Kolosser 1,9 Der Wille Gottes BdH 1897

02/16/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Der Wille Gottes: Kolosser 1,9

Botschafter des Heils in Christo 1897, 

„Deshalb hören auch wir nicht auf, … für euch zu beten und zu bitten, auf dass ihr erfüllt sein möget mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlichem Verständnis" (Kolosser 1,9).

Unter den Gläubigen herrscht im allgemeinen ein großer Mangel an Erkenntnis des Willens Gottes bezüglich ihrer Stellung in Christo. Dieser Mangel mag in den vergangenen Jahrhunderten noch größer gewesen sein als heute, aber selbst in den gegenwärtigen Tagen des vermehrten Lichtes auf geistlichem Gebiet ist die Erkenntnis vielfach noch sehr gering; und man geht wohl nicht fehl, hierin eine der Hauptursachen des kirchlichen Verfalls zu erblicken, der schon frühe mit dem Verlassen der ersten Liebe seinen Anfang nahm (Offenbarung 3,4). Sobald Christus nicht mehr den ersten Platz in der Kirche hatte, fing sie an zu verweltlichen. An die Stelle der Wirksamkeit des Heiligen Geistes trat diejenige des menschlichen Geistes; an die Stelle göttlicher Weisheit und geistlichen Verständnisses drängte sich menschliche Weisheit und natürlicher Verstand. 

Der natürliche Verstand aber kann in göttlichen Dingen nur irreführen. Und wenn einmal die Gegenwart und Leitung des Heiligen Geistes außer acht gelassen und nicht mehr „jeder Gedanke gefangen genommen wird unter den Gehorsam des Christus", welchen Spielraum hat dann die Vernunft! Wie viele Vernunftschlüsse werden aufgebaut, die die wahre Erkenntnis Gottes verdunkeln, und wie bald wird das Christentum zu einer bloßen Kopfsache, zu einer leeren Theorie ohne Kraft und Leben! Der Heilige Geist allein kann uns Weisheit und geistliches Verständnis darreichen und in die Erkenntnis des Willens Gottes einführen. Und Seine Wirksamkeit unterscheidet sich von derjenigen des menschlichen Geistes dadurch, dass Er die Herzen und Gedanken der Gläubigen von ihnen selbst und von allem ab auf die Person Christi hinlenkt, während der menschliche Geist ihre Blicke auf sie selbst und auf die Erfahrungen und Gefühle ihrer eigenen Herzen richtet. Wo das aber der Fall ist, da ist man mit sich selbst beschäftigt, hat keinen wahren Frieden und gerät entweder unter das Gesetz, indem man eine falsche Heiligung, die Heiligung des Fleisches, anstrebt, oder man wird infolge des Misslingens seiner Anstrengungen enttäuscht und entmutigt und unterliegt den Lüsten des Fleisches und den Lockungen der Welt.

In diesen beiden Richtungen bewegen sich leider viele Gläubige unserer Tage. Die Gläubigen der zuletzt genannten Richtungen sagen, es sei für einen Gläubigen unmöglich, nicht zu sündigen, entgegen den bestimmten Aussprüchen der Schrift: „Sondern wie der, welcher euch berufen hat, heilig ist, seid auch ihr heilig in allem Wandel; denn es steht geschrieben: ,seid heilig, denn ich bin heilig'" (1. Petrus 1,15. 16). Und ferner: „Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, auf dass ihr nicht sündiget." Und wiederum: „Jeder, der in ihm bleibt, sündigt nicht" (1. Johannes 2,1; 3,6). Wenn man daher das Nichtsündigen von vornherein als eine Unmöglichkeit hinstellt, so verleugnet man dadurch die christliche Stellung, in die die Gläubigen kraft des Willens Gottes und der Erlösung gebracht sind.

Im unmittelbaren Gegensatz zu dieser Richtung behaupten andere, dass sie einen durchaus sünden- und fleckenlosen Wandel führten, indem sie sich einbilden, in sich selbst heilig geworden zu sein, und ferner, dass jeder, der noch sündige, kein Kind Gottes sei. Wer eine solche Behauptung aufstellt, beweist, dass er völlig blind ist über sich selbst und vergisst, dass nach den klaren und bestimmten Belehrungen des Wortes Gottes das Fleisch unverbesserlich ist und bleibt. Der Apostel spricht von den Lehren solcher, dass sie „einen Schein der Weisheit haben, in eigenwilligem Gottesdienst und in Niedriggesinntheit und im Nichtverschonen des Leibes, und nicht in einer gewissen Ehre, zur Befriedigung des Fleisches" (Kolosser 2,23). Beide Richtungen kennen die christliche Stellung nach dem Willen Gottes nicht, und tun, als lebten sie noch in der Welt (Kolosser 2,20).

Der Gläubige ist sicherlich berufen, würdig des Herrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, in jedem guten Werke fruchtbringend, und wachsend durch die Erkenntnis Gottes, gekräftigt mit aller Kraft nach der Macht seiner Herrlichkeit zu allem Ausharren und aller Langmut mit Freuden (Kolosser 1,10 - 11). Aber der Apostel stellt einen solchen Wandel als Folge der Erkenntnis des Willens Gottes dar. So lange nun der Gläubige mit sich selbst beschäftigt und mit seinem Ich nicht zu Ende gekommen ist, hat er weder Zeit noch Ruhe, über den Willen Gottes nachzudenken; denn dazu müsste er sich ausschließlich mit Christo beschäftigen. Erst dann, wenn sein Herz und sein Gewissen völlig zur Ruhe gebracht sind, wird Christus sein Gegenstand.

Ehe der Apostel daher mit den Gläubigen zu Kolossä über die Person Christi redete, bezeugte er ihnen, dass sie in Ihm die Erlösung besaßen und dass der Vater sie fähig gemacht hatte zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, indem Er sie aus der Gewalt der Finsternis errettet und in das Reich des Sohnes seiner Liebe versetzt hatte (Kap. 1,12 -1 5). Der Gläubige kann infolge der Erlösung nie reiner werden, als das Blut Christi ihn gemacht hat; er kann nie völliger errettet, geheiligt und vom Bösen abgesondert werden, als der Vater dies in Christo getan hat, indem Er ihn in das Reich des Sohnes Seiner Liebe versetzt hat. Allen, die wirklich an Jesum glauben, gilt das Wort: „Aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesu und durch den Geist unseres Gottes" (1. Korinther 6,11). Alle sind nicht mehr im Fleische, sondern im Geiste, wenn anders Gottes Geist in ihnen wohnt (Römer 8,9), - nicht mehr in dem Zustand des ersten Adam, sondern in Christo: eine neue Schöpfung (2. Korinther 5,17).

Das ist die christliche Stellung nach dem Willen Gottes, und wenn der Gläubige sie zum Ausgangspunkt seines Wandels macht, so wandelt er weder in der Sünde, noch in selbstgemachter Heiligkeit, noch in Weltförmigkeit, sondern in Christo, und darum würdig des Herrn zu allem Wohlgefallen, fruchtbringend in jedem guten Werke. Christus ist sein Gegenstand und sein Leben, die Triebfeder und Quelle seiner Werke. Er hat mit seinem Ich geendigt und wandelt in Neuheit des Lebens (Römer 6,4).

Gott kann kein Werk anerkennen, das Er nicht in Christo zuvor bereitet hat. Israel konnte nur solche Früchte zum Altar Jehovas bringen, die auf den Fluren Kanaans, im Lande Jehovas gewachsen waren. Und mit der Erinnerung an die Errettung aus dem Elend und der Knechtschaft, worin sie einst gewesen waren, bekannten sie, was Gott an ihnen getan hatte: „und er brachte uns an diesen Ort und gab uns dieses Land, ein Land, das von Milch und Honig fließt" (5. Mose 26,1 - 11). Und die dargebrachten Erstlingsfrüchte als der Ausdruck eines dankbaren und anbetenden Herzens waren der Beweis, dass sie in dem Lande waren.

Erblicke in diesem Vorbild, mein lieber Leser, die christliche Stellung nach dem Willen Gottes, die unzertrennlich mit der Stellung Christi in Herrlichkeit verbunden ist und die wir jetzt durch den Glauben zu verwirklichen haben. „Danksagend dem Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe" (Kolosser 1,12 - 13). In das Land, in das Reich des Sohnes Seiner Liebe gebracht, befinden wir uns in der von Gott anerkannten Stellung, und indem wir darin wandeln, wandeln wir im Geiste. Hier gedeiht auch die praktische Heiligung und die Frucht des Geistes: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit" (Gal 5,22). Wir sind in dieselbe Stellung versetzt, in die Christus für uns eintrat, als Er Seinen Platz in der Herrlichkeit nahm, damit wir in Wahrheit Geheiligte seien. „Und ich heilige mich selbst für sie, auf dass auch sie Geheiligte seien durch Wahrheit" (Johannes 17,19).

Die Heiligung wird als eine der brennendsten Fragen bezeichnet; aber ihre Lösung lässt vergeblich auf sich warten, so lange die Gläubigen ihre geheiligte Stellung in Christo nicht erkennen und ihr Auge nicht einzig und allein auf Christum richten der uns mit Ihm und Seiner Herrlichkeit bekanntzumachen sucht! Die Betrachtung dieser Herrlichkeit wird nie ihre Wirkung auf unseren Zustand und Wandel verfehlen, wie der Apostel sagt: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den Herrn, den Geist" (2. Korinther 3,18). Die Sendung des Heiligen Geistes hatte sogar in erster Linie den Zweck, den Gläubigen diese Herrlichkeit des Herrn vorzustellen. „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten ... Er wird mich verherrlichen, denn von dem meinen wird er empfangen und euch verkündigen. Alles was der Vater hat, ist mein" (Joh 16,13-15). So wie Elieser vorbildlich die Rebekka mit den Reichtümern Isaaks, des einzigen Sohnes seines Herrn, bekannt machte (1. Mose 24,35. 36), will auch der Heilige Geist uns mit „allem" bekannt machen, was der Vater dem Sohne Seiner Liebe gegeben hat.

Es ist der Wille Gottes, dass wir schon auf Erden wissen und verstehen sollen, was Sein Sohn in Seinen Augen ist, Er, der Geliebte, „ausgezeichnet vor Zehntausenden" (Hl 5,10). Ja, Er will, dass wir erkennen und verstehen sollen, wie unaussprechlich Er uns geliebt und wie hoch Er uns geachtet hat, indem Er uns Jesum gab und uns mit Ihm vereinigte. Welch eine wunderbare Gnade ist es doch: Gott hat Den, dessen Füßen Er alles unterworfen hat und Der das Haupt über alles ist, Ihn, der alles in allem erfüllt, der Versammlung gegeben, welche Sein Leib, Seine Fülle ist, d. h., die den geheimnisvollen Menschen Gottes (Epheser 2,15) vervollständigt! (Epheser 1, 22. 23).

Allerdings vermag nur Gott die Person des Sohnes Gottes in den unergründlichen Tiefen ihres Wesens zu erkennen; denn der Sohn Selbst sagt: „Alles ist mir übergeben von meinem Vater" (Mt 11,27). Aber Gott hat Ihn uns ganz gegeben, und unsere Aufgabe ist es, Ihn kennenzulernen, soweit der Heilige Geist Ihn uns in der Schrift geoffenbart hat. Dort lesen wir von Ihm: „Welcher das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung. Denn durch ihn sind alle Dinge erschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: alle Dinge sind durch ihn und für ihn geschaffen. Und er ist vor allen, und alle Dinge bestehen zusammen durch ihn" (Kolosser 1,15-17). In welch einer majestätischen Größe tritt unser geliebter Herr hier vor unsere Blicke! Wie verschwindend klein erscheint schon der Mensch gegenüber der Größe der sichtbaren Schöpfung, deren Anblick dem Psalmisten die Worte entlockte: „Wenn ich anschaue deinen Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: Was ist der Mensch, dass du sein gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du auf ihn acht hast?" (Psalm 8,3. 4). 

Wie tief fühlte Hiob seine Nichtigkeit, als Jehova Seine Majestät betreffs der sichtbaren Schöpfung nur in etwa enthüllte: „Wo warst du, als ich die Erde gründete? ... Und wer hat das Meer mit Toren verschlossen? ... Bist du gekommen bis zu den Quellen des Meeres, und hast du die Gründe der Tiefe durchwandelt? ... Kannst du knüpfen das Gebinde des Siebengestirns, oder lösen die Fesseln des Orion? ... Kennst du die Gesetze des Himmels, oder bestimmst du seine Herrschaft über die Erde?... Kannst du Blitze entsenden, dass sie hinfahren, dass sie zu dir sagen: Hier sind wir? ... oder erhebt sich auf deinen Befehl der Adler und baut in der Höhe sein Nest? ... Oder hast du einen Arm wie Gott, und kannst du donnern mit einer Stimme wie er?" Ja, welch ein Abstand, welch eine unermeßliche Entfernung besteht zwischen Gott und dem Menschen von Natur! Und doch, wie nahe sind wir Ihm gebracht in Christo, der sagen konnte: „Ich und der Vater sind eins" (Joh 10,30), der „alles" Sein eigen nennen kann, was der Vater hat, ja, durch Dessen Wort alles besteht, was geworden ist!

Wie klein wird vollends der Mensch und wie majestätisch erscheint die Größe des Herrn bei dem Gedanken an die unsichtbaren Welten, die Myriaden Engel, diese „Gewaltigen an Kraft" (Psalm 103,20), an die Throne und Fürstentümer in den himmlischen Örtern! Wie unfassbar ist die Entfernung, in der wir uns als Sklaven Satans und der Sünde schon von diesen heiligen und erhabenen Mächten befanden; wie unendlich weit standen wir unter ihnen! Umso unergründlicher ist die „gar mannigfaltige Weisheit Gottes", die uns in Christo dargestellt hat, der hoch über diesen Mächten erhaben ist (Epheser 3,10), dem sie alle ihr Dasein verdanken und dem sie alle zu Gebote stehen.

Und unsere Verbindung mit Ihm ist nicht eine bloße Vereinigung wie die eines Königs mit seinem Volke, sondern eine Einheit, wie die des Hauptes mit dem Leibe. „Und er ist das Haupt des Leibes, der Versammlung" (Kolosser 1,18). Es ist eine Einheit des Lebens, das Er, der Auferstandene „der Erstgeborene aus den Toten", allen Gliedern Seines Leibes mitgeteilt hat. Dasselbe Leben, kraft dessen Er den Tod überwunden hat, ist ihr Leben; jedoch mit dem Unterschied, dass Er das Haupt ist, und die Glieder alles durch Ihn und in Ihm besitzen. Wenn gleich wir mit Christo unzertrennlich verbunden sind, trägt der Heilige Geist doch stets Sorge, dass die Herrlichkeit der Person Christi gewahrt bleibt. Darum fügt Er sogleich hinzu: „Auf dass er in allen Dingen den Vorrang habe; denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen" (Vers 18. 19). 

Die Unendlichkeit dieser Fülle, die zu umfassen das ganze Weltall zu klein ist, wohnt in Christo leibhaftig (Kolosser 12,9). Wenn aber die Versammlung der Leib Dessen ist, der in Person der Sohn Gottes, die Offenbarung der Liebe des Vaters und der Schöpfer des Weltalls ist, ja in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt, welcher Platz geziemt sich dann für sie und jedes einzelne Glied des Leibes? Muss er nicht in jeder Beziehung der Würde des Herrn entsprechen? Versteht es sich nicht von selbst, dass ihr Wandel würdig des Herrn sei zu allem Wohlgefallen? 

Wenn die Versammlung dem über alles erhabenen Herrn so nahe steht, wenn Er sie liebt wie Sich Selbst und sie aufs Zärtlichste nährt und pflegt als die Glieder Seines Leibes (Epheser 5,29. 30), so ist es offenbar, dass sie Ihm alle ihre Zuneigungen und ihre ganze Hingebung schuldet. Aber ach! Wie sehr hat sie das Geheimnis des Willens Gottes aus dem Auge verloren, kraft dessen Er sie mit Christo, dem Sohne Seiner Liebe, verbunden hat! Wie viel Weltförmigkeit und Jagen nach den Dingen dieser Welt, welch eine traurige Zersplitterung zeigt sich in ihrer Mitte! Wie ist das einst so hell strahlende Licht matt und trübe geworden! Wie ist „verdunkelt das Gold, verändert das gute, feine Gold" (Klgl. 4,1). O möchten doch alle Jünger Jesu aufwachen und von neuem unverrückt Ihn anschauen, der sie „geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat", der jetzt droben weilt und bald wiederkehren wird! Wahrlich, es kann keinen mächtigeren Antrieb geben zur praktischen Heiligung, zur entschiedenen Absonderung von der Welt, (von ihrem Geist sowohl wie von ihren religiösen Systemen und Einrichtungen) mit einem Wort zur Fernhaltung von allem Bösen, als einen zur Rechten Gottes verherrlichten Christus anzuschauen und unsere Verbindung mit Ihm zu verwirklichen.

Da wir in Christo dargestellt sind, so ist unsrer Stellung vor Gott nichts mehr hinzuzufügen; denn der Apostel sagt: „Ihr seid vollendet in ihm, welcher das Haupt jedes Fürstentums und jeder Gewalt ist" (Kol 2,10). Infolgedessen sind wir in Wahrheit fähig gemacht zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte; und die Gläubigen werden in der Schrift tatsächlich von diesem Standpunkt aus gesehen und verantwortlich gemacht. In vielen seiner Briefe redet Paulus die Gläubigen als Heilige in Christo an, und in seinen Ermahnungen macht er sie als solche verantwortlich. „Hurerei aber und alle Unreinigkeit oder Habsucht werde nicht einmal unter euch genannt, gleichwie es Heiligen geziemt" (Eph 5,3). „Ziehet nun an, als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut usw." (Kol 3,12). Jeder den Gläubigen erwiesene Dienst wird betrachtet als ein den Heiligen erwiesener Dienst: „Was aber die Sammlung für die Heiligen betrifft" ... „Denn was den Dienst für die Heiligen betrifft" ... „Denn die Bedienung dieses Dienstes ist nicht nur eine Erfüllung des Mangels der Heiligen" usw... . „Denn Gott ist nicht ungerecht, eures Werkes zu vergessen und der Liebe, die ihr gegen Seinen Namen bewiesen, da ihr den Heiligen gedient habt und dienet" (1. Korinther 16,1; 2. Korinther 9,1. 12; Hebräer 6,10).

Sicher sind die Gläubigen nicht „Heilige" in sich selbst, sondern nur durch ihre Stellung in Christo; aber infolge dieser Stellung und der Tatsache, dass der Heilige Geist in ihnen wohnt, werden selbst ihre Leiber als abgesondert für Christum, ja als Glieder Christi betrachtet. Wisset ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind? ... Oder wisset ihr nicht, dass euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euer selbst seid?" (1. Korinther 6,15. 19). Dass die Gläubigen geheiligt sind infolge ihrer Stellung in Christo, ist denn ebenso sehr eine vollendete Tatsache, wie dass Christus zur Rechten Gottes sitzt und der Heilige Geist in den Gläubigen wohnt.

Es war das Wohlgefallen des Willens Gottes, die Gläubigen in dieser glückseligen Stellung vor Sich zu haben, heilig und tadellos in Liebe (Epheser 1,4). In Seiner unendlichen Liebe gegen uns hatte Er diesen Ratschluss Seines Willens schon vor Grundlegung der Welt gefasst, und der Sohn Gottes hat ihn in vollkommener Übereinstimmung mit dieser Liebe ausgeführt. Er konnte sagen: „Siehe, ich komme, (in der Rolle des Buches steht von mir geschrieben) um deinen Willen, o Gott, zu tun" (Hebräer 10,7). 

„Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust" (Psalm 40,8). Wie niemand im Himmel, noch auf der Erde, noch unter der Erde fähig und würdig ist, das Buch der Gerichte zu öffnen (Offenbarung 5,3), so vermochte auch niemand im ganzen Weltall das Wohlgefallen Jehovas auszuführen; Christus allein hat die Ausführung in die Hand genommen. Nachdem Er als das vollkommene Schuldopfer Sein Leben in den Tod gegeben hat, unsere Schuld gesühnt und die Gerechtigkeit Gottes völlig befriedigt hat, hat Er Seinen Platz in der Herrlichkeit eingenommen, um alle Ratschlüsse Gottes auszuführen. „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt haben wird, so wird er Samen sehen, er wird seine Tage verlängern; und das Wohlgefallen Jehova wird in seiner Hand gedeihen" (Jesaja 53,10).

Möchte denn das, was Gott gewollt hat, was Christus uns so teuer erworben hat, was in Ihm schon jetzt und in alle Ewigkeit unser unwandelbares Teil ist, mehr von uns erkannt und verwirklicht werden! Ja, möchten wir mit der Erkenntnis des Willens Gottes erfüllt sein in aller Weisheit und geistlichem Verständnis, und allezeit in Christo erfunden werden zur Ehre und zum Preise Gottes! „Wie ihr nun (d. h. in Seiner ganzen Fülle) den Christus Jesus, den Herrn, empfangen habt, so wandelt in Ihm, gewurzelt und auferbaut in Ihm und befestigt in dem Glauben, so wie ihr gelehrt worden seid, überströmend in demselben mit Danksagung!" (Kolosser 2,6. 7).