Die verschwundene Diskette, Christian Ellwein

05/04/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

1. Der rätselhafte Überfall

Verzweifelt raunte Matthes den langen Gang entlang. Die Zeit wurde • langsam knapp. Es war ein kalter, ungemütlicher Betongang, den Matthes entlanglief. An der Decke waren in kurzen Abständen häßliche Lampen angeschraubt. Mies war sehr technisch und ohne Leben hier.
Zuerst hatte er die Wächter draußen im Garten mhigtellen müssen. Mit ein bißchen

Betäubungsmittel war das schnell geschehen. Auch die Alarmanlage auszuschalten: war mit dem Schaltplan nicht allzu schwer gewesen. Aber es hatte doch alles Zeit gekosteL Vielleicht schaffte er. es noch. Er rannte, was das Zeug hergab.
Da war auch schon die Tür zu dem letzten Zimmer. Schnell war sie aufgesperrt. Die Zeit wurde knapp - noch 30 Sekunden!
Matthes süchte überall. Er hatte den Schlüssel noch nicht gefunden. 19 Sekunden. Aber es hing doch so viel an ihm! Wenn er jetzt versagte
11 Sekunden. Immer .noch kein Schlüssel.
Es gab keine Chance mehr. Die Stadt war verloren. Alles umsonst. Matthes wußte, daß er verloren hatte. Da sah er es auch schon: Die Bombe explodierte, roter Feuerschein zuckte über das Bild gor seinen Augen Er horte das ohrenzerreißende Ichen der Explosion. Die Atombombe war gezündet. In allen
Farben, die sein Computer darstellen konnte, erstrahlte der Monitor. Wütend warf er den Joystick', mit dem er das Spie gesteuert hatte, auf den Tisch
»Immer wieder dieselbe Stelle Das ganze Spiel kenne ich jetzt schon Immer in diesem blöden Zimmer - wo kann denn der Schlussel nur noch sein"
Jedesmal ging es bei seinem Computerspiel hier nicht weiter. Er fand den Schlüssel einfach nicht, mit dem er die letzte Tür aufsperren konnte Nie schaffte er es, die Stadt vor dem Anschlag der Terroristen zu schützen und die Bombe zu entschärfen.
Ein Joystick ist ein Gerät um Computerspiele
Er stand auf. „Aufräumen müsste ich auch noch«, fiel ihm wieder ein, als er sein Zimmer sah Dreimal hatte seine Mutter ihn schon ermahnt, und das letzte Mal hatte sie nicht mehr sehr freundlich geklungen
Als er durch den Flur in die Küche ging, besserte sich seine Stimmung schon wieder, langsam Er dachte nämlich daran, daß er heute Nachmittag mit Michael, seinem besten Freund, zum Baden an den Baggersee fahren wollte In der Küche war seine Mutter gerade mit den letzten Vorbereitungen für das Mittagessen beschäftigt. „Ah, Matthes - hast du dein Zimmer schon aufgeräumt?" fragte sie, wobei Matthes den etwas scharfen Klang in ihrer Stimme deutlich horte „Also, schon fast ", verzweifelt suchte er nach einer Möglichkeit, das Thema zu wechseln. „Morgen ist das Zimmer Tip Top! Verstanden?"
Matthes hatte verstanden. Eigentlich war er sowieso noch gut davongekommen, daß sie ihn nicht für heute Nachmittag dazu verdonnert hatte. Dann wäre der Ausflug zum See ins Wasser. gefallen.
„Heute Abend ist noch genug Zeit«, beruhigte er sich.
Da fiel sein Blick auf die Wochenendausgabe der Zeitung, die aufgeschlagen auf dem Tisch lagBN2891-1.jpg?1683618955887


RÄTSELHAFTER ÜBER-FALL AUF "CHEMO-TECH" las er da in dicken Lettern oben äuf der Seite CHEMO-TECH - das war jedem der in dem Meinen Städtchen ein Begriff. Ein Freund von ihm,
der schon 20 Jahre alt war, arbeitete dort. Die Firma entwickelte und produzierte Kunststoffe.
Interessiert las Matthes den Artikel:
In der Nacht von Freitag auf Samstag wurde auf die Firma ‚CHEMO-TECH' ein rätselhafter Überfall verübt, der die Polizei bis jetzt völlig im Dunkeln tappen läßt. Die Täter haben an den Türen und Schlössern keine Gewalt angewendet, wie die Polizei mitteilte. ‚Gestohlen wurde eine Diskette' aus dem Tresor des Geschäftsführers. Diese Diskette enthielt die Formeln und Herstellungsanleitungen für einen neuen Kunststoff. Das Gefährliche an dem Überfall ist, daß der Kunststoff während eines bestimmten Arbeitsschrittes ein hochexplosiver Sprengstoff ist. „Das steht natürlich auch auf der Diskette", teilte der Geschäftsführer mit. Auf unsere Frage hin, sagte er, daß diesen Sprengstoff jeder herstellen könne, der ein bißchen was von Chemie verstehe. Die Polizei schließt einen Terroranschlag nicht mehr aus.
„Das ist ja ein Hammer! Klauen die eine Diskette mit der Formel für einen Sprengstoff, den sich jeder daheim in der Küche selbst herstellen kann", staunte Matthes. „Hast du das schon in der Zeitung gelesen? Das mit dem Sprengstoff?" fragte er seine Mutter.
2 Auf einer Diskette kann man Programme oder Daten von einem Computer speichern. Sie ist so ähnlich wie eine CD oder eine Musikkassette.
„Ja, das ist wirklich schlimm. Hoffentlich fassen sie die Täter bald."
Das Zimmer war vergessen. Vielleicht wußte Michael etwas Neues darüber. „Sein Vater arbeitet ja schließlich bei der Polizei.«
Zum Mittagessen gab es Leber auf chinesische Art. Eigentlich mochte Matthes Leber überhaupt nicht, aber heute aß er sie tapfer.
„Nur keinen: Streit erzeugen", sagte er sich. „Sonst fällt Mutti nur noch das Zimmer ein, und ich kann nicht an den See.«
Seine Sorge war nicht unberechtigt: In letzter Zeit hatte es oft Streit daheim gegeben. Meistens waren es nur ganz nebensächliche Dinge gewesen, aber trotzdem war die Stimmung zur Zeit nicht besonders gut. Schließlich war aber auch das Essen vorbei, und Matthes schwang sich auf sein Rad, und schon ging es los. Zuerst den Berg in der Siedlung hinunter, dann über den alten Marktplatz. Beim Stadtturm rechts, und-da war auch schon der Brunnen, an dem er sich mit Michael verabredet hatte.
Der wartete schon ungeduldig. „Hast du heute schon die Zeitung gelesen?" rief er Matthes schon von weitem aufgeregt zu. -
Matthes bremste scharf mit der • Rücktrittbrewse seines Rades, damit eine schone Bremsspur stand. Zufrieden schaute er zurück.
Inhalt
1. Der rätselhafte Überfall 7
2. Besuch am Tatort 25
1 Der Anschlag 43
4. Spielschulden 59
5. In der Schule 73
6. Der Name 87
7. Das Computerspiel 101
8. Das fluch 111
1. Auflage 1994
2, Auflage 1996
0 der deutschen Ausgabe 1994
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Illustrationen Ute Casarini
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