JESUS SELBST - DER EINZIGE INHALT DES EVANGELIUMS
1. Kapitel
LEBENSKRÄFTE DER CHRISTUSGEMEINDE Kol. 1, 1-8
Die Begründer des Lebens der Christusgemeinde
Kol. 1,a: Paulus - ein Bote des Christus Jesus durch einen Willensentschluß Gottes.'
Jesus Christus gehört nicht der Vergangenheit an, so gewiß er eine geschichtliche Persönlichkeit ist. Aber Gott gab ihm durch Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten ein neues, höheres Leben. Er ist der erhöhte Herr, der in vollendetet Gemeinschaft mit Gott steht. Er ist das Haupt seiner Gemeinde, von dem sie lebt und in dessen Dienst sie steht. Er ist der Christus Gottes, der unsere Rettung bedeutet und im Auftrag Gottes aus allen Völkern der Erde die ruft, die bereit sind, ein neues Gottesvolk, eine Menschheit Gottes unter ihm zu werden.
Es ist ein groß angelegtes Werk, das der Christus Gottes durchführen soll. Es hat sein letztes Ziel in der neuen Welt Gottes, die Christus gestalten wird, wenn er aus der Verborgenheith hervortritt und in der Majestät Gottes die Regierung der Welt übernimmt. Dann wird der Urplan Gottes, den er mit der Schöpfung hatte, zur Erfüllung kommen. Die neue
Gottesgemeinde,die das Werk des Christus ist, wird Träger und Gestalter des Lebens in der neuen Welt gottes Sein. Damit Gott sein letztes Ziel mit der Welt erreicht, bereitet ihm Christus die Gemeinde, mit der er die Ziele Gottes verwirklichen kann.
Das ist der Sinn des Wirkens Jesu seit seiner Erhöhung zur Rechten Gottes und bis zu seiner Wiederkunft in Herr« lidikeit, diese Gemeinde zu gestalten. Dazu sendet er seine
Boten in alle Völker aus, um die Kunde von ihm und seiner Gemeinde in alle Welt zu tragen. Aus der ersten Schar seiner Jünger wählte er zwölf aus, die sonderlich seine Boten sein sollten und denen man darum vorzugsweise den Namen eines. Boten Jesu Christi (griechisch: Apostel) beilegte. Aber schon die erste Christenheit war sich bewußt, daß die Sölf nicht die einzigen Apostel oder Boten des Christus waren. Sie wußte um viele, die zu solchem Dienst von ihrem Herrn berufen wurden. Seitdem hat es durch die Jahrhunderte eine unaufhörliche Kette von Boten des Christus Jesus gegebep. Im 20. Jahrhundert ist ihre Zahl lawinenhaft angewadspt Zehntausende sind in unserem Jahrhundert in alle Welt; gezogen, um auch dem letzten Winkel der Welt die Kunde von Christus und seiner Gemeinde zu bringen.
Jeder, der Christus angehört, ist aus Dankbarkeit und Freude sein Zeuge. Er kann nicht verschweigen, was ihm in Christus zuteil wurde. Er weiß, daß sein neuer Herr die.große Gabe Gottes an die Welt ist. Er dankt ihm seine Versöhnung mit Gott und die neue Stellung als Kind Gottes. Bisher war er ein Geschöpf Gottes wie alle Lebewesen. Durch Christus aber darf er ein Kind Gottes sein. Die Freude darüber ist so tief und groß, daß sie keiner verschweigen kann.
Jeder weiß, es ist ein unverdientes Geschenk, daß Christus uns in seine Lebensgemeinschaft aufnimmt und zu Kin4ern seines Vaters im Himmel macht. Unsere ganze Lebensgeschichte gewinnt von dort her einen neuen Sinn und Inhalt, und Christus ist ihr Gestalter. Wie sollte man nicht jedem anderen Menschen die gleiche Lebensgemeinschaft mit diesem Herrn gönnen und versuchen, ihm die Brücken dazu zu sdila-gen. Darum ist es schlechterdings unmöglich, von dem ro-ßen Geschenk Gottes zu schweigen und kein Zeuge des Christus Jesus zu sein. Das ist die Dankespilidut eines jeden, der in Christus das Leben aus Gott fand.
Er würde sich alles verscherzen und alles wieder verlieren, würde er das große Geschenk nicht weitergeben.
Aber es ist noch etwas Sonderliches, wenn Christus aus der, großen Schar derer, die ihm verbunden sind, den einen-und anderen auswählt, um im besonderen Sinne sein Bote oder-' Apostel zu sein. Er ist nicht besser als die anderen. Er ist nicht wertvoller. Es ist ein Geheimnis Gottes, warum gerade dieser Mensch zum Boten des Christus ausersehen ist. Dahinter stehen Pläne Gottes, die wir erst in der Ewigkeit zu, durchschauen vermögen.
Es ist ein Geheimnis, warum Gott die Lebensgeschichte des Paulus so gestaltet hat, wie sie verlief, warum er ihn schon
-vor Damaskus zu einem Boten oder Apostel des Christus
Jesus bestimmt hat. Dazu kann sich keiner selbst berufen. Dazu können Menschen uns nicht machen. Das stammt allein
aus einem Willensentschluß Gottes. Alle Berufung durch Menschen kann nur die Planung Gottes bestätigen. Es ist eine große Sache, wenn Gott deutlich macht, daß er einen Menschen im besonderen Sinne zu einem Boten des Christus Jesus bestimmt hat.
Es ist nicht notwendigerweise mit dem Dienst des Boten Jesu Christi verbunden, daß er aus seinem irdischen Beruf ausscheidet. Paulus hat weithingehend seinen Lebensunterhalt durch seine Berufsarbeit verdient. Doch spricht er selbst 1. Korinther 9 es aus, daß dies nicht das Normale ist. Es wird
selten mit dem modernen Berufsleben ein solcher Dienst zu vereinigen sein. Ist es aber möglich, im alten Beruf stehend ein Bote Jesu Christi zu sein, so ist das ein großes Geschenk. Aus dem Dienst der Apostel Jesu wachsen neue Gemeinden hervor. Durch ihren Dienst empfangen alte Gemeinden lebendige Anstöße zu neuem Leben und neuer Entwicklung. Durch ihren Dienst wird die Entwicklung seiner Gemeinde im ganzen und am einzelnen Ort entscheidend weitergeführt.
Durch ihre Verkündigung erleben alte Gemeinden tiefgehende Strukturveränderungen, die sie zu neuem Wachstum und neuen Aufgaben befähigen. Durch die Apostel des Christus werden
seine Gemeinden gereinigt, geheiligt, gestärkt und in ihrem Denken geklärt. Die Boten des Christus vermitteln ihnen eine umfassende Erkenntnis dessen, was ihnen mit ihrem Herrn gegeben ist.
Die Paulusbriefe sind ein lebendiger Anschauungsunterricht für den Dienst eines Boten Jesu Christi, der den Apostel' und Botennamen im besonderen Sinne trägt. Und doch ist auch Paulus nur ein Bote Jesu Christi - einer von Tausenden.
Das macht bescheiden, demütig, klein, so groß der Name - eines Boten Jesu Christi ist. Und immer weiß er, daß er diesen großen Dienst nicht sich selbst und seinem Entschluß verdankt, sondern allein einem unverdienten, geheimnisvollen - Wiflensentsdiluß Gottes.
Die Glieder der Christusgemeinde--
KoI. 1 1-28 ..und Timotheus, der Bruder, an die Heiligen in Kolössä und treuen Brüder in Christo."
„Der Bruder": das ist der größte Ehrenname, den es in der Gemeinde des Christus gibt Vielleicht wäre es darum gut, diesen Ehrennamen sparsam zu gebrauchen, um ihn nicht -zu entwerten. Es durchzieht uns eine heilige Ehrfurcht; wenn wir diesen Namen verwenden, denn das ist das große Werk des Christus, daß dieser Mensch neben mir - genau so unzoll« kommen und von Sünde durchzogen wie ich - ein Glied der Christusgemeinde und damit mein Bruder ist. Größeres kann von keinem Menschen gesagt werden.
Ehe uns Christus zu seinem Boten machen kann, macht er uns zu einem Menschen, den er in seine Gemeinde aufnimmt und der damit ein Bruder wird. Wie klein ist der Titel eines Pfarrers oder Bischofs gegenüber dem großen Namen. „ein Bruder". Er ist die Voraussetzung aller Dienste in der Chri= stusgemeinde. Alle Berufungen in den Dienst am Evangelium können nur auf Grund der Tatsache erfolgen, daß einem Menschen von Christus dieser Name beigelegt wurde. Grö= &res können wir von keinem Menschen sagen, als daß er ein, Bruder, eine Schwester ist. Damit ist die Gabe Gottes: der neue Stand in Christus und seiner Gemeinde, die Verbundenheit mit allen . Gliedern der Christusgemeinde in der ganzen Welt ausgesprochen.
Es ist Jahr und Tag her, seitdem Timotheus ein Bruder wurde. Viel hat er seitdem im Dienst des Christus mit Paulus zusammen erlebt. Dennoch bleibt das Größte, was von ihm gesagt werden kann, daß er ein Bruder ist.
Auch der „große" Paulus ist nicht mehr als er. Er steht in einer Linie mit Timotheus, obwohl er ein Apostel Jesu Christi ist. Timotheus ist der Bruder des Paulus, und Paulus ist der Bruder des Timotheus Das haben beide nicht mit auf die Welt gebracht Das stammt aus der Gnadentat des Christus an ihnen. Das reicht bis in die Ewigkeit.
Alle Glieder der Christusgemeinde stehen in einer Linie vor Gott. Sie sind vor ihm in der gleichen Weise Sünder, die'. nur von der Vergebung Jesu leben, und in der gleichen Weise Bruder, die durch die Gemeinschaft mit Christus in dasselbe Leben mit Gott gestellt wurden. Kinder eines Vaters tragen dasselbe Leben in sich. Es ist das Leben Jesu, das das Lebens=
element aller Kinder Gotts ausmacht. Darum, weil dasselbe Leben aus Christus sie durchzieht und in ihnen schafft und gestaltet, darum sind sie Brüder, Glieder einer- großen Familie,
- - die sich durch alle Völker der Welt zieht und deren Ober= haupt Jesus, der Herr, nach den Plänen Gottes ist.
Es ist ein großes Vorrecht, zu dieser Brudergemeinde zu gehören, und eine tiefe Verpflichtung, diesem Bruderstand gemäß zu leben. Wir sind alle diesem Brudernamen viel schuldig geblieben Er ist uns ein tiefer Ansporn Er nickt uns fest mit allen zusammen, die ihn von Christus geschenkt bekommen. Es ist die größte Freude unseres Lebens nächst der
-
Freude an Christus selbst, dieser Brudergemeinde angehören - zu dürfen.
Nie hat ein Mensch Christus gefunden, ohne nicht zugleich von ihm in seine große, weltweite Bruderschaft hineingestellt zu werden. Wir haben das vielleicht nicht sofort gedanklich
begriffen. Aber praktisch erlebten wir es gleich. Wir staunten über eine geheimnisvolle Verbundenheit mit Menschen, die uns bis dahin ganz fremd waren. Wir staunten, daß wir mit ihnen eine Verbundenheit besaßen so- tief und stark wie keine andere Verbundenheit in der Welt. Es- ist eine große Sache, wenn uns auch erkenntnismäßig aufgeht, daß wir durch Christus in eine große Gemeinde von Brüdern. und Schwestern - gestellt wurden.
Wir können uns aus dieser neuen Wirklichkeit unseres Lebens nicht nach unserem Belieben lösen. Wir können nur gegen sie schuldig werden, und wir sind alle vielfältig an
- ihr schuldig geworden. Es ist ein Stück unserer großen neuen Lebensaufgabe, dem neuen Stand als Glieder dieser Bruder. - gemeinde gemäß zu leben und den Brudernamen in Ehren zu tragen und dem Brudernamen bei allen Gliedern der Christusgemeinde die volle Ehre zu geben. Wenn Christus in
- Herrlichkeit wiederkommt und sein Werk in seiner Gemeinde vollendet, dann werden wir auch die Vollendung dessen erfahren, was der Brudername besagt, und' in Wahrheit eine Gemeinschaft von Brüdern und Schwestern sein, die eine neue Welt Gottes als große Bruderschaft zu gestalten vermögen. -
- Die Christen in Kolossä werden als die Heiligen", als „die treuen Brüder in Christus" angeredet. Der Brudername ist uns schon bekannt. Durch den kleinen Zusatz „in Christus" wird uns noch einmal zum Bewußtsein gebracht, worauf der. Brudername- beruht. Paulus und, Timotheus wissen sich mit
Lebensquellen der Christusgemeinde
Kol. 1,2: „Ich wünsche euch Gnade und Friede von Gott, unserem Vater."
Gnade und Friede klingen in unseren Ohren als zwei schwächliche Worte. In Wirklichkeit bezeichnen sie die stärk= sten Lebenskräfte der Welt. Die Gnade Gottes, die uns Jesus - - bereitet hat, schafft etwas, was keine Macht der Welt verinag:« sie löst eine Vergangenheit von uns ab, die uns mit all ihrer Schuld bis in Ewigkeit folgen würde. Kein Mensch ist imstande, sich von seiner Vergangenheit zu lösen. Das ist das Furchtbare, daß wir keine Sekunde unseres Lebens ändern - können, die wir gelebt haben. Wie gern täten wir es' Jede
- Sekunde unseres bisherigen Lebens liegt inhaltsmäßig eisern fest. Das gilt für den führenden Staatsmann und den letzten Bettler. Es ist furchtbar, daß uns keine Macht der Welt von diesem dunklen Schatten lösen kann. Jesus aber ist imstande, durch die Macht seiner Gnade uns von unserer ganzen Vergangenheit zu lösen und uns rein vor Gott hinzustellen. Das
- - allein macht uns zu Gottes Kindern.
Die Lebensmacht der Gnade löst nicht nur von der Vegan= genheit, sondern gestaltet auch unsere Zukunft. Wenn wir uns Christus zu eigen geben und seine Gnade uns aufnimmt, beginnt dieselbe Lebensmacht der Gnade in uns zu arbeiten und unser Leben zu gestalten. Es ist etwas Großes, nun nicht - mehr allein in unserer stümperhaften Weise an unserem Leben zu arbeiten, sondern zu erfahren, daß der Meister des Lebens sein Werk in uns und in unserem Leben hat;
Wie darf man sich diesem seinem Meisterwerk anver= trauen! Rückwärtsschauend sieht man, wie einzigartig er das Leben seiner Leute formt und in ihnen sein Leben in leben= digem Fluß erhält. Diese Lebensmacht seiner Gnade ist stär.
- ker als alles, was es in der Welt gibt - auch als die tiefen Hemmungen, die in uns selbst ihm im Wege stehen. Seine Gnade überwindet auch die schwersten Dinge in uns und unserem Leben und bringt jeden, der ihm gehört, ans Ziel.
Darum erfüllt uns ein solcher Gottesfriede, wenn uns diese Lebensmacht der Gnade Jesu bewußt ist, denn wir sind in ihr geborgene Leute. Dieser Friede hat nichts mit Stimmung zu - tun. Er ist das Eingebettetsein in das Lebenswerk des Christus - und das Getragensein von ihm. Das macht uns so getrost und gewiß gegenüber allen Schwankungen in uns und um uns.
Den Christen in Kolossä als Brüder verbunden, weil sie alle in gleicher Weise in Christus wurzeln und in ihm ihre Heimat haben. Dadurch, daß sie alle im Herrn Jesus daheim sind, haben sie dieses Band miteinander, das sie zu Brüdern und Schwestern macht. Die Verbundenheit der Christusgemeinde ruht auf nichts anderem als auf Christus. Er ist das lebendige Band um seine ganze Gemeinde Wer in ihm ist, trägt das=' selbe Leben in sich, das auch alle anderen bewegt, die in ihm daheim sind.
Nicht durch eine gemeinsame christliche Weltanschauung, nicht durch eine gemeinsame biblische Theologie, sondern durch den gemeinsamen lebendigen Herrn ist seine Gemeinde verbunden. Alle anderen Verbindungslinien sind Stückwerk. Christus selbst ist das einzige, wirkliche Band seiner Ge= meinde, das kein Stückwerk ist. Aller Mangel an Bruderschaft hängt mit einem Mangel der Gemeinschaft mit Christus zu= samihen. Wo Christen sich nicht als Brüder finden, zeigt dies einen ernsten Schaden in der Lebensbeziehung zu Christus selbst an. Christus ist ein so starkes Band um die Seinen, daß sie eine ungetrübte Gemeinschaft miteinander haben sollten. Es ist eine großeGabe, daß wir in ihm Brüder und Schwe stern sind.
Diese Brüder in Christus sind zugleich die „Heiligen". Das ist ein überwältigender Name, da wir um die Unzulängliche keit dieser Heiligen nur zu genau wissen. Wir kennen uns selbst und unsere Brüder und Schwestern und wissen, wieviel uns gebricht. Wir wissen, daß wir keine Heiligen sind, sondern wirkliche Sünder, die nur aus Vergebung von ihrem Herrn aufgenommen sind und aus Vergebung in seiner Ge' meinschaft bleiben.
Dennoch nennt die Heilige Schrift diese Leute des Christus, denen soviel gebricht, „Heilige", weil Christus sie durch sein Blut und sein Vergeben vor Gott reinwusch, sö daß - Gott keinen Flecken und Fehler mehr an ihnen sieht. Wen Christus - reingewaschen hat, der ist in Menschenaugen ein richtiger Mensch mit vielen Fehlern und Schwächen, aber in Gottes - Augen ohne einen Makel, ganz rein, ein wirklicher Heiliger. Dieser große Name macht uns unendlich froh und sehr bescheiden zugleich. Er kann uns nie überheblich machen, denn -
er erinnert uns daran, daß wir, die wir tausendfältig befldct sind, diese Reinheit vor Gott allein Jesus und seiner Kreuzestat verdanken. -
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In dem Wissen um Jesus und seine Gnade kommen wir zu einer großen Ruhe und einem tiefen Frieden. Dieser Friede ist im Grunde er selbst. Darum ist dieser Friede auch urtäb hängig von unseren Gefühlen und Erfahrungen.. Er ist - die Lebenswirklichkeit des Christus, der uns mit Gott versöhnt hat und uns trägt.
Das alles aber hat seine letzte Quelle in Gott. Et gab uns den Christus. Er wurde durch Christus unser Vater. Er legte in Jesus als den Herrn der Gemeinde alle Kräfte. seines Lebens Er gab uns durch fim die große Wirklichkeit der Gnade und des Friedens. Darum, weil alles, was wir in Christus finden, aus Gott stammt, können wir hierauf wirk= lich unser Leben gründen. Darum sind hier echte Quellen für das Leben seiner Gemeinde, die nie versiegen.
Grundelemente des Lebens der Gemeinde Jesu
Kol. 1, —y a: .Wir danken Gott, dem Vater unsres Herrn Jesus Christus, allezeit, so oft wir für euch beten, seit wir gehört haben von eurem Glauben, der in Christus lebt, und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, wegen der Hoffnungswirklichkeit die für euch in der himmlischen Welt bereit liegt."
Paulus ist in viel Sorge um seine Brüder in Kolossä. Er weiß, wie ihr Leben mit Christus in Gefahr ist. Dennoch lebt in ihm eine tiefe Freude darüber, daß es in der entfernten Stadt Kleinasiens eine Gemeinde Jesu Christi gibt Das ist fur ihn eine große Tatsache. Sie kann auch nicht durch all das verdunkelt werden, was seinen Brüdern in .Kolossä fehlt.. E. gibt nie Junger Jesu, die vollkommen sind Nur einer ist gut Gott Wir sind alle Anfänger und Stumper. Dennoch lebt in uns eine dankbare Freude, daß wir durch Christus Brüder und Schwestern in der Welt haben.
Nächst 'unserem Herrn ist seine Gemeinde das größte Ge= schenk Gottes an die Welt Darum ist nächst der Freude an Jesus selbst die Freude an seiner Gemeinde die Freude unse= es Lebens. Sie ist ja nicht seine Gemeinde auf Grund ihrer Vortrefflichkeit, sondern allein auf Grund der Tatsache, daß. Jesus ihr vergab und sie in seine Gemeinschaft aufnahm. -
Die Glieder der Gemeinde Jesu Christi leben nicht isoliert voneinander. Wie sollte das auch möglich sein, wo sie Btüder.
14 und Schwestern durch Christus sind. Sie lebeh. miteinander. Sie denken aneinander. Sie stehen füreinander im Gebet ein. - Das Gebet geht über Hunderte von Kilometern hinweg. Für das Gebet gibt es keine Entfernung. Leiblich sind wir .ge trennt, aber im Gebet ganz nahe bei unseren Brüdern und Schwestern. Es ist erschreckend, wenn das Gebet eines Chri= sten und einer Christusgemeinde sich nur um das eigene Leben dreht.
Paulus dachte an Menschen, die er nie im Leben gesehen hatte. Die Freude darüber, daß sie seine Brüder und Schwestern geworden waren, trieb ihn dazu. Es gibt Kinder Gottes, die müde und alt geworden sind, deren Leben wenig Freude atmet. Das drückt sich auch darin aus, daß sie sich nicht mehr über ihre Brüder und Schwestern freuen können. Was tut es gut, sich in stiller Stunde zu vergegenwärtigen, daß Gott uns Menschen geschenkt hat, mit denen man dieses Bruderband durch Christus besitzt.
Es sind zwei Tatsachen, die dem Paulus deutlich gemacht
haben, daß in Kolossä eine Gemeinde Jesu Christi lebt. Er hat
erfahren, daß es dort Menschen gibt, die nicht nur an Chri= tus glauben, sondern durch ihren Glauben in Christus Jesus Heimat gefunden haben und in ihm leben. Jesus Christus ist der, der sie von allen Seiten umgibt. Er ist der lebendige Herr. Darum vermag er uns so mit seiner Gemeinschaft zu um schließen, daß wir in ihm daheim sind und in ihm unser Leben haben. Jesus Christus ist das Lebenselement seiner Leute, die im Glauben sich ihm öffneten und zu eigen gaben. Wo deutlich wird, daß ein Mensch bei. Jesus und in Jesus zu Hause ist, da wird seine Zugehörigkeit zur Christusgemeinde offenbar.
Das sieht nicht jeder. Dafür bedarf es eines besonderen Blicks, wie ihn nur der Geist Gottes gibt. Jeder, der durch den Geist Gottes in diese neue Lebensgemeinschaft mit Chria stus gestellt wurde, empfing damit auch den neuen Blick für die Wirklichkeit der Gemeinde Jesu Christi. Er erkennt seine Brüder und Schwestern. Es bleibt ihm nicht verborgen, wer gleich ihm in Christus sein Lebenselement und seine Heimat hat. Der Glaube, der in Christus Jesus lebt, ist für Paulus das erste Lebenszeichen, daß es in Kolossä eine Christusgemeinde gibt.
.Wir finden aber nie Christus allein. Wir besitzen durch die Verbundenheit mit ihm sofort auch die Verbundenheit mit allen Gliedern seiner Gemeinde, mit den. „Heiligen", die vor Menschenaugen oft recht kümmerlich sind, aber vor Gott Heilige durch Christus.
Landläufig besteht die merkwürdige Auffassung, daß ein Christ ein guter Mensch ist. Man wundert sich, wenn man einen Fehler an einem Christen entdeckt. Dieser Gedanken=, gang ist dem Neuen Testament fremd. So klar der Wille eines. Jüngers Jesu ist, seinem Herrn zu gehören und Freude zu machen, so weiß doch jeder Christ, daß er ein Anfänger ist, dem viel gebricht.
Die Aufnahme in die Gemeinschaft des Herrn Christus er= folgt nicht deshalb, weil wir so gut sind, sondern weil wir so
schlecht sind und den Herrn Christus und seine Vergebung
so nötig haben. Die Vergebung Jesu erhält uns bei ihm. Die Vergebung Jesu trägt uns bis an das Ziel. Je länger wir mit
Christus zusammenleben, desto klarer wird. der Blick für das, was uns fehlt, desto mehr staunen wir darüber, daß wir trotz all unserer schweren Mängel ihm angehören dürfen, der, der heilige Herr ist.
Es ist ein lebendiges Werk, das Christus in seinen Leuten tut. Sie bleiben nicht dieselben; er arbeitet in ihnen. Im Blick
auf unsere eigene Person verhüllt er uns weithingehend das
Neue, das er in unserem Wesen gestaltet. Es wäre gefährlich, wenn wir uns dessen bewußt würden, und schmerzlich, wenn
wir dadurch irgendwie in unserem Selbstbewußtsein gestei=
gen würden. Es ist die Freundlichkeit unseres Herrn, daß er uns im Blick auf unsere eigene Person seift Werk weitgehend
verhüllt, aber an anderen Jüngern Jesu sehen läßt, wie mei= sterhaft er die Entwicklung seiner Kinder führt. Es ist eine Freude, die Lebensgeschichte eines Christen zu begleiten, in dem Jesus sein Werk hat, und zu sehen, wie er ihn Schritt für Schritt umgestaltet und ihm seine Art aufprägt.
Aber dieser Lebensprozeß reicht hinein bis in die Ewigkeit. Er ist mit dem Tod nicht beendet. Noch nie ist ein Jünger
Jesu als ein vollendeter Mensch in die Ewigkeit gegangen. Jeder hat bei seinem Tod noch viel schmerzliche Mängel an sich getragen, obwohl das Werk Jesu viel Neues in ilun ge staltet hatte. Die Schrift spricht nicht im einzelnen darüber, wie der Herr Christus seine Leute in der Ewigkeit vollendet; Das bleibt sein Geheimnis. Aber keinen Zweifel hat er dar über gelassen, daß dann, wenn er aus der Verborgenheit her= Vortritt und wiederkommt, seine ganze Gemeinde zur letzten
Vollendung gelait ist und alle seine Kinder in sein Wesen umgebildet sind.
Unser Herr weiß, wer von uns ihm ehrlich angehören möchte. Er sieht durch all S unsere fl Mängel hindurch. All das Schmerzliche, das er mit uns erlebt, kann ihm nicht verdun= kein, daß ein Mensch im tiefsten Grunde seines Herzens ihm dienen will. Wie gut, daß unser Herr durchschaut und nicht nach der Höhenlage unseres Glaubens und unserer Nachfolge unsere Zugehörigkeit zu ihm bemißt, sondern das Herz an= sieht. Er weiß, wer ihm verbunden ist, auch wenn ihm im übrigen noch soviel gebrichh
Wer ihm verbunden ist, gehört zu den ;Heiligen", das heißt zu den Sündern, die durch das Blut Jesu und seine Verz gebung rein gewaschen sind. Unser Herr kann sich an seinen Kindern freuen, obwohl sie ihm soviel Not bereiten. Er weiß, wer bei allem Versagen ihn doch lieb hat. Er sieht durch die ganze kommende Lebensgeschichte hindurch und weiß, wie er mit jedem ans Ziel kommt. Wir sehen bei uns auf Schritt und Tritt unsere Unzulänglichkeit. Er sieht schon das Ganze.
Weil wir total von seiner Vergebung leben, darum vergeht es uns, einander nach der Höhenlage von Glauben und Leben zu bewerten. Wir wissen, daß wir verloren wären, wenn der Herr das bei uns täte. So wie Jesus bei uns- durch alle Mängel hindurchschaut, so schauen auch wir durch die Mängel unse= rer Brüder und Schwestern hindurch und sehen auch bei ihnen das Herz an. Es kann nicht verborgen bleiben, wer es redlich mit dem Herrn Jesus- meint und ihm gehören will. -
Sonst würden wir nie zueinander hinkommen, da wir im mer auf die Mängel unserer Brüder stoßen. Wie gut, daß wir durch alles hindurchschauen und auf das Irmerste sehen dür= fen. Sicherlich sind wir keine Herzenskündiger wie Gott. Aber normalerweise wird es im Laufe des Zusammenlebens doch klar, wer in einer echten Hingabe an Christus steht.
Wie gut, daß die üblichen menschlicheh-Maßstbe uns aus der Hand geschlagen sind; sonst würde die Liebe zu allen Heiligen nie Wirklichkeit werden können. Nun aber wissen wir, daß' die liebe zu Christus bei einem Menschen ganz echt sein kann, obwohl ihm in seinem praktischen -Leben noch so viel fehlt. Es ist bei allen anderen Jüngern Jesu genauso wie ‚bei uns selbst. Rein und heilig sind wir nur, durch das Blut Jesu Christi und seine Vergebung. In uns lebt soviel Unhei= - liges, weil sein Werk noch nicht vollendet ist, und dennoch
sind wir von ihm aufgenommen und, untereinander Brüder.
Was ist das ein Geschenk, wenn wir von den üblichen menschlichen Maßstäben gelöst sind und uns die Liebe zu allen „Heiligen" ermöglicht wurde, wenn wir nicht mehr Forderungen aneinander stellen, sondern durch alles Ver sagen hindurch an unserem Bruder wahrnehmen, wie er sei
nein Herrn dienen will. Wen Jesus aufgenommen hat, der
ist unser Bruder, obgleich er durch seine menschlichen Eigene
arten noch so viel zu tragen gibt Es ist ein großer Verlust, wenn einem Kind Gottes der Blick für seine Brüder verdunkelt wird und wir durch falsche Maßstäbe verhindert werden, unsere Brüder zu sehen. Jedem, der bei Jesus Christus zu Hause ist, gilt unsere Liebe.
Es ist sehr merkwürdig, wenn diese Liebe zu allen Heiligen einem Christen nicht zu eigen ist. Es taucht die schwere Frage auf, ob die Lebensgemeinschaft mit Christus überhaupt ge=
funden wurde, wenn die Liebe zu seinen Kindern so gehemmt
und verkürzt ist. Normalerweise ist die Freude an allen Kin-
dern Gottes charakteristisch für jeden Christen. Was tut diese
Freude aneinander uns gut. Wie schön, daß diese Freude an-
einander echt und wirklich da sein kann, obwohl alle Kinder
Gottes soviel Grenzen und Mängel aufweisen, weil sie Men=
sehen sind. Wir sollten in der Gemeinde Jesu Christi der Liebe
zu allen Heiligen und der großen dankbaren Freude aneinan=
der weiten Raum geben. -
Weil es in Kolossä Menschen gab, die in dem Glauben leb ten, der in Jesus Christus zu Hause ist, und die diese Liebe zu allen Leuten des Herrn Christus hatten, darum wüßte Pau= los, daß dort Christusgemeinde Wirklichkeit geworden war. Das war für ihn in seiner Gefangenschaft ein heller Licht strahl. Immer wieder wanderten seine Gedanken voll Dank zu Gott, der dieses Leben in Kolossä geschenkt hatte, und zu seinen neuen Brüdern und Schwestern.
Er freute sich für sie, daß die Ewigkeit nicht mehr dunkel vor ihnen lag, sondern daß sie ein helles lebendiges Ziel
hatten die Herrlichkeit bei Christus die Vollendung seiner
Gemeinde, das kommende Reich Gottes Für ihn ist die Hoff=
nung nicht nur ein Gedanke, sondern eine Wirklichkeit, die
in der unsichtbaren Welt und in den Plänen Gottes schon voll existiert und auf uns wartet. Bisher ging das Leben seiner Brüder in Kolossä in eine dunkle Zukunft hinein, weil es im
Gericht Gottes enden würde. Nun waren sie versöhnt mit• Gott und gingen der Herrlichkeit in Christus entgegen.
So sind der Glaube, der in Jesus Christus lebt; die Liebe zu allen Heiligen und die Hoffnung auf die zukünftige Herrlichkeit bei Christus drei Lebensfaktoren seiner Gemeinde. Im Grunde aber sind es nicht drei Lebensfaktoren, sondern nur ein einziger: der Glaube, der uns mit Christus verbunden hat und in ihm Heimat gab. Mit diesem grundlegenden Vorgang ist die Liebe zu allen Heiligen und die Hoffnung auf die zu= künftige Herrlichkeit gegeben. Mit Jesus, mit dem Glauben an ihn und der Gemeinschaft mit ihm ist immer das Ganze geschenkt. In ihm ist die ganze Gabe Gottes beschlossen.
Die Macht des Wortes Gottes und seine Träger
Kol. 1, 5b—8: „Hiervon habt ihr zuvor gehört in dem Wahr' heitswort des Evangeliums, das ständig im Angriff auf euch ist, wie es auch in der ganzen Welt im Begriff ist Frucht zu bringen und zu wachsen, gerade so wie auch unter euch von dem Tage an, da ihr die Gnade Gottes in Wahrheit gehört und erkannt habt, wie ihr sie kennenlerntet von Epahras, unserem geliebten Mitknedtt, der ein treuer Diener des Christus für euch ist und der uns auch kundgetan hat eure Liebe im Geist."
Das Wort Gottes ist eine einzigartige Macht. Ihm allein eignet die Kraft, den Glauben an Jesus zu wecken und in die Liebe zu allen Heiligen zu stellen. Christliche Weltanschauungen und Gedankengänge der Bibel können auch wir mit unseren Fähigkeiten übermitteln. Leben mit Christus zeugen kann nur das Wahrheitswort des Evangeliums, Wo der Glaube an Christus geboren wird, und die Liebe zu allen Heiligen entsteht, ist mehr dagewesen als Menschenwort. Da hat das Wahrheitswort des Evangeliums seine Macht entfaltet.
Sein Inhalt ist Jesus Christus. Er in seiner Person ist das Evangelium, die frohe Botschaft. Er persönlich ist die Wahr' heit, neben der es keine zweite gibt. Es gibt unserem Dienst und Zeugnis für Christus eine solche Gewißheit und Stoß' kraft, daß wir dieses eine Wahrheitswort ausrichten dürfen.
Weil Jesus selbst das Evangelium ist, darum- ist es keine abstrakte Wahrheit, kein bloßes Gedankengebilde, sondern eine lebendige Macht, die in unmittelbarem Angriff auf uns alle ist. Paulus drückt das so aus: das Evangelium ist bei
R.Brockhaus Verlag 1962