilartige Restschnitte als Erwerbsbeitrag nach Hause.
Während die älteren Brüder unter die strenge Obhut und gottlose Doktrin der Hitlerjugend kamen, beneideten wir »Kleinen« die strammen Jungs und regimekonformen Mädchen. Das Hakenkreuz war überall präsent und das »Hell Hitler!« Teil der Alltagskultur.
Mehr und mehr erlebten wir auch in der Heimat die Brutalität und Rücksichtslosigkeit des Krieges. Er war Alltag geworden. Immer wieder der Ruf der Mutter mitten in der Nacht, die den Fliegeralarm ankündigte; der immer gleiche Appell an uns Kinder: »Schnell aufstehen, anziehen, kein Licht machen und dann rasch in den Keller. Vergesst die Wolldecken nicht!« Und zu den älteren Jungs: »Geht schnell und holt Oma und Opa. Und nur Kerzcnlicht gebrauchen.«
Oma wollte lieber in ihrem Bett sterben. Es war jedes Mal eindringliche Überredungskunst nötig, um sie über die drei Treppen in den kalten Keller zu bringen.
Wieder wurde Stuttgart bombardiert. Noch bei uns, in zwölf Kilometern Entfernung, hörte man die Detonationen, sah durch das einzige verdunkelte Kellerfenster Blitze zucken. Wir wussten nie, ob außer den Blindgängern nicht doch eine zerstörerische Bombe die Scharnhäuser Straße 57 treffen würde. Nicht verwunderlich, dass angstvolle Äußerungen die zarten Gemüter bewegten und Tränen der Hilflosigkeit flossen. Außer Kerzenlicht, Wasser, und Verbandszeug hatte Mutter auch immer ihre große Bibel dabei.
Meinem kindlichen Glauben wurde zum ersten Mal die.Wirklich-keit Gottes bewusst:
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»Wer unter dein Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht
und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.«
Psalm 91,1.2; L
Äußerlich hatte sich nichts verändert, wir lagen immer noch auf harten Strohmatten, schreckten bei jedem Geräusch auf, waren müde und konnten doch nicht schlafen. Aber im gemeinsamen Gebet haben wir bei Gott Schutz gefunden. Etwas wie himmlischer Friede lag über dem kargen, dunklen Kellerraum.
Geleitwort.5
Wer mit Gott rechnet, verrechnet sich nicht'..............9
Harte Kriegsjahre.....................................11
Schlager für Onkel Gotthilf.............................14
Dumme Mutprobe....................................17
Der unvergessliche militärische Ausritt ...................19
Ein schwäbisches Original »auf Du und Du«
mit dem lieben Gott...................................21
In Sport war ich nie ein Star ............................23
Ein neues Leben mitten in der Nacht .....................25
Ein Gärtnergehilfe mit Weitblick ........................27
»Manfred, was bewegt dich denn?« ......................29
Gottes ungehorsame Leute .............................31
Schöne Bescherung vor Weihnachten ....................34
Noch nicht das Ende..................................38
Das »Braut-Geschenk« aus Übersee......................40
Ein leerer Tank und ein 13-jähriger »Guide« ...............46
Das bedrohte Stoffiappenhaus ..........................53
Blut zur Versöhnung..................................56
Der leere und doch besetzte Sarg ........................59
Ein falscher Polizist zu Pferd...........................62
Interpretationsexperte Maxi ............................67
Einer, der nicht lesen konnte, aber lesen wollte ............69
Antuco, ein Todeskandidat der Tradition.................72
Glaube, der Berge versetzt.............................77
Der Ausländer mit der goldenen Trompete ................81
Desiderio, der Entschiedene............................85
Guido taucht wieder auf ...............................89
Freu dich, Jesus liebt dich'.............................96
»Löwenzahn« blüht auf................................99
Herzbeschwerden ganz anderer Art ......................104
Was soll aus Puna schon Gutes kommen?................108
Polizeiliche Begnadigung .............................. 113
Geburtshelfer auf Abruf. 120
Irgendwo über dem Atlantik............................ 124
Ein Heuchler wird endlich entlarvt ...................... 126
Belardo unsterblich verliebt ............................ 131
Ein Reiterheer auf arabischen Schimmeln................. 138
Chibembe aus Caluquembe............................. 144
Weichenstellung in 11 000 Metern Höhe.................. 150
Eine Handvoll Geld in letzter Sekunde ................... 155