Lukas 23, 39 - 43 Einer aber der gehenkten Übeltäter lästerte ihn und sagte, C.Briem

12/22/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Passend gemacht von Chr. B. 

"Einer aber der gehenkten Übeltäter lästerte ihn und sagte: Bist du nicht der Christus? Rette dich selbst und uns! Der andere aber antwortete und strafte ihn und sprach: Auch du fürchtest Gott nicht, da du in demselben Gericht bist? und wir zwar mit Recht, denn wir empfangen was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan. Und er sprach zu Jesu: Gedenke meiner, Herr, wenn du in deinem Reiche kommst! Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." Luk 23, 39‑43. 

Unter die Gesetzlosen gerechnet

Unvergleichliche, herzbewegende Szene: Drei Kreuze auf dem Hügel Golgatha! An dem in der Mitte hängt der Heiland, von den Menschen verworfen, von den Seinigen verlassen; rechts und links von Ihm ‑ Übeltäter. Trotz allen Schmerzes, trotz aller Qual findet die Liebe Jesu Kraft und Gelegenheit, in die Sorgen anderer einzutreten, ja, für die nach Seinem Blute lechzenden Feinde zu beten: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun!" 

Dennoch wird Ihm für Seine Liebe nur Haß erwidert, schlägt Ihm nur feindseliger Hohn und Spott entgegen ‑ von allen, von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten, von den Vorübergehenden, von den Kriegsknechten. Auch von den beiden Kreuzen neben Ihm tönen lästernde Worte herüber.

Kein Unterschied

Nach Matth 27, 44 und Mk 15, 32 besteht kein Zweifel darüber, daß beide Räuber Ihn schmähten. Gab es das je, daß Gefangene einen Mitgefangenen lästern? Doch hier wird die erschütternde Wahrheit sichtbar, daß das menschliche Herz in Feindschaft ist wider Gott (Röm 8, 7), daß es in dieser Hin­sicht keinen Unterschied gibt(Röm3,23):In jedem nichterneuerten Herzen ist ein Instinkt gegen Jesum, gegen die 333 geoffenbarte Güte Gottes. 

Weder die unvergleichliche Liebe des Herrn auf der einen Seite, noch das eigene Elend und Leid der Menschen auf der anderen ändern etwas daran. Es ist ernst zu sehen, was das menschliche Herz ist, wenn es sich selbst überlassen ist: Satan beherrscht es! Es gibt keinen natürlichen Menschen, der sich freut, wenn er von Jesus hört. Er findet keine Schönheit in Ihm. Was will dieser Mensch eigentlich im Himmel? Könnte er je dorthin kommen, so würde er ihm so schnell wie möglich zu entfliehen suchen, denn er fände dort nur das, was er von ganzem Herzen haßt: die Person Jesu, die Liebe Gottes, das Licht Gottes.

"Rette dich selbst und uns". Ebensowenig wie die Obersten (V. 35) und die Kriegsknechte (V. 36) wußte der Schächer (V. 39), was Errettung ist: Ein Christus, der sich selbst rettete, hätte nicht der Retter anderer werden können. 

Bekehrung und Friede

Aber trotz all der Feindschaft und Bosheit des Menschen wirkt die Gnade Gottes, wirkt an Menschen, die gleich schlecht und gleich verloren sind. In der Gesinnung und den Worten des einen Räubers sehen wir plötzlich einen raschen Wechsel sich vollziehen. Er, der eben noch selbst Jesum ge­schmäht hatte, straft nun den anderen dieserhalb. 

"Auch du fürchtest Gott nicht ... ?" 

Dieser plötzliche Wechsel gibt uns Anlaß, auf den Unterschied zwischen "Bekehrung" und dem Erlangen des "Friedens" mit Gott hinzuweisen. Erstere ist zumeist ein sich rasch vollziehender Vorgang, wenn auch nicht unbedingt als solcher sichtbar; zum letzteren führt oft erst ein längerer Prozeß in der Seele. "Bekehrung" ist das Sich-hinwenden der Seele zu Gott in der gläubigen Annahme der Person Jesu. Der Genuß des Friedens dagegen hängt von dem Sich‑Unterwerfen der Seele unter die Gerechtigkeit Gottes ab ‑ unter das, was Gott getan hat.

 Manches Hin­dernis, manches Niedergeworfensein, manche Unruhe und Ent­täuschung, deren Wurzel in dem Nicht‑Zerbrochensein des eigenen Ichs zu finden ist, muß erst überwunden werden, ehe die Seele bereit ist, sich im Glauben völlig und allein auf die Vollgültigkeit des Werkes Christi zu stützen, auf die herrliche Tatsache, daß E r Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes. Wo eine gläubige und einfältige Annah­me des Evangeliums ist, da tritt auch die bekehrte Seele in den Genuß des Friedens ein. 

Im Lichte

Die Warnung des bekehrten Schächers an seinen Genossen enthüllt zunächst, daß er mit seinem Gewissen in das Licht Gottes gekommen ist: er offenbart wahre Gottesfurcht. "Die Furcht Jehovas ist der Weisheit Anfang". Wer noch nie be­wußt in der Gegenwart Gottes war, ist noch ein Tor; für ihn hat die Weisheit noch nicht begonnen.

Es gibt keine wahre Gottesfurcht ohne GlauberL Sie ruft nicht nur Hoffnung und Vertrauen auf Gott hervor, sondern auch das tiefe Bewußtsein davon, was es heißt, ein sündiger Mensch in Seinen Augen zu sein. "Wir zwar mit Recht" ‑dieser Mann erkennt nicht nur die Sünde als Sünde an, son­dern er bekennt: " Ich bin ein Sünder, diesen Platz im Ge­richt habe ich verdient ". Er ist selbst im Lichte Gottes, und er hat selbst Licht. 

Es ist wunderbar zu sehen, wie die wiedergeborene Seele ‑ohne bereits belehrt zu sein, gleichsam instinktmäßig, die Dinge Gott gemäß zu unterscheiden vermag kraft der neuen Natur. In der Tat, diese drei Männer waren "in demselben Gericht", dem Gericht des qualvollen Kreuzestodes. Das war die äußere, für alle sichtbare Tatsache, doch welche Unterschiede

in den Augen Gottes! Und dieser Mann sah sie: Der eine ‑ein unbußfertiger Sünder; der andere, er selbst ‑ ein bußfertiger Sünder; und dann dieser Eine in der Mitte, dieser Makel­lose! Er blickt jetzt weg von sich und erblickt die Vollkommenheit Jesu. Oh, Geliebte, das ist wahre Demut: nicht der Ver­such, möglichst schlecht von sich zu denken, sondern das von Gott bewirkte Bewußtsein, daß wir zu schlecht sind, um über­haupt länger an uns zu denken, weil wir die Vollkommenheit des Heilandes, des Sohnes Gottes, des Menschen Christus Jesus gesehen haben. 

Nichts Ungeziemendes

Dieser Mann wird unversehens zu einem Prediger der Ge­rechtigkeit; er verliert keine Zeit damit, über die Eigentümlich­keit dessen nachzudenken, daß gerade aus seinem Munde solche Worte hervorkommen: "Wir zwar mit Recht, denn wir empfangen was unsere Taten wert sind; dieser aber hat nichts Ungeziemendes getan." Es war, als hätte er Jesum, sein Leben lang gekannt. Sein Auge gleitet gleichsam über das ganze Leben Christi und erblickt nur Vollkommen­heiten. Er kennt Ihn und glaubt, daß Er der Herr, der Sohn Gottes, ist. Er war von Gott gelehrt, hatte das Lamm Gottes gesehen, und er kommt zu diesem Ergebnis‑ "nichts Ungezie­mendes!" 

Wie unendlich viel weiter geht dies als der Ausspruch des Pilatus: Ich finde keine  Schuld an Ihm! Dieser Römer hatte Ihn trotzalledem aufgegeben, der Hohepriester hatte den Ausspruch Jesu als Lästerung behandelt. Aber dieser Mann hat durch die Gnade ein einfältiges Auge voller Licht und er­kennt nicht allein die Unschuld, sondern die Heiligkeit und Makellosigkeit des Herrn: "Dieser aber hat nichts Ungezie­mendes getan". 

Das stand im Gegensatz zu aller gemachten Erfahrung, von Beginn der Welt an. Alle, er selbst, waren ver­lorene Sünder, hatten verderbt gehandelt. A b e r Jesus n i c h t ! ‑ Haben auch wir solch ein Herz, das eifersüchtig über die Reinheit und Herrlichkeit der Person Christi wacht, so daß wir nicht schweigen können, wenn sie mit Füßen ge­treten wird? 

Selbst nicht die erniedrigendsten Umstände Dessen, Der an seiner Seite hing, konnten ihm den Blick für Seine Herrlichkeit verdunkeln. Wenn auch hier kein Engel mehr kam, um zu trösten; wenn auch kein Apostel da war, um zu bezeugen, was Er, der Sohn des Menschen war; wenn auch alle Ihn ver­lassen hatten, und geflohen waren ‑ dieser gehenkte, aber nun bekehrte Räuber war da und bekennt vom Kreuz herab die Herrlichkeit des verachteten, gekreuzigten Herrn! Wun­derbare Gnade Gottes, die sich aus dem Munde der Kinder und Säuglinge ein Lob zu bereiten weiß! 

Das Gebet des Schächers

Doch nun wendet sich der Schächer an den Herrn Jesus selbst: "Gedenke meiner, Herr, wenn du in deinem Reiche kommst!" Mochten andere im Spott und Unglauben diese Überschrift: "Dieser ist der König der luden" über Seinem Haupte befestigt haben, dieser Mann glaubte an Ihn, den Messias, an das persönliche Reich Jesu, des Sohnes des Men­schen, und wußte, daß Er in ein fernes Land gehen würde, um ein Reich für Sich zu empfangen, um dann wiederzukom­men (Luk 19, 12). 

Er bittet nicht um ein Teil in diesem Reiche, sondern darum, daß der König desselben sich seiner e r i n n e r n möge: er überläßt Ihm seine Sache. Er sagt auch nicht: "Gedenke nicht meiner Sünden!" Welch ein überzeugender Beweis, daß er keine Sorgen mehr um seine begangenen Sün­den hat, sondern nun im Blick auf die Zeit nach dem baldigen Tode Dem vertraut, den er mit "Jesus" anredet *). Unmöglich konnte ihm die Bedeutung dieses Namens unbekannt sein ­"Jehova‑Heiland".

*) Wenige, wohl aber die besten Handschriften (Vaticanus, Sinaiticus, Eph­raemi rescriptus u. a.) lesen hier: "und sprach: Jesu, gedenke meiner ... 

Der Schächer hat keine Zeit mehr zu wachsen, oder Gott zu dienen, oder in Treue zu wandeln. Aber wir finden bei ihm: eine gründliche Bekehrung; einen wahren Glauben; das Be­wußtsein, was der Messias war und den Glauben an Sein Wiederkommen in Seinem Reiche. Er sah die Leiden des Christus und die Herrlichkeiten danach (i. Petr 1, 11). In der Tat, das konnte nur der Geist Gottes bewirkt haben! 

Die Antwort des Herrn Wenn schon das Gebet des Schächers bewundernswert ist, wieviel mehr die Antwort des Heilandes! "Wahrlich, ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradiese sein." In dieser Ant­wort geht der Herr weit über das Erbetene hinaus. Sie schließt Sühnung ein und zeigt die gegenwärtigen Ergebnisse des vollbrachten Erlösungswerkes. Diese Segnungen sind nicht erst für jenen fernen Tag Seines Reiches, sondern sind wahr schon jetzt ‑ ob wir leben oder sterben. Der Herr sagt gleich­sam: "

Du mußt nicht warten bis zu jenem Tage. Gewiß, du wirst das Reich haben, wenn es kommt; aber ich gebe dir schon jetzt die Errettung der Seele. Du sollst schon heute in einer weit besseren und innigeren Weise mit mir verbunden sein als einst in meinem Reiche." So ist die Antwort des Herrn gegenwärtiger Friede. 

Auf dem Kreuze wurde nun das Werk vollbracht, kraft des­sen eine Seele ins Paradies erhoben werden konnte. Oh, be­denken wir die Tragweite dieser Worte, dieses Werkes des Herrn: Ein mit Recht zum Tode verurteilter Räuber geht vom Kreuze direkt ins Paradies! Und das nicht allein, sondern der Herr Jesus fügt die lieblichen Worte hinzu ‑ "mit MIR': 

Wenn der Heiland des Sünders Platz einnahm, dann ist der Sünder durch die Gnade berechtigt, des Heilandes Platz in Herrlichkeit einzunehmen. Diese anbetungswürdige Gnade wird in 2. Kor 8, 9 so beschrieben: "Denn ihr kennet die Gna­de unseres Herrn Jesus Christi, daß er, da er reich war, um eu­retwillen arm wurde, auf daß ihr durch seine Armut reich würdet." Dieser Schächer ist absolut passend für das Paradies, so vollkommen ist das Werk Christi. 

So ungeheuer ist die Tragweite dieses Wortes des Herrn, daß der Teufel von Anfang an gegen dasselbe Sturm gelaufen ist. Am erfolgreichsten wohl war er mit der Methode, die Interpunktion dieses Satzes zu ändern. Es müsse nicht heißen: "Ich sage dir: Heute wirst du. . .", sondern: "Ich sage dir heute: Du wirst...". Abgesehen davon, daß die Antwort des Herrn durch diese so geringfügig scheinende Ver­änderung ihren eigentlichen Sinn verliert (der Schächer spricht von Seinem zukünftigen Reiche ‑ der Herr aber ant­wortet ihm: 

Nein, h e u t e noch), diese Änderung der Inter­punktion verstößt auch gegen die Regeln der griechischen Grammatik. Die Kritiker lassen den Herrn sagen: "Ich sage dir h e u t e ‑ an diesem Tag meiner Erniedrigung und Ver­werfung". Doch bei dieser Betonung des "Heute" innerhalb des ersten Teilsatzes, müßte das (heute) dem Verb vorangehen *), es steht aber bei dieser geänderten Inter­punktion tatsächlich na c h demselben. Die Ordnung der Worte dieses Satzes ist dagegen voll gewahrt und erhalten, wenn der Herr Jesus zur Betonung der g e g e n w ä r t i g e n Segnung für den Schächer das "Heute" an den Anfang des Satzes stellt: " H e u t e wirst du mit mir im Paradiese sein."

*) Das ist beispielsweise im griechischen Text bei folgenden Stellen der Fall: Mt 16, 3; Mk 14, 30; Lk ig, 5. 9; Apg 13, 33; Hebr 3, 7. 15. 

"Es ist vollbracht!"

Doch beachten wir, ehe Gott vergeben kann, mußte Süh­nung geschehen, mußte die Reinigung der Sünden bewirkt werden. Das tat der Herr Jesus ‑ ewig sei Sein Name dafür gepriesen! ‑ durch Sich selbst (Hebr 1, 3), niemand ‑kein Mensch, kein Engelsfürst ‑ konnte Ihm dabei helfen. Er hatte Liebe genug und Macht genug, es Selbst zu tun. So litt Er in den drei Stunden der Finsternis am Kreuze zur Sühnung unserer Schuld (i. Joh 4, 10; Matth 27, 48), ward für uns zum Fluche (Gal 3, 13), trug Selbst unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze (l. Petr. 3, 24), ertrug den Tod als Lohn der Sünde (Röm 6, 23). Doch nun ist das Werk der Erlösung vollbracht (Joh 19, 30). Wunderbarer Triumph des Herrn! 

Da muß nicht erst noch etwas geschehen, sondern das Werk i s t vollbracht, die Reinigung der Sünden i s t gemacht. Und als Zeichen davon hat Er Sich zur Rechten der Majestät in der Höhe g e s e t z t , hat den Ihm gebührenden Platz in der Herrlichkeit als Mensch, eingenommen. Er, der einst meine Sünden auf Sich genommen, sitzt jetzt zur Rechten des Thro­nes Gottes! (Hebr 1, 3; 10, 12.) Gibt es einen stärkeren Be­weis, daß meine Sünden vor dem Angesicht Gottes völlig getilgt sind? 

Auf immerdar vollkommen gemacht

Der Brief an die Hebräer, Kapitel 10, zeigt uns, daß dazu drei Dinge notwendig waren. Wenn ich voller Sünde war, brauchte ich jemanden, der an mich dachte. Oh, da war Gott ‑ unermeßliche Gnade ‑ und Er hatte einen W i 11 e n in bezug auf mich (Vers 7). ‑ Dann war jemand nötig, der das Erforderliche tat: Der Herr Jesus kam, um den Willen Gottes zu tun (Vers 10). 

Und dieses Werk, das Opfer des Leibes Jesu Christi, ist absolut einmalig und von immerwäh­r e n d e r Gültigkeit vor Gott. Es kann nicht wiederholt wer­den. Wenn dieses Werk nicht ausreicht, reicht gar nichts aus; denn das, wodurch ich die Vergebung meiner Sünden habe, kann nicht noch einmal getan werden. ‑ Und drittens brauch­te ich jemanden, der mir das Ergebnis mitteilte: Der Heilige Geist b e z e u g t uns nun:, "Ihrer Sünden und ihrer Gesetz­losigkeiten werde ich nie mehr gedenken." (V. 15 u. 17). 

Das Resultat des vollbrachten Werkes Christi ist, daß ich ein voll­kommen gereinigtes Gewissen vor Gott habe ‑ nichts ist mehr zwischen mir und Gott (V. 2 u. 22), wir sind auf immerdar (der griechische Ausdruck bedeutet "ununterbrochen") voll­kommen gemacht (V. 14). Der Herr Jesus ging kraft Seines Blutes ins Heiligtum, und der Heilige Geist kam heraus, um uns dieses Ergebnis zu zeigen. So wie der Herr Jesus u n u n ‑t e r b r o c h e n Seinen Platz zur Rechten Gottes innehat (V. 12), so ununterbrochen ist nun durch die Gnade unsere neue Stellung vor Gott: wir sind vollkommen gemacht, d. h. wir haben k e i n G e w i s s e n mehr von Sünde. Was die vielen Opfer des alten Bundes nicht vermochten (vgl. 9, 9; 10, 1. 2), hat der Herr Jesus mit Seinem Opfer ein für allemal vollbracht. Er hat eine "ewige Erlösung" erfunden (9, 12). 

"Vollkommen gemacht" bedeutet nicht, daß der Gläubige nicht mehr sündigen könnte, oder daß er seit seiner Bekeh­rung noch nie gesündigt hätte. Wir müssen wohl alle beken­nen, daß wir in unserem praktischen Wandel schon allzu oft versagt haben. Aber davon ist hier nicht die Rede. Unsere S t e 11 u n g vor G o t t als vollkommen unter dem Schutze des Blutes stehend wird dadurch nicht berührt, wohl aber das praktische V e r h ä 1 t n i s zu unserem V a t e r (vgl. 1. Joh 2, 1). Letzteres ist indes eine Frage der G e in e i n s c h a f t, erstere eine Frage der N i c h t ‑ Z u r e c h n u n g von Schuld. 

Manche reden auch von "vergangenen" und "zukünftigen" Sünden, aber Gottes Wort macht diesen Unterschied nicht. Als Christus für mich starb, waren alle meine Sünden zukünftig, und ich kann mit Recht singen:

Auf dem Lamm ruht meine Seele, Betet voll Bewund'rung an Alle, alle meine Sünden Hat Sein Blut hinweggetan. 

Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Kette der in Hebräer 10 gebrauchten Worte, um die Vollgültigkeit des Opfers Christi mehr zu erfassen: e i n f ü r a 11 e in a 1 ge­schehen ‑ auf immerdar gesetzt ‑ auf immerdar vollkommen gemacht ‑ der Sünden wird Er n i e in e h r ge­denken. Das ist es, was kein Geringerer als der Heilige Geist Selbst uns bezeugt. 

Die Vergebung der Sünden

Die Vergebung der Sünden bildet die Grundlage jeder wei­teren christlichen Belehrung. Sie steht nicht am Ende, sondern am Anfang des christlichen Weges. Der Herr Jesus Selbst sprach nach Seinem Tode und Seiner Auferstehung davon: Luk 24, 47; Petrus, der Apostel der Beschneidung, redete da­von: Apg 2, 38; 3, 19; 10, 43; Paulus, der Apostel der Nichtbeschneidung, predigte sie: Apg 13, 38; Johannes, der letzte Apostel, schreibt darüber an seine "Kinder": 1. Joh 2, 12. 

Nicht "daß, sondern "weil" ihnen die Sünden vergeben waren, schrieb er ihnen. Die Vergebung der Sünden ist nicht nur das Teil gereifter Christen, der "Väter‑, sondern das allgemeine Vorrecht a 11 e r Kinder Gottes, auch der schwächsten. Alle christliche Lehre und Belehrung hat dies zur Grundlage: durch die Gnade Gottes h a b e n wir die Vergebung der Sünden als eine v o 11 z o g e n e Tatsache. Wir sind nicht eher auf christ­lichem Boden, als bis wir das annehmen. In dieser Frage gibt es weder Fortschritt" noch "Wenn"; denn die Erlösung hängt nicht ab von dem Erlösten, sondern von dem Erlöser. Sein Name sei dafür gepriesen! ‑ Wir s i n d gewaschen von unse­ren Sünden in Seinem Blute (Offb 1, 5), wir s i n d um einen Preis erkauft (l. Kor 6, 20; 7, 23), wir h ab en in Ihm die Erlösung, die Vergebung der Sünden (Kol 1, 12‑14). 

Frieden durch das Blut Seines Kreuzes

Die angeführten Verse aus Kolosser 1 wollen wir uns noch einmal vor die Seele stellen: "danksagend dem Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes seiner Liebe, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden". 

Wieviel Grund haben wir, dem Vater zu danken, daß Er uns schon jetzt passend gemacht hat für Sein Licht und Seine Herr­lichkeit. Er w i 11 oder w i r d es nicht nur tun, sondern un­sere Seele ruht in der friedvollen Gewißheit, daß Er uns pas­send oder fähig gemacht h a t zum Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, daß Er uns errettet h a t aus der Gewalt der Finsternis und versetzt hat in das Reich des Sohnes Seiner Liebe. *) 

Wohl sind wir noch mit Schwachheit umgeben, noch wohnt die Sünde in uns, dennoch ist unser Passend‑gemacht­sein eine vollendete Tatsache, die nicht von einem geistlichen Fortschritt unsererseits abhängt. Natürlich muß es Fortschritt und Wachstum in unserem täglichen Wandel geben; und wir werden an vielen Stellen der Heiligen Schrift ernstlich dazu ermahnt.

Denn Stillstand bedeutet Rückgang: Der Mond nimmt ‑ wie jemand einmal trefflich sagte ‑ ent­weder zu oder ab. Fortschritt ist mit Erfahrung verbunden, er ist ein Ergebnis der Erziehung Gottes. *) Es ist bezeichnend, daß die drei Wörter: Jähig gemacht" ‑ "errettet" versetzt" im Grundtext in einer Zeitform (Aorist) stehen, die eine einmalige, abgeschlossene Handlung ausdrückt. 

Unser Passendsein dagegen steht in Verbindung mit der Tatsache, daß wir "in Ihm" sind, es ist das Ergebnis des Werkes Christi. In der Frage un­seres Versöhntwerdens mit Gott gibt es daher eine Weiterent­wicklung. Ich bin zu Gott zurückgebracht in göttlicher Gerech­tigkeit. Es ist keine Frage mehr offen zwischen Gott und mir. Ich weiß, Er ist nicht gegen mich; und ich bin zu Hause bei Gott. Wenn Er mich ansieht, sieht Er auf Seine eigene Gerech­tigkeit, auf Seinen eigenen Sohn, der mein ist. 

Er liebt mich, wie Er Ihn liebt. ‑ Wunderbare, unfaßbare Gnade, deren Ge­genstände wir sind! Wir waren völlig verloren und sind nun völlig errettet. Nicht durch Seine Menschwerdung oder durch Seinen heiligen Wandel, sondern durch das Blut Seines Kreu­zes hat der Herr Jesus Frieden gemacht und uns mit Gott ver­söhnt (Kol 1, 20, 22). Es war der Tod des heiligen Lammes Gottes nötig; denn ohne Blutvergießung gibt es keine Verge­bung (Hebr 9, 22). So haben wir nun Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesum Christum (Röm 5, 1). Frieden zu haben bedeutet nicht nur, daß Gott es weiß, sondern daß ich es ‑weiß. 

Im Paradiese Gottes

Der bekehrte Räuber war die erste Seele, die diese neue und reiche Segnung schmecken durfte. Welch ein Zeugnis der alles übersteigenden Macht Seiner Erlösung! Ein gehenkter Räuber durch Sein Blut so gereinigt, daß er noch an selbigem Tage bei dem Sohne Gottes war, nicht allein im Himmel, sondern in dessen höchstem und herrlichstem Platze ‑ dem Paradies! Einst war das Paradies *) der auserlesenste Ort auf einer ungefallenen Erde, wo alles "sehr gut" war. 

Heute dürfen wir unter dem Paradies Gottes den auserlesensten Ort des Him­mels, den Wohnplatz Gottes, verstehen. Wohl ist das Para­dies für den Gläubigen, der durch den Tod zum Herrn geht, mit einem Z u s t a n d verbunden, der bis zum Tage der Auf­erstehung des Leibes durch die Trennung von Seele und Leib gekennzeichnet ist. Nichtsdestoweniger ist es der Garten gött­licher Wonne, der Platz der Verheißung für den Überwinder (Offb 2, 7), den der Apostel Paulus in 2. Kor 12 mit dem dritten Himmel, dem Vaterhaus, verbindet. Dorthin also durf­te dieser Schächer mit dem Herrn Jesus gehen ‑ ohne Werke

*) Paradies ist ein Wort persischen Ursprungs und bedeutet "Garten der Wonne". 

(als nur böse) ‑ ohne irgendein "Sakrament" ‑ ohne Zere­monie ‑ ohne Bewährung, sondern allein durch bedingungs­lose Gnade auf Grund des Werkes und Blutes Christi. Und dieses Werk ist für uns heute ebenso vollkommen wie für ihn, ebenso vollendet, als hätte Er uns schon zu Sich genommen ins Paradies.