Epheser 4 Ein Leib BdH 1874

06/21/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

1. Ein Leib (Eph 4) 
Die Wahrheiten von dem einen Leibe, „dem Leibe Christi", hat der Heilige Geist im Neuen Testament mit großer Klarheit enthüllt. Es ist daher für jeden Christen nicht nur wichtig diese 
Wahrheit als solche zu verstehen, sondern auch die praktischen Folgen zu erfassen, die für ihn daraus erwachsen. Um indes ein klares Verständnis über das Wesen und den Charakter des 
Leibes Christi zu besitzen, muß man den Unterschied kennen, der zwischen den Wegen Gottes in alttestamentlichen Zeiten, (namentlich bezüglich des Volkes Israel), und den Wegen besteht, die Gott in der Jetztzeit zur Verherrlichung Seines vielgeliebten Sohnes eingeschlagen hat. Ohne das wird man nie einen richtigen Begriff über die Gedanken Gottes erlangen können. 


Wir hören gleich im Anfang des ersten Buches Mose von dem Fall des Menschen. Dieser Fall, so tief und unabänderlich er auch menschlicherseits sein mochte, wurde dennoch zu einer 
Gelegenheit, die Gnade Gottes in dem „Samen des Weibes", d. h. in Christo, anzukündigen. Später gab Gott dem Abraham Verheißungen, durch die Abraham, und mit ihm Israel als Volk, 
von den anderen Völkern getrennt und für Gott beiseitegestellt wurde. Dem Volke Israel, das sich selbst vertraute, gab Gott, auf dem Berge Sinai das Gesetz als einen Prüfstein. Das unausbleibliche Resultat zeigte sich bald; an dem Fuße desselben Berges, an dem die Kinder Israel das Gesetz empfingen, übertraten sie es in der gröbsten Weise, indem sie sich vor dem 
Machwerk ihrer eigenen Hände, vor einem goldenen Kalb, niederbeugten. Und wie groß auch die Geduld und Langmut Gottes diesem Volke gegenüber sein mochten, es offenbarte doch 
dadurch nur um so mehr seine gänzliche Unfähigkeit, auf Grund des Gesetzes seinen Platz vor Gott behaupten zu können. 

Aber wie der erste Fall des Menschen in Eden, so wurde auch sein zweiter Fall unter dem Gesetz wiederum die Gelegenheit zu einer noch reicheren Entfaltung der unermeßlichen Gnade Gottes, einer Gnade, die ihren Mittelpunkt in der Einführung des Samens des Weibes, in der Person Christi, fand. Christus, der Gegenstand aller Offenbarungen und Verheißungen, aller Vorbilder und Weissagungen, kam in diese Welt; und alles, was Gottes würdig und für den Menschen notwendig war, wurde in Ihm gefunden. 

Doch die Erscheinung Christi in dieser Welt stellte zugleich die traurige Wahrheit ans Licht, daß der Mensch nicht nur ein Obertreter des Gesetzes, sondern auch ein Feind Gottes ist, und zwar eines Gottes, der in der Person Christi in vollkommener Liebe und Herablassung herniedergekommen ist. Der Mensch haßte und kreuzigte den Herrn und offenbarte auf diesem Wege seinen wahren Zustand. Und dennoch gab Gott gerade da, wo die Feindschaft des Menschen ihren schrecklichsten Ausdruck fand, am Kreuz, den höchsten Beweis Seiner Liebe, indem Er die Erlösung in Christo bewirkte und über das ganze Verderben des Menschen, sowie über alle Macht des Feindes triumphierte. 

Doch das ist nicht alles. Gott hatte Israel durch Gebote und Satzungen von den übrigen Nationen in einer Weise abgesondert, daß die Gemeinschaft eines Juden mit einem Heiden eine Sünde gegen Gott gewesen wäre. Aber der Tod und die Auferstehung führten in dieser Hinsicht etwas ganz Neues ein. Viele, selbst aufrichtige Gläubige beschränken die Tragweite des Kreuzes auf die Errettung der Seele; jedoch Eph 2, 13—16 zeigt uns, welchen Platz das Kreuz, nicht nur hinsichtlich dieser Errettung, sondern auch hinsichtlich der Wege Gottes einnimmt. 

„Jetzt aber, in Christo Jesu, seid ihr, die ihr einst ferne wäret, durch das Blut des Christus nahe geworden. Denn er ist unser Friede, der aus beiden eines gemacht und abgebrochen hat die 
Zwischenwand der Umzäunung, nachdem er in seinem Fleische die Feindschaft, das Gesetz der Gebote in Satzungen, hinweggetan hatte, auf daß er die zwei, Frieden stiftend, in sich selbst 
zu einem neuen Menschen schüfe, und die beiden in einem Leibe mit Gott versöhnte durch das Kreuz, nachdem er durch dasselbe die Feindschaft getötet hatte". — Das Kreuz ist also nicht nur die Grundlage unseres Friedens, sondern auch das Fundament, auf welchem der „eine Leib" ruht, den Gott jetzt aus Juden und Heiden bildet. Ebenso sehen wir, daß der Herr, als Er noch auf Erden wandelte, Seinen Jüngern verbot, zu den heidnischen Völkern und in die Städte der Samariter zu gehen.

 Ihre Wirksamkeit sollte sich nur auf die verlorenen Schafe des Hauses Israel erstrecken, wie auch Er Selbst nur zu diesen gesandt war. Das war die Aufrechterhaltung der alttestamentlichen, heiligen Ordnung Gottes, ein Zustand, der von dem, was wir in Eph 2 finden, sehr verschieden war. Was in dieser Hinsicht vor dem Tode des Herrn verboten war, wurde nach Seinem Tode und Seiner Auferstehung nicht nur zu einer Pflicht, sondern entsprach auch völlig den Gedanken Gottes. Es hatte also ein mächtiger Wechsel in den Wegen Gottes stattgefunden, und zwar durch das Kreuz, das einerseits den völligen Ruin, selbst des bevorzugtetsten und religiösesten Menschen, ans Licht stellte, und andererseits Raum ließ für die freie und unumschränkte Wirksamkeit Gottes. 

Es ist daher nicht mehr die Frage, was der Mensch für Gott tun kann, sondern was Gott sowohl für den Menschen, als auch für Seinen Sohn, den Gegenstand Seiner Liebe, tut — für Den, 
Der für die Herrlichkeit Gottes alles getan und erduldet hat. Welches ist nun die Frucht Seines Kreuzestodes? Die Sünde ist getilgt, jeder Unterschied zwischen Juden und Nationen ist beseitigt; und Gott kann Seine Ratschlüsse erfüllen, die Er vor Grundlegung der Welt, ehe noch eine einzige Frage über Gesetz und Sünde erhoben war, gefaßt hatte, — jene Ratschlüsse, deren Gegenstand Christus und die Versammlung ist. Die Nationen oder Heiden, die einst ferne waren, sind nahegebracht worden; und beide, Gläubige aus den Juden und Gläubige aus den Nationen, sind emsgemacht worden und bilden nun zusammen einen Leib, den neuen Menschen, von welchem der verherrlichte Christus das Haupt ist. Das ist die Versammlung, der Leib Christi — bis dahin ein Geheimnis, eine Sache, die vorher nur in den Gedanken Gottes existierte. 

Hierauf finden wir in Eph 4 die Ermahnung, „uns zu befleißigen, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens", und zwar in Verbindung mit der Erklärung: „Da ist 
ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen, und durch 
alle, und in uns allen". Sollte diese erhabene Wahrheit von dem „einen Leibe" auf das Urteil, den Wandel und die Zuneigungen des Christen ohne Wirkung bleiben? Muß nicht, wenn 
ich andere Kinder Gottes sehe, die gleich mir denselben vortrefflichen Namen, denselben Herrn anrufen, der Gedanke mein Herz erfüllen: „Wir sind ein Leib?" Gott hat diesen Leib gebildet, und zwar für Christum; es ist Sein Leib. „Wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleische und von seinen Gebeinen". Wenn wir die natürlichen Bande unserer Verwandtschaft, als von Gott geknüpft, anerkennen, welchen Wert und welche Bedeutung sollten dann die Bande für uns haben, mit denen Gott die Christen in der Versammlung verbunden hat, die Ihm so nahe steht, und welche, als die Frucht Seiner vollkommenen Liebe, für die ewige Herrlichkeit Seines geliebten Sohnes bereitet ist! Oh, wie beschämend ist es für die Christen, daß diese von Gott für ewig geknüpften, innigen Bande, was ihre Wertschätzung betrifft, oft so weit hinter den Banden der Natur zurückstehen müssen! 

Wir haben also in der Schrift die einfache und klare Mitteilung gefunden, daß Gott auf Grund des Kreuzes alle Gläubigen aus Juden und Heiden zu einem Leibe, dem Leibe Christi, gebildet 
hat. Außer diesem Leibe Christi erkennt Er keine andere Körperschaft an. Woher kommt es nun, daß bei so vielen Seelen bezüglich dieser Wahrheit eine so große Unwissenheit herrscht, und daß es den Anstrengungen des Feindes so sehr gelungen ist, die Christen in diesem Punkte mehr als in irgendeiner anderen Wahrheit in Unwissenheit zu halten? 

Zunächst wohl daher, weil diese Wahrheit einen so hervorragenden Platz in den ewigen Ratschlüssen Gottes und in der Verherrlichung Christi einnimmt. Nichts ist von jeher mehr das 
Ziel der Angriffe des Feindes gewesen, als die Ratschlüsse Gottes, deren Zweck die  Verherrlichung Christi ist, zu durchkreuzen und zu vereiteln. Ein zweiter Grund aber ist der, daß man eine Lehre nicht liebt, die, weil sie himmlisch ist, einen so entschiedenen Einfluß auf unseren praktischen Wandel ausübt. Man liebt die Bequemlichkeit, eine Stellung in dieser Welt, 
oder auch Ehre und Ansehen in der bekennenden Kirche. Man möchte etwas neben Christo und dem Kreuze für sich haben. 

Man wünscht irgendeinen von Menschen anerkannten Platz einzunehmen. Und in demselben Maße, wie die Christen solchen Neigungen Raum geben, werden sie eine Beute der Wirksamkeit des Feindes. Wenn Gott, nach Eph i, 20—23, „Christus aus den Toten auferweckt und ihn zu seiner Rechten gesetzt hat über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und 
Herrlichkeit und jeden Namen, der genannt wird, und alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben hat, welche sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt", so ist es klar, daß der Leib, gleich dem Haupte der Versammlung, ein himmlischer ist. Hier gibt es keinen Raum für Dinge, welche den Gedanken, dem Geschmack und den Wünschen des Fleisches entsprechen. 
Wir sind ermahnt, die „Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens". Diese Ermahnung könnte manchen Gläubigen, im Blick auf die Verwirrung und auf die vielen 
Spaltungen unter den Christen, in Verlegenheit bringen. Und in der Tat wissen viele nicht, was sie unter diesen Verhältnissen tun sollen; ja, sie finden es geradezu unmöglich, diese 
Ermahnung in unseren Tagen zu verwirklichen. Aber für einen Gläubigen, der sich dem Worte Gottes unterwirft, ist die Sache klar und einfach. Er ist nicht ermahnt, eine Einheit zu 
machen, sondern die Einheit, welche Gott, der Heilige Geist, 
gemacht hat, zu bewahren. Das ist wahrlich eine große Erleichterung für einen demütigen Christen, der in der gegenwärtigen Zeit der Verwirrung nach dem wohlgefälligen Willen Gottes 
zu handeln wünscht. Er hat nichts zu machen, sondern nur das anzuerkennen und zu bewahren, was Gott gemacht hat. Doch es möchte vielleicht jemand fragen: „Wo finde ich denn 
die Einheit des Geistes bewahrt?" Die Antwort ist: „Da, wo Christus den Mittelpunkt der Einheit bildet. Er hat gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da 
bin ich in ihrer Mitte". Ohne Zweifel wird es mir nicht schwer fallen, überall Kinder Gottes zu finden, die sich nach menschlichen Regeln für gewisse Zwecke versammeln, oder die den 
einen oder anderen Namen, oder irgendeine Lehre als Mittel
punkt ihrer Einheit aufstellen. Aber wird da die Einheit des Geistes bewahrt, wo nicht Christus der ausschließliche Gegenstand und Mittelpunkt des Zusammenkommens ist? Die Gegenwart des Heiligen Geistes auf dieser Erde hat vor allen Dingen die Verherrlichung Christi zum Zweck. Wenn daher Gläubige sich im Namen Jesu versammeln, in der Gegenwart 
Dessen, Der, obwohl Er unsichtbar und im Himmel ist, dennoch dem Worte Seiner Verheißung stets treu bleibt, und in Anerkennung der Wahrheit, daß alle Gläubigen durch den einen 
Geist zu einem Leibe getauft sind, so bewahren sie die Einheit des Geistes; denn selbstverständlich ist hier der Heilige Geist die allein leitende und ordnende Person. Und man würde eine offenbare Geringschätzung des Zweckes des Todes Christi (Joh 11, 52) an den Tag legen, wenn man gegen ein solches Zusammenkommen gleichgültig sein oder sich davon zurückziehen wollte. 

Die Wertschätzung des Todes Christi sowie die Bewahrung der Einheit findet nur dadurch ihren Ausdruck, daß mian sich auf diesem und auf keinem anderen Boden versammelt. Nun sehe ich freilich viele Christen, die sich auf diesem Boden befinden sollten, anderswo versammelt. Aber 
soll ich, der ich den Willen meines Herrn kenne, deshalb fernbleiben, weil andere diesen Willen nicht kennen, oder, obwohl sie ihn kennen, untreu sind und ihn nicht befolgen? Soll ich 
deshalb sagen: „Sein Wille kann nicht erfüllt werden?" 
Hier liegt die Wurzel von dem Verfall des Christentums. Wie zur Zeit der Richter in Israel, tut auch heute jeder, was recht ist in seinen Augen. Doch laßt uns die Wahrheit festhalten, die 
uns der gnadenreiche Gott angesichts der baldigen Ankunft Christi aufs neue, wie ich nicht zweifle, vor Augen gestellt hat. 
Laßt uns das, was uns gegeben ist, festhalten; denn Er sagt: „Ich komme bald; halte fest was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme" (Offb 3, 11)! Ach, wie viele Brüder, welche diese Wahrheit erkannt haben, lassen sich im Blick auf sie traurige Dinge zuschulden kommen! Und das ist nicht allein tief beschämend für uns, sondern bildet auch ein Hindernis für 
die Wahrheit und bedeutet eine Geringschätzung der Gnade Gottes, welche uns die Wahrheit geoffenbart hat. Aber sollen wir deshalb die Wahrheit aufgeben oder die Möglichkeit ihrer 
Verwirklichung bezweifeln? 

Sollen wir wegen solcher Untreue das klare, bestimmte Wort Gottes beiseitesetzen und uns auf einen niedrigeren Boden stellen, auf einen Boden, welcher der Gesinnung des Fleisches entspricht? Sollen wir den Platz, welchen das Neue Testament den Gliedern des Leibes Christi angewiesen hat, verlassen und einen anderen Mittelpunkt als Christum, und eine andere Einheit als diejenige des Geistes ergreifen? Gewiß nicht. Vielmehr wollen wir uns unter das 
Gericht des Wortes Gottes beugen, als solche, die — in Demut gegen sich selbst — Gott, Seinen Geist und Sein Wort rechtfertigen. 


Ich wiederhole also noch einmal: der Platz jedes treuen Gläubigen ist da, wo man die Einheit des Geistes in dem Bande des Friedens zu bewahren trachtet, und geschähe dieses auch nur 
in Gemeinschaft mit Zweien oder Dreien. Ich soll jeden Christen, in welchen Umständen und Irrtümern er sich auch befinden und welcher Partei er angehören mag, von Herzen lieben 
und Fürbitte für ihn tun. Aber sollte ich deshalb aufhören, die Einheit des Geistes mit allem Fleiß zu bewahren? Sollte ich Christen folgen oder mich ihnen anschließen, deshalb weil sie 
Christen sind, obwohl ich weiß, daß ihre Stellung nicht dem Worte Gottes entspricht? Sicher nicht! Es sollte vielmehr unser Trachten sein, sie zu befreien, und zwar nicht dadurch, daß wir 
uns auf denselben trügerischen Boden menschlicher Lehren begeben, auf welchem sie sich befinden, sondern dadurch, daß wir entschieden Stellung nehmen auf dem Felsen der Wahrheit, und durch die Gnade Gottes sie an ihre Verantwortlichkeit als Glieder des Leibes Christi erinnern. Wenn sie Glieder des einen Leibes sind, warum wollen sie das nicht bekennen?

 Wenn sie zu der Einheit des Geistes gebracht sind, warum wollen sie sich nicht befleißigen, sie zu bewahren? Es ist in unseren Tagen für die Christen nicht die Frage: „Was ist der Protestantismus?" 
oder „Was ist das Papsttum?" Nein, für sie gilt nur eine Frage: „Was ist der Leib Christi?" — Laßt uns fern bleiben von allen menschlichen Erfindungen in göttlichen Dingen! Das Wort 
Gottes fordert die Christen zu allen Zeiten auf, sich Gott und Seinem Willen zu unterwerfen. Tun wir dies? Es steht geschrieben: „Wenn ihr dies wisset, glückselig seid ihr, wenn ihr es 
tut"; und wiederum: „Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde".