Befiehl du deine Wege, Paul Gerhardt 1653 Du Erster aller Brüder!

01/10/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

1. Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt
der aller treusten Pflege des, der den Himmel lenkt! 
Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.

2. Dem Herren mußt du trauen, wenn dir's soll wohl ergehn; 
auf sein Werk mußt du schauen, wenn dein Werk soll bestehn!
Mit Sorgen und mit Grämen und mit selbsteigner Pein 
läßt Gott sich gar nichts nehmen: Es muß erbeten sein.

3. Dein ewge Treu und Gnade o Vater, weiß und sieht,
was gut sei oder schade dem sterblichen Geblüt;
und was du dann erlesen, das treibst du, starker Held,
und bringst zu Stand und Wesen, was deinem Rat gefällt.

4. Weg hast du allerwegen, an Mitteln fehlt dirs nicht; 
dein Tun ist lauter Segen, dein Gang ist lauter Licht; 
dein Werk kann niemand hindern, dein Arbeit darf nicht ruhn, 
wenn du, was deinen Kindern ersprießlich ist, willst tun.

5. Und ob gleich alle Teufel hier wollten widerstehn, 
so wird doch ohne Zweifel Gott nicht zurücke gehn; 
was er sich vorgenommen und was er haben will, das muß 
doch endlich kommen zu seinem Zweck und Ziel.

6. Hoff, o du arme Seele, hoff und sei unverzagt! 
Gott wird dich aus der Höhle, da dich der Kummer plagt, 
mit großn Gnaden rücken; erwarte nur die Zeit, 
so wirst du schon erblicken die Sonn der schönsten Freud.

7. Auf, auf, gib deinem Schmerze und Sorgen gute Nacht!
Laß fahren, was das Herze  betrübt und traurig macht!
Bist du doch nicht Regente, der alles führen soll;
Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl. 

8. Ihn, ihn laß tun find walten, er ist ein weiser Fürst 
und wird sich so verhalten, daß du dich wundern wirst, 
wenn er, wie ihn gebühret, mit wunderbarem Rat 
das Werk hinausgeführet, das dich bekümmert hat.

9. Er wird zwar eine Weile mit seinem Trost verziehn 
und tun an seinem Teile als hätt in seinem Sinn er, 
deiner sich begeben und, solltst du für und für in 
Angst und Nöten schweben, als frag er nichts nach dir.

10. Wirds aber sich befinden, daß du ihm treu verbleibst, 
so wird er dich entbinden, da du's am mindsten gläubst; 
er wird dein Herze lösen von der so schweren Last, 
die du zu keinem Bösen bisher getragen hast.

11. Wohl dir, du Kind der Treue, du hast und trägst davon 
mit Ruhm und Dankgeschreie den Sieg und Ehrenkron; 
Gott gibt dir selbst die Palmen in deine rechte Hand, 
und du singst Freudenpsalmen dem, der dein Leid gewandt.

12 Mach End, o Herr, mach Ende,mit aller unsrer Not;
stärk unsre FüB und Hände und laß bis in den Tod
uns allzeit deiner Pflege und Treu empfohlen sein,
so gehen unsre Wege gewiß zum Himmel ein.

Text: Paul Gerhardt 1653
(Die Anfangsworte der Strophen ergeben Psalm 37,5) 
Melodie: Johann Michael Haydn vor 1806


 Du Erster aller Brüder!

Du Erster aller Brüder, Wir danken, Jesu, Dir!

Du kamst vom Himmel nieder, Und trugst das Knechtskleid hier!

Zum Himmel hoch erhoben, Zum Thron der Herrlichkeit,

Sandt'st Du vom Vater droben Den Geist der Einigkeit.


Ein Geist, ein Leib, ein Hoffen, Ein Herr, ein Glaub' und Tauf!

Ein Gott und Vater Aller, Der lenket unsern Lauf.

Mit vollen Segenshänden Sandt'st Du an Deine Braut

Die reichen Himmelsspenden, Die Dir ist angetraut.


Der Eckstein ist gegründet, Der Mensch ist auf dem Thron,

Und Gottes Flamm' entzündet Der Jünger Zunge schon.

Und tausend Glieder bauen, Der heil'ge Tempel steigt,

Ein Wunderbau zu schauen, Der in den Himmel reicht.


Die Engel stehn und schweigen Vor solcher Weisheit Trieb;

Die Heiden laut bezeugen: „Wie haben sie sich lieb!"

Im Himmel und auf Erden ward das Geheimnis kund,

Das laut nicht sollte werden Selbst durch Prophetenmund.

Doch ach, der Feind, der wache, Er hat den Bau gestört,


Und Gottes heil'ge Sache Der Welt zum Spott verkehrt.

O sieh, Herr, Deine Glieder, Getrennet fern und nah!

Der Bau, er liegt darnieder In Trümmer hier und da.

Und auf den Trümmern beugen Wir uns, o Herr, vor Dir!

Denn sie sind stumme Zeugen, Daß wi r gesündigt, wir !


Wir haben nicht geliebet, Gewacht, gebetet nicht;

Wir haben nicht geübet Der Demut Bruderpflicht.

Doch ob wir untreu waren, Du, Herr, bist stets getreu,

Warst Schild uns in Gefahren, Und macht'st vom Trug uns frei.

Du fügest neu zusammen, Was hier sich trennen will;


Du fachest neu die Flammen, Und machst die Herzen still.

Was wir verfallen ließen, Wir können's bauen nicht;

Sind nur auf Dich gewiesen, Der tröstend zu uns spricht:

Wo Zwei und Drei erschienen In Deinem Namen sein,


Du wollest unter ihnen In ihrer Mitte sein. Bald ist der Rest

beisammen, Der Morgen bricht herein; Drum schreib' es,

Herr, mit Flammen In aller Herzen ein: Ein Geist, 

ein Leib, ein Hoffen, ein Herr, ein Glaub' und Tauf; 

Ein Vaterhaus uns offen Komm Herr und nimm uns auf.

BdH 1854