10.) Philipperbrief v. Paulus Die erfahrung des Gläubigen ca. 60 n. Chr.

12/23/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Von Paulus aus dem Gefängnis in Rom 

Die »erste Gemeinde« einer Konfession in einer Stadt hat in den Augen ihrer Mitglieder einen besonderen Status. Man stelle sich deshalb vor, welchen Status die erste überhaupt bekannte Gemeinde hat, die gegründet wurde, ehe es Denominationen gab, und die die allererste in Europa war! Das war die Gemeinde in Philippi, im alten Mazedonien (Nordgriechenland). 

Wie konnten sich die Christen des Westens freuen (und auch die Nichtchristen, denn sie kamen in den Genuß der erfreulichen Nebeneffekte des Christentums), daß Paulus dem Ruf nach Mazedonien gefolgt war und sich bei seiner Evangelisation des römischen Reiches nach Westen statt nach Osten wandte! Vielleicht würde der asiatische Kontinent heute Missionare nach Europa entsenden statt umgekehrt, hätte das Evangelium damals nicht in Europa Fuß gefaßt. 

Die Gemeinde in Philippi war großzügig und sandte Paulus immer wieder Geld zur Unterstützung. Und das ist, menschlich gesprochen, der Anlaß zu diesem »Dankesbrief«. Doch der Philipperbrief ist noch viel, viel mehr als das. Er ist ein wirklicher »Freudenbrief«-die verschiedenen Formen des Wortes »Freude« erscheinen mehr als zwölfmal in den vier Kapiteln. Paulus wußte, wie er sich in guten und schlechten Zeiten freuen konnte ( 4,11 ). 

Auch geht es in diesem auferbauenden Brief kaum um Streitpunkte, noch muß Paulus viel ermahnen. Der Hauptgrund, warum die Christen sich freuen können, ist, daß der Sohn Gottes bereit war, als Mensch auf die Erde zu kommen-sogar als Knecht. Er begnügte sich nicht mit Heilung und Lehre, sondern ging seinen Weg bis zum Tod-bis zum Tod am Kreuz. Philipper 2,5-11 bringt diese großartige Wahrheit in einem schönen Abschnitt zum Ausdruck, den viele für ein frühchristliches Lied halten, das von Paulus entweder zitiert wird, oder von ihm verfaßt wurde. Doch dieser Abschnitt ist hier auch eingefügt, um Einheit durch Demut zu lehren. 

Die Lehre läßt sich im NT nie von der Pflicht trennen, wie das oft unter heutigen Gemeindegliedern mit sehr bedauernswerten Folgen praktiziert wird. Das ist also der Philipperbrief, eines der fröhlichsten und anziehendsten Bücher des Wortes Gottes.

Philipper 4, 6 Seid nun nicht besorgt, sondern in allem laßt durch Gebet und Flehen mit Danksagung 1853 BdH

01/01/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Sorget nichts!

Seid nun nicht besorgt, sondern in allem laßt durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden (Phil. 4, 6)

Es ist ein seliges Bewußtsein, ein Kind Gottes zu heißen. Wir sind es geworden durch Jesum; der Geist der in Ihm wohnt, ist auch uns geschenkt, so daß wir mit aller Zuversicht: Abba, lieber Vater! rufen können. Um Jesu willen ruht nun die ganze Zärtlichkeit und Liebe des Vaters auf uns, wie auf Ihm. „Ich in ihnen und du in mir: auf daß sie vollendet seien in Eines, und die Welt erkenne, daß du mich gesandt hast, und liebst sie, gleichwie du midi liebst* (Joh. 17, 23). 

Dies Bewußtsein, daß wir durch Jesum  Christum in die Nähe des Vaters gebracht sind, als geliebte Kinder, soll immer in uns lebendig sein. Ebenso auch, daß wir nur in Jesu so hochgeachtet sind, auf daß wir nie Gefallen an uns selber haben und wir uns auch stets befleißigen außer uns in Jesu zu leben. „Darin seht die Liebe: nicht, daß wir Gott geliebt haben; sondern daß er uns geliebt hat und gesandt Seinen Sohn zur Ver­söhnung für unsere Sünden" (1. Joh. 4, 10).

Dieser uns so zärtlich liebende Vater läßt uns nun ermah­nen: „Sorget nichts !" Es ist der Vater, „welcher auch seines eigenen Sohnes nicht verschont, son­dern bat ihn für uns alle dahin gegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?" (Röm. 8, 32). Das Kind Gottes ist hier ein Pilgrim und Fremd­ling; und gar Manches tritt ihm in den Weg, um seinen Gang zu hemmen und zu beschweren. Der Feinde sind viel und voll Arglist und Bosheit. Sie wollen dem Glaubenden das Ziel ver­rücken und ihn von Jesu abziehen. Bald ist es Angst in der Welt, Spott, Hohn und Verfolgung, bald Sorgen der Nahrung, bald sonstige Züchtigungen, was den Glauben zum Wanken bringen will. Dem aber, der sein Ziel festhält ohne Wanken, dient dies alles nur dazu, „daß sein bewährter Glaube viel köst­licher erfunden werde, denn das vergängliche Gold, das durch's Feuer bewährt wird, zu Lob, Preis und Ehre bei der Offen­barung Jesu Christi" (1. Petr. 1. 7). In solchen Anfechtungen tritt ihm das Wort Gottes freundlich entgegen, und spricht:

„Sorget nichts!" und schneidet damit jede Sorge ab. An einer anderen Stelle heißt es: „Alle eure Sorgen werfet auf ihn, denn er sorgt für euch" (1. Petr. 5, 7) und weist selbst hin auf die Vögel unter dem Himmel und auf die Lilien im Felde. Liebe Brüder, so spricht ein Vater zu Seinen Kindern, für die Er Seinen eingebornen Sohn gab, da sie noch Feinde waren. Wie groß muß jetzt Seine Liebe sein, da sie nun in Seinem Sohne unsträflich und gerecht vor Ihm stehen.

Es ist etwas überaus Herrliches und Tröstliches für uns, daß dieser Vater uns jeder Sorge überheben will; daß wir mit dem festen Bewußtsein einhergehen können, daß alle unsere Sorgen in den besten Händen ruhen. Das unaussprechliche Ge­schenk, was Er uns, da wir noch Feinde waren, dargereicht hat in Seinem Sohne, ist uns Pfand und Siegel, daß er uns so innig liebt. Darum sorge nichts; laß dich mit nichts der Art ein, Gott will sorgen. Bleibe du nur in Jesu, beim Vater; laß keine Be­kümmernis dein Herz betören. Gehst du aber in die Sorgen ein, so gibt's Not und der Friede wird gestört. Der Leicht­sinnige sorgt auch nichts; aber er ruht nicht in Gott. 

Er wirft seine Sorgen nicht auf den Herrn; er sucht sich aus Selbstliebe ihrer zu entledigen; er überwindet nicht durch den Glauben er braucht sich nicht selbst zu verleugnen; sein Nichtsorgen ruht in seinem Fleische. Statt der Sorge werden wir ermahnt uns nur mit unserm Gott und Vater in Christo Jesu zu beschäftigen. Was auch kommen mag, wir sollten's im Gebet und Flehen vor Ihm kund werden lassen. Das geziemt den Kindern, und der Vater will Sich in jeder Beziehung uns als Vater offenbaren. Das ist gar köstlich, daß wir einen so offenen Weg zum Vaterherzen Gottes haben; das ist ein unaussprechlicher Vorzug und eine unbegreif­liche Gnade. Wer wollte eine solch hohe Bevorzugung und Gnade durch Mißtrauen und Unglauben entwürdigen! Da ist es ja ganz recht, wenn die Sorgenlast uns zu Boden drückt. Wer selbst sorgt, um aus den Sorgen zu kommen, kommt immer tiefer hinein.

Das menschliche Herz ist geneigt, sich nur auf das Sichtbare zu verlassen. Wo es nichts sieht, da fragt's: Was sollen wir essen, was sollen wir trinken? Womit sollen wir uns kleiden? Es spricht aber auch wohl von einem Vertrauen zu Gott; doch dies Vertrauen geht nicht weit. Es fordert ein Zeichen; es möchte die Hilfe viel eher sehen, als bis zur Zeit, wo sie not tut. Warum? Damit noch Zeit übrig bleibe, sich an Menschen zu wenden. Darin liegt tiefes Mißtrauen. Man wartet in kleinen Dingen oft viel lieber auf den Herrn als in großen; wiederum aus dem einfachen Grunde, weil es leichter ist, falls die Hilfe ausbleiben sollte, auf einem ändern Wege sich zu helfen. Es wird wohl auch auf den Herrn vertraut, wenn man im Voraus schon allerlei Auswege weiß. Ebenso leicht wird geglaubt, daß man diesem oder jenem Bruder seine Verlegenheiten mitteilen solle, oder, daß es des Herrn Wille sei, einen bestimmten Bruder um Hilfe anzusprechen. Manchem will es auch dünken, er sei nicht in der Lage oder stecke schon zu tief darin, um vom Herrn allein Hilfe zu erwarten, oder hat einen bestimmten Weg, auf welchem der Herr ihm helfen soll, etwa besonderen Segen in seinem äußeren Beruf, vergrößerte Kundschaft, an­haltende Arbeit usw. usw.; und wo er hier keinen Fortgang sieht, läßt er sein Vertrauen sinken.

So ist das menschliche Herz mit seinem Unglauben. Auch hier wird es offenbar, daß der Mensch Fleisch ist und das weiß auch Satan wohl. Das Kind Gottes hat's auch erfahren, und darum ist es durch den Glauben aus sich ausgegangen und ist in Christo Jesu versetzt. Sich in diesem Ruhort zu behaupten, kostet Kampf und Verleugnung, Wachsamkeit und Gebet. Ver­gißt sich das Kind Gottes und sieht zurück, so überfällt es Unruhe und Angst, Unwille und Mißtrauen. Wir würdigen aber auf diese Weise das große Vorrecht als Kind Gottes tief herab. Da wir aber von Versuchungen und Anfechtungen aller Art umgeben sind und das Dasein des menschlichen Herzens, oder  das Fleisch mit seiner Lust und Begierde nicht zu leugnen ist, so bedürfen wir auch wohl der Ermahnung: „Sorget nichts, sondern in allen Dingen usw. usw." Mag auch kommen, was da will; mag irgend eine Sorge, welche es auch sei, dich beun­ruhigen wollen, laß dich nicht mit ihr ein, sondern eile damit zum Vater.

Laß nichts zu groß und zu klein sein. Himmel und Erde sind Sein; und die Haare auf deinem Haupte sind sogar gezählt. Silber und Gold ist auch sein, und kann nicht durch Menschen­hand verschlossen werden. Bleibe dir immer bewußt, daß du mit der Liebe und Zärtlichkeit geliebt wirst, wie Jesus Christus selbst. Vor allen Dingen beharre in deinem Vertrauen, wie geschrieben steht: „Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat" (Hebr. 10, 35). „Befiehl dem Herrn deine Wege, und hoffe auf ihn, er wirds wohl machen" (PS. 37, 5). So wenige erfahren in dieser Beziehung die wunderbare Durchhilfe des Herrn, weil sie zu früh ihr Vertrauen wegwerfen und sich selber zu helfen suchen; so viele sind aber selbst unter denen, welche die Freundlichkeit des Herrn geschmeckt haben und liegen unter viel Druck und Sorgen, weil sie ihr großes Vorrecht nicht erkennen. Wer aber in seinem Vertrauen beharrt, der versiegelt es, daß Gott wahrhaftig sei und alle Verheißungen in Ihm Ja und Amen sind.

Wer nun also, wie es einem Kinde Gottes geziemt, im Ver­trauen einhergeht, wer nur im Gebet und Flehen seinem Vater im Himmel alle Dinge offenbart und sich nicht mit den Dingen selbst einläßt, der erkennt auch bei jeder neuen Durch­hilfe so sichtbarlich die Hand des Herrn. Das erfüllt sein Herz mit Lob und Preis und es ist ihm etwas Köstliches, auch immer wieder seine Danksagung vor Gott kund werden zu lassen. Dies Wörtchen „Danksagung" klagt aber manchen an; besonders den, der vor allen eigenen Sorgen die Hand des Herrn nicht sieht und auch nicht recht weiß, wenn er zurückblickt, wofür er so eigentlich danken soll. Er versteht es nicht, wenn der Psalmist sagt: „Es ist ein köstlich Ding, dem Herrn dan­ken und lobsingen deinem Namen, du Höchster" (PS. 92, 2).

Geliebte Brüder! Laßt uns diese Worte recht erwägen. Laßt uns nicht vergessen, daß wir in Jesu Christo Den zum Vater anrufen, der uns so herzlich liebt. Es sind wohl Wenige, welche diese Zeilen lesen, die nicht das Eine oder das Andere haben, was ihnen Sorge und Bekümmernis machen will. 0 laßt euch nur keinen Augenblick damit ein; denkt auch nicht auf den morgigen Tag, denn es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigene Plage hat. Geht doch gleich als erlöste und versöhnte Kinder in Christo im Glauben damit zum Vater, der es ja schon weiß, was ihr bedürfet und kommt immer wieder, bis Er zu Seiner Zeit, denn das ist allein die rechte, geholten hat. Unser Wandel ist ja im Himmel; auch in dieser Beziehung soll es sich offen­baren, daß er wirklich schon im Geiste durch den Glauben im Himmel ist.