Matthäus 26. 31-75 Jesus und Petrus BdH 1853

02/07/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Jesus und PetrusMatthäus 26. 31-75

Botschafter des Heils in Christo 1853

In dem erwähnten Abschnitt des angegebenen Kapitels finden wir hauptsächlich Jesus und Petrus als die handelnden Personen. Der Abstand, der sich in des Jüngers Benehmen, gegenüber dem seines göttlichen Herrn und Meisters zeigt, ist sehr groß. In Jesu sehen wir den Gehorsamen, den Ergebenen; Seine tiefe Unter­würfigkeit ist in Seinem Gebet enthalten: „Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst." — Man sah einen Engel vom Himmel steigen, ihn zu stärken. Er ward — „gekreuzigt in Schwachheit." Wir hören Ihn bei der Versuchung in der Wüste dem Teufel mit dem Worte 'Gottes antworten. Er hätte in Seiner göttlichen -Macht wohl sagen können: „Hebe dich weg Satan", aber das würde kein Beispiel für u n gewesen sein. Ebenso finden wir auch den Herrn oftmals im Gebet. —

Wenn man die Handlungsweise des Petrus mit dem Herrn vergleicht, so tritt so recht die Schwachheit des Fleisches und die Stärke des Glaubens hervor. Petrus vertraute auf sein Fleisch und bestand nicht in der Versuchung; er sah auf sich, als er sagte: „Ich will mit dir in das Gefängnis und in den Tod gehen". Schon gleich nachher muss ihn der Herr fragen: „Könnt ihr nicht eine Stunde mit mir wachen?" Da war weder Gefängnis noch Tod. „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallet", ermahnt der Herr. Lasset euch von ihr nicht umstricken; fallet nicht in ihre Netze, denn das Fleisch ist schwach. Petrus fiel in die Ver­suchung; Jesus hingegen niemals. Und &ich war die Versuchung viel größer für Jesum. Juden und Heiden waren gegen Ihn, und hinter ihrem Rücken stand Satan.

 „Dieses", sagte Er: „ist eure Stunde und die Macht der Finsternis"; und ferner: „meine Seele ist voll Betrübnis bis zum Tode". Der Herr blieb aber dabei nicht stehen, — Er geht und betet zum Vater. Sein Auge sah nicht .auf das, was Ihn umgab, — Er sah auf zum Vater. Nicht, dass Er nicht fühlte, was über ihn kam, denn Er betet ja: „Vater, wenn es mög­lich ist, so lass diesen Kelch an mir vorüber gehen". Er wusste, dass Er hienieden schwach war, und das ist eben wirkliche Stärke. Wer seine Schwachheit noch nicht kennt, verlässt sich darauf und fällt. Bedenket dass wenn wir Gott ganz vertrauen, die Versuchung uns nichts anhaben kann, wir lassen uns gar nicht mit ihr ein. Jesus sagt: „Muss ich nicht den Kelch trinken, den mir mein Vater ge­sandt hat?" Er sieht weder Pilatus noch Judas darin; es war ja nicht Satan, der Ihm diesen Kelch gereicht hatte, sondern Sein Vater.

So ist es auch mit .uns, wenn volles Vertrauen uns die Ver­suchung überwinden hilft. Prüfungen kommen; aber mit Jesu können wir sagen: „Muss ich den Kelch nicht trinken, den mein Vater mir darreicht?" Jede Prüfung bietet uns eine Gelegenheit, unsere Ergebung in den Willen Gottes zu bewähren, so wir Gott nahe sind; wo nicht, so wird sie zur Versuchung und zum Fall werden. Jesus vertraute sich völlig Gott an. „Bleibet hier und wachet mit mir"; scheint Schwäche; aber dennoch zitterte Er nicht davor, allein leiden zu müssen. 

„Wenn ihr mich suchet, so lasset diese gehen". In Seiner Herzensangst betete Er immer inbrünstiger; es treibt Ihn zum Vater, und zwar ehe die Versuchung kam. Was folgt aber darauf? Als die Prüfung wirklich kam, war alle Schwachheit vorüber. Er gibt Sich ihnen selbst zu erkennen indem Er sagt: „Wen suchet ihr?" und ist dabei so ruhig, als ob Er käme, ein Wunder zu tun. Weder vor Kajaphas noch vor Pilatus sagte Er etwas Anderes, sondern be­kennt sich als Gottes Sohn vor den Juden und als König vor Pilatus.

Woher aber kommt diese Verschiedenheit zwischen Petrus und Jesus? Zuerst sehen wir, dass, indem Petrus schläft, auch das Fleisch schlief; er schlief, um sich dem Druck der Sorgen zu entziehen. Petrus war nicht bereit, durch die Prüfung hindurch zu gehen mit dem Vater. Im Augenblicke, als Jesus weggeführt werden sollte, erwachte die Tätigkeit des Fleisches und Petrus zog das Schwert. Das Fleisch hat so viel Kraft, um uns in Ge­fahren zu bringen, denen wir nicht gewachsen sind, und gerade dann verlässt sie uns.

 Wie wenig Ähnlichkeit zwischen dem Mei­ster und Seinem Jünger. Während Christus betete, schlief Petrus; während Christus sich geduldig unterwarf, griff Petrus zu den Waf­fen; während Christus duldete wie ein Lamm und Seinen Mund nicht auftat, fluchte Petrus. So ist aber das Fleisch; tätig, wenn es ruhig sein sollte; schlafend, wenn es wachen sollte. Christus wendete Sich in, Seiner Seelenangst zum Vater, war aber voll­kommen gefasst, als die Prüfung über Ihn kam. O wenn wir wüssten, wie wir uns mit unserm Vater zu benehmen hätten, es würde nicht eine einzige Versuchung sein, die nicht zu Seiner Ehre überwunden würde.

Die Hauptsache war aber, dass Petrus noch nicht kennen gelernt hatte, was das Fleisch sei; er kannte nicht dessen Schwäche und darum war auch kein volles Vertrauen mög­lich. Er schien aufrichtig bereit, dem Herrn Jesu nachzu­folgen und Ihn nicht zu verleugnen. Es war auch mehr Gefühl natürlicher und treuer Anhänglichkeit in Petrus, als in denen, die den Herrn verließen und entflohen; er liebte den Herrn wirklich. Er fehlte nicht vorsätzlich, nicht weil er sündigen wollte, sondern fiel durch die Schwachheit des Fleisches. Christus überwand alle Schwachheit in der Gemeinschaft mit Seinem Vater, auch selbst die Todesangst. Petrus fiel, ob­gleich kaum der Schatten einer Versuchung über ihn gekom­men war; er kannte sein Fleisch nicht, vertraute nicht auf den Herrn und betete auch nicht.

 „Wir sollen wachen im Gebet"; nicht bloß bereit sein zu beten, wenn die Versuchung da ist, sondern stets in Gemeinschaft mit Gott sein und so ihr entgegen gehen, gestärkt durch Vertrauen und Gebet. Wer nicht beständig betet und immerdar an seine große Schwäche denkt, der wird, mag er Christum auch lieb haben und den besten Willen besitzen, Gott zu dienen, gerade durch diesen guten Willen verleitet, Christum zu verleugnen. Die arideren Jünger, welche flohen, entehrten den Namen des Herrn nicht so sehr, als Petrus es tat. Und so lernte er die Schwachheit seines Fleisches kennen; während Jesus. seine Abhängigkeit dadurch bekannte, dass er unaufhörlich betete.

Und was tat Jesus, da Er wusste, dass Satan den Petrus versuchen würde? — Er betet für ihn. Je mehr Erkenntni, teure Brüder, desto mehr Gebet. „Ich habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre". Wir können niemals unsern Brüdern die Wahrheit verkündigen, wenn wir uns nicht unserer Schwäche bewusst sind. Was würde aus Petrus geworden sein, ohne das Gebet von Jesu? Er war nahe daran, gleich Judas zu werden. Wie gut ist es, sich schwach zu bekennen, anstatt gleich Petrus sich in die Gefahr zu begeben und darin unterzugehen. Wie viel besser ist es, wenn wir uns fürchten, irgend einen Schritt zu tun, ohne des Herrn Leitung.

 Das Fleisch leitet uns immer irre; wir können uns nie darauf verlassen. Nur wenn wir Gott immerdar vor Augen haben, überwinden wir. Keine Weisheit wird uns helfen, als nur die Weisheit von oben. Die Gewalt und Verdor­benheit unseres Fleisches können wir dadurch kennen lernen, dass wir im Gebet und Gemeinschaft mit dem Herrn wandeln und keinen Schritt gehen ohne seine Leitung, oder auch dadurch, dass wir die bittere Erfahrung machen, die auch den Petrus lehrte. Wenn wir uns unaufhörlich bewachen, so wird keine Versuchung uns etwas anhaben. Prüfungen werden allerdings kommen, aber wir werden gerüstet sein gegen Alles, was kommt; nicht aber, dass wir etwa sagen, nun bin ich vorbereitet auf diese oder jene Versuchung. Wir wissen keinen Augenblick, welche Prüfung über uns kommt, deswegen ist unsere einzige und beste Zuflucht: „Wachen und beten". Ja betet, ehe der Sturm kommt, wie Jesus uns lehrt. Wir müssen auf viele Versuchungen unserer Seele vorbereitet sein; ja, oft möchten wir wohl fragen: wozu diese Prüfungen?

 Sie werden nur sein, um unsere Wachsamkeit auf die Probe zu stellen und uns ganz dem Vater zu übergeben. Der Herr wird uns die Last, die Er uns auflegt, tragen helfen mit Seinem Geiste. Darum sollen wir uns nicht fürchten und Alles in Ihm tun! Die Kraft der Liebe und des willigen Gehorsams hat keine Grenzen, wenn unsere Stärke vom Herrn ist. — „Wenn es möglich ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen". Keiner von uns kann ermessen, wie bitter dieser Kelch war, für Den, der in des Vaters Liebe geruht hatte; aber je höher der Geist, desto höher die Erkenntnis. Da war die Heiligkeit und Gerechtigkeit selbst für uns zur Sünde gemacht worden; kein Lichtstrahl fiel in die Seele Jesu, dessen Schweiß zur Erde rann wie Blutstropfen. Ihm wurde unsere Sünde nicht leicht; der Fürst des Lebens wurde vom Staube des Todes bedeckt. „Alle deine Wogen schlagen über mir zusammen". Am Kreuze trug Jesus, was du nie tragen wirst, darum hüte dich, ihn zu verleugnen. Viele aber, die im Ganzen Ihn bekennen, sündigen doch im Einzelnen gegen Ihn. — Darum prüfe dich einmal. — Und nun sei Ihm, der allein uns vor dem Fall bewahren und uns ohne Straucheln zu den ewigen Freuden Seiner Herrlichkeit führen kann — Preis und Ehre!