18.) Petrus Briefe

12/24/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

1. Petrus 1, Rechtfertigung und Heiligung

02/18/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Rechtfertigung und Heiligung: 1.Petrus 1

Botschafter des Heils in Christo 1853, 

In der Gewissheit, mit welcher der Apostel Petrus von den in diesem Briefe enthaltenen Wahrheiten redet, liegt etwas sehr Erquickliches. Es gibt hier weder eine Stockung noch Ungewiss­heit, vielmehr redet das Wort mit voller Klarheit und Bestimmtheit von anerkannten Dingen zu denen, an welche es gerichtet ist. Ihr Glaube wurde erprobt, aber die Sache stand fest. Unergründliche Tiefen von Wahrheiten gehören uns, die sehr beachtenswert und notwendig f ü r uns sind; sie erheben uns über alle Zweifel und lassen uns nicht im Finstern tappen. Eine unwiedergeborene Seele mag menschlich brav und tugend­haft sein, aber sie hat keine Liebe für den Herrn Jesum und dies ist es, was den Christen unterscheidet. Der Apostel sagt V. 8: „.... welchen ihr nicht gesehen und doch lieb habt, und nun an ihn glaubet, wie wohl ihr nicht sehet und euch erfreuet mit einer unaussprechlichen, verherrlichten Freude." Dies gilt aber nur für einen Wiedergeborenen, welcher ein ganz und gar neues Leben, mit neuen Neigungen und Interessen hat, welcher in einer neuen Welt lebt und einen Gegenstand besitzt, der ihn ganz einnimmt. Ohne dies ist man kein Christ, weil man keinen Christum hat.

Der Apostel redet in diesem Kapitel zu den Juden in der Zerstreuung. „Petrus, ein Apostel Jesu Christi, den auserwählten Fremdlingen in der Zer­streuung . . . ." Er wendet sich an Heimatlose, an Juden, welche zum Christentum bekehrt waren; an diejenigen, welche auserwählt waren .... „nach der Vorsehung Gottes, durch die Heiligung des Geistes, zum Gehor­sam und Blutbesprengung Jesu Christi." Es handelt sich hier um eine andere Auswahl, als die des jüdischen Volkes, auch um eine andere Heiligung, als bei diesen. Nicht durch äußere Mittel, sondern durch den Heiligen Geist waren sie abgesondert, um an der jetzigen Haushaltung der Gnade Teil zu haben. Die alten Juden waren durch das Rote Meer (Wasser) von Ägypten getrennt, diese durch eine Heiligung, welche der Heilige Geist bewirkt. Man merke hier besonders das Wort „Heiligung". Der erste Gedanke ist von der Welt abgesondert, um für Gott bei Seite gestellt zu sein. 

Dies ist es, was Gott tut, an denen, weiche Er beruft. Gott findet die Seele im Argen liegen und 1. Joh. 5, 19 heißt es: „Wir sind von Gott, aber die ganze Welt liegt im Argen"; und es ist köstlich, dieses gerade heraus zu sagen. Es handelt sich nicht allein darum, dass wir würdiglich wandeln — was ohne Zweifel sehr gut ist — sondern um den großen Unterschied: Wir sind von Gott, aber die ganze Welt liegt im Argen. Wir sind noch nicht Alles das, was wir zu sein wünschen; wir werden dies erst im Himmel sein; denn allein dort wird uns Gott ganz gleich machen dem Ebenbilde Seines Sohnes.

Gott hat uns für Sich abgesondert, wie man einen Stein aus einem Steinbrüche losreißt und bei Seite legt, einen Stein, der bestimmt ist, zugehauen, geformt und in irgend ein Gebäude eingefügt zu werden. Ein auf diese Weise gelöster, roher Stein erfordert oft eine beträchtliche Arbeit, bevor er in das Haus versetzt wird. Ebenso sondert Gott eine Seele ab, bereitet sie zu und bildet sie, um sie in Sein geistliches Gebäude einzu­fügen. Es gibt viele unnütze Stoffe zu beseitigen; aber Gott handelt alle Tage in Seiner Gnade. Von dem Augenblicke an, wo die Seele von dem Wege dieser Welt losgemacht wird, ist sie geheiligt und von Gott bei Seite gestellt. Den Apostel redet hier von der Heiligung, bevor er vom Gehorsam und vom Blute Jesu Christi redet; wir sind geheiligt für Beides. Er nimmt uns von dem Wege dieser Welt hinweg, um uns unter die Wirksamkeit dieses teuren Blutes zu versetzen.

 So ist: nun der Stein zu dem, was Er sein soll, völlig geeignet; jedoch bedarf er noch fort und fort der Zubereitung zu dem Zwecke, den Gott sich vorgesetzt hat; und das ist das Werk des Heiligen Geistes. Die Seele ist von Gott zum Gehorsam bestimmt; bis zu dem Augenblick ihrer Absonderung hat sie nur ihren eigenen Willen getan und ist ihrem eigenen Wege gefolgt. Jedoch kommt es nicht darauf an, ob der Mensch in seinem natürlichen Zustande mehr oder weniger gut oder böse, ob sein Charakter weichlich oder feurig gewesen; — wie den Apostel Paulus, hat ihn der Herr auf seinem Wege aufgehalten. Dieser Apostel war zur Genüge unterrichtet in der Religion seiner Väter und glaubte, überzeugt zu sein, den Willen Gottes zu tun; aber er folgte seinem Willen nach der Leitung, welche durch die Tra­dition seiner Väter ihm eingeprägt war. Niemals hatte er ge­fragt: „Herr, was willst du, das ich tun soll?" — als bis ihn Jesus auf dem Wege nach Damaskus zu Boden warf. Mit einem Wort: Wie das Benehmen einer Seele vor ihrer Ab­sonderung auch sein mag, — nie hat sie den Willen Gottes getan. 

Dagegen ist die Aufgabe einer geheiligten und abgeson­derten Seele, den Willen Gottes zu tun. Sie kann darin fehlen, aber es ist und bleibt ihre Aufgabe. Jesus hat gesagt: „ Siehe, ich komme, o Gott, zu tun deinen Willen!" — Er hatte in einem Sinne die Heiligung (Absonderung) nicht nötig, weil Er heilig war; aber der Zweck Seines ganzen Lebens war der Gehorsam. Er hat die Knechtschaft angenommen, war in der Ähnlichkeit des sündlichen Fleisches und war gehorsam bis zum Tode am Kreuz. Nur für Gott war Er da; nur Seinen Willen zu erfüllen, war der Zweck Seines Lebens.

Nicht allein für den Gehorsam ist indes, wie wir sehen, die Seele abgesondert, sondern auch, um unter die Besprengung des Blutes Jesu gebracht zu werden und sich dessen Segnungen zu erfreuen. „Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde" (1. Joh. 1, 7). Es handelt sich hier nicht um der Stiere und Böcke Blut, welches das Gewissen desjenigen, der den Dienst verrichtete, nicht zu reinigen vermochte, sondern das Blut Jesu, welcher durch den ewigen Geist Sich Selbst Gott ohne irgend einen Makel geopfert hat, und dies Blut ist es, was das Gewissen völlig reinigt.

Die Juden unter dem Gesetz hatten, auf ihre eigene Kraft vertrauend, zwar gesagt: „Wir wollen Alles tun, was du uns gesagt hast "; — wollten also einer schon ge­stellten Forderung nachkommen. Hier ist aber viel mehr; hier ist der Geist, der uns sagen lässt: „Was willst du, das ich tun soll?" — Es ist die Unterwerfung, es ist der Grundsatz des Gehorsams, weicher wirklich in den Herzen hervorgebracht ist, und welcher spricht: „Ich weiß nicht, was du willst; aber siehe, ich bin bereit, dei­n e n Willen zu tun." — Dies ist der Gehorsam ohne Vor­behalt. Nicht handelt es sich hier um Regeln, welche der Mensch nicht erfüllen kann, sondern um einen ganz geänderten Willen, der sich Gott ganz unterwirft. 

Die Besprengung mit dem Blute Jesu gibt den für Gott abgesonderten Herzen die Reinigung und den Frieden; sie sind nicht, wie es bei dem opfernden Judenvolke der Fall war, nur für ein Jahr gereinigt, sondern für immer. Eine Seele also, welche der, Heilige Geist von dem Wege dieser Welt losgemacht, bedarf unter allen Umständen der göttlichen Zubereitung; war sie auch vor Lastern durch die Vorsehung bewahrt worden; sie war, im eigenen Willen einher­gehend, weltlich gesinnt und musste unabweislich von der Liebe Gottes erfüllt werden, um fähig zu sein, den göttlichen Willen stets erfüllen zu können.

Das Wort „Heiligung" hat in der Heiligen Schrift eine ver­schiedene Bedeutung. In oben angeführter Stelle bezeichnet es die Absonderung von der Welt und die Beiseitestellung für Gott zum Gehorsam und zur Besprengung des Blutes Jesu Christi; andererseits aber bedeutet es die täglich fortschreitende Wirksamkeit des Heiligen Geistes in einer abgesonderten Seele zur Zubereitung zu dem Zwecke, den Gott sich vorgesetzt hat. „Jaget nach dem Frieden gegen Jedermann und der Heiligung, ohne welche wird Niemand den Herrn sehen" (Hebr.12,14). — Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch" (1. Thess. 5, 23).

Wenn man nicht von Neuem geboren ist, so gehört man noch der Welt an, welche unter der Verdammnis ist. So wie wir von Adam geboren sind, müssen wir auch notwendig von Christo geboren sein. Wenn das Herz durch den Heiligen Geist bewohnt wird, so ist es wiedergeboren durch ein Leben, welches es nach einem anderen Ziele hinstößt, — Christus. Es geschieht dies nicht durch Vorschriften, welche an den alten Menschen ge­richtet sind, sondern durch ein neues Leben. Dies Leben gehört nicht dieser Welt an, weder in seinen Quellen, noch in seinem Endzweck, mithin kann es mit derselben nichts gemein haben. Der Christ hat zum Gegenstand, zum Zweck und zur Freude, was Christus dazu hat; seine Neigungen sind himmlisch, wie Christi Neigungen es sind; der Geist in ihm kann kein anderer sein, als der in Christo war. Der Christ kann fehlen, das wissen wir; allein das hebt die Wahrheit nicht auf, dass zwischen ihm und der Welt keine Gemeinschaft ist. Die Welt hält sein Leben für ein trauriges, weil sie seine Freuden nicht kennt.

Ja, unsere Freude ist groß; der Tod, Satan und die geist­lichen Mächte der Bosheit sind durch Christum besiegt, und Seine Auferstehung hat Alles vernichtet, was zwischen uns und der Herrlichkeit war; Er hat Sich in unsere Stelle gesetzt und Sich allen Folgen derselben unterzogen; aber die Welt und Satan besiegt: „Widerstehet dem Teufel, so fliehet er von euch“. Wenn er schon besiegt ist, so haben wir ihn nicht zu besiegen, sondern ihm nur zu widerstehen, und wenn wir ihm nicht widerstehen, so weiß er, dass er Christo als seinem Sieger begegnet. Das Fleisch widersteht ihm nicht. Jesus gibt uns eine lebendige Hoffnung durch Seine Auferstehung von den Toten; und indem wir in Ihm sind, stehen wir auf einer Grund­lage, welche unbeweglich ist.

Er hat in Allem den Sieg davon­getragen und uns ein unvergängliches, unbeflecktes und unver­welkliches Erbe erworben, welches aufbewahrt wird im Him­mel, uns, die wir aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werden zur Seligkeit, welche bereit ist, offenbar zu werden zur letzten Zeit (V. 4. 5). Dieser Schatz ist in den Himmeln; darum habe ich nichts zu befürchten; er ist wohl aufgehoben. Aber was ich hinsichtlich meiner fürchte, das sind die Ver­suchungen und alle Arten von Schwierigkeiten, da ich noch ein Pilger hienieden bin. Das ist wahr; aber darin besteht nicht unsere Sicherheit, dass wir nicht geprüft oder versucht werden, sondern darin, dass wir von Gott bewahrt werden in der Prüfung hienieden, so wie; die Erbschaft aufbewahrt ist in den Himmeln für uns.

Dies ist die Stellung des Christen, welcher durch die Auf­erstehung Christi abgesondert und wiedergeboren ist. Indem wir die Herrlichkeit erwarten, sind wir bewahrt durch die Macht Gottes durch den Glauben, abgesondert von der Welt durch die Macht und Mitteilung des Lebens Christi, welcher den Sieg über Alles davon getragen hat, was unsere Teilnahme daran hätte verhindern können. Gott ist es, der den Boden bearbeitet, damit alle Neigungen des Herzens solcher Gestalt gesichtet, gereinigt und geübt seien, sodass sie in völliger Übereinstimmung mit der Herrlichkeit in dem Himmel stehen. Ist es umsonst, dass man das Gold dem Schmelztiegel übergibt, oder geschieht es deshalb, weil es kein Gold ist, sondern erst werden soll? Nein, es soll von den Schlacken gereinigt werden. Gott nimmt von unseren Herzen durch die Prüfung das weg, was es Unreines gibt, damit, wenn die Herrlichkeit eintritt, wir uns derselben völlig freuen können. „ über welche ihr euch freuet mit unaussprechlicher Freude und das Ziel eures Glaubens davon traget, nämlich der Seelen Seligkeit."

Das Herz befindet sich immer nahe an der Quelle seines Glückes, in Jesu; Er ist da mitten in unseren Versuchungen; und wiewohl Seine Liebe ohne Grenzen ist und jede Erkenntnis über­schreitet, so können wir dennoch sagen, dass wir die Erkenntnis davon haben.. Die Magnetnadel weicht immer ein wenig vom Pole ab und zittert, wenn Stürme und Ungewitter toben; aber ihre Richtung ändert sich nicht. Die Magnetnadel des Christen, der Glaube, zeigt immer auf Christum; das Herz, welches Ihn versteht und liebt, welches weiß, wo Er vor ihm vorüberge­gangen ist, sieht auf Ihn und hält Ihn in allen Schwierigkeiten fest. Wie holprig und schwierig der Weg auch sein mag, so ist er dennoch für uns köstlich, weil wir hier die Fußstapfen Jesu finden, und vor Allem, weil dieser Weg uns durch alle Schwie­rigkeiten hindurch, in die Herrlichkeit, wo Er ist, führt; — „ in welcher ihr euch freuen werdet, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wo es sein soll, trau­rig seid in mancherlei Anfechtungen, auf dass euer bewährter Glaube viel köstlicher erfunden werde, denn das vergängliche Gold, das durch Feuer bewährt wird, zu Lob, Preis und Ehre bei der Erscheinung Jesu Christi" (V. 6. 7).

Das Ziel unseres Glaubens ist, Christum zu sehen ,und die Herrlichkeit, die Er uns erworben hat, zu besitzen. Ich sehe jetzt diese Herrlichkeit nur durch einen Schleier; und es währt mir zu lange, bis ich' droben bin. In dieser Prüfungszeit schaue ich auf Den, Der schon in der Herrlichkeit ist und mich sicher hält, und der Besitz des Erbes ist mir hienieden so gewiss, als ob ich schon in die Ruhe eingegangen wäre. Meine Neigungen, Gewohnheiten und mein Wandel gestalten sich nach dem Leben und nach dem köstlichen Beruf, welchen ich von Gott emp­fangen habe. Das ist praktische Heiligung. — Nehme ich einen Diener in mein Haus auf, so will ich, dass er so reinlich sei, wie ich es selbst bin; und so will. auch Gott, dass wir für Sein Haus ganz und gar geschickt und gereinigt sein sollen. „ I h r sollt heilig sein, denn ich bin heilig" (V. 17). Gott will eine praktische Heiligung bei Seinen Dienern.

Auch soll unser Glaube fest und beständig werden, „auf dass wir Vertrauen und Hoffnung zu Gott haben mö­gen" (V. 21). Vertrauen nicht allein zu einem Gott, der ein gerechter Richter ist, sondern der f ü r uns ist, und uns in Seine Familie eingeführt hat, indem Er uns absonderte zum Gehorsam und zur Besprengung des Blutes Jesu. Er hat uns geliebt mit einer ewigen Liebe, und Alles erfüllt, was uns be­trifft. Er bewahrt uns durch Seine Macht durch den Glauben, um uns in die Herrlichkeit einzuführen. Er stellt uns auf Pro­ben; Er lässt uns durch den Schmelztiegel gehen, damit unser bewährter Glaube sei zu Lob, Preis und Ehre bei der Erschei­nung Jesu Christi. „Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der sie rechtfertigt. Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und vertritt uns. Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? (Röm. 8, 33-35). Christus ist der Gegen­stand unserer Wünsche, unserer Hoffnungen; können wir auch noch Alles das nicht begreifen, was Er für uns ist; müssen wir auch täglich in dieser Erkenntnis wachsen, so wissen wir doch, dass Er Alles vollbracht hat, auf dass wir heilig und untadelig seien in der Liebe.

Es gibt in moralischer Hinsicht nichts Gemeinschaftliches zwischen dem ersten und dem zweiten Adam; der erste hat gesündigt und das ganze Menschengeschlecht mit in seinen Fall hineingerissen; der zweite ist die Quelle des Lebens und der Kraft. Dieses hat Anwendung auf Alles, was in der Welt ist, und auf alle Wahrheiten des Christentums. Es gibt nur diese beiden Menschen.

Das Ende unseres Kapitels erinnert uns an das 40. Kapitel des Propheten Jesaias *), welches damit beginnt: „Tröste t, tröstet mein Volk' Es spricht eine Stim­me: Predige?" — Und er sprach: „Was soll ich predigen?" — Alles Fleisch ist Gras und alle seine Güte ist wie des Feldes Blume. Das Gras verdorret, die Blume' verwelket, wenn Jeho­va's-Odem sie anhaucht Aber das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit." — Ehe Gott anfängt, muss Er uns begreifen lassen, dass alles Fleisch wie Gras ist; wenn Gott Sein Volk trösten will, sagt Er: „Alles Fleisch ist Gras?" und „das Wort Gottes blei­bet in Ewigkeit." — Hier ist die Grundlage der Hoffnung. Wenn es möglich war, dass Jemand etwas erlangen konnte, so waren es die Juden, die Alles hatten; aber sie waren dennoch nichts mehr, als das trockene Gras des Feldes. 

Wir sehen also hieraus, dass bei der Bekehrung eines Menschen das Herz völlig neu geschaffen werden muss, und selbst der Christ, wenn er diese Überzeugung nicht festhält, ist unfähig, etwas Gutes her­vorbringen zu können. Denn solange man in seinen Bemühun­gen, aus dem Fleische Gutes zu ziehen, beharrt, solange man nicht überzeugt ist, dass das Wort Gottes in Ewigkeit bleibt, wird man den Angriffen des Feindes gegenüber verwirrt und schwach sein. Das Wort Gottes trocknet den Menschen aus; der Hauch des Herrn ist über ihn hinweg gegangen. Es ist unmög­lich, die Herrlichkeit des Fleisches in den Himmel einzuführen; darum gibt Gott demselben auch keine Vorschriften, weiche es nicht erfüllt, sondern Er kommt, um es zu vernichten. Er be­ginnt mit der Mitteilung eines neuen Lebens und macht die Kreatur los von den Dingen, an welche das Fleisch sie bindet.

 Der Heilige Geist teilt ihr die Dinge der zukünftigen Welt mit, und das Mittel, welches Er anwendet, ist das Wort Gottes, das Wort, von dem gesagt ist, dass es bleibe: in Ewigkeit. Wir sind gezeugt von dem Worte der Wahrheit, und es ist ein zwei­schneidig Schwert, das Alles richtet, was nicht von diesem neuen Leben ist.

Prüfen wir den Unterschied zwischen unserer Rechtfertigung und unserer Heiligung. Die Rechtfertigung ist etwas, was nicht in uns ist; sie ist eine Stellung, in weiche Gott uns vor Sich hingestellt hat. Diejenigen, welche diese Gerechtigkeit besitzen, welchen sie von Gott beigelegt ist, sind Nachkommen des zwei­ten Adams und besitzen Alles, was Er hat und was Er liebt. Wer diese Gerechtigkeit von Gott hat, ist von Ihm geboren und als Kind in gleiche Rechte mit Jesu, der der Erbe aller Dinge ist, gestellt; er ist in der Gerechtigkeit und den Segnungen, worin Christus Sich Selbst befindet. Und ebenso, wie er von dem ersten Adam alle Folgen und Resultate seines Falles ge­erbt hat, ebenso erbt er, von dem zweiten Adam geboren, Alles, was dieser selbst erlangt hat. Gott stellt uns Seine Liebe dar; Er offenbart sie uns, und Sein Wort bleibt in Ewigkeit; Er offenbart uns Seine Gerechtigkeit, welche Er Selbst erfüllt hat und lässt uns Teil an ihr nehmen.

Gott kann uns nicht Vorschriften der Heiligung geben, so­lange wir die Rechtfertigung nicht besitzen. Die Wirkungen des Lebens Christi sind die: von der Sünde zu überzeugen und auch die Früchte hervorzubringen. Bis dahin, dass eine Seele zu dem Geständnis gekommen ist: „Jesus ist Alles und ich habe nichts", — bis dahin, sage ich, gibt es in dieser Seele noch nichts, was sich auf die christliche Heiligung bezieht. Man muss diese Dinge auseinander halten, wenn die Seele Frieden haben soll.

Bei der Predigt des Petrus am Pfingsttage wurden 3000 See­len glücklich. Von dem Augenblicke an, wo sie das Evangelium angenommen hatten, waren sie über ihre Errettung nicht im Zweifel. Man muss die Fortschritte des praktischen Lebens nicht mit der Rechtfertigung verwechseln, weil die fortschreitende Heiligung nur in einer Seele bewerkstelligt wird, welche das ewige Leben hat. Es ist dies eine ganz neue Sache, wovon es keine Spur gibt, bevor ich Christus gefunden habe. Wenn man die Stelle versteht: „Ohne die Heiligung wird Niemand den Herrn sehen — eine Stelle, die schon Man­chen beunruhigt hat, so ist es klar, dass, wenn ich Christum nicht besitze, ich den Herrn nicht sehen kann; wenn ich nicht das Leben des zweiten Adams habe, wie ich ehemals das Leben des ersten hatte, so werde ich Sein Antlitz nicht schauen. Die erste Frage, welche in einem solchen Falle zu tun ist, heißt: „Hast du Frieden mit Gott?" — „Bist du von der Vergebung deiner Sünden überzeugt?" — Wenn nicht, so handelt es sich um die Rechtfertigung, nicht um die Heiligung des Sünders.

Die wesentliche Sache ist der Gehorsam unter die Wahr­heit. Man sucht die Reinigung; man sucht Frucht zu bringen; aber dies ist's nicht, was Gott zuerst von uns fordert; es ist, wie gesagt, der Gehorsam unter die Wahrheit. Wovon redet der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit? Er hat uns viel zu sagen; aber Er beginnt vor Allem damit: „Alles Fleisch ist Gras !" Er sagt, dass im Menschen nichts Gutes vorhanden ist; Er überzeugt die Welt von der Sünde. Die ganze Welt liegt im Argen; sie hat Christus nicht gewollt, und der Heilige Geist kann Sich nicht darstellen, ohne zu sagen: „Ihr habt Chri­stum verworfen."

 Er kommt in diese Welt und zeugt von ihrem Stolz und ihrer Rebellion. Wo dieses erkannt ist, teilt Er den Frieden mit, welchen Er durch das Evangelium verkündigen lässt; aber Er redet zu den Sündern nicht von der Heiligung. Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, und der Heilige Geist redet zum Sünder von der Gnade, von der Ge­rechtigkeit Gottes, und von dem Frieden, welcher nicht erst gemacht werden muss, sondern bereits schon gemacht ist. Und dies ist die Wahrheit. Er überzeugt die Welt von dem, was sie ist, und redet zu ihr von dem Willen Gottes, durch welchen der Gläubige geheiligt ist. Er teilt das Leben mit, nicht durch einen unvergänglichen Samen, welcher ist das lebendige und ewig bleibende Wort Gottes. So geschieht es, dass Gott zuerst den Grund der Heiligung legt, welcher das Leben Christi in uns ist; und das praktische Mittel dazu ist das Wort der Wahrheit.

Der Heilige Geist redet zu unbekehrten Menschen nicht von den Fortschritten der Heiligung; erst wenn der Sünder die Wahrheit, wie Gott sie darstellt, begriffen hat, so setzt ihn der Heilige Geist in Beziehung mit Gott, dem Vater, und erfreut ihn alles dessen, was Christus erworben hat. „Wir müssen Gott allezeit danken um euch, geliebte Brü­der in dem Herrn, dass euch Gott erwählet hat vom Anbeginn zur Seligkeit, in der Heiligung des Geistes, durch den Glauben zur Seligkeit" (2. Thess. 2, 13). Es ist dies also der Glaube an die Wahrheit; nicht der Glaube an die Früchte. Der Heilige Geist kann mir nicht die Werke, welche Er hervorgebracht hat, zum Gegenstand meines Glaubens vorstellen.

 Er redet zu mir von meinen Mängeln; aber niemals von meinen guten Werken, welche Er mir gibt. Er bringt sie in mir hervor; aber Er verbirgt sie mir;. denn wenn man daran denkt, so ist dies nur eine feinere Eigen­gerechtigkeit; es ist dies, wie das Manna, welches Maden her­vorbrachte, wenn man es verwahrte. Es ist immer nötig, dass mir der Heilige Geist Jesum vorstellt, auf dass ich Frieden habe.

Jesus sagt zu den Seinigen: „Sie sind nicht von der Welt, wie ich nicht von der Welt bin; heilige sie in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist Wahrheit." — In dieser Welt befindet sich die Wahrheit nicht; die Welt ist eine ungeheure Lüge; dies hat sie gezeigt in der Geschichte, welche wir in der Heiligen Schrift besitzen. Hier finden wir die Offenbarung der Sünde in dem natürlichen Menschen, und die Offenbarung des Lebens Gottes in einem durch Sein Wort Wiedergeborenen. Jesus heiligt Sich Selbst für die Seinigen. Hier ist nicht ein Gesetz, welches fordert, sondern Christus Selbst ist es, der da Leben und die Kraft dessen ist, was Er für uns erworben hat. Er stellt die Erfüllung der Vollkommenheit dar und ist die Lebensquelle von, Allem. Indem ich dieses betrachte, gibt es in mir einen Widerschein durch den Glauben, welcher sich im inneren Menschen und im praktischen Leben kund gibt.

In Jesu war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen; Er war. voller Gnade und Wahrheit, und aus Seiner Fülle haben wir Alle genommen Gnade um Gnade. Es gibt keinen Christen, der nicht in dem Besitz der ganzen Gnaden­fülle wäre, die in Christo ist. Nehmen wir den Zustand des Verfalles an; dies ist der stärkste Fall, so hindert dieses denn- noch nicht, dass wir in Ihm nicht Alles hätten. Es ist traurig, dass es Verfall gibt, aber dieses ändert nicht die Stellung; denn der Christ hat nicht einen Teil, sondern Christum ganz und gar.

„Heilige sie in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist Wahrheit." Diese Heiligung finde ich nicht da­durch, dass ich auf mich, sondern auf Jesum sehe, in welchem sie ist, indem Christus für uns von Gott zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und zur Erlösung gemacht ist. Wenn ich auf Ihn sehe, so ist meine Seele im Frieden; Sein Geist ist immer in mir, und ich bin durch den Glauben in Ihm geheiligt und im Genuss dieser Gnade, welche uns Eins macht mit Ihm. Christus gibt uns dies Alles und offenbart uns, dass die Erlösung ge­schehen ist; ich freue mich dessen, weil ich der Wahrheit ge­horsam worden bin. Wenn Jemand die Heiligung sucht, ohne Seiner Rechtfertigung versichert zu sein, und er darüber ge­ängstigt und in Zweifel versetzt wird, ob er ein Christ sei, dann werde ich ihn fragen: „Was hast du mit der Heiligung zu tun? 

Du hast dich für jetzt mit dieser zu befassen; versichere dich vor Allem, dass du erlöst bist; — wenn du im Glauben bist, so bist du gerettet, heilige dich im Frieden. Gott redet mit dir von dem geschlossenen Frieden; Er sagt dir, dass Er Seinen Sohn hingegeben hat; das ist die Wahrheit, der du dich vor Allem unterwerfen und die du annehmen musst, bevor du dich mit der Heiligung beschäftigst, welche von Dem abhängt, Der dir das ewige Leben gegeben hat. Fange also damit an, der Wahrheit gehorsam zu sein. Diese Wahrheit redet dir von der Gerechtigkeit Gottes, welcher in Jesu genügt und dein ist, oder vielmehr sei in Jesu, dann wirst du dich des Friedens erfreuen und du wirst im praktischen Leben geheiligt sein. Diese praktische Heiligung entspringt aus der Betrachtung Jesu. 

Das ist es, was der Apostel Paulus 2. Kor. 3, 18 sagt: „Nun aber spiegelt sich in uns Allen des Herrn Klarheit mit aufgedecktem Angesicht, und wir werden verwandelt in dasselbige Bild, von einer Klarheit zur andern, vom Geist des Herrn." Hier ist der Grund des Lebens und nicht in deinen Beunruhigungen. Man verwirklicht die Entwicklung dieses Lebens Jesu in fortschrei­tender Weise, indem man auf Jesum sieht. Der Glaube ist es, welcher da heiligt, wie er auch rechtfertigt; Er sieht auf Jesum. Als Moses vom Berge herabstieg, aus der Nähe Gottes, wusste er nicht, wie glänzend von Herrlichkeit sein Angesicht war, aber die, welche ihn sahen, wussten es. Moses hatte Gott an­gesehen, die Andern sahen die Wirkung davon. Gott sei gelobt, dass es sich im praktischen Sinne also verhält. Wir sind gerettet, und hinsichtlich unserer Person, Gott geheiligt. Es handelt sich von Seiten Gottes nicht darum, das Leben zu fordern, sondern mitzuteilen, und diese Mitteilung geht aus Jesu hervor, der die Quelle davon, ist. Sein Wort bleibt in Ewigkeit. Wie fest muss deshalb unser Vertrauen auf dieses Wort sein.

(Frei nach dem Französischen.)

*) Ich rede hier nicht von der Erfüllung der Prophezeiung, welche später bei den Juden statt haben wird, sondern von einem großen Grundsatz.