1.) Matthäus

12/23/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Matthäus 26, 6-13 Die Alabaster-Flasche BdH 1872

02/19/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Alabaster-Flasche Matthäus 26, 6—13

In diesen Tagen der eifrigen Beschäftigung und rastlosen Tä­tigkeit ist es sehr wichtig im Auge zu behalten, daß Gott alles von einem Standpunkte aus betrachtet, alles nach einem Maß­stabe mißt und alles durch einen Prüfstein prüft. Dieser Prüf­stein, dieser Maßstab ist Christus; und Gott würdigt die Dinge nur, insofern sie mit Seinem geliebten Sohne in Verbindung stehen. Was für Christum getan wird, das allein ist köstlich vor Gott; alles andere ist ohne Wert für Ihn. Man möge sehr viel arbeiten und deswegen von den Leuten oft gelobt werden; aber wenn Gott es beurteilt, dann wird Er nur eins sehen, nämlich inwieweit all' dieses Schaffen und Arbeiten in Ver­bindung mit Christo steht. Seine einzige Frage wird sein:

„Wurde es in dem Namen und zur Verherrlichung des Namens Jesu getan?" Wenn dies der Fall ist, so wird es sich bewähren und belohnt, wenn nicht, so wird es verworfen und zunichte werden.

Es hängt nicht im Geringsten etwas davon ab, wie die Gedan­ken der Menschen über diese oder jene Arbeit sind. Sie mögen eine Person wegen irgendeiner Sache fast wie einen Gott ver­ehren, sie mögen seinen Namen in allen Zeitungen veröffent­lichen, ihn zu dem Gegenstand ihrer täglichen Gespräche machen; er mag als Prediger, als Schriftsteller oder als Men­schenfreund einen großen Namen haben, so wird doch all' sein Streben, all' seine Arbeit, wenn sie nicht für Jesum und zu Seiner Ehre getan worden ist, wenn sie nicht die Frucht der Liebe Christi ist, wie Spreu verschwinden und für ewig ver­gessen sein.

Dagegen kann ein anderer einen niedrigen, kaum sichtbaren Dienst erfüllen, der vor der Welt unbeachtet und unbekannt bleibt. Sein Name mag nie erwähnt und an seine Arbeit mag nie gedacht werden; aber was er getan, das tat er in einfacher Liebe zum Herrn. In der Verborgenheit hat er gearbeitet, während sein Auge auf den Herrn gerichtet war. Dessen freundlicher Blick ihm völlig genügte. Er hat nie den Beifall der Menschen


 zu erlangen gesucht, sondern nur auf Christum geschaut und für Ihn gewirkt. Die Arbeit eines solchen wird bestehen blei­ben. Sie wird erwähnt und belohnt werden, obwohl er sie nicht aus Hoffnung auf Belohnung, sondern nur aus Liebe für Jesum tat. Dies ist die wahre Arbeit — das reine Gold, das im Feuer des Tages des Herrn standhalten wird.

•Dies ist sehr ernst, aber auch sehr trostreich — ernst für die­jenigen, die auf irgendeine Weise unter den Augen ihrer Mit­menschen arbeiten, trostreich für alle, welche unter den Augen ihres Herrn tätig sind. Es ist eine unaussprechlich große Gnade, von der Menschengefälligkeit und dem Geiste der jetzigen Zeit befreit und fähig zu sein, vor dem Herrn zu wandeln — all unsere Arbeit mit Ihm anzufangen, fortzusetzen und zu vollenden.

Hiervon wird uns in „dem Hause Simons, des Aussätzigen", ein sehr liebliches und treffendes Bild vor Augen gestellt, das wir jetzt einige Augenblicke zu betrachten wünschen. „Als aber Jesus zu Bethanien war, im Hause Simons, des Aussätzi­gen, kam ein Weib zu ihm, die ein Alabaster-Fläschchen mit sehr kostbarer Salbe hatte, und groß es aus auf sein Haupt, als er zu Tische lag".

Wenn wir nun untersuchen, weshalb das Weib ihre Schritte nach dem Hause Simons richtete, welche Antwort bekommen wir dann? Wollte sie den herrlichen Geruch ihrer Salbe ver­breiten lassen, oder die Schönheit ihrer Alabaster-Flasche zur Schau stellen? War ihr Zweck, das Lob der Menschen für ihre Handlung zu ernten? Wollte sie ihre große Ergebenheit an Christum, inmitten einer kleinen Schar persönlicher Freunde Jesu zeigen? 0 nein! meine Leser, das war nicht der Beweg­grund ihres Tuns. Aber wie können wir dies wissen?

Einfach weil Gott/der Schöpfer aller Dinge, Der bis auf den Boden eines jeden Herzens sieht und den Beweggrund jeder Handlung kennt, dort in der Person Jesu von Nazareth anwesend war, und Er es war. Der ihre Tat auf der Waage Seiner Heiligkeit wog und das Siegel Seines Beifalls darauf setzte. Er würde und könnte dies nicht getan haben, wenn bei dem reinen Golde nur ein kleiner Zusatz, nur eine geringe Beimischung von un­edlem Metall gewesen wäre. Sein heiliges und alles durch dringendes Auge sah bis in die verborgensten Winkel des Her­zens des Weibes. Er wußte nicht nur, was sie getan hatte, son­dern auch wie und weshalb sie es tat; und Er erklärt: „sie hat ein gutes Werk an mir getan".

Mit einem Wort, der Herr Selbst war der einzige Gegenstand des Weibes, und gerade dies gab ihrer Handlung großen Wert und sandte den Geruch ihrer Salbe hinauf vor den Thron Got­tes. Sie wußte nichts davon, daß Tausende und aber Tausende die Erzählung ihrer tiefen, persönlichen Ergebenheit lesen wür­den. Sie dachte nicht daran, daß ihre Tat durch die Hand ihres Herrn für immer würde aufgezeichnet werden und nicht in Vergessenheit geraten sollte. Nein, nie hatte sie daran gedacht und danach gestrebt; hätte sie dies getan, so würde ihre Tat ihrer Schönheit beraubt gewesen sein und ihr Opfer seinen ganzen Wohlgeruch verloren haben.

Aber der Herr, der der Gegenstand dieser Liebe war, sorgte dafür, daß ihre Handlung nicht vergessen wurde. Er recht­fertigte dieselbe nicht nur in jenem Augenblicke, sondern mach­te auch, daß sie in Zukunft bekannt blieb, und dies war für das Herz des Weibes genug. Wenn sie nur den Beifall ihres Herrn hatte, so konnte sie den Unwillen der Jünger mit Ruhe ertragen, welche ihre Handlung sogar für „Verschwendung" erklärten. 

Sie war zufrieden, wenn nur Sein Herz erfrischt wurde; um die anderen kümmerte sie sich nicht, denn sie hatte nicht beabsichtigt, das Lob der Menschen zu erwerben, son­dern ihr einziger Gegenstand war nur Christus gewesen. Von dem Augenblick an, da sie die Alabaster-Flasche in ihre Hand genommen hatte, bis daß sie den Inhalt auf Seine heilige Per­son ausgoß, war ihr einziger Gedanke nur Er gewesen. Sie hatte, sozusagen, eine Vorstellung davon, was ihrem Herrn an­genehm und passend sein würde in den feierlichen Umständen, in denen Er Sich in jenem Augenblick befand. Sie hatte keines­wegs daran gedacht, wieviel ihre Salbe kostete; oder wenn sie dies wirklich getan, so fühlte sie doch, daß Er es noch tausend­mal mehr wert sei. Die „Armen" hatten zwar auch ihre An­sprüche; aber ihrem Herzen war Jesus teurer, als alle Armen der Welt. Mit einem Wort, das Herz des Weibes war mit Chri­sto erfüllt, und dies gab ihrer Handlung den wahren Charakter.

 Andere mögen etwas für unnütz erklären, aber wir können versichert isein, daß, was wir für Jesum verbrauchen, nicht ver­schwendet ist. So urteilte das Weib, und sie hatte Recht. Ihm gerade in dem Augenblicke, wo Erde und Hölle gegen Ihn aufstanden, Ehre zu erweisen, war der größte Dienst, den je ein Mensch oder Engel 'ausführen konnte. Er stand im Begriff, Sich für Sünder aufzuopfern. Die Schatten der kommenden Nacht wurden länger, das Dunkel verbreitete sich und die Finsternis wurde dichter. Das Kreuz war mit all' seinen Schrek­ken nahe, und in diesem Augenblicke kam das Weib, den Leib ihres geliebten Herrn zu salben.

Und ließ der Herr jetzt die Worte der Jünger unbeachtet? 0 nein! Er tritt unmittelbar zur Verteidigung des Weibes auf und spricht zu ihnen: „Was macht ihr dem Weibe Mühe? denn sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit. Denn in­dem sie diese Salbe über meinen Leib geschüttet hat, hat sie es zu meinem Begräbnis getan. Wahrlich, ich sage euch: wo irgend dieses Evangelium gepredigt werden wird in der ganzen Welt, wird auch von dem geredet werden, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis".

Hier rechtfertigte Er in wunderbarer Weise das Weib, durch die all' der Unwille und Unverstand, alle Geringschätzung der Menschen verschwinden mußten, wie der Morgennebel vor den Strahlen der aufgehenden Sonne. „Was macht ihr dem Weibe Mühe? denn sie hat ein gutes Werk an mir getan". Dies kennzeichnete die Tat — „ein gutes Werk an mir". Da­durch war sie vor allen ausgezeichnet. Es mag jemand die ganze Welt durchziehen, um die edelsten Handlungen menschlicher Liebe auszuführen; er mag die Früchte einer großherzigen Wohltätigkeit überall ausstreuen; er mag all' seine Güter, alles, was er hat, den Armen geben; er mag auf der höchsten Stufe der Religiosität und Sittlichkeit stehen, und doch' ist es möglich, daß er nie etwas getan hat, von dem Christus sagen könnte:

„es ist ein gutes Werk an mir".

Leser, bedenke dieses wohl, wer du auch sein magst, und wo­mit du auch beschäftigt bist. Strebe danach, dein Auge unver­rückt in all' deinem Tun und Lassen auf den Herrn zu halten.

 Mache Jesum zu dem einzigen Gegenstande all' deiner Hand­lungen. Suche alles so zu tun, daß Er davon sagen kann: „es ist ein gutes Werk an mir". Beschäftige dich nicht mit den Ge­danken der Menschen über deinen Wandel oder dein Werk. Achte nicht auf ihren Unwillen, sondern gieße deine Ala­baster-Flasche mit Salbe auf das Haupt des Herrn Jesu aus. Sorge dafür, daß jeder Dienst die Frucht deiner Würdigung Seiner Person ist; dann kannst du versichert sein, daß Er dein Werk zu würdigen weiß und dich vor Millionen rechtfertigen wird. So war es bei dem Weibe, von dem wir in diesem Ab­schnitt lesen. 

Sie ergriff ihre Alabaster^Flasche und schlug den Weg nach dem Hause Simons, des Aussätzigen, ein, mit nur einem Zwecke im Herzen, und dieser Zweck war Jesus. Von Jesu und von keinem andern war ihr Herz erfüllt, und in dieser Gemütsverfassung goß sie 'die wertvolle Salbe auf Sein Haupt aus. Und merke jetzt die gesegnete Folge: ihre Tat ist im Evan­gelium zu unsern Ohren gekommen. Keiner kann das Evan­gelium lesen, ohne die Hingabe dieses Weibes zu erfahren. Kaiser- und Königreiche sind erstanden, haben geblüht und sind in Vergessenheit gesunken. Denkmäler sind errichtet wor­den zur Erinnerung an menschliche Größe, und sind zu Staub geworden; aber die Tat dieses Weibes lebt noch fort, ja wird immer fortleben. Die Hand des Herrn hat ihr ein Denkmal errichtet, das nie und nimmer vergehen wird. Der Herr gebe uns Gnade, ihr nachzuahmen; und mögen unsere Werke in diesen Tagen, in denen so viel menschliches Streben vorhan­den ist, mehr in Frucht unserer Würdigung eines abwesenden, verworfenen und gekreuzigten Herrn sein!

Nichts erprobt das Herz so vollkommen, als die Lehre des Kreuzes — der Weg des verworfenen, gekreuzigten Jesus von Nazareth. Dies prüft das Herz des Menschen auf die vollkom­menste Weise. Wenn nur von Religiosität die Rede ist, so kann man unendlich weit gehen; aber Religiosität ist nicht Christus. Wir brauchen nicht weit zu gehen, um dafür einen treffenden Beweis zu finden: das aufgeschlagene Kapitel gibt uns einen solchen. Laßt uns einige Augenblicke unsere Blicke nach dem Palast des Hohenpriesters lenken. Wir sehen dort eine Ver­sammlung der Häupter und Führer des Volkes. „Da versam­melten sich die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes in dem Hof des Hohenpriesters".


 Hier haben wir ohne Zweifel Religion; denn diese Hohen­priester und Ältesten wurden, wie wir wissen, durch das an­erkannte Volk Gottes angesehen als die Wahrer der heiligen Wissenschaft, als die einzige Autorität in allen Religionsdin­gen, und als die Ausführer des Dienstes, den Gott Moses be­fohlen hatte. Die Versammlung im Hofe des Kajaphas bestand nicht aus heidnischen Priestern und Sehern der Römer oder Griechen, sondern aus den anerkannten Vorstehern des jüdi­schen Volkes. Was taten sie aber nun in ihrer feierlichen Rats­versammlung? „Sie beratschlagten miteinander, auf daß sie J'esum mit List griffen und töteten".

Geliebter Leser, beachte es wohl. Dies waren religiöse Männer, Männer der Wissenschaft, welche gewiß nicht ohne Einfluß bei dem Volke waren; und dennoch haßten sie Jesum von ganzem Herzen — sie waren zusammengekommen, um zu beratschla­gen, wie sie Ihn greifen sollten — wie sie Ihn unschädlich ma­chen und töten konnten. Über Gott und Seinen Dienst, über Moses und das Gesetz, über den Sabbath und alle Anordnun­gen des jüdischen Gottesdienstes hätten diese Leute mit dir sprechen können; aber Christum haßten sie. Dieses ist sehr wichtig und bemerkenswert. Man kann sehr religiös sein, ja sogar der Führer oder Lehrer von andern und doch Christum vollkommen hassen, Religiosität ist, wie wir oben schon be­merkten, nicht Christus; im Gegenteil sind oft die frommsten Leute die bittersten und heftigsten Feinde dieses gesegneten Heilandes.

Vielleicht wird man aber sagen: „Die Zeiten haben sich geän­dert. Die Religion ist nicht mehr so eng mit dem Namen Jesu verbunden, daß man, ohne Jesum zu lieben, kein gottesfürch-tiger Mensch sein könnte. Du kannst jetzt nicht irgend etwas finden, das dem Palast des Kajaphas entspricht". Ist es wirklich so? 0 nein! keinen Augenblick dürfen wir dies glauben. Der Name des Herrn Jesu wird in der Christenheit 'heute ebenso sehr gehaßt, wie damals im Palast des Hohenpriesters. Aber nicht nur Jesus Selbst, sondern auch Seine Nachfolger sind ver­achtet und verhaßt. Wir brauchen nicht weit zu gehen, um dies zu beweisen. Jesus ist in dieser Welt noch immer verworfen. Wo, möchte ich fragen, hört man Seinen Namen? Wo ist Er der willkommene Gegenstand des Gesprächs? Sprich von Ihm,

 wo du willst, in den Gesellschaftszimmern der Reichen, im Eisenbahnwagen, im Salon eines Dampfschiffes, oder in ir­gendeinem öffentlichen Orte, und du wirst fast immer mit den Worten zurückgewiesen werden, daß ein solches Thema dort nicht hingehört. Sprichst du aber von anderen Dingen, über Politik, Geschäfte oder Vergnügungen, so wirst du er­fahren, daß diese Dinge immer passend sind, Jesus aber nie. Oft sehen wir die Straßen von herumziehenden Krämern oder Spielleuten angefüllt, ohne daß ihnen je befohlen wird, sich zu entfernen. Aber erkühnte sich jemand von Jesu dort einmal zu reden, so würde er sofort verhöhnt werden. Man würde ihm sagen, daß er sich entfernen und keinen Menschenauflauf ver­ursachen soll. Mit einem Wort, für Satan ist in der Welt immer Raum genug, für Christum aber nie. Die Sprache der Welt ist:

„Nenne nicht den Namen Christi".

Aber Gott sei Dank, wir sehen auf der andern Seite auch hin und wieder etwas, das mit dem Hause Simons, des Aussätzi­gen, übereinstimmt. Es gibt noch einige, die den Namen Jesu lieben und Ihn der Alabaster-Flasche für wert halten. Einige schämen sich, dem Herrn sei Dank, Seines wertvollen Kreuzes nicht; sie sind es, die ihren einzigen Gegenstand in Ihm haben und sich glücklich schätzen, ja es für die größte Ehre halten, für Ihn zu arbeiten und zu leiden. Ihr Ziel ist nicht Arbeit oder Religiosität, sondern nur Christus — bei Ihm zu sein und sich mit Ihm zu beschäftigen. Sie begehren zu Seinen Füßen zu sitzen und die kostbare Salbe der wahren Herzenshingabe auf Ihn auszugießen.

Leser, du kannst versichert sein, daß dies das wahre Geheim­nis der Kraft ist, sowohl im Dienste als im Zeugnis. Eine rich­tige Würdigung des gekreuzigten Christus ist die Quelle von allem, was Gott angenehm ist, sei es im Leben und Wandel eines einzelnen Christen, oder in allem, was in unsern öffent­lichen Versammlungen vorgeht. Unverfälschtes Anhangen an Christum und Beschäftigung mit Seiner Person muß all' unser Tun und Lassen charakterisieren, sonst wird unser Leben nach dem Urteil des Himmels wenig Wert haben. Nichts verleiht dem Wandel und Charakter des einzelnen mehr moralische Kraft, als völlige Hingabe an die Person Christi. Es hängt auch  nicht davon ab, ob man ein Mann von großem Glauben und Gebet, ein eifriger Untersucher, ein begabter Redner oder ein bedeutender Schriftsteller ist. 0 nein! Es handelt sich nur um die Frage: Liebe ich Christum?

Ebenso verhält es sich mit der Versammlung. Besteht das wahre Geheimnis der Kraft in der Gabe, in der Beredsamkeit, in dem schönen Gesang oder in gewissen Formen oder Zere­monien? Nein; es ist der Genuß eines anwesenden Christus. Wo Er ist, da ist alles: Licht, Leben und Kraft. Wo Er nicht ist, herrscht Finsternis, Tod und Ohnmacht. Eine Versamm­lung, wo Jesus nicht ist, gleicht einem Grab, wenn sich dort auch die bezauberndsten Reden, die herrlichste Musik oder die feierlichsten Zeremonien finden. All' dieses mag fast vollkom­men vorhanden sein, und doch wird der ergebene Nachfolger Jesu ausrufen: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben". Wenn aber ande­rerseits die Gegenwart Jesu verwirklicht wird, wenn Seine Stimme gehört wird, so ist Kraft und Segen vorhanden, ob­wohl alles den Augen der Menschen als Schwachheit erscheinen mag.

Möchten die Gläubigen dies doch beachten und erwägen; möch­ten sie danach streben, die Gegenwart Christi in ihren öffent­lichen Versammlungen zu verwirklichen! Möchten sie, wenn sie von ihren Versammlungen nicht sagen können, daß der Herr dort anwesend ist, sich demütigen und auf Ihn warten! Wenn der Herr nicht da ist, so muß irgend etwas vorliegen, denn Er hat gesagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte". Laßt uns aber nie vergessen, daß wir, um das göttliche Resultat zu erreichen, den göttlichen Zustand auch besitzen müssen.

Matthäus 15. 1-28 Das kananäische Weib BdH 1867

02/08/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Das kananäische Weib (Matth 15,1-28.) 
In dieser inhaltsreichen Stelle der Heiligen Schrift enthüllen sich vor unseren Blicken zwei Herzen, nämlich das Herz des Menschen und das Herz Gottes. Zuerst erblicken wir das Herz 
des Menschen, ungeachtet der dichten Decke religiöser Gebräuche, die es verhüllen, und dann tritt das Herz Gottes, trotz der durch die Haushaltung gebotenen Schranken, die es in seinem Laufe hemmen, in den Vordergrund. Die Enthüllung des Herzens des Menschen finden wir in den Versen 1—20; die Enthüllung des Herzens Gottes in den Versen 21—28. Richten 
wir unsere Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand, mit dem Verlangen, daß der Geist Gottes uns dessen Schönheit entfalten, und dessen Kraft auf unsere Seelen anwenden möge. 

In Kap. 14 sehen wir, wie der Herr Jesus mit der Speisung einer hungrigen Menge und mit der Heilung vieler Kranken beschäftigt ist. Er begegnet aller Art menschlichen Elends. Das war das Werk, das Ihm geziemend war. Um es zu verrichten, dazu war Er vom Himmel gekommen. Wir lesen: „Und als er hinausging, sah er eine große Volksmenge, und er wurde innerlich bewegt über sie, und heilte ihre Schwachen." 

(Kap. 14, 14.) Und weiter lesen wir: „Und als sie hinübergefahren waren, kamen sie in das Land Genezareth. Und als ihn die Männer jenes Ortes erkannten, schickten sie in jene ganze Umgegend und brachten alle Leidenden zu ihm, und baten ihn, daß sie nur die Quaste seines Kleides anrühren dürften. Und so viele ihn anrührten, wurden geheilt." (Kap. 14, 34—36.) Das war die Arbeit, die dem liebenden Herzen Jesu angemessen war. Es war Seine Freude, dem Elend des Menschen zu begegnen. Aber sobald wir unser Auge auf Kap. 15 richten, finden wir etwas davon ganz Verschiedenes. Hier gibt es ein ganz anderes Werk zu verrichten. 

Hier bedarf es nicht der Abhilfe menschlichen Elends, sondern menschliche Heuchelei mußte entlarvt werden. Mit einem Wort: Wir stehen vor der Enthüllung des Herzens des Menschen; und wir gewahren hier das durchdringende Auge Christi, das den Menschen trotz aller Krümmungen, Labyrinthe und scheinbarer Decken verfolgt, durch die der Mensch sein Gewissen vergeblich vor dem Licht göttlicher Gegenwart und göttlichen Gerichts zu verbergen trachtet, während der Herr bemüht ist, ihn in der Gegenwart Gottes bloßzustellen. Und warum? Weil sich der Mensch dort nicht eher zu Hause fühlen kann, bis er seinen ihm gebührenden Platz als Hilfsbedürftiger eingenommen hat. In dem Augenblick, wo ich zu einem wirklichen Gefühl meines Elends gelange, fühle ich mich in der Gegenwart Gottes zu Hause. 

Welch eine kostbare Wahrheit! 
„Dann kommen die Schriftgelehrten und Pharisäer von Jerusalem zu Jesu und sagen: Warum übertreten deine Jünger die Überlieferung der Ältesten?, denn sie waschen ihre Hände 
nicht, wenn sie Brot essen." (Kap. 15, 1. 2.) Welch ein Unterschied ist es, ob der Mensch seine Religiosität, oder sein Elend vor Jesu bringt! Das erste ist stets mit Bloßstellung und Tadel 
begleitet; das zweite findet immer eine ungeschmälerte Gnade und eine unumschränkte Hilfe. Die Pharisäer und Schriftgelehrten erscheinen hier mit ihrer Religiosität vor Christo und 
führen die Verordnungen der Ältesten als ihre Autorität an. 

Wieviel weiser hätten sie gehandelt, wenn sie ihr Elend und ihre Sünden, die das Zeugnis Gottes aufdeckte und enthüllte, vor Jesu gebracht hätten! Seine Sünden vor Jesu zu bringen und dadurch von schwerer Bürde gänzlich befreit zu werden, ist der passendste Weg, den je ein Sünder einschlagen kann. Nichts ist törichter, als wenn er statt dessen seine Sünden unter dem Deckmantel religiöser Vorschriften vor Jesu zu verbergen trachtet; denn wie ehrwürdig und anziehend diese Vorschriften auch sein und welche kräftigen Stützen sie auch durch die Überlieferungen und Lehren der Menschen finden mögen, so muß dennoch unbedingt das Herz getroffen werden. Unter allen Umständen muß das Gewissen einmal, früher oder später, in das Licht gebracht sein. Die Decke muß entfernt werden, damit die durchdringenden Strahlen göttlichen Lichts in das menschliche Herz hineinströmen und alle seine Greuel offenbar machen können. 

Das ist eine höchst ernste Wahrheit. Es ist nutzlos, meine Hände zu waschen, während mein Herz voller Unreinigkeiten ist. Es ist äußerst töricht, über das Reinigen der Becher und 
Schüsseln viel Aufhebens zu machen, während meine Wege verkehrte Wege sind im Angesicht Gottes. Alle äußeren Anordnungen des Menschen können beobachtet werden, seine 
Überlieferungen beachtet und seine Vorschriften hochgeschätzt werden, ohne daß wegen der großen Sündenfrage das Gewissen je in der Gegenwart Gottes gewesen ist. Ich kann mit 
Sorgfalt die Überlieferungen der Ältesten befolgen und dennoch die Gebote Gottesvernachlässigen. Und so verhielt es sich bezüglich der Schriftgelehrten und der Pharisäer. „Warum übertretet auch ihr das Gebot Gottes um eurer Überlieferung willen? denn Gott hat geboten und gesagt: Ehre den Vater und die Mutter! — und: Wer Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben! Ihr aber sagt: Wer irgend zu dem Vater oder der Mutter saget: Gabe sei das, was irgend dir von mir zunutzen kommen könnte — und er wird keineswegs seinen Vater und seine Mutter ehren . . . und ihr habt so das Gebot Gottes ungültig gemacht um eurer Überlieferung willen." (V. 3-6.) 

Hier stellt unser Herr das Wort Gottes als den einzigen Maßstab des Wandels auf. Es ist dasselbe Wort, das am letzten Tage richten wird; und es ist dasselbe Wort, das jetzt leiten und herrschen muß. Wo werden die Überlieferungen der Ältesten sein, wenn alles, um geoffenbart zu werden, vor dem Richterstuhle Christi erscheinen wird? Werden sie an jenem Tage den Maßstab des Gerichts bilden? Keineswegs. Nun, welchen Wert haben sie denn jetzt? In der Tat einen höchst 
geringen Wert; und wenn sie vollends mit dem Worte Gottes im Widerspruch stehen, so darf man sich nicht einen Augenblick mit ihnen befassen. Der vor uns liegende wichtige Abschnitt der Heiligen Schrift belehrt uns in deutlicher Weise, daß es der Grundsatz der Heuchelei ist, wenn jemand, anstatt durch die Gebote Gottes geleitet zu werden, durch die Vorschriften und Lehren der Menschen beherrscht wird. „Heuchler! 

Trefflich hat Jesaias über euch geweissagt, indem er sagt: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen; aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. Vergeblich aber verehren sie mich, lehrend als Lehren Menschengebote (V. 7—9.) Man merke sich hier die göttliche Beschuldigung! „Ihr Herz ist weit entfernt von mir." Das war das Geheimnis von allem. 
Der Herr Jesus heftet Sein durchbohrendes Auge auf das Herz des Menschen und offenbart in klarster Weise, wo und was es ist. „Es ist weit entfernt von mir", sagt Er. Ja, fern von Ihm 
und begraben unter einer ungeheuren Masse abergläubischer Gebräuche und menschlicher Vorschriften. Die deutlichste Vorschrift des Gesetzes Gottes war geradezu durch eine gutscheinende Vorschrift des „Korban" beiseite gesetzt, als ob Gott irgend eine „Gabe" annehmen wollte oder könnte, welche 
auf eine offenkundige Übertretung Seines ewigen Gesetzes gegründet war. Ebenso richteten sie ihre Aufmerksamkeit mit einer ängstlichen Gewissenhaftigkeit auf das Waschen ihrer 
Hände vor dem Essen, während ihr Herz gleichsam der Käfig jedes unreinen und hassenswerten Vogels war. Welch ein Betrug! Gewaschene Hände und ein beflecktes Herz!

 Äußere Dinge genau beobachtet, und das Inwendige gänzlich vernachlässigt! Speise und Getränke, Becher und Schüsseln, Tassen und Tische sorgfältig in acht genommen, und das Gesetz Gottes über Bord geworfen, und das Herz bis an den Rand angefüllt mit Üppigkeit und Eitelkeit! So ist der Mensch. Sein Herz ist von Gott weit entfernt. Seine Religion ist eine Masse von Widersprüchen von Anfang bis zu Ende. 
„Und er rief die Volksmenge herzu und sprach zu ihnen: Höret und verstehet!" (V. 10.) Wie würdig und erhaben klingen diese Worte! „Höret und verstehet'." Das sind die beiden 
Worte, die stets mit dem Worte Gottes in Verbindung stehen müssen. Dieses Wort ist nicht den schwankenden, trüben, ungewissen Überlieferungen der Menschen gleich. Seine Stimme 
ist klar, seine Sprache deutlich, seine Unterweisungen sind ungeziert und rein. Sie können von einem Kind gehört und verstanden werden. Wer unter jener Volksmenge hätte die deutlichen Worte: „Nicht was in den Mund eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Munde ausgeht, das verunreinigt den Menschen", (V. 11) missverstehen können? 

Diese Wahrheit ist deutlich und unwiderlegbar. Jeder, dessen Verständnis nicht durch die Nebel menschlicher Überlieferung verdunkelt ist, versteht sie völlig. Jedes Gewissen, wenn es nicht 
durch Unterwerfung unter eine falsche Autorität betäubt ist, fühlt ihr Schwert. 
Aber die Pharisäer ärgerten sich über diese einfache Erklärung. Das hatte seinen Grund. Und warum? Es war der Todesstoß für den Pharisäismus. Äußere Dinge zu beobachten und das 
Herz unberührt zu lassen, das ist der Geist des Pharisäismus, der zu allen Zeiten herrscht. Dieses System behauptet stets, daß die Befleckungen von außen kommen, während die Wahrheit Gottes sie als von innen kommend bezeichnet. Daher faßte die einfache Erklärung Christi den Pharisäismus bei der Wurzel an und bereitete seinen Anhängern einen nicht geringen Anstoß. Aber wie kräftig sind die Worte des Herrn, wenn Er sagt: „Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden. Laßt sie; sie sind blinde Leiter der Blinden!

 Wenn aber ein Blinder einen Blinden leitet, so werden beide in die Grube fallen." (V. 13. 14.) 
Welche ernsten Worte! „Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden." Nichts, außer dem Werke Gottes, wird bestehen. Die üppigste Pflanze 
aus der Pflanzung des Menschen wird verdorren und ausgerottet werden. Mag sich auch ein großes Gepränge und Blüten, welche die herrlichste Frucht versprechen, dem Auge zeigen, so 
bleibt es dennoch gewiß, daß, wenn die Pflanzung nicht durch die Hand Gottes geschehen ist, sich alle Erwartungen in Nichts auflösen werden. Nur die Pflanzen Gottes werden bestehen. 
Sie werden jeden Sturm überleben.

 „Die gepflanzt sind in dem Hause Jehovas, werden blühen in den Vorhöfen unseres Gottes. Noch im Greisenalter treiben sie, sind saftvoll und grün." (Ps 92, 13. 14.) Wie sehr unterscheidet sich dieses alles von der blinden Leitung der Blinden, wo beide in die Grube fallen! O welch eine erhabene Segnung, welch eine heilige Sicherheit, gepflanzt zu sein durch die Hand Gottes und nicht blindlings geleitet zu werden durch die Hand eines blinden Menschen! Möge der Herr in Seiner überschwenglichen Gnade es allen meinen Lesern gestatten, daß sie es erkennen! 

Wir dürfen indes nicht vergessen, daß der Herr in dem vor uns liegenden Schriftabschnitt das menschliche Herz ans Licht stellen will. Es hat uns bisher gezeigt, wo es ist; und jetzt ist 
Er im Begriff, uns zu zeigen, was es ist. „Petrus aber antwortete und sprach zu ihm: Deute uns dieses Gleichnis. Jesus aber sprach: Seid auch ihr noch unverständig? Begreifet ihr noch nicht, daß alles, was in den Mund eingeht, in den Bauch geht und in den Abort ausgeworfen wird? Was aber aus dem Munde ausgeht, kommt aus dem Herzen hervor; und diese Dinge verunreinigen den Menschen. Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen; diese Dinge sind es, die den Menschen verunreinigen; aber mit ungewaschenen Händen essen, verunreinigt den Menschen nicht." (V. 15—20.) Hier ist also das Herz des Menschen völlig zur Schau gestellt. 

Jede falsche Decke äußerer Gebräuche ist entfernt. Alle verfinsternden Nebel, die eine bloße Religion menschlicher Vorschriften umringt, sind hinweggerollt; und hier zeigt sich, in 
ihrer ganzen Häßlichkeit und in ihrer erschreckenden Gottlosigkeit, die Quelle aller jener unreinen und entsittlichenden Einflüsse, die den Horizont dieser Welt fast seit sechstausend Jahren verdunkelt haben. Wir mögen es „Korban" (Gabe) nennen, wir mögen uns auf die kirchlichen Überlieferungen berufen; oder uns im Kreise Ehrfurcht einflößender Vorschriften bewegen; — aber ach! man blicke nur auf das Herz! Was können wir dazu sagen? Man denke nur an das im Licht göttlicher Gegenwart zur Schau gestellte, menschliche Herz! Wie schrecklich! Wie niederschmetternd! Nichts könnte mich befähigen, einen Blick in mein Herz ertragen zu können, als nur ein Blick in das Herz Jesu, in das Herz Gottes selbst. 

Wenn nun aber das Herz völlig ins Licht gestellt und das Gewissen völlig überführt ist, so ist die Seele für die nächste Station ihrer Reise bereit gemacht. Mit anderen Worten: Überführung und Bekehrung sind eng miteinander verbunden. Ein überführter Sünder hat sein eigenes Herz, und ein bekehrter Sünder hat das Herz Gottes kennengelernt. „Tut Buße und bekehret euch!" sagt Petrus. Hier haben wir eine andere Weise, um dieselbe Sache auszudrücken. Es ist das moralische Selbstgericht und die gesegnete Entdeckung Gottes. Ich entdecke mein Ich und verwerfe es; ich entdecke Gott in dem Angesichte Jesu Christi und wende mich mit einem aufrichtigen und vertrauenden Herzen zu Ihm, der ebenso fähig wie willig, und ebenso willig wie fähig Ist, mich zu retten, ungeachtet Seiner vollkommenen Erkenntnis alles dessen, was in meinem Herzen ist. Dies gibt völlige Erleichterung, völlige Freiheit und dauernden Frieden. 

Es befreit mich von aller verurteilenden Furcht und befähigt mich, mit leichtem Tritt jenen sonnigen Pfad zu betreten, der am Kreuze beginnt und in der Herrlichkeit endet. Ich finde, daß gerade Er, der allein fähig war, meine Schuld zu messen und abzuschätzen, und kein anderer es ist, der durch das Blut des Kreuzes diese Schuld völlig getilgt hat. 
„Ich, ich bin es, der deine Übertretungen tilgt um meinetwillen, und deiner Sünden will ich nicht mehr gedenken." (Jes 43, 25.) Sage mir, geliebter Leser, verstehst Du diese Dinge? Hast Du sie an Deinem Herzen erfahren? Hat Gott Dein Herz aufgedeckt, und hast Du das Seinige erkannt? Eine ernste, wichtige Frage! Welche bedeutenden Folgen hängen von Deiner Antwort ab! Fürchte Dich nicht, Dein Herz in seinen tiefsten Abgründen und seinen geheimsten Schlupfwinkeln zu untersuchen und zu ergründen, öffne jede Kammer darin. Schiebe 
die Vorhänge beiseite, öffne die Läden, reiße den Schleier hinweg und laß das volle Licht des Himmels in jeden Winkel und jede Spalte eindringen. 

Du kannst nicht zu tief eingraben. Sei versichert, daß Gott unumschränkte Vorkehrungen dafür getroffen hat. Das Evangelium der Gnade Gottes kündigt Dir die glorreiche Tatsache an, daß ein die Sünde hassender Gott einem, die Sünde tragenden Christus auf dem Kreuze begegnet 
ist und dort die große Sündenfrage völlig hineingebracht und für dauernd beendet hat. Das ist der göttliche Boden des Friedens eines Sünders. Dieses zu erkennen und zu glauben gibt 
einen Frieden, der durch nichts zu erschüttern ist. Gott hat auf dem Kreuz einen vollkommenen Abschluß mit der Sünde gemacht. Ich bedarf nichts mehr. Ich bin völlig zufriedengestellt. 
Kann mein Gewissen mehr fordern, als die Gerechtigkeit Gottes? Gewiß nicht. Ein gerechter Gott und ein gerechtfertigter Sünder begegnen sich in heiliger Gemeinschaft auf einer 
blutbefleckten Schwelle. „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesum Christum." (Röm 5,1.) 

Bevor wir indes in unserer Betrachtung einen Schritt weitergehen, wird es gut sein, für einen kurzen Augenblick einen Rückblick zu tun. Das Herz des Menschen ist, wie wir gesehen haben, völlig ans Licht gestellt und seine Quelle entblößt worden. Der Nebel, womit eine falsche Religiosität es einhüllte, ist hinweggewälzt durch die Hand des Meisters; und alles ist bloß und aufgedeckt. „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen? Ich, Jehova, erforsche das Herz und prüfe die Nieren, und zwar um einem jeden zu geben nach seinen Wegen, nach der Frucht seiner Handlungen." (Jer 17, 9—10.) Wenn daher die Frage erhoben wird: „Wo ist das Herz?", lautet die Antwort: „Fern von Gott." 

Und wenn gefragt wird: „Was ist das Herz?", ist die Antwort: „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es." Also ist es in betreff des Herzens eines jeden nicht wiedergeborenen Mannes, einer jeden nicht wiedergeborenen Frau oder eines nicht wiedergeborenen Kindes auf dieser Erde. Der Charakter, die Umstände, die Neigungen mögen verschieden sein; aber das Herz ist stets das gleiche. Man darf ihm kein Vertrauen schenken, da es „arglistig" ist; und wie auch sein äußerer Schein sein mag, so bleibt es doch unverändert verderbt. Es mag sich nicht völlig entfaltet haben; aber sein tückisches, listiges Wesen ist, beobachtet in der Bemühung, 
sich zu verbergen, als sein wahrer Zustand erkannt worden. 

Wenn jemand nicht weiß, daß sein Herz ein heilloses, gottloses Ding ist, so beweist dieses gerade die Arglist dieses Herzens. Aber — der Herr sei dafür gepriesen! — der Sünder darf auf 
ein anderes Herz seinen Blick richten, wenn er die Wahrheit in betreff seines eigenen Herzens kennengelernt hat; und das ist das Herz Gottes, geoffenbart in Christo Jesu. Welche Gnade! 
Dürfte ich nur in mein eigenes arglistiges und heilloses Herz hineinschauen, so würde ich höchst bedauernswürdig sein. Aber Er, der allein imstande war, mein Herz gänzlich zu prüfen, hat mir Sein Herz vollkommen geoffenbart. 

Das ist genug. Die Untersuchung des Herzens des Sünders und die Offenbarung des Herzens Gottes — dies sind die beiden großen und allerwichtigsten Punkte. Im Herzen des Menschen findet sich nichts als das Böse, im Herzen Gottes die vollkommene Liebe, eine Liebe, die trotz allem Bösen hervorgeströmt ist, eine Liebe, die sich dadurch verherrlichte, daß sie das Gericht über das Böse ausführte und eine gänzliche Befreiung von seiner Macht bewirkte. Wenn daher jemand durch die erleuchtende und überführende Macht des Heiligen Geistes geleitet worden ist, einen klaren, nüchternen Blick in sein eigenes Herz tun zu können, so befindet er sich eben in der Stellung, sich der Enthüllung des Herzens Gottes erfreuen zu dürfen. 

Wir wollen jetzt einmal sehen, wie dieses alles in der vor uns liegenden, rührenden und belehrenden Geschichte des kananäischen Weibes Ausdruck findet. „Und Jesus ging aus von 
dannen und entwich in die Gegenden von Tyrus und Sidon. Und siehe, ein kananäisches Weib, das von jenen Grenzen herkam, schrie zu ihm und sagte: Erbarme dich meiner, Herr, 
Sohn Davids! Meine Tochter ist schlimm besessen." (V. 21. 22.) Wir befinden uns hier in einer ganz anderen Atmosphäre. Unser hochgelobter Herr hat aller Religiosität des Menschen, 
allen Vorschriften, allen Überlieferungen, allen Waschungen, aller Heuchelei des Menschen den Rücken gewandt; und Er betritt eine Region, wo Er nicht dünkelhaften Ansprüchen des 
Menschen, sondern wirklich gefühltem Elende begegnet. Das war der rechte Platz für Christum. Das arme kananäische Weib kannte und kümmerte sich wenig um die Überlieferungen der 
Ältesten. Welchen Nutzen hätten sie ihr auch bringen können? 

Sie fühlte den Druck der Macht Satans. Konnten menschliche Anordnungen und Vorschriften diese Macht hemmen? Gewiß nicht. Nur Jesus vermochte es. Andere mochten mit dem Waschen der Becher und Schüsseln beschäftigt sein; aber für das unglückliche Weib war solches Tun nutzlos. Sie begehrte nach etwas anderem, nach wirklicher Hilfe. Sie verlangte nach Christo; und zu Ihm führte ihr Weg. O möchten doch Tausende in diesen unseren Tagen fühlen, 
was das arme, kananäische Weib fühlte! Wahrlich, wir befinden uns in einer Zeit menschlicher Anordnungen und Vorschriften; in einer Zeit religiöser Überlieferungen, in einer Zeit, wo Gebote und Lehren der Menschen das Übergewicht haben. 

Eine fleischliche Frömmigkeit gibt sich in ihren vielen Achtung gebietenden Formen kund und übt einen mächtigen Einfluß über das gesetzliche und religiöse Gemüt aus. Aber bei all 
diesem bleibt das arme Herz unbefriedigt; die Not findet keine Abhilfe, das Elend keine Milderung. O möchten daher jene Tausende, die unter dem Druck der Sünde seufzen, nur geradezu zu Jesu kommen und bei Ihm alles finden, was sie in Zeit und Ewigkeit bedürfen! Niemand außer Jesu kann dem hilflosen Sünder Ruhe und Frieden geben. 
Wir haben indes bereits bemerkt, daß in dem vor uns liegenden Schriftabschnitt das Herz Jesu, insoweit es das kananäische Weib betraf, hinter der durch die jüdische Haushaltung gebotenen Schranke verborgen war. Ein kananäisches Weib hatte keine Ansprüche an den „Sohn Davids"; und dennoch gebraucht sie, indem sie sich an Ihn wendet, gerade diesen Titel. Ohne Zweifel gab es Liebe in dem Herzen Jesu für ein armes Geschöpf, das in einfachem Glauben zu Ihm kam.

 Aber als „Sohn Davids" stand Er hinter jener erhabenen jüdischen Umzäunung, welche Ihn dem heidnischen Auge entzog. Er war ein „Diener der Beschneidung um der Wahrheit Gottes willen, 
um die Verheißungen der Väter zu bestätigen". (Röm 15, 8.) Nicht ein Jota, kein Tüttelchen durfte in den Händen eines solchen treuen und herrlichen Dieners an jener Verheißung 
unerfüllt bleiben; und wenn daher das kananäische Weib Ihn in keinem erhabeneren Charakter, als dem eines Dieners der Beschneidung erblicken konnte, so mußte Er unbedingt in 
gänzlichem Schweigen verharren. „Er aber antwortete ihr nicht ein Wort." (V. 23.) Der Sohn Davids hatte keine Antwort für eine Kananiterin. Er mußte für die Wahrheit Gottes einstehen 
und die den Vätern gemachten Verheißungen bestätigen. Und mit diesen Verheißungen hatte sie durchaus nichts zu tun. Er konnte einer Kananiterin keine Hilfe leisten auf Kosten des 
Samens Abrahams. 

Die Jünger, gänzlich unfähig, die tiefen Geheimnisse zu ergründen, die den Geist ihres göttlichen Meisters erfüllten und in Seinem Dienste ihren Ausdruck fanden, „traten herzu und 
baten ihn und sagten: Entlaß sie!" (V. 23.) Ach, wie wenig kannten sie Ihn! Wie hätte Er ein solch armes, mühseliges und beladenes Geschöpf von Sich weisen können? Wie? Der Sohn Gottes sollte aus Seiner Gegenwart eine Seele entfernen, die unter dem zermalmenden Druck der Hand Satans lag? Unmöglich. Obwohl Er als „Sohn Davids" keine Antwort geben konnte, so konnte Er als der „Sohn Gottes" die Frau doch nicht abzuweisen. Wenn Er als der Diener der Beschneidung kein Wort der Erwiderung hatte, so konnte Er sicher als der Diener der Gnade Gottes keine abschlägige Antwort geben. Obwohl Er als Verteidiger der Wahrheit Gottes in Seinem Schweigen 
verharren mußte, so konnte Er doch als der Ausdruck göttlicher Liebe keineswegs unerbittlich bleiben. Er hatte eine helfende, segnende Hand für sie; aber sie mußte den ihr gebührenden 
Platz einnehmen und Ihn nicht nur als den Sohn Davids, sondern Ihn als den Herrn aller anschauen.

 „Ich bin" — sagte Er „nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel"; (V. 24.) und sie gehörte nicht zu den Schafen Israels, sondern zu dem Geschlecht Kanaan. 
Aber der Glaube kann nicht überwunden werden. Er weiß, daß in dem Herzen Jesu eine völlige Segnung vorhanden ist; und er will sie besitzen. So war es bei dem kananäischen Weibe. Sie hatte sich gerüstet, das liebende, zärtliche Herz Jesu zu erreichen und ließ sich daher nicht abweisen. Die hohe Umzäunung, hinter der Er Sich befand, hinderte sie nicht. Für 
sie gab es keine Schwierigkeit. Sie fühlte, daß, obwohl sie die Schranken nicht hinwegzuräumen vermochte, Er über sie hinweg steigen könnte. Obwohl die Herrlichkeiten des Sohnes Davids nur im Innern der jüdischen Grenzen strahlen konnten, vermochten doch die Herrlichkeiten des Sohnes Gottes ihren hellen Glanz über die ganze Erde auszubreiten. Dies alles wußte sie. Ihr Glaube konnte danach greifen. Sie fühlte, daß es dem hochgelobten Herrn durchaus unmöglich sei, ein hilfsbedürftiges Geschöpf aus Seiner Gegenwart zu entfernen. „Sie aber kam und huldigte ihm und sagte: Herr, hilf mir!" (V. 25.) 

Hier erreichen wir den hervorragenden Punkt in dieser interessanten Erzählung. Die Kananiterin stellt sich jetzt in die göttliche Gegenwart einfach als eine hilfsbedürftige Seele; und keiner hat dieses je vergeblich getan und keiner wird es je vergeblich tun. O welch eine Tiefe, Macht und Fülle liegt in den Worten: „Herr, hilf mir!" Sie bilden eine Kette von drei Gliedern. Sobald der Glaube diese kostbare Kette ergreift, ist alles in Ordnung gebracht. Das Wörtchen „hilf" kann alles in sich fassen, was die Seele hienieden und künftig verlangen kann. 

Geliebter Leser! Laß mich hier einen Augenblick verweilen und die Frage an Dich richten, ob Du jemals wirklich diese dreigliedrige Kette gebildet hast? Hast Du durch einfachen Glauben den Herrn Jesus an das eine Ende und Dich an das andere Ende, und das „Hilf" in die Mitte gesetzt? Wenn dieses je geschehen ist, dann ist alles geordnet, göttlich und ewig geordnet. Du hast Ihn an den rechten Platz als den Helfer, und Dich an den rechten Platz als Hilfsbedürftigen gesetzt; und alles, was Du begehrst, ist unfehlbar gesichert. Das Wörtchen „hilf" faßt nicht nur alles in sich, was Du wünschest oder bedarfst, sondern alles, was Christus geben kann und geben will. Präge dies tief in Deine Seele ein. In dem Augenblick, wo der Sünder den ihm geziemenden Platz vor Gott einnimmt, gibt es nichts als Heil und Rettung für ihn. Auch findet er da nicht 
nur ein solches Heil, wie es ihm geziemt, zu empfangen, sondern vielmehr ein solches, wie es Gottes würdig ist, zu geben. 

Das ist eine große und wunderbare Tatsache, die mit großer Kraft die moralische Größe des Evangeliums der Gnade Gottes erläutert. Möge der Sünder daher, und zwar als Sünder, 
seinen wahren Platz vor Gott einnehmen, und die ganze Sache wird bald in Ordnung gebracht sein. Gott ist sein Heiland, und er ist gerettet, gerettet nach dem Maße der Vollkommenheit der Person und des Werkes Christi. Aber der Sünder muß sich auf dem rechten Platz befinden. Und 
welches ist dieser Platz? Der Platz eines Verlorenen. Sobald er dort gefunden wird, geht die Sündenfrage aus seinen Händen in die Hände Gottes über, und dort wird sie zum Preise der 
Herrlichkeit Gottes vollständig gelöst und geordnet. Gott ist verherrlicht, indem Er durch das Wörtchen „Hilf" an den armen, hilflosen, strafbaren Sünder gekettet ist. Sein heiliger 
Name sei ewig dafür gepriesen! Wer wollte Ihm nicht vertrauen? 

Wer möchte nicht aus Seiner Hand das Heil empfangen? Wer wollte nicht im Augenblick der Not zu Ihm emporblicken, da die Gewährung der Hilfe nicht nur Seinen Namen verherrlicht, sondern auch Sein Herz erfreut? Möge der Heilige Geist unseren Seelen mehr und mehr die lebendigen Tiefen dieser drei Worte entfalten: „Herr, hilf mir!" Sie setzen, wie bereits gesagt, Gott an den Ihm gebührenden Platz als den Helfer und den Menschen an den ihm geziemenden Platz als 
den Hilfesuchenden. Es gibt keine Grenze für das Wörtchen „hilf"; es ist so tief und grenzenlos, wie der Born, aus dem es hervorsprudelt, und darum muß es dem dringendsten Bedürfnis des Sünders zuvorkommen. Die Quelle der Hilfe ist Gott selbst, und die daraus hervordringenden Ströme stürzen sich in zehntausend Kanäle, um den verschiedenen Formen menschlichen Elends zu begegnen. Ist mein Gewissen zu Boden gedrückt unter der schweren Bürde der Schuld, so finde ich Hilfe in Jesu — dieselbe Hilfe, die ich gerade nötig habe. Sein kostbares Blut reinigt von aller Sünde und gibt dem Gewissen vollkommene Ruhe. 

Fühle ich die Bürde der in mir wohnenden Sünde und verlange ich seufzend nach Sieg über die Gewohnheiten und Versuchungen der Natur, so habe ich mich nur auf Christum zu werfen und in den Geist der Worte einzudringen: „Herr, hilf mir!" Und also ist es bei jeder Sache. Der 
Glaube verbindet die Seele mit Christo; und Seine ganze Fülle wird mir zuteil, um mich ihrer bei jeder Gelegenheit bedienen zu können. Dies alles ist deutlich in der Geschichte deskananäischen Weibes ins Licht gestellt. Der Glaube stellt sie auf ihren wahren 
Platz; und kaum hat ihr Fuß diesen Platz betreten, so tritt Christus vor das Auge ihrer Seele in der ganzen moralischen Herrlichkeit Seiner Person, und in der Allgenugsamkeit Seiner 
Gnade. Ihr Glaube trug das richtige Gepräge.

 Er bestand die strengste Probe. Sie zeigte sich zubereitet, nicht nur alle Ansprüche auf Jesum, als den Sohn Davids, fahren zu lassen, sondern auch ihren Platz gleich einem Hunde unter dem Tisch einzunehmen. „Es ist nicht schön", sagt der Herr, „das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen." (V. 26.) 
Das hieß den Glauben in den heißesten Schmelztiegel werfen. Der wahre Glaube kann es ertragen, wenn er geprüft wird. Ein echter Klumpen kann dem Feuer standhalten. Der Herr 
Jesus wußte, wie Er zu handeln hatte; und Er führte diese Frau nur auf einen Standpunkt, von wo aus sie einen Blick auf Ihn werfen konnte, auf Ihn, der jedes Verlangen ihrer Seele befriedigen konnte. Sie hatte keine Ansprüche auf den „Sohn Davids", sie hatte kein Anrecht an dem „Brote der Kinder"; sie war ein Hund aus den Heiden. War sie für dies alles zubereitet? Allerdings. „Ja, Herr!" — sagte sie — „denn es essen ja auch die Hündlein von den Brosamen, die von dem Tische ihrer Herren fallen." (V. 27.) 

Das war in der Tat ein Werk Gottes. Wahrlich, es war ein erfrischender Trunk für den dürstenden Geist des Herrn. Es unterschied sich gänzlich von den Überlieferungen der Ältesten, von dem „Korban" und den Waschungen der Pharisäer. Dort gab es für das Herz Jesu nichts, was dem Glauben einer armen Sünderin gleich war, die sich nicht darum kümmerte, 
welchen Platz sie einnehme, wenn dieser Platz nur in Seiner Nähe war. Sie wußte und fühlte wohl, daß gerade für einen Hund unter dem Tisch reichlich gesorgt werden würde. Freilich konnte sie keinen Anspruch machen auf irgend ein Verhältnis inmitten der jüdischen Haushaltung. Sie dürfte kein Stück von dem „Brote der Kinder" anrühren; aber gab es nicht 
noch Brosamen für einen Hund? Ja, der Herr sei dafür gepriesen! Es war unmöglich, daß Christus einem hilfsbedürftigen Geschöpf ein Brotkrümchen versagen konnte. Der Glaube 
triumphierte; und die Tür zur Schatzkammer des Himmels war 
für eine arme kananäische Frau weit geöffnet in den herrlichen Worten: „O Weib, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willst." (V. 28.) 

Sicher, das ist genug. Der Glaube hat hier das Herz Gottes erreicht. Er hat seinen Lauf bis zu diesem wunderbaren Höhepunkt fortgesetzt. Im ersten Teil unserer Betrachtung wurden 
wir geleitet, das Herz des Menschen zu betrachten; hier wird das Herz Gottes vor unser Auge gebracht. Das Auge Gottes ruht auf dem Herzen des Menschen und deckt es auf als die 
Quelle des Bösen. Hier aber ruht das Auge des Glaubens auf dem Herzen Gottes und erkennt es als eine Quelle der Güte, als eine stets frische, stets sprudelnde Quelle, aus der die Seele 
mit vollen Zügen trinken kann. „Dir geschehe, wie du geglaubt hast." Kostbares Wort! Der Glaube ist der Schlüssel zu den Schätzen des Himmels. Die arme Frau erfaßte und gebrauchte 
diesen geheimnisvollen Schlüssel und erlangte dadurch einen Zugang zu weit überschwenglicheren Reichtümern, als wenn sie das „Brot der Kinder" hätte anrühren dürfen. 

Nichts ist lieblicher, als die Art und Weise, wie diese höchst begünstigte Frau das Herz Christi erreichte, das gleichsam hinter jenen Schranken verborgen war, in denen der „Sohn 
Davids" — der „Diener der Beschneidung" — Sein besonderes Arbeitsfeld fand. Es ist in der Tat wahrhaft erfreulich, zu bemerken, wie sie die erhabene Tatsache ergreift, daß in Ihm 
etwas vorhanden war, das nicht durch die Grenzen der jüdischen Haushaltung beschränkt sein konnte. Ihr Glaube befähigte sie, sich zu Regionen emporzuschwingen, die weit über 
das Judentum und was damit zusammenhing, hinaus lagen. 

Sie begehrte nicht, dieses System für einen Augenblick anrühren zu dürfen; sie begehrte nur, das Herz Christi zu berühren, dieses weite, schrankenlose Herz, das durch kein System unter der Sonne abgesperrt werden konnte. Was sie selbst betraf, war sie zubereitet, irgend einen Platz, und wenn auch den Platz eines Hundes unter dem Tische des Herrn einzunehmen. Es kümmerte sie nicht, wo sie war; wenn sie sich nur in Seiner Nähe befand. Es wäre für sie kein Gewinn gewesen, sich auf jüdischen Boden zu stellen. Das heiße Verlangen ihres Glaubens führte sie weit über den Dienst des „Dieners der Beschneidung" hinaus. Sie erreichte Ihn selbst; und in Ihm fand sie alles, was sie wünschte. Sie beugte sich vor dem Zeugnis betreff des ihr geziemenden Platzes, indem sie sagte: „Ja, Herr!"; aber sie öffnete zugleich die Schleusen der 
Liebe Seines Herzens durch die bedeutungsvollen Worte: „Es essen ja auch die Hündlein von den Brosamen, die von dem Tische ihrer Herren fallen.

" Die ersten Worte stellen den Sünder auf den rechten Platz; die anderen machen für Gott Raum, um mit dem ganzen Reichtum Seiner rettenden Gnade eintreten zu können. Jene verzichten auf alle Ansprüche auf dem Grunde persönlichen Verdienstes, diese bauen all ihre 
Erwartungen auf den Grund der unumschränkten Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Nichts kann einfacher sein. Wir finden hier nur eine jener tausend treffenden Erläuterungen derselben 
großen Wahrheit, die uns auf jeder Seite des heiligen Wortes, vom 1. Buch Mose bis zur Offenbarung, gleich einem Sonnenstrahl entgegenleuchtet. 

Matthäus 26. 31-75 Jesus und Petrus BdH 1853

02/07/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Jesus und PetrusMatthäus 26. 31-75

Botschafter des Heils in Christo 1853

In dem erwähnten Abschnitt des angegebenen Kapitels finden wir hauptsächlich Jesus und Petrus als die handelnden Personen. Der Abstand, der sich in des Jüngers Benehmen, gegenüber dem seines göttlichen Herrn und Meisters zeigt, ist sehr groß. In Jesu sehen wir den Gehorsamen, den Ergebenen; Seine tiefe Unter­würfigkeit ist in Seinem Gebet enthalten: „Doch nicht wie ich will, sondern wie du willst." — Man sah einen Engel vom Himmel steigen, ihn zu stärken. Er ward — „gekreuzigt in Schwachheit." Wir hören Ihn bei der Versuchung in der Wüste dem Teufel mit dem Worte 'Gottes antworten. Er hätte in Seiner göttlichen -Macht wohl sagen können: „Hebe dich weg Satan", aber das würde kein Beispiel für u n gewesen sein. Ebenso finden wir auch den Herrn oftmals im Gebet. —

Wenn man die Handlungsweise des Petrus mit dem Herrn vergleicht, so tritt so recht die Schwachheit des Fleisches und die Stärke des Glaubens hervor. Petrus vertraute auf sein Fleisch und bestand nicht in der Versuchung; er sah auf sich, als er sagte: „Ich will mit dir in das Gefängnis und in den Tod gehen". Schon gleich nachher muss ihn der Herr fragen: „Könnt ihr nicht eine Stunde mit mir wachen?" Da war weder Gefängnis noch Tod. „Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallet", ermahnt der Herr. Lasset euch von ihr nicht umstricken; fallet nicht in ihre Netze, denn das Fleisch ist schwach. Petrus fiel in die Ver­suchung; Jesus hingegen niemals. Und &ich war die Versuchung viel größer für Jesum. Juden und Heiden waren gegen Ihn, und hinter ihrem Rücken stand Satan.

 „Dieses", sagte Er: „ist eure Stunde und die Macht der Finsternis"; und ferner: „meine Seele ist voll Betrübnis bis zum Tode". Der Herr blieb aber dabei nicht stehen, — Er geht und betet zum Vater. Sein Auge sah nicht .auf das, was Ihn umgab, — Er sah auf zum Vater. Nicht, dass Er nicht fühlte, was über ihn kam, denn Er betet ja: „Vater, wenn es mög­lich ist, so lass diesen Kelch an mir vorüber gehen". Er wusste, dass Er hienieden schwach war, und das ist eben wirkliche Stärke. Wer seine Schwachheit noch nicht kennt, verlässt sich darauf und fällt. Bedenket dass wenn wir Gott ganz vertrauen, die Versuchung uns nichts anhaben kann, wir lassen uns gar nicht mit ihr ein. Jesus sagt: „Muss ich nicht den Kelch trinken, den mir mein Vater ge­sandt hat?" Er sieht weder Pilatus noch Judas darin; es war ja nicht Satan, der Ihm diesen Kelch gereicht hatte, sondern Sein Vater.

So ist es auch mit .uns, wenn volles Vertrauen uns die Ver­suchung überwinden hilft. Prüfungen kommen; aber mit Jesu können wir sagen: „Muss ich den Kelch nicht trinken, den mein Vater mir darreicht?" Jede Prüfung bietet uns eine Gelegenheit, unsere Ergebung in den Willen Gottes zu bewähren, so wir Gott nahe sind; wo nicht, so wird sie zur Versuchung und zum Fall werden. Jesus vertraute sich völlig Gott an. „Bleibet hier und wachet mit mir"; scheint Schwäche; aber dennoch zitterte Er nicht davor, allein leiden zu müssen. 

„Wenn ihr mich suchet, so lasset diese gehen". In Seiner Herzensangst betete Er immer inbrünstiger; es treibt Ihn zum Vater, und zwar ehe die Versuchung kam. Was folgt aber darauf? Als die Prüfung wirklich kam, war alle Schwachheit vorüber. Er gibt Sich ihnen selbst zu erkennen indem Er sagt: „Wen suchet ihr?" und ist dabei so ruhig, als ob Er käme, ein Wunder zu tun. Weder vor Kajaphas noch vor Pilatus sagte Er etwas Anderes, sondern be­kennt sich als Gottes Sohn vor den Juden und als König vor Pilatus.

Woher aber kommt diese Verschiedenheit zwischen Petrus und Jesus? Zuerst sehen wir, dass, indem Petrus schläft, auch das Fleisch schlief; er schlief, um sich dem Druck der Sorgen zu entziehen. Petrus war nicht bereit, durch die Prüfung hindurch zu gehen mit dem Vater. Im Augenblicke, als Jesus weggeführt werden sollte, erwachte die Tätigkeit des Fleisches und Petrus zog das Schwert. Das Fleisch hat so viel Kraft, um uns in Ge­fahren zu bringen, denen wir nicht gewachsen sind, und gerade dann verlässt sie uns.

 Wie wenig Ähnlichkeit zwischen dem Mei­ster und Seinem Jünger. Während Christus betete, schlief Petrus; während Christus sich geduldig unterwarf, griff Petrus zu den Waf­fen; während Christus duldete wie ein Lamm und Seinen Mund nicht auftat, fluchte Petrus. So ist aber das Fleisch; tätig, wenn es ruhig sein sollte; schlafend, wenn es wachen sollte. Christus wendete Sich in, Seiner Seelenangst zum Vater, war aber voll­kommen gefasst, als die Prüfung über Ihn kam. O wenn wir wüssten, wie wir uns mit unserm Vater zu benehmen hätten, es würde nicht eine einzige Versuchung sein, die nicht zu Seiner Ehre überwunden würde.

Die Hauptsache war aber, dass Petrus noch nicht kennen gelernt hatte, was das Fleisch sei; er kannte nicht dessen Schwäche und darum war auch kein volles Vertrauen mög­lich. Er schien aufrichtig bereit, dem Herrn Jesu nachzu­folgen und Ihn nicht zu verleugnen. Es war auch mehr Gefühl natürlicher und treuer Anhänglichkeit in Petrus, als in denen, die den Herrn verließen und entflohen; er liebte den Herrn wirklich. Er fehlte nicht vorsätzlich, nicht weil er sündigen wollte, sondern fiel durch die Schwachheit des Fleisches. Christus überwand alle Schwachheit in der Gemeinschaft mit Seinem Vater, auch selbst die Todesangst. Petrus fiel, ob­gleich kaum der Schatten einer Versuchung über ihn gekom­men war; er kannte sein Fleisch nicht, vertraute nicht auf den Herrn und betete auch nicht.

 „Wir sollen wachen im Gebet"; nicht bloß bereit sein zu beten, wenn die Versuchung da ist, sondern stets in Gemeinschaft mit Gott sein und so ihr entgegen gehen, gestärkt durch Vertrauen und Gebet. Wer nicht beständig betet und immerdar an seine große Schwäche denkt, der wird, mag er Christum auch lieb haben und den besten Willen besitzen, Gott zu dienen, gerade durch diesen guten Willen verleitet, Christum zu verleugnen. Die arideren Jünger, welche flohen, entehrten den Namen des Herrn nicht so sehr, als Petrus es tat. Und so lernte er die Schwachheit seines Fleisches kennen; während Jesus. seine Abhängigkeit dadurch bekannte, dass er unaufhörlich betete.

Und was tat Jesus, da Er wusste, dass Satan den Petrus versuchen würde? — Er betet für ihn. Je mehr Erkenntni, teure Brüder, desto mehr Gebet. „Ich habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhöre". Wir können niemals unsern Brüdern die Wahrheit verkündigen, wenn wir uns nicht unserer Schwäche bewusst sind. Was würde aus Petrus geworden sein, ohne das Gebet von Jesu? Er war nahe daran, gleich Judas zu werden. Wie gut ist es, sich schwach zu bekennen, anstatt gleich Petrus sich in die Gefahr zu begeben und darin unterzugehen. Wie viel besser ist es, wenn wir uns fürchten, irgend einen Schritt zu tun, ohne des Herrn Leitung.

 Das Fleisch leitet uns immer irre; wir können uns nie darauf verlassen. Nur wenn wir Gott immerdar vor Augen haben, überwinden wir. Keine Weisheit wird uns helfen, als nur die Weisheit von oben. Die Gewalt und Verdor­benheit unseres Fleisches können wir dadurch kennen lernen, dass wir im Gebet und Gemeinschaft mit dem Herrn wandeln und keinen Schritt gehen ohne seine Leitung, oder auch dadurch, dass wir die bittere Erfahrung machen, die auch den Petrus lehrte. Wenn wir uns unaufhörlich bewachen, so wird keine Versuchung uns etwas anhaben. Prüfungen werden allerdings kommen, aber wir werden gerüstet sein gegen Alles, was kommt; nicht aber, dass wir etwa sagen, nun bin ich vorbereitet auf diese oder jene Versuchung. Wir wissen keinen Augenblick, welche Prüfung über uns kommt, deswegen ist unsere einzige und beste Zuflucht: „Wachen und beten". Ja betet, ehe der Sturm kommt, wie Jesus uns lehrt. Wir müssen auf viele Versuchungen unserer Seele vorbereitet sein; ja, oft möchten wir wohl fragen: wozu diese Prüfungen?

 Sie werden nur sein, um unsere Wachsamkeit auf die Probe zu stellen und uns ganz dem Vater zu übergeben. Der Herr wird uns die Last, die Er uns auflegt, tragen helfen mit Seinem Geiste. Darum sollen wir uns nicht fürchten und Alles in Ihm tun! Die Kraft der Liebe und des willigen Gehorsams hat keine Grenzen, wenn unsere Stärke vom Herrn ist. — „Wenn es möglich ist, so lass diesen Kelch an mir vorübergehen". Keiner von uns kann ermessen, wie bitter dieser Kelch war, für Den, der in des Vaters Liebe geruht hatte; aber je höher der Geist, desto höher die Erkenntnis. Da war die Heiligkeit und Gerechtigkeit selbst für uns zur Sünde gemacht worden; kein Lichtstrahl fiel in die Seele Jesu, dessen Schweiß zur Erde rann wie Blutstropfen. Ihm wurde unsere Sünde nicht leicht; der Fürst des Lebens wurde vom Staube des Todes bedeckt. „Alle deine Wogen schlagen über mir zusammen". Am Kreuze trug Jesus, was du nie tragen wirst, darum hüte dich, ihn zu verleugnen. Viele aber, die im Ganzen Ihn bekennen, sündigen doch im Einzelnen gegen Ihn. — Darum prüfe dich einmal. — Und nun sei Ihm, der allein uns vor dem Fall bewahren und uns ohne Straucheln zu den ewigen Freuden Seiner Herrlichkeit führen kann — Preis und Ehre!

Matthäus 14,22-33 Der Weg mit dem Herrn, Heijkoop H.L.

01/01/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

"Und alsbald nötigte er die Jünger, in das Schiff zu steigen und ihm an das jenseitige Ufer vorauszufahren, bis er die Volksmengen entlassen habe. Und als er die Volksmengen entlassen hatte, stieg er auf den Berg besonders, um zu beten. Als es aber Abend geworden, war er daselbst allein. Das Schiff aber war schon mitten auf dem See und litt Not von den Wellen, denn der Wind war ihnen entgegen. Aber in der vierten Nachtwache kam er zu ihnen, wandelnd auf dem See. Und als die Jünger ihn auf dem See wandeln sahen, wurden sie bestürzt und sprachen: Es ist ein Gespenst! Und sie schrieen vor Furcht.

 Alsbald aber redete Jesus zu ihnen und sprach: Seid gutes Mutes, ich bin's; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf den Wassern. Er aber sprach: Komm! Und Petrus stieg aus dem Schiffe und wandelte auf den Wassern, um zu Jesu zu kommen. Als er aber den starken Wind sah, fürchtete er sich; und als er anfing zu sinken, schrie er und sprach: Herr, rette mich! Alsbald aber streckte Jesus die Hand aus, ergriff ihn und spricht zu ihm: Kleingläubiger, warum zweifeltest du? Und als sie in das Schiff gestiegen waren, legte sich der Wind. Die aber in dem Schiffe waren, kamen und warfen sich vor ihm nieder und sprachen: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn!" (Matthäus 14,22-33).

Vor einiger Zeit hörte ich in den USA etwas sehr Schönes von einem Bruder - er ist schon längere Zeit beim Herrn -, der kurz nach dem 1. Weltkrieg dort eingewandert war. Im Jahre 1929 fand in den USA eine sehr schwere Wirtschaftskrise statt, die dort noch weitaus heftiger war als hier in Deutschland. Die Söhne dieses Bruders erzählten mir, daß sie in dieser Zeit oft große geschäftliche Schwierigkeiten hatten und keinen Ausweg sahen. Doch ihr Vater sagte niemals: Ob der Herr uns wohl helfen wird? Nein, er sagte: Ich bin gespannt, in welcher Weise der Herr uns jetzt helfen wird. Er zweifelte nie daran, daß der Herr helfen würde, und der Herr hat seinen Glauben belohnt. Er hat immer geholfen, und das jedesmal in einer anderen Weise. In einem Lied heißt es: "Du kennst jede Not. Wo der Menschen Hilf' zu Ende, bleiben mächtig deine Hände." Das bedeutet aber nicht, daß der Herr immer nach unseren Vorstellungen handelt. Er weiß allezeit den besten Weg.

In Matthäus 12 können wir nachlesen, wie die Pharisäer, die religiösen Führer des Volkes Israel, sagten, daß der Herr die Dämonen durch Beelzebub, den Obersten der Dämonen, austreibe. Damit lehnten sie Ihn vollständig ab. In Kapitel 13 spricht der Herr davon, wie sich das Reich der Himmel verändern würde, weil sie Ihn, den König dieses Reiches, verwarfen. Kapitel 14 beginnt mit der Beschreibung der Ermordung Johannes' des Täufers durch Herodes. Im Anschluß daran heißt es: "Und als Jesus es hörte, entwich er von dannen in einem Schiffe an einen öden Ort besonders" (14,13). Die Ermordung des Johannes war der sichere Beweis, daß auch der Herr diese völlige Ablehnung erfahren würde. Wenn der Vorläufer des Herrn Jesus ermordet wurde, stand fest, daß dem Herrn dasselbe Los zuteil werden würde.

Dennoch bleibt der Herr in Seiner Liebe zu den Menschen derselbe, auch wenn Er den Haß und die Feindschaft der Welt erfährt. Nach Seinem vollbrachten Werk und Seiner Auferstehung hören wir Ihn sagen: "Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden" (Mt 28,18). Die Menschen allerdings glaubten nicht, daß Ihm alle Gewalt gegeben war. In den Versen ab Kapitel 14,14 gibt Er den Menschen einen Beweis Seiner Macht: Er speist eine große Menschenmenge mit fünf Broten und zwei Fischen: "Die aber aßen waren bei fünftausend Männer, ohne Weiber und Kindlein" (14,21). Möglicherweise waren es insgesamt 10.000 Menschen, die von den Broten und Fischen aßen. Hier sehen wir auf eindrückliche Weise, daß dort, wo der Menschen Hilfe zu Ende ist, Seine Hände mächtig bleiben.

Es ist gut, daß wir uns dieser Tatsache in unseren Herzen gründlich bewußt sind und daß wir glauben, daß Er es ist, der alle Macht hat. Alle Dinge sind in Seinen Händen. Und dieser Glaube ist notwendig, wenn wir wirklich den Weg mit dem Herrn gehen wollen. Wie kann ich mich, ja, mein ganzes Leben, dem Herrn übergeben, wenn ich nicht glaube, daß Er wirklich alles in Seiner Hand hat? Wissen wir nicht aus Erfahrung, daß es nicht einfach ist, uns völlig in die Hände des Herrn zu übergeben? Dann machen wir nicht mehr unsere eigenen Pläne, sondern lassen Ihn für uns die Pläne machen und uns von Ihm führen. So heißt es in dem bekannten Lied: "So nimm denn meine Hände und führe mich." Lassen wir uns von Ihm auf dem Weg führen, der nach Seinen Gedanken ist? Lassen wir uns führen - nicht nur, um Schutz vor Gefahren zu erleben? Dazu müssen wir, wie gesagt, in unseren Herzen überzeugt sein, daß Er alles besser weiß als wir und alle Macht in Seinen Händen ist. Der Weg, den der Herr uns führt, sieht allerdings oft völlig anders aus, als wir uns das vorstellen. Das können wir aus dem verlesenen Abschnitt lernen.

"Und alsbald nötigte er die Jünger, in das Schiff zu steigen und ihm an das jenseitige Ufer vorauszufahren, bis er die Volksmengen entlassen habe" (V. 22). Er nötigte die Jünger, das Schiff zu besteigen. Offensichtlich entsprach das nicht ihren Vorstellungen. Der weitere Verlauf der Ereignisse scheint ihnen recht zu geben. Unter den Jüngern waren erfahrene Fischer, die den manchmal sehr gefährlichen See gut kannten.

 Ob sie sahen, daß in dieser Nacht ein Sturm losbrechen würde? Der Herr nötigt sie, das Schiff zu besteigen, auch wenn sie es nicht wollen. Ist das nicht gegen allen gesunden Menschenverstand? Warum durften sie nicht warten, bis Er selbst kam und mit ihnen fuhr? Warum durften sie nicht bis zum nächsten Morgen warten, wenn der Sturm vorbei war? Warum müssen sie gerade jetzt, an diesem Abend, ja, in dieser Nacht den See überqueren? Sie kannten den Herrn noch nicht gut und vertrauten Ihm daher nicht wirklich. Und wir sind nicht besser als die Jünger, auch wir vertrauen Ihm so wenig.

Nachdem sie nun abgefahren waren, geschah etwas, wovon sie wohl keine Kenntnis hatten: "Und als er die Volksmengen entlassen hatte, stieg er auf den Berg besonders, um zu beten. Als es aber Abend geworden, war er daselbst allein" (V. 23). Sie konnten den Herrn nicht mehr sehen. Er war oben auf dem Berg, um für sie zu beten. Wußte Er nicht, daß es einen Sturm geben würde? Wußte Er nicht, daß das Boot ungeeignet war für solch einen Sturm? Er wußte es sehr wohl. Er wollte den Jüngern auf diese Weise zeigen, wer Er war und daß Seine Macht für jede Lage ausreicht. 

Das Schiff ist ein menschliches Hilfsmittel, mit dem man sich auf dem Wasser fortbewegen kann. Kein Mensch kann von sich aus über das Wasser gehen. In der prophetischen Bedeutung dieses Ereignisses dürfen wir einen Hinweis auf den gläubigen Überrest Israels sehen, der nach der Entrückung der Versammlung Gottes die große Drangsal erleben wird. Schließlich wird er das andere Ufer des Tausendjährigen Friedensreiches jenseits des Sees erreichen.

Zugleich sind die Jünger ein Bild von uns als Gläubigen während der Gnadenzeit, die der Herr in eine Welt gesandt hat, die Ihn verworfen hat. In dieser Welt ist auch uns alles entgegen. Die Hilfsmittel, die uns zur Verfügung stehen, reichen nicht aus, um sicher das andere Ufer unserer Reise zu erreichen. Auch wir müssen lernen, das einzusehen.

Hier finden wir den Weg, auf dem der Herr uns lehrt, daß alle unsere eigenen Anstrengungen unzureichend sind. Wir lernen, daß wir allein von Ihm abhängig sind. Und wenn wir das gelernt haben, dürfen wir sehen, wie es schließlich doch weitergeht. Wir brauchen Erfahrungen darüber, wer der Herr ist und wie groß Seine Macht und Seine Liebe sind. Es ist schon oft gesagt worden, daß nur derjenige errettet werden kann, der zuvor verloren ist. So kann auch nur derjenige aus einer schweren Lage herausgerettet werden, der zuvor in großer Bedrängnis ist. Nur in solch einer Errettung lernt man wirklich den Retter in Seiner Macht kennen.

"Das Schiff aber war schon mitten auf dem See und litt Not von den Wellen, denn der Wind war ihnen entgegen" (V. 24). Zwölf kräftige Männer kommen mitten auf dem See nicht weiter, obwohl sie ihr Leben lang mit dem Wasser vertraut waren. Es lag nicht daran, daß sie das Schiff nicht steuern konnten. Sie wußten zu rudern. Doch der Wind war ihnen entgegen. Das Schiff litt Not von den Wellen. Sind wir nicht auch schon einmal an einen Punkt gekommen, wo alle Hilfsmittel unzureichend waren? Es gibt Augenblicke im Leben, wo man nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll. Dann wird uns bewußt, wie sehr wir von Gott abhängig sind. Ein menschliches Sprichwort sagt: Not lehrt beten. Wie wenig sind wir anfänglich geneigt zu beten. Zuerst meinen wir, ohne den Herrn auskommen zu können.

Ich las einmal eine kleine Geschichte von einem Hirten in der Schweiz. Als er sich mit seiner Herde oben in den Bergen befand, kam plötzlich ein schweres Unwetter auf. Und er rief: O Herr, hilf mir, denn ich kann das Vieh nicht nach unten treiben! Als er dann aber doch ein gutes Stück nach unten gekommen war und sich in einem Wald befand, meinte er, es wieder selbst schaffen zu können und sagte: Herr, jetzt komme ich wieder zurecht. Kennen wir das auch aus eigener Erfahrung?

Eine andere kleine Geschichte von einem Bauern in Holland: Eines Tages kam sein Sohn nach Hause und erzählte seinem Vater, wie der Herrn ihm geholfen hatte. Er sagte zu Ihm: Vater, der Herr hat mir wunderbar geholfen; ich war mit dem Pferd auf der Straße, als andere Pferde ausschlugen; und doch ist kein Unglück geschehen. Daraufhin sagte der Vater zu ihm: Der Herr hat mir noch wunderbarer geholfen; ich war ebenfalls mit dem Pferd auf der Straße, und es ist überhaupt nichts geschehen.

Vor etwa zehn Jahren besuchte ich einen alten Bruder in den USA. Zusammen mit ihm und seiner Frau machte ich eine weite Reise mit dem Auto, die etwa acht Tage dauerte. Es bleibt mir unvergeßlich, wie dieser Bruder jedesmal morgens, und mittags nach dem Essen, wenn wir wieder abfahren wollten, sagte: Wir wollen zuvor beten und uns dem Herrn für die Weiterfahrt anbefehlen. Er betete: Herr, wir sind auch jetzt völlig abhängig von Dir; wir befehlen uns Dir an und bitten Dich, uns auf unserer Reise zu bewahren. Ich habe das noch nicht oft getan. Ich war mir zwar bewußt, daß der Herr mich bewahren muß, doch ich habe Ihn selten darum gebeten. Dieser Bruder war ein gutes Vorbild für mich.

Ein anderes Beispiel: Ich war in der vorigen Woche zusammen mit meinem Schwager mit dessen Auto in Zürich. Wegen eines Defekts war es nicht mehr möglich, den Kofferraum aufzuschließen. Wir mußten also eine Reparaturwerkstatt aufsuchen. Und nachdem wir eine Viertelstunde, ja, schließlich eine halbe Stunde vergeblich in Zürich umhergefahren waren und gesucht hatten, hielt er plötzlich an und betete: Ach Herr, wir kommen viel zu spät an - zeig uns bitte eine Werkstatt! Und wie er aufschaute, sah er in zwanzig Meter Entfernung eine Werkstatt. Warum mußten wir erst eine halbe Stunde umherfahren, bevor er daran dachte, den Herrn zu bitten, uns zu helfen?

Ja, oft meinen wir, wir kämen ohne den Herrn aus. Dann führt Er uns Wege, auf denen wir erkennen, daß das nicht möglich ist. Doch wollen wir uns eigentlich immer helfen lassen? Warum übergeben wir uns Ihm eigentlich nicht völlig, so wie es in einem Lied heißt: "Ich will von deinen Händen mich lassen dreh'n und wenden"?

Ich erinnere mich an eine Schwester in den USA, die mit 17 Jahren krank wurde, so daß sie fortan zu Bett lag. Nach weiteren 53 Jahren ist sie heimgegangen. Als ich sie vor einigen Jahren zum erstenmal besuchte, sah ich, daß sie völlig gelähmt war und nur ihren Mund bewegen konnte. Außerdem konnte sie etwas schreiben, wenn ihre Mutter ihr ein Blatt gab und ihr einen Bleistift in die Hand drückte. Ansonsten lag sie immer still im Bett. Ihre Mutter mußte alles für sie tun. Warum hat der Herr das zugelassen? Ich bin davon überzeugt, daß der Herr etwas Gutes damit beabsichtigte.

Wenn der Herr zu mir sagen würde: Es ist das beste für dich, wenn du ab morgen für zwanzig Jahre mit einer schmerzhaften Krankheit bettlägerig würdest -, was würde ich dann sagen? Herr, tu mit mir das, wovon Du weißt, daß es gut für mich ist? Jeder kann sich diese Frage einmal für sich selbst stellen. Es ist nicht einfach, uns in dieser Weise dem Herrn zu übergeben. So etwas will gelernt sein. An dieser Begebenheit hier in Matthäus 14 können wir sehen, wie man das lernt.

Es war der Herr, der die Jünger genötigt hatte, in das Schiff zu steigen und vorauszufahren. Sahen sie nicht den aufkommenden Sturm und das kleine Boot? Auch wir sind uns häufig der großen Schwierigkeiten bewußt, auf die wir zugehen. Den Weg zu gehen, den der Herr uns zeigt, bedeutet nicht, daß wir keine Schwierigkeiten hätten. O ja, sie kommen sehr wohl. Doch eins dürfen wir wissen: Wenn wir uns auf dem Weg befinden, den Er uns führt, dann wird Er uns auch bei allen Schwierigkeiten helfen. Dann wird Er uns am Ende überreich segnen. Dann werden wir Erfahrungen mit Ihm machen. Auf diesem Weg lernen wir, dem Herrn zu vertrauen.

"Aber in der vierten Nachtwache kam er zu ihnen, wandelnd auf dem See. Und als die Jünger ihn auf dem See wandeln sahen, wurden sie bestürzt und sprachen: Es ist ein Gespenst! Und sie schrieen vor Furcht" (V. 25.26). Die Situation ändert sich schlagartig. Der Herr kommt zu ihnen. Die Augen der Jünger sind gehalten. Sie erkennen Ihn nicht. Statt dessen schreien sie vor Angst auf. Sie meinen ein Gespenst zu sehen. Und auch unsere Augen sind oft gehalten, so daß wir den Herrn in den Schwierigkeiten nicht erkennen.

Ich möchte ein Beispiel aus meinem eigenen Leben erzählen. Ich wurde 1942 von der Gestapo (Geheime Staatspolizei in der NS-Zeit) gefangengenommen und in ein Konzentrationslager gebracht. Ich fuhr mit dem Zug. An einer Station kam ein Bruder an den Zug. Wir konnten uns kurz unterhalten. Ich sagte ihm, daß ich niemals ernstlich krank gewesen sei und hoffte, gut durchzukommen. Doch kaum war ich im Lager, da wurde ich sehr krank. Ich bekam ein Geschwür am Zwölffingerdarm. Bei einem Appell verlor ich viermal das Bewußtsein und dachte, daß ich sterben würde. Ich wurde in die Krankenbaracke verlegt. Das war das Schrecklichste, was einem im KZ geschehen konnte. Nachdem ich dort sechs Wochen verbracht hatte, wurde das gesamte Lager aufgelöst, und die Inhaftierten wurden in ein neues Lager überführt, das erst halb fertig war. Die Umstände waren so entsetzlich, daß bereits im ersten Monat zwanzig Prozent der Häftlinge vor Hunger und Elend starben. Während drei Monaten konnten wir uns weder rasieren noch die Haare schneiden. Es gab keine saubere Kleidung und keine Seife. Alles war voller Läuse. Außerdem hatte ich solche entsetzlichen Schmerzen. Warum mußte ich krank werden und hierhin kommen?

Ein Jahr später begegnete ich einem Gefangenen, der auf der Kommandantur arbeitete. Er fragte mich, wieso ich denn hier sei. Ich fragte ihn erstaunt: Wie meinst Du das? - Ja, sagte er, ich hatte heute noch Deine Papiere in Händen. Darin stand, daß Du bereits im Dezember 1942 von dem Lager aus, wo Du zuerst warst, nach Deutschland zu einem Vernichtungslager verschickt werden solltest. - Die Menschen, die dort eingeliefert wurden, wurden sofort umgebracht. Später erfuhr ich, daß ein gläubiger Freund von mir, der mit mir in das erste Lager gekommen war, in dieses Vernichtungslager verschickt worden war und innerhalb von drei Wochen beim Herrn war.

Die Krankheit hat mir das Leben gerettet. Drei Monate hatte ich entsetzliche Schmerzen, doch nach dieser Zeit habe ich niemals mehr etwas von dieser Krankheit gemerkt. Damals wußte ich nichts davon, doch ein Jahr später habe ich erfahren, wie der Herr mich dadurch bewahrt hat. Es hätte genausogut sein können, daß ich in diesem Leben niemals etwas davon erfahren hätte. Das Wirken des Herrn kann uns tatsächlich wie ein Gespenst erscheinen. Und doch ist Er es, der dadurch wirkt. Würden wir den Herrn Jesus besser kennen und unser Leben Ihm völlig übergeben, würden wir nicht denken, daß es ein Gespenst ist, das uns begegnet. Wenn der Herr Jesus sagt, daß kein Haar ohne den Willen des Vaters von meinem Haupt herabfällt, wie kann ich dann annehmen, daß es ein Gespenst ist, das mir begegnet? Und selbst wenn der Herr den Teufel benutzt - wie Er das bei Hiob getan hat - so weiß ich dennoch, daß der Herr in Seiner Liebe hinter allem steht.

"Alsbald aber redete Jesus zu ihnen und sprach: Seid gutes Mutes, ich bin's; fürchtet euch nicht!" (V. 27). Nun hören die Jünger die Stimme des Herrn. Wie wohltuend muß es für sie gewesen sein, diese Stimme zu hören. Es ist der Herr, der da auf dem See wandelt.

"Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, wenn du es bist, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf den Wassern. Er aber sprach: Komm!" (V. 28). Und wie Petrus klar wird, daß es der Herr ist, der da in aller Ruhe auf den Wellen geht - Er braucht kein Schiff, um sich auf den Wellen fortzubewegen, Ihm kann auch der starke Wind nichts anhaben -, kommt in ihm der Wunsch auf, ebenfalls auf dem Wasser zu gehen. Ja, er möchte in der Nähe des Herrn sein. Er bittet den Herrn, ihm zu befehlen, zu Ihm zu kommen. Was tut der Herr lieber als das!? Ist es nicht eine Freude für Ihn, wenn jemand zu Ihm kommen will? Vielleicht haben die anderen gedacht: Es ist eine Herausforderung, so etwas von dem Herrn zu verlangen. Doch Petrus ist in diesem Augenblick bereit, auf alle menschlichen Hilfsmittel zu verzichten. Die Nähe des Herrn bedeutete ihm viel mehr.

"Und Petrus stieg aus dem Schiffe und wandelte auf den Wassern, um zu Jesu zu kommen" (V. 29). Welch eine Überwindung muß das für Petrus gewesen sein, aus dem Schiff zu steigen. Das tut man erst, wenn der Herr in unmittelbarer Nähe ist und wenn man gesehen hat, daß man in eigener Kraft nicht vermag, gegen die Schwierigkeiten anzukämpfen. Petrus übergibt sich so völlig dem Herrn. Er wollte in der Nähe seines Herrn sein, den er liebte. Er sah im Glauben, daß der Herr Macht hat über alle Umstände. Er tat etwas, was er nie zuvor in seinem Leben getan hatte. Wir lesen nichts davon, was die anderen Jünger in diesen Augenblicken gedacht und gesagt haben mögen. Sie brachten jedenfalls diesen Glauben nicht auf. Sie blieben weiter in dem Schiff.

Mir fällt eine kleine Begebenheit ein, die sich vor einigen Jahrzehnten in Deutschland ereignet hat. Ein Bruder, der eine kleine Fabrik besaß, hatte Bedenken, die Gebäude gegen Brandschaden zu versichern. Eines Tages brannten die Gebäude ab. Er hatte ausreichende Mittel, alles wieder aufzubauen. Etwa ein Jahr später brannte alles ein zweites Mal ab. Nun sagten andere zu ihm: Jetzt wirst du doch wohl eine Brandschutzversicherung abschließen. Er konnte das jedoch nicht als den Willen des Herrn für sich erkennen. Mit der Hilfe anderer hat er alles wieder aufbauen können. Und dann brannte alles zum dritten Mal ab. Und wieder konnte er alles aufbauen. Der Herr hat in der Folgezeit sein Geschäft gesegnet; nach kurzer Zeit war er wieder schuldenfrei.

Ich will noch eine andere Begebenheit erzählen. Ein Bruder, den ich sehr gut kannte, erzählte mir, daß seine gläubigen Eltern - er war zu der Zeit noch ein Junge - 
sich ebenfalls nicht gegen Brandschäden versichern wollten. Eines Tages stand er mit seinem Vater in der Scheune, als bei einem Gewitter ein Blitz in das Haus einschlug. 
Nichts war beschädigt. Sein Vater konnte nicht schnell genug sein Fahrrad besteigen und in das Dorf fahren, um eine Versicherung abzuschließen - obwohl der Herr ihm doch gerade den Beweis gegeben hatte, wie Er alles bewahren kann. 
Einige Zeit später hat der Vater diese Versicherung aber doch wieder gekündigt.

Matthäus 6. 9, Unser Vater in dem Himmel. Dr. Martin Luther

12/24/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Ob ich wohl fühle und erfahre, daß ich leider nicht kann mit ganzem Herzen Vater Unser sagen, wie es denn kein Mensch auf Erden völlig sagen kann (sonst waren wir bereits gar selig), so will ich doch versuchen und anfangen, wie ein Kindlein am Vater festzuhalten. 

Kann ich's nicht genug glauben, so will ich es doch nicht lassen erlogen sein noch nein dazu sagen, und ob ich das Spiel nicht so spielen kann, wie sein Recht ist, daß ich nur nicht das Widerspiel treibe, denn das wäre den Teufel gar aus ihm gemacht, sondern täglich daran lerne buchstabieren, bis ich solch Vater Unser und diese Predigt Christi lerne nachsprechen, ich mache es so gut oder schlecht, als ich kann, Gott gebe, es sei gestammelt oder gestottert oder gelallt, daß ich's nur etwa zuwege bringe.    Quelle Christlicher Wegweiser 

Matthäus 26. 6-13 Die Alabaster-Flasche BdH 1872

12/23/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Die Alabaster-Flasche  Matthäus 26,6-13 BdH 
In diesen Tagen der eifrigen Beschäftigung und rastlosen Tätigkeit ist es sehr wichtig im Auge zu behalten, daß Gott alles von einem Standpunkte aus betrachtet, 'alles nach einem Maßstabe mißt und alles durch einen Prüfstein prüft. Dieser Prüfstein, dieser Maßstab ist 'Christus; und Gott würdigt die Dinge nur, insofern sie mit Seinem geliebten Sohne in Verbindung stehen. Was für Christum getan wird, das allein ist köstlich vor Gott; alles andere ist ohne Wert für Ihn. Man möge sehr viel arbeiten und deswegen von den Leuten oft gelobt werden; aber wenn Gott es beurteilt, dann wird Er nur eins sehen, nämlich inwieweit all' dieses Schaffen und Arbeiten in Verbindung mit Christo steht. Seine 'einzige Frage wird Sein: „Wurde es in dem Namen und zur Verherrlichung des Namens Jesu getan?" Wenn ,dies der Fall ist, so wird es sich bewähren und belohnt, wenn nicht, so wird es verworfen und zunichte werden.


Es 'hängt nicht im Geringsten etwas davon ab, wie die Gedanken 'der Menschen über diese oder jene Arbeit sind. Sie mögen eine Person wegen irgendeiner Sache fast wie einen Gott verehren, sie mögen seinen Namen in allen Zeitungen veröffentlichen, ihn zu dem Gegenstand iihrer täglichen Gespräche machen; er mag als Prediger, als Schriftsteller oder als Menschenfreund einen großen Namen haben, so wird doch all' sein Streben, all' seine Arbeit, wenn sie nicht für jesum und zu Seiner Ehre getan worden ist, wenn sie nicht die. Frucht der Liebe Christi ist, wie Spreu verschwinden und für ewig vergessen sein.
Dagegen kann ein anderer einen niedrigen, kaum sichtbaren Dienst erfüllen, der vor der Welt unbeachtet und unbekannt bleibt. Sein Name mag nie erwähnt und an seine Arbeit mag nie gedacht werden; aber was er getan, das tat er in einfacher Liebe zum.Herrn. In der Verborgenheit hat er gearbeitet, während sein Auge auf den Herrn gerichtet war, Dessen freundlicher Blick ihm völlig genügte.

Er hat nie 'den Beifall der Menschen zu erlangen gesucht, sondern nur auf Christum geschaut und für ihn gewirkt. Die Arbeit eines solchen wird bestehen bleiben. Sie wird erwähnt und belohnt werden, obwohl er sie nicht aus Hoffnung auf Belohnung, sondern nur aus Liebe für Jesum tat. Dies ist die wahre Arbeit -,das reine Gold, das im Feuer des Tages des Herrn standhalten wird.
Dies ist sehr ernst, aber auch sehr trostreich - ernst für diejenigen, die auf irgendeine Weise unter den Augen ihrer Mitmenschen arbeiten, trostreich für alle, welche unter den Augen ihres Herrn tätig sind. Es ist eine unaussprechlich große Gnade, von der Menschengefälligkeit und dem Geiste der jetzigen Zeit befreit und fähig zu sein, vor dem Herrn zu wandeln - all unsere Arbeit mit Ihm anzufangen, fortzusetzen und zu vollenden.
Hiervon wird uns in „dem Hause 'Sim'ons, des Aussätzigen", ein sehr liebliches und treffendes Bild vor Augen gestellt, das wir jetzt einige Augenblicke zu betrachten wünschen. „Als aber Jesus zu Bethanien war, im Hause Simons, des Aussätzigen, kam ein Weib zu ihm, die ein Alabaster-Fläschchen mit sehr kostbarer Salbe hatte, und groß es aus auf sein Haupt, als er zu Tische lag".
Wenn wir nun untersuchen, weshalb das Weib ihre Schritte nach dem Hause Simons richtete, welche Antwort bekommen wir dann? Wollte sie den herrlichen Geruch ihrer Salbe verbreiten lassen, oder die Schönheit ihrer Alabaster-Flasch-e zur Schau stellen? War ihr Zweck, das Lob der Menschen für ihre Handlung zu ernten? Wollte sie ihre große Ergebenheit an Christum, inmitten einer kleinen Schar persönlicher Freunde Jesu zeigen? 0 nein meine Leser, das war nicht der Beweggrund ihres Tuns. Aber wie können wir dies wissen? Einfach weil Gott, der Schöpfer aller Dinge, Der bis auf den Boden eines jeden Herzens sieht und den Beweggrund jeder Handlung kennt, dort in der Person Jesu von Nazareth anwesend war, und Er es war, Der ihre Tat auf der Waage Seiner Heiligkeit wog und das Siegel Seines Beifalls darauf setzte. Er würde und könnte dies nicht getan haben, wenn bei dem reinen Golde nur ein kleiner Zusatz, nur eine geringe Beimischung von unedlem Metall gewesen wäre. Sein heiliges und alles durchdringendes Auge sah bis in die verborgensten Winkel des Herzens des Weibes.

Er wußte nicht nur, was sie getan hatte, sondern auch wie und weshalb sie es tat; und Er erklärt: „sie hat ein gutes Werk an mir getan".
Mit einem Wort, der Herr Selbst war der einzige Gegenstand des Weibes, und gerade dies gab ihrer Handlung großen Wert und sandte den Geruch 'ihrer Salbe hinauf vor den Thron Gottes. Sie wußte nichts davon, daß Tausende und .aber Tausende die Erzählung ihrer tiefen, persönlichen Ergebenheit lesen würden. Sie dachte nicht daran, daß ihre Tat durch .die Hand ihres Herrn für immer würde aufgezeichnet werden und nicht in Vergessenheit geraten sollte. Nein, nie hatte sie daran gedacht und danach 'gestrebt; hätte sie dies getan, so würde ihre Tat ihrer Schönheit beraubt gewesen sein und ihr Opfer seinen ganzen Wohlgeruch verloren haben.
Aber der Herr, der der Gegenstand dieser Liebe war, sorgte dafür, daß ihre Handlung nicht vergessen wurde. Er rechtfertigte dieselbe nicht nur in jenem Augenblicke, sondern machte auch, daß sie in Zukunft bekannt blieb, und dies war für das Herz des Weibes genug. Wenn sie nur den Beifall ihres Herrn hatte, so 'konnte sie den Unwillen der Jünger mit Ruhe ertragen, welche ihre Handlung sogar für „Verschwendung" erklärten. Sie war zufrieden, wenn nur Sein 'Herz erfrischt wurde; um die anderen kümmerte sie sich nicht, denn sie hatte nicht beabsichtigt, das Lob der Menschen zu erwerben, sondern ihr einziger Gegenstand war nur Christus gewesen. Von dem Augenblick an, da sie die Aiabaster-Flasche in ihre Hand genommen hatte, ‚bis daß sie den Inhalt auf Seine heilige Person ausgoß, war ihr einziger Gedanke nur Er gewesen. Sie hatte, sozusagen, eine Vorstellung davon, was ihrem Herrn angenehm und passend sein würde in den feierlichen Umständen, in 'denen Er Sich in jenem Augenblick befand. Sie hatte keineswegs daran gedacht, wieviel ihre Salbe kostete; oder wenn sie dies wirklich getan, so fühlte sie doch, daß Er es noch tausendmal mehr wert sei. Die „Armen" hatten zwar auch ihre Ansprüche; aber ihrem Herzen war Jesus teurer, als alle Armen der Welt. Mit einem Wort, das Herz des Weibes war mit Christo erfüllt, und dies gab ihrer Handlung den wahren Charakter.

Andere mögen etwas für unnütz erklären, aber wir können versichert sein, 'daß, was wir für Jesum verbrauchen, nicht verschwendet ist. So urteilte das Weib, und sie hatte Recht. Ihm gerade in dem Augenblicke, wo Erde und Hölle gegen Ihn aufstanden, Ehre zu erweisen, war der größte Dienst, den je ein Mensch oder Engel ausführen konnte. Er 'stand im Begriff, Sich für Sünder aufzuopfern. Die 'Schatten der kommenden Nacht wurden länger, das Dunkel verbreitete sich und die Finsternis wurde dichter. Das Kreuz war mit all' seinen Schrekken nahe, und in diesem Augenblicke kam das Weib, den Leib ihres geliebten Herrn zu salben.
Und ließ 'der Herr jetzt die Worte der Jünger unbeachtet? 0 nein! Er tritt unmittelbar izur Verteidigung des Weibes auf und spricht zu ihnen: „Was macht ihr dem Weibe Mühe? denn sie hat ein gutes Werk an mir getan. Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, mich aber habt ihr nicht allezeit. Denn indem sie diese Salbe über meinen Leib geschüttet hat, hat sie es zu meinem Begräbnisgetan. Wahrlich, ich sage euch: wo irgend dieses Evangelium gepredigt werden wird in der ganzen Welt, wird auch von dem geredet werden, was 'diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis".
Hier rechtfertigte Er in w'un'derbarer Weise das Weib, durch die all' der Unwille und Unverstand, alle Geringschätzung der Menschen verschwinden mußten, wie der Morgennebel vor den Strahlen der aufgehenden Sonne. „Was macht ihr dem Weibe Mühe? denn sie hat ein gutes Werk cm mir getan". Dies kennzeichnete die Tat - „ein gutes Werk an mir". Dadurch war sie vor allen ausgezeichnet. Es mag jemand die ganze Welt durchziehen, um die edelsten Handlungen menschlicher Liebe auszuführen; er mag die Früchte einer großherzigen Wohltätigkeit überall ausstreuen; er mag all' seine Güter, alles, was er hat, den Armen geben; er mag auf der höchsten Stufe der Religiösität und Sittlichkeit stehen, und doch ist es möglich, daß er nie etwas getan hat, von dem Christus sagen könnte: „es ist ein gutes Werk an mir".
Leser, bedenke dieses wohl, wer du auch sein magst, und womit du auch beschäftigt bist. Strebe danach, dein Auge unverrückt in all' deinem Tun und Lassen auf den Herrn zu halten.
Mache Jesum zu dem einzigen Gegenstande all' 'deiner Handlungen. Suche alles so zu tun, daß Er davon sagen kann: „.es ist ein gutes Werk .an mir". Beschäftige dich nicht mit den 'Gedanken der Menschen über deinen Wandel oder dein 'Werk. Achte nicht auf ihren Unwillen, sondern gieße deine Alabaster-'Flasche mit Salbe auf das Haupt des Herrn Jesu aus. Sorge dafür, daß jeder' Dienst die Frucht deiner Würdigung Seiner Person ist; dann kannst du versichert sein, 'daß 'Er dein Werk zu würdigen weiß und dich vor Millionen rechtfertigen wird. So war es beidem Weibe, von dem wir in diesem Abschnitt lesen. Sie ergriff ihre Alabaster-Flasche und schlug 'den Weg nach dem Hause Simons, des Aussätzigen, ein, mit nur einem Zwecke im Herzen, und dieser Zweck war Jesus. Von Jesu und von keinem andern war ihr Herz erfüllt, und in dieser Gemütsverfassung goß sie die wertvolle Salbe auf Sein Haupt aus. Und merke jetzt die gesegnete Folge.-.ihre Tat ist im Evangelium zu unsern Ohren gekommen. Keiner kann das Evangelium lesen, ohne die Hingabe dieses Weibes zu erfahren. Kaiser- und Königreiche sind erstanden, haben geblüht und sind in Vergessenheit gesunken. Denkmäler sind 'errichtet worden zur Erinnerung an menschliche Größe, und sind zu Staub geworden; aber die Tat dieses Weibes lebt noch fort, ja wird immer fortleben. Die Hand des Herrn hat ihr ein Denkmal errichtet, das nie und nimmer vergehen wird. Der Herr gebe uns Gnade, ihr nachzuahmen; und mögen unsere Werke in diesen Tagen, in denen so viel menschliches Streben vorhanden ist, mehr in Frucht unserer Würdigung 'eines abwesenden, verworfenen und gekreuzigten Herrn sein!
Nichts erprobt das Herz so vollkommen, als die Lehre 'des Kreuzes - der Weg des verworfenen, gekreuzigten Jesus von Nazareth. Dies prüft das Herz des Menschen auf die vollkommenste Weise. Wenn nur von Religiösität 'die Rede ist, so kann man unendlich weit gehen; aber Religiösität ist 'nicht Christus. Wir brauchen nicht weit zu 'gehen, um dafür einen treffenden Beweis zu finden: das aufgeschlagene Kapitel gibt uns einen solchen. Laßt uns einige Augenblicke unsere Blicke nachdem Palast des Hohenpriesters lenken. Wir sehen dort eine Versammlung der Häupter und Führer des Volkes. „Da versammelten sich die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes in dem Hof des Hohenpriesters".

Hier haben wir ohne Zweifel Religion; denn diese Hohenpriester und Ältesten wurden, wie wir wissen, durch das. anerkannte Volk Gottes angesehen als die Wahrer der heiligen Wissenschaft, als die einzige Autorität in allen Religionsdingen, und als die Ausführer des Dienstes, den Gott Moses befohlen hatte. Die Versammlung im Hofe des Kajaphas bestand nicht aus heidnischen Priestern und Sehern der Römer oder Griechen, sondern aus den anerkannten Vorstehern des jüdischen Volkes. Was taten sie aber nun in ihrer feierlichen Ratsversammlung? „Sie beratschlagten miteinander, auf daß sie Jesum mit List griffen und töteten".
Geliebter Leser, beachte es wohl. Dies waren religiöse 'Männer, Männer der Wissenschaft, welche gewiß nicht ohne Einfluß bei dem Volke waren; und dennoch haßten sie Jesum von ganzem Herzen - sie waren zusammengekommen, um zu beratschlagen, wie sie Ihn greifen sollten - wie sie Ihn unschädlich machen und töten 'konnten. Über Gott und Seinen Dienst, über Moses und 'das Gesetz, über den Sabbath und alle Anordnungen des jüdischen 'Gottesdienstes hätten diese Leute mit 'dir sprechen können; aber Christum haßten sie. Dieses ist sehr wichtig und bemerkenswert. Man kann sehr religiös sein, ja sogar der Führer oder Lehrer von andern und doch Christum vollkommen hassen. Religiösität ist, wie wir oben schon bemerkten, nicht Christus; im Gegenteil sind oft die frommsten Leute die bittersten und heftigsten Feinde dieses gesegneten Heilandes.
Vielleicht wird man aber sagen: „Die Zeiten haben sich geändert. Die Religion ist nicht mehr so eng mit dem Namen Jesu verbunden, daß man, ohne Jesum zu lieben, kein gottesfürchtiger Mensch sein könnte. Du kannst jetzt nicht irgend etwas finden, das dem Palast des Kajaphas entspricht". Ist es wirklich so? 0 nein! keinen Augenblick dürfen wir 'dies glauben. Der Name des Herrn Jesu wird 'in der Christenheit heute ebenso sehr gehaßt, wie damals im Palast des Hohenpriesters. Aber nicht nur Jesus Selbst, sondern auch Seine Nachfolger sind verachtet und verhaßt. Wir brauchen nicht weit zu 'gehen, um dies zu beweisen. Jesus ist in dieser Welt noch immer verworfen. Wo, möchte ich fragen, hört 'man Seinen Namen? Wo ist Er der willkommene Gegenstand des Gesprächs? Sprich von Ihm,
wo du willst, in den Gesellschaftszimmern der Reichen, im Eisenbahnwagen, im Salon eines Dampfschiffes, oder in irgendeinem öffentlichen Orte, und du wirst fast immer mit den Worten zurückgewiesen werden, daß ein solches Thema dort nicht hingehört. Sprichst du aber von anderen Dingen, über Politik, Geschäfte oder Vergnügungen, so wirst du erfahren, daß 'diese Dinge immer passend sind, Jesus aber nie. Oft sehen wir die Straßen von herumziehenden Krämern oder Spielleuten angefüllt, ohne daß ihnen je befohlen wird, sich zu entfernen. Aber erkühnte sich jemand von Jesu dort einmal zu reden, so würde er sofort verhöhnt werden. Man würde ihm sagen, daß er sich entfernen und keinen Menschenauflauf verursachen soll. Mit einem Wort, für Satan ist in der Welt immer Raum genug, für Christum aber nie. Die Sprache der Welt ist: „Nenne nicht den Namen Christi".
Aber Gott sei Dank, wir sehen auf der andern Seite auch hin und wieder etwas, das mit dem Hause Simons, des Aussätzigen, übereinstimmt. Es gibt noch einige, die den Namen Jesu lieben und Ihn der Alabaster-Flasche für wert halten. Einige schämen sich, dem Herrn sei Dank, Seines wertvollen Kreuzes nicht; sie sind es, die 'ihren einzigen Gegenstand in ihm haben und sich glücklich schätzen, ja es für die größte Ehre halten, für Ihn zu arbeiten und zu leiden. Ihr Ziel 'ist nicht Arbeit oder Religiösität, 'sondern 'nur Christus - bei Ihm zu sein und sich mit Ihm zu beschäftigen. Sie begehren zu Seinen Füßen zu sitzen 'und die kostbare Salbe 'der wahren Herzenshingabe auf Ihn auszugießen.
Leser, du kannst versichert sein, daß dies das wahre Geheimnis der Kraft ist, sowohl im 'Dienste als im Zeugnis. Eine richtige Würdigung des gekreuzigten Christus ist die Quelle von allem, was Gott angenehm ist, sei es im Leben und Wandel eines einzelnen Christen, oder in allem, was in unsern öffentlichen Versammlungen vorgeht. Unverfälschtes Anhangen an Christum 'und Beschäftigung mit 'Seiner Person muß all' unser Tun und Lassen charakterisieren, sonst wird unser Leben nach dem Urteil des Himmels wenig Wert haben. Nichts verleiht dem Wandel und Charakter des 'einzelnen mehr moralische Kraft, als völlige Hingabe an die Person Christi.

Es hängt auch nicht davon ab, ob man ein Mann von großem Glauben und Gebet,-ein eifriger Untersucher, ein begabter Redner oder ein bedeutender Schriftsteller ist. 0 nein! Es handelt 'sich nur um die Frage: Liebe ich Christum?
Ebenso verhält es sich mit der Versammlung. Besteht das wahre Geheimnis der Kraft 'in der Gabe, in 'der Beredsamkeit, in dem schönen 'Gesang oder in gewissen Formen oder Zeremonien? Nein; es ist der 'Genuß eines anwesenden Christus. Wo Er ist, da ist alles: Licht, Leben und Kraft. Wo Er nicht ist, herrscht Finsternis, Tod und Ohnmacht. Eine Versarnmlung, wo Jesus nicht ist, gleicht einem Grab, wenn sich dort auch die bezauberndsten Reden, die herrlichste Musik oder die feierlichsten Zeremonien finden. All' 'dieses mag fast vollkommen vorhanden sein, und doch wird der ergebene Nachfolger Jesu ausrufen: „Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben". Wenn aber andererseits die Gegenwart Jesu verwirklicht wird, wenn Seine Stimme gehört wird, so ist Kraft und Segen vorhanden, obwohl alles den Augen der Menschen als Schwachheit erscheinen mag.
Möchten die Gläubigen dies doch beachten und erwägen; möchten sie danach streben, die Gegenwart Christi in ihren öffentlichen Versammlungen zu verwirklichen! Möchten sie, wenn sie von ihren Versammlungen nicht sagen können, daß der Herr dort anwesend ist, sich demütigen und auf Ihn warten! Wenn der Herr nicht da ist, so muß irgend etwas vorliegen, denn Er 'hat gesagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte". Laßt uns aber nie vergessen, daß wir, um das göttliche Resultat zu erreichen, den göttlichen Zustand auch besitzen müssen.