Römerbrief BdH 1861 JND

02/16/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Zusammenfassung:

Der Brief an die Römer erklärt die Grundlagen der Beziehung zwischen Gott und dem Menschen, sowohl in Verantwortung als auch in Gnade, und zeigt die Erfüllung der Verheißungen an die Juden in Christus.
Der Brief ist in vier Hauptteile gegliedert:
Die Sünde des Menschen und das Heilmittel Gottes (Kap. 1-5): Der Apostel zeigt, dass alle Menschen, Juden und Nichtjuden, unter der Sünde und dem Zorn Gottes stehen, aber durch den Glauben an das Blut und die Auferstehung Christi gerechtfertigt werden können.
Die Befreiung des Menschen von der Sünde und dem Gesetz (Kap. 6-8): Der Apostel lehrt, dass die Gläubigen nicht mehr der Sünde und dem Gesetz unterworfen sind, sondern ein neues Leben im Geist haben, das sie zu Heiligkeit und Hoffnung führt.
Die Stellung Israels in Gottes Heilsplan (Kap. 9-11): Der Apostel erklärt, wie Gott seine Verheißungen an Israel nicht aufgegeben hat, sondern sie durch die Erwählung der Gnade und die Einbeziehung der Nationen erfüllt, bis Israel sich bekehrt und gerettet wird.
Die praktischen Folgen des Evangeliums für das christliche Leben (Kap. 12-16): Der Apostel gibt Anweisungen, wie die Gläubigen ihre geistlichen Gaben, ihre Liebe, ihren Gehorsam, ihre Einheit und ihre Mission ausüben sollen, um Gott zu verherrlichen und seinen Willen zu tun.

Der Brief an die Römer 

Auslegung von John Nelson Darby

Der Brief an die Römer ist an der Spitze all der anderen Briefe gut placiert, da er auf eine systematische Weise die Grundlagen der Beziehungen des Menschen mit Gott niederlegt; zur gleichen Zeit versöhnt er diese universelle Wahrheit der Stellung des Menschen, erstens in Verantwortung und zweitens unter der Gnade, mit den besonderen, den luden gemachten Verheißungen. Er stellt auch die großen Grundsätze des praktischen christlichen Lebens auf, nicht der Moral des Menschen, sondern der, die die Frucht des Lichtes und der Offenbarung ist, die durch das Christentum gegeben worden sind! Es ist wichtig zu sehen, daß er den Christen stets als in dieser Welt betrachtet. Er ist gerechtfertigt und hat Leben in Christo, er ist aber hienieden und wird nicht als mit Ihm auferstanden betrachtet.

 

   Ich glaube, daß der Brief wie folgt eingeteilt ist. Nach einigen einleitenden Versen, die dieses Thema eröffnen, von denen einige voll tiefster Bedeutung sind und den  Schlüssel zu der ganzen Lehre dieses Briefes und zu dem wahren Zustande des Menschen vor Gott liefern (Kap. 1, 1‑ 17), zeigt der Apostel (bis zum Ende von Kap. 3, 20*), daß  der Mensch überaus verderbt und verloren ist, und zwar in allen Umständen, in denen er sich befindet.  

 

* Nach, der Einführung bis zum Ende von Kapitel 3 finden wir das Böse und das Gegenmittel, das Gott im Blut lesu Christi gewährt hat; und nachher, in Kapitel 4, die Auferstehung Christi (nachdem Er wegen unserer Übertretungen dahingegeben) unserer Rechtfertigung wegen, und dadurch Frieden mit Gott, unser gegenwärtiges Stehen in der Gnade, und die Hoffnung der Herrlichkeit, mit allen gesegneten Folgen in der Liebe Gottes. Abraham und David, die großen Wurzeln der Verheißung, bestätigten diesen Grundsatz der Gnade und der Rechtfertigung ohne Werke. Dieser Teil schließt mit Kapitel 5, 11, was den Brief in zwei deutliche Teile einteilt, und zwar wegen seiner Hauptlehre der Rechtfertigung und unseres Stehens vor Gott. Darüber später mehr.

 

Ohne Gesetz war es ungehemmte Sünde; bei der Philosophie wurde das Böse verurteilt und ausgeübt; unter Gesetz wurde das Gesetz übertreten, während man sich seines Besitzes rühmte und den Namen Dessen verunehrte, mit Dessen Herrlichkeit diejenigen, die es besaßen, (sozusagen) dadurch einsgemacht waren, daß sie als Sein Volk dieses Gesetz von Ihm empfangen hatten. Von Kapitel 3, 21 bis zum Ende von Kapitel 8 finden wir das Heilmittel deutlich in zwei Teilen dargestellt. In Kapitel 3, 21 bis zum Ende des Kapitels ist allgemein das Blut Christi durch den Glauben die Antwort auf all die Sünde, die der Apostel soeben beschrieben hat; nachher, in Kapitel 4, haben wir die Auferstehung, das Siegel des Werkes Christi und das Zeugnis von seiner Wirksamkeit zu unserer Rechtfertigung. Alles dieses genügt der durch das Gesetz bloß verschlimmerten Verantwortlichkeit des Kindes Adams, und zwar gemäß der in Kapitel 5, 1‑11 entfalteten vollen Gnade. In Kapitel 8 aber wird angenommen, daß sie in Christo sind, der droben ist, was den, der daran teilhatte (das heißt, jeden Gläubigen), in eine neue Stellung vor Gott in Christo versetzte, der ihm auf diese Weise Freiheit und Leben schenkte ‑ die Freiheit, in der Christus Selbst war, und das Leben, das Er Selbst lebte. Dieses letztere ist es, das Rechtfertigung und Heiligkeit im Leben unzertrennlich vereinigt.

 

Damit ist aber noch ein Punkt verbunden, der dazu veranlaßt, eine noch wichtigere Einteilung der Gegenstände dieses Briefes zu bemerken. Von Kapitel 3, 21 bis zum Ende von Vers 11 (Kap. 5) behandelt der Apostel den Gegenstand unserer Sünden ‑ persönlicher Schuld wird durch das Blut Christi begegnet, der (Kap. 4) unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt wurde. Von Kapitel 5, 12 an aber wird die Frage der Sünde behandelt ‑ nicht die Erledigung eines zukünftigen Gerichts, sondern Befreiung von einem gegenwärtigen Zustand*. Das eine endet in der Segnung von Kapitel 5, 1‑11, das andere in der Segnung von Kapitel 8. 

* Während das Thema die Sünde im Fleisch und der Tod darüber ist, schließt dies die Frage des Gesetzes ein ‑ des Mittels, sie zu entdecken, wenn dessen Geistlichkeit erkannt wird. 

In den Kapiteln 9‑11 versöhnt der Apostel diese Wahrheiten über dieselbe Errettung, die ohne Unterscheidung jedem Gläubigen gehört, mit der den luden gegebenen Verheißung, wobei die wunderbare Weisheit Gottes ans Licht gebracht wird, wie auch die Weise, auf welche diese Dinge zuvor ersehen und im Worte geoffenbart wurden. 

Später (in Kap. 12 und folgend) stellt er die praktische christliche Gesinnung dar. In diesem letzten Teil erwähnt er die Versammlung als einen Leib. Sonst geht es allgemein um den Menschen, den einzelnen, vor einem Gott der Gerechtigkeit, und um das Werk Christi, das ihn dort als einzelnen in Frieden hinstellt. Aus demselben Grunde (außer in einem Abschnitt in Kapitel 8, um die Fürbitte einzuführen) ist im Römerbrief von der Himmelfahrt nicht die Rede. Er behandelt den Tod und die Auferstehung Christi als die Grundlage eines neuen Standes für den Menschen vor Gott*. 

Lasset uns jetzt die durch den Heiligen Geist in diesem Briefe gegebene Gedankenlinie erforschen. In ihr finden wir die Antwort auf die erste Frage Hiobs, der zornig war, weil er in der Gegenwart des Gerichtes Gottes ohne Hilfsquellen dastand. "Wahrlich ich weiß, daß es also ist; und wie könnte ein Mensch gerecht sein vor Gott?" Nichtsdestoweniger ist das nicht der erste Gedanke, der sich dem Apostel darstellt. D a s ist die Not des Menschen; das Evangelium aber kommt und offenbart und bringt zuerst Christum. Es ist die Gnade und Jesus, die es in den Händen bringt: es redet von Gott in Liebe. Das weckt das Bewußtsein der Not**, während es das bringt, was ihr genügt; dessen Maß wird in der Gnade angegeben, die uns die ganze Fülle der Liebe Gottes in Christo vor Augen stellt. 

* Siehe, was soeben über die Einleitung bei Kapitel 5, 11 und über die vollere Entwicklung der Einteilung des Briefes im weiteren Verlauf gesagt wurde. 

** Herz und Gewissen werden beide erfaßt. Das Gesetz kann auf die Schuld des Menschen hinweisen, und selbst, wenn es geistlich erkannt wird, kann es vom Zustand des Zusammenbruchs des Menschen vor Gott zum Gewissen reden; ein Bewußtsein von der Not beweist, daß auch das Herz in Bewegung gesetzt worden ist.  

Es ist eine Offenbarung Gottes in der Person Christi. Es stellt den Menschen an seinen Platz vor Gott, in die Gegenwart des Geoffenbarten ‑ in sich selbst sowohl als auch in der Gnade in Christo. Auch alle Verheißungen werden in der Person des Geoffenbarten erfüllt. Es ist aber wichtig, sich zu merken, daß es mit der Person Christi beginnt ‑ nicht mit der Vergebung oder der Gerechtigkeit, obwohl dieses späterhin von Vers 17 voll entfaltet wird.

 

KAPITEL 1 

Es gibt keinen Brief, in dem der Apostel sein Apostelamt auf einen so entschiedenen und formellen Boden stellt Wie in diesem, denn in Rom konnte er keine Ansprüche aufgrund seiner Arbeit stellen. Er hatte die Römer nie gesehen. Er war nichtsdestoweniger ihr Apostel, denn er war der Apostel der Nationen. Er war ein Schuldner der Nationen. Er schreibt an sie, weil er vom Herrn Selbst einen Auftrag für alle Nationen empfangen hatte. Als Nationen gehörten sie in die ihm zugewiesene Sphäre des Dienstes. Es war sein Amt, sie als ein durch den Heiligen Geist geheiligtes Opfer darzubringen (Kap. 15, 161. Das war sein Auftrag. In Petrus war Gott den luden gegenüber mächtig; der Auftrag des Paulus war an die Nationen.

 Ihm wurde dieser Auftrag anvertraut. übrigens erkannten die Zwölfe das an. Wenn Gott angeordnet hatte, daß Paulus seinen Auftrag in direkter Verbindung mit dem Himmel und außerhalb des weltlichen Einflusses der Hauptstadt ausführen sollte, und wenn Rom eine Verfolgerin des Evangeliums werden sollte, so gehörte diese Stadt deswegen nichtsdestoweniger zu den Nationen. In bezug auf das Evangelium gehörte sie dem Paulus. Dem Heiligen Geist gemäß wendet sich Petrus beim Ausüben seines Apostelamtes an die luden, Paulus an die Nationen. 

Dies war die gottgemäße Verwaltungsordnung; laßt uns jetzt zu dem Wesentlichen seiner Stellung übergehen. Paulus war der Knecht Christi ‑ das War sein Charakter, sein Leben. Aber auch andere waren das mehr oder weniger. Er aber war mehr als das. Er war ein Apostel durch die Berufung des Herrn, ein "berufener Apostel"; und nicht nur das, auch arbeitsam wenn die Gelegenheit sich bot, war er nichts als nur das in seinem Leben hienieden. Er war zum Evangelium Gottes abgesondert worden. 

Diese beiden letzten Wesenszüge werden in der Offenbarung des Herrn an Paulus auf dem Wege nach Damaskus eindeutig verbürgt, nämlich seine Berufung und sein bei dieser Gelegenheit gegebener Auftrag an die Nationen, und dadurch, daß er in Antiochien durch den Heiligen Geist abgesondert wurde, als er auszog, seinen Auftrag zu erfüllen. 

Er nennt das Evangelium, zu dem er abgesondert wurde, das Evangelium oder die frohe Botschaft "Gottes": der Heilige Geist stellt es in seinem Ursprung dar. Es geht nicht darum, was der Mensch für Gott sein sollte, noch auch nur um das Mittel, durch das der Mensch Ihm auf Seinem Thron nahen kann. Es handelt sich um die Gedanken Gottes ‑ und wir dürfen hinzufügen, um Seine Handlungen ‑ dem Menschen gegenüber, um Seine Gedanken in Güte, um Seine Offenbarung in Christo, Seinem Sohne. Er tritt an den Menschen demgemäß heran, was Er ist, und dem entsprechend, was Er in Gnade will. Gott kommt zu ihm; es ist das Evangelium Gottes. Das ist der wahre Anblick: das Evangelium wird niemals richtig verstanden, bis es uns das Evangelium G o t t e s wird, das Wirken und die Offenbarung Seiner Natur und Seines Willens in Gnade dem Menschen gegenüber. 

Nachdem er auf den Ursprung, den Urheber des Evangeliums, auf Den, den es also in Seiner Gnade offenbart, hingewiesen hat, stellt der Apostel den Zusammenhang zwischen diesem Evangelium und den historisch vorhergegangenen Verfahren Gottes dar ‑ seine Verkündigung hienieden und gleichzeitig sein eigenes eigentliches Ziel, das heißt das, was genau gesagt sein Gegenstand genannt wird, und die Beziehung, in der das Vorhergegangene zu ihm stand (die Ordnung, der diejenigen angehörten, die diese als ein wesentliches und unabhängiges System dadurch festzuhalten trachteten, daß sie das Evangelium verwarfen). Hier stellt er das Vorhergegangene dar, nicht als einen Streitgegenstand, sondern in seinem wahren Charakter, um dem Zeugnis des Evangeliums Nachdruck zu verleihen (wobei er Einwänden zuvorkommt, die somit im voraus erledigt waren). 

Für den aus den Nationen war es die Offenbarung der Wahrheit und Gottes in Gnade; für den Juden war es dies wahrhaftig, während es auch alles, was ihn betraf, an den rechten Platz rückte. Der Zusammenhang des Alten Testaments mit dem Evangelium ist dieser: das Evangelium Gottes wurde zuvor durch Seine Propheten in heiligen Schriften kundgetan. Man beachte hier, daß in diesen heiligen Schriften das Evangelium nicht g e k o m m e n war, noch richtete es sich an die Menschen, sondern es wurde verbeißen oder zuvor angekündigt, daß es gesandt werden sollte. Die Versammlung wurde nicht angekündigt, aber das Evangelium wurde angekündigt, aber als solches, das noch kommen sollte. 

Übrigens ist der Gegenstand dieses Evangeliums zuerst der Sohn Gottes. Er hat ein Werk vollbracht; Er ist es aber Selbst, der der wahre Gegenstand des Evangeliums ist. Nun wird Er von einem zwiefachen Blickpunkt dargestellt: 1. als der Gegenstand der Verheißungen, der Sohn Davids nach dem Fleische; 2. als der Sohn Gottes in Kraft, der inmitten der Sünde durch den Geist in göttlicher und absoluter Heiligkeit wandelte (indem die Auferstehung der glänzende und siegreiche Beweis dafür war, wer Er war, der in diesem Charakter wandelte). 

Das heißt, die Auferstehung war eine öffentliche Offenbarung jener Kraft, durch die Er Zeit Seines Lebens in absoluter Heiligkeit wandelte ‑ eine Offenbarung dessen, daß Er der Sohn Gottes in Kraft ist. Mittels dieser Tatsache wird Er klar als der Sohn Gottes in Kraft erwiesen. Hier geht es nicht um Verheißung, sondern um Kraft, um Den, der den Kampf mit dem Tode, in dem der Mensch lag, aufnehmen und den Er vollständig besiegen konnte, und dies in Verbindung mit der Heiligkeit, die während Seines Lebens die Kraft jenes Geistes, durch den Er wandelte, bezeugte, und in der Er Sich vor der Berührung der Sünde bewahrte. Es war dieselbe Kraft, durch die Er im Leben absolut heilig war, durch die Er aus den Toten auferweckt wurde. 

In den Wegen Gottes auf Erden war Er der Gegenstand und die Erfüllung der Verheißungen. In bezug auf den Zustand des Menschen unter der Sünde und dem Tode war Er der vollkommene Sieger über alles, was Ihm im Wege stand, ob im Leben oder in der Auferstehung. Es war der Sohn Gottes, der da war ‑ erwiesen durch Toten‑Auferstehung nach der Kraft, die in Ihm war, einer Kraft, die sich dem Geiste gemäß durch die Heiligkeit, in welcher Er lebte, erwies*.  

Welch wunderbare Gnade ist es zu sehen, wie die ganze Macht des Bösen ‑ jene schreckliche Tür des Todes, die sich hinter dem sündigen Leben des Menschen schloß und ihn dem unausweichlichen von ihm verdienten Gerichte überließ ‑ durch Den zerbrochen und vernichtet wird, der bereit war, in die von ihr abgeschlossene finstere Kammer einzugehen und die ganze Schwachheit des Menschen im Tode auf Sich zu nehmen und auf diese Weise den zu erlösen, vollständig und absolut, dessen Strafe Er getragen hatte, indem Er Sich dem Tode unterwarf! Dieser Sieg über den Tod, diese Befreiung des Menschen von seiner Herrschaft durch die Kraft des Mensch gewordenen Sohnes Gottes, als Er ihn erlitten hatte, und zwar als Opfer für die Sünde, ist die einzige Grundlage der Hoffnung für den sterblichen und sündigen Menschen. 

Er beseitigt alles, was die Sünde und der Tod zu sagen haben. Für den, der ein Teil an Christo hat, vernichtet Er das im Tode bestehende Siegel des Gerichts über die Sünde; und ein neuer Mensch, ein neues Leben beginnt für den, der darunter festgehalten wurde, und zwar außerhalb des ganzen Schauplatzes, der ganzen Wirkung seines früheren Elends ‑ ein Leben, das auf den ganzen Wert dessen, was der Sohn Gottes dort vollbrachte, gegründet ist. 

Eigentlich haben wir also als Gegenstand des Evangeliums den Sohn Gottes, geworden aus dem Samen Davids dem Fleische nach, und im Schoße der Mensch­ heit und des Todes als Sohn Gottes in Kraft durch Totenauferstehung** erwiesen, Jesum Christum, unseren Herrn. 

* Da dies für uns ist, bringt uns dies in Verbindung mit einer Heiligkeit (wie es die Offenbarung der Gerechtigkeit weiter tut, aber auf eine offenere Weise), die eine Verbindung mit Gott, wie Er in Sich Selbst völlig geoffenbart ist, einschließt ‑ nicht wie die luden außerhalb des Vorhangs. 

** Es heißt nicht "durch Seine Totenauferstehung", sondern abstrakt "durch Totenauferstehung". Seine eigene war der große Beweis, aber auch die eines jeden Menschen ist ebenso ein Beweis. 

Das Evangelium war das Evangelium Gottes Selbst; aber durch Jesum Christum, den Herrn, geschah es, daß der Apostel seinen Auftrag empfing. E r war das Haupt des Werkes, und Er sandte die Arbeiter in die Ernte aus, die sie in der Welt ernten sollten. Der Gegenstand und der Umfang seines Auftrages war der Glaubensgehorsam (nicht Gehorsam dem Gesetz gegenüber) unter a 11 e n Nationen, indem die Autorität und der Wert des Namens Christi begründet wurden. Es war dieser Name, der vorherrschen und anerkannt werden sollte. 

Der Auftrag des Apostels war nicht nur sein Dienst; die Tatsache, daß er ihm anvertraut wurde, war gleichzeitig die persönliche Gnade und Gunst Dessen, dessen Zeugnis er trug. Ich rede nicht über die Errettung, obwohl im Falle des Paulus diese beide übereinstimmten eine Tatsache, die seinem Auftrage eine bemerkenswerte Farbe und Lebenskraft verlieh; es lagen aber eine Gnade und Gunst in dem Auftrage selbst, und es ist wichtig, dies im Sinn zu behalten. Das verleiht dem Auftrag und seiner Ausführung den Charakter. 

Ein Engel vollbringt einen Auftrag der Vorsehung; ein Mose gibt die Einzelheiten eines Gesetzes im Geiste des Gesetzes; ein Jona, ein Johannes der Täufer predigen Buße, er zieht sich von der Gnade zurück, die anscheinend seine Drohungen wider die bösen Nationen Lüge strafte, oder er legt in der Wüste die Axt an die Wurzel der unfruchtbaren Bäume im Garten Gottes. Durch Jesum aber empfängt Paulus Gnade und Apostelamt. Durch Gnade, und als Gnade trägt er die Botschaft der Gnade zu den Menschen, wo sie auch sein mögen, die Gnade, die in dem ganzen Umfang der Rechte Gottes über die Menschen kommt, und in Ihm Selbst, in Seiner Unumschränktheit, in der Er Seine Rechte ausübt. Unter diesen Nationen wurden auch die gläubigen Römer von Jesu Christo berufen.  

Deshalb wendet sich Paulus an alle Gläubigen in jener großen Stadt. Sie waren Geliebte Gottes und Heilige durch Berufung*. 

Wie in allen seinen Briefen wünscht er ihnen Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und vom Herrn Jesus Christus, von dem er seine Botschaft ausrichtete. Die vollkommene Gnade Gottes durch Christum, der vollkommene Friede des Menschen, und zwar mit Gott: das war es, was er im Evangelium und in seinem Herzen brachte. Dies sind die wahrhaftigen Bedingungen der Beziehung Gottes mit dem Menschen, und der des Menschen mit Gott, und das durch das Evangelium ‑ dies ist die Grundlage, auf die das Christentum den Menschen stellt. Wenn ein einzelner angesprochen wird, kommt eine andere überlegung auf, nämlich die seiner Schwachheiten und Gebrechen; deshalb wird dem Wunsche der heiligen Schreiber, wenn es um einzelne geht, "Barmherzigkeit" hinzugefügt. (Siehe die Briefe an Timotheus und Titus, und den zweiten Brief des Johannes**.) 

Wenn die Liebe Gottes im Herzen ist, wenn Er dort Seinen Platz hat, so ist es vor Gott, wo man sich mit den Gegenständen Seiner Gnade befaßt; dann ist es das Werk Gottes in ihnen, die entfaltete Gnade, das erste, was einem in den Sinn kommt, sei es in Liebe oder in Dankbarkeit. Der Glaube der Römer steigt als Danksagung aus dem Herzen des Apostels empor, den. die Kunde darüber erreicht hatte. 

* Der Leser muß merken, daß es in den Versen 1 und 7 nicht heißt: "Berufen, um ein Apostel zu sein", noch "berufen, um Heilige zu sein", sondern berufener Apostel, berufene Heilige. Sie w a r e n das Erklärte, und zwar durch die Berufung Gottes. Ein Jude war kein Heiliger durch Berufung; im Vergleich zu den Nationen war er heilig geboren. Diese waren die Berufenen Jesu Christi; sie waren aber nicht einfach berufen, um Heilige zu sein, sondern sie waren es durch Berufung. 

** Auf den ersten Blick mag es scheinen, als ob der Brief an Philemon eine Ausnahme ist; er bestätigt aber diese Bemerkung, denn man wird sehen, daß die Versammlung in seinem Hause in diesen Wunsch eingeschlossen ist. Dies macht den Judasbrief noch bemerkenswerter. In bezug aber auf Titus 1, 4 kommt eine verschiedene Lesart in Frage. 

Dann bringt er das Verlangen, sie zu sehen zum Aus­druck, ein Verlangen, das ihn oft beschäftigt hat. Hier bringt er seine apostolische Beziehung zu ihnen zum Ausdruck, und zwar mit all der Zärtlichkeit und all dem Feingefühl, die zur Gnade und Liebe gehören, die diese Beziehung gestaltet hatten und ihre Kraft ausmachten. Durch sein Recht ist er der Apostel aller Nationen, auch wenn er sie nicht gesehen haben mag; im Herzen ist er aber ihr Diener und mit der wahrhaftigsten und in­brünstigsten Bruderliebe, die der Gnade, die ihn zum Apostel gemacht hatte, entfließt, verlangt es ihn, sie zu sehen, um ihnen einige Gnadengaben mitzuteilen, die er dank seines Apostelamts mitzuteilen in der Lage war. Was er dabei im Herzen hatte, war, daß er den Glauben, der ihm und ihnen gemeinsam war, genießen möchte ‑einen durch diese Gaben gestärkten Glauben ‑ und das zu ihrem gegenseitigen Trost. Oft hatte er sich vorgesetzt zu ihnen zu kommen, auf daß er auch auf diesem Teil des Feldes einige Frucht haben möchte, das Gott ihm anver­traut hatte; bis dahin wurde er immer verhindert.

Dann erklärt er sich als Schuldner aller Nationen, und ist bereit, so viel an ihm ist, auch denen, die in Rom sind, das Evangelium zu verkündigen. Die Weise, auf welche der Apostel das ganze Feld der Nationen als sein eigenes beansprucht, auf dem er von Gott verhindert wurde, nach Rom zu kommen, bis er am Ende seines Laufes dort ankam (und dann nur als Gefangener), ist aller Beachtung wert.

Wie es auch sein mochte, er war bereit, und zwar wegen des Wertes des Evangeliums ‑ ein Punkt, der ihn dazu führt, den Wert wie auch den Charakter dieses Evangeliums dazulegen; denn er sagt, er schämt sich seiner nicht. Es war die Kraft Gottes zum Heil. Man beachte, wie der Apostel alles als von Gott kommend schildert. Es ist das Evangelium Gottes, die Kraft Got­tes zum Heil, die Gerechtigkeit Gottes, ja sogar der Zorn Gottes, und zwar vom Himmel her ‑ etwas anderes als irdische Züchtigung. Dies ist der Schlüssel zu allem. Der Apostel hebt es hervor, er ‑betont es vom Anfang des Briefes an; denn der Mensch neigt immer dazu, sich selbst zu vertrauen, sich seiner selbst zu rühmen, irgendwelches Verdienst, irgendwelche Gerechtigkeit bei sich zu suchen, dem Judentum zu frönen, sich mit sich. selbst zu beschäftigen, als ob er etwas tun könnte. Es war die Freude des Apostels, seinen Gott in den Vordergrund zu stellen.

So schaltete Sich Gott im Evangelium ein, indem Er ein Heil vollbrachte, das ausschließlich Sein Werk war, ‑ ein Heil, dessen Ursprung und Kraft Er war und das Er Selbst bewirkt hatte. Der Mensch. kam durch Glauben dazu; es war der Glaubende, der daran teilhatte; aber um durch Glauben daran teilzuhaben war gerade der Weg, an ihm teilzuhaben, ohne auch nur irgend etwas hinzuzufügen und es völlig als das Heil Gottes zu be­lassen. Gott sei gelobt, daß es so ist, sei es wegen der Gerechtigkei.t oder der Kraft, oder wegen des ganzen Ergebnisses, denn auf diese Weise ist es vollkommen, es ist göttlich. Gott ist in Seiner allmächtigen Kraft und in Seiner Liebe ins Mittel getreten, um die Elenden nach Seiner eigenen Macht zu erretten. Das Evangelium ist dessen Ausdruck: man glaubt daran und hat daran teil.

Es gibt aber einen besonderen Grund dafür, daß es die Kraft Gottes im Heil ist, Der Mensch war durch die Sünde von Gott abgewichen. Allein Gerechtigkeit konnte ihn in die Gegenwart Gottes zurückbringen und ihn zu einem solchen machen, daß er dort in Frieden sein kann. Ein Sünder ‑ er hatte keine Gerechtigkeit, sondern ganz das Gegenteil; wenn aber der Mensch als Sünder vor Gott treten sollte, so erwartet ihn notwendigerweise Gericht‑ die Gerechtigkeit würde sich auf diese Weise äußern. Im Evangelium aber offenbart Gott Seinerseits eine positive Gerechtigkeit. Wenn der Mensch keine hat, so hat Gott eine Gerechtigkeit, die Ihm gehört, die Sein eigen ist, vollkommen wie Er Selbst, ganz nach Seinem Herzen. Eine solche Gerechtigkeit wird im Evangelium geoffenbart. Es gab keine menschliche Gerechtigkeit; eine Gerechtigkeit a u s G o t t wird geoffenbart. Sie ist voll­kommen in sich selbst, göttlich und vollständig. Um geoffenbart zu werden, muß es so sein. Das Evangelium verkündigt sie uns. 

Der Grundsatz, auf dem sie kundgetan wird, ist der Glaube, weil sie da ist, und sie ist göttlich. Wenn der Mensch etwas an ihr gewirkt oder einen Teil von ihr vollbracht hätte, oder wenn sein Herz irgendeinen An­teil an ihrer Ausführung gehabt hätte, wäre das nicht die Gerechtigkeit G o t t e s ; sie ist aber vollständig und absolut Sein. Wir glauben an das Evangelium, wel­ches sie kundtut. Wenn es aber der Glaubende ist, der an ihr teilhat, so hat jeder, der Glauben hat, an ihr teil. Diese Gerechtigkeit besteht auf dem Grundsatz des Glau­bens. Sie ist geoffenbart, und zwar dem Glauben, wo immer dieser Glaube vorhanden ist.

Dies ist die Bedeutung des Ausdrucks, der mit "aus Glauben zu Glauben" übersetzt wird ‑ nach dem Grund­satze des Glaubens zum Glauben. Nun ist die Wichtigkeit dieses Grundsatzes hier augenscheinlich. Er läßt jeden Glaubenden aus den Nationen auf derselben Grundlage wie den luden gelten, der kein anderes Eintrittsrecht hat als er. Sie haben beide Glauben: das Evangelium er­kennt kein anderes Mittel an, um daran teilzuhaben. Die Gerechtigkeit ist Gottes; in ihr ist der Jude nichts mehr als der aus den Nationen ‑ wie geschrieben steht: "Der Gerechte aber wird aus Glauben leben." Die Schriften der Juden bezeugten die Wahrheit des Grundsatzes des Apostels.

Das ist es nun, was das Evangelium dem Menschen von Gottes Seite anbietet. Der vorherrschende Gegen­stand war die Person Christi, der Sohn Davids dem Fleische nach (Erfüllung der Verheißung), und der Sohn Gottes in Kraft erwiesen dem Geiste der Heiligkeit nach. Aber die Gerechtigkeit Gottes (nicht des Menschen) wurde darin geoffenbart. Das ist das Hauptthema von allem, was folgt. Der Apostel hatte allen Grund, sich dessen nicht zu schämen, wie sehr es auch vom Menschen verachtet wurde.

Diese Lehre wurde aber durch eine andere Überle­gung bestätigt, und sie fußte auf der darin enthaltenen großen Wahrheit. Indem Gott Sich darstellt, konnte Gott die Dinge nicht nach den teilweisen, der Unkenntnis des Menschen angepaßten Mitteilungen betrachten noch nach den vorübergehenden Zeitverwaltungen, durch welche Er sie regierte. Der' Zorn war nicht bloß Seine Einschal­tung in Seinen Regierungswegen, wie durch die Assyrer oder durch die babylonische Gefangenschaft. Es war "Zorn vom Himmel her". Die wesentliche Opposition Seiner Natur gegen das Böse und dessen strafrechtliche Verwerfung überall da, wo es gefunden wurde, wurden offenbar. Nun offenbarte Sich Gott im Evangelium. 

Auf diese Weise bricht der Zorn tatsächlich nicht hervor (denn die Gnade verkündigte die Gerechtigkeit Gottes den Sündern zum Heil, die glauben würden); er wird aber (genaugenommen nicht im Evangelium ‑ das ist die Offenbarung der Gerechtigkeit) geoffenbart vom Him­mel her über alle Ungerechtigkeit ‑ über alles, was die Gegenwart Gottes nicht ehrt ‑ über alles, was mit der Gegenwart Gottes nicht übereinstimmt, und über alle Ungerechtigkeit und Bosheit bei denen, die die Wahr­heit hatten, Gott aber immer noch verunehrten; das bedeutet über alle Menschen, ob aus den Nationen oder andere, und besonders über die Juden, welche die dem Gesetz gemäße Erkenntnis Gottes besaßen; und wieder­um (denn der Grundsatz ist weltweit und entfließt dem, was Gott ist, wenn Er Sich offenbart) über jeden, der sich zum Christentum bekennt, wenn er in dem Bösen wandelt, welches Gott haßt.

Dieser Zorn, göttlicher Zorn (der der Natur Gottes, der im Himmel ist, entspricht) wider den Menschen als Sünder machte die Gerechtigkeit G o t t e s notwendig. Der Mensch sollte jetzt Gott begegnen, und zwar als völlig geoffenbart, wie Er ist. Dies zeigte, daß er ganz und *gar ein Sünder war, es ebnete aber in Gnade den Weg zu einem weit vorzüglicheren Platz und Stand ‑ zu einem, der auf der Gerechtigkeit Gottes gegründet ist. Das Evangelium offenbart die Gerechtigkeit; wie gün­stig und notwendig sie ist, wird durch den Zustand der Sünde erwiesen, in dem sich alle Menschen befinden und weswegen der Zorn vom Himmel her geoffenbart wurde.

 Der Mensch sollte nicht nur durch Gott regiert werden und regierungsmäßigen Zorn empfangen, son­dern er sollte vor Gott erscheinen. Wie könnten wir dort bestehen? Die Antwort ist die Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes durch das Evangelium. Und des­halb, selbst wenn von der Auferstehung die Rede ist, wird Christus als Sohn Gottes nach dem Geist der Heilig­ ist. Die Offenbarung Gottes Selbst in Seiner heiligen Natur erfaßte notwendigerweise mehr als nur die Juden. Sie war wider die Sünde als solche, wo immer sie war, wo immer sie der Sünde begegnete, um das, was Gott ist, zu verwirklichen. Es ist eine herrliche Wahrheit, und wie gesegnet, daß die göttliche Gerechtigkeit also in unumschränkter Gnade geoffenbart werden sollte! Da aber Gott Liebe ist, dürfen wir sagen, daß es nicht anders sein konnte; wie herrlich aber, daß Gott Sich so geoffenbart hat!

Also liegt die These dieses Briefes in Vers 17, das, was ihre Notwendigkeit in Vers 18 bewies. Von Vers 19 an bis Kapitel 3, 20 wird der Zustand der Menschen, der luden und der Nationen,. auf die sich diese Wahrheit bezieht, ausführlich beschrieben, um zu zeigen, auf welche Weise der Zorn verdient wurde, und daß alle in die Sünde eingeschlossen wurden (V. 19 und 21 dieses Ka­pitels geben die führenden Grundsätze des Bösen in bezug auf die Nationen). In Kapitel 3, 21‑31 wird die Antwort in Gnade durch die Gerechtigkeit Gottes durch das Blut Christi kurz, aber kraftvoll kundgetan. Denn wir bekommen zuerst durch das Blut Christi die Antwort auf den alten Zustand, und dann die Einführung in den neuen Zustand durch Tod und Leben durch Christum.

Der Apostel beginnt mit den Nationen ‑ "alle Un­gerechtigkeit“ der Menschen. Ich sage der Nationen (es ist augenscheinlich, daß, wenn ein Jude in diesen Zustand verfällt, ihm diese Schuld anhaftet; der beschriebene Zustand aber bis zu Kapitel 2, 17 ist der der Nationen); späterhin ist es der der luden bis Kapitel 3, 20.

Kapitel 1, 18 ist die These der ganzen Erörterung von Vers 19 bis Kapitel 3, 20, indem dieser Teil des Briefes den Grund jenes Zornes angibt.

Die Nationen sind aus zwei Gründen unentschuldbar. Erstens ist das von Gott Erkennbare durch die Schöpfung offenbar geworden ‑ seine Kraft und Göttlichkeit. Die­ser Beweis hat seit der Erschaffung der Welt bestanden. Zweitens, daß sie die Erkenntnis Gottes so wie Noah hatten, Ihn aber als Gott nicht verherrlichten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen, und indem sie sich diesbezüglich ihre eigenen Gedanken und Begriffe machten, wurden sie zu Narren, während sie sich für weise ausgaben, verfielen sie dem Götzendienst, und zwar von der gröbsten Art. Gott hat das nun gerichtet. Wenn sie einen gerechten Begriff von der Herrlichkeit Gottes nicht behalten wollten, dann sollten sie nicht mal einen gerechten Begriff von der natürlichen Würde des Menschen behalten. 

Sie sollten sich selbst verunehren, wie sie Gott verunehrt hatten. Mit einigen kraftvollen und energischen Worten haben wir hier die genaue Schil­derung der ganzen heidnischen Mythologie. Sie hatten kein Unterscheidungsvermögen, keinen moralischen Ge­schmack, Gott in Erkenntnis zu haben, deshalb hat Gott sie dahingegeben in einen verworfenen Sinn, sich ihres verderbten Geschmacks zu rühmen, solcher Dinge, die sich nicht mal für die Natur geziemen. Das natürliche Gewissen erkannte, daß Gott nach der gerechten For­derung seiner Natur solches Tun für des Todes würdig hielt. Nichtsdestoweniger übten sie diese Dinge nicht allein aus, sondern sie hatten Wohlgefallen an denen, die es taten, wenn sie ihre eigenen Gelüste nicht fort­rissen. Das ließ für die, welche das Böse verurteilten (und es gab solche), keinen Raum zur Entschuldigung, denn sie verübten es, indem sie es verurteilten. Durch dieses Richten verdammte sich der Mensch doppelt, denn dadurch, daß er das Böse richtete, zeigte er, daß er es als böse erkannte, und doch verübte er es. Das Gericht Gottes aber nach der Wahrheit ist über die, welche solches tun; die, welche einen guten Ruf dadurch er­warben, daß sie diese Dinge richteten, sollten dem Ge­richt Gottes nicht entrinnen.

 

KAPITEL 2 

   Zweierlei wird hier in bezug auf Gott dargestellt Sein Gericht über das Böse ‑ der Täter wird nicht ent­rinnen (der wirkliche Unterschied zwischen Recht und Unrecht würde durch Gericht fortbestehen), und Seine Barmherzigkeit, Geduld und Langmut in bezug auf den Täter des Bösen ‑ Seine Güte leitet ihn zur Buße. Der­ jeji118t:, uur im ijuziuii vui7iiaxrLu, LiuLrug Ölul bulubL, Inut111 er versuchte, das sichere Gericht Gottes zu vergessen, und indem er Seine Güte verachtete. Die Folgen eines Gott und Seiner Wahrheit widerstehenden Lebens einer­seits und andererseits das Streben nach dem, was Ihm wohlgefällt, also zum ewigen Leben führt ‑ waren sicher: Drangsal und Angst in dem einen Falle, in dem anderen Herrlichkeit und Ehre, und zwar ohne die luden höher zu achten als die Nationen.

Gott beurteilte die Dinge nach ihrem wahren mora­lischen Charakter und nach den Vorzügen, die der Schul­dige genossen hatte*.

So viele ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verlorengehen; und so viele unter Gesetz gesündigt haben, werden durch Gesetz gerichtet werden an dem Tage, da Gott das Verborgene der Herzen nach dem von Paulus verkündigten Evangelium richten wird. Dieser Charakter des Gerichts ist sehr wichtig. Es ist nicht die Regierung der Welt durch ein irdisches und äußerliches Gericht, wie es der Jude verstand, sondern ein Gericht über den einzelnen demgemäß, wie Gott das Herz kennt.

Auch wollte Gott Echtes haben. Einer aus den Natio­nen, der das Gesetz erfüllt, war besser als ein Jude, der es übertrat. Wenn er sich ein Jude nannte und böse handelte (Kap. 2, 17), so verunehrte er nur Gott, und seinetwegen wurde der Name Gottes unter den Nationen gelästert, während er sich seiner Vorzüge rühmte. Dann verbreitet er sich über den Punkt, daß Gott moralische Echtheit fordert und daß einer aus den Nationen, der die Rechte des Gesetzes beobachtet, mehr wert ist als ein Jude, der es nicht erfüllt, und daß der wahrhaftige Jude der ist, der das Gesetz im Herzen hat, indem er auch im Geist beschnitten ist, und nicht der, der nur die äußer­liche Beschneidung hat. Dies war ein Zustand, den Gott loben konnte, nicht nur der Mensch.  

* Wie auffallend bringt dies auch ans Licht, was überall durch die Lehre dieses Briefes hervorbricht ‑ daß alles seiner Echtheit vor Gott entspricht, da Gott durch Christum und das Kreuz geoffenbart ist. Alles muß seinen wahren Charakter und sein Ergebnis Seinem Wesen entnehmen. Man beachte übrigens, daß diese Ausdrücke eine Erkenntnis des Evange­liums voraussetzen, "denen, die ... Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit suchen". Diese sind dem Christentum be­kannt. 

 

KAPITEL 3 

Nachdem er die große Wahrheit festgestellt hat, daß Gott echte moralische Güte forderte, betrachtet er die Stellung der Juden. Konnten sie nicht eine besondere göttliche Gunst vorschützen? War da kein Vorteil im Judentum? Sicherlich, denn sie besaßen die Aussprüche Gottes. Die Wege Gottes waren an sich voller Segen, obwohl das die unveränderlichen Wahrheiten Seiner Natur nicht änderte. Auch wenn viele unter ihnen nicht glaubten, so änderte das nicht die Treue Gottes; und die Tatsache, daß der Unglaube der vielen die Treue Gottes, der Derselbe blieb, was sie, auch sein mochten, um so mehr hervorhob, schmälerte in nichts die Ansprüche der Gerechtigkeit.

 Die Ungläubigen sollten je nachdem, was sie waren, bestraft werden; das würde die nie ver­sagende Treue Gottes nur verherrlichen, welche niemals versagte, wie vergeblich das für die Masse der Nationen auch sein mochte. Sonst könnte Er niemand richten, nicht einmal die Welt (die der Jude gern gerichtet sehen möchte); denn auch der Zustand der Welt hob die Treue Gottes Seinem Volk gegenüber hervor und rückte sie in den Vordergrund. Wenn also der Jude Vorzüge hatte, war er deshalb besser? Durchaus nicht. Alle wurden zu­sammen, ob Juden oder Nationen, unter die Sünde ein­geschlossen, wie Gott schon kundgetan hatte*.

Der Apostel führt nun das Alte Testament an, um dies in bezug auf die Juden zu beweisen, die es in bezug auf die Nationen nicht leugneten, worauf er auch schon hin­gewiesen hatte. Das Gesetz gehört euch, sagt er. Ihr rühmet euch dessen, daß es sich ausschließlich auf euch bezieht. Sei es so; hört nun, was es über das Volk, über euch selbst sagt. Es redet zu euch, wie ihr zugebt. Also gibt es unter euch keinen einzigen Gerechten, auf den Gott vom Himmel herniederschauen kann. Er führt Psalm 14, 2. 3 und Jesaja 59, 7. 8 an, um das Gericht, das durch jene Aussprüche, deren sie sich rühmten, über sie ausgesprochen war, darzustellen. So wurde jeder Mund verstopft, und die ganze Welt war schuldig vor Gott. Deshalb kann kein Fleisch aus Gesetzeswerken vor Gott gerechtfertigt werden; denn wenn die Welt sich in der Finsternis in Sünde wälzte, so kam durch Gesetz die Erkenntnis der Sünde. 

* Man beachte hier einen sehr wichtigen Grundsatz, daß es positive Vorzüge der Stellung dort gibt, wo keine innere Veränderung ist. Vergleiche Kapitel 11, 17 mit 1. Korinther 10.  

jetzt aber ist ohne Gesetz Gottes Gerechtigkeit geoffenbart worden, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. 

Deshalb finden wir, daß nicht nur der Zustand der Nationen und der Juden dargestellt wird, zusammen mit den großen unveränderlichen Grundsätzen von Gut und Böse, welcherart das Verfahren Gottes auch sein mochte, sondern die Wirkung des Gesetzes selbst und dessen, was durch das Christentum betreffs der Gerechtigkeit eingeführt wurde ‑ganz und gar außerhalb des Gesetzes, obwohl es durch das Gesetz und die Propheten bezeugt wurde. Mit e i n e in Wort die ewige Wahrheit betreffs der Sünde und der Verantwortlichkeit des Menschen, die Wirkung des Gesetzes, der Zusammenhang des Alten Testaments mit dem Christentum, der wahre Charakter des letzteren in dem, was sich auf Gerechtigkeit bezieht (nämlich daß sie etwas ganz Neues und Unabhängiges ist), die Gerechtigkeit Gottes Selbst ‑ die ganze Frage zwischen dem Menschen und Gott in bezug auf Sünde und Gerechtigkeit ist in bezug auf ihre Grundlage in diesen wenigen Worten erledigt. Jetzt wird von der Weise, wie dies erfüllt wird, die Rede sein*. 

Es ist die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben an 

* Kapitel 3, 21 greift eigentlich auf Kapitel 1, 17 zurück; das Dazwischenliegende ist eine Darstellung der Grundlage von Kapitel 1, 18, die die Gerechtigkeit von Vers 17 unbedingt erforderlich machte. 

Jesum Christum. Der Mensch hat sie nicht vollbracht, der Mensch hat sie nicht erworben. Sie ist aus Gott, sie ist Seine Gerechtigkeit; durch den Glauben an Jesum Christum wird ein Anteil an ihr erworben. Wenn das eine menschliche Gerechtigkeit gewesen wäre, so wäre sie durch das Gesetz geworden, das die Satzung der Gerechtigkeit ist ‑ eines Gesetzes, das nur den Juden gegeben war. Da es aber die Gerechtigkeit Gottes Selbst war, stand sie in Beziehung zu allen: ihre Reichweite umfaßte das eine nicht mehr als das andere. Es war die Gerechtigkeit Gottes "gegen alle". Ein Jude stand nicht näher in Beziehung zur Gerechtigkeit G o t t e s als einer aus den Nationen. 

Sie war tatsächlich weltweit in ihrem Ausblick und in ihrer Anwendbarkeit. Eine Gerechtigkeit Gottes für den Menschen, weil kein Mensch irgendwelche für Gott hatte ‑ sie wurde auf alle, die an Jesum glaubten, angewandt. Überall, wo Glaube war, da wurde sie angewandt. Der Gläubige besaß sie. Sie war gegen alle und auf alle , die an Jesum glaubten. Denn es war kein Unterschied, alle hatten gesündigt, und erreichten nicht die Herrlichkeit Gottes*; dieser Herrlichkeit beraubt, wurden sie umsonst durch Seine Gnade gerechtfertigt, und zwar durch die Erlösung, die in Christo Jesu ist.   

*Beachte wie, da Gott geoffenbart war, die Sünde durch die Herrlichkeit Gottes gemessen wird. Wir sind so gewöhnt, diese Worte zu lesen, daß wir ihre Bedeutung übersehen. Wie sonderbar zu sagen: "Erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes!" Der Mensch möchte sagen: natürlich ist das so; doch moralisch gesagt, ist diese geoffenbart worden, und wenn man nicht vor ihr und ihr gemäß stehen kann, können wir vor Gott überhaupt nicht bestehen. Natürlich geht es nicht um die Ihm eigne Herrlichkeit, da kommen natürlich alle Geschöpfe zu kurz, sondern um diejenige, die Seiner Gegenwart angemessen und für sie passend war und vor Seinem Angesicht bestehen konnte. Wenn wir dort nicht geziemend stehen können, "in dem Lichte wandeln, wie er in dem Lichte !st" ‑ können wir überhaupt nicht bei Gott sein. Es gibt letzt keinen Vorhang. 

Ob ein Jude oder einer aus den Nationen, er war ein sündiger Mensch; die Gerechtigkeit war die Gerechtigkeit Gottes; die Güte Gottes war es, was sie schenkte, die Erlösung in Christo Jesu war das göttliche Mittel, an ihr teilzuhaben*. 

Vor der Vollendung dieser Erlösung hatte Gott im Hinblick auf sie geduldig Nachsicht geübt gegen die Treuen. und Seine Gerechtigkeit wurde klar erwiesen, indem Er ihnen vergab. Weiterhin wurde aber die Gerechtigkeit selbst erwiesen: wir kommen zu Christo als zu einem von Gott vor die Menschen gestellten Gnadenstuhl, und wir finden auf ihm das Blut, das uns freien Zutritt zu Gott in Gerechtigkeit gibt ‑ zu Gott, dessen Herrlichkeit durch das von Jesu Christo vollbrachte Werk befriedigt ist, was durch Sein Blut auf dem Gnadenstuhl bezeugt wird. Es ist nicht mehr "Nachsicht" ‑ Gerechtigkeit ist erwiesen, so daß Gott als gerecht gesehen wird, indem Er den rechtfertigt, welcher des Glaubens an Jesum ist. Wo ist dann der Ruhm? Denn die Juden rühmten sich viel vor den Nationen ‑ die Selbstgerechtigkeit rühmt sich immer: es gibt kein Gesetzeswerk, welches dies ausschließen kann. Wenn der Mensch sich durch seine Werke rechtfertigen könnte, hätte er etwas zum Rühmen. Es ist dieses Gesetz des Glaubens, dieser göttliche Grundsatz, auf den wir gestellt worden sind, der dies ausschließt: denn durch das Werk eines Anderen, ohne Gesetzeswerke, können wir durch. die Gnade an der göttlichen Gerechtigkeit teilhaben, da wir ja keine eigene haben. 

* Um zu zeigen, wie vollständig diese Unterweisung Pauli ist, gebe ich hier eine Zusammenfassung ihrer Bestandteile. An sich ist es die Gerechtigkeit Gottes ohne Gesetz, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Betreffs ihrer Anwendung ist sie die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben an Jesum Christum gegen alle und auf alle, die da glauben. Christus wird zu einem Gnadenstuhl (Sühnungsmittel) dargestellt durch den Glauben an Sein Blut, zur Erweisung dieser Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorher geschehenen Sünden (Abrahams usw.) unter der Nachsicht Gottes, aber zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit in der jetzigen Zeit, daß Er gerecht sei und den rechtfertige, der des Glaubens an Jesum ist. 

Sind Gott denn Grenzen gesetzt ‑ ist Er denn nur der Gott der Juden*? Nein; Er ist auch der Gott der Nationen. Und wie? In Gnade: dieweil es ein einiger Gott ist, der die Juden (die Gerechtigkeit suchen) nach dem Grundsatz des Glaubens rechtfertigt, und da Rechtfertigung nach dem Grundsatz des Glaubens gewährt wird, wird der Gläubige aus den Nationen auch durch Glauben gerechtfertigt. Die Menschen werden durch Glauben gerechtfertigt; so also wird der Gläubige aus den Nationen gerechtfertigt. In bezug auf den Juden ist es der festgelegte Grundsatz (denn sie suchten die Gerechtigkeit). Was den aus den Nationen betrifft, wurde er (da im angenommenen Falle Glaube da war) gerechtfertigt, denn Rechtfertigung fußte auf diesem Grundsatz. 

* Siehe hier wieder, wie Gott in Sich Selbst offenbar wird. Vergleiche Matthäus 15, 19‑28. 

Ist es denn so, daß der Glaube die Autorität des Gesetzes aufhob? Das sei ferne! Er bestätigte vollständig das Gesetz; er gab dem Menschen aber einen Anteil an der göttlichen Gerechtigkeit, während seine gerechte und totale Verurteilung durch das Gesetz (als er unter ihm war) anerkannt wird ‑ eine Verurteilung, die eine andere Gerechtigkeit erforderlich machte, da der Mensch nach dem Gesetz keine hatte ‑ keine eigene Gerechtigkeit. Das Gesetz forderte Gerechtigkeit, es zeigte aber das Vorhandensein der Sünde.

 Wenn die Gerechtigkeit die das Gesetz forderte, nicht nötig gewesen wäre (wenn es sie im Menschen nicht hervorzubringen vermochte), so wäre keine andere nötig gewesen. Nun bestätigte der Glaube diese Notwendigkeit und auch die Richtigkeit der Verurteilung des Menschen unter dem Gesetz, und zwar dadurch, daß er dem Menschen einen Anteil an dieser anderen Gerechtigkeit gab, die aus Gott ist. Das, was das Gesetz forderte, konnte es nicht geben; und selbst weil es dies forderte, versagte der Mensch, es hervorzubringen. Wenn es gegeben worden wäre, wäre die Verpflichtung aufgehoben. Gott handelt in Gnade, wenn die Verpflichtung des Gesetzes in der Verurteilung völlig aufrechterhalten wird.

 Er gibt Gerechtigkeit, weil man sie haben muß. Er hebt die Verpflichtung des Gesetzes nicht auf, nach der der Mensch total verurteilt wird*, sondern während Er die Gerechtigkeit dieser Verurteilung anerkennt und bestätigt, verherrlicht Er Sich in Gnade, indem Er dem Menschen göttliche Gerechtigkeit gewährt, als er keine menschliche Gerechtigkeit in Verbindung mit den ihm vom Gesetz auferlegten Verpflichtungen besaß, um sie vor Gott darzustellen. Nichts gab dem Gesetz eine solche göttliche Bestätigung wie der Tod Christi, der seinen Fluch trug, uns aber nicht unter ihm ließ. Also hebt der Glaube das Gesetz nicht auf: er bestätigt völlig seine Autorität. Er zeigt den Menschen, daß er unter dem Gesetz gerecht verurteilt ist, und hält die Autorität des Gesetzes in dieser Verurteilung aufrecht, denn er hält alle, die unter dem Gesetz sind, für solche, die dem Fluche verfallen sind**. 

Der Leser wird bemerken, daß das, was deutlich gegen Ende dieses dritten Kapitels dargestellt wird, das Blut Christi ist, wie es auf die Sünden des alten Menschen angewendet wird, und. deshalb wird die Vergebung zu einer gerechten Sache gemacht, der Gläubige wird von Sünden erlöst, weil er durch das Blut Christi gereinigt ist. Dieses begegnete der ganzen Schuld des alten Menschen. 

Jetzt gehen wir zu einem anderen Anblick dessen über, was rechtfertigt, aber immer noch Sünden beweist; wir werden also noch nicht an den neuen Platz gesetzt an den der Auferstehung, wenn er auch mit ihr verbunden und ihre Folge ist. 

* Das Gesetz ist an sich die vollkommene Regel von Recht und Unrecht für jedes Kind Adams, obwohl es nur den luden gegeben wurde. Es war aber nicht willkürlich. Es erfaßte alle Beziehungen, in denen die Menschen standen, gab in bezug auf sie eine vollkommene Satzung, und ihnen selbst die Bestätigung der Autorität Gottes, verbunden mit einer Strafbestätigung. jetzt haben wir aber etwas viel Höheres ‑ nicht das, was der Mensch sein sollte, sondern Gott Selbst ist verherrlicht. 

** Diejenigen, die Christen dem Gesetz unterstellen, bewahren mithin nicht seine Autorität, denn sie halten sie für aus seinem Fluch ausgenommen, obwohl sie es übertreten. 

KAPITEL 4 

Während man sich mit dem luden beschäftigte und sogar mit der Frage der Gerechtigkeit, gab es außer dem Gesetz noch eine sehr gewichtige Überlegung wegen der Juden selbst als auch wegen des Verfahrens Gottes. Wie stand es mit Abraham, der von Gott berufen wurde, der Stammvater zu sein, der Vater der Gläubigen? Nachdem der Apostel also die Beziehung dargestellt hatte, in der der Glaube durch die Einführung der Gerechtigkeit Gottes zum Gesetz stand, befaßt er sich mit dem Boden, auf den Abraham, Gott wohlgefällig in Gerechtigkeit, gestellt wurde. Denn der Jude mochte sein persönliches Versagen unter dem Gesetz zugegeben und doch auf den Genuß der Vorrechte unter Abraham plädiert haben.

 Wenn wir ihn also so nach dem Fleische betrachten (d. h. in Verbindung mit den Vorrechten, die von ihm als Erbe auf seine Kinder übergingen) und unseren Platz in der Erbfolge unter ihm einnehmen, um diese Vorrechte zu genießen, auf welchen Grundsatz stellt uns das? Auf denselben Grundsatz des Glaubens. Wenn er durch Werke gerechtfertigt wäre, hätte er etwas gehabt, um* sich dessen zu rühmen; vor Gott war es aber nicht so, denn die Schriften sagen ‑ "Abraham aber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Dem aber, der wirkt, wird der Lohn nicht nach Gnade zugerechnet, sondern nach Schuldigkeit. Dem aber, der nicht wirkt, sondern an den glaubt, der den Gottlosen rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet." Denn dadurch verherrlicht er Gott tatsächlich so, wie Gott verherrlicht zu werden wünscht, und zwar gemäß Seiner Offenbarung Seiner Selbst in Christo. 

Somit bezeugt der Fall Abrahams die Rechtfertigung durch den Glauben. Auch David unterstützt dieses Zeugnis und redet über die Glückseligkeit des Menschen, dem Gerechtigkeit ohne Werke zugerechnet wird. Der, dessen Gesetzlosigkeiten vergeben, dessen Sünden bedeckt sind, dem der Herr Sünde nicht zurechnet ‑ das ist der Mensch, den David glückselig nennt. Das setzte aber voraus, daß der Mensch ein Sünder und an sich nicht gerecht war. Es ging darum, was Gott in Gnade für einen solchen war, und nicht darum, was er für Gott war, oder als er ein Sünder war. Seine Glückseligkeit war, daß Gott ihm die von ihm begangenen Sünden nicht zurechnete und nicht, daß er in sich selbst vor Gott gerecht war. Gerechtigkeit für den Menschen wurde in der Gnade Gottes gefunden. Hier wird sie damit einsgemacht, daß dem Menschen die Sünden, deren er schuldig ist, nicht zugerechnet werden. Keine Sünde wird zugerechnet.

 

Galt denn diese Gerechtigkeit nur der Beschneidung? jetzt ist unsere These, daß Gott Abraham durch Glauben als gerecht betrachtete. War er aber beschnitten, als dies stattfand? Nein, er war unbeschnitten. Mithin ist Gerechtigkeit durch Glauben ‑ auch für den Unbeschnittenen ist sie durch den Glauben ‑ ein für den Juden überwältigendes Zeugnis, weil Abraham das schöne Ideal war, auf das sich alle seine Begriffe der Vorzüglichkeit und der Vorzüge bezogen.

 Die Beschneidung war bloß ein Siegel für die Gerechtigkeit des Glaubens, den Abraham hatte, ehe er beschnitten war, damit er Vater aller Gläubigen wäre, die sich in demselben Zustand des Unbeschnittenseins befanden, auf daß auch ihnen Gerechtigkeit zugerechnet werde; und der Vater der Beschneidung sei ‑ d. h. das erste Beispiel eines wahrhaftig für Gott abgesonderten Volkes ‑nicht nur in bezug auf die Beschnittenen, sondern auf alle, die in den Fußstapfen seines Glaubens, als er unbeschnitten war, wandeln würden. Denn schließlich wurde weder Abraham noch seinem Samen die Verheißung, daß er Erbe der Welt werden sollte, in Verbindung mit dem Gesetz gegeben, sondern mit der Gerechtigkeit durch Glauben. Denn wenn die, welche auf dem Grundsatze des Gesetzes stehen, Erben sind, ist der Glaube, durch den Abraham die Verheißung empfing, eitel und unwirksam*, denn gerade umgekehrt 

* Der aufmerksame Leser der Briefe Pauli muß den Gebrauch des Wortes "denn" beachten. In sehr vielen Fällen drückt es nicht eine Folgerung aus, sondern es wendet sich einem gleichlaufenden Thema zu, das nach dem Dafürhalten des Apostels zur selben Folgerung führen würde, oder aber zu irgendeinem tieferen allgemeinen Grundsatz, der der Überlegung zugrunde lag und den Gesichtskreis in den damit zusammenhängenden Dingen erweiterte. 

‑ das Gesetz erzeugt Zorn, und das ist etwas ganz anderes als ein Einführen in den Genuß einer Verheißung denn da, wo kein Gesetz ist, ist auch keine Übertretung. Man beachte: er sagt nicht, daß keine Sünde da ist, sondern wo kein Gebot ist, da ist nichts zum Übertreten. Da nun das Gesetz einem Sünder gegeben wurde, ist Zorn notwendigerweise die Folge seiner Auferlegung. 

Dies ist die negative Seite dieses Gegenstandes. Der Apostel zeigt, daß selbst in bezug auf die Juden das Erbe nicht nach dem Grundsatz des Gesetzes sein konnte, ohne Abraham zu verdrängen, denn ihm wurde das Erbe durch Verheißung gegeben, und das schloß ein, daß es aus Glauben geschah; denn wir glauben an eine Verheißung, wir erfüllen nicht selbst eine uns gegebene Verheißung. Nach der Schrift ward also die Gerechtigkeit Abrahams durch eben diesen Glauben. Er wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. 

Dieser Grundsatz gewährte den Nationen den Zugang; hier wird er aber in bezug auf die luden selbst festgestellt, oder eher in bezug auf die Wege Gottes, und zwar auf eine Weise, um das Gesetz als Mittel, das Erbe Gottes zu bekommen, auszuschließen. Die Folge für die aus den Nationen, die dem Evangelium glauben würden, wird in Vers 16 dargelegt. "Darum ist es aus Glauben, auf daß es nach Gnade sei, damit die Verheißung dem ganzen Samen (Abrahams) fest sei", dem ja die Verheißung gegeben wurde; nicht allein dem unter Gesetz, sondern auch allen vom Glauben Abrahams, der unser aller Vater vor Gott ist, wie geschrieben steht: "Ich habe dich zum Vater vieler Nationen gesetzt." 

So haben wir hier diesen großen Grundsatz festgesetzt. Es ist durch den Glauben, vor dem Gesetz und ohne das Gesetz (buchstäblich: "getrennt vom Gesetz", das damit nichts zu tun hatte); und die Verheißung ist dem Menschen ohne Beschneidung gegeben, und er wird dadurch gerechtfertigt, daß er ihr glaubt. 

jetzt wird noch ein Element eingeführt. Menschlich gesprochen war die Erfüllung der Verheißung unmöglich, denn in dieser Hinsicht waren Abraham und Sara wie tot, und es mußte wider Hoffnung auf Hoffnung an die Verheißung geglaubt werden, sich auf die allmächtige Kraft Dessen verlassend, der die Toten lebendig  macht und das Nichtseiende ruft, wie wenn es da wäre. Dies war der Glaube Abrahams. Er glaubte der Verheißung, daß er der Vater vieler Nationen werden sollte, weil Gott geredet hatte; er rechnete auf die Kraft Gottes, und verherrlichte Ihn so, ohne etwas von Ihm Gesagtes dadurch in Frage zu stellen, daß er auf die Umstände geschaut hätte; deshalb wurde ihm auch das zur Gerechtigkeit gerechnet. 

Er verherrlichte Gott demgemäß, was Gott war. Nun wurde das nicht allein seinetwegen geschrieben: derselbe Glaube wird auch uns zur Gerechtigkeit gerechnet werden ‑ der Glaube an Gott, der Jesum aus den Toten auferweckt hat. Hier ist es nicht der Glaube an Jesum, sondern an Den, der mit Macht in das Gebiet des Todes eindrang, in dem Jesus wegen unserer Sünden lag, und führte Ihn durch Seine Kraft herauf, die mächtige Wirkung der Liebe Gottes brachte Ihn, der schon die ganze Strafe für unsere Sünden getragen hatte, heraus aus allen ihren Folgen. Indem wir also Gott, der das getan hat, glauben, erfassen wir den ganzen Umfang Seines Werkes, die Gnade und Macht, welche darin entfaltet wurden ‑und so erkennen wir Gott. Unser Gott ist der Gott, der dieses getan hat. Er hat Selbst Jesum aus den Toten auferweckt, der nun unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist. 

Unsere Sünden waren schon auf Ihm. Die aktive Einschaltung Gottes errettete Den, der im Tode lag, weil Er sie getragen hatte. Es ist nicht nur eine Auferstehung der Toten, sondern aus den Toten ‑ die Dazwischenkunft Gottes, um Den in Gerechtigkeit hervorzubringen, der Ihn verherrlicht hatte. Dadurch, daß wir an einen solchen Gott glauben, verstehen wir, daß Er Selbst es ist, der uns, indem Er Christum aus den Toten auferweckte, von allem errettet hat, worunter uns unsere Sünde gebracht hatte, weil Er in rettender Macht Den, der dies unseretwegen erlitt, wiederbrachte.

 

KAPITEL 5 

Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott. Beachtet auch hier den Unterschied zwischen dem Glauben Abrahams und dem unsrigen. Er glaubte, daß Gott das, was Er verheißen hatte, auszuführen vermag. Wir sind dazu berufen zu glauben, daß Er es ausgeführt hat. Der Glaube an das Wort Gottes, Gott glauben, und durch diesen Glauben Seine Kraft in der Auferstehung zu ergreifen, ist der Glaube, daß uns dies aus der ganzen Auswirkung unserer Sünden herausgehoben hat*. 

Der Glaube ruht in der Kraft Gottes, da sie diese Rettung für uns bewirkt und uns in ihr gerechtfertigt hat. Christus ist um unserer ‑'Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden**. 

* Natürlich bedeutet das nicht, daß der Leib schon erneuert ist. 

** Ich verwerfe vollständig die Deutung "weil wir gerechtfertigt worden sind". Das ist nicht die Bedeutung des griechischen Textes, und den Glauben aus unserer Rechtfertigung auszuschließen widerspricht dem Anfang von Kapitel 5. 

Der Apostel hatte die großen Grundsätze festgelegt. jetzt kommt er zu dem Ursprung und der Anwendung von allem (d. h. deren Anwendung auf den Zustand der Seele in ihren Empfindungen). Er stellt uns die Wirkung dieser Wahrheiten vor Augen, wenn sie aus Glauben durch die Kraft des Heiligen Geistes empfangen werden. Das Werk ist getan; der Gläubige hat teil daran und ist gerechtfertigt. Da wir nun gerechtfertigt worden sind, so haben wir Frieden mit Gott, wir stehen in der göttlichen Gunst und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Wir glauben an einen Gott, der Sich in Kraft ins Mittel gelegt hat, um Den aus den Toten zu erwecken, der unsere Übertretungen getragen hatte; und der nun, da Er auferweckt worden ist, der ewige Zeuge davon ist, daß unsere Sünden hinweggetan worden sind, und daß der allein wahre Gott Derjenige ist, der dies in Liebe getan hat. So habe ich Frieden mit Ihm; alle meine Sünden sind ausgestrichen ‑ zunichte gemacht ‑ durch das Werk Christi; mein von jeder Bürde befreites Herz erkennt den Heiland‑Gott. Als gegenwärtige Tatsache stehe ich in jener Gnade oder Gunst; Gottes gepriesene gegenwärtige Gunst, die besser als Leben ist, ruht auf mir. Indem ich durch Christum vor Seinem Angesicht stehe, genieße ich schon jetzt Seine Gunst in g e g e n w ä r t i g e r Gnade.

 Alle Früchte des alten Menschen sind durch den Tod Christi vor Gott getilgt. Zwischen mir und Gott kann es wegen meiner Sünden keine Frage mehr geben. Er hat nichts mir zuzurechnen, alles ist im Tode und in der Auferstehung Christi erledigt worden. Was die gegenwärtige Zeit betrifft, so bin ich vor Seinem Angesicht in den Genuß der göttlichen Gunst gestellt. Gnade ist die Wesensart meiner gegenwärtigen Beziehung mit Gott. Und weiterhin rühme ich mich in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes, da alle meine Sünden den Erfordernissen der Herrlichkeit Gottes gemäß hinweggetan worden sind und Christus aus den Toten auferstanden ist und dieser ganzen Herrlichkeit Genüge getan hat. Es ist eine volle, wohlbegründete Hoffnung, darin zu sein, und kein Zukurzkommen. Alles steht mit Gott Selbst in Verbindung mit und gemäß Seinen Vollkommenheiten, es ist Gottes Gunst, unsere Hoffnung aber ist die Herrlichkeit Gottes. Alles steht mit Seiner Kraft in der Auferstehung in Verbindung ‑ der Friede mit Gott ist schon gemacht, es ist die gegenwärtige Gunst Gottes und die Hoffnung der Herrlichkeit. 

Man beachte hier, daß sich Rechtfertigung von Frieden unterscheidet. "Da wir nun gerechtfertigt worden sind, so haben wir Frieden." Rechtfertigung ist mein wahrer Zustand vor Gott aufgrund des Werkes Christi, Seines Todes und Seiner Auferstehung. Da der Glaube auf diese Weise Gott kennt, steht er in Frieden mit Gott; das ist aber ein Ergebnis wie gegenwärtig der Genuß der Gnade, in welcher wir stehen. Der Glaube glaubt an den Gott, der dies getan hat und der ‑indem Er Seine Kraft in Liebe und in Gerechtigkeit ausübte ‑Denjenigen aus den Toten auferweckte, der meine Sünden getragen und sie vollständig abgeschafft und dadurch Gott vollkommen verherrlicht hat. 

Auf dieser Grundlage haben wir auch „durch Ihn" den Zugang zu der vollen Gnade Gottes, in welcher wir stehen. Und was ist das Ergebnis? Es ist Herrlichkeit: wir rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes. Gott ist es, welcher die Wurzel und der Vollbringer von allem ist. Es ist das Evangelium Gottes, die Kraft Gottes in der Errettung, die Gerechtigkeit Gottes, und es ist die Herrlichkeit Gottes, in die wir in Hoffnung eingeführt worden sind. Solcherart ist die Wirksamkeit dieser Gnade in bezug auf uns: Frieden, Gnade oder Gunst, Herrlichkeit. Man möchte sagen: dies ist alles, was wir haben können: es ist für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft gesorgt. 

Nichtsdestoweniger ist da noch mehr zunächst praktische Erfahrung. Wir gehen tatsächlich durch Trübsal, wir rühmen uns ihrer aber, weil sie Herzensübung erzeugt, uns von der Welt trennt, den Willen beugt, das natürliche Wirken des Herzens, es von den Dingen reinigt, die unsere Hoffnung trüben, indem es ‑nit gegenwärtigen Dingen erfüllt wird, damit wir uns in allen Dingen mehr auf Gott beziehen, die ja schließlich ganz und gar von Ihm geleitet werden, dessen treue Gnade uns alles dieses geschenkt hat. 

Wir lernen besser, daß der Schauplatz, den wir durchwandeln, vergeht und sich verändert, und daß er bloß ein Übungsplatz ist und nicht die eigentliche Sphäre des Lebens. So wird die auf das Werk Christi gegründete Hoffnung klarer, nicht mehr so vermengt mit den Dingen des Menschen hienieden; wir unterscheiden klarer das Unsichtbare und Ewige, und die Verbindung der Seele ist vollständiger und ungeteilter mit dem, was uns bevorsteht. Erfahrung, die die Natur entmutigen könnte, bewirkt Hoffnung, denn ‑ es komme was kommen mag ‑ wir haben den Schlüssel zu allem, weil die Liebe Gottes, die uns die Hoffnung gegeben hat und die durch diese Seelenübungen klarer geworden ist, in unsere Herzen ausgegossen ist durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist, welcher der in uns wohnende Gott der Liebe ist. 

Nichtsdestoweniger ist der Geist, während Er diese innere Grundlage der Freude gibt, sorgfältig, sie auf Gott zu beziehen, und auf das, was Er außerhalb von uns getan hat (wegen des Beweises dieser Dinge, die wir haben), auf daß die Seele auf dem, was in Ihm ist, auferbaut werde, und nicht auf dem, was in uns ist. Diese Liebe wohnt fürwahr in uns; sie erklärt alles in holdseliger Weise; aber die Liebe, die durch die Anwesenheit des Heiligen Geistes vorhandene Liebe, ist die Liebe G o t t e s, welche sich nämlich darin erwiesen hat, daß, als wir noch kraftlos waren, Christus zur bestimmten Zeit für Gottlose starb. Die bestimmte Zeit war, als der Mensch sich als gottlos erwiesen hatte, und auch kraftlos, um sich aus diesem Zustande zu befreien, obwohl ihm Gott unter dem Gesetz den Weg wies. Der Mensch kann ergeben sein, wenn er ein angemessenes Motiv hat; Gott hat die Ihm Selbst besonders eigene* Liebe darin entfaltet, daß, als in uns für Ihn kein Beweggrund vorhanden war, als wir nichts als Sünder waren, Christus für uns starb! Der Ursprung lag in Ihm, war Er Selbst. Welche Freude zu wissen, daß wir alle diese Dinge in Ihm und von Ihm haben! 

Da Gott uns nun nach der Regung Seines eigenen Herzens mit Sich versöhnt hat, als wir Feinde waren, wird Er um so mehr, da wir nun gerechtfertigt sind, bis zum Schluß vorangehen, und wir werden durch Christum vom Zorn errettet werden. So fügt er betreffs des Mittels hinzu: "Wenn wir ... mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes durch das, was sozusagen Seine Schwäche war, werden wir vielmehr, da wir versöhnt sind, durch sein Leben gerettet werden" ‑ durch die mächtige Lebenskraft, in der Er ewig lebt. Somit macht die Liebe Gottes Frieden in bezug auf das, was wir waren, und gibt uns Sicherheit in bezug auf die Zukunft, und macht uns dabei glücklich in der Gegenwart. Und es ist das, was Gott ist, was alle diese Segnungen für uns sichert. Er ist Liebe, voller Rücksichtnahme auf uns, voller Weisheit. 

*Dieses Wort ist im Original sehr betont: S e i n e eigene Liebe, Vers 8. 

Nachdem aber unser Zustand ‑ Friede, Gnade und Herrlichkeit ‑ das, was vollständig zu sein schien und vollständige Errettung ist, festgelegt war, ist hier noch ein "nicht allein". "Nicht allein" rühmen wir uns der Trübsale, sondern wir rühmen uns Gottes. Wir rühmen uns in Ihm. Dies ist der zweite Teil der gesegneten Erfahrung des Christen, der Freude, die unserer Erkenntnis der Liebe Gottes in Christo und unserer Versöhnung durch Ihn entfließt. Der erste Teil war, daß er sich der Trübsal ihrer Auswirkung wegen rühmte, da er die göttliche Liebe kannte. Der zweite Teil ist die Liebe Gottes Selbst im Menschen. Wenn wir diese kennen, rühmen wir uns nicht nur unserer Errettung und sogar der Trübsal, sondern, indem wir solch einen Heiland‑Gott kennen (einen Gott, der Jesum aus den Toten auferweckt und uns in Seiner Liebe errettet hat), rühmen wir uns S e i n e r. Eine höhere Freude als diese können wir nicht haben. 

Damit schließt dieser Abschnitt dieses Briefes, in dem die durch Christum gewirkte Versöhnung die Abschaffung unserer Sünden und die Liebe Gottes Selbst völlig erfüllt und kundgemacht worden sind: Friede, Gnade, die wir besitzen, und erhoffte Herrlichkeit, und das durch die reine Liebe Gottes, die darin erkannt wird, daß Christus für Sünder starb. Sie ist ausschließlich aus Gott und deshalb göttlich vollkommen. Es war keine Sache der Erfahrung, wenn dem auch viel Freude entfloß, Solldern Gottes eigenes Tun aus Sich Selbst heraus, und so offenbarte Er Sich in dem, was Er ist. Bis hierher war die Rede von Sünden und persönlicher Schuld, jetzt von der Sünde und dem Zustande des Menschengeschlechts. Die reine Gnade Gottes uns gegenüber, beginnend mit uns als Sündern, wird wunderbar ans Licht gebracht, und führt dann weiter zu unserer Freude in Ihm, der uns ein Solcher gewesen ist und ist.

So ist nun die Grundlage und der Ursprung der Errettung angegeben worden, wie auch die Zuversicht und der Genuß, die daraus entfließen, die sich alle auf Gott gründen, der es mit denen zu tun hatte, die nichts als völlig kraftlose Sünder waren, und daß durch den Tod Christi die Frage unserer Sünden erledigt worden ist das, wofür ein jeder nach dem, was er getan hatte, hätte gerichtet werden müssen. Ohne Gesetz oder unter Gesetz, alle waren schuldig; ein Sühnungsmittel oder Gnadenstuhl wurde in dem kostbaren Blut Christi dargestellt, für die Schuldigen wurde Frieden gestiftet, und Gott wurde in Liebe geoffenbart. Dies hat uns aber höher heraufgeführt. Wir haben es mit Gott zu tun, und‑‑mit dem Menschen, wie er gegenwärtig ist. Es ist eine Frage des sündigen Menschen; hier hatte der Jude keinen Vorteil, er hatte nichts, um sich dessen rühmen zu können. Er konnte nicht sagen: die Sünde ist durch uns und durch das Gesetz geworden. Es geht um den Menschen, die Sünde und um die Gnade. Der Apostel greift diese grundlegende und wesentliche Frage auf ‑ nicht Sünden und Schuld, die später gerichtet werden sollen, wenn sie nicht bereut werden ‑sondern den gegenwärtigen Zustand des Menschen. 

Der M e n s c h hatte gar nichts, dessen er sich rühmen könnte. Wir haben den Gott der Gnade vor Augen, der in bezug auf die Sünde gehandelt hat, als nichts anderes da war, außer daß das Gesetz die Sache durch die Übertretung noch schlimmer gemacht hatte. Nun kam die Sünde durch e i n e n Menschen, und durch die Sünde der Tod. Dies bringt uns zum Zustande des Geschlechts, nicht nur zu den Handlungen der einzelnen. Dieser Zustand bedeutete ein Ausgeschlossensein von Gott und eine böse Natur, Darin waren alle gleich, obwohl ein jeder sicherlich seine persönlichen Sünden und Schuld hinzugefügt hatte. Die Sünde war durch e i n e n gekommen und durch die Sünde der Tod. Somit war der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt hatten. Denn Sünde war in der Welt ehe das Gesetz kam, und das Gesetz fügte nicht viel zum Vorteil des Zustandes des Menschen hinzu: es rechnete ihm entschieden seine Sünde dadurch zu*, daß es sie ihm zu erkennen gab und sie ihm verbot. 

Nichtsdestoweniger, obwohl nach der Regierung Gottes, in Anbetracht einer vorgeschriebenen und bekannten Satzung, Sünden nicht zugerechnet wurden, herrschte doch der Tod ‑ein beständiger Beweis der Sünde (übrigens machte es die Geschichte des ersten Buches Mose selbst für den luden unbestreitbar) ‑ über solche, die keinen Bund gebrochen hatten, der sich auf ein bekanntes Gebot gründete, wie Adam es getan hatte*; wie auch die Juden, nachdem das Gesetz gegeben war. Zwischen Adam und Mose, als noch kein Gesetz in Frage kam, starben Menschen genauso wie vor und nach dieser Zwischenzeit ‑ die Sünde herrschte. 

* Das Wort "zurechnen" in dieser Schriftstelle (Kap. 5, 13) ist nicht dasselbe wie wenn Gerechtigkeit zugerechnet wird, oder Glauben zur Gerechtigkeit. Es bedeutet, eine Tat (oder Summe) auf das Konto eines anderen zu rechnen, die Person aber nicht so oder so zu achten.  

Wir müssen bemerken, daß zwischen dem Ende von Vers 12 bis zu Vers 17 eine Einschaltung ist: nur der Gedanke wird ausgelegt wie in ähnlichen Fällen. In dieser eingefügten Stelle erörtert der Apostel den Gedanken, nachdem er Adam als ein Bild des Zukünftigen, des Christus, dargestellt hat, daß der Charakter der Gnadengabe nicht geringer als das Böse sein kann. Wenn sich die Sünde des einen ersten Menschen in ihren Auswirkungen nicht auf den, der sie beging, beschränkte, sondern sich auf alle, die als das Menschengeschlecht mit ihm verbunden waren, ausdehnte, so wird die Gnade um so mehr durch den E i n e n , Jesus Christus, nicht in Ihm enden, sondern die Vielen unter Ihm auch umschließen. Und in bezug auf die Sache wie auch auf die Person ‑ und hier steht das Gesetz im Blickfeld ‑ brachte eine einzige Übertretung den Tod, die Gnade aber tut eine Menge Übertretungen hinweg. Somit konnte sie dem genügen, was das Gesetz notwendig gemacht hatte. Was die Auswirkung betrifft, hat der Tod geherrscht; durch die Gnade aber wird nicht nur Leben herrschen, sondern wir werden nach der Überschwenglichkeit der Gnade im Leben herrschen durch den Einen ‑ durch Jesum Christum '  

* Dies ist ein Zitat aus Hosea 6, 7 seinem wahren Sinne gemäß, worin Israel beschuldigt wird, dasselbe wie Adam getan zu haben. "Sie aber haben den Bund übertreten wie Adam." 

In Vers 18 wird die allgemeine Erörterung auf eine sehr abstrakte Weise wieder aufgenommen. Er sagt: "Wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis gereichte, so auch durch e i n e Gerechtigkeit (oder Handlung der Gerechtigkeit) gegen alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens." Eine Übertretung bezog sich in ihrer Auswirkung sozusagen auf alle; so war es auch mit der e i n e n Handlung der Gerechtigkeit. Dies ist der Spielraum der Handlung an sich. Nun die Anwendung: Gleichwie durch des (nur) e i n e n Menschen Ungehorsam die Vielen in die Stellung von Sündern versetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des (nur) E i n e n die Vielen in die Stellung von Gerechten versetzt. Es ist immer noch der Gedanke, daß die Handlung des einzelnen in ihren Auswirkungen sich nicht auf seine Person beschränkt. Sie beeinflußt viele andere, indem sie sie unter die Folgen jener Handlung bringt. Es heißt "alle", wenn von dem Spielraum der Handlung* die Rede ist; Aie Vielen", wenn es um die eindeutige Auswirkung in bezug auf die Menschen geht, d. h. auf die Vielen, die mit dem, der die Handlung vollbrachte, verbunden waren.  

* Dieselbe Unterscheidung, mit demselben Unterschied in der Präposition wird in Verbindung mit der Gerechtigkeit Gottes gefunden, wenn der Apostel von der Wirksamkeit des Blutes spricht; nur weist er darauf hin, wer die V 1 e len sind, weil eher der Gegenstand des Glaubens als die Wirksamkeit des Werkes dargestellt wird, obwohl dies vorausgesetzt wird (Kap. 3, 22): "Gottes Gerechtigkeit aber durch Glauben an Jesum Christum g e g e n alle, und a u f alle, die da glauben"; g e g e n alle und a u f alle Gläubigen. So hieß es hier durch e i n e Übertretung "gegen alle", die Vielen aber, welche mit Christo verbunden sind, werden durch Seinen Gehorsam in die Stellung von Gerechten gesetzt. 

Das also war außerhalb des Gesetzes, obwohl das Gesetz das Böse noch schlimmer machen mochte. Es ging um die Auswirkung der Handlungen Adams und Christi, und nicht um das Verhalten einzelner, worauf sich das Gesetz offensichtlich bezog. Durch den Ungehorsam e i n e s Menschen geschah es, daß die Vielen falle Menschen) zu Sündern gemacht wurden, nicht durch ihre eigenen Sünden. Sünden hat ein jeder seine eigenen; hier geht es um einen allen gemeinsamen Zustand der Sünde. Was nützte dann das Gesetz? Es kam sozusagen, ausnahmsweise und nebenbei in bezug auf die Haupttatsache, "auf daß die Übertretung überströmend würde", nicht die Sünde. Die Sünde war schon da; das Gesetz machte jede ihrer Regungen zu einer echten Übertretung. 

Aber nicht nur dort, wo die Übertretung, sondern wo die Sünde überströmend wurde ‑ war die Gnade noch überströmender, denn unter Gesetz und auch ohne Gesetz war sie überströmend, auf daß, gleichwie die Sünde geherrscht hat im Tode, also auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesum Christum, unseren Herrn. Wenn die Gerechtigkeit dort geherrscht hätte, wo die Sünde herrscht, würde es der ganzen Welt zur Verdammnis gereicht haben. Es ist die Gnade, die herrscht ‑ die unumschränkte Liebe Gottes. Wenn die Gerechtigkeit es mit dem Bösen zu tun hat, ist sie auf demselben Niveau mit ihm, und zwar durch die Tatsache, daß sie die Gerechtigkeit ist; Gott aber steht darüber, und Er handelt, und kann handeln, und hat gemäß Seiner eigenen Natur das Recht zu handeln; denn Er ist Liebe. Ist es nun so, daß Er Ungerechtigkeit und Sünde gutheißt? Nein; in Seiner Liebe bringt Er die Vollendung der göttlichen Gerechtigkeit durch Jesum Christum zustande. 

Er hat in Ihm jene göttliche Gerechtigkeit vollbracht, indem Er Ihn zu Seiner Rechten erhöht hat. Dies ist aber wegen eines für uns vollbrachten Werkes geschehen, in dem Er Gott verherrlicht hat. Weithin ist Er unsere Gerechtigkeit, wir aber sind die Gerechtigkeit Gottes in Ihm. Es ist die Gerechtigkeit aus Glauben, denn wir haben sie durch Glauben an Ihn. Es ist die Liebe, die ‑ indem sie den Charakter der Gnade annimmt, wo es um die Sünde geht ‑ herrscht und über den Tod hinaus und jenseits des Todes ewiges Leben gibt ein Leben, das von droben kommt und wieder dorthin hinaufsteigt, und zwar in göttlicher Gerechtigkeit, und in Verbindung mit dieser Gerechtigkeit wird sie durch das Werk Jesu Christi erhöht und entfaltet, in dem wir dieses Leben haben, als Er das vollbrachte, was die göttliche Gerechtigkeit ans Licht brachte, mit dem Ziel, daß wir ihr entsprechend ewiges Leben und Herrlichkeit besitzen sollten. 

Wenn Gnade herrscht, so ist es Gott, der herrscht. Daß die Gerechtigkeit bewahrt wird ist ein Erfordernis Seiner Natur. Sie wird aber mehr als bewahrt nach dem Maße des Anspruchs Gottes auf den Menschen als solchen. Sicherlich war Christus als Mensch vollkommen, Er hat aber das, was Gott Selbst ist, verherrlicht, und da Er durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, hat Gott Seine Gerechtigkeit dadurch verherrlicht, daß Er Ihn zu Seiner Rechten gesetzt hat, wie Er Seine Liebe dadurch verherrlichte, daß Er Ihn gab. Nun ist es Gerechtigkeit in der durch Gnade gegebenen Errettung an die, welche keine besaßen; sie wurde in Jesu gegeben, der durch Sein Werk die volle Grundlage dafür legte, indem Er Gott sogar in bezug auf die‑Sünde verherrlichte, und zwar an dem Ort, wo in dieser Hinsicht alles, was Gott ist, kundgemacht wurde. 

Die Erfüllung des Gesetzes wäre die Gerechtigkeit des Menschen gewesen; der Mensch hätte sich ihrer rühmen können. Christus hat G o t t verherrlicht ‑ ein schwerwiegender Punkt in Verbindung mit der Gerechtigkeit, die Er jedenfalls mit der Herrlichkeit verband. Die Gnade aber verleiht dem Sünder Gerechtigkeit durch Zurechnung, sie hält ihn demgemäß für gerecht und führt ihn in die Herrlichkeit ein, die Christus durch Sein Werk verdient hat ‑ in die Herrlichkeit, in der Er als Sohn war, ehe die Welt begann. 

KAPITEL 6 

Doch ach! In dieser herrlichen Erlösung, die die Gnade bewirkt hat, welche die Gerechtigkeit Gottes und die Person des zweiten Adam an die Stelle der Sünde und der Person des ersten Adam setzt, kann die Verderbtheit des Fleisches eine Gelegenheit zu der von ihr geliebten Sünde finden, oder wenigstens die Lehre damit belasten. Wenn es durch den Gehorsam des E i n e n geschehen ist, daß ich in die Stellung von Gerechten gesetzt wurde, und weil die Gnade überströmend geworden ist, laßt uns sündigen, damit sie überströme: das berührt diese Gerechtigkeit nicht, es verherrlicht nur dieses überströmen der Gnade. Ist dies die Lehre des Apostels? oder eine gesetzmäßige Folge seiner Lehre? 

Das sei ferne! Die Lehre besagt, daß wir durch den Tod in die Gegenwart Gottes gebracht worden sind, und zwar aufgrund des Werkes, das Christus im Tod vollbracht hat und dadurch, daß wir an diesem Tod teilhaben. Dürfen wir in der Sünde leben, der wir gestorben sind? Das wäre sich selbst mit den eigenen Worten widersprechen. Da ich aber auf Christum getauft bin (in Seinem Namen, um mit Ihm teilzuhaben gemäß der Wahrheit, die wir in der Offenbarung Seiner Selbst besitzen) bin ich getauft, um an Seinem Tod teilzuhaben, denn durch Ihn nur ist es, daß ich diese Gerechtigkeit habe, in der Er vor Gott erscheint und ich in Ihm. Aber der Sünde wegen ist Er gestorben. Er hat mit ihr für immer Schluß gemacht. Als Er starb, kam Er, der keine Sünde kannte, aus jenem zustand des Lebens in Fleisch und Blut heraus, zu dem die Sünde in uns gehörte, in dem wir Sünder waren, und in dem Er, der Sündlose, in Gleichheit des sündigen Fleisches und als ein Opfer für die Sünde für uns zur Sünde gemacht wurde*. 

Wir sind nun mit Ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod (V. 4), indem wir an ihm teilhaben und durch die Taufe, die ihn darstellt, in den Tod gehen, auf daß, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, also auch wir in Neuheit des Lebens wandeln. Mit einem Wort 

* Das bezieht sich nicht einfach auf das Tragen unserer Sünden: das ist der Gegenstand des ersten Teiles dieses Briefes. Der Zustand, in dem wir uns als das ganze Menschengeschlecht befanden, war der des gefallenen, sündigen Adern. Christus, der Sündenlose, kam und stand stellvertretend für uns und für die Herrlichkeit Gottes; d. h. als ein Opfer an jenem Orte wurde Er zur Sünde gemacht, erduldete das Verlassensein von Gott, und Gott verherrlichend starb Er an jenem Orte und jenem Orte und dem ganzen Zustande des Daseins, in dem wir waren, und in dem Er, zur Sünde gemacht, für uns vor Gott stand. Dieses Werk, obwohl es als Mensch und für den Menschen getan wurde, reicht zweifellos weiter als unsere Errettung. Er erschien, um die Sünde durch das Opfer Seiner Selbst hinwegzutun. Als das Lamm Gottes nimmt Er die Sünde der Welt weg. Sein Opfer ist die Grundlage des Zustandes jenes neuen Himmels und jener neuen Erde, worin Gerechtigkeit wohnt.

Ich bis dadurch zum Teilhaben an dieser göttlichen und vollkommenen Gerechtigkeit gebracht worden, daß ich an dem Tod der Sünde teilhabe; deshalb ist es unmöglich, in ihr zu leben. Hier ist nicht von Pflicht die Rede, sondern von der Natur der Sache. Ich kann nicht einer Sache sterben, um in ihr zu leben. Die Lehre selbst widerlegt die Erörterung des Fleisches, das unter dem Vorwand der Gerechtigkeit nicht anerkennen will, daß wir die Gnade benötigen und sie als absoluten Unsinn abtut* * 

Der Charakter dieses neuen Lebens, in welches uns die Auferstehung Christi eingeführt hat, wird hier in einer auffallenden Weise dargestellt. Christus hatte Gott im Sterben vollkommen verherrlicht; doch auch im Sterben war Er der Sohn des lebendigen Gottes. Somit ist es dieses nicht allein, daß der Tod Ihn nicht halten konnte, wie wahr dies auch wegen Seiner Person ist; Seine Auferstehung war auch eine Notwendigkeit der Herrlichkeit Gottes des Vaters. Alles was in Gott war, war genötigt, dies durch Seine Herrlichkeit selbst zu tun (gleich wie Christus alles verherrlicht hatte): 

Seine Gerechtigkeit, Seine Liebe, Seine Wahrheit, Seine Kraft; Seine Herrlichkeit, in der Er nicht zulassen konnte, daß der Tod über den, der treu war, den Sieg haben sollte; Seine Beziehung als Vater, der Seinen Sohn nicht in der Knechtschaft der Frucht der Sünde und in der Gewalt des Feindes lassen durfte und konnte. Es gebührte Christo von seiten Gottes, es gebührte Seiner Herrlichkeit als Gott und Vater, und es war auch erforderlich, um den Abglanz Seiner eigenen Herrlichkeit zu zeigen, sie gemäß Seinen Ratschlüssen kundzutun, und zwar im Menschen. Christus wurde durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt. Alles, was der Vater ist, nahm daran teil, setzte sich dafür ein, Jesum den Triumph der Auferstehung zu geben, den Sieg über den Tod, und um der Auferstehung den Lichtglanz Seiner 

* Man beachte, wir werden hier nicht als mit Christo auferweckt betrachtet. Wie ich gesagt habe, wird der Gläubige hier immer als auf Erden betrachtet, jedoch als in Christo lebend und gerechtfertigt, und dies wird als Grundlage für praktisches Verhalten und den Wandel hienieden gebraucht. 

Herrlichkeit zu verleihen. Als Frucht des Wirkens Seiner Herrlichkeit gibt Sein Eingang in diese neue Stellung das Muster ‑den Charakter ‑ jenes Lebens, in dem wir vor Gott leben*. 

Obwohl Gott wirkte und Seine Macht und Gütigkeit bezeugte, wäre Er ohne diese Offenbarung in Christo verschleiert und verborgen geblieben. In dem verherrlichten Christus, dem Mittelpunkt aller Ratschlüsse Gottes, schauen wir mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn, und jeder Mund bekennt Ihn als Herrn zur Verherrlichung Gottes, des Vaters. 

Unser Leben sollte ein praktischer Abglanz dieser Herrlichkeit des Herrn im Himmel sein. Die Kraft, die uns mit Ihm an diesem Ort vereinigt und die immer noch in uns wirkt, wird am Ende von Epheser 1 gezeigt**. Da ist sie nun, um unsere Auferstehung mit Christo einzuleiten. Hier geht es um Christi eigene Auferstehung, um die Lehre oder die Sache an sich und um deren Folgen und moralische Bedeutung in bezug auf den einzelnen, der hienieden lebt, im Blick auf seine Beziehung mit Gott als ein verantwortlicher Mensch. Es ist ein vollständig neues Leben. Durch Ihn leben wir Gott.  

* Wahrhaftig befaßten Sich Vater, Sohn und Heiliger Geist alle mit der Auferstehung Christi. Er baute den Tempel Seines Leibes nach drei Tagen wieder auf, wurde durch den Geist lebendig gemacht und durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt. 

** Wir können dem zur vollen Wirkung das Ende von Kapitel 3 hinzufügen, Einzelheiten sind anderswo zu finden. 

Da wir mit Ihm in der Gleichheit Seines Todes einsgemacht sind, werden wir es auch in der Seiner Auferstehung sein. Wir sehen hier, daß die Auferstehung eine Folge ist, die er als Tatsache folgert, es ist keine geheimnisvolle Teilnahme daran; da wir dies zuerst wissen (als die große Grundlage von allem), daß unser alter Mensch ‑ das in uns, was für die Sünde als die Frucht der vollkommenen Gnade Gottes plädiert ‑ mit Christo gekreuzigt ist, auf daß der ganze Leib der Sünde abgetan sei und wir der Sünde nicht mehr dienen. Er nimmt die ganze Sünde, das System der Sünde im Menschen als einen Leib, der durch den Tod zunichte gemacht wurde: sein Wille ist gerichtet worden und herrscht nicht mehr über uns. Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde*. 

Sünde kann ihm nicht mehr zur Last gelegt werden als etwas, was in einem lebenden und verantwortlichen Menschen da ist. Deshalb, da wir so mit Christo gestorben sind ‑ dem Bekenntnis nach durch die Taufe, wirklich aber dadurch, daß wir Den, der gestorben ist, als unser Leben haben ‑ so glauben wir, daß wir ' mit Ihm leben werden: wir gehören zu jener anderen Welt, wo Er in Auferstehung lebt. Die Energie des Lebens, in dem Er lebt, ist unser Teil: wir glauben daran, indem wir wissen, daß Christus, da Er aus den Toten auferweckt wurde, nicht mehr stirbt. Sein Sieg über den Tod ist vollständig und endgültig; der Tod herrscht nicht mehr über Ihn. Deshalb sind wir der Auferstehung sicher, nämlich wegen dieses vollständigen Sieges über den Tod, in den Er in Gnade für uns ging. Durch den Glauben sind wir mit Ihm in den Tod gegangen und haben Ihm gemäß unser Teil darin. Es ist die Kraft des Lebens der Liebe, die Ihn dahin brachte. 

Sterbend starb Er der S ü n d e. Er ging lieber bis in den Tod hinein, als daß Er die Herrlichkeit Gottes nicht aufrechterhalten hätte. Bis zum Tod und selbst im Tod hatte Er es mit Sünde zu tun, obwohl in Ihm keine war, und auch mit der Versuchung; dort aber hat Er auf ewig mit alledem abgeschlossen. Wir sterben der Sünde, indem wir a~ Seinem Tod teilnehmen. Die Folge davon ist durch die Herrlichkeit des Vaters die Auferstehung. "Denn was er gestorben ist, ist er ein für allemal der Sünde gestorben; was er aber lebt, lebt er Gott." 

* Das Wort lautet "freigesprochen" (gerechtfertigt). Und hier sehen wir deutlich den wichtigen Unterschied zwischen der Sünde und Sünden: man kann einen Toten nicht der Sünde bezichtigen. Er hat keinen verderbten Willen, keine bösen Gelüste. Er mag, während er lebendig war, viele Sünden verübt haben, er mag von ihnen freigesprochen worden sein oder auch nicht. Wir können ihn aber nicht der Sünde bezichtigen. Und wie wir aus Kapitel 5, 12 gesehen haben, reden wir von der Sünde, vom Zustande des Menschen nicht von Sünden. 

Er hat also nichts mehr mit der Sünde zu tun. Er lebt vollkommen Gott, ohne daß sich in Seinem Leben etwas auf irgend etwas anderes bezieht. Was Er lebt, so steht Sein Leben nur in Beziehung zu Gott allein*. 

Auch wir sollten uns der Sünde für tot halten ‑ denn dies geschieht durch den Glauben ‑ Gott aber lebend, in dem wir außer Gott in Christo Jesu kein anderes Ziel im Leben haben. Ich sollte mich für tot h a 1 t e n, ich habe das Recht dazu, weil Christus für mich gestorben ist; und da ich jetzt Gott auf ewig lebe, sollte ich mich für herausgekommen halten aus der Sünde, der ich gestorben bin, und zwar durch das Leben, welches ich durch Ihn lebe. Denn dies ist der Christus, den ich kenne; nicht ein auf Erden lebender Christus in Verbindung mit mir gemäß der Natur, in der ich hienieden lebe. In dieser Natur habe ich mich als ein Sünder erwiesen und als einer wahren Beziehung mit Ihm unfähig. Indem Er dieses Leben lebte, ist Er für mich gestorben, und durch die Auferstehung ist Er in ein neues Leben, außerhalb des früheren, eingegangen. In diesem n ' un kenne ich Ihn als Gläubiger. Durch Ihn, den Auferstandenen, habe ich am Tode und am Leben teil. Ich habe Gerechtigkeit aus Glauben, Gerechtigkeit aber dadurch, daß ich mit Christo gestorben und wieder auferweckt, also als durch den Glauben der Sünde gestorben bin. 

Dies ist nun der wesentliche Unterschied dieses Teiles des Briefes: es geht nicht darum, daß Christus Sein Blut für unsere Sünden vergossen hat, sondern darum, daß wir mit Ihm gestorben sind. Für den Glauben ist ein Ende unseres Zustandes und unseres Standes im Fleisch gemacht. Christus, der unser Leben geworden ist, ist gestorben, und indem ich durch Ihn lebe, ist das, was Er getan hat, mein, und ich habe zu sagen, daß ich gestorben bin. Ich halte mich für tot**. 

* Dies ist ein wunderbarer Ausdruck. Was die Treue betrifft, so wurde Sein Leben für Gott verwendet, Er lebte Gott. jetzt aber kennt Sein Leben nichts als nur Gott. 

** Man beachte hier, daß der Römerbrief nicht so weit geht und sagt, daß wir in i t Christo auferstanden sind. Das führt notwendigerweise zur Vereinigung und ist der Boden des Epheserbriefes. Wir müssen uns nur merken, daß Tod und Auferstehung niemals zu dem himmlischen Zustand überleiten; sie sind der persönliche erfahrungsgemäße Zustand. Im Epheserbrief, wo wir in Sünden tot waren, werden wir angenommen, lebendig gemacht und in Christo in himmlische Örter versetzt, gleichwie Christus auferweckt und in die Herrlichkeit droben, in die himmlischen Örter gesetzt worden ist; es ist einfach das Werk Gottes. Hier ist es persönlich. Wir sind lebendig in Ihm. Wir werden an Seiner Auferstehung teilhaben, indem wir in Neuheit des Lebens wandeln. Es ist persönlich und praktisch: wie wir gesehen haben, ist es der Mensch, der auf Erden lebt.

 

Der Apostel kommt zu der offensichtlichen Schlußfolgerung: "So herrsche denn nicht die Sünde in eurem sterblichen Leibe." Stellt nicht eure Glieder zu Werkzeugen der Sünde dar, der ihr durch Christum gestorben seid, sondern als lebend, als Lebende aus den Toten stellet eure Glieder als Werkzeuge der Gerechtigkeit Gott dar, dem ihr lebt. Der Leib ist nun das bloße Werkzeug des göttlichen Lebens, und wir sind frei, ihn als solchen für Gott zu gebrauchen. Denn tatsächlich wird die Sünde nicht über uns herrschen, denn wir sind nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade. Hier ist nicht vom Grundsatz die Rede, sondern von der Kraft. Grundsätzlich sind wir dem Glauben gemäß der Sünde tot; praktisch hat sie keine Macht über uns. Merkt euch daß die Quelle der praktischen Kraft, die Sünde zu besiegen, nicht im Gesetz sondern in der Gnade liegt. 

Nun ist es wohl wahr, da wir nicht unter Gesetz sind, daß die Regel, der wir unterstellt sind, nicht die des Zurechnens, sondern des Nichtzurechnens ist. Ist das ein Grund, daß wir sündigen sollten? Nein! dieses alles ist echt. Wir sind Sklaven dessen, dem wir gehorchen. Die Sünde führt zum Tode, der Gehorsam aber zur praktischen Gerechtigkeit. Wir stehen auf einem breiteren Grundsatz einer neuen Natur und der Gnade: nicht der Anwendung einer äußerlichen Satzung auf eine Natur, die ihr nicht untertan war noch untertan sein konnte.

 Und wahrhaftig, da das erstere bei den Jüngern in Rom der Fall war, bewiesen sie die Richtigkeit der Erörterung des Apostels, indem sie in der Wahrheit wandelten. Frei gemacht von der Sklaverei der Sünde, waren sie zu Sklaven der Gerechtigkeit geworden (menschlich gesprochen), und das endete nicht in sich; die praktische Gerechtigkeit entwickelte sich dadurch, daß das ganze  Wesen in stets wachsender Einsicht für Gott abgesondert wurde. In diesen und jenen Dingen waren sie gehorsam; die Frucht aber war Heiligung, eine geistliche Aufnahmefähigkeit, in der sie vom Bösen abgesondert wurden und zu einer tieferen Erkenntnis Gottes gelangten*. 

Die Sünde brachte keine Frucht; sie endete im Tode; aber von der Sünde frei gemacht und zu Dienern Gottes geworden ‑ zu der wahren Gerechtigkeit des Gehorsams gleichwie Christus Selbst ‑, hatte sie schon ihre Frucht in Heiligkeit, und das Ende sollte ewiges Leben sein. 

Denn der Lohn der Sünde war der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christo Jesu, unserem Herrn. Nun bedeutet dieses Leben, Gott zu leben, und das ist nicht Sünde; nichtsdestoweniger ist es Gnade. Der .Apostel, dessen Gegenstand die gesetzesmäßige Gerechtigkeit vor Gott ist, nähert sich hier dem Johannes und verbindet seine Lehre mit dem 1. Johannesbrief, der andererseits dort die Lehre der Sühnung und der Annahme berührt, wenn er über das Teilhaftig werden des Lebens spricht. Für einen in wahrhaftiger Freiheit stehenden Menschen ‑ in der Freiheit der Gnade, indem er der Sünde tot ist ‑ sind diese holdseligen Dinge sehr ansprechend. Durch den Tod ist er völlig frei gemacht. Wem wird er sich jetzt hingeben? Denn jetzt ist er frei; wird er sich der Sünde hingeben? Es ist ein großzügiges Angebot**. 

*Vergleiche 2. Mose 33, 13. 

** Beachte, daß hier nicht an Sünder appelliert wird, wie diese Stelle manchmal gebraucht wird, sondern an die, welche schon befreit sind.

 

KAPITEL 7 

Wir haben die Auswirkung des Todes und der Auferstehung Christi in bezug auf die Rechtfertigung und auf das praktische Leben betrachtet. Im ersten Teil des Briefes (bis (Kap. 5,11) geht es darum, daß Er für unsere Sünden gestorben ist, von Kapitel 5, 12 an darum, daß, da Er gestorben ist, wir uns der Sünde für tot halten, Gott aber lebend durch Ihn. Unser Zustand, als unter zwei Häuptern stehend, Adam und Christus, ist besprochen worden. Es blieb dem Apostel noch ein Punkt zu erörtern ‑ die Wirkung dieser letzten Lehre auf die Frage des Gesetzes. Der Christ, oder besser gesagt der Gläubige hat an Christo teil, als an einem Christus, der gestorben ist, Gott aber lebt, da Christus durch Ihn aus den Toten auferweckt worden ist. Was ist die Bedeutung dieser Wahrheit in bezug auf das Gesetz (denn das Gesetz herrscht über den Menschen nur solange er lebt)? Da er nun tot ist, hat es keine Macht über ihn. Dies ist unsere Stellung in bezug auf das Gesetz. Schwächt dies seine Äutorität? Nein; denn wir sagen, daß Christus gestorben ist, also auch wir; das Gesetz bezieht sich aber nicht mehr auf einen Toten. 

Beim Hervorbringen der Wirkung dieser Wahrheit gebraucht der Apostel das Beispiel des Ehegesetzes. Das Weib wäre eine Ehebrecherin, wenn sie, während ihr Mann lebt, eines anderen Mannes werden würde; wenn aber ihr Mann stirbt, ist sie frei. Die Anwendung dieser Satzung verändert die Form der Wahrheit. Gewiß kann man nicht gleichzeitig der Autorität zweier Männer unterstehen. Das eine schließt das andere aus. Das Gesetz und der auferstandene Christus können in ihrer Autorität über die Seele nicht miteinander vereinigt sein. In unserem Fall aber verliert das Gesetz nicht seine Kraft (d. h. seine Rechte über uns) dadurch, daß es stirbt, sondern daß wir sterben. Es herrscht nur so lange über uns, wie wir leben. Der Apostel begann mit der Vernichtung des Bundes durch den Tod. Der Mann starb; bei der Anwendung wird es durch u n s e r Sterben vernichtet. Dann sind wir dem Gesetz durch den Leib Christi gestorben (denn wir haben es mit einem Christus zu tun, der nach Seinem'Tode auferstanden ist), auf daß wir eines Anderen werden, des aus den Toten Auferweckten, auf daß wir Gott Frucht brächten; wir können aber nicht beiden gleichzeitig gehören. 

Als wir im Fleisch waren ‑ wenn jemand als Mensch für einen gehalten wurde, der in der Verantwortlichkeit eines Menschen im Leben der Natur wie ein Kind Adams wandelte, war für ihn das Gesetz die Regel und das vollkommene Maß jener Verantwortlichkeit und der Vertreter der Autorität Gottes. Die Lüste, die zur Sünde trieben, wirkten in jener Natur, und wenn sie auf die Schranken des Gesetzes stießen, fanden sie in ihm das, was durch den Widerstand gegen das Gesetz den Eigenwillen hervorrief und schon durch das Verbot auf das Böse hinwies, welches das Fleisch liebte, das Gesetz aber verbot; und so wirkten diese Lüste in den Gliedern, um zum Tod führende Frucht zu erzeugen. jetzt aber war er außerhalb seiner Gewalt, er war seiner Verfolgung entschwunden*, da er jenem Gesetz, dessen Gewalt er unterstellt gewesen war, gestorben ist. 

 

* Ich zweifle nicht daran, daß diese Stelle so gelesen werden soll. Mein Leser mag vielleicht finden, "da das Gesetz tot war". Der Ausdruck: "Da wir dein gestorben sind, in welchem wir festgehalten wurden", bezieht sich auf Vers 4, wo es heißt. Also seid auch ihr ... dem Gesetz getötet worden." Unter dem Gesetz starb Christus unter seinem Fleisch. Im Fleische zu sein bedeutet, unter der Verantwortlichkeit eines Menschen in seinem natürlichen Leben zu leben ‑ ein Kind des gefallenen Adams. In diesem Leben (es sei denn es ist gesetzlos) ist das Gesetz die Satzung der menschlichen Gerechtigkeit. Wir dürfen nicht das Fleisch, das im Christen vorhanden ist, mit dem, wenn ein Mensch im Fleische Ist, verwechseln. 

Der Grundsatz des alten Lebens ist noch da, er ist aber keinesfalls der Grundsatz seiner Beziehung zu Gott. Wenn ich im Fleische bin, ist es der Grundsatz meiner Beziehung zu Gott; da sein Wille aber sündig ist, ist es unmöglich, daß ich Gott wohlgefalle. Ich mag in ihm Gerechtigkeit suchen, das mag auf der Grundlage des Gesetzes sein. Der Christ aber ist durch Christum diesem ganzen Zustande der Dinge gestorben ‑ er lebt nicht jenes Leben: sein Leben ist in Christo, und er hat den Heiligen Geist empfangen. Das Fleisch ist nicht mehr der Grundsatz seiner Beziehung zu Gott; auf dieser Grundlage hat er zugegeben, daß er verloren ist. Anderswo erfahren wir, daß er in Christo auf dem Boden steht, auf dem Christus vor Gott steht. Wie wir sehen werden, stellt ihn der Heilige Geist in der Kraft des Glaubens dorthin, da Christus sein Leben ist. 

 

U n t e r dem Gesetz zu sterben wäre auch Verdamm­nis; Christus aber ist es, der dies durchgemacht und die Verdammnis auf Sich genommen hat, während wir die Befreiung vom alten Menschen haben, der im Tode ist. Unser alter Mensch ist mit Ihm gekreuzigt, so daß unsere Befreiung darin besteht, d e m G e s e t z zu sterben. Es hat uns nur verdammt, seine Gewalt endet aber mit dem Tode dessen, der sich unter dieser Gewalt befand. Wenn sie nun in Christo tot sind, so kann das Gesetz nicht mehr die erreichen, die unter ihm waren: wir gehören dem neuen Mann, dem auferstandenen Christus an, auf daß wir in Neuheit des Geistes dienen sollten, dem Wert der Gnade in unserem neuen Leben und, wie der Apostel später erklären wird, durch den Heiligen Geist* ‑ nicht in der Knechtschaft des Buchstabens. 

Dies ist die Lehre. Und nun zur Folgerung, die man aus ihr ziehen kann. Ist denn das Gesetz Sünde, daß wir seiner Autorität entzogen sind? Das sei ferne! Er gab aber die Erkenntnis der Sünde und rechnet sie zu. Denn der Apostel sagt, daß er nicht verstanden hätte, daß der bloße Impuls seiner Natur Sünde war, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: "Laß dich nicht gelüsten." Das Gebot aber gab der Sünde den Anlaß, die Seele anzugreifen. Die Sünde, jener böse Grundsatz unserer Natur**, bediente sich des Gebotes, um die Seele zur verbotenen Sünde zu verleiten (benutze aber die Gelegenheit, schon durch das Verbot die Sünde anzuregen und auch den Willen zu beeinflussen, der sich dem Verbot widersetzte) und erzeugte jede Art Begierde. Denn ohne das Gesetz konnte die Sünde die Seele nicht in diesen Konflikt bringen und ihr darin das Urteil des Todes geben, und zwar dadurch, daß es das Gewissen für die Sünde verantwortlich machte, die es ohne dieses Gesetz nicht erkannt hätte. 

* Er sagt hier nicht durch den Geist, weil er noch nicht von der Gabe des Heiligen Geistes infolge des Werkes Christi gesprochen hat. Er spricht nur von der Art, vom Charakter des ausgeübten Dienstes. 

** Es muß in Erinnerung behalten werden, daß wir es durch diesen ganzen Teil dieses Briefes hindurch (also beginnend mit Kap. 5, 12) mit der Sünde, nicht mit Sünden zu tun haben. 

Unter Gesetz wirkte die Lust mit dem Bewußtsein der Sünde im Herzen, und das Ergebnis war das Bewußtsein des Todes, aber ohne irgendeine Befreiung von der Macht der Begierde für das Herz. 

Ohne das Gesetz hätte die Sünde nicht so einen Willen erregt, der es ablehnte, sich dem zu unterwerfen, der ihn zügelte. Denn eine dem Willen gesetzte Schranke weckt und erregt den Willen: und ein Bewußtsein von der Sünde in der Gegenwart des Verbotes Gottes ist ein Gewissen, das unter dem Urteil des Todes steht. Das Gebot also, das an sich zum Leben war, führte tatsächlich zum Tode. "Tue dies und lebe" wurde zum Tode, weil es einer sündigen Natur die Forderungen Gottes zeigte, dessen Wille sie verwarf, und einem Gewissen, das nicht umhin konnte, das gerechte Urteil anzunehmen. 

Ein Mensch wandelt in ruhiger Gleichgültigkeit, er tut seinen eigenen Willen ohne Erkenntnis Gottes oder folglich ohne irgendein Bewußtsein von der Sünde oder der Empörung. Das Gesetz kommt, und er stirbt unter seinem gerechten Urteil, weiches alles verbietet, was er begehrt. Die Lust war etwas Böses, sie offenbarte aber nicht das Urteil Gottes ‑ im Gegenteil ‑ sie vergaß es. Als aber das Gesetz kam, ergriff die Sünde (sie wird hier als ein Feind betrachtet, der irgendeine Person oder einen Ort angreift) die Gelegenheit des Gesetzes, da sie wußte, daß der Eigenwille beharren und das Gewissen verurteilen würde, und trieb den Menschen in die dem Gesetz entgegengesetzte Richtung und tötete ihn in dem Bewußtsein der Sünde, die das Gesetz von Gott aus verbot. Das Ergebnis von seiten Gottes im Gericht war Tod für den Menschen. Das Gesetz war also gut und heilig, da es die Sünde verbot, aber den Sünder verdammte. 

* Sünde und Tod sind wechselwirkend. Das Gesetz wird eingeführt, um durch die übertretung offenbar zu machen, was sie beide sind. Der Apostel fragt zuerst: "Ist das Gesetz Sünde?" da ja das Ergebnis des Menschen Tod war. Gott bewahre! sondern es gab die Erkenntnis der Sünde und schrieb den Tod durch Gericht auf die Seele, da der Mensch ein Sünder ist. Die zweite Frage lautet‑. "Gereichte nun das Gute mir zum Tode?" Nein. Es ist die Sünde, welche (auf daß sie in all ihrer Ungeheuerlichkeit erscheinen möchte) mich in meinem Gewissen getötet hat, indem sie das Gesetz als Mittel benutzte. Im Zustande des Menschen fand sie das Mittel, diese gute Sache zu verdrehen, damit sie ihm zum Tode gereichte. 

Brachte denn das Gute den Tod*? Nein. Die Sünde aber, damit sie in ihrem wahren Lichte gesehen wird, gebrauchte das Gute, um der Seele den Tod zu bringen, und so wurde sie durch das Gebot überaus sündig. In all diesem ist die Sünde personifiziert als jemand, der die Seele zu töten sucht. 

Solcherart war also die Wirkung des Gesetzes, des ersten Mannes, da die Sünde im Menschen war. Um das deutlicher ans Licht zu bringen, teilt der Apostel seine geistliche Erkenntnis dessen, was eine Seele unter Gesetz erlebt, mit. 

Wir müssen hier bemerken, daß der Gegenstand, von dem hier die Rede ist, nicht die Tatsache des Kampfes zwischen den zwei Naturen ist, sondern die Wirkung des Gesetzes, indem vorausgesetzt wird, daß der Wille erneuert ist, daß das Gesetz das Stimmrecht des Gewissens erlangt hat und zum Gegenstand der Zuneigung des Herzens geworden ist ‑ eines Herzens, das die Geistlichkeit des Gesetzes anerkennt. Dies ist weder die Erkenntnis der Gnade noch des Heilands Christus noch des Geistes*. Hier ist nicht die Verdammnis die Hauptsache (obwohl das Gesetz die Seele unter Gericht läßt), sondern das völlige Bedürfnis der Kraft es zu erfüllen, damit es uns nicht verdamme. Das Gesetz ist geistlich, ich aber als Mensch bin fleischlich, der Sklave der Sünde, wie das Urteil meines inneren Menschen auch sein mag; denn ich billige nicht das, was ich tue. Das, was ich will, das tue ich nicht, und was ich hasse, das übe ich aus. 

Ob ich nun liebe oder hasse, ich stimme dem Gesetz bei, daß es gut ist. Es geht nicht darum, daß ich das Böse als die moralische Absicht des Willens tue, denn ich will nicht das Böse, das ich tue, sondern ich hasse es vielmehr. Es ist somit die in mir wohnende Sünde, denn tatsächlich ist in mir (d. h. in meinem Fleische ‑ in dem ganzen natürlichen Menschen, wie er ist) nichts Gutes, denn selbst da, wo das Wollen vorhanden ist, finde ich nicht die Erfüllung dessen, was recht ist. Es ist ein totaler Mangel an Kraft. 

* Wenn der Heilige Geist in uns wohnt, gibt es auch Kampf. Darüber redet Galater 5. "Das Fleisch gelüstet wider den Geist“ usw. Wir sind aber nicht unter Gesetz, wie der Apostel weiter sagt: "Wenn ihr aber durch den Geist geleitet werdet, so seid ihr nicht unter Gesetz." Hier ist die Person, von der die Rede ist, unter Gesetz: alles ist mit dem Gesetz verbunden. Das Gesetz ist geistlich; wir stimmen dem Gesetz bei; wir haben Wohlgefallen am Gesetz. Weder Christus noch der Geist werden erwähnt, bevor die Frage der Befreiung aufgenommen wird.  

Während der Apostel diese Erklärung hat, unterstreicht er in Vers 20 das 1 c h und das M i c h. "Wenn ich aber dieses, was ich nicht will . . ." und "so vollbringe nicht mehr ich dasselbe, sondern die in mir wohnende Sünde". Also finde ich bei mir, der Gutes will, Böses vorhanden, denn ich habe Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes nach dem inneren Menschen. Es ist aber in mir ein anderer beständiger Grundsatz, der dem Gesetz meines Sinnes widerstreitet und mich unter das Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist, in Gefangenschaft bringt. Welcherart meine Wünsche auch sein mögen, ja, je besser sie auch sind, bin ich selbst ein elender Mensch. Da ich Mensch bin und ein solcher Mensch, kann nicht anders als elend sein. Wenn man aber dazu gekommen ist, ist ein riesengroßer Schritt getan worden. 

Das Böse, von dem hier die Rede ist, ist das Böse in unserer Natur, und der Mangel an Kraft, es loszuwerden. Die Vergebung der Sünden war voll und ganz gelehrt worden. Was hier betrübt, ist das gegenwärtige Wirken der Sünde, das wir nicht loswerden können. Das Bewußtsein hiervon ist oft schmerzlicher als vergangene Sünden, die der Gläubige als durch das Blut Christi beseitigt betrachten darf. Hier haben wir aber das Bewußtsein von der immer noch in uns wohnenden Sünde, obwohl wir sie hassen mögen, und die Frage der Befreiung vermischt sich mit unseren Erfahrungen, und zwar wenigstens bis wir das, was in diesem Teil des Briefes gelehrt wird, gelernt haben, nämlich den alten Menschen der Sünde in uns, nicht uns selbst, zu verurteilen und uns selbst für tot zu halten. Da Christus, durch den wir nun leben, gestorben und ein Opfer für die Sünde ist, ist unsere Verdammnis unmöglich, während die Sünde verdammt ist, wir aber frei sind durch "das Gesetz des Geistes des Lebens in ihm". Es ist nicht Vergebung, sondern Befreiung, die Sünde im Fleische ist im Kreuze verdammt. 

Unter der göttlichen Gnade lernte der erneuerte Mensch drei Dinge. Erstens hat er entdeckt, daß in ihm, das ist in seinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; zweitens hat er aber zu unterscheiden gelernt zwischen sich selbst, der das Gute will, und der in ihm wohnenden Sünde; weiter aber, daß, wenn er das Gute will, die Sünde zu stark für ihn ist. Da er auf diese Weise zur Selbsterkenntnis gelangt ist, strebt er nicht danach, im Fleische besser zu sein, sondern nach Befreiung, und er hat sie in Christo. Danach kommt Kraft. Er ist zur Entdeckung und zu dem Bekenntnis gelangt, daß er keine Kraft hat. Er wirft sich auf einen Anderen. Er spricht nicht: wie kann i c h ? oder: wie soll i c h ? sondern: wer wird mich retten? Das ist aber geschehen, als wir ganz kraftlos waren, daß Christus für die Gottlosen starb. Dieser Mangel an Kraft wird entdeckt; und schließlich finden wir Gnade in bezug auf das, was wir sind, und bezüglich jeglicher Hoffnung auf eine Besserung in uns selbst ist Gnade unsere einzige Hilfsquelle. 

Wenn wir uns aber auf die Gnade werfen, ist glücklicherweise nichts als Gnade vor uns. Die Errettung vollzieht sich dadurch, daß wir im Fleische gar nicht leben: wir sind von ihm und auch. unter dem Gesetz weggestorben, das uns in Knechtschaft und Verdammnis hielt, und wir sind eines Anderen geworden, des aus den Toten auferweckten Christus; sobald also die betrübte Seele gesagt hat: "Wer wird mich retten?" ist die Antwort bereit: "Ich danke Gott durch Jesum Christum, unseren Herrn!" Die Antwort lautet nicht: Er wird retten. Die Errettung ist schon vollbracht, er bringt Dank dar. 

Der Mensch. war elend im Kampfe unter dem Gesetz, ohne die Erkenntnis der Erlösung. Im Tode Christi aber ist er aus dieser Natur, die ihn zu einem solchen machte, herausgestorben; er hat mit sich selbst ganz abgeschlossen. Die Errettung Gottes ist vollständig. Die zwei Naturen sind einander noch immer entgegengesetzt, die Errettung aber ist nicht unvollkommen. Diese von Gott bewirkte Errettung und der Fortschritt ihrer Kundmachung werden im nächsten Kapitel erörtert. 

Wir können hier bemerken, daß der Apostel nicht sagt: "Wir wissen, daß das Gesetz geistlich ist, w i r aber fleischlich." Hätte er das getan, so hätte das bedeutet, von Christen als solchen in ihrem gebührenden und normalen Zustande zu reden. Es geht aber um die persönliche Erfahrung dessen, was das Fleisch unter dem Gesetz ist, wenn der Mensch lebendig gemacht ist, und nicht um den Zustand des Christen als solchen vor Gott. Man beachte auch, daß das Gesetz vom Standpunkte der christlichen Erkenntnis aus ‑ wir wissen" ‑ betrachtet wird, wo wir nicht mehr unter ihm sind, und wo wir fähig sind, seine ganze Bedeutung nach dem geistlichen Vermögen des Urteilenden zu beurteilen; der auch, da er geistlich ist, sieht was das Fleisch ist, weil er ja jetzt nicht im Fleische, sondern im Geiste ist*. 

* Das gibt den Schlüssel zu diesem leider vielmals erörterten Abschnitt ‑ weil die Seelen nicht frei sind. Es ist nicht die gegenwärtige Erfahrung irgendeines Menschen, sondern eine errettete Person beschreibt den Zustand einer nicht erretteten Person. Eine nicht errettete Person könnte nicht genauso reden, weil sie wegen des Ergebnisses für sich selbst beängstigt ist. Ein in den Sumpf Gefallener beschreibt nicht ruhig, wie man darin versinkt, weil er befürchtet, dort versinken und bleiben zu müssen; wenn er heraus ist, beschreibt er, wie ein Mensch dort versinkt. Das Ende von Römer 7 schildert den Menschen, der aus dem Sumpf ist, der in Frieden den Grundsatz und die Weise beschreibt, wie einer darin versinkt. Dieser ganze Teil des Briefes ist komplizierter als das, was Kapitel 5, 12 vorausgeht, weil unsere eigenen Erfahrungen dem, was der Glaube uns zu sagen lehrt, widerstreitet. Wenn ich durch die Gnade Vergebung empfangen habe und gerechtfertigt bin, ist in meinen Erfahrungen kein Widerspruch. Es geht darum, was Gott, ohne mein Zutun, für mich getan hat. Meine Schuld ist bezahlt. Wenn ich aber sagen soll: "Ich bin der Sünde gestorben", widerspricht dem meine Erfahrung. Deshalb haben wir in dieser Hinsicht keine Ruhe, bis wir uns selbst oder das Fleisch als völlig schlecht und unverbesserlich aufgeben und lernen, daß wir als Folge der Erlösung überhaupt nicht im Fleische sind. Vergleiche Kapitel 7 und 8.  

Buchstäblich ist das gar nicht der Zustand  von irgendeinem Menschen, sondern es sind einander entgegengesetzte Grundsätze, deren Ergebnis dadurch bloßgestellt wird, daß man einen Menschen unter dem Gesetz stehend betrachtet: das Wollen ist immer recht, das Gute wird niemals vollbracht, das Böse aber immer. Für das Gewissen aber ist das nichtsdestoweniger der praktische Zustand eines jeden erneuerten Menschen unter dem Gesetz. Wir können noch einen wichtigen Grundsatz bemerken: der Mensch in diesem Zustande ist ganz und gar mit sich selbst beschäftigt: er will das Gute, er vollbringt es nicht, e r tut das, was er nicht will. Weder Christus noch der Heilige Geist werden genannt. Im normalen Zustande eines Christen ist er mit Christo beschäftigt. Das aber, was in Kapitel 7 zum Ausdruck kommt, ist das natürliche und notwendige Ergebnis des Gesetzes, wenn das Gewissen erweckt und der Wille erneuert ist. Denn das Wollen ist bei ihm vorhanden. Er ist aber unter G e s e t z, er sieht es geistlich, er stimmt ihm zu, er findet an ihm Wohlgefallen nach dem inneren Menschen, kann aber das Gute nicht ausüben. Die Sünde herrscht über ihn. Das Bewußtsein von der nicht erfüllten Verantwortlichkeit und das nicht Vorhandensein des Friedens lenken notwendigerweise die Seele auf sich selbst. Sie befaßt sich voll und ganz mit sich selbst; von Vers 14 an ist beinahe vierzigmal von ihr die Rede. Es ist gut so, besser als gleichgültig zu sein. Es ist aber nicht Friede. 

Dieser Friede wird anderswo gefunden, und er besteht darin, daß, wenn wir bei dem Bewußtsein von unserer Unfähigkeit, Gott gegenüber Gutes zu tun, angelangt sind, wir finden, daß Gott das Gute, dessen wir bedürfen, für uns vollbracht hat. Wir haben nicht nur die Vergebung erlangt, sondern wir sind errettet, und wir sind in Christo, wir sind gar nicht im Fleische. 

Der Kampf geht weiter, der Widerstreit zwischen den zwei Naturen besteht weiterhin, wir danken aber Gott durch unseren Herrn Jesum Christum*. 

Man beachte hier, daß die Errettung nur bei der vollen Überzeugung von unserer Unfähigkeit und unserem Mangel an Kraft wie auch unseren Sünden gefunden wird. Es ist viel schwerer, zu dieser Überzeugung von unserer Unfähigkeit zu gelangen, als zur 'Überzeugung, daß wir gesündigt haben. Aber die Sündhaftigkeit unserer Natur ‑ ihre unheilbare Verkehrtheit, ihr Widerstand gegen das Gute, das Gesetz der Sünde in unseren Gliedern wird nur in ihrer gesetzlichen Schwere durch die Erfahrung der Nutzlosigkeit unserer Anstrengungen, recht zu handeln, erkannt. Unter dem Gesetz läßt die Nutzlosigkeit dieser Anstrengungen das Gewissen in Kummer und Knechtschaft und erzeugt das Empfinden, daß es unmöglich ist, mit Gott zu sein. Unter der Gnade sind diese Anstrengungen nicht nutzlos, und die böse Natur zeigt sich uns (entweder in Gemeinschaft mit Gott, oder bei Niederlagen, wenn wir die Gemeinschaft vernachlässigen) angesichts dieser Gnade in ihrer ganzen Verunstaltung. In diesem Kapitel aber wird die Erfahrung der Sünde in der Natur dargestellt als unter dem Gesetz erworben, damit der Mensch sich selbst in dieser Stellung erkennt daß er erkennt, was er in bezug auf sein Fleisch ist, und daß er tatsächlich auf diese Weise nicht mit einem guten Gewissen vor Gott treten kann. Er steht noch unter dem ersten Ehemann: der* Tod hat das Band betreffs des Seelenzustandes noch nicht getrennt.

 Wir müssen jetzt im Sinn behalten, daß diese Erfahrung _der Seele unter Gesetz hier als Einschaltung eingefügt ist, um den sündigen Zustand, auf den sich die Gnade und auch die Wirkung des Gesetzes beziehen, aufzuzeigen. Unser Thema ist, daß der Gläubige am Tode Christi teilhat und gestorben ist, und durch Den lebt, der auferstanden ist, auch daß Christus, nachdem Er durch Gnade in den Tod ging, indem Er zur Sünde gemacht wurde, für immer mit jenem Zustand abgeschlossen hat, in dem Er es in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde mit der Sünde und dem Tode zu tun hatte; indem Er nun für immer mit allem, was damit verbunden war, abgeschlossen hat, ist Er durch die Auferstehung in eine ganz neue Ordnung der Dinge eingegangen ‑ in einen neuen Zustand vor Gott, gänzlich außerhalb der Reichweite von allem, dem Er Sich für uns unterworfen hatte (was in uns nüt unserem natürlichen Leben verbunden war), und auch außerhalb der Reichweite des Gesetzes, das von seiten Gottes die Sünde dem Gewissen zur Last legte. In Christo sind wir in dieser neuen Ordnung der Dinge. 

* Der letzte Vers von Kapitel 7 redet vom abstrakten Sinn und Charakter der entgegengesetzten Naturen. Die eine redet jedenfalls von dem Sinn und der Absicht (des Herzens bei dem erneuerten Menschen), die andere von der Tatsache, daß das Fleisch da ist; das eine ist ich selbst«, das andere "mein Fleisch". Also ist das "Ich" recht, es wird aber nicht als unter Gesetz oder umgekehrt betrachtet.  

 

KAPITEL 8 

"Also ist jetzt keine Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind." Hier redet er nicht über die Wirksamkeit des Blutes in der Beseitigung von Sünden (wie wesentlich dieses Blut und auch die Grundlage alles anderen ist), sondern über die neue Stellung gänzlich außer Reichweite von allem, worauf sich das Gericht Gottes bezog. Christus hatte Sich wohl der Wirkung der Verdammnis an unserer Statt unterstellt, wo Er aber auferstanden ist, erscheint Er vor Gott. Könnte da von Sünde, oder von Zorn, oder von Verdammnis oder von Zurechnung die Rede sein? Unmöglich! Es wurde alles erledigt, bevor Er dorthin hinauffuhr. Er ist dort, weil es erledigt war. Das ist die Stellung des Christen in Christo. Insofern es durch Auferstehung ist, ist es doch eine wirkliche Befreiung. Es ist die Kraft eines neuen Lebens, in der Christus aus den Toten auferweckt wurde und aus der wir in Ihm leben. Was dieses Leben des Heiligen betrifft, ist es die wirksame und beständige Kraft (die deshalb ein Gesetz genannt wird), durch die Christus aus den Toten auferweckt wurde ‑ das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu; sie hat mich von 

dem Gesetz der Sünde und des Todes befreit, das vorher in meinen Gliedern herrschte und Frucht zum Tode erzeugte. Es geht um unsere Verbindung mit Christo in der Auferstehung, um das Zeugnis der Kraft des Lebens, die in Ihm ist, und zwar durch den Heiligen Geist, was das "keine Verdammnis" unserer Stellung mit der Energie eines neuen Lebens verbindet, in dem wir dem Gesetz der Sünde nicht mehr unterstehen, da wir ihm in Seinem Tode gestorben sind, noch dem Gesetz, dessen Ansprüche notwendigerweise für den Gestorbenen aufgehoben sind, denn es herrscht über den Menschen, so lange er lebt. Indem Christus seinen Fluch getragen hat, hat Er es überaus groß gemacht. Am Ende von Epheser 1 sehen wir, daß es die Kraft Gottes Selbst ist, die befreit, und so muß sie sicherlich sein, jene Kraft, die diese herrliche Veränderung ‑ für uns diese neue Schöpfung ‑bewirkte. 

Diese Befreiung von dem Gesetz der Sünde und des Todes ist nicht eine bloße Erfahrung (sie wird köstliche Erfahrungen hervorbringen); sie ist eine göttliche Handlung, die durch den Glauben in Dessen Wirken erkannt wird, der Christum aus den Toten auferweckte; sie wird in ihrer ganzen Kraft durch ihre Vollendung in Jesus erkannt, an deren Wirkung wir durch Glauben teilhaben. Es ist so schwer, dies anzunehmen, weil wir finden, daß unsere Erfahrungen dem widerstreiten. Daß Christus meine Sünden hinweggetan hat und daß Gott mich geliebt hat, ist eine Sache des einfältigen Glaubens durch Gnade. Daß ich gestorben bin, wird oft in meinem Herzen widerlegt. Der Vorgang von Kapitel 7 muß durchgemacht und die Verdammnis der Sünde im Fleische im Opfer Christi für die Sünde gesehen werden, und auch, daß ich durch Ihn lebe, indem ich die Sünde als eine Sache für sich (als einen Feind, mit dem ich fertig werden muß, nicht mich selbst) verurteile ‑ um einen festen Frieden zu haben. 

Daß Christus meine Sünden hinweggetan hat, ist nicht alles. Ich lebe durch den Auferstandenen, ich bin mit diesem Ehemann verbunden, und da Er mein Leben ist ‑ das wahre "Ich" in mir ‑ kann ich sagen, daß ich gestorben bin, weil Er gestorben ist. "Ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich sondern Christus lebt in mir." Wenn das so ist, bin ich gestorben, weil Er gestorben ist; es ist wie wenn einer als Teilhaber angenommen wird und an den früher vor seiner Aufnahme erworbenen Vorteilen teilhat. Daß dies so ist, ist aus Vers 3 ersichtlich. Der Apostel sagt, Gott hat das in Christo getan; er sagt nicht "in uns". Das Ergebnis in uns wird in Vers 4 gefunden. Die wirksame Handlung, durch die wir uns für tot halten, war bei Christo ein Opfer für die Sünde. Dort wurde die Sünde im Fleische verurteilt. G o t t h a t d a s g e t a n , denn es ist immer Gott; Gott hat gewirkt, und Gott stellt es vor Augen, um das Evangelium Gottes zu entfalten. Das, was verdammt werden muß, ist tatsächlich in uns; das Werk, das es zunichte machte, und zwar zugunsten unseres wahren bewußten Zustandes vor Gott, ist in Christo vollbracht worden, dem es in Gnade wohlgefiel (wie wir sehen werden), Sich in die zu dessen Erfüllung nötige Stellung zu begeben. Durch Teilnahme an dem Leben, das in Ihm ist, wird es uns nichtsdestoweniger zu einer praktischen Wirklichkeit, nur muß diese Verwirklichung mit dem Widerstand des Fleisches kämpfen, aber nicht so, daß wir in ihm wandeln sollten. 

Es bleibt noch ein Punkt, der hier bemerkt werden soll. In Vers 2 haben wir das neue Leben in seiner Kraft in Christo, das uns von dem Gesetz der Sünde und des Todes frei macht. In Vers 3 wird mit der alten Natur, mit der Sünde im Fleische, verfahren; sie wird verdammt, aber in dem Opfer für die Sünde, in dem Christus litt und starb, so daß sie für den Glauben erledigt ist. Das vervollständigt die Befreiung und ihre Erkenntnis. 

Der Schlüssel zu all dieser Lehre des Apostels und das, was die heilige Praxis, das christliche Leben, mit der absoluten Gnade und der ewigen Befreiung von der Verdammnis verbindet, ist die neue Stellung, gänzlich von der Sünde abgesondert, die uns der Tod gibt, indem wir jetzt in Christo vor Gott lebendig sind. Die Kraft Gottes, die Herrlichkeit des Vaters, die Wirksamkeit des Geistes werden als in der Auferstehung Christi wirkend gefunden, wobei Er, der unsere Sünden getragen hat und für uns zur Sünde gemacht worden ist, in eine neue Stellung jenseits der Sünde  und des Todes vor Gott hingestellt wird. Durch den Glauben habe ich an Seinem Tode teil, ich. nehme teil an Seinem Leben. 

Es geht nicht nur darum, daß Christus für die begangenen Sünden voll bezahlt und Gott in Seinem Werk verherrlicht hat ‑ was tatsächlich die Grundlage von allem ist ‑, sondern um die Befreiung der Person, die in Sünde gefangen war, gleichwie Israel aus Ägypten herausgeführt wurde. Das Blut hatte die Hand Gottes im Gericht aufgehalten; die Hand Gottes befreite sie in Kraft auf immerdar beim Roten Meer. Was sie auch gewesen sein mochten, so waren sie zu der Zeit mit Gott, der sie zu Seiner heiligen Wohnung geleitete. 

Die ersten Verse dieses Kapitels fassen übrigens das Ergebnis des Werkes Gottes in bezug auf diesen Gegenstand in den Kapiteln 5, 12‑21; 6 und 7 zusammen: keine Verdammnis für die, welche in Christo sind; das Gesetz des Geistes des Lebens in Ihm, befreit von diesem Gesetz der Sünde und des Todes; und das, was das Gesetz nicht tun konnte, hat Gott getan. 

Es wird bemerkt werden, daß man von dem G e s e t z der Sünde und des Todes frei gemacht wird. In dieser Hinsicht ist die Befreiung absolut und vollständig. Die Sünde ist überhaupt kein Gesetz mehr. Für den, der Heiligkeit liebt, der Gott liebt, ist diese Befreiung ein tiefer und großer Gegenstand der Freude. Dieser Abschnitt sagt nicht, daß das Fleisch sich geändert hat ganz im Gegenteil: man würde doch nicht vom Gesetz einer Sache reden, die überhaupt nicht mehr besteht. Wir müssen es bekämpfen, es ist aber kein Gesetz mehr, noch kann es uns in unserem Gewissen dem Tode unterstellen. 

Das Gesetz konnte diese Befreiung nicht bewirken. Es konnte den Sünder verdammen, nicht aber die Sünde, während es den Sünder frei machte. Das aber, was das Gesetz nicht tun konnte, weil es Kraft im Menschen erforderte, während er im Gegenteil nur Kraft zum Sündigen hatte ‑ h a t G o t t g e t a n. Hier nun wird uns die Tatsache, daß Christus in unsere Mitte herniederstieg, und zwar bis in den Tod, in ihrer ganzen Bedeutung vor Augen gestellt ‑daß Er ohne Sünde zu uns herniederkam und in den Tod ging. Dies ist das Geheimnis unserer

Befreiung. Gott, der Gott aller Gnade und Herrlichkeit, hat Den gesandt, der der ewige Gegenstand Seines Wohlgefallens ist, Seinen eigenen Sohn, in dem die ganze Lebenskraft und göttliche Macht des Sohnes Gottes Selbst war, um inmitten der Menschen an Fleisch und Blut teilzuhaben in der Stellung, in der wir uns alle befinden; Selbst immer ohne Sünde, sollte Er doch in die Tiefe der Stellung, in der wir waren, ja bis zum Tode hinabsteigen und Sich Selbst Seiner Herrlichkeit entäußern, um ein Mensch zu sein "in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde", und da Er Mensch ward, erniedrigte Er Sich bis zum Tode, auf daß die ganze Frage der Sünde vor Gott in der Person Christi erledigt würde, indem Er in unserer Stellung betrachtet wird*‑, als Er in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde für uns zur Sünde gemacht wurde ‑ Jür die Sünde" wie es ausgedrückt wird (d. h. als ein Opfer für die Sünde). Er übernahm es, Gott dadurch zu verherrlichen, daß Er für das, was der Mensch war, litt. Er erfüllte das, indem Er Sich zum Opfer für die Sünde machte; auf diese Weise wurden nicht nur unsere Sünden beseitigt, sondern die Sünde im Fleische (es war der Zustand des Menschen, der Zustand seines Wesens, und Christus wurde am Kreuze so behandelt, als ob Er darin sei) ist darin verdammt worden, was ein Sühnungsopfer für den Sünder war.  

* Der Leser wird verstehen, daß Jesus diese Stellung einnehmen und zur Sünde gemacht werden konnte, weil Er Selbst in jeder Hinsicht absolut von ihr ausgenommen war. Die Kraft der Auferstehung im toten Christus war die Kraft der Heiligkeit im lebendigen Christus. Es war auch die Macht jener Liebe, die Er während Seines Lebens entfaltete und die wir in Vollkommenheit in Seinem Tode erkennen. Er war der rechte Gegenstand des göttlichen Wohlgefallens. 

Der Sohn Gottes ‑ von Gott in Liebe gesandt ‑ ist gekommen, und Er hat nicht nur unsere Sünden getragen, sondern (indem Er Sich freiwillig dahingab, ein fleckenloses Opfer, um den Willen Dessen zu tun, dessen Willen zu tun Er gekommen war) Gott machte Ihn, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde. Immer ohne Sünde (bei Ihm waren es Gnade und Gehorsam) nahm Er den Platz ein, auf den unser Versagen in unserer Verantwortung hienieden den Menschen gestellt hatte, und in Gleichheit der Menschen geworden, starb Er, um Gott in bezug auf die Sünde zu verherrlichen, so daß wir durch das Kreuz von dem auf dem Gewissen lastenden Bewußtsein der in uns wohnenden Sünde befreit sind. Er nimmt vor Gott die ganze Belastung der Sünde auf Sich (doch nach der Kraft des ewigen Lebens und des in Ihm wohnenden Heiligen Geistes) ‑ 

Er gibt Sich dafür als Opfer dahin. So hineingestellt, wird Er zur Sünde gemacht; und in Seinem Tode, den Er in Gnade erduldet, wird die Sünde im Fleische total durch das gerechte Gericht Gottes verdammt, und die Verdammnis selbst ist das Zunichtemachen jener Sünde durch Seine Opfertat ‑ eine Tat, die für jeden gültig ist, der an Jesum glaubt, der sie vollbracht hat. Wir sind mit Ihm gestorben, und wir leben durch Ihn. Wir haben den Leib des Fleisches, den alten Menschen, ausgezogen; durch den Leib Christi sind wir dem Gesetz gestorben, unser alter Mensch ist mit Ihm gekreuzigt, damit der Leib der Sünde zunichte gemacht werde. Ich zweifle nicht daran, daß das volle Ergebnis hiervon das Hinwegtun der Sünde aus dem ganzen Bereich des Himmels und der Erde sein wird, und zwar in jenen neuen Himmeln und auf der neuen Erde, wo Gerechtigkeit wohnt. Hier rede ich aber über den Zustand des Gewissens in bezug auf die Herrlichkeit Gottes. 

Welch eine wunderbare Errettung! Welch ein Werk zur Herrlichkeit Gottes! Die moralische Bedeutung des Kreuzes für die Herrlichkeit Gottes ist ein Gegenstand, der, wenn wir ihn erforschen, immer prachtvoller wird es ist ein nie endendes Studium. Durch seine moralische Vollkommenheit ist es ein Beweggrund für die Liebe des Vaters Selbst in bezug auf Jesum. "Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, auf daß ich es wiedernehme." 

Welch ein vollkommenes Werk für die Beseitigung der Sünde aus den Augen Gottes (indem dieses vollkommene Werk selbst, das die Sünde hinwegtat, an ihrer Statt vor Ihn gesetzt wurde) und für die Befreiung des Sünders, das ihn der vollkommenen Abschaffung der Sünde gemäß und in dem Wert dieses Werkes in den Augen Gottes vor Gott hinstellt! Es ist möglich, daß wir die Vergebung der Sünden gekannt haben, bevor wir durch Römer 7 hindurchgehen, und etliche haben gesagt, daß Kapitel 3 vor Kapitel 7 kommt. Die Gegenstände sind aber ganz verschieden. Im ersten Teil verfährt Gott in Gnade mit dem Sünder, der schuldig ist, und zwar zu seiner Rechtfertigung; dieser Teil ist in sich selbst vollständig: "Wir rühmen uns ... Gottes." Der zweite Teil behandelt das, was wir sind, und die damit verbundenen Erfahrungen; das Werk von Kapitel 7 ist immer wesentlich gesetzlich, das Gericht dessen, was wir sind, also nur im Hinblick auf das, was in uns ist, nicht auf das, was wir getan haben ‑ es ist Kampf, nicht Schuld. Die Form der Erfahrung ist eine veränderte. Die Seele wird sagen, ich hoffe, daß ich mich selbst nicht betrogen habe, und dergleichen.'Es geht aber immer um das Gesetz, und somit gibt ihm der Apostel den ihm an sich gebührenden Charakter. 

Das praktische Ergebnis wird in Vers 4 angegeben: "Auf daß das Recht (die gerechte Forderung) des Gesetzes erfüllt würde in uns, die nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste wandeln." Wir sind in Christo vollkommen vor Gott, ohne irgendwelche Gerechtigkeit durch das Gesetz; indem wir aber nach dem Geiste wandeln, wird das Gesetz in uns erfüllt, obwohl wir ihm nicht unterworfen sind. Der, welcher liebt, hat das Gesetz erfüllt. Hier geht der Apostel nicht weiter in bezug auf die Früchte der Gerechtigkeit ein, weil es hier um die Frage der Unterwerfung unter das Gesetz, wie auch um seine Erfüllung durch den Menschen geht. Die Gnade erzeugt mehr als das, wie im Epheserbrief, im Kolosserbrief u. a., sie bildet den Charakter Gottes nach ‑ nicht nur das, was der Mensch vor Gott sein sollte, sondern das, was Christus war. Hier begegnet er aber der Frage des Gesetzes und zeigt, daß wir es erfüllen, wenn wir nach dem Geiste wandeln. 

In dieser neuen Natur, im Leben der Auferstehung und des Glaubens, erfüllt sich in uns die Forderung des Gesetzes, weil wir nicht unter ihm stehen, denn wir wandeln nach dem Geiste, nicht nach dem Fleische. Die Dinge, die einander widerstreben, sind das Fleisch und der Geist. Tatsächlich erfüllt sich in uns die Herrschaft, von dessen Joch als System wir befreit worden sind. Unter Gesetz besaß die Sünde die Herrschaft; indem wir vom Gesetz befreit sind, erfüllt sich jenes Gesetz in uns*. 

Charakteristisch für unsere Stellung ist aber der Geist, der in uns wirkt und uns leitet. Dieser Charakter (denn so stellt das der Apostel dar) ist das Ergebnis der Anwesenheit, des Wohnens des Heiligen Geistes in uns. Der Apostel setzt hier diese große Wahrheit voraus, das heißt, daß beim Schreiben an Christen die Tatsache (denn es geht hier um eine Tatsache) der Anwesenheit des Heiligen Geistes, des Sachwalters (oder Trösters) als eine wohlbekannte Tatsache vorausgesetzt wird. Sie zeichnete den Christen öffentlich als das Siegel und das Zeichen seines Bekenntnisses aus. Der einzelne kannte das für sich selbst; er kannte es in bezug auf die Versammlung. In letzter Hinsicht aber berühren wir dies hier nicht, weil Christen als einzelne der Gegenstand sind. Sie hatten den Geist; überall wendet sich der Apostel an ihr Bewußtsein von dieser Tatsache. "In welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid." "Habt ihr den Geist aus Gesetzeswerken empfangen, oder aus der Kunde des Glaubens?" usw. Es ist die persönliche moralische Wirkung, die hier immerhin auf die Auferstehung des Leibes ausgedehnt wird, wovon hier die Rede ist. Diese beiden sind miteinander verbunden: die Anerkennung der Tatsache der Gegenwart des Heiligen Geistes, und die Entwicklung Seiner Kraft in dem Leben und nachher in der Auferstehung des Gläubigen. Dieses war in Christo gesehen worden; die Auferstehung selbst entsprach dem Geiste der Heiligkeit.  

* Abgesehen vom Fleisch ist das Leben, durch welches wir leben, tatsächlich Christus. Er ist unser Leben; was aber L e b e n betrifft, ist das, was wir vor Gott sind, das, wodurch wir hienieden leben. Unser Leben ist mit Christo in Gott verborgen, und Christus ist unser Leben hienieden. Deshalb kann Johannes, der Christus als dieses Leben entfaltet hat, sagen: "Der aus Gott geboren ist ... kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist." Es ist derselbe Christus in uns. wie auch im Himmel. Praktisch wird dieses Leben ininitten des Widerstandes des Fleisches entfaltet. Unsere Schwachheit ‑ schuldige Schwachheit ‑ kommt hervor, und das ist etwas ganz anderes.  

Nun kommen wir also zur praktischen Auswirkung der Lehre in dem Gläubigen, mit Christo gestorben zu sein und durch Christum auf Erden zu leben, die durch den in uns wohnenden Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist, erkannt wird. Er unterscheidet Sich, denn Er ist der Geist, der Geist Gottes; nichtsdestoweniger wirkt Er in diesem Leben, so daß es sich praktisch. in uns selbst abspielt, in dem, was zum Leben Christi in uns gehört. 

Wir wollen kurz die Lehre des Apostels über diesen Gegenstand betrachten. 

Er führt ihn, als für den Christen charakteristisch, plötzlich ein ‑ ‑ . . in uns, die nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste wandeln." Diejenigen, die nach dem Fleisch sind, sinnen auf das, was des Fleisches ist; die aber, welche nach dem Geist sind, auf das, was des Geistes ist. Hier geht es nicht um eine Pflicht, sondern um die sichere Auswirkung der Natur, nach welcher ein Mensch besteht; und diese Neigung, diese Gesinnung der Natur, erzeugt ihr unfehlbares Ergebnis ‑ was des Fleisches ist, ist Tod, was des Geistes ist, ist Leben und Frieden, weil die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist. Sie hat ihren eigenen Willen, ihre eigenen Lüste; und die Tatsache, daß sie sie hat, bewirkt, daß sie dem Gesetz Gottes nicht untertan ist ‑ das andererseits seine eigene Autorität hat ‑ das Fleisch kann aber tatsächlich. nicht untertan sein; wenn es das sein könnte, würde sein Dasein aufhören, denn es hat einen eigenen Willen, der Unabhängigkeit anstrebt und nicht die Autorität Gottes über sich ‑ einen Willen, der auch kein Wohlgefallen an der Forderung des Gesetzes hat. 

Deshalb können die, welche im Fleisch sind und die ihre Beziehung zu Gott haben und von dieser Natur leben, in diesem natürlichen Leben Gott nicht gefallen. Solcherart ist der Urteilsspruch über den Menschen, der sein natürliches Leben eben nach der Natur dieses Lebens lebt. Das Gesetz führte ihn da nicht heraus: wie früher war er immer noch im Fleisch. Es hatte eine Lebensregel für den Menschen, wie er als Mensch vor Gott steht, die das Maß seiner Verantwortung in jener Stellung angab, die ihn aber offensichtlich nicht aus der Stellung, auf die sie sich. bezog, herausführte. Da also der Mensch im Fleisch war, bewirkten die Auswirkungen der Sünde den Tod, und zwar durch das Gesetz selbst. 

Der Grundsatz der Beziehung des Gläubigen mit Gott ist aber nicht das Fleisch, sondern der Geist, wenn anders Gottes Geist in uns wohnt. Das ist es, was für unsere Stellung vor Gott kennzeichnend ist. In Seinen Augen und vor Ihm sind wir nicht im Fleisch. Das setzt wohl das Vorhandensein des Fleisches voraus, da wir aber den Heiligen Geist empfangen haben und Leben im Heiligen Geist besitzen, bildet Er unsere Verbindung mit Gott. Unser moralisches Dasein vor Gott ist im Geist, nicht im Fleisch oder im natürlichen Menschen. 

Man beachte hier, daß der Apostel nicht über Gaben oder Offenbarungen von Kraft spricht, die außerhalb von uns auf andere einwirken, sondern über die lebendige Kraft des Geistes, wie sie sich in der Auferstehung jesu und selbst auch in Seinem Leben in Heiligkeit erwies. Unser alter Mensch wird für tot gehalten: wir leben Gott durch. den Geist. Deshalb wird über diese Anwesenheit des Geistes ‑ so echt wie sie ist ‑ auf eine Weise gesprochen, deren Betonung mehr auf dem Charakter, als in unterschiedlicher persönlicher Anwesenheit liegt, obwohl jener Charakter nicht existieren könnte, wenn Er nicht persönlich hier wäre. "Ihr seid ... im Geiste, wenn anders Gottes Geist in euch wohnt*."

 Die Betonung liegt auf dem Wort Gott, und im Griechischen steht kein Artikel vor dem Wort Geist. Nichtsdestoweniger bezieht es sich klar auf den Geist persönlich, denn es heißt, "wenn Gottes Geist in euch wohnt", so daß Er von der Person, in der Er wohnt, unterschieden wird. 

* Beachte hier, daß es am Anfang des Kapitels heißt, daß wir in Christo sind, hier aber daß wir im Geiste sind, also den Geist Christi haben, und dann "wenn anders Christus in euch ist", denn es ist durch den Geist, daß wir in Christo sind. "Wer aber dem Herrn anhängt, ist e in Geist mit Ihm" (vgl. Joh. 14). Das aber verleiht unserem Leben und unserem Platz vor Gott den wahren Charakter. In Christo, und Christus in uns macht in vielen Stellen der Schrift die christliche Stellung aus, die auch durch das Wohnen des Heiligen Geistes in uns gekannt wird (vgl. Joh. 14).  

Der Sinn der Sache ist aber dieser: im Menschen gibt es nichts, was dem Fleisch widerstehen oder den Menschen aus ihm herausführen kann ‑ er ist er selbst. Das Gesetz kann diese Schranke nicht überschreiten (nämlich die des Menschen an den es sich wendet) noch sollte es dies, denn es hat es mit seiner Verantwortung zu tun. Es muß etwas sein, was nicht der Mensch ist und was doch im Menschen wirkt, auf daß er frei wird. Kein Geschöpf könnte etwas hierzu tun: es ist verantwortlich an seinem eigenen Platz. 

Gott muß es sein. Wenn der Geist Gottes in den Menschen kommt, hört Er nicht auf, Gott zu sein, noch bewirkt er, daß der Mensch aufhört, Mensch zu sein; Er erzeugt aber in göttlicher Weise im Menschen ein Leben, einen Charakter, einen moralischen Zustand des Seins, einen neuen Menschen; in diesem Sinne ist es ein neues Wesen, und zwar vermöge der Reinigung durch das Blut Christi. Da Christus das Erlösungswerk vollbracht hat, wovon dies die Kraft in uns ist, wohnt Er in dem Menschen, und der Mensch ist in Christo, und Christus ist im Menschen. Indem der Mensch nun so wirklich ein neues Leben hat, das seinen eigenen moralischen Charakter trägt, steht er als solcher vor Gott, und in Seinen Augen steht das, was es der neuen Natur nach ist, in unzertrennlicher Verbindung mit seinem Ursprung, wie der Strom mit der:Quelle; der Gläubige ist im Geiste, da der Heilige Geist infolge des.Werkes Christi in dem von Ihm verliehenen Leben wirkt und seine Kraft ist. Dies ist die Stellung des Christen vor Gott. Wir sind nicht mehr im Fleisch, sondern im Geist, wenn anders der Geist Gottes in uns wohnt. Es gibt kein anderes Mittel. Es ist fürwahr der Geist Christi. ‑ Er, in dessen Kraft Christus handelte, lebte, Sich Selbst darbrachte, durch den Er auch aus den Toten auferweckt wurde. Sein ganzes Leben war der Ausdruck der Wirkung des Geistes des Geistes im Menschen. Wenn aber jemand Christi 

Geist nicht hat, der ist nicht sein." Dies ist das wahre und einzige Band, die ewige Wirklichkeit des neuen Lebens, in dem wir in Gott leben. 

Wir haben es mit Reellem zu tun. Das Christentum verwirklicht sich in uns in einer Gleichförmigkeit des Wesens zu Gott hin, worauf Gott nicht verzichten kann, und ohne die wir Ihn nicht genießen noch mit Ihm in Gemeinschaft sein können. Er Selbst gibt sie. Und wie können wir aus Gott geboren sein, wenn Gott nicht wirkt, um uns Leben mitzuteilen? Wir sind Sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken. Es ist aber der Geist, der sein Ursprung und seine Kraft ist. Wenn jemand aber den Geist Christi nicht hat, wenn die Energie dieses in Ihm geoffenbarten geistlichen Lebens, die durch die Kraft des Geistes besteht, nicht in uns ist, sind wir nicht Sein, dann haben wir kein Teil an Christo, denn nur so kann man an Ihm teilhaben. Wenn aber Christus in uns ist, so ist die Energie dieses geistlichen Lebens in Ihm, der unser Leben ist, und der Leib wird für tot gehalten; denn wenn wir als Lebendige einen Eigenwillen haben, so ist das nichts als Sünde. Der Geist ist Leben, der Geist, durch den Christus aktiv lebte. Christus im Geist in uns ist Leben ‑ die Quelle des Denkens, der Tat, des Urteils, alles dessen, was den Menschen im moralischen Sinne ausmacht, auf daß Gerechtigkeit da sei; denn das ist die einzig mögliche praktische Gerechtigkeit, das Fleisch kann sie nicht hervorbringen. Wir leben nur, indem wir Christum als unser Leben haben, denn Gerechtigkeit vor Gott ist in Ihm, und nur in Ihm. Anderswo gibt es nichts als nur Sünde. Deswegen ist das Leben Christus. Es gibt kein anderes Leben; alles andere ist Tod. 

Der Geist hat aber noch einen Charakter. Er ist der Geist D e s s e n , der Jesum aus den Toten auferweckte. Das tat Gott in bezug auf den Christus. Wenn der Geist in uns wohnt, wird Gott in uns das vollbringen, was Er in Christo vollbrachte, und zwar wegen desselben Geistes*. Er wird unsere sterblichen Leiber auferwecken. 

* Beachte hier, daß Jesus der persönliche Name Christi ist. Obwohl es so wurde, ist Christus eigentlich ein Name einer Stellung, eines Amtes ‑ der Gesalbte. Der, welcher Christum auferweckte, wird die Leiber derer, die mit Ihm verbunden sind, lebendig machen.  

Dies ist die endgültige Befreiung, die volle Antwort auf die Frage: "Wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes?" 

Man beachte hier, daß der Geist auf dreifache Weise bezeichnet wird: der Geist Gottes, im Gegensatz zum sündigen Fleisch beim natürlichen Menschen; der Geist Christi, der formelle Charakter des Lebens, der der Ausdruck Seiner Macht ist (das ist der Geist, der nach der Vollkommenheit der göttlichen Gedanken im Menschen wirkt); der Geist Dessen, der den Menschen Christus aus den Toten auferweckte. Hier ist es die vollkommene und endgültige Errettung des Leibes selbst durch die Kraft Gottes, die durch Seinen Geist wirkt. Damit haben wir die volle Antwort auf die Frage: "Wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes?" Wir sehen, daß christliches Leben in seinem wahren Charakter, in dem Charakter des Geistes, von der Erlösung abhängt. Dank der Erlösung ist der Geist bei uns gegenwärtig. 

In den Versen 10 und 11 haben wir den gegenwärtigen Tod für das Fleisch und die Sünde, und auch die tatsächliche Auferstehung; nur ist es so, daß es nichts als Sünde gibt, wenn wir unser eigenes, natürliches Leben leben ‑ da Christus in uns unser Leben ist, halten wir schon jetzt, während wir noch leben, unseren Leib für tot. Indem das so ist, haben wir das, was in Christo gesehen wurde (Kap. 1, 4) ‑den Geist der Heiligkeit und der Totenauferstehung. Wir sollten hier bemerken (bis dahin nach dem Sinn des Ausdrucks: „der Geist ist Leben"), wie die Person des Geistes mit dem Seelenzustande, mit dem wirklichen Leben des Christen hienieden verbunden ist. Etwas weiter finden wir Ihn davon unterschieden. 

Wir verstehen das, denn der Geist ist wahrhaftig die göttliche Person, Er wirkt aber in uns in dem Leben, welches Er verliehen hat. "Was aus dem Geiste geboren ist, ist Geist." Somit ist es tatsächlich der Geist, der praktische Gerechtigkeit, gute Gedanken erzeugt; Er bringt sie aber in mir hervor, so daß sie mein sind. Nichtsdestoweniger bin ich in bezug auf diese Dinge vollständig abhängig von Gott, und ich verdanke sie Ihm. Nach Johannes 3 ist dieses Leben von derselben Art wie sein Ursprung, es ist aber abhängig: die ganze Kraft liegt in dem Geiste. Durch Ihn sind wir von Gott abhängig. Christus Selbst lebte so. Nur war das Leben in Ihm, aber keine Sünde im Fleische, um dem zu widerstehen: dahingegen aber, wenn Gott uns Leben gegeben hat, bleibt es immer wahr, daß dieses Leben in Seinem Sohne ist. "Wer den Sohn hat, hat das Leben." Wir wissen aber, daß das Fleisch wider den Geist gelüstet, selbst wenn wir Ihn haben. 

Laßt uns aber mit unserem Kapitel fortfahren. Der Apostel schließt diese Auslegung über das geistliche Leben, das der Seele Freiheit verleiht, indem er den Christen als einen solchen darstellt, der ein Schuldner ist, nicht dem Fleische, das ja kein Recht mehr auf uns hat. Doch. will er nicht geradeheraus sagen, daß wir dem Geiste Schuldner sind. Wohl ist es unsere Pflicht, nach dem Geiste zu leben; wenn wir aber sagten, wir seien Schuldner, so wäre das ein Unterstellen des Menschen unter ein höheres Gesetz, dessen Erfüllung ihm dadurch noch unmöglicher sein würde. Der Geist war die Kraft zum Leben, und das durch die von Ihm verliehene Liebe ‑ nicht eine Verpflichtung, sie zu haben. Wenn wir nach dem Fleische leben, werden wir sterben; wenn wir aber durch den Geist die Handlungen des Leibes töten, so werden wir leben. 

Das Böse ist da, es ist aber Kraft vorhanden, es zu überwinden. Dies ist die Wirkung nach der Natur Gottes und des Fleisches. Dieser Gegenstand hat aber auch noch eine andere Seite ‑ die Beziehung, die uns diese Anwesenheit und Tätigkeit des Geistes Gott gegenüber gibt. Anstatt also zu sagen, "gesetzmäßige Schuldner des Geistes", ist der Geist Selbst unsere Kraft, durch welche wir das Fleisch töten, und durch. die wir sicher sind, daß wir mit Gott leben; und da wir vom Geiste geleitet werden, sind wir Söhne Gottes. Denn wir haben nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht (das war der Zustand der Treuen unter dem Gesetz), sondern einen Geist, der unserer Annahme, Söhne Gottes zu sein, entspricht, und dies ist ihre Kraft ‑ ein Geist, in welchem wir rufen: "Abba, Vater! " 

Der Apostel verbindet den Geist Gottes wieder aufs engste mit dem Charakter, der Gesinnung, die Er in uns der Beziehung gemäß erzeugt, in die wir durch Seine Gnade in Christo gestellt werden und der wir uns bewußt sind und die wir tatsächlich durch die Anwesenheit des Geistes in uns verspüren: Er ist in uns der Geist der Sohnschaft; denn Er stellt uns in die Wahrheit den Gedanken Gottes gemäß. Was aber die Kraft dazu, was deren moralische Wirklichkeit in uns betrifft, so ist es allein durch die Gegenwart des Heiligen Geistes, daß dies stattfindet. Wir werden nur dadurch vom Gesetz und vom Geiste der Knechtschaft errettet, daß der Geist in uns wohnt, obwohl das Werk und die Stellung Christi die Ursache dafür sind. Diese Stellung wird weder erkannt noch ist man sich ihrer bewußt, als nur durch den Geist, den Jesus herniedersandte, als Er Selbst diese Stellung als Mensch in der Herrlichkeit droben eingenommen hatte*. 

Dieser Geist nun wohnt in uns, handelt in uns und bringt uns wirklich in diese Beziehung, die durch Christum für uns erworben wurde, durch das Werk, das Er für uns vollbrachte, indem Er Selbst in sie eintritt (d. h. als auferstandener Mensch). 

Wie wir gesehen haben, redet der Apostel vom Geist in uns als von einem bestimmten Charakter, einem Zustand, in dem wir uns befinden, weil Er Sich in unser ganzes moralisches Wesen einflößt ‑in unsere Gedanken, Zuneigungen, Ziele, Handlungen; eigentlich erzeugt~ 

* Doch wandelte Er hienieden natürlich immer als Sohn, und das nicht nur, als Er öffentlich Seinen Dienst antrat und als solcher kundgetan wurde, was wir daraus wissen, was im Tempel geschah, als Er ungefähr zwölf Jahre alt war. Wir sind ja Söhne, bevor wir den Geist der Sohnschaft empfangen. Weil wir Söhne sind, wird der Geist des Sohnes in unsere Herzen gesandt (Gal. 4). Christus aber, indem Er in den vollen Bereich der Herrlichkeit als Mensch dem Vorsatz Gottes gemäß durch Sein Werk eindrang, empfing den Geist (Apg. 2), um Ihn uns zu verleihen und um uns mit Sich dort zu verbinden. 

Er sie, Er ist ihr Ursprung, Er handelt dadurch, daß Er sie erzeugt. Somit ist Er praktisch ein Geist der Sohnschaft, weil Er in unseren Seelen alles das erzeugt, was zu dieser Verwandtschaftsbeziehung gehört. Wenn Er wirkt, wirken auch unsere Gedanken, unsere Zuneigungen: wir genießen diese Verwandtschaftsbeziehung kraft dieser Wirkung. Wenn nun der Heilige Geist mit allem, was Er in uns erzeugt, einsgemacht wird (und es könnte nicht anders sein), denn nur so ist es, daß der Christ Ihn kennt (die Welt empfängt Ihn nicht, weil sie Ihn nicht sieht und nicht kennt; ihr aber kennet Ihn, weil Er bei euch ist, und in euch wohnt ‑ kostbarer Zustand!) ‑ da der Heilige Geist Selbst die Quelle unseres Daseins und unserer Gedanken ist, und zwar gemäß den Ratschlüssen Gottes in Christo und der Stellung, die Christus für uns erworben hat ‑ nachdem der Apostel, ich wiederhole, darüber geredet hat, daß der Geist unser moralisches Dasein prägt, unterscheidet er Ihn sorgfältig als eine Person, als eine wirklich unterschiedliche Existenz. Der Geist Selbst zeugt mit unserem Geiste, daß wir Kinder Gottes sind. Diese beiden Dinge sind gleich kostbar*: Teilnahme am Heiligen Geist als der Kraft, durch die wir fähig sind, Gott und die Beziehung zu Ihm als Kinder zu genießen; und auch die Gegenwart und Autorität des Geistes, um uns dessen zu versichern. 

Unsere Stellung ist die von S 6 h n e n , unsere eigentliche Verwandtschaftsbeziehung ist die von K i n d e r n. Das Wort So h n steht im Gegensatz zu der Stellung unter Gesetz, welche die von Knechten war, es ist der Zustand der Vorrechte im weitesten Sinne. Wenn man von irgend jemandes Kind spricht, bedeutet das die Innigkeit und Wirklichkeit der Verwandtschaftsbeziehung. Nun ist es zweierlei, was der Apostel offenlegt die Stellung eines Kindes und deren Auswirkung, und der Zustand der Schöpfung, mit der das Kind verbunderr ist. Dies bietet die Gelegenheit für zwei Wirkungen des Geistes: die Mitteilung der Sicherheit, Kinder zu sein, mit allen herrlichen Folgen; und auch Sein Werk des 

* Wir werden späterhin sehen, daß der Kolosserbrief nur vom Leben redet, der Epheserbrief vom Heiligen Geist.

mitgeiunis und Seiner Gnade in Verbindung mit allem Kummer und allen Schwachheiten, in denen sich das Kind hienieden befindet. 

Nachdem er so die Auslegung des Zustandes des Kindes beendet hat, beschließt er diesen Bericht seiner Stellung in Christo mit einer Feststellung der Gewißheit der Gnade in Gott ‑ außerhalb seiner selbst ‑ die es in dieser Stellung sichert und es durch die Kraft Gottes in der Gnade leitet und vor allem bewahrt, was es seiner Segnung, seines Glückes berauben könnte. Gott ist es, der ihm diese Dinge gibt und der ihr Urheber ist. Gott ist es, der den, den Er in diese Stellung hineingestellt hat, zu einem guten Ende führen wird. Dieser letzte Punkt wird in den Versen 31‑33 erörtert. So haben wir in den Versen 1‑11 den Geist im Leben; in den Versen 12‑30 den Geist als eine in dem Heilioen wirkende Kraft, in den Versen 31‑33 Gott, der f u r uns, nicht i n uns wirkt, um unsere Segnung zu sichern. Deshalb spricht er im letzten Teil nicht von der Heiligung. 

Somit ist der erste Punkt, den wir in diesem zweiten Teil berühren müssen, daß der Geist Selbst mit unserem Geiste zeugt, daß wir Kinder der Familie Gottes sind. Das heißt, da der Heilige Geist (der in uns im Leben wirkt, wie wir gesehen haben) die Liebe eines Kindes erzeugt hat, und durch diese Liebe das Bewußtsein, ein Kind Gottes zu sein, sondert Er Sich nicht davon ab, sondern bezeugt durch Seine machtvolle Gegenwart, daß wir Kinder sind. Wir haben dieses Zeugnis in unseren Herzen in unserer Beziehung zu Gott; der Heilige Geist aber, der Sich von uns unterscheidet, bringt uns dieses Zeugnis, uns, in denen Er wohnt, nahe. Der wahre befreite Christ weiß, daß sein Herz Gott als Vater erkennt, er weiß aber auch, daß der Heilige Geist Selbst Sein Zeugnis zu ihm bringt. Das, was auf das Wort gegründet ist, wird im Herzen bewahrheitet und verwirklicht. 

Wenn wir aber Kinder sind, sind wir Erben ‑ Erben Gottes und Miterben Christi. Herrliche Stellung, in die wir mit Christo hineingestellt sind! Das Zeugnis darüber ist der erste Teil des persönlichen Amtes des Geistes, doch dessen Folgen sind hienieden, dessen Charakter ist hienieden zu sehen. Wenn der Geist Christi in uns ist, wird Er die Quelle der Gefühle Christi in uns sein. In dieser Welt der Sünde und des Elends mußte Christus notgedrungen leiden ‑ Er litt auch wegen der Gerechtigkeit und wegen Seiner Liebe. Moralisch ist dieses Empfinden des Kummers die notwendige Folge davon, daß man eine moralische Natur besitzt, die allem, was in der Welt ist, total entgegengesetzt ist. Liebe, Heiligkeit, Ehrfucht vor Gott, liebe zum Menschen, alles ist hienieden seinem Wesen nach; ein aktives Zeugnis führt zu äußeren Leiden. Miterben, Mitleidende, Mitverherrlichte ‑ dies ist die Reihenfolge des christlichen Lebens, der christlichen Hoffnung; und beachtet: insofern wir das ganze Erbteil Gottes besitzen, wird dieses Leiden durch die herrliche Stellung, in die wir eingeführt sind, bedingt, und durch unsere Teilnahme am Leben Christi Selbst. Diese Leiden sind aber nicht wert verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll. 

Denn die Schöpfung harrt sehnsüchtig auf die Offenbarung der Söhne Gottes. Dann wird ihre Befreiung kommen. Denn wenn wir leiden, so ist es in Liebe, weil alles rund um uns her leidet. Dann erklärt das der Apostel. Es ist unsere Verbindung mit der Schöpfung, die uns in diese Leiden führt, denn die Schöpfung ist der Nichtigkeit, der Vergänglichkeit unterworfen. Wir, die wir den Geist haben, wissen, daß die ganze Schöpfung in ihrer Entfremdung Gott gegen‑über zusammen seufzt ‑ gleichsam in Geburtswehen, jedodi in Hoffnung. Wenn die Herrlichkeit die Kinder frei machen wird, wird die Schöpfung an ihrer Freiheit teilhaben. sie kann an der Gnade nicht teilhaben, das ist etwas, was die Seele betrifft. Da aber die Herrlichkeit die Frucht der Kraft Gottes in äußeren Dingen ist, wird sogar die Schöpfung von der Knechtschaft des Verderbnisses befreit werden und an der Freiheit der Herrlichkeit teilnehmen. Es war nämlich nicht der Wille der Schöpfung, der sie der Knechtschaft unterwarf (in dieser Hinsicht hat sie keinen), sondern es war um deswillen, der sie unterworfen hat ‑ um des Menschen willen. 

Der Geist nun, der uns kundtut, daß wir Kinder und Erben der Herrlichkeit sind, lehrt uns durch dieselben mittel das ganze Elend der Schöpfung zu verstehen, und durch unsere Leiber stehen wir in Verbindung mit ihr, so daß Mitgefühl besteht. So erwarten auch wir die Sohnschaft, d. h. die Erlösung unseres Leibes. Denn was den Besitz des vollen Ergebnisses anbelangt, ist es in Hoffnung, daß wir errettet werden; mittlerweile seufzen wir also, wie wir nach dem Geiste und der neuen Natur auch verstehen, daß die ganze Schöpfung seufzt. Die Einsicht des Geistes und die Zuneigungen der göttlichen Natur sind auf der einen Seite vorhanden, und andererseits besteht die Verbindung mit der gefallenen Schöpfung durch den Leib*. Auch hier hat also die Wirkung des Heiligen Geistes ihren Platz, wie Er auch bezeugt, daß wir Kinder und Erben Gottes und Miterben Christi sind. 

Es ist deshalb nicht nur die Schöpfung, die seufzt, da sie als Folge der Sünde des Menschen in der Knechtschaft des Verderbnisses liegt; sondern wir selbst, die wir die Erstlinge des Geistes haben ‑die Gott im Blick auf die Erfüllung Seiner Verheißungen in den letzten Tagen im voraus gegeben hat, die uns mit dem Himmel verbinden ‑, auch wir seufzen, während wir auf die Erlösung des Leibes warten, um von der für uns bereiteten Herrlichkeit Besitz zu ergreifen. Das geschieht aber, weil der Heilige Geist, der in uns ist, an unserem Kummer teilnimmt und uns in unseren Schwachheiten hilft; während Er in uns wohnt, fleht Er inmitten dieses Elends mit unaussprechlichen Seufzern. Das Bewußtsein von dem Bösen, das uns und alles ringsum bedrängt, ist da; und je mehr wir uns der Segnung und der Freiheit der Herrlichkeit bewußt sind, desto mehr erkennen wir die Bürde des durch die Sünde herbeigeführten Elends. 

* Wieviel vollkommener war darin das Mitgefühl Christi (in Ihm war alles absolut)1 Denn obwohl Er als wahrhaftiger Mensch des Mitleids fähig war, war Er in Seinem eigenen Zustand nicht mit der gefallenen Schöpfung verbunden, wie wir es sind. Ein wahrhaftiger Mensch, empfand Er Mitleid mit ihr, aber als ein aus dem Geist geborener Mensch; als über dem Fleisch stehend, und durch den Glauben nicht mehr in ihm, sind wir tatsächlich mit ihm in dem irdenen Gefäß, in dem wir sind, immer noch verbunden. 

Wir wissen nicht, was wir als Mittel dagegen erbitten sollen; aber das Herz bringt sein Leid zum Ausdruck, wie Jesus es am Grabe des Lazarus tat ‑ wenigstens in unserem kleinen Maße. Nun ist das nicht die Selbstsucht des Fleisches, das nicht gern leidet, sondern die Liebe des Geistes. 

Hier haben wir einen auffallenden Beweis dafür, wie der Geist und das Leben in uns praktisch einsgemacht sind: Gott erf orscht die H er z en ‑ die unsrigen; Er findet die Liebe des Geistes, denn Er, der Geist, verwendet Sich. Somit ist es mein Herz ‑ es ist eine geistliche Liebe, aber der Geist Selbst ist es, der Sich verwendet. Mit der Schöpfung durch den Leib, mit dem Himmel durch den Geist verbunden, ist mein Empfinden der Bedrängnis nicht die Selbstsucht des Fleisches, sondern das Mitgefühl des Geistes, der alles Gott gemäß empfindet. 

Welch ein holder und stärkender Gedanke ist es, daß, wenn Gott das Herz erforscht ‑ selbst wenn wir bedrückt sind durch das Empfinden des Elends, in dessen Mitte das Herz wirkt ‑, Er nicht das Fleisch findet, sondern die Zuneigung des Geistes, und daß Sich der Geist Selbst in uns in Gnade mit all unseren Schwachheiten befaßt. Wie aufmerksam lauscht wohl das Ohr Gottes solchen Seufzern! 

Somit ist der Geist in uns der Zeuge, daß wir Kinder und dadurch Erben sind; Er nimmt auch teil an der traurigen Erfahrung, daß wir durch unsere Leiber mit der Schöpfung verbunden sind, und Er wird zur Quelle der Zuneigungen in uns, die sich in Seufzern, die ihrem Wesen nach göttlich wie auch menschlich sind, äußern, und die den Wert Seiner eigenen Fürbitte haben. Diese Gnade tut sich in Verbindung mit unserer Unwissenheit und Schwachheit kund, Übrigens, wenn wir schließlich nicht wissen, was wir erbitten sollen, wissen wir aber wohl, daß alles unter der eigenen Hand Gottes zu unserem größten Wohl mitwirkt* (Vers 28). 

* Hier lesen wir im Text: "Wir wissen aber." JATir wissen nicht, was wir bitten sollen wie sich's gebührt ... wir wissen aber, daß ... alle Dinge zum Guten (für uns) mitwirken." 

Das bringt uns drittens zu einer anderen Seite der Wahrheit ‑zu dem, was Gott tut und was Gott außerhalb von uns selbst für uns ist, um uns aller Segnung zu versichern. Der Heilige Geist ist Leben in uns; Er bezeugt unsere herrliche Stellung; Er wirkt in göttlichem Mitgefühl in uns gemäß unserer tatsächlichen Lage der Schwachheit in diesem armseligen Leibe und in dieser leidenden Schöpfung; Er wird zu der Stimme dieses Leidens vor Gott, und macht auch uns zu dieser Stimme. Alles dieses findet in uns statt; Gott aber erhält alle unsere Vorrechte durch das, was Er in Sich Selbst ist. Dies ist der letzte Teil des Kapitels, von Vers 28 oder 31 an bis zum Ende. Gott ordnet alles zum Wohl derer, die nach Seinem Vorsatz berufen sind, denn das ist der Ursprung alles Guten und alles Glücks in uns und für uns. 

Deshalb werden bei diesem schönen und kostbaren Höhepunkt die Heiligung und das Leben in uns ausgelassen. Der Geist hatte unsere Seelen über diesen Punkt am Anfang des Kapitels unterwiesen. Wenn Christus in uns ist, ist der Geist Leben, der Leib aber tot, und nun stellt Er die Ratschlüsse, die Vorsätze, die Handlungen, das Wirken Gottes Selbst dar, welche uns segnen und sichern, nicht aber das Leben in uns sind. Die innere Wirklichkeit wurde im vorherigen Teil ausgelegt, hier aber sind es die Gewißheit, die Sicherheit vermöge dessen, was Gott ist und was Seine Ratschlüsse sind. Er hat Seine Kinder zuvorerkannt, Er hat sie zu einer gewissen Herrlichkeit zuvorbestimmt, zu einer gewissen wunderbaren Segnung, nämlich. dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein. Er hat sie berufen, Er hat sie gerechtfertigt, Er hat sie verherrlicht. Gott hat alles dieses getan. Es ist vollkommen und dauerhaft wie Der, der es gewollt und getan hat. Es fehlt kein Glied in der Kette alles dessen, was notwendig war, um ihre Seelen den Ratschlüssen Gottes gemäß an die Herrlichkeit zu binden. 

Und welche Herrlichkeit! welch. eine Stellung ‑ so armselige Geschöpfe, wie die Erretteten es sind, sollen dem Bild des Sohnes Gottes Selbst gleichförmig werden1 Dies ist tatsächlich, der Gedanke der Gnade, nicht nur uns durch Jesum zu segnen, sondern uns mit Ihm zu segnen. Sündenlos kam Er in Liebe und Gerechtigkeit zu uns hernieder, um uns mit Sich in der Frucht Seines herrlichen Werks zu verbinden. Das war es, was Seine Liebe sich vorgesetzt hatte, nämlich daß wir mit Ihm dasselbe Teil haben sollten, und dies hatten auch die Ratschlüsse des Vaters (Sein Name sei dieserhalb gepriesen) beschlossen. 

Das Ergebnis von allem für die Seele ist, daß Gott für uns ist. Holdselige und herrliche Folgerung, die dem Herzen einen unaussprechlichen Frieden verleiht, und eine Ruhe, die von der Kraft und Festigkeit Gottes abhängt ‑ eine Ruhe, die alle Angstlichkeit, die sie trüben könnte, ausschließt; denn wenn Gott für uns ist, wer kann wider uns sein? Und das Wesen dieser Dinge schließt jeden Gedanken irgendeiner Grenze der Großzügigkeit Gottes aus. Der, welcher Seinen Sohn hingegeben hatte, wie wird Er uns mit Ihm nicht auch alles schenken? Übrigens in bezug auf unsere Gerechtigkeit vor Gott oder auf Anklagen, die wider die Heiligen erhoben werden möchten, wie auch in bezug auf alle Schwierigkeiten des Pf ades, hat G o t t S e 1 b s t gerechtfertigt: wer ist es, der verdamme? 

Christus ist gestorben, ist auferweckt, ist zur Rechten Gottes und verwendet Sich für uns‑. wer wird uns von Seiner Liebe scheiden? Die Feinde? Er hat sie schon besiegt. Höhe? Er ist dort für uns. Tiefe? Er ist dort gewesen, sie ist der Beweis Seiner Liebe. Schwierigkeiten? Wir sind mehr als Überwinder: sie sind die unmittelbare Gelegenheit zur Entfaltung dessen, was unsere Kraft ist. Drangsal versichert bloß das Herz, daß uns nichts von der Liebe Gottes, welche in Jesu ist, scheiden kann. Alles andere ist die Schöpfung und vermag uns nicht von der Liebe Gottes zu scheiden ‑ eine Liebe Gottes, die auch in das Elend der Schöpfung eingedrungen ist und den Sieg für uns über alles errungen hat. Somit sind die Erlösung und Freiheit und Sicherheit der Heiligen durch Gnade und Macht völlig ans Licht gebracht. 

So wird also das Wesen Gottes auf dreifache Weise für uns entfaltet: im Geben, im Rechtfertigen und keiner möglichen Trennung. Zwei triumphierende Fragen erledigen die letzten zwei Punkte, über die das Herz leicht

Fragen erhben könnte. Diese zwei Fragen werden aber so formuliert: Wer ist, der verdamme? Wer wird uns scheiden? Wer wird verdammen, wenn Gott Selbst rechtfertigt? Es heißt nicht, rechtfertigt vor Gott. Gott ist für uns. Die zweite Frage wird durch die kostbare Tatsadie beantwortet, daß wir in allem, was uns scheinbar von Seiner Liebe scheiden könnte, im Gegenteil gesehen haben, wie Seine Liebe bewiesen wurde. Übrigens ist es das Geschöpf, das dazu neigt zu scheiden; die Liebe aber ist die Liebe Gottes. Der Anfang von Vers 34 sollte mit Vers 33 gelesen werden. 

Hier sind wir zu einem völligeren erfahrungsgemäßen Zustand als in Kapitel 5 vorgierückt, indem wir dem folgten, was die Übungen einer Seele entfaltet, die zu erkennen lernt, was sie an sich ist, wie auch der Wirkung des Gesetzes und was es ist, mit Christo tot und durch Ihn lebendig und Ihm zugesellt zu sein, und, da wir in Ihm vor Gott sind, das Bewußtsein zu haben, daß Gott für sie ist. In Kapitel 5 ist mehr von der einfachen Gnade Gottes die Rede, von dem, was Er als über der Sünde stehend in Seiner eigenen gepriesenen Natur, in Seinen Gedanken zum Sünder hin ist. Hier haben wir mehr den Platz des Christen vor Gott, in Kapitel 5 dagegen mehr, was Gott einfach in der Gnade ist. In Kapitel 5 geht es mehr darum, was Gott so ist, wie dies durch das Werk Christi erkannt wird, in Kapitel 8 geht es mehr um unseren Platz in Christo vor Ihm. Glückselig, beides zu haben! 

KAPITEL 9 

Es bleibt noch eine wichtige Frage zu erörtern, nämlich wie diese Errettung, die sich gemeinsam auf die Juden und die Nationen bezieht, die beide Gott entfremdet waren ‑ diese Lehre, daß es keinen Unterschied gibt ‑ mit den den luden gegebenen besonderen Verheißungen zu vereinbaren ist. Der Beweis ihrer Schuld und ihres Zusammenbruchs unter dem Gesetz berührte die Verheißungen eines treuen Gottes nicht. Wollte der Apostel diese hinwegtun, um die aus den Nationen auf denselben Boden zu stellen? Sie ließen es nicht daran fehlen, den Apostel zu beschuldigen, er hätte sein Volk und dessen Vorrechte verachtet. Die Kapitel 9, 10 und 11 beantworten diese Frage, und zwar mit seltener und bewunderungswürdiger Vollkommenheit legen sie die Stellung Israels in bezug auf Gott und das Evangelium dar. Diese Antwort öffnet an sich eine weite Tür der Einsicht in die Wege Gottes. 

Der Apostel beginnt damit, daß er sein tiefes Interesse an der Segnung Israels bekräftigt. Ihr Zustand war für ihn eine iQuelle beständiger Trauer. Weit davon entfernt sie zu verachten, liebte er sie genau so wie Mose sie geliebt hatte. Er hatte gewünscht, um ihretwillen durch einen Fluch von Christo entfernt zu sein*. 

Er erkannte an, daß alle bis dahin von Gott gegebenen Verheißungen ihnen gehörten. Er läßt aber nicht gelten, daß das Wort Gottes hinfällig geworden sei, und er erbringt den Beweis des freien unumschränkten Willens Gottes, dem entsprechend Er die aus den Nationen nach Seiner Wahl zulassen konnte, ohne die den luden gegebenen Verheißungen zu schmälern.

 

Zuerst kam diese Wahrheit im Schoße der Familie Abrahams ans Licht. Die Juden behaupteten ihr ausschließliches Recht auf die Verheißungen kraft ihrer Abstammung von ihm, und daß sie ihre Verheißungen rechtmäßig und ausschließlich besitzen dürften, weil sie von ihm abstammten. Nicht alle aber, die aus Israel sind, diese sind Israel, noch waren sie alle Kinder, weil sie Abrahams Same waren; denn in diesem Falle hätte Ismael angenommen werden müssen, die luden wollten das aber unter keinen Umständen hören. Also war Gott unumschränkt. Es könnte aber eingewendet werden, daß Hagar eine Magd war, Aber der Fall Esaus schloß auch diesen rettenden Gedanken aus. Dieselbe Mutter gebar beide Söhne von e i n e m Vater, Gott aber hatte Jakob erwählt und Esau verworfen. Somit war es nach dem Grundsatz des unumschränkten Willens und der Aus wahl, wonach Gott beschlossen hatte, daß der Same in der Familie Isaaks berufen werden sollte. Bevor Esau und Jakob geboren wurden, erklärte Gott, daß der Größere dem Kleineren dienen würde. Die Juden müssen also die Unumschränktheit Gottes in bezug auf diesen Punkt anerkennen.

 

* In seiner Pein hatte Mose gesagt: "Lösche mich doch aus deinen Buche." Paulus blieb in seiner Liebe nicht hinter ihm zurück, 

 

Ist etwa Ungerechtigkeit bei Gott? Er erklärte Moses deutlich Seinen unumschränkten Willen zum Guten als Grundsatz. Dies ist das erste aller Rechte. In welchem Fall aber hatte Er dieses Recht ausgeübt? In einem Fall, der sich auf das Recht Israels auf Segnung bezog, dessen sich die luden zu bemächtigen suchten. Ganz Israel wäre verworfen worden, wenn Gott in Gerechtigkeit gehandelt hätte; es gab nichts als nur die Unumschränktheit Gottes, was eine Tür des Entrinnens sein könnte, Gott zog Sich in Seine Unumschränktheit zurück, um den zu verschonen, den Er wollte, und so hatte Er Israel verschont (Gerechtigkeit hätte sie auch gleichermaßen verdammt, wo sie rund um das goldene Kalb, das sie zur Anbetung aufgestellt hatten, versammelt waren) ‑ dies auf der Seite der Barmherzigkeit, auf der Seite des Gerichts diente Pharao als Beispiel. Als Feind Gottes und Seines Volkes verachtete er die Ansprüche Gottes, indem er sich hochmütig wider Ihn erhob: "Wer ist Jehova, auf dessen Stimme ich hören soll, Israel ziehen zu lassen? Ich kenne Jehova nicht, und auch werde ich Israel nicht ziehen lassen." Da Pharao in diesem Zustand war, gebraucht ihn Jehova, um ein Beispiel Seines Zornes und Gerichts zu geben. Damit erweist Er dem Barmherzigkeit, dem Er will, und verhärtet, wen Er will. Der Mensch beklagt sich darüber wie auch über die Gnadei die frei. und umsonst rechtfertigt.

 

Was Rechte anbelangt, so vergleiche man die Rechte Gottes mit denen des gefallenen Geschöpfes, das wider Ihn gesündigt hat. Wie darf ein Mensch, der aus Ton gemacht ist, wider Gott zu sprechen wagen? 'Der Töpfer hat die Macht, mit der Masse zu verfahren wie er will. Keiner darf zu Gott sprechen, "was tust du?" Gottes Unumschränktheit ist das erste aller Rechte, die Grundlage aller Rechte, die Grundlage aller Moral. Wenn Gott nicht Gott ist, was soll Er denn sein? Die Wurzel der Frage dies: Soll Gott den Menschen richten, oder der Mensch Gott? Gott kann tun, was irgend Er will. Er ist nicht der Gegenstand des Richtens. Das ist Sein Recht; wenn aber der Apostel die zwei Fälle, Zorn und Gnade, darstellt, so schildert er den Fall, wo Gott einem solchen L a n g in u t erweist, der schon zum Zorn zubereitet ist, um schließlich den Menschen ein Beispiel  Seines Zornes beim Ausüben Seiner Gerechtigkeit zu geben; dann aber den Fall, wo Gott den Reichtum Seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Begnadigung, die Er Selbst zur Herrlichkeit zuvorbereitet hat, kundtut. Hier werden diese drei Punkte mit wunderbarer Genauigkeit festgestellt‑. die Macht, alles zu tun, da niemand das Recht hat, ein Wort zu sagen; wunderbare Langmut mit dem Bösen, an dem Sein Zorn schließlich erwiesen wird; die Erweisung Seiner Herrlichkeit an Gefäßen, die Er Selbst durch Barmherzigkeit zur Herrlichkeit zuvorbereitet hat, und die Er nach der Kundmachung Hoseas, sei es aus den luden oder aus den Nationen, berufen hat.

 

So ist die festgestellte Lehre die Unumschränktheit Gottes, die Ansprüche der luden auf den ausschließlichen Genuß aller Verheißungen abzubrechen, den Nachkommen Abrahams; denn mehr als einer unter seinen Nachkommen war durch das Ausüben dieser Unumschränktheit ausgeschlossen worden, es war aber nichts Geringeres als diese Unumschränktheit, die bei der Gelegenheit des goldenen Kalbes diejenigen verschonte, die das Recht der Abstammung für sich beanspruchten. Es war also notwendig, daß der Jude dies erkannte, oder daß er den Idumäern wie auch den Ismaelitern volle Rechte einräumen mußte, selbst aber auf sie verzichten, die Familien Moses und Josuas vielleicht ausgenommen. Wenn aber die Unumschränktheit Gottes solcherart war, würde Er sie jetzt zugunsten derer aus den Nationen wie auch der luden ausüben. Er berief, wen Er wollte. 

 

Wenn wir diese Zitate aus Hosea näher betrachten, werden wir finden, daß Petrus, der allein an die bekehrten luden schreibt, nur die Stelle aus dem Ende von Kapitel 2 nimmt, wo Lo‑Ammi und Lo‑Ruchama zu Ammi und Ruchama werden. Auch Paulus führt das an, was am Ende von Kapitel 1 steht, wo es heißt‑. "An dem

        

 

Ort, wo zu ihnen gesagt wurde: ihr seid nicht mein Volk, wird zu ihnen gesagt werden: Kinder des lebendigen Gottes." Es ist diese letzte  Stelle, die er auf die durch Gnade aus den Nationen Berufenen anwendet.

 

Weitere Schriftstellen aus den Propheten bestätigen reichlich das Urteil, das der Apostel über die luden ausspricht. Jesaja erklärte förmlich, daß, wenn Gott ihnen nicht einen gar kleinen Samen übriggelassen hätte, sie Sodom und Gomorra gleichgeworden wären; wie zahlreich das Volk auch war, so sollte nur ein Überrest errettet werden, denn Gott würde eine abgekürzte Sache im Gericht auf Erden tun. Und hier war der moralische Zustand der Dinge: die aus den Nationen erlangten die Gerechtigkeit, nach der sie nicht gestrebt hatten, und zwar aus Glauben; Israel aber, das danach strebte, sie durch die Erfüllung des Gesetzes zu erlangen, war nicht zur Gerechtigkeit gelangt. Warum? Weil sie sie nicht aus Glauben, sondern aus Gesetzeswerken suchten. Denn sie hatten sich an dem Sie‑in des Anstoßes gestoßen (d. h. an Christo), wie geschrieben steht: "Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses, und wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden."

 

KAPITEL 10

 

Nachdem er diesen Gegenstand berührt hat, schüttet der Apostel, der seine Nation als das Volk Gottes innig liebte, sein Herz in bezug auf die Lehre aus, die ihnen ein Stein des Anstoßes war. Das Wohlgefallen seines Herzens und sein Flehen zu Gott war ihre Errettung. Als der Gegenstand seiner Zuneigungen waren sie in seinen Augen mit ihrem Eifer für Gott bekleidet, wie unwissend sie auch waren, unwissend leider in bezug auf das, was Gott lehrte. Da sie Gottes Gerechtigkeit nicht kannten, trachteten sie in ihrem Eifer danach, ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten und unterwarfen sich nicht der Gerechtigkeit Gottes. Denn Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit. Da war die Gerechtigkeit Gottes, da der Stein des Anstoßes für Israel.

 

Nichtsdestoweniger begründet der Apostel seine Erörterung klar und fest. Er begründet sie seinerseits, aber das 5. Buch Mose liefert ihm unerwartet den Beweis dieses großen Grundsatzes. Er führt eine Stelle aus diesem Buch an, die über das Thema des Zustandes Israels redet, wenn sie das Gesetz übertreten und infolgedessen leiden würden. Der Gesetzgeber hatte gesagt: "Das Verborgene ist Jehovas, unseres Gottes; aber das Geoffenbarte" ist für das Volk. Das bedeutet, daß das Gesetz als eine Bedingung des klaren und positiven Genusses der Segnung ‑gegeben worden war; was Gott in Gnade tun würde, wenn Israel unter den Folgen des übertretenen Gesetzes litt, blieb in Seinem allerhöchsten Willen verborgen. Danach wird jedoch ein anderer G r u n d s a t z deutlich geoffenbart, nämlich, daß, als die Erfüllung des Gesetzes unmöglich war und als Israel aus seinem Land vertrieben wurde, weil sie es übertreten hatten, wenn sich ihr Herz in jenem fernen Land zu Gott umkehrte, Er sie annehmen würde. Mit dem Gesetz als einer Bedingung für die Beziehungen zu Gott war alles zu Ende. Nach dem Kapitel, das wir betrachten, war Israel vertrieben worden (5. Mose 30) ‑ sie waren Lo‑Ammi ‑ nicht mehr das Volk Gottes. Nichtsdestoweniger wurde das Zeugnis Gottes an sie gerichtet: sie durften sich in ihrem Geist und im Glauben Ihm zuwenden. Es ging nicht mehr um das Gesetz, sondern um den Glauben. Aber, sagt der Apostel, wenn das so ist, so ist Christus sein Gegenstand. Kein Jude hätte geleugnet, daß, als alles zusammengebrochen war, Gott die Hoffnung jedes wahren Israeliten war.

 

Als Mose mit dem Gesetz Schluß macht und andere Ratschlüsse Gottes voraussetzt und auf ihnen den Grundsatz begründet, man solle im Herzen zu Gott umkehren, wenn alles, was das Gesetz betrifft, zu Ende ist, und Israel sich an einem Ort befinden würde, wo es unmöglich wäre, das Gesetz zu halten, da sie in Gefangenschaft unter den Nationen waren ‑ dann bekommt diese Schriftstelle im 5. Buch Mose eine besondere Bedeutung in der Beweisführung des Apostels, und die Tatsache, daß sie angeführt wird, ist ein merkwürdiger Beweis dafür, daß es der Heilige Geist ist, der in seinen Erörterungen wirkt.

Der Apostel ist es, der Christum einführt; aber die Zu­sammenstellung der Wahrheiten der verschiedenen Stel­lungen Israels, des Gesetzes und der Umkehr des Her­zens, als sie unter dem Gesetz verloren waren ‑ eine Zusammenstellung, dessen Schlußstein Christus war und nur allein sein konnte ‑ gibt einen umfassenden Aus­blick auf die Einheit aller Wege Gottes, moralisch und in Seinen Zeitverwaltungen, wozu der Geist Gottes nur allein fähig ist und was augenscheinlich Seine Gedanken zum Ausdruck bringt. Siehe das Ende von 5. Mose 29 (am Schluß) und 30.

Das Wort des Glaubens, das damals als die Hoffnung Israels dargestellt wurde, war das, was der Apostel ver­kündete ‑ daß, wenn jemand mit dem Munde den Herrn Jesus bekannte und mit dem Herzen glaubte, daß Gott Ihn aus den Toten auferweckt hatte, er errettet werden würde. Kostbare, einfache und entschiedene Feststellung! Und wenn es nötig wäre, würde sie durch das Zeugnis des Alten Testaments bestätigt werden: "Wer an ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden." Die Worte H e r z und M u n d stehen im Gegensatz zum Gesetz. In dem im 5. Buch Mose angenommenen Falle konnte Israel das Gesetz nicht erfüllen; Mose sagte ihnen, daß das Wort ihres Gottes in ihrem Herzen und in ihrem Munde sein könnte. Nun war dies für den luden (wie für einen jeden) der Glaube des Herzens.

Man beachte ‑ es heißt nicht: wenn du in deinem Herzen liebst, oder: wenn dein Herz so ist, wie es zu Gott hin sein soll, sondern: wenn du in deinem Herzen glaubst. Ein Mensch glaubt mit seinem Herzen, wenn er wirklich mit einem Herzen glaubt, das sich für die Sache interessiert. Wenn seine Zuneigungen mit der Wahrheit beschäftigt sind, begehrt er, wenn von der Gnade die Rede ist, daß das, was zu ihm gesagt wird, die Wahrheit sei. Er begehrt die Sache, gleichzeitig be­zweifelt er sie nicht. Es liegt nicht daran, daß er an der Sache einen Anteil hat, daß er glaubt, sondern an der Wahrheit der Sache an sich, und er ist an ihr interessiert, weil sie für ihn wichtig ist. Nicht der Zustand seiner Zu­neigungen ist hier der Gegenstand (und doch eine sehr wichtige Überlegung an ihrem Platz), sondern die Wichtigkeit und die Wahrheit dessen, was durch das Wort dargestellt wird ‑ dessen Wichtigkeit für ihn selbst, da er der Errettung bedarf, einer Errettung, die er be­wußt notwendig braucht, ohne die er nicht auskommen kann ‑ eine Wahrheit, deren er als eines Zeugnisses Gottes Selbst sicher ist. Einem solchen versichert Gott, daß Errettung ihm gehört; es ist aber nicht d a s , was er als einen Gegenstand des Glaubens zu glauben hat; es ist das, was Gott einem jeden versichert, der glaubt.

Übrigens erweist sich dieser Glaube durch den Be­weis seiner Aufrichtigkeit ‑ durch das Bekennen des Namens Christi. Wenn jemand davon überzeugt ist, daß Jesus der Christus ist, und sich weigert Ihn zu bekennen, so wäre augenscheinlich. seine Überzeugung seine noch größere Verdammnis. Der Glaube des Herzens erzeugt das Bekenntnis des Mundes; das Bekenntnis des Mundes ist der Gegenbeweis für die Aufrichtigkeit des Glaubens und für die Ehrlichkeit in bezug auf den Anspruch, den der Herr in Gnade auf uns hat. Es ist das Zeugnis, welches der Herr am Anfang fordert. Es bedeutet, ange­sichts des Feindes die Posaune auf Erden erschallen zu lassen. Es soll besagen, daß Christus gesiegt hat, und daß Ihm alles rechtmäßig gehört. Es ist ein Bekenntnis, das Gott als Antwort auf den Namen Jesu einschaltet. Es ist nicht das, was Gerechtigkeit herbeiführt, sondern es ist die öffentliche Anerkennung Christi; und dadurch wird dem Glauben, durch den man an der Gerechtigkeit Gottes teilhat, Ausdruck verliehen, so daß gesagt werden kann: "Er glaubt an Christum zum Heil; er hat den Glauben, der da rechtfertigt."

Ich bin hier mehr auf Einzelheiten eingegangen, weil dies ein Punkt ist, über den das menschliche Herz in Verwirrung gerät, und zwar desto mehr, weil es auf­richtig ist, solange noch irgendwie Unglaube und Selbstgerechtigkeit bestehen. Es ist unmäg­lich, daß eine erweckte Seele nicht die Notwendigkeit empfinden sollte, daß das Herz zurechtgesetzt und Gott zugewandt wird, und sich deshalb nicht der Gerechtig­keit Gottes unterwirft und denkt, die Gunst hinge Gott vom Zustand ihrer eigenen Zuneigung ab, wo uns Gott doch liebt, während wir noch Sünder sind. Der Zustand unserer Liebe ist von größter Wichtigkeit, er setzt aber eine schon bestehende Beziehung voraus, gemäß welcher wir lieben. Wir lieben auch, weil wir von Gott geliebt werden. Nun hat Seine Liebe etwas getan, etwas nach unseren Nöten und der göttlichen Herrlichkeit gemäß. Sie hat Jesum gegeben, und Jesus hat das Erforderliche vollbracht, auf daß wir an der göttlichen Gerechtigkeit teilnehmen können; und so hat Er einen jeden, der an Ihn glaubt (indem er zugibt, daß er ein verlorener Sünder ist), in die sichere Stellung eines Kindes und einer gerechtfertigten Seele vor Gott hingestellt, und zwar gemäß der Vollkommenheit des Werkes Christi: die Errettung gehört dieser Seele nach der Kundmachung Gottes Selbst. Geliebt mit solch einer Liebe, errettet durch solch eine Gnade, und solche Gunst genießend, laßt dies alles Zuneigungen pflegen, die für die Gabe Jesu und für die Erkenntnis Seiner Selbst und Seiner Güte passend sind.

 

Es ist augenscheinlich, wenn es heißt, "jeder", der an Jesum glaubt. daß dann der aus den Nationen wie auch der Jude eingeschlossen ist. Es ist kein Unterschied, derselbe Herr von allen ist reich für alle, die Ihn anrufen. Es ist schön zu sehen, wie dieser Ausdruck "da ist kein Unterschied", hier wiederholt wird. Der Apostel hatte ihn zuvor gebraucht, indem er die Worte hinzufügte: ... denn alle haben gesündigt." Die Sünde stellt alle Menschen vor Gott auf den e i n e n Boden des Zusammenbruchs. Da ist aber auch kein Unterschied, "denn derselbe Herr von allen ist reich für (gegen) alle", denn jeder, der Seinen Namen anruft, wird errettet werden.

 

Auf diese Erklärung gründet der Apostel eine andere Überlegung, und durch sie rechtfertigt er die Wege Gottes, die sich in seinem Dienst vollzogen. Die jüdischen Schriften erklärten, daß jeder, der den Namen des Herrn anrief, errettet werden sollte. Die luden erkannten, daß die Nationen den Namen des wahren und lebendigen Gottes nicht kannten. Es war deshalb erforderlich, Ihn zu verkündigen, damit sie Ihn anrufen könnten, und der ganze Dienst des Apostels war dann gerechtfertigt. Deshalb stand geschrieben: "Wie lieblich sind die Füße derer, welche das Evangelium des Friedens verkündigen." Dann während er unter den Juden diese Fragen erörtert, stützt er sich natürlich auf die Autorität ihrer eigenen Schriften.

 

Er wendet aber diesen Grundsatz für die Evangelisation auf die Juden wie auch auf die Nationen an (denn das Gesetz war nicht die Verkündigung der frohen Botschaft). Er führt Jesaja zu demselben Zwecke an. Es war eine Verkündigung ‑ eine auf diese Weise öffentlich gepredigte Wahrheit ‑ an die Israel nicht geglaubt hatte, so daß es also Glauben an eine also gepredigte Wahrheit, an das verkündigte Wort geben sollte. Vers 18 stellt eine gewisse Schwierigkeit dar. Gewiß beabsichtigt der Apostel zu erklären, daß eine Verkündigung der Wahrheit von seiten Gottes stattgefunden hatte. Israel war ohne Entschuldigung, denn die Verkündigung war überallhin ausgegangen, die Worte, die Gott bis an die Enden des Erdkreises kundtaten. Somit war das Zeugnis nicht auf die Juden beschränkt. Die Nationen hatten es überall gehört. Das ist klar. Borgt aber der Apostel bloß die Worte (die sich in der angeführten Schriftstelle auf die Schöpfung beziehen), oder will er über das Zeugnis der Natur selbst reden? Ich glaube, daß er diese Schriftstelle gebraucht, um zu zeigen, daß Gott in Seinen Zeugnissen die Nationen vor Sich hatte. Er möchte die Juden durch ein Zitat aus ihren eigenen Schriften in Stille auf den Gedanken bringen, daß nicht nur sie, die Juden, gehört haben, sondern daß das Zeugnis überallhin ausgegangen ist, und daß Gott das im Sinn hatte. Paulus führt diese Stelle nicht als eine Weissagung darüber an, was gerade stattfand; er leiht die Worte‑ ohne jede Form der Rede, um zu zeigen, daß Gott dieses weltweite Zeugnis im Sinn hatte, welcherart die gebrauchten Mittel auch sein mochten. Dann aber, indem er die Sache den luden genauer erklärt, fügt er hinzu: Hat Israel es etwa nicht erkannt?" Wurde dem Volke dieses Ausdehnen auf die Nationen nicht bekundet, des Zeugnisses dieser Verkündigung der Gnade gegen sie, des Empfangs des Zeugnisses durch die Nationen, damit sie in Beziehung zu Gott gebracht werden möchten? ja; Mose hatte schon gesagt, daß Er Israel durch eine unverständige Nation reizen würde. Und Jesaja erkühnt sich, indem er formell erklärt, daß Gott von einer Nation, die Ihn nicht suchte, gefunden werden würde; und Israel gegenüber, daß Er den ganzen Tag zu einem ungehorsamen und widersprechenden Volke die Hände ausgestreckt hatte ‑ mit e i n e m Wort, daß die Nationen Ihn finden würden, während Israel widersprechend und ungehorsam sein würde. Obwohl der Apostel allmählich und in aller Stille herangeht, ist dieses Zeugnis über ihre diesbezüglichen Stellungen deutlich und formell: die aus den Nationen wurden angenommen, Israel war verfeindet.

 

KAPITEL 11

 

Daraufhin wird sofort die Frage erhoben: hat Gott etwa Sein Volk verstoßen? Hierauf ist Kapitel 11 die Antwort. Der Apostel gibt drei Beweise an, daß dies keineswegs der Fall ist. Erstens ist er selbst ein Israelit; wie in den Tagen des Elias besteht ein Überrest, den Gott Sich übrig gelassen hat ‑ein Beweis für die beständige Gunst des Herrn, für Sein Interesse für Sein Volk, selbst wenn sie treulos sind, so daß, als der Prophet, der treueste und energischste unter ihnen, nicht wußte, wo er außer sich selbst einen finden sollte, der Gott treu war, ob Gott Seine Augen auf den Überrest gerichtet hatte, der dem Baal das Knie nicht gebeugt hatte. Zweitens, daß die Berufung der Nationen und ihr Einsetzen anstelle Israels nicht die eindeutige Verstoßung der letzteren in den Ratschlüssen Gottes bedeutete; denn Gott hatte so gehandelt, um Israel zur Eifersucht zu reizen. Es geschah also nicht, um sie zu verstoßen. Drittens würde der Herr ~us Zion kommen und die Ungerechtigkeiten Jakobs abwenden.

 

Das, was der Apostel oder besser der Heilige Geist über diesen Punkt sagt, erfordert eingehendere Betrachtung. Indem der Apostel den Fall des Elias anführt, zeigt er, daß selbst als Elias sie anklagte, als Israel in einem solchen Zustande war, Gott sie doch nicht verstoßen hatte Er hatte für Sich siebentausend Mann übrigbleiben lassen. Dies war die Wahl der unumschränkten Gnade. jetzt ging es um dasselbe, aber aus Gnade, nicht aus Werken.

 

Damit hat die Auswahl die Segnung erlangt, die übrigen aber wurden mit Blindheit geschlagen, wie geschrieben steht: "Gott hat ihnen einen Geist der Schlafsucht gegeben" usw.

 

Waren sie etwa gestrauchelt, daß sie fallen sollten? Das sei ferne! Aber durch ihren Fall ist den Nationen das Heil geworden, um Israel zur Eifersucht zu reizen ein zweiter Beweis, daß es nicht zu ihrer Verwerfung führen sollte. Wenn aber ihr Verlust und Fall die Segnung der Nationen war, was könnte nicht die Frucht ihrer Wiederherstellung sein? Wenn der Erstling heilig ist, so auch die Masse; wenn die Wurzel, dann auch der Baum. Was nun die fortgesetzte Kette derer betrifft, die die Verheißungen in dieser Welt genießen, so war Abraham die Wurzel, nicht die Nationen; Israel war der natürliche Stamm und die Zweige. Hier ist das zu sehen, was an dem guten Ölbaum der Verheißung, dessen Wurzel Abraham war (Gott Selbst der Ursprung von Blatt und Frucht), dessen Stamm und Baum Israel war, in dieser Welt geschah. Da waren etliche schlechte Zweige gewesen, und sie wurden ausgeschnitten; andere aber aus den Nationen wurden an ihrer Statt eingepfropft, die auf diese Weise den dem Baume der Verheißung eigenen Reichtum genossen. Es geschah aber nach dem Grundsatz des Glaubens, daß sie, die dem wildenölbaum entstammten, eingepfropft worden waren. Viele der israelitischen Zweige, der natürlichen Erben der Verheißungen, waren wegen ihres Unglaubens abgeschnitten worden, denn als ihnen die Erfüllung der Verheißungen geboten wurde, verwarfen sie dieselbe. Sie stützten sich auf ihre eigene Gerechtigkeit und verachteten die Güte Gottes. Die Nationen, die zu Teilhabern der Verheißungen gemacht wurden, standen auf dem Grundsatz des Glaubens. Wenn sie aber diesen Grundsatz verlassen würden, würden sie ihren Platz am Baume der Verheißung verlieren, genau so wie die ungläubigen Juden den ihren verloren hatten. Güte sollte ihr Los in dieser Zeitverwaltung der Regierung Gottes in bezug auf die sein, die am Genuß Seiner Verheißungen teilhatten, wenn sie in dieser Güte bleiben, wenn aber nicht, würden sie ausgeschnitten werden. Das war den Juden wider

fahren; den Nationen sollte es ebenso ergehen, wenn sie nicht in jener Güte blieben. Solcherart ist die Regierung Gottes in bezug auf das, was als Sein Baum a u f E r den stand. Es erfüllte sich aber ein fester Ratschluß Gottes in diesem Geschehen, nämlich in der teilweisen Erblindung Israels (denn sie waren nicht verworfen), bis die Vollzahl der Nationen, die an der Segnung dieser Tage teilhaben sollten, eingegangen sein würde. Danach sollte Israel als Ganzes errettet werden; es sollten nicht einzelne verschont und zur Versammlung hinzugefügt werden, in der Israel als Nation keinen Platz mehr hatte; sie sollten als ein Ganzes, als Israel errettet werden. Christus wird aus Zion, aus dem Sitz Seiner Macht, kommen und die Ungerechtigkeiten von Jakob abwenden, Gott wird ihnen alle ihre Übertretungen vergeben.

 

Dies ist der dritte Beweis; daß Israel nicht verworfen wurde. Denn während sie in bezug auf das Evangelium in der gegenwärtigen Zeit Feinde sind, werden sie immer noch geliebt um der Väter willen. Denn das, was Gott einmal auserwählt und berufen hat, verwirft Er niemals. Er bereut nicht Seine Ratschlüsse, noch die Berufung, die sie verwirklicht. Wenn nun der Ratschluß Gottes unveränderlich bleibt, bringt die Weise, wie er erfüllt wird, die wunderbare Weisheit Gottes ans Licht. Die Nationen hatten lange im Ungehorsam des Unglaubens verharrt. Gott schaltet Sich in Gnade ein. Die luden widersetzten sich den Handlungen der Gnade. Durch diesen Unglauben verlieren sie jedes Recht auf die Verheißungen, so daß sie die Verwirklichung der Verheißung auf dem Boden der reinen Barmherzigkeit und der unumschränkten Gnade Gottes empfangen müssen*, genau so wie der

 

* Vers 31 lautet: "Also haben auch jetzt diese (die luden) an eure Begnadigung nicht geglaubt, auf daß auch sie unter die Begnadigung kommen" (oder daß sie Gegenstände der Begnadigung seien) ‑ "eure Begnadigung", d. h. die Gnade in Christo, die sich auf die Nationen erstreckte. Somit waren die Juden Gegenstände der B e g n a d i g u n g, da sie jedes R e c h t, die Verwirklichung der Verheißung zu genießen, verwirkt hatten. Gott würde nicht säumen, sie zu erfüllen. Er verleiht sie ihnen zum Schluß aus Barmherzigkeit, wenn Er die Vollzahl der Nationen eingeführt haben wird.

 

Arme aus den Nationen. Denn Er hat sie alle zusammen in den Unglauben eingeschlossen, damit es die reine Gnade (Barmherzigkeit) gegen alle sei. Deshalb ruft der Apostel aus: o Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit, als auch der Erkenntnis Gottes! Die Verheißungen sind erfüllt, und die Anmaßungen in bezug auf die menschliche Gerechtigkeit sind zunichte gemacht; die luden, die alles verloren haben, empfangen alles auf dem wahrhaftigen Boden der Güte Gottes. Ihr scheinbarer Verlust von allem ist bloß das Mittel, wodurch sie alles von der unumschränkten Gnade empfangen, statt es kraft menschlicher Gerechtigkeit oder einer nicht verwirkten Verheißung zu haben. Es ist alles Gnade; doch Gott ist immer treu, trotz der Treulosigkeit des Menschen. Der Mensch wird gesegnet; der Jude empfängt die Verwirklichung der Verheißung, beide aber, der eine und der andere, müssen es der reinen Barmherzigkeit Gottes zuschreiben. Hier wird nichts über die Versammlung gesagt: es ist der Baum der Verheißung und die, welche kraft ihrer Stellung der Reihe nach am Genuß der Verheißungen auf Erden teilhaben. Die ungläubigen luden sind niemals aus der Kirche ausgeschnitten worden, sie waren niemals in ihr. Sie hatten in der Stellung natürlicher Erben des Rechtes auf die Verheißungen gestanden. Die Versammlung ist nicht der den Juden‑eigene Ölbaum der Natur nach, so daß sie wieder in ihn eingepfropft werden sollen. Nichts kann deutlicher sein: die Kette derer, die von Abraham an ein Recht auf die Verheißungen hatten, war Israel, einige der Zweige wurden dann ausgeschnitten. Der Baum der Verheißung bleibt auf Erden: die Nationen werden anstelle der Juden in ihm eingepfropft, sie werden aber auch treulos (d. h. der Fall wird angenommen) und auch sie würden ausgeschnitten und die luden wieder an ihrem alten Ölbaum eingesetzt werden, den Verheißungen gemäß und um sie zu genießen ‑ es ist aber aus reiner Barmherzigkeit. Es ist klar, daß sie die Segnung nicht durch das Evangelium erlangen, denn hinsichtlich des Evangeliums sind sie Feinde um der Nationen willen; hinsichtlich der Auswahl Geliebte um der Väter willen.

 

Beachtet hier weiter einen wichtigen Grundsatz: der Genuß von Vorrechten durch eine Stellung macht uns für sie verantwortlich, ohne zu sagen, daß die Person wiedergeboren ist. Der jüdische Zweig war am Baum der Verheißung und wurde ausgebrochen, ebenso der der Nationen. Da war nichts Lebendiges oder Echtes, sie waren aber am Platze der Segnung „der Fettigkeit des Ölbaumes mitteilhaftig geworden" dadurch, daß sie eingepfropft wurden.

 

Diese Mitteilungen der Gedanken Gottes beenden diesen Teil des Buches, nämlich den, in dem der Apostel die den Sündern erzeigte unumschränkte Gnade (wodurch alle auf die Ebene des gemeinsamen Zusammenbruchs der Sünde wegen gestellt wurden) mit den auf die Treue Gottes gegründeten besonderen Vorrechten des Volkes Israel in übereinstimmung bringt. Hinsichtlich des Rechts hatten sie alles verloren. Gott würde Seine Verheißungen in Gnade und durch Barmherzigkeit erfüllen.

 

KAPITEL 12

 

Der Apostel fährt mit seinen Unterweisungen fort, indem er ‑ wie er es in allen seinen Briefen tut ‑ die moralischen Folgen seiner Lehre aufgreift. Gleich am Anfang stellt er den Gläubigen auf den Boden der Barmherzigkeit Gottes, worüber er schon eingehend berichtet hatte. Der Grundsatz der rettenden Gnade war als die Grundlage der Errettung festgestellt worden. Die Grundlage aller christlichen Moral wird jetzt in diesem fundamentalen Grundsatz gelegt: unsere Leiber als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer darzustellen ‑ ein vernünftiger Dienst, nicht der der Hände, nicht aus Zeremonien bestehend, die der Leib ausüben könnte ‑ das ist ein einfacher, aber tiefreichender und allwirksamer Grundsatz. Dies galt dem Menschen persönlich. Hinsichtlich seiner äußeren Beziehungen sollte er dieser Welt nicht gleichförmig sein. Auch sollte das keine äußerliche, mechanische Nicht‑Gleichförmigkeit sein, sondern das Ergebnis der Erneuerung des Sinnes, um den guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes zu suchen und zu prüfen; auf diese Weise würde das Leben verwandelt.

 

Das ist mit dem Ende von Kapitel 6 verbunden. Es geht nicht um die, welche in himmlischen Örtern sitzen, um Nachahmer Gottes als geliebte Kinder, sondern um Menschen auf Erden, die durch die befreiende Macht der Erlösung und der Gnade befreit sind, die sich Gott bereit halten, um Seinen Willen zu tun. Die Ermahnung schließt sich dem Charakter dieses Briefes an, den wir gesehen haben.

 

Somit waren Ergebenheit und Gehorsam charakteristisch für den christlichen Wandel. Es war ein Leben, das dem Willen eines anderen, nämlich dem Willen Gottes unterordnet war, und deshalb war es durch Demut und Abhängigkeit geprägt. Es war aber eine absolute Ergebenheit des Herzens in Selbstaufopferung. Es bestand nämlich eine Gefahr, die der im Fleische wirkenden Macht entfließt, daß es sich einmischt und sich dieser Dinge bedient. Im Blick hierauf sollte ein jeder einen Geist der Weisheit und der Besonnenheit haben und sollte innerhalb der Grenzen der ihm von Gott verliehenen Gnadengabe wirken und sich dem Willen Gottes gemäß damit beschäftigen, wie auch jedes Glied seinen Platz im Leibe hat und die ihm von Gott zugeschriebene Funktion erfüllen muß. Unmerklich geht der Apostel zu all den Formen über, die die Pflicht beim Christen im Einklang mit den mannigfaltigen Stellungen einnimmt, in denen er steht, und zu der Gesinnung, in der er in allen seinen Beziehungen wandeln sollte.

 

KAPITEL 13

 

Nur in Kapitel 12 wird der Begriff der Versammlung als ein Leib in diesem Briefe gefunden, und dies in Verbindung mit den Pflichten der einzelnen Glieder ‑ Pflichten, die sich aus ihren Stellungen als solchen ergaben. Sonst wird uns die Stellung des Menschen in seiner persönlichen Verantwortung vor Gott, der die Gnade begegnete, und dann der befreite Mensch im Römerbrief vor Augen gestellt. Die vom Apostel gegebenen Unterweisungen erstrecken sich auf die Beziehungen des Christen zu den obrigkeitlichen Gewalten, denen er unterstellt ist. Er erkennt sie als solche an, die den Dienst Gottes ausüben und von Ihm mit Autorität ausgerüstet sind, so daß es ein Widerstreben gegen die Anordnungen Gottes wäre, wenn man ihnen widerstehen würde. Das Gewissen also und nicht bloß die Macht zwang den Christen zum Gehorsam. Einfach gesagt ‑ sie sollten einem jeden das geben, was ihm kraft seiner Stellung gebührt und niemand etwas schuldig bleiben, welchen Charakter es auch trägt ‑außer der Liebe ‑ diese ist eine Schuld, welche niemals abgetragen werden kann.

 

Die Christen werden ermahnt, nicht auf die hohen Dinge dieser Welt zu sinnen, sondern sich als Brüder zu den Niedrigen zu halten ‑ eine Vorschrift, die in der Versammlung Gottes, zu ihrem Schaden, allzusehr vergessen worden ist. Wenn aber der hochgestellte Christ fordert, daß ihm Ehre nach dem Fleische erwiesen wird so laßt es willig getan werden. Glückselig wer es naä; dem Beispiel des Königs der Könige und nach der Vorschrift unseres Apostels versteht, mit einer Schar von Niedrigen auf ihrer Reise durch die Wüste zusammen zu wandeln. Die Liebe ist aber die Summe (die Erfüllung) des Gesetzes, denn die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses, und so erfüllt sie das Gesetz.

 

Noch ein Grundsatz wirkt sich auch auf die Gesinnung des Christen aus. Die Zeit ist da, daß wir aufwachen. Die Errettung von diesem gegenwärtigen bösen Zeitalter, die der Herr vollbringen wird, ist nahe. Die Nacht ist weit vorgerückt, der Tag ist nahe ‑ Gott kennt den Augenblick. Die Charakterzüge, die seine Annäherung in den Tagen des Apostels kennzeichneten, sind seitdem auf eine ganz andere Weise gereift, obwohl Gott im Hinblick auf diejenigen, die Er einsammelt, immer noch zurückhält. Laßt uns also wie Kinder des Tages wandeln, indem wir die Werke der Finsternis ablegen. Wir gehören dem Tage an, von dem Christus Selbst das Licht sein wird. Möge unser Wandel mit jenem Tage übereinstimmen, indem wir Christum Selbst anziehen und keine Fürsorge für das Fleisch zur Erfüllung seiner Lüste treiben.

 

KAPITEL 14

 

Vom Anfang von Kapitel 14 an bis zu Kapitel 15, 7 wird ein anderer Punkt behandelt, der sich aus den verschiedenen Stellungen des luden und der Nationen ergibt. Für den Juden war es schwierig, das Bewußtsein von dem Unterschied zwischen Tagen und Speisen loszuwerden. Wenn einer aus den Nationen sein ganzes religiöses System als heidnisch verworfen hatte, hielt er an nichts fest. Die menschliche Natur neigt in dieser Hinsicht zur Sünde auf beiden Seiten ‑zu einem Mangel ‑en Gewissen, zu einem zügellosen Eigenwillen, oder zu einen bloß formellen Gewissen. Das Christentum erkennt keines hiervon an. Es befreit uns von der Frage der Tage und Speisen dadurch daß es uns mit Christo himmlisch macht. Es lehrt uns aber mit Gewissensschwachheit Geduld zu üben und selbst gewissenhaft zu sein. Das Gewissen kann uns nicht ‑ hat nicht das Recht dazu ‑ etwas Neues als Pflicht vorschreiben, es mag aber aus Unwissenheit an einer Tradition als verbindlich festhalten. In Wirklichkeit haben wir völlige Freiheit, wir sollen aber mit Glaubensschwachheit in einem anderen Geduld üben und ihm keinen Stein des Anstoßes in den Weg legen. Der Apostel gibt in dieser Hinsicht drei Anordnungen: Die Schwachen im Glauben aufzunehmen, doch nicht zur Entscheidung zweifelhafter Fragen; zweitens, unseren Bruder nicht zu richten, denn er ist ein Knecht Christi, nicht der unsrige; alle müssen aber für sich  selbst vor Gott Rechenschaft geben; drittens, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen und nicht uns selbst zu gefallen; im Geiste der Liebe zu wandeln, und wenn wir einem höheren Stande angehören, es dadurch zu zeigen, daß wir einander aufnehmen, gleichwie Christus uns aufgenommen hat, zu Gottes Herrlichkeit, was den Menschen mit seinen kleinlichen Überlegenheiten in den  Schatten stellt und Liebe entzündet, und sie eifrig und ernst macht, indem sie nach dem Guten für andere trachtet; das führt uns so aus uns selbst heraus und stellt uns über allerlei Kleinigkeiten, so daß wir imstande sind, uns anderen da anzupassen, wo Gottes Wille und Seine Herrlichkeit nicht in Frage gestellt werden.

Viele wichtige Grundsätze werden in diesen Ermahnungen hervorgebracht. Jeder muß für sich selbst Gott Rechenschaft geben. In solchen Fällen sollte jeder in seinem eigenen Sinne völlig überzeugt sein und einen anderen nicht richten. Wenn einer Glauben hat, der ihn von traditionellen Bräuchen frei macht, und er einsieht, daß sie gar nichts sind, was tatsächlich so ist, so laßt ihn seinen Glauben für Gott haben, und er gebe seinem Bruder keinen Anstoß.

 

Niemand lebt sich selbst, und niemand stirbt sich selbst; wir sind des Herrn. Der Schwache halte also den Tag um des Herrn willen; andere halten ihn des Herrn wegen nicht. Das ist also der Grund, um nicht zu richten. Der, den ich richte, ist des Herrn. Deshalb sollte ich auch danach trachten, meinem Bruder zu gefallen zu seiner Erbauung ‑ er ist des Herrn; und ich soll ihn aufnehmen, wie ich aufgenommen worden bin, um an der ihm verliehenen Herrlichkeit Gottes teilzuhaben. In diesen Dingen dienen wir dem Christus, indem wir an das Wohl unseres Bruders denken. Was aber die Kraft des Glaubens eines Menschen betrifft, so laßt ihn diesen zwischen sich und Gott haben. Liebe ist die Regel für den Gebrauch seiner Freiheit, wenn es Freiheit i s t , und nicht die Knechtschaft der Rücksichtslosigkeit. Siehe in Galater 4 das Gegenteil dieses Grundsatzes, wenn diese Bräuche dazu gebraucht werden, um die Freiheit in Christo zu vernichten, wo der Apostel zeigt, daß, wenn diese Bräuche als Grundsätze gelehrt werden, dies eigentlich ein Rückfall in das Heidentum ist.

 

KAPITEL 15

 

Diese Unterweisungen beschließen diesen Brief. Von Kapitel 15, 8 an sind es der Ausklang, die persönlichen Umstände des Apostels und Grüße.

 

In den Versen 8‑12 faßt er seine Gedanken in bezug auf das Handeln Gottes mit dem Juden und dem aus den Nationen hinsichtlich des Kommens Jesu zusammen. Er war ein Diener der Beschneidung um der W a h r h e i t Gottes willen, um die den Vätern gegebenen Verheißungen zu bestätigen. Denn Gott hatte den Juden Verheißungen gegeben, den Nationen aber keine. Bezüglich der letzteren ging es nicht um W a h r h e i t, sondern durch G n a d e konnten sie Gott durch Jesum wegen Seiner Barmherzigkeit verherrlichen. Für sie führt der Apostel Stellen aus 5. Mose (d. h. aus dem Gesetz), aus den Psalmen und aus den Propheten an.

 

In Vers 13 wendet er sich liebevoll den Römern zu, um seinen Wünschen für sie Ausdruck zu verleihen, wie auch seiner Zuversicht betreffs des Segens, den sie von Gott empfangen hatten, der sie dazu befähigte, einander zu ermahnen; gleichzeitig erwähnt er seine Freimütigkeit wegen der ihm von Gott gegebenen Gnade, um ein Diener Christi Jesu für die Nationen zu sein, indem er in bezug auf sie eine öffentliche Funktion erfüllte; er war gleichsam ein Priester, um die Nationen als ein Gott angenehmes, weil durch den Heiligen Geist geheiligtes Opfer darzubringen (siehe 4. Mose 8, 11). Dies war sein Ruhm vor Gott. Diese Heiligung durch den Heiligen Geist nahm den Platz der Heiligung durch Geburt ein, und das war sie wohl wert.

 

Übrigens hatte er seine Aufgabe von Jerusalem an und ringsumher bis nach Illyrikum vollbracht; nicht dort, wo Christus schon vordem gepredigt worden war, sondern dort, wo sie von Ihm noch nicht gehört hatten. Das hatte sein Kommen nach Rom verhindert. Jetzt aber, wo es dem Heiligen Geiste gemäß keinen Raum mehr für ihn gab ‑ wo es in diesen Gegenden nichts mehr für ihn zu tun gab, und da er schon lange ein großes Verlangen gehabt hatte, sie zu sehen, gedachte er sie auf dem Wege nach Spanien zu besuchen. Im Augenblick reiste er aber mit der in Mazedonien und Achaja für die Heiligen geleisteten Beisteuer nach Jerusalem.

 

Wir sehen, daß sich sein Herz den Juden zuwendet; sie beschäftigen seine Gedanken, und während er wünschte, das Siegel der Erfüllung auf die Gnade zu legen, auf die diese Beisteuer hinwies, was er ihretwegen als Juden als solchen, die einen Anspruch hatten, besorgt; es war vielleicht ein gemischtes Empfinden eines solchen, der sich zu zeigen ereiferte, daß er sie nicht vergaß; denn er liebte tatsächlich seine Nation. Wir haben zu erkennen, ob er, während er diesen Dienst (eigentlich den eines Diakons) vollzog, so angenehm dieser auch war, auf der Höhe seines Auftrages als Apostel war. Wie dem auch sein mochte, die Hand Gottes war in dieser Sache, um alles zum Wohl Seines geliebten Knechtes und Kindes wie auch zu Seiner eigenen Herrlichkeit mitwirken zu lassen. Paulus hatte eine Vorahnung, daß es vielleicht nicht gut gehen würde, und er bittet um die Gebete der Heiligen in Rom, auf daß er aus der Hand der Ungehorsamen errettet werde und ihr Angesicht mit Freuden sehen möchte. Wir wissen, wie das endete: dieser Gegenstand wurde berührt, als wir die Apostelgeschichte betrachteten. Er sah sie tatsächlich in Rom, er wurde befreit, aber als ein Gefangener; wir wissen nicht, ob er jemals nach Spanien gegangen ist. Die Wege Gottes entsprechen Seinen ewigen Ratschlüssen, Seiner Gnade, und auch Seiner vollkommenen Weisheit.

 

KAPITEL 16

 

Da er die römischen Christen niemals als eine Versammlung gekannt hatte, sendet Paulus viele persönliche Grüße. Dies war das Band, das bestand. Wir sehen, wie rührend sein Herz bei den Einzelheiten des Dienstes verweilt, die ihn mit denen verbanden, die ihn ausgeübt hatten. Er, der durch Gnade alle Ratschlüsse Gottes erforscht hatte, dem erlaubt wurde das zu sehen, was dem Menschen hienieden nicht kundgemacht werden konnte, erinnerte sich an alles, was diese bescheidenen Christen ‑ diese ergebenen Weiber ‑ für ihn und für den Herrn getan hatten. Das ist Liebe; es ist der rechte Beweis der Mühe des Geistes Gottes; es ist das Band der Liebe.

 

Wir haben hier auch eine kostbare und vollkommene Regel für unseren Wandel, nämlich einfältig zum Bösen und weise zum Guten zu sein. Nur das Christentum allein konnte eine solche Regel gegeben haben, denn sie bereitet einen Wandel, der wirklich gut ist, und schenkt Weisheit, um darin zu wandeln. Als Christen dürfen wir dem Bösen gegenüber einfältig sein. Welche Errettung! Während sich der Mensch in der Welt notwendigerweise mit dem Bösen bekannt machen muß, um es in dieser Welt der Fallstricke und der Falschheit zu vermeiden, muß er seinen Sinn verderben und sich daran gewöhnen, an das Böse zu denken, um von ihm nicht in eine Falle gelockt zu werden. Bald aber wird eine völlige Errettung stattfinden, in kurzem wird Satan unter ihre Füße zertreten werden.

 

Wir sehen auch, daß der Apostel seine Briefe nicht selbst schrieb, sondern einen Bruder anstellte, es zu tun.

 

Hier war es einer namens Tertius (V. 22). Tief besorgt um den Zustand der Galater, schrieb er den Brief an sie selbst; aber die Grüße am Ende dieses Briefes wie auch anderer Briefe waren eigenhändig geschrieben, um den Inhalt des Briefes zu bestätigen (l. Kor. 16, 21; 2. Thess. 3, 17, in dem ihn der in 2. Thess. 2, 2 erwähnte geheuchelte Brief dazu veranlaßte, diesen Beweis, den es immer gab, daß ein Brief wahrhaftig von ihm war, anzugeben). Wir sehen auch durch diesen kleinen Umstand, daß er seine Briefe für ernst und voller Autorität hielt; sie waren nicht bloß die Ergüsse eines geistlichen Herzens, und wenn er an sie schrieb, wußte er und wollte er, daß auch andere verstehen, daß sie es wert waren, betrachtet und als Autorität, als der Ausdruck und die Ausübung seines apostolischen Auftrages, bewahrt zu werden und daß sie als solche angenommen werden mußten; d. h. daß er die Autorität des Herrn hatte, mit der er durch die Kraft des Heiligen Geistes ausgerüstet war. Es waren Briefe vom Herrn durch seine Vermittlung, wie auch seine Worte es gewesen waren il. Thess. 2,13 und 1. Kor. 14, 37). 

Wir haben noch in bezug auf die drei Verse am Ende des Briefes zu bemerken, daß sie in etwa von allen übrigen getrennt sind, indem sie in Gestalt einer Lobeserhebung den Hinweis auf eine Wahrheit einführen, deren Mitteilung die Lehre des Apostels kennzeichnete. Er entwickelt sie hier nicht. Die Aufgabe, die der Heilige Geist in diesem Briefe vollbrachte, war die Darstellung der Seele als einzelne vor Gott, den göttlichen Gedanken entsprechend. Nichtsdestoweniger ist das unmittelbar mit der Stellung des Leibes verbunden, und die Lehre in bezug auf den Leib, die Versammlung, kann nicht davon getrennt werden. Nun teilt uns der Apostel deutlich mit, daß das Geheimnis, die Versammlung, das Zusammenbringen aller Dinge unter Christo, vollständig unbekannt gewesen waren: Gott hatte diesbezüglich während der Zeiten, die durch das Wort die Z e i t a 1 t e r genannt werden, geschwiegen, denn die Versammlung bildete nicht einen Teil des Laufes der Ereignisse und der Wege Gottes auf Erden. Jetzt aber war das Geheimnis geoffenbart  und den Nationen durch prophetische Schriften ‑ nicht durch „die Schriften der Propheten" ‑ kundgemacht. Die an die Nationen gerichteten Briefe besaßen diesen Charakter; sie waren prophetische Schriften ‑ ein frischer Beweis des Charakters der Briefe im Neuen Testament. 

Der, welcher die Lehre dieses Briefes verstanden hat, wie der Schriften des Paulus im allgemeinen, wird die Bedeutung dieses Anhangs leicht erfassen. Der Brief selbst erörtert mit göttlicher Vollkommenheit und Fülle, wie eine Seele in dieser Welt vor Gott stehen kann, und die Gnade und Gerechtigkeit Gottes, der dabei Seine Ratschlüsse in bezug auf Israel aufrecherhält.