Johannes 4,23 Anbetung in Geist und Wahrheit BdH 1853

02/18/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Anbetung in Geist und Wahrheit nach dem Worte Gottes Das Zusammenkommen der Gläubigen als Versammlung oder die gemeinschaftliche Gottesverehrung nach dem Worte: Gottes

Johannes 4,23

Botschafter des Heils in Christo 1853,

(Aus dem Französischen)

Der Kultus*) ist die Verehrung und die Danksagung, welche Gott gemeinschaftlich kraft dessen, was Er ist und was Er für die ist, welche den Kultus halten, dargebracht wird.

Die Verkündigung des Evangeliums, ein unschätzbares Zeugnis, das Seiner Gnade abgelegt wird, hat nichts mit dem Kultus gemein. Sie kann ihn hervorbringen, insofern sie das Mittel ist, die Erkenntnis Gottes in Gnade mit­zuteilen, welche in dem Herzen den Geist der Anbetung er­weckt. Aber keine Predigt, wie gesegnet sie auch sein mag, ist eine Handlung des Kultus, sie ist ein Zeugnis, das von Seiten Gottes den Menschen dargelegt wird. Damit wird der Wert einer Predigt durchaus nicht vermindert, denn ohne sie könnte kein christlicher Kultus bestehen. Das Evangelium lehrt uns den Gott kennen, welchen man anbeten soll und da es nach Gnade verfährt, so führt es die Seele in den Zustand, wo sie fähig ist, Ihm eine wahrhafte Huldigung im Geist und in der Wahrheit darzubringen. 

Es bleibt aber um nichts weniger wahr, dass kein Zeugnis von Seiten Gottes vom Men­schen dargebracht, ein Kultus ist, der durch den Men­schen Gott dargebracht wird. Eine Predigt hat nichts mit dem Kultus gemein. Sie kann das Mittel sein, ihn hervorzu­bringen. Der Dienst des Wortes ist selbst ein ent­scheidender Charakter der christlichen Haushaltung. Das jüdische Volk wurde als ein Volk angesehen, das schon mit Gott in Verbindung stand; es war es auch äußerlich. Nicht handelte es sich darum, dasselbe zu Gott zu führen, es war Sein Volk und Gott wohnte in seiner Mitte, als unter einem Volke, das Er erkauft hatte. Jetzt aber wird das Himmelreich und die Gnade der Erlösung den Sündern verkündigt und es gibt einen Dienst des Evangeliums, um die Seelen einzuladen, mit Gott in Ver­bindung zu treten, ebenso wie es in Israel ein Priestertum gab, um die schon bestehenden Beziehungen zu unterhalten.

D i e Gebete, welche wir an Gott richten, um von Ihm irgend etwas für uns Notwendige zu erhalten, bilden den eigentlichen Kultus auch nicht. Sie schließen sich zwar un­mittelbar an ihn an, weil sie die Kenntnis Gottes, Vertrauen in Ihn und die Tatsache voraussetzen, dass derjenige, welcher Ihm seine Gebete darbringt, sich Ihm kraft dessen, was Er ist und was Er zu seinen Gunsten ist, genaht hat. Mögen aber auch die an Gott gerichteten Bitten auf das Vertrauen in Ihn gegründet sein und sich noch so innig an die Anbetung an­schließen, so haben sie doch nicht den eigentlichen Charakter der Anbetung selbst.

Lobeserhebungen, Danksagungen, die Anbetung, die Ver­herrlichung der Eigenschaften Gottes, Seiner Handlungen in Macht und Gnade, Alles das, Ihm unter der Form der Anbetung dargebracht, das ist's, was den eigentlichen Kultus ausmacht. In dem Kultus nähert man sich Gott und wendet sich an Ih n. Lobeserhebungen, die nicht direkt an Ihn ge­richtet werden, verbinden sich freilich damit und das Herz be­zieht sie auf Ihn; eine solche Verherrlichung aber hat nicht die eigentliche Form des Kultus, obgleich sie sich daran an­schließen kann, ebenso wie die Bitten, welche durch die An­betung selbst angeregt werden. Und denke man nicht, dass diese Unterscheidung von geringer Wichtigkeit sei.

Es ist süß, wenn wir Einer dem Andern die Herrlichkeiten dessen erzählen, den wir lieb haben; aber es findet der Erkaufte seine Freude daran, Gott selbst in seine Gedanken einzuführen, sich an Ihn zu wenden, mit Ihm zu reden, Ihn unmittelbar anzubeten, Ihm sein Herz zu öffnen, Ihm zu sagen, dass er Ihn lieb hat. Er hat es gern, dass die Sachen zwischen ihm und Gott persönlich abgemacht werden, Ihm das Gefühl darzulegen, das er von Seiner Größe und Seiner Güte hat, weil Gott selbst in einer solchen Unterhaltung ist. In diesem Falle ist es die Gemeinschaft der Seele mit Gott, und Gott ist ihr köstlicher als ihre Brüder sogar; Er ist dies auch einem Jeden von diesen; sie haben alle dasselbe Gefühl. Mit einem Wort, in dem einen Falle wendet man sich an sich selbst oder an Andere, um zu sagen, wie sehr Gott würdig ist, gepriesen zu werden; in dem andern wendet man sich an Gott selbst. Diese letztere Richtung der Gefühle ist für denjenigen, der Gott kennt, von höherer Ordnung, sie hat einen Reiz, eine Vortreff­lichkeit, welche die andere nicht hat. Die geistlichen Anregun­gen sind offenbar weit erhabener. Die Gemeinschaft ist voll­ständiger. —

Nach der Wirksamkeit des Werkes Christi selbst gänzlich gereinigt, kommen wir dahin, wo es keine Sünde gibt, um alles das zu genießen, womit uns Gott segnend überhäufen kann; wir kommen in das Licht, wo Seine Liebe freien Lauf hat, ohne irgend ein Hindernis, das sich für sein Herz oder um seiner Gerechtigkeit willen durch die Sünde erheben könnte. Noch mehr als alles das! Wir kommen, um uns Gottes selbst zu erfreuen. Wir sind in Verkehr mit Gott, ohne Sünde, in Seiner Gegenwart, um das zu genießen, was Er selbst ist, indem wir zu Seiner Erkenntnis geführt wurden und zwar durch das, was Er für uns in diesem herrlichen Werk gewesen ist, durch das Er uns mit Ihm versöhnt und uns vor Ihm in das Licht gebracht hat. Christus, der das Werk, welches Ihn in Bezug auf die Sünde selbst verherrlicht, vollbracht hat, er­scheint vor Ihm zu unserm Besten.

Noch mehr! Als notwendige Folge oder vielmehr als schla­gender Ausdruck dieser Wahrheiten, wurde der Vorhang, wel­cher das Zeichen war, dass Niemand sich Gott nahen durfte, von oben .bis unten zerrissen. Wir haben die volle Freiheit, in das Allerheiligste einzutreten. Gott selbst hat Sich vollkommen und ganz geoffenbart.

 Der Schlag, welcher den Vorhang zerriss und den Gott der Heiligkeit, der keine Sünde dulden kann, offenbarte, und der selbst den Sohn Seiner Liebe, als dieser unsere Sünde auf Sich nahm, treffen musste, derselbe Schlag hat die Sünde hinweggenommen, die uns jeden Zutritt zu Ihm versperrt und uns verhindert hätte, vor Ihm in dem Lichte zu erscheinen, das jetzt über uns, die wir von aller Sünde ge­reinigt sind, leuchtet. Was die Heiligkeit Seiner Gerechtigkeit offenbart, und sie in ihrer ganzen Kraft hervortreten lässt, hat uns befähigt, vor dieser Heiligkeit ohne Fleck und mit Freuden zu erscheinen. Alles, was Gott ist, wurde in dem, was Er für uns ist, geoffenbart und wir können uns nach Seiner unend­lichen Liebe durch Christo Seiner als unseres Teiles erfreuen.

Das macht die Grundlage des Kultus aus. Was die Engel zu ergründen gelüstet, ist die tägliche Nahrung aller unserer köstlichen Beziehungen mit Gott, und Niemand erkennt gezie­mend die Herrlichkeit des Werkes -Christi an, noch auch die Liebe Seines Gottes, dem er alles verdankt, der nicht diese Stellung einnimmt. Niemand kann auf anderem Fuß Gott in geziemender Weise „Kultus" halten. Niemand sogar hat sich als ein rechter Sünder erkannt, der meint, Gott anders als in dieser Freiheit Kultus halten zu können; denn wer würde es wagen sich vor Gott darzustellen, wenn nicht alle Sünde hinweggenommen wäre; wer würde es wagen, vor Seinem Angesicht ohne Vorhänge zu erschei­nen? und er kann nicht anders, denn der Vorhang ist zerrissen! Gott will und kann nicht mehr, seit Er Sich geoffenbart hat und das wahre Licht gekommen ist, in irgend einer Weise die Sünde vor Seinem Angesicht dulden.

Wer aber ist frei von der Sünde außer Christo? Und wer hat sie, wenn er in Ihm ist? Nein, in Ihm sind wir los von den Sünden vor Gott, weil Er uns davon durch ein Werk gereinigt hat, das sich nicht wiederholen ließe und dessen Wirk­samkeit zugleich ewig und vollkommen ist (Hebr. 10, 14).

Nur das aber gibt den geistigen Gefühlen die Freiheit. Gott ist für uns die vollkommene Liebe und führt uns in das Licht, wie Er selbst in dem Lichte ist. — Wer aber kann die Liebe voll genießen, wenn sein Gewissen noch beschwert ist? Er kann sich wohl hingezogen fühlen, ja; aber genießen kann er nicht! Seine Gefühle können freien Spielraum haben, wenn sein Gewissen ihm die Verletzungen dessen vor­wirft, den er liebt, wenn es nur, Furcht in seiner Seele erregt. Es muss das Herz frei sein, damit die Gefühle ungestört sich bewegen. Das Werk Christi aber reinigt das Gewissen (Hebr. 9, 14), macht das Herz frei in der Gegenwart Gottes, der in der vollkommenen Liebe erkannt wird, die Er für uns gehabt hat und von der Christus der Beweis und die Erfüllung ist. — So wird das Licht Seiner Heiligkeit die Freude unserer Seelen. In diesem Licht sehen wir alles, was wir lieben.

Diese Beziehung, welche all unser Denken übersteigt, wird uns in schlagender Weise in dem Ausdruck: „Der Gott unseres Herrn Jesu Christi" (Eph. 1, 3) vorgeführt. Wenn sich Gott den Gott Jemandes nennt, so redet Er von einem innigen Bande, das sich zwischen dem, dessen Name dem Seinigen beigefügt wird, gebildet hat; Er redet von einer Beziehung, die sich auf das gründet, was Er für d e n ist, dessen Gott Er ist und dessen sich derjenige, dessen Name dem Seinigen beigefügt wird, in ihm durch den Glauben erfreut oder das er sich doch wenigstens von Rechts wegen als ihm von Gott geschenkt, aneignen sollte. Wenn er sich z. B. den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs nennt, so drückt Er aus, was Er für diese Patriarchen nach der Offenbarung war, die es ihnen von sich gegeben habe, auf was ihr Glaube in ihren Be­ziehungen zu ihm rechnen konnte, was sie zu verwirklichen berufen waren, Er setzte Sich mit ihnen in Verkehr nach dem, was dieser Name ausdrückte; ihre geistigen Rechte hatten die­sen Namen zum Maß. Ebenso ist Gott für uns das, was in dem Ausdruck enthalten ist: der Gott unseres Herrn Jesu Christ i. Auf diese Weise offenbart Er Sich uns, damit wir mit Ihm nach der ganzen Tragweite dieses Titels in Verkehr ständen. 

Sobald man das erfasst hat, begreift man welch herrliche Stellung man hat, in dem man sich Gott kraft dieses Titels: der Gott unseres Herrn Jesu Christi der Vater der Herrlichkeit naht. Denn Christus steht in dieser Beziehung zu Ihm. als Mensch, als Haupt der neuen Familie, als solcher, der zu Seinem Gott und zu unser in Gott aufgefahren ist. Der Gott, dem wir uns nahen, ist für uns alles, was Er für Christum ist, der in Seine Gegenwart als der kam, welcher Ihn. auf der Erde voll­kommen verherrlicht hat, als Sein geliebter Sohn, an welchem Er Sein ganzes Wohlgefallen hatte. Diese Wahrheit tritt ganz klar aus dem 1. und 2. Kapitel des Briefes an die Epheser hervor.

 Der Apostel bittet in dem 1. Kapitel, dass die Augen unseres Verständnisses erleuchtet sein möchten, damit wir ein­sähen, welches die Hoffnung der Berufung Gottes ist, und welches ist die Herrlichkeit Seines Erbes in Seinen Heiligen. Dann verbindet er uns mit Christo, indem er uns die wahre Tragweite dieser Herrlichkeit zeigt, dass sie die über­schwängliche Größe Seiner Macht gegen uns ist, die wir glau­ben nach der Macht Seiner Kraft, welche Er gewirkt hat in Christo, da Er Ihn von den Toten auferweckt und zu Seiner Rechten im Himmel gesetzt hat, hoch über alle Obrigkeit und Gewalt usw. usw., und Er hat euch, sagt Er, die ihr tot wart in den Vergehungen und Sünden, — — belebet mit Ihm und mitauferweckt und mitgesetzt in den Himmel in Christo Jesu, um in den zukünftigen Zeiten den überschwänglichen Reichtum Seiner Gnade zu zeigen in Freundschaft gegen uns in Jesu Christo? 'Was gehört Ihm von Seiten Gottes, in Gerechtigkeit und in Liebe selbst als Mensch? Wer kann aussprechen, was die Liebe Gottes für Christum ist? Was für Rechte hat Er nicht auf das Herz Seines Vaters!

Dahin sind wir versetzt, wenn wir in die Gegenwart Gottes kommen. Sogar die Herrlichkeit, welche Ihm Gott gegeben, hat Er uns gegeben, damit die Welt erkenne, dass Gott uns ge­liebet, wie Er Ihn geliebt hat (Joh. 17, 22. 23).

Man wird sich an die Worte des Heilandes erinnern: Ich steige auf zu meinem Gott und zu euerm Gott.— Die beiden Gebete in dem 1. und 3. Kapitel des Briefes an die Epheser gründen sich auf diese beiden Titel: das des 1. Kapitels auf den Titel Seines Gotte s, das des 3. auf den Titel Seines Vaters, das erste in Hinsicht der Gemeinschaft in Lieb e. Joh. 17 zeigt, dass die Mitteilung der Herrlichkeit, wie wundervoll sie auch sein mag, doch am Ende nur ein Be­weis dafür ist, dass wir geliebt sind, so wie Jesus geliebt ist. Welche Einfachheit liegt nicht in dieser Wahrheit, aber welche Liebe, welche göttliche Tiefe, und das gerade im Ver­hältnis ihrer Einfachheit selbst! Ich w a r wie der erste Adam, ich b i n wie der zweite; ich habe das Bild des ersten getragen, ich werde das Bild des zweiten tragen (1. Kor. 15, 49). Ja, das ist einfach; aber wer hätte daran gedacht, außer Gott? Er ist es Selbst, den wir in dieser Wahrheit erkennen.

Die Namen der zwölf Stämme Israels, welche auf dem Her­zen des Hohenpriesters getragen wurden, ebenso wie ihr Urteil nach dem Licht und der Vollkommenheit Gottes waren doch nur ein Schatten, wie der Apostel sagt, solcher Gnaden (2. Mose 28, 29. 30; Hebr. 10, 1; und 8, 5). Wenn daher der Apostel Phil. 3 von der wahren Beschneidung redet, so sagt er: wir beten Gott im Geiste an, wir rühmen uns Christi Jesu, und wir haben kein Vertrauen auf das Fleisch. Alles, was uns aus dieser Stellung bringt und irgend eine Forderung stellt, um uns 'Gott nahen zu können, alles, was zu diesem Zweck irgend was Ver­mittelndes aufnötigen zu müssen meint, leugnet, dass wir in Christo sind, scheidet uns von Ihm und versetzt uns in den Judaismus, welcher als System an das Kreuz genagelt wurde, und der von diesem Kreuz an nicht viel besser als die heid­nischen Satzungen ist. (Vergl. Gal. 4, 8-10). 

Entweder ist man i n Christo oder außer Christo, eins mit Ihm oder. von Ihm getrennt. Wenn man von Ihm getrennt ist, so kommt es auf die Entfernung nicht an, man steht in keiner Verbindung mit der Lebensquelle. Der Körper, welcher von dem Haupte auch nur in dem kleinsten Abstande, den sich unsere Einbil­dungskraft vorstellen kann, getrennt ist, der Körper, welcher zwischen sich und dem Haupte einen Gegenstand hat, der dün­ner ist als ein geschlagenes Goldblatt, ist ein Körper ohne Leben. In Christo sind wir die Gegenstände der Gunst Gottes, in Ihm und wie Er. Außer Christo ist man nur unter Seinem Gericht. Was sollten wir nicht vor dem Gott unseres Herrn Jesu Christi, vor unserem Gott sein? Des­halb sind wir auch Erben Gottes und Miterben Christi. Um jedoch diese herrliche Folge unserer Stellung weiter zu ver­folgen, müssten wir unseren Gegenstand verlassen.

Es gibt noch etwas Anderes, das sich dem Werke Christi anschließt und wovon der Kultus wesentlich abhängt. Es hat Christus nicht nur unsere Sünden hinweggenommen, indem Er uns für die Gegenwart Gottes reinigte, Dessen Liebe sich in der unaussprechlichen Gabe Seines Sohnes geoffenbart hat, sondern Er hat außerdem für uns zugleich die Gabe des Heiligen Geistes erworben, damit wir uns Dessen er­freuen könnten.

Wir erhalten nicht nur eine neue Natur, die heilig und der Gefühle fähig ist, die der Stellung angemessen sind, in welche uns die Gnade vor Gott gesetzt hat, sondern außerdem den Heiligen Geist, welcher uns die Dinge mitteilt, die sich in der Gegenwart Gottes befinden und uns diejenigen Gefühle ein­flößt, welche derselben entsprechen. Wir werden durch den Geist am inwendigen Menschen gestärkt, damit Christus durch den Glauben wohne in unseren Herzen, die wir in Liebe fest- gewurzelt und gegründet sind und dass wir vermögen einzu­sehen mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei und zu erkennen die alle Erkenntnis über­steigende. Liebe Christi, auf dass wir zur ganzen Fülle Gottes erfüllt werden (Epheser 3, 16-19).

 „Die Liebe Gottes hat sich in unsere Herzen ergossen durch den Heiligen Geist, der uns ver­liehen ist" (Röm. 5, 5). „Er nimmt die Dinge Christi und teilt sie uns mit; Alles aber, was der Vater hat, ist Christo" (Joh. 16, 14). „Was kein Auge gesehen und kein Öhr gehöret und in keines Menschen Sinn gekommen das hat Gott geoffen­bart durch seinen Geist, denn der Geist erforschet alles, auch die Tiefen der Gottheit" (1. Kor. 2, 6).

Der Heilige Geist ist eine Salbung, welche wir von Gott empfangen, durch welche wir diejenigen Dinge kennen, welche uns umsonst von Gott gegeben worden sind, durch welche wir alle Dinge kennen (1. Joh. 2, 20. 27). Er ist das Siegel, welches Gott uns aufgedrückt hat (Eph. 4, 30). Gott hat diejenigen, welche glauben, für diesen herrlichen Tag gezeichnet. Der Heilige Geist ist das Pfand unseres Erbes bis zur Erlösung des erworbenen Besitztums (Eph. 1, 14). Er gibt uns die volle Ge­wissheit der Wirksamkeit des Werkes Christi, die Kenntnis von der Stellung, in welcher wir durch das Blut des Heilandes ge­reinigt in die Gegenwart Gottes, ohne Flecken in das Licht ver­setzt sind. Durch Ihn hat sich die Liebe, welche Alles tun wollte und getan und uns zu dem Genuss eines solchen Glückes geführt hat; die Liebe Gottes in unsere Herzen ergossen. Er ist in uns die Quelle aller Gedanken und aller Gefühle, welche denselben entsprechen, ebenso wie Er uns Alles mitteilt, was sie hervorbringt.

Aber Er tut noch mehr, Er ist mehr wie das für uns. Wer in dem Herrn vereinigt ist, ist e i n Geist. Das ist weder eine Idee noch ein Gefühl, sondern eine Tatsache. Derselbe Geist, dessen Fülle in Christo ist, wohnt in uns und wir sind mit Christo vereinigt als Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch, von Seinem Bein (Eph. 5, 30; Eph. 4, 13). Durch einen Geist sind wir alle zu einem Leibe getauft (1. Kor. 12, 13). Er ist nicht nur die Kraft, nicht nur das Band dieser Einigung, son­dern Er gibt uns auch davon das Bewusstsein. „An selbigem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch" (Joh. 14, 20).

Der Heilige Geist gibt uns zunächst die Gewissheit unserer Erlösung. Da wo der Geist ist, da ist Freiheit (2. Kor. 3, 17). Er offenbart uns außerdem die Herrlichkeit Christi, wie dem Stephanus, der von dem Heiligen Geiste erfüllt die Herrlichkeit Gottes und den Menschensohn zur Rechten Gottes gesehen hat. Mehr noch, Er gibt uns das Bewusstsein unserer Vereinigung mit Christo droben. Wir wissen, dass wir mit Ihm belebet sind, mitauferweckt und mitversetzt in den Himmel in Christo. 

Er gießt endlich die Liebe Gottes in unsere Herzen, welche der Grundsatz von Allem und eine Quelle von Freuden ist, wenn wir daran denken. Alle diese Wirkungen des Heiligen Geistes sprudeln auch als ein Strom von Freude und überfließender Liebe gegen diese arme Welt und, gegen das Haus Gottes. Indes gehe ich nicht auf die Betrachtung dieser köstlichen Folge und dieses süßen Vorrechtes ein, um mich nicht von unserm Gegen­stand zu entfernen.

Eine andere Wahrheit hängt noch von der Gegenwart des Heiligen Geistes ab, dass wir nämlich von demselben Leibe sind, und somit die Einen die Glieder der Andern. Ist Christus das Haupt des Leibes, so ist jeder Christ ein Glied und folglich durch den Heiligen Geist, welcher das Band von allem aus­macht, mit jedem andern Gliede vereinigt. Derselbe Geist wohnt in jedem Christen, dessen Leib ein Tempel desselben ist, vereinigt sie und bildet gleichmäßig aus ihrem Ganzen Seinen Tempel. Gott wohnt darin, durch den Geist, in einer zwar weniger tastbaren, aber weit ausgezeichneteren Weise, als in dem Tempel von Jerusalem.

Gemäß dieser herrlichen Offenbarung Gottes in dieser Stellung, welche Seine Liebe uns bereitet hat, und durch diesen Geist, den Er uns gegeben, um uns all' dessen erfreuen zu können, wird der wahre, christliche Kultus Gott dargebracht.

So wissen wir, was Er ist und was Er für uns ist, die Ihn anbeten. Wir schauen Ihn unverhüllten Angesichts, nach der Vollkommenheit Seines Wesens, Seiner Liebe und Seiner Heilig­keit; wir sind fähig geworden, uns in dem Lichte zu halten, wie Er selbst in dem Lichte ist, kraft des Werkes gerade, das Ihn geoffenbart hat und so nach derselben Vollkommenheit; wir sind die Gegenstände dieser Liebe, die selbst ihren gelieb­ten Sohn nicht verschont hat, damit wir daran Teil nehmen können; wir haben Seinen Geist empfangen, um uns Seine Liebe begreiflich zu machen und uns in Stand zu setzen, Ihn Seiner Liebe gemäß anbeten zu können; so halten wir Kultus nach der Offenbarung die Er in Seinem Werke für uns von Sich gegeben hat, in den Dingen, welche die Engel zu ergründen begehren und durch die Er in den zukünftigen Zeiten die un­ermeßlichen Reichtümer Seiner Gnade durch Seine Güte gegen uns in Christo offenbaren wird, die wir aber schon durch den Geist kennen.

Noch ein anderes Element unseres Dienstes bleibt zu be­trachten übrig, es ist der Charakter des Vaters. Gott muss im Geist und in der Wahrheit angebetet werden, denn Er ist Geist; denn auch der Vater verlangt solche Anbeter (Joh. 4, 23). — Anbeten im Geist heißt, anbeten nach der mäch­tigen Energie der Gemeinschaft, welche der Geist Gottes gibt, im Gegensatz zu den Formen, den Satzungen und der ganzen Religion, deren das Fleisch fähig ist, in der Kenntnis der wahren Natur dessen, den wir anbeten. (Vergl. Phil. 3). An­beten in der Wahrheit heißt Ihn nach der Offenbarung, die Er uns von Sich selbst gegeben hat, anbeten. Die Samariter beteten Gott weder im Geist noch in der Wahrheit an. Die Juden beteten Gott insoweit in der Wahrheit an, als sich dies von einer unvollständigen Offenbarung sagen lässt, denn die Wahr­heit ist durch Jesum Christum gekommen. Die Finsternis ist vergangen, sagt der Apostel; und das wahre Licht scheint jetzt. aber sie beteten keineswegs im Geiste an. Um Gott anzubeten, sind zwei Bedingungen notwendig: die wahre Offenbarung Seiner selbst, damit wir Ihn in der Wahrheit anbeten können und die Seiner Natur als Geist angemessene Anbetung.

Unsere Stelle enthält aber noch mehr: der V a t er verlangt solche Anbeter. Die Gnade ist es, welche solche bereitet; die Gnade will solch e, aber sie will sie. — Es ist das kein durch die Flammen des Berges Sinai auferlegter Zwang, der, obgleich er die Anbetung im Namen der heiligen Majestät des Ewigen verlangt, durch diese Forderung selbst ein Gehege auf­richtet, das man nur unter Todesstrafe überschreiten kann; eine Majestät, die so schrecklich war, dass sie den Zugang zu Gott durch die Tatsache versperrt, dass sie verlangt, dass man sich ihr naht und doch den Anbeter fern von Gott lässt, ihn da lässt zitternd in dem Pflichtgefühl, wiewohl auch durch die Wohl­taten ermutigt, welche er von dem empfängt, dem er sich nicht zu nahen wagt. Nein, die Liebe sucht unter dem süßen Na m en des V a t er s Anbeter. Er setzt sie in eine Stellung der Freiheit vor Ihm, wie Kinder, welche Er liebt. 

Der Geist, welcher in ihnen wirkt, um die Anbetung hervorzubringen, ist ein Geist der Kindschaft, welcher ruft: Abba, Vater. Damit verliert Gott nichts von Seiner Majestät, aber derjenige, dessen Majestät besser erkannt wird, hat für uns den zarten Charakter des Vaters. Der Geist, welcher die Anbetung des Vaters her­vorbringt, bewirkt auch das Gefühl der ganzen Liebe Gottes, die uns dahin geführt hat, Ihn als Seine Kinder anzubeten. — Dies Gefühl ist, Gott sei Dank, eins der einfachsten und süße­sten. Wenn ein Christ, mag er noch so unwissend sein, einmal die Gnade verstanden hat und dass er den Geist der Kindschaft empfangen hat, so besitzt er es, ohne viel Gerede, wie ein Kind, das Seinen Vater kennt, noch ehe es sich über alles, was es genießt, gehörig Rechenschaft gibt. 

Ich schreibe euch diese Dinge sagt Johannes, indem er sich an die kleinen Kinder in Christo wendet, weil ihr den V a t er kenne t. Deswegen ist auch der schwächste Christ vollständig dazu befähigt, Ihn anzubeten. Immerhin ist es aber süß, sich davon Rechenschaft zu geben und je mehr man an das denkt, was man in Christo in dieser Beziehung besitzt, je mehr man das Wort in dieser Hinsicht prüft, um so mehr erkennt man die hohe Bedeutung und den tiefen Segen dieser Beziehung mit Gott. Die einzige Tatsache, dass Gott unser Vater ist und wir eine solche Stellung in Ihm durch den Geist genießen können, ist schon für Wesen, wie wir sind, ein unermeßliches Vorrecht. Jedes Kind Gottes genießt es mit vollem Recht.

Aber nur in Christo und mit Christo genießen wir dieses Vorrecht. Er ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern. Er ist hingegangen zu Seinem Vater und zu unserm Vater, zu Seinem Gott und zu unserm Gott. Welch köstliche Verwandt­schaft, welche Familie wie diese, in die wir eingeführt werden.

Wie aber lernen wir diese Gefühle und diese Liebe, wir, die ehedem Fremdlinge waren? Wie lernen wir, wer der Vater ist, dessen Kenntnis sie in unserm Herzen hervorbringt? Der eingeborene Sohn, der Erstgeborene in dieser neuen Beziehung ist es, der Ihn uns offenbart, der Ihn uns kennen lehrt, wie Er Ihn selbst kannte. Des Vaters ewiger Sohn, der die unendliche Liebe Dessen genießt, in Dessen Schoß Er wohnte, hörte Jesus, Mensch geworden auf dieser Welt, nicht auf, Ge­genstand derselben Liebe zu sein, die nicht schweigen kann, wenn Seine Herrlichkeit in Frage steht. „Dies ist mein lieber Sohn, sagt des Vaters Stimme, an welchem ich mein ganzes Wohlgefallen habe."

Der Sohn entfernte Sich eben sowenig von der Liebe des Vaters. Er war auf der Erde ihr Gegenstand und Er offenbarte Denjenigen, in welchem sie sich findet. „Niemand hat Gott, je gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat ihn geoffenbart." Jesus, der Sohn, der die ganze Fülle dieser Liebe genießt, bleibt als Mensch auf dieser Erde in dem Schoße des Vaters, um hienieden die ganze Schöne, die ganze Kraft dieser Liebe, deren Gegenstand Er ist, zu entfalten. Auch Er hat Seine Jünger geliebt, wie der Vater Ihn geliebt hat (Joh. 15, 9). Als Mensch war Er Gegenstand dieser Liebe, damit wir sie in ihrer Anwendung auf die Menschen begreifen möch­ten. So gesellt Er uns sich in der Freude dieser Liebe bei und Er offenbart sie uns, wie Er sie selbst kennt. 

Wie hätte Er uns auch diese Liebe anders offenbaren können, als Er sie gekannt hat? Doch welche Gnade und welch eine Stellung für uns! Wie sehr wird nicht die Person Jesu selbst, der uns durch Seine Leiden, durch Seine Aufopferung dahin versetzt hat, für uns ein Gegenstand der Liebe, der Anbetung, der Hingabe des Herzens! Die Herrlichkeit sogar, die wir besitzen werden, wird uns durch den Heiland a]s ein Beweis dieser Liebe dargestellt. „Die Herrlichkeit, sagt er (Joh. 17), welche du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, damit die Welt erkenne, dass du sie geliebt hast, so wie du mich geliebt." Er liebt uns genug, um zu wollen, dass wir uns dieser Liebe erfreuen; auch hat Er uns dazu fähig gemacht. „Ich habe deinen Namen den Menschen geoffenbart, sagt Er und ich werde ihn bekannt machen, auf dass die Liebe, womit du mich geliebt, in ihnen sei und ich in ihnen." „Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sahne Jesu" (1. Joh. 1, 3). Diese Gemeinschaft drückt sich sowohl in der Anbetung Dessen aus, der geoffenbart wird, als auch Dessen, der offenbart.

Man wird wohl fühlen, wie sehr das Werk Christi von allem dem, der Grund ist, sei es nun, um uns ohne Flecken und ohne Furcht in die Gegenwart Gottes, den wir im Lichte anbeten, darzustellen, sei es, um uns als Kinder vor den Vater zu bringen. Erst nach der Auferstehung konnte Er sagen: „Ich gehe zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott." Nun erst konnte Er sagen: „Gehe hin zu meinen Brüdern." Der Geist aber, welchen Er von oben gibt, entspricht dieser Gnade. Er ist ein Geist der Kindschaft, wie Er ein Geist der Freiheit ist, weil wir angenehm gemacht sind in dem Geliebten und wir uns einer Erlösung erfreuen, die uns Gerechtigkeit Gottes in Ihm gemacht hat, indem sie uns ohne Flecken in Seine Gegenwart setzt

So hätten wir wenigstens grundsätzlich die großen Grund­lagen des christlichen Kultus betrachtet. Vollkommen in Christo, verbunden mit. Ihm, Gegenstände der gleichen Liebe, in der Gegenwart Gottes, dessen Liebe und Heiligkeit ohne Vorhang geoffenbart ist und welche die unendliche Freude unserer Her­zen ausmachen. Als liebe Kinder des Vaters mit Christo dem Erstgeborenen beten wir miteinander nach der Kraft, den Ge­fühlen und der Energie, welche uns der uns verliehene Geist einflößt, den Gott der Majestät an. Seine Gegenwart, statt ein Schrecken unserer Seelen zu sein, ist die Stütze derselben.

 Er ist der Gott der Liebe, der uns dahin hat führen wollen, um uns in Ihm vollkommen glücklich zu machen, und tun selbst an unserem vollkommenen Glück Teil zu nehmen, Er, der glück­licher als wir selbst über unserer eigenen Glückseligkeit ist, dessen Liebe wir indes nur dadurch kennen, dass wir selbst lieben. Wir beten unsern Vater an, in einem zärtlichen Ver­trauen auf Seine Güte. Ihn, der uns mit allen geistlichen Segnungen segnet, der im Gedanken an all unsere Bedürfnisse die Haare unseres Hauptes zählt. Wir beten Ihn an als das, was Er i s t. Wir beten Ihn an als das, was Er für uns ist, die wir auf immer Kinder Seines Hauses sind. Wir tun es in dem Bewusstsein, Seine teuren Kinder zu sein, die vor dem­selben Vater erscheinen, vor ihrem gemeinschaftlichen Vater, sodass auch die Bruderliebe sich hierbei entfaltet. Die Freude der Segnungen des Einzelnen ist gegenseitig die Freude Aller und vervielfachtes Lob steigt zu Gott empor; denn eine Freude, welche liebt, welche sich in der Segnung eines Andern, in einer gemeinschaftlichen Segnung wiederfindet, ist weit mächtiger als die Freude, welche aus einer vereinzelten, demjenigen nur eigenen Segnung hervorgeht, der sie empfindet. Es ist etwas mehr Göttliches in dieser gemeinschaftlichen Freude

Die Wirkung der Gegenwart des Heiligen Geistes, der Einer ist, geht aber noch weiter. Er gibt uns nicht nur das Bewusstsein in Christo vor Gott vollkommen zu sein, dar­gestellt nach der Wirksamkeit der Erlösung, die Er erfüllt hat, Kinder vor dem Vater zu sein, der sie liebt und in das Haus eingeführt hat, sondern Er gibt uns auch das Bewusstsein, ein einziger Leib zu sein, der Leib Christi und unter­einander Glieder. Die Gemeinde, welche Gott geschaffen hat, dieser neue Mensch, diese Erlösten, welche alle getauft sind, um ein einziger Leib zu sein, die nur durch den Geist Gott anbeten, sie tun dies notwendigerweise als e i n Leib und zwar mit allen Erlösten. Sie sind eine Wohnung Gottes durch den Geist, und indem sie dieser Geist Alle in der Einheit des Leibes vereinigt, steigt die Anbetung nach oben zu Gott, der sie in einem einzigen Menschen in Christo gebildet hat. — 

Wenn Israel ein Ganzes bildete, das durch die Priester vorge­stellt wurde, welche in der Stiftshütte dienten, so bilden die Gläubigen, welche Gott unmittelbar anbeten, ebenfalls ein Ganzes in der Einheit, in der sie ein einziger Leib in Christo sind. Da ist mehr als Brüderschaft, da ist Einheit, nicht nur Nation, auch nicht nur der Familie, sondern des Leibes durch einen einzigen Geist. Dies ist der Gemeinde eigen, die allein dazu getauft ist, e i n Leib in Christo zu sein, dessen Haupt hinaufgefahren ist, damit sie frei und mit Freuden vor Gott durch die Salbung, welche von Ihm herabsteigt, anbeten kann.

Stellen wir einige praktischen Folgen fest, die hieraus her­vorgehen: zuerst ist es klar, dass der Kultus einzig das Teil der Kinder Gottes ist. Da er im Geist und in der Wahrheit geschehen muss, denn er wird Dem gebracht, der die Sünde in Seiner Gegenwart nicht dulden kann, so können nur die, welche in dem Blute des Lammes gewaschen sind und den Geist empfangen haben, sich Gott nahen, um Ihn anzubeten. Dass ein Unbekehrter Gott einen Kultus halte, ist eine reine Unmöglichkeit. Es ist möglich, dass Gott ihn zeitlich segnet; es ist ferner noch möglich, dass er um diese Segnung bittet und erhört wird. Gott kann großes Mitleid mit ihm, als mit einem armen Sünder haben. Dieser Unbekehrte kennt aber Gott noch nicht, er hat noch nicht den Geist; er ist noch nicht in dem Blute Christi gewaschen. Denkt er daran, sich Gott nahen zu können, so ist das nur der Beweis, dass er nicht weiß, was er selbst ist und was Gott ist, dem er dienen will. Wer kann außer dem Geheiligten in das Heiligtum hin­eingehen. 

Wer kann sich an einen Vater als solchen wenden außer ein Kind? Die Tatsache übrigens, dass der Leib Christi Einer ist und die Anbetung durch den Geist geschieht, der die Einheit dieses Leibes gebildet hat und darin als in einem Tempel wohnt, schließt von dem Augenblick an, wo der Kultus beginnt, denjenigen aus, der nicht dieses Leibes ist. Es heißt das die Existenz dieses Leibes leugnen, vorausgesetzt, dass eine Person, die nicht des Geistes teilhaftig geworden ist, Anteil am Kultus habe; es heißt das seine Natur und seinen Zweck leugnen. Wenn der Unbekehrte hineingehen und Gott an­beten kann, dem man dort dient, so wäre die Notwendigkeit eines solchen Leibes und die Erlösung, welche dafür die Grund­lage ausmacht, nicht vorhanden. Warum dann noch überhaupt Erkaufte, wenn der Weltmensch Gott in Seiner Gegenwart dienen kann? warum noch ein Leib Christi, wenn der Welt­mensch daran Teil nehmen darf? Warum die Anbetung Gottes durch den Geist, wenn der, welcher den Geist nicht hat, Ihn gleichwohl anbeten kann? Der gemeinschaftliche Kultus setzt voraus, dass ich in Wahrheit, indem ich mich an Gott wende, sagen kann: w i r.

 Er setzt Personen voraus, die durch den Geist in einem Leibe vereinigt sind. Es ist zwar möglich, dass ein Heuchler in der Versammlung ist; er wird in dem Kultus eine Fessel sein; die Wahrheit wird aber nicht zerstört, wenn der Anbeter im Namen Aller „wir" sagen wird. Die Gläu­bigen sind es allein, die Gott anbeten. — Der wahre Kultus, der Gott dargebracht wird, setzt eine befreite Seele vor­aus, d. i. eine solche welche die Freiheit hat, sich Kraft der Wirksamkeit des Werkes Christi Gott zu nahen. Wenn ich eine Seele sehe, und wäre es auch die furchtsamste, die Gott liebt und keine andere Hoffnung hat, als das Werk Christi, so ist es offenbar meine Pflicht, sie zu ermutigen; wenn diese Seele aber nicht selbst das Bewusstsein von der Wirksamkeit des Werkes Christi hat, so wird sie beengt sein, wenn sie. sich Gott naht, denn Seine Gegenwart gibt ihr eher das Bewusstsein ihrer Sünde, als die Freude, welche sie dem einflößt, der sich in Frieden durch Christum derselben erfreut. In ähnlichen Fällen eilt oft die Liebe der Befreiung voraus und wird von einem richtigeren Gefühl begleitet als das Urteil der Seele, welche zittert; dieser Zustand soll aber nicht der eines wahren Anbeters sein. Der Gläubige ist immer rein von aller Sünde. 

Um Gott wahrhaft anzubeten muss er es wissen. Schlechter Unterricht beraubt ihn oft in den Augen seiner Erkenntnis die­ser notwendigen Freiheit, während seine Seele mit Gott allein wahrhaft ausruft: „Abba, Vater." — Wie sehr übrigens auch die Schonungen durch die Liebe geboten werden, ein wahrer Kul­tus setzt grundsätzlich voraus, dass man Gott ohne Furcht, nahen kann. Dies ist aber die notwendige und absolute Folge des Blutes und des Werkes Christi, an welchem jeder wahrhaft Gläubige Teil hat. Die Gegenwart des Heiligen Gei­stes gibt davon den Genuss.

Welch eine Freude, so Gott anbeten zu können! Welch eine Quelle von Freude ist Der, den man anbetet! Wie groß ist doch das Glück, sich ohne Wolken, ohne Furcht, als Gerechtigkeit Gottes in Christo in Seiner Gegenwart zu befinden: Seine Ge­genwart ist nur eine Freudenquelle für eine durch Ihn ge­gebene Natur, die fähig ist sich Seiner zu erfreuen. Welch eine Freude seine Dankbarkeit auszudrücken, Ihm die Lob­preisungen darzubringen, von denen man weiß, dass sie Ihm angenehm sind! Welch eine Segnung, Seinen Geist zu haben, den Geist der Freiheit und der Kindschaft, um uns zu diesen Danksagungen fähig zu machen, um die Lobeserhebungen und die Gefühle des Vertrauens und der Anbetung einzuflößen. Welch eine Freude, als Glieder derselben Familie, desselben Leibes in Einheit sich solcher Freude zu überlassen, in dem Gefühl, dass diese Freude eine gemeinschaftliche ist und dass die, welche wir lieben, dem Herrn vollkommen angenehm sind und ihre Freude darin finden, denjenigen zu loben, der dafür würdig ist und der uns geliebt hat, den Gott, der die Quelle unseres Glückes und der Gegenstand unserer Anbetung ist, den Herrn, der Sich für uns dahingegeben hat, damit wir Seiner teilhaftig würden.

Die Vollkommenheit von allem diesem wird im Himmel sein; und der christliche Kultus ist hier unten in Schwachheit, ohne Zweifel die Verwirklichung dessen, was unser ewiges Glück und unser Leben dort oben ausmachen wird. Wir haben das Vorrecht, uns einige Augenblicke außer der Welt zu fühlen, außer der Arbeit des Glaubens sogar, um den Stand der Dinge zu genießen, in welchem Christus die ganze Arbeit seiner Seele sehen und daran gesättigt werden wird. Ich wiederhole es, in Schwachheit nur findet diese Verwirklichung statt, aber in Wahrheit durch den Geist. Auch wird dieser Kultus, da er durch den Geist vollbracht wird, in der Einheit des ganzen Leibes gehalten. Wenn es auch nur zwei oder drei sind, so befindet sich doch derjenige, welcher der Eingangspunkt und das Band ist, dabei, und Sein Geist bindet dich notwendiger­weise und in Liebe an alle andern Glieder Seines Leibes, welcher Eins ist. Wir verstehen mit allen Heiligen, die Zahl der Versammelten möge nun sein, welche sie wolle, die Liebe Christi, die alle Vernunft übersteigt

Es bleibt immer wahr, dass das Leben sich beim Einzelnen für sich entwickelt; es übt sich aber vor Gott in der gemein­schaftlichen Freude der Kirche. Ich glaube, dass es im Himmel selbst eine persönliche Freude und Gemeinschaft geben wird, und die nur derjenige kennt, der sie genießt. Diese Wahrheit wird uns gelehrt, scheint es mir, in dem, was der Kirche zu Pergamus gesagt ist: „Wer überwindet, ich werde ihm zu essen geben vom verborgenen Manna, und werde ihm geben ein weißes Los, auf dem Lose einen neuen Namen geschrieben, den Niemand • kennt, als wer ihn empfängt" (Offenb. 2, 17). Ich füge hinzu, dass sogar die Fähigkeit zur gemeinschaftlichen Freude im Kultus von der Aufrechterhaltung des inneren Lebens ab­hängt Denn wie kann sie genossen werden, so Gott nicht von der Seele gekannt wird? Ich sage dieses, damit man nicht meine, ich wolle um der gemeinschaftlichen Freude willen das geheime Leben mit Gott vernachlässigen lassen. Im Gegenteil!

Wenn das geheime Leben mit Gott vernachlässigt wird, so wird entweder der Kultus kalt oder die Freude fleisch­lich sein, denn der ganze Segen im Kultus hängt von der Ge­genwart des Heiligen Geistes ab, und ist eine Folge des inneren Zustandes derjenigen, welche zugegen sind; es sei denn, dass die unumschränkte Güte Gottes sich ins Mittel schlage. Dies hat uns einen wichtigen Grundsatz berühren lassen, nämlich dass der Heilige Geist die Kraft, die einzige, lebendige Quelle alles Wahren im Gottesdienste ist. übrigens ist das ein allge­mein wahrer Grundsatz: Er ist es hinsichtlich des ganzen christlichen Lebens. Man lebt durch den Geist, man wandelt durch den Geist,. man betet an im Geist, und in der Wahrheit. Der Geist ist es, der gegen das Fleisch kämpft. 

Die Gefühle des Geistes sind der Ausdruck des ganzen inneren christlichen Lebens. Im christlichen Kultus aber wirkt der Geist im Leibe, weil die Glieder vereinigt sind. Alles, was wahr und gesegnet ist, kommt von Ihm. Unumschränkt in Seinem Wirken, aber nach der geistigen Fähigkeit eines Jeden handelnd, bedient Er sich derselben, um die Gefühle auszudrücken, welche der Versammlung vor Gott geziemen; aber er erhebt sie bis zu Ihm, denn Gott ist da, um sie durch Seine Gnade zu nähren. Was getan wird, soll nach der geistigen Fähigkeit dieser Ver­sammlung sein, soll sie aber doch erheben und Gott nähern. So wirkt der Heilige Geist, denn er wirkt im Menschen, aber nach der Kraft und der Gnade Gottes.

Sind die Christen als Leib versammelt und wirken die Glieder, jedes an seiner Stelle, durch den Geist, so wird die Gelegenheit zur Anwendung der Gaben, die sich zur Erbauung der Glieder des Leibes ausüben, dargeboten. Ich sage zur Er­bauung der Glieder des Leibes, weil es sieh nicht so verhält mit der Verkündigung des Evangeliums, welche sich notwendiger­weise an die Welt richtet. Eine Versammlung, vereinigt in, der Absicht, Kultus zu halten, ist also durch ihre Natur selbst die Gelegenheit zur Ausübung aller Gaben, welche auf die Erbau­ung des Leibes hinzielen, obgleich diese Ausübung durchaus nicht der Zweck der Versammlung ist. Dies ist klar dargetan im 14. Kapitel der 1. Epistel an die Korinther, das auf die aus­drücklichste Weise von der Ausübung der Gaben, wenn die Versammlung beieinander ist, redet und Anleitung gibt, diese Ausübung zu ordnen. Dies versteht sich sehr leicht.

 Da die Versammlung als Leib Christi vereinigt ist und der Geist durch das, was jedes Glied beiträgt, nach der Gabe, die einem Jeden zugeteilt ist, erbaut; der Geist ordnet sodann .alles, damit es zur Erbauung diene, welche sein Zweck ist. Die Hauptsache aber ist, dass man sich Gott selbst nahe. Die Ausübung der Gaben ist nur ein Mittel. Die Freude der Liebe, in der Gegen­wart Gottes bei der Anbetung ist das ewige Ziel. Die Gaben werden aufhören im Himmel, so wie die Unwissenheit, welche erfordert, dass man lehre und die Trägheit, welche nötig hat, dass man ermahne; der Kultus wird nie aufhören, Gott sei Dank.

 Unter dem Gesetz war der Dienst des Priesters vor­trefflicher, als der des Leviten, denn der Levite diente und der Priester nahte Gott, nach der Weihe, die auf ihm war. In der Ausübung der Gaben sind wir Leviten, im Kultus Priester. übrigens übt derjenige, der durch den Geist im Kultus wirkt, keine Gabe aus; diese ist überhaupt eine von Gott gegebene Fähigkeit, um in Betreff der Menschen zu wirken. Das Maß der Geistigkeit jedoch macht ihn fähig, das Organ der Ver­sammlung zu sein.

Also indem der Geist in geistigen Menschen wirkt, um die geistigen Gefühle der Versammlung auszudrücken, wird Gott wahrhaft Kultus gehalten.

Wir haben bemerkt, was übrigens jede christliche Seele als Grundwahrheit festhalten muss, dass das Opfer Christi die notwendige und wesentliche Grundlage jedes christlichen Kul­tus ist. Wir wissen, dass einzig durch dieses Opfer wir uns Gott nahen können, und auf seine Wirkung, allein uns stützend, wir erscheinen vor Ihm, der von diesem Opfer die ganze Heiligkeit, den ganzen vollkommenen Wert gefordert hat und der in seiner Natur nicht Geringeres verlangen konnte. Darin besteht aber nicht die ganze Beziehung zwischen dem Kultus und dem Opfer Christi. Da uns Christus einen neuen und lebendigen Weg durch den Vorhang, d. h. durch Sein Fleisch gebahnt hat, so haben wir die vollkommene Freiheit durch Sein Blut in das Allerheiligste einzugehen. Aber, ist dies alles? Einmal eingetreten, kraft des Wertes dieses teuren Opfers, vergessen wir es? Nein, da lernen wir es in seinem ganzen Umfange kennen und schätzen. Vor dem Eintreten maßen wir den Wert des Werkes Christi nach der Notwendig­keit, in die uns die Sünde geworfen hatte. 

Jetzt, glücklich und in Gemeinschaft mit Gott, die Seligkeit Seiner Liebe schrec­kend, von Seinen Gedanken und Trieben unterrichtet, messen wir dieses Werk, das übrigens alles Maß übersteigt, nach der Gnade Gottes, die darin entfaltet wurde; wir sehen darin, was Gott darin sieht, statt darin nur das zu sehen, was der Sünder sieht, wie köstlich auch übrigens dieses Gefühl für uns sein mag zu einer Zeit, in der uns gegeben wird, davon durchdrun­gen zu sein. Im Genusse des Friedens kraft dieses Opfers dem Geiste nach im Himmel, betrachten wir seinen Wert mit den Augen Gottes; wir nähren uns von seiner ganzen Vollkommen­heit nach den Gedanken Gottes. Denn dieser Anblick und diese Gedanken sind uns durch den Geist gegeben, um uns zu heili­gen, um unsere Herzen in Einklang zu bringen mit dem, was im Himmel ist. Wir denken auch an das, was die. Liehe Christi für uns war, da Er sich selbst für uns zum Opfer brachte.

Der Tod Christi hat einen solchen Preis in den Augen des Vaters, dass der Herr, der als eingeborener Sohn des Vaters dessen Wonne ausmacht, ehe die Welt war, sagen konnte: „Darum liebt mich mein Vater, weil ich mein Leben lasse, um es wieder zu nehmen." Seine Aufopferung für die Herr­lichkeit Seines Vaters war in Seinem Tode eine absolute ge­wesen. Alles, was die moralische Entwicklung dieser Herr­lichkeit anbetraf, wurde auf Kosten desjenigen vollbracht, der gelitten hat. All das geheime übel, durch das Satan in dieser Welt regierte, und durch welches das Elend, der Tod und die Verdammnis hereingekommen sind, diente dazu, die Herr­lichkeit Gottes zu offenbaren. 

Die Gerechtigkeit Gottes, seine Majestät, seine Wahrheit, seine Liebe, unvereinbar im Schoße der Sünde, traten gerade bei Gelegenheit der Sünde durch den­jenigen hervor, der für uns zur Sünde zu werden einwilligte. Die Aufopferung Christi für die Verherrlichung Seines Vaters, die Liebe, der Gehorsam, die Unterwerfung, die Hingabe von Allem, von Seinem Leben sogar, damit Sein Vater verherrlicht und diejenigen, die Er liebte, gerettet würden; eine vollkom­mene Geduld, ein Vertrauen auf Gott, das nie fehlte, selbst dann nicht, als Er verlassen war, fanden sich am Kreuze ver­eint, um Seine persönliche Vollkommenheit glänzen zu lassen. Wenn man daran denkt, was Er war und was Er für uns war, weich' einen Wert muss Sein Tod nicht in unsern Augen haben?

 Fügen wir zu all diesem noch hinzu, dass die Macht des Satans besiegt, der Tod zerstört, ja für uns zum Gewinn wurde; dass das Böse aus den Augen Gottes entfernt und eine unantastbare Vollkommenheit in das ganze All eingeführt wurde, das nun von Frieden und Licht voll ist und dessen Erben wir geworden sind; und über alles, der vollkommene Genuss der Liebe Gottes — und wir werden fühlen, welch' einen geistigen Wert das Kreuz Jesu in unsern Augen hat, so schwach unsere Lippen sein mögen, um es auszudrücken und unsere Herzen, um die Gefäße der Gefühle zu sein, die es einflößt.

Die Anbetung knüpft sich notwendigerweise an das Kreuz. Der Gott, den wir anbeten, wurde da verherrlicht; Er hätte es nicht gehörig sein können ohne dasselbe; dort haben wir gelernt, was, Er ist.

Aber, ist die Herrlichkeit Christi am Kreuze eine Herrlich­keit, die ferne von uns nur blendet und uns etwa durch ihre Größe selbst entfernt? Im Gegenteil! Christus war am Kreuze f ü r uns, an unserer statt, wie der niedrigste unter den Menschenkindern, mit einem. Antlitz, entstellter als das irgend eines andern Menschen. Sein Kreuz ist der Ausdruck einer zärtlichen Liebe für uns, die stärker ist als der Tod. Er hat uns geliebt bis ans Ende. Er hat die Sorge auf Sich genom­men, uns bei dem Vater glücklich zu machen, fähig Seine Ge­genwart zu genießen. Gern hatte Er sie übernommen und Nichts war Ihm zu teuer, ihr nachzukommen. Alles setzte Er daran, den Vorsatz der Liebe durchzuführen. Sein vollkommen liebendes Herz hat sich an diejenigen gefesselt, deren Sache Er übernommen.

 Er hat Sich mit ihnen verbunden. Der, wel­cher Nichts bedurfte, hat unserer bedurft. „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten", sagt Er, „und wenn ich hingegangen bin, und euch eine Stätte bereitet habe, will ich wieder kom­men, und euch zu mir nehmen, auf dass da wo ich bin, auch ihr seid." „Wen suchet ihr?" sagt Er im Garten Gethsemane, „wenn ihr mich suchet, so lasset diese gehen! Auf dass erfüllet würde das Wort, das er gesprochen: Von denen, die du mir ge­geben, habe ich keinen verloren." Er hat Sich selbst für uns dahingegeben. „Mich hat herzlich verlangt, dieses Passah mit euch zu essen, ehe denn ich leide. Denn ich sage euch, dass ich hinfort nicht mehr davon essen werde, bis dass es erfüllet ist im Reiche Gottes.

" Wie das Passah für Israel die Gedächt­nisfeier seiner Befreiung aus Ägypten war, so ist das Abend­mahl nicht nur die Erinnerungsfeier unserer B e f r e i u n g, son­dern mehr noch, der Liebe dessen, der uns befreit hat. Die Liebe Jesu, welche Wert darauf setzt, dass wir Seiner ge­denken und mit so viel Zärtlichkeit sich zu uns gesellt, ist eine Liebe, welche die tiefsten an das Höchste in der Gnade Gottes sich knüpfenden und in der Anbetung des Herzens sich aus­drückenden Gefühle erweckt.

Von da an versteht man, obgleich der Kultus auf ver­schiedene Weise gehalten wird, durch Gesänge, Danksagungen in Form von Gebeten, Lobpreisungen usw., dass das Abend­mahl, als Ausdruck dessen, was die Basis dafür bildet, der Mittelpunkt seiner Ausübung ist, um den sich die andern Ele­mente, die ihn ausmachen, ordnen. Der Anbeter gedenkt des Köstlichsten in den Augen Gottes: des Todes Seines vielgelieb­ten Sohnes; er bringt die Handlung in Erinnerung, in welcher der Erlöser Seine Liebe am mächtigsten erwiesen.

Andere Betrachtungen unterstützen die, welche wir hin­sichtlich des Abendmahles vorbrachten. Man sitzt zu Tische im Hause Gottes; man isst, wie die Hohenpriester, von den Dingen, mit welchen die Sühnung vollbracht wurde. Man tritt von Herzen in die Vollkommenheit dieser Versöhnung und dessen ein, was Christus war, indem Er sie vollbrachte. „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, bleibt in mir und ich in ihm." Ich wende dieses nicht ausschließlich auf das Abend­mahl an, es ist nur der lebhafteste Ausdruck davon.

Das Dankopfer mit dem Osterlamm geben das lebendigste Bild vom wirklichen Charakter des Abendmahls. Diese Opfer bestanden in einem Mahle, das auf die Schlachtung des Opfers folgte; beim Osterlamm nährte sich Israel von dem Opfer, dessen Blut es vor dem Gericht gesichert hatte. In den Dank­opfern waren Gott, der dienstverrichtende Priester, der An­beter und die, welche bei ihm waren, die Gäste. Das auf dem Altar verbrannte Fett wurde Gottes Fleisch genannt; es war der Ausdruck der tiefen Befriedigung Gottes beim lieblichen Geruch des Werkes Christi. Der Priester, welcher das Blut darbrachte hatte seinen Teil. Dies ist. Christus, welcher an der durch die Wirksamkeit Seines Todes hervorgebrachten Freude der Seinigen sich labt, der von der Arbeit seiner Seele gesättigt wird. 

Die andern Priester hatten auch ihren Anteil; das sind die Christen im Allgemeinen. Dann sehen wir in den Mitgästen des Opfernden die versammelten Anbeter. Gott selbst hat Seinen Teil an der Freude, sowie Christus, die Kirche im Allgemeinen, die Versammlung endlich, welche am Mahle Teil nimmt. Diese Freude am Dankopfer findet sich wieder auf besonders köstliche Weise beim Abendmahl. Wir nähren uns im Glauben von diesem schon vollbrachten Opfer, dessen lieblicher Geruch zu Gott emporsteigt. Christus hat Seine Freude an unserer Freude; wir nehmen mit der ganzen Kirche Teil daran. Im Geiste schon im Himmel, erinnern wir uns dessen, was uns diesen Eintritt verschafft hat und unsern Herzen das Teuerste sein wird. Wie Josua in Kanaan vor den Mauern Jerichos das Osterlamm feierte, so verkündigen wir, getrennt von der Welt und zu Einem Leibe vereinigt, den Tod Jesu, welcher das Fundament unseres Heils ist, bis Er kommt und wir immer bei Ihm sein werden, dort oben, wo die Er­innerung überflüssig sein wird, weil wir immer bei Ihm sein werden.

Unsere Lobpreisungen, die Ergebenheit unserer Anbetung, unsere Danksagungen knüpfen sich nötigerweise an die An­nahme des Opfers Christi durch unsern Gott im Himmel. Dies ist immer wahr für das Herz; und ist der Grund, warum, wenn der Kultus vollständig ist, das Abendmahl nicht dabei fehlt. Im Alten Testament war diese Wahrheit auf merkwür­dige Weise im Dankopfer bildlich ausgedrückt. Statt ein Akt der Gemeinschaft zu sein, war es eine Sünde, wenn man bei diesem Opfer das Fleisch des Geopferten zu einer Zeit aß, die zu entfernt war von dem Augenblick, in dem das Fett auf dem Altar verbrannt worden war. Beim Lobopfer konnte man das Fleisch nur an dem Tage, an dem es stattfand, essen; bei einer freiwilligen Opfergabe durfte man es noch am folgenden Tage. Die Freude der Anbeter sollte sich unmittelbar an die Gott dargebrachte Gabe knüpfen; sonst war diese Freude un­heilig. Die Energie der Frömmigkeit gab diesem Bande mehr Kraft, sodass das am folgende Tage statthabende Mahl nicht wirklich vom Opfer getrennt war

Wir haben gesehen, dass, da der Heilige Geist die Quelle, die Kraft, der Leiter jedes wahrhaften, Gott darge­brachten christlichen Kultus ist, die Einheit dieses Leibes, der durch ihn gebildet wird und in dem er wirkt, deutlich im Kultus hervortritt, den er die Glieder des vereinigten Leibes halten lässt. Die Liebe, welche die Seele im Kultus ist, fehlt in einer ihrer vollkommensten Formen, wenn das Bewusstsein dieser Einheit nicht da ist. Die Gegenwart des Heiligen Geistes bringt das Bewusstsein dieser Einheit, deren Urheber und Band Er ist, hervor. Eine der Seiten des Abendmahls nun ist der Ausdruck dieser Einheit: „Denn ein Brot ist's, ein Leib sind wir die vielen; denn wir alle genießen von demselben Brote" (1. Kor. 10, 17). Wenn einerseits das gebrochene Brot den in den Tod gegebenen Leib Christi vorstellt, so stellt andererseits die Einheit dieses Brotes die Einheit Seines geistigen Leibes vor. „Als ich hörte", sagt der Apostel, „von eurer Liebe gegen alle Heilige n", usw. — „auf dass ihr vermöget einzusehen mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei und zu erkennen, die, alle Erkenntnis übersteigende Liebe Christi, auf dass ihr erfüllet werdet zur ganzen Fülle Gottes." „Dem aber, der vermag überschwänglich mehr zu tun, als wir bitten oder verstehen, vermöge der in uns wirkenden Macht, ihm die Ehre in der Gemeine!" (Eph. 1, 15; 3, 18-21).

Welche Wonne, sich mit allen Heiligen, wo sie auch sein mögen, vereint zu finden, in der Einheit des Leibes Christi, als Seine Glieder gemäß allen Vorrechten, die sich daran schließen, vermöge der Liebe dessen, der diesen Leib ernährt und pflegt wie ein Mensch sein eigen Fleisch pflegt; sich durch den Geist mit Allem vereint zu fühlen, was Eins mit Christo ist; es zu fühlen in dem unendlich erfreulichen Gedanken, dass alle diejenigen, welche uns als angehörig so unaussprechlich teuer sind, Seiner unwandelbar liebenden Sorge sich erfreuen; welche Freude auf sie durch den Glauben die Anwendung all dieser Liebe zu machen, deren wir uns im Kultus bewusst sind, ein Glaube, der übrigens nie sein Ziel verfehlt.

Demnach ist die Fürbitte eng mit dem eigentlichen Kultus verbunden; sie wird eingeflößt durch die zufolge der Gegen­wart des Heiligen Geistes in Tätigkeit gesetzten Liebe. Die Bitten um Gnade, welche diejenigen, die Kultus halten, für sich selbst tun, schließen sich beinahe im gleichen Grade daran an, weil das im Kultus sich ausdrückende Gefühl dessen, was wir Gott zu verdanken haben, nötigerweise den Wunsch Ihn zu verherrlichen und das Bedürfnis nach Gnade, die einzig uns dazu befähigt, erzeugt.

Was das Abendmahl betrifft, so finden wir wirklich, dass es nicht nur die hervorragendste von den religiösen Übungen der Gläubigen war, sondern dass sie, um es zu feiern, regelmäßige und feierliche Versammlungen hatten. „Täglich ver­harrten sie einmütig im Tempel und brachen das Brot zu Hause (d. h. in Privathäusern) im Gegensatz zum Tempel" (Apg. 2, 46). „Sie blieben aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und dem Gebete." Es scheint demnach, dass sie das Abendmahl täglich nahmen; aber in verschiedenen Beziehungen noch Juden, wie wir wissen, gingen sie fleißig in den Tempel; hernach aber hielten sie in, ihren Häusern zur Erinnerung an Christuni diesen besonderen Dienst, von dem gesagt ist: „Tut dies zu meinem Gedächtnis."

Im 20. Kapitel der Apostelgeschichte wird uns gesagt, dass die Jünger am ersten Wochentage (jetzt Sonntag genannt) ver­sammelt waren, um das Brot zu brechen und Paulus redete usw. — Dies beweist, dass diese Handlung, wenn auch andere sie begleiteten, doch der Zweck ihrer Zusammenkunft war. Man hat angenommen, dass das Brotbrechen etwas ande­res sein könne als das Abendmahlnehmen, weil es klar ist, dass man zu gleicher Zeit ein Mahl einnahm; letzteres ist nicht zweifelhaft. Christus hat das Abendmahl bei Seinem letzten Abendessen eingesetzt, und im Anfang aß man und brach das Brot zu gleicher Zeit.

 Das Brechen des Brotes aber hatte seinen eigenen unterscheidenden Charakter, wie es ihn bei seiner Einsetzung gehabt hatte. Hierauf unachtsam sein, wenn man daran Teil nahm, heißt der Apostel den Leib des Herrn nicht unterscheiden. In seiner ersten Epistel an die Korinther verbessert er diesen Missbrauch, indem er befiehlt, dass das Abendmahl von dem Nachtessen, von welchem es vorher be­gleitet gewesen, getrennt werde. Diese Stelle zeigt, dass man sich versammelte, um zu essen. Aber, ach! das Mahl hatte die Korinther den geistigen Dienst vernachlässigen lassen. Man war dahin gekommen, sich satt zu essen und den Armen hun­gern zu lassen. Man versammelte sich nicht mehr in einem Privathause, sondern in einem gemeinsamen Lokale, wohin Jeder sein Abendessen brachte.

 Dieser Dienst hatte gänzlich den Charakter vom Abendmahl des Herrn verloren. Nichts­destoweniger bleibt durch diese Stelle festgesetzt, was der Zweck der Versammlung war. Um diese Einsetzung in ihrer ganzen Wichtigkeit zu erhalten, hat der Apostel befohlen, sie von dem Nachtessen zu trennen; Jeder sollte daheim essen und sich mit ernstem Gemüte in die Versammlung begeben, aus Furcht sich Züchtigung zuzuziehen.

Die beiden großen Elemente des christlichen gemeinschaft­lichen Kultus sind: die Gegenwart des Heiligen Geistes und die Erinnerung an das Opfer Christi in der Feier des Abend­mahls. Wir haben gesehen nach dem Zeugnis der Bibel, dass die Christen sich ursprünglich versammelten, um das Abend­mahl zu nehmen.

Überdies finden alle auf jede unserer Beziehungen mit Gott sich knüpfenden Gefühle ihre Anwendung im Kultus. Seine Majestät wird da angebetet. Die Gnadenge­schenke Seiner Vorsehung werden da anerkannt; der­jenige, welcher Geist ist, wird angebetet im Geist und in der Wahrheit. Wir drücken unserm V a t e r, dem Vater unsers Herrn Jesu Christi, die heiligen Gefühle der Liebe aus, die Er in uns erweckt hat. Er, der uns suchte, als wir ferne von Ihm waren und uns zu Sich gebracht hat als Seine lieben Kinder, in dem Geist der Kindschaft, indem Er uns, o wunderbare Gnade! mit Seinem geliebten Sohne verband. Makellos vor Ihm, beten wir den rettenden Gott an; Seine Heiligkeit und vollkommene Gerechtigkeit sind für uns der Gegenstand einer Freude, die nie vergeht, denn wir sind im Licht e, durch das vollkommene Werk Christi, wie Er selbst im Lichte ist. Der Heilige Geist selbst offenbart uns diese himmlischen Dinge, sowie die zukünftige Herrlichkeit und wirkt in uns, um die Gefühle und Triebe hervorzubringen, die für eine solche Gnade, für solche Bezie­hungen mit Gott sich geziemen. Er bindet das Herz an diese Dinge.

 Doch lässt Er uns dabei fühlen, dass wir Kinder Einer Familie, Glieder Eines Leibes sind, indem wir im Kultus durch gegenseitige Triebe und gemeinschaftliche Gefühle für denjenigen, welcher der Gegenstand unserer gemeinschaftlichen Anbetung ist, uns vereinigen. Im Kultus haben wir endlich das süßeste Andenken der Liebe Christi, sei es, dass wir auf die Wirksamkeit Seines Werkes hinsehen, sei es, dass wir uns Seiner zärtlichen Liebe für uns erinnern. Er will, dass wir uns Seiner erinnern! Süßer, köstlicher Gedanke für das Herz! O, wie teuer und zugleich heilig sollte ein solcher Kultus für unsere Seelen sein! Sollten wir nicht so leben, dass wir im Stande wären, einen solchen Kultus zu halten! Mit welchem Eifer sollten wir nicht die Gegenwart und Wirkung des Hei­ligen Geistes suchen, um ihn geziemend halten zu können!

Jedoch muss er sehr einfach sein, denn wahre Liebe ist immer einfach; ernst zugleich; denn solche Interessen machen ernst. Die Majestät und Größe der Liebe Dessen, den wir an­beten, gibt jedem Akt, durch welchen wir Gott nahen, eine Feierlichkeit. Mit welch tiefen Trieben und mit welcher Dank­barkeit denken wir auch an unsern Erlöser in einem solchen Augenblick, wo wir in der Gegenwart Gottes, fern von allem übel, im Vorgeschmack unserer ewigen Glück­seligkeit durch Ihn sein können und wo wir uns Seiner ganzen Liebe für uns erinnern.

Diese zwei großen Gegenstände, mit denen der christliche Kultus sich beschäftigt, nämlich: die Liebe Gottes, unsers Vaters, und die des Herrn in Seinem Werk und als Haupt der K i r c h e, welche Sein Leib ist, verändern ein wenig den Charakter des Kultus je nach dem Zustande derjenigen, die ihn halten. Es wird Augenblicke geben, in denen Jesus ihren Gedanken näher ist, andere, in denen der Vater ihren Geist mehr beschäftigen wird. Der Heilige Geist allein kann hierin leiten; aber da die Gefühle wahr sein müs­sen, so wird ihre Richtung von dem Zustande der Personen, welche die Versammlung ausmachen, abhängen. Nichts darf in solchen Fällen erzwungen sein. Der, welcher das Organ des Kultus ist, sagen wir es hier, hat nicht auszudrücken, was ihm eigen ist und ihn persönlich angeht; er ist berufen, das, was wirklich die Herzen durch den Heiligen Geist in der Ver­sammlung bewegt, darzubringen. Dies lässt uns unsere gänz­liche Abhängigkeit vom Tröster, um Gott miteinander in Wahr­heit dienen zu können, fühlen. Nichts indes ist einfacher und klarer als diese Wahrheit: dass im gemeinschaftlich gehaltenen Kultus die Gefühle, die von Allen empfunden werden, ausge­drückt werden sollen.

Eine andere Bemerkung können wir hier anschließen, näm­lich: dass der Kultus in hohem Grade von allem dem leiden wird, was den Heiligen Geist betrübt. Jeder Bann, wäre er auch nur bei einem einzigen Glied der Versammlung, wird fühlbar sein (wenigstens wenn Geistigkeit vorhanden ist), denn wir sind da als E i n Leib. Es ist von hoher Wichtigkeit, dass die geistige Empfindlichkeit erhalten werde, und dass man sich nicht über einen Zustand hinwegsetze, wo im Kultus die Ge­genwart Gottes wenig gefühlt, die Wirkung des Geistes wenig gekannt wird. Wenn eine wirkliche Geistigkeit da ist, wenn der Heilige Geist die Versammlung mit Seiner Gegenwart erfüllt, so wird bald jedes 'übel entdeckt werden. Denn Gott ist ein eifersüchtiger und ein treuer Gott.

 Ein einziger Achan ist im Anfang der Geschichte Israels entdeckt worden (Josua 7), eine einzige Lüge des Ananias im Anfang der Kirche (Apo­stelgesch. 5). Ach, wie viele Dinge sind später in Israel vor­gekommen, wie viele wurden in der Kirche vollbracht, ohne dass Jemand nur gefühlt hätte, es sei etwas Böses vorhanden! Möge Gott uns demütig, wachsam, wahrhaft machen, und uns daran erinnern, dass Sein Geist immer bei uns bleibt, damit wir fähig seien, durch die Wirkung dieses Geistes in uns, Ihm einen geistigen Kultus zu halten; ein schönes und mächtiges Zeugnis für das Werk Christi, das uns unsträflich und freude­voll in die Gegenwart Gottes stellt, um Ihm die Anbetung solcher Herzen darzubringen, die in Seiner Gegenwart die Quelle ihres Glückes finden, die vor den Engeln des Himmels von Seiner vollkommenen Liebe zeugen und Gott selbst den annehmbarsten Beweis von der Wirksamkeit dieses Werkes leisten, das Ihm die Möglichkeit gibt, Seine Liebe vollkommen auszuüben, worin Er Seine Wonne findet.

Das Vorrecht, Kultus halten zu können ist zwei oder drei im Namen Jesu Versammelten verliehen, d. i. solchen, die die­ser Name vereinigt hat als ein Band unter ihnen durch seine Allen gemeinschaftliche, von Allen gekannte und unter ihnen als Grundsatz ihrer Versammlung anerkannte Kraft. — Jesus ist bei ihnen, um die Freude und Kraft ihres gemeinschaftlichen Dienstes zu sein. Jehova hatte zu Israel gesagt: „An jeglichem Orte, wo ich meinen Namen preisen lasse, will ich zu dir kommen und dich segnen" (2. Mose 20, 24). Später hat Er ge­sagt, dass sie ihre Opfergaben an den Ort bringen sollten, den Er erwählt habe, um Seinen Namen darauf zu legen. Dies hatte seine bestimmte Erfüllung zu Jerusalem (1. Könige 8, 29). Jetzt hat Gott Seinen Namen auf Jesum gelegt, da wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind mit der, gleich der im 20. Kapitel des 2. Buches Mose ent­haltenen Verheißung, dass Jesus mitten unter ihnen sein werde. Köstliche Aufmunterung für die Schwäche Seines Volkes! Wären Tausende von Jüngern beieinander, ein solches Werk des Heiligen Geistes würde eine große Ermutigung sein; aber das Kostbarste von Allen, die Gegenwart Jesu, ist zweien oder dreien der kleinsten und den Seinen verliehen, wenn sie sich wirklich in Seinem Namen versammeln.

Mögen wir doch wahrhaftig und einzig in Seinem Namen versammelt sein! Der geistliche Stolz, der gern eine Gabe geltend macht, und sich eine Herde als sein aneignet, die menschliche Ordnung, die gern zu vermeiden sucht, was das Fleisch oder die Welt verletzen könnte, die Engherzigkeit, die Einige auf ihr eigenes Gefühl hin vereinigt, sind der Name Chris t i nicht. Diejenigen, die sich wirklich im Namen Jesu versammeln, schließen in ihren Gedanken und Herzen Alle, welche von Ihm sind, alle Glieder Seines Leibes ein; sie schließen dieselben ein nach dem Grundsatz, auf welchen hin sie versammelt sind, sonst wären sie nicht in Seinem Namen beieinander; denn ausschließen kann man diejenigen, die Sein sind, nicht von dem Vorrechte, das an Seinen Namen geknüpft ist. Sein Herz schließt sie ein und wir sind nicht nach Seinem Herzen versammelt, wenn unsere Versammlung sie nicht grundsätzlich einschließt. Es ist klar, dass Sein Name weder die Welt noch die Sünde, noch das, was die Wahrheit, die in diesem Namen geoffenbart ist, leugnet, verträgt. Sein Name vereinigt diejenigen, die wirklich Sein sind. W e r nicht mit Ihm sammelt, der zerstreut.

Die Christen sollen die Heiligkeit und Wahrheit aufrecht erhalten und beständig fortschreiten zum Maße der vollkom­menen Natur Christi. Wer diesen Fortschritt hemmen und suchen würde, die Seelen in der Form besonderer Lehren zu­rückzuhalten, würde die Einheit in der Ausübung zerstören. Nur die durch das Wort geordnete und die Gnade geleitete Geistigkeit, mit Einem Wort die Handlung des Geistes Gottes kann in gewissen Fällen den wahren Fortschritt von einem bloßen Verharren auf besonderen Ansichten unter­scheiden lassen. Denn der Weltgeist, der den Fortschritt und das, was Christum in unsern Herzen entwickelt, nicht liebt, nennt alles, was unsere Bande an Christum mächtiger und fühlbarer macht, eine besondere Ansicht. Auf der anderen Seite wird der engherzige Geist als einen Fortschritt alles betrachten, was seine eige­nen Ideen geltend macht.

Ich wünsche unsere Seelen auf den Grund des Gegenstandes, den ich behandle, zu führen. Das, wovon ich soeben gesprochen, hat seine Anwendung auf die Kinder Got­tes, die versammelt sind, um Ihm Kultus zu halten. Süßes, herrliches Vorrecht, im Voraus das zu genießen, was unsere ewige Beschäftigung im Himmel sein wird! Dort wird unser Kultus vollkommen sein; die ganze zur Vollkommenheit ge­langte Kirche wird versammelt sein, um Ihn inmitten der all­gemeinen Versammlung droben zu halten. Ewig wird sie dieses Glückes genießen ohne Zerstreuung und Furcht, dass es je ge­stört werde, in der vollkommenen Gunst Gottes. Welch ein Vorrecht schon hienieden hinter allen Zerstreuungen dieser Welt die Türe zu schließen und durch den Geist die Bedürf­nisse des Herzens zu befriedigen, indem man Gott die Dank­sagungen darbringt, die Er zu empfangen würdig ist und die Er uns durch Seine Güte eingeflößt hat.

Ich will noch einige Stellen angeben, die im Einzelnen den Geist des Kultus auffassen helfen.

Die erste ist in Phil. 3 enthalten: „ Wir dienen Gott im Geiste, wir rühmen uns Christi Jesu und. vertrauen nicht auf das Fleisch."

Man muss hier bemerken, dass es sich nicht um das Fleisch in seinem gewöhnlichen Sinn genommen, als Ausdruck für die Sünde, handelt, sondern um das Vertrauen auf das Fleisch. Das Vertrauen auf das Fleisch ist in Religionssachen ebenso verwerflich als die Lüste des Fleisches; es ist übrigens nur eine dieser Lüste, vom Schleier der Werke und der Heiligkeit verdeckt. Der Prüfstein ist: dass es den Herrn Jesum nicht verherrlicht, und noch besser, dass es nicht Jesu Christi allein rühmt. Die Religion des Fleisches kann sich mit viel guten Werken beschäftigen, einen untadelhaften Wandel, viel Selbst­verleugnung, viel Frömmigkeit, viel Demut haben, sich eifrig der Liebe befleißigen, indem sie vorgibt, vielleicht, dass sie auf seiner unendlichen Liebe beruhe; aber die Liebe Gottes in ihrem Herzen wird nur d i e Liebe sein, die s i e für Ihn empfindet.

Man kann die Frage stellen: Wenn dies Alles in einer Per­son sich finden und doch nur Fleisch sein kann, wie kann man die wahre Beschneidung unterscheiden? Die wahre Beschneidung rühmt sich Jesu Christi. Nichts ist leichter als all diesen Schein von Gottseligkeit zu beurteilen, wenn Christus unser Alles ist. Wir werden ohne Bedenken den wahren Charakter dessen herausfinden, was sich nicht Seiner rühmt und dem, was das Christentum von Grund aus zerstört, Waffen leiht.

Wollt ihr ein anderes Zeichen, um diese anmaßende Reli­gion des Fleisches zu erkennen? Sie hält sich nicht an das Haupt des Leibes der Kirche (Kol. 2, 19), d. i. dass der, welcher davon durchdrungen ist, nie das Bewusstsein seiner eigenen Einigung mit Christo hat, sodass er weiß, dass er mit Ihm auf­erstanden und in die himmlischen Örter versetzt ist, als Bein von Seinem Bein, als Fleisch von Seinem Fleisch, Ein Geist mit dem Herrn, ein Glied Seines Leibes.

Ein anderer Zug, der die Religion des Fleisches bezeichnet. ist der, dass sie, wie groß auch die scheinbare Erhabenheit ihrer Frömmigkeit sein mag, mit Dingen sich verträgt, die nicht vom Himmel sind. Sie sucht nicht in jeder Hinsicht das, was allein den Gefühlen desjenigen, der mit Christo gestorben und auferweckt ist, entspricht.

Der wahrhafte Kultus, die Religion des Geistes, dient Gott im Geiste; sie hat durchaus kein Vertrauen auf das Fleisch; sie kennt nicht die Religion ihrer Väter, selbst wenn diese Religion die wahre wäre; man erbt von seinen Vätern nichts als eine sündige Na tu r. Sie vertraut weder auf ihren Eifer, noch auf eine Frömmigkeit, die sie Gott dar­bringen könnte, noch auf ihre Liebe für Ihn. Vor Gott rühmt sie sich Jesu allein. Die Seele hat gelernt, dass sie tot war in ihren Sünden, dass der teure Erlöser sich so weit erniedrigte, dass Er für uns zur Sünde wurde, dass sie mit Ihm gestorben und auferweckt ist, dass sie verloren wäre, wenn sie das Leben ihrer Natur lebte; sie hat vor Gott nichts darzubringen, als Jesum Christum; in Ihm freut sie sich; Seiner rühmt sie sich; sie weiß, dass der Vater an Ihm Sein ganzes Wohlgefallen hat.

Es ist unverkennbar, dass diese praktische Beschreibung, die Phil. 3 von der wahren Beschneidung, d. h. vom wahren für Gott abgesonderten und dem Fleische nach gestorbenen Volke, macht, sich eng an die großen Grundlagen knüpft, auf welchen wir erkannt haben, dass der wahrhafte Christ in seinem Gottesdienste sich stützt. Bedenken wir auch: dass es nichts taugt, die Religion des Fleisches mit der des Geistes zu mischen. Das Fleisch des Christen findet wohl seine Nahrung in der ersteren. Im Anfang der Kirche gingen die Anstren­gungen des Feindes nicht dahin, das Fleisch an die Stelle der Beschneidung und das Gesetz an Christi Statt zu setzen, sondern sie hin z u z u f ü g e n. 

Der Apostel sah aber wohl ein, dass, wenn sie zugelassen würden, Alles verlor en w ä r e. Der Christ ist Eins mit Christo, dem Haupte des Leibes. Beim geringsten Gegenstand, der zwischen das Haupt und den Körper tritt, wird dieser zum Leichnam. Das Werk Christi wäre nicht mehr hinreichend, wenn Etwas hinzugefügt werden müsste. Doch nicht allein das. Die Stellung des Chri­sten wäre ganz vernichtet. Denn, anstatt in Christo vor Gott glücklich zu sein kraft eines durch unsern siegreichen Erlöser vollbrachten Werkes; statt „vollkommen gemacht zu sein in Ihm", „angenehm in dem Geliebten", wäre der Mensch noch im Begriff, Mittel zu suchen, um sich Gott wohlgefällig zu machen und vor ihm erscheinen zu können. Mit einer solchen Lehre ist man von der Gnade abgewichen; das Christentum ist entstellt, verdreht und stillschweigend geleugnet. Die Wahr­heit des Evangeliums ist nicht mehr da.

Möge Gott uns geben, kein Vertrauen auf das Fleisch zu haben, und uns Jesu Christi allein zu rühmen!

Man kann fragen; Aber ist es nicht möglich, dass man diese Wahrheiten in ihrer ganzen Erhabenheit bewahre und doch fleischlich sei? Ich antworte: Ohne Zweifel. Dann aber nimmt das Fleisch die Form der Ausgelassenschaft, seinen wirklichen Charakter an, und nicht die der Religion. Das Fleisch ist sehr fromm, wenn es fromm -tut, weil es sich selbst verherrlichen will.

Ich möchte nun die Aufmerksamkeit des Lesers auf das 4. und 5. Kapitel der Offenbarung lenken.

Im 4. Kapitel, V. 8 finden wir die vier Tiere, die dem Herrn, Gott, dem Allmächtigen die Ehre geben für Alles, was Er in Seiner heiligen und ewigen Majestät ist. Diese Lobpreisung führt die, welche die Heiligen in der Herrlichkeit als Könige und Priester betrachtet vorstellen, dahin, ihre Kronen abzu­nehmen und ihre Throne zu verlassen, um sich vor Dem nieder­zuwerfen, der da lebt von Ewigkeit zu Ewigkeit; moralisch erhabener durch die Schätzung und Anerkennung der Herrlich­keit dessen, dem alle Würde gehört, als durch ihre eigene Herrlichkeit; erhabener, indem sie als Gegenstand ihrer An­betung die höchste Herrlichkeit Gottes erfassen, in dem Grade, dass sie sich der ihnen verliehenen Herrlichkeit nur bedienen, um die Seine zu erhöhen, da sie die Zeichen davon lieber vor Seinen Thron hinwerfen, als sie vor den Heeren des Himmels, oder den Bewohnern der Erde zu tragen.

Ihre Herrlichkeit war eine wirkliche, weil sie ihnen von Gott verliehen war; aber es war ihnen gegeben, eine unendlich vortrefflichere Herrlichkeit zu erkennen, sie zu genießen, sie zu sehen und zu lieben, dass Der, dem sie allein gehörte, im Besitz davon sei und sie offenbare. Der Gegenstand war vor­züglicher, der Geist erhabener, denn sie dachten nicht mehr an sich selbst. Sie erhoben sich zu Gott, nur an Ihn denkend, zufrieden dass Er allein verherrlicht werde. Dies ist die Voll­kommenheit des Zustandes und der Stellung der Kreatur in Gegenwart Gottes.

Um jedoch diesen Zustand und diese Stellung zu vervoll­ständigen, bedarf es noch eines andern Elementes. Was ich gesagt habe, setzt dessen Dasein voraus, und dieses ist in der Stelle, die ich zitiert habe, deutlich enthalten. Die vierund­zwanzig Ältesten nämlich, die Repräsentanten der zu Königen und Priestern gemachten Heiligen, haben das Verständnis dessen, was Gott dieser Lobpreisungen würdig macht: „Herr, du bist würdig, denn usw." Hier ist es Sein Ruhm als Schöp­fer. Alle Dinge sind von Ihm und für Ihn. Er ist die Quelle und das Endziel von Allem, was existiert. Was Er ist, ist das, dass Er würdig ist, zu empfangen alle Ehre um der Offen­barung willen, die Er von Sich selbst gegeben. Dies ist der Gegenstand der Huldigung, welche die Heiligen Gott dem Schöpfer darbringen.

Das 5. Kapitel hat die Erlösung zum Gegenstand. Das er­würgte Lamm ist würdig, das Buch der Ratschlüsse . Gottes, in Hinsicht auf die Regierung, zu nehmen, weil es wiederer­kauft hat. Hier findet sich auch die Einsicht in Sein Werk, in die Herrlichkeit, die daraus hervorgehen sollte für diejenigen, die Gegenstände desselben waren, in ihren Beziehungen mit Gott und der ihnen anvertrauten Regierung, wieder in den Lobeserhebungen, welche dem Lamme von den himmlischen Heiligen gebracht wurden. Man kann auch wahrnehmen, dass das Lob an Den gerichtet ist, Den es preist. Die Gebete der Heiligen begleiten es. Die Lobpreisungen (der Engel in diesem Falle), nicht direkt an das Lamm gerichtet, werden durch die Anbetung der Heiligen hervorgerufen. Dann preisen alle Be­wohner der ganzen Schöpfung Gottes zusammen, im Chor die Herrlichkeit des höchsten Gottes und des Lammes mit dem Arme der vier Tiere. Die direkte Anbetung bleibt der eigene Teil der vierundzwanzig Ältesten, der Könige und Priester....

Unser Teil ist, Gott im Geist und in der Wahrheit anzubeten, im süßen Vertrauen von Kindern, die Er liebt, ohne dass Er in ihren Augen im Geringsten von Seiner Majestät verliere.

Siehe, wie fein und lieblich es' ist, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen — — denn dahin sendet der Herr Segen und Leben, immer und ewiglich! Psalm 132.

*) Das Wort „Kultus" konnte im Deutschen durch keinen Ausdruck vollständig wiedergegeben .werden. Der gewöhnliche Ausdruck „Gottesdienst" drückt den Begriff nicht vollständig aus. — Des Raumes wegen ist nur ein größerer Auszug wört­lich mitgeteilt.