Himmel und Erde John Gifford Bellett 1880 BdH

12/31/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Himmel und Erde

„Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde." Der Schauplatz der göttlichen Handlung war ein zweifacher; dies wird auch in „der Verwaltung der Fülle der Zeiten" der Fall sein: Gott wird Sich aufs neue sowohl im Himmel, als auch auf der Erde offenbaren. Ich möchte meine Betrachtung über diesen göttlichen Gegenstand mit 1. Mose 1-47 beginnen. Diese Kapitel stellen uns, wie ich glaube, in treffender Weise den Herrn vor, wie Er teils im Himmel, teils auf der Erde tätig ist;

an ihrem Schluß finden wir beide vereinigt, und zwar in einer Weise, die uns vorbildlich zeigt, wie sie in der kommenden Verwaltung der Fülle der Zeiten verbunden und doch wieder getrennt sein werden. — Möchten unsere Betrachtungen immer Seiner Wahrheit und Seinem Geiste unterworfen sein! Möchten wir sie auch jetzt beginnen in der Stimmung von Anbetern!

1. Mose 1 und 2. Es war allein die Erde, über die Adam zum Herrn gesetzt wurde. Der Garten war sein Wohnsitz und er sollte die Erde erfüllen und sie sich unterwürfig machen. Das waren die Grenzen seines Erbes und seines Besitzes. Er kannte den Himmel nur insoweit, als er ihn über sich sah und als die Lichter an ihm seinen Tag und seine Nacht voneinander schieden. Aber er hatte keine Gedanken, die ihn persönlich mit dem Himmel verbanden.

Kapitel 3. Adam übertrat jedoch das Gebot Gottes und mußte den Garten Eden verlassen. Er wurde ein Sklave und ein Knecht auf der Erde, statt ihr glücklicher Herr zu sein. Von ihren Früchten mußte er jetzt ein dürftiges Dasein fristen, bis er sich selbst auf ihr zum Tode niederlegte.

Kapitel 4 und 5. Der Zustand Adams war also auf diese Weise völlig verändert. Jetzt an der Erde zu hangen als seiner Wonne und seinem Teil, hieß in frecher Verwerfung des Herrn des Gerichts handeln. Ein solcher Geist beseelte Kain und seine Familie. Er betrachtete die Erde als gut genug für Gott, und für sich selbst wünschte er nichts besseres. Er brachte Gott die Frucht der Erde dar; auf ihr baute er für sich eine Stadt und füllte sie mit allen begehrenswerten Dingen an, ohne durch den Gedanken an das Blut, mit dem seine eigene Hand sie befleckt

hatte, und an die Gegenwart des Herrn, dem er den Rücken gewandt hatte, beunruhigt zu werden. Ihm glich weder Adam, noch Seth, noch Noah, noch jene ganze Reihe von Anbetern, die „den Namen des Herrn anrufen." Für sie ist die Erde nur eine Grabstätte. Doch da die Gnade für sie .als Sünder ein Heilmittel vorgesehen hat, und die Gerechtigkeit sie von einer verfluchten Erde abgesondert hat, so glauben sie an dieses Heil­mittel und suchen weder .einen Platz, noch ein Gedächtnis auf der Erde. Der Herr aber gibt ihnen ein höheres und reicheres Erbe, und zwar bei Sich in den Himmeln, wie dies in der Aufnahme Henochs angedeutet wird.

Kapitel 6—9. Aber obschon der Herr auf diese Weise den Schauplatz Seiner Ratschlüsse und der Hoffnungen Seiner Auserwählten von der Erde in den Himmel verlegt hat, ist die Erde dennoch nicht aufgegeben. Sie ist, wie wir wissen, be­stimmt, sich bald „der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes", oder, wie ich schon oben bemerkte, „der Verwaltung der Fülle der Zeiten" zu erfreuen (Eph 1, 9. 10). Diesen Vor­satz hat der Herr zu gewissen Zeiten ans Licht gestellt und erläutert, wie z. B. hier in der Geschichte Noahs.

Die himmlische Familie starb der Erde und auf der Erde. Wohl konnte sie von dem Gericht wie von der Segnung reden, die über die Erde kommen sollte. Henoch weissagte von dem Gericht und Lamech von der Segnung (Jud 14; 1. Mo 5, 29);

aber keiner von ihnen befand sich inmitten der Szenen, von denen sie redeten. Noah ist jedoch wieder ein Mann der Erde. In seinen Tagen erscheint die Erde aufs neue als ein Schau­platz der Sorge und des Wohlgefallens Gottes. Gott hat wieder Gemeinschaft auf ihr mit dem Menschen. Sie ist durch das Gericht der Wasser hindurchgegangen, und Gott macht einen Bund mit der Erde und hat einen Propheten, Priester und König auf ihr, der für ihre Ordnung und göttliche Regierung Sorge zu tragen hat. Noahs Verbindung mit der Erde war ganz anderer Art als diejenige Kains oder Seths. Er erfüllte und genoß sie nicht, wie Kain, in Verwerfung Gottes, noch nahm er sich, gleich Seth, nur einen Begräbnisplatz auf ihr, sondern er erfreute sich ihrer ganzen Fülle in Unterwürfigkeit unter dem Herrn. Der Herr heiligte seine Herrschaft über sie, sein Erbteil und seine Freude an ihr.

Kapitel 10 und 11. So ist nun die Erde wieder ein Gegenstand der Sorge des Herrn. Doch von neuem wird sie vor Ihm verderbt. Wie Adam/ so beginnt auch Noah diese traurige Geschichte, und die Erbauer Babels, gleich einer zweiten Familie Kains, vollenden den Abfall und suchen die Erde, in Unab­hängigkeit von Gott, mit sich selbst anzufüllen. Sie waren „gewaltige Jäger vor dem Herrn" — sie durchstreiften die Erde, als wollten sie in ihrem ungläubigen Hochmut fragen: „Wo ist der Gott des Gerichts?"

Kapitel 12—36. Eine solche Handlungsweise konnte Gott in keinem Falle dulden, und es kommt infolgedessen ein anderes Gericht über sie. Sie werden überallhin zerstreut, und die ganze menschliche Gesellschaft wird .auf eine schreckliche Weise aufgelöst. Allein Abraham wird berufen, getrennt von der Welt eine Verbindung mit Gott zu finden. Seine Familie wohnte in Mesopotamien, jenseits des Euphrat. Er entstammte dem Geschlecht Sems, war aber, wie alle damaligen Völker, ein Götzendiener. Jedoch eine unumschränkte Gnade sonderte ihn ab, und der Gott der Herrlichkeit rief ihn .aus seinem Lande, aus seines Vaters Hause und aus seiner Verwandtschaft.

Diese Berufung beeinträchtigte indessen durchaus nicht die Ordnung der Erde, noch die Regierung unter den Nationen. Abraham wird berufen, ein Fremdling auf der Erde zu sein, nicht aber ein Nebenbuhler der „Gewaltigen", oder ein neu gebildeter Herrscher irgendeines Volkes. Er wandelt mit Gott, als dem Gott der Herrlichkeit; Gott nimmt hier einen höheren Charakter an, als wenn Er Sich als Der offenbart, „durch den die Gewaltigen eingesetzt sind." Abraham war ein Pilger und ein Fremdling auf der Erde und wandelte als ein himmlischer Mensch. Er besaß die Verheißung, daß sein Same und sein Erbe auf der Erde einst miteinander verbunden werden sollten, und doch wohnten sowohl er als auch Isaak und Jakob das ganze Leben hindurch in Zelten.

Wir haben hier also wiederum ein himmlisches Volk — himmlisch in dem Charakter seines Wandels, 'und, gleich Henoch und Lamech, himmlisch in seinem Verständnis der zukünftigen Geschichte der Erde und der Verheißungen in betreff des Erbes, das seinem Samen zu seiner Zeit zuteil werden sollte. — Doch wir finden in der Geschichte des Mannes, der nach Abraham, Isaak und Jakob auf den Schauplatz trat, noch tiefere und bedeutungsvollere Geheimnisse.

Kapitel 36—47. Joseph wird durch die Bosheit seiner Brüder, wie wir alle wissen, von dem Schauplatz des ihm verheißenen und durch einen Bund zugesicherten Erbes entfernt, wird nach vielen Leiden Gatte, Vater und Fürst inmitten eines ferne wohnenden Volkes und versorgt und beherrscht zuletzt nicht nur seine Brüder, die ihn einst haßten, sondern auch alle Be­wohner der Erde m Gnade und Weisheit.

Nichts kann bezeichnender sein als dies alles. Es ist eine treffende Erläuterung des großen Ratschlusses, den Gott Sich vorgesetzt hat „m der Verwaltung der Fülle der Zeiten". Joseph wird unter die Nationen versetzt und dort, nach Trüb­sal und Knechtschaft, wird er erhöht und wird das Haupt und der Vater einer Familie, und zwar mit einer solchen Freude, daß sein Herz eine Zeitlang imstande ist, seine Verwandten nach dem Fleische zu vergessen. In gleicher Weise ist Christus nach Seinen Leiden in den Himmel erhoben, und idfe Kirche oder Versammlung, aus den Nationen genommen, ist zu Seiner Gefährtin und Freude während der Zeit Seiner Entfremdung von Israel gemacht. Aber im Laufe der Zeit wird Joseph zum Wahrer und Spender der Hilfsmittel der Welt; seine Brüder müssen sich so gut wie alle anderen ihm unterwerfen; er nährt und erhält sie zu seiner Freude. Ganz in gleicher Weise wird auch Christus handeln, wenn er wieder auf der Erde erscheinen wird. Nachdem Israel zur Buße umgekehrt und in den schönsten Teil der Erde versetzt ist, nachdem alle die Nationen unter Christi Zepter vereinigt sind, wird Er sie in Weisheit regieren und aus Seinem Vorrat nahren; in Frieden und Gerechtigkeit wird Er sie wieder in ihr Erbe einsetzen.

Unzweifelhaft erblicken wir hier vorbildlich die Himmel und die Erde, wie sie einst in Wirklichkeit in „der Verwaltung der Fülle der Zeiten" gesehen werden, wenn alle Dinge, sowohl im Himmel als auf der Erde, zusammen in Christo vereinigt sind. Sicherlich haben wir hier eine vorbildliche Darstellung des großen Endresultats; der Himmel und die Erde erzählen miteinander das Geheimnis Gottes.

Ich kann nicht umhin, 'einen Augenblick bei der willigen, nicht murrenden Unterwerfung der Ägypter unter Joseph zu ver­weilen. Er sendet sie hierhin und dorthin, er leitet sie, wie es ihm beliebt — sie sind mit allem zufrieden; ebenso wird An den Tagen des Königreichs die ganze Welt bereitwillig ausrufen:

„Jesus hat alles wohlgemacht". Alles wird sich willig und freudig Ihm unterwerfen. Sein Zepter wird gebilligt und be­willkommnet werden von allen, über die es seine Macht äußern wird.

Und doch .steht die ganze Macht Josephs in völliger Über­einstimmung mit der Oberherrschaft Pharaos. Das Volk, das Vieh und die Länder werden alle von Joseph für Pharao ge­kauft. Es ist noch immer Pharaos Königreich, wenn auch unter der Herrschaft Josephs. So wird auch im Königreich des Herrn „jede Zunge bekennen, daß Jesus Christus Herr ist, zur Ver­herrlichung Gottes, des Vaters."

Diese Züge geben dem Gemälde seinen klaren Ausdruck und Charakter. Aber es enthält auch noch einen anderen Zug (den Zug von der Hand eines Meisters, möchte ich ehrerbietig sagen), 'der an Bedeutung und Schönheit wohl keinem der anderen nachsteht. Ich meine, daß an dieser ganzen Einrichtung der Erde Asnath, Josephs Weib, und die Kinder keinen Anteil haben. Sie werden durchaus nicht erwähnt. Jakob erhält Gosen, aber Asnath, Ephraim und Manasse bekommen nichts. Wo ist der Grund zu dieser merkwürdigen Erscheinung? Werden vielleicht das Weib und die Kinder weiniger geliebt als der Vater und die Brüder? Sicherlich nicht, das kann nicht sein. Der Grund ist, wie ich denke, folgender: Asnath und die Kin­der sind himmlisch, und ihr Teil ist in und mit Ihm, Der der Herr und Spender aller dieser Dinge ist; sie können nicht mit den Interessen und den Einrichtungen der Erde vermischt werden. Selbst Gosen, der fetteste und beste Teil des Landes, ist ihrer unwürdig. Sie bilden die Familie des Herrn selbst. Sie genießen seine innigsten Zuneigungen; sie teilen die Wohnung und die Gegenwart dessen, der das glückliche und ehrenvolle Haupt dieser ganzen herrlichen Szene ist.

Stellt uns dies nicht das große Endresultat im Kleinen oder im Vorbilde dar? Entdecken wir in diesem allem nicht jene verheißene „Verwaltung der Fülle der Zeiten", in welcher Gott beides, sowohl die Dinge in den Himmeln, als auch die Dinge auf der Erde unter ein Haupt in dem Christus zusammen-

bringen wird? Treten uns in jener Szene nicht der Himmel und die Erde in ihrer Ordnung im tausendjährigen Reich entgegen? - Ich denke nicht, daß ein einsichtsvoller Leser des Wortes dieses in Abrede stellen wird.

Folgen wir jetzt dem Lauf der göttlichen Verwaltungen, so entfalten sich immer mehr irdische und himmlische Szenen und Beispiele vor unseren Augen. Nach den im ersten Buch Mose erzählten Ereignissen wird Israel das Zeugnis Gottes und ein irdisches Volk. Ein Teil der Erde wird wieder zum Besitz­tum und Wohnplatz Gottes geheiligt. Wie die Sündflut sie in den Tagen Noahs gänzlich für die göttliche Macht und Gegen­wart gereinigt hatte, so reinigt jetzt das Schwert Josuas einen Teil der Erde für dieselbe Macht und Gegenwart Gottes in Israel. Gott hat Sein Heiligtum und Seinen Thron im Lande Kanaan; Er wird zu Jerusalem angebetet, und von dort geht Sein Gesetz aus. Die Herrlichkeit findet sich wieder auf der Erde. Als Herr der Erde richtet und regiert Gott wieder auf ihr. Aber von neuem wird alles vernichtet. Kanaan wird durch den Abfall Israels verderbt, wie die Erde zu Noahs Zeiten durch den Turm zu Babel. Hesekiel, der wie ein Wächter in die Tage dieses Abfalls gesetzt wurde (Hes 3, 17), sieht daher die Herr­lichkeit Gottes auf ihrem Wege von Jerusalem zum Himmel. Sie sucht keinen anderen Platz auf der Erde, sondern, durch die Verderbnis des Volkes aus Jerusalem vertrieben, zieht sie sich in den Himmel zurück (Hes 11).

Bis zu den Tagen Hesekiels stand die Herrlichkeit in Macht mit Israel in Verbindung. Es war eine Herrlichkeit oder eine göttliche Gegenwart, die einst Ägypten gerichtet, das Heer durch die Wüste geführt, die Völker Kanaans vernichtet, ihr Land unter die Stämme verteilt und endlich sich selbst in den Tempel und auf den Thron in Jerusalem gesetzt hatte. Dies alles war die Herrlichkeit in Macht. Aber, wie wir gesehen haben, verscherzte Israel diese Herrlichkeit, und sie kehrte infolgedessen zum Himmel zurück. Jedoch sollte sie in einem anderen Charakter wieder erscheinen. Dieselbe Herrlichkeit oder göttliche Gegenwart, ja Gott selbst kehrte, verhüllt in der Erscheinung Jesu, zurück. Als ein verworfener Galiläer, als der Sohn des Zimmermanns, der nicht hatte, wohin Er Sein Haupt legen sollte und also in der Welt noch schlimmer dran war als

die Vögel und die Füchse, erscheint die Herrlichkeit in dem Lande Israel in der vollkommensten Gnade, heilend und pre­digend, arbeitend und wachend, arm und doch andere berei­chernd, hungrig und durstig und doch Tausende speisend, und bei jeder Gelegenheit ebenso einfach und bestimmt sich für die Herrlichkeit ausgebend, wie es geschah, als sie die Wasser des Jordan teilte oder die Mauern Jerichos umstürzte. Nur war es jetzt die Herrlichkeit in ihrer Gnade, während es damals die Herrlichkeit in ihrer Macht gewiesen war. Dennoch verwirkte Israel oder die Erde die Herrlichkeit auch in dieser Form; jedoch verließ sie die Erde nicht auf dem gleichen Wege wie früher. Als sie einst in ihrer Macht verworfen wurde, entfernte sie sich freiwillig, indem sie in gerechtem Zorn die Beschimpfung ahndete, die ihrer Majestät angetan war und im Gericht diese Erde verließ (Hes 1—11); später aber, ver­worfen in ihrer Gnade, wurde sie gleichsam weggeschickt, bevor sie sich selbst entfernt hatte. In beiden Fällen, mögen wir die Herrlichkeit betrachten in Macht oder in Gnade, hat die Welt sie verworfen, und sie ist jetzt in den Himmeln verborgen (s. Apg 7, 55).

Das ist die Geschichte der Herrlichkeit von Hesekiel 11 bis zur Himmelfahrt Christi. Die Herrlichkeit ist gegenwärtig wiederum da, wohin der Prophet Gottes sie in jenem Kapitel gehen sah, nämlich im Himmel. Allein jetzt ist sie dort beschäftigt, die Fülle der Nationen zu sammeln und bei sich „die heiligen Brüder, die Genossen der himmlischen Berufung" zu empfangen. Der Heilige Geist ist herabgekommen, um auf Erden von der Herrlichkeit droben zu zeugen und ihr Teil zu unserem Teil zu machen. Das ist jetzt der Platz und die Tätig­keit der Herrlichkeit.

Jedoch können wir ihre Geschichte noch von einem anderen Gesichtspunkt aus betrachten. Hesekiel sieht sie (Hes 45) an denselben Ort zurückkehren, von dem sie sich entfernt hatte. Sie hatte niemals einen anderen Aufenthaltsort auf der Erde gesucht. Wenn Zion nicht für Jesum vorbereitet ist, dann muß die Erde Ihn entbehren. Denn von Zion allein hat Er gesagt: „Dort ist meine Ruhe für immer und ewiglich." Doch die Herrlichkeit kehrt wieder zurück, wie wir in dem 43. Ka­pitel des Propheten Hesekiel sehen. Und wenn das geschieht, dann wird jene Ordnung der Dinge eintreten, die man ge­wöhnlich „das tausendjährige Reich" zu nennen pflegt, wo Jesus der herrliche Mittelpunkt sein wird, die wahre Leiter, die Jakob einst sah, der Erhalter aller Dinge im Himmel und auf der Erde, der jetzt alles durch Sein Blut versöhnt hat und dann alles in Seiner eigenen Person vereinigen wird, um Seine Herrlichkeit über alles auszubreiten.

So haben die beiden Teile des zukünftigen Königreichs, der himmlische und der irdische, von Anfang an wieder und wieder eine vorbildliche Darstellung gefunden; ein Zeugnis nach dem anderen hat, wie wir gesehen haben, von den göttlichen Rat­schlüssen erzählt; das tausendjährige Reich wird die Bestäti­gung aller dieser Unterpfänder und die Erfüllung der Ver­heißungen dieser himmlischen und irdischen Zeugnisse sein.

Für mein Herz ist es immer sehr köstlich gewesen, an den Umgang zu denken, den der Himmel mit der Erde im Laufe ihrer mannigfaltigen und wunderbaren Geschichte gepflogen hat, und der sich in den Gesichten, den Träumen und den Besuchen der Engel, die zu Zeiten das Volk Gottes erfreuten, und in dem Hören göttlicher Offenbarungen kundgab. Alle diese Dinge zeigen uns deutlich, daß die Himmel Zugang zu der Erde hatten und daß sie nur durch einen dünnen Schleier von ihr getrennt waren.

So lange die Erde noch unbefleckt war, ging Gott der Herr in den Garten. Und nachher, wenn auch in gewisser Beziehung von der Erde entfremdet, war Er doch stets bereit, sie um Seiner Auserwählten willen zu besuchen, wie dies die Ge­schichte Abrahams, Josuas, Gideons und anderer zeigt. Die Leiter, die Jakob im Traum sah, deren Spitze in den Himmel reichte, während ihr Fuß auf der Erde stand — das Hin- und Hergehen Moses zwischen dem Herrn und dem Volke — das Hinaufsteigen der Ältesten zu dem Gott Israels, den sie über dem Firmament sahen (2. Mo 24, 9—11) — alles das sind Vor­bilder und Merkmale des Umgangs zwischen den Himmeln und der Erde in den Tagen des Königreichs. Dahin gehört auch jene herrliche und denkwürdige Stunde, als Jesus auf dem Berge der Verklärung vor den Augen Seiner drei Jünger ver­wandelt wurde und Er mit Mose und Elia Seinen Ausgang besprach, den Er in Jerusalem erfüllen sollte. 

Ferner die Tatsache, daß Christus nach Seiner Auferstehung hier und da Seinen Jüngern erschien, und das Gesicht Petrus, das er in Joppe auf dem Dach des Hauses Simons sah (Apg 10). Die himmlischen Dinge enthüllen sich in solchen Augenblicken vor dem menschlichen Auge und geben uns köstliche Zeichen von ihrer Nähe. Wir bemerken diese Nähe in dem gegen­wärtigen Augenblick nicht, da die Herrlichkeit sich noch nicht an ihrem tausendjährigen Platz über der Stadt der Juden befin­det, aber der Glaube liest diese Andeutungen über ihre Nähe und versteht sie. Der Glaube in Elisa wünschte nicht für sich, sie zu bemerken; er bat nur, daß seinem Diener die Augen geöffnet werden möchten, aber in bezug auf seine eigene Person konnte er dies alles glauben und brauchte nicht um ein geöffnetes Auge zu bitten. Er wußte, daß der Herr der Heer­scharen nahe, und daß die Berge rund um ihn her mit den Wagen und Rossen des Himmels bedeckt waren. Aber im tausendjährigen Reich wird dies alles sichtbar sein. Die himm­lische Herrlichkeit und die Herrlichkeit der goldenen Stadt wird über dem Jerusalem des Landes Israel leuchten und wie eine Decke über alle ihre Wohnungen ausgebreitet sein. Die Leiter wird gleichsam aufgerichtet sein, mit ihrer Spitze in dem Him­mel und ihrem Fuß auf der Erde; derselbe gesegnete Herr wird den Mittelpunkt aller Dinge bilden und, wie in den verschie­denen Teilen eines Tempels, so wird der Dienst des Lobes und der Freude begangen werden.

Jedoch sind es in diesem Verkehr stets die Himmel, welche die Erde besuchen — das Volk des Himmels wird herniederkommen zu dem Volk der Erde, nicht umgekehrt — das irdische Volk wird nur die himmlischen Besucher zu empfangen und zu bewillkommnen haben. Im Reich der Natur ist es ebenso. Die Erde gibt dem Himmel nichts, empfängt aber alles von ihm;

der Sonnenschein und der Regen kommen hernieder, um die Erde zu segnen, die Erde aber gibt dafür nichts zurück.*)

*) Die Heiligen der gegenwärtigen Zelt sollten, da sie in ihrer Berufung himmlisch sind, auch in dem Geiste ihrer Gesinnung himmlisch sein und sich stets bewußt bleiben, daß sie nur als Fremdlinge auf der Erde weilen und hier keine Heimat haben. Sie sollten ein Volk sein, das nicht von der Erde zum Himmel hinaufblickt, sondern das von dem Himmel zur Erde herniederschauf

Doch in diesem kommenden Verkehr zwischen den Himmeln und der Erde, wenn das himmlische Volk die geheimnisvolle oder tausendjährige Leiter auf- und niedersteigen wird, scheint mir — und die Schrift selbst leitet mich zu dem Gedanken — ein Wechsel der Kleidung oder ein gewisses Verhüllen der den himmlischen Heiligen angehörenden Herrlichkeit stattzufinden, sobald sie herniederkommen, um Gemeinschaft mit den Be­wohnern der Erde zu machen. Die Erscheinung des Herrn nach Seiner Auferstehung aus den Toten liefert uns eine Darstellung hiervon. Er konnte zu jener Zeit eine Gestalt annehmen, wie sie für das Werk paßte, das Er gerade zu tun hatte, so die Gestalt des Gärtners bei Maria, die eines Reisegesellschafters bei den beiden Jüngern, die nach Emmaus gingen, oder die Gestalt eines freundlichen Fremden an den Ufern des Sees von Tiberias. In solchen Erscheinungen wird Er nicht in dem Himmel gesehen;

aber Er konnte Sich so verhüllen, wenn das Werk, welches Er zu tun hatte, es erforderte. So war von alters Mose in der Gegenwart Gottes unverhüllt, während er vor den Augen Aarons und der ganzen Versammlung eine Decke auf sein Angesicht legte. Eine Art von Kleidung war passend für den Himmel, eine andere für die Erde. So hatten auch die Priester, wenn sie innerhalb des Heiligtums waren, eine Kleidung, wie sie sich für diesen Platz geziemte, und eine andere, sobald sie außerhalb des Heiligtums erschienen. Sie kleideten sich für die Gegenwart Gottes anders, als für die Gegenwart des Volkes. (Vergl. 3. Mo 6, n; 16, 4. 25. 24; Hes 42,14; 44,19.)

Außerdem sehen wir in alten Zeiten diese sich oft ändernde Erscheinung des Sohnes Gottes. Er hatte mannigfaltige Ge­stalten, worin Er Sich zeigte und in welche Er die glänzendere Herrlichkeit, die nur für höhere Regionen passend war, ein­hüllte. Er erschien in einer Feuerflamme inmitten eines Dorn­busches am Berge Horeb, in einer Wolken- und Feuersäule in der Wüste, und in Gestalt eines bewaffneten Kriegers vor den Mauern Jerichos. Er erschien in einer Weise, die dem Werk entsprach, das Er zu tun hatte. Dies alles sind Zeichen der wechselnden Bekleidung und Gestalt, in der alle, die „den zukünftigen Erdkreis" regieren und die Angelegenheiten des irdischen Königreiches ordnen sollen, ihres Dienstes hienieden warten werden, um dann wieder zurückzukehren und un-

verhüllt in den ihnen gehörenden himmlischen Örtern zu erscheinen.

Doch in Verbindung mit dieser Lehre von den himmlischen und irdischen Örtern und Völkern in den Tagen der zukünf­tigen Herrlichkeit, und in Verbindung mit der Wahrheit, daß dann ein gesegneter und wunderbarer Verkehr zwischen bei­den bestehen wird, gibt es noch Freuden und Herrlichkeiten, die einem jeden derselben besonders angehören; und auf einige dieser Herrlichkeiten möchte ich hier noch aufmerksam machen.

Auferstehen und dem Herrn in der Luft zu begegnen, ist die Hoffnung, die am unmittelbarsten vor dem Herzen des Gläu­bigen steht. Dann ist es das Eingehen in die Wohnungen des Vaterhauses mit Ihm, Der hingegangen ist, die Wohnungen zu bereiten, wie Er zu Seinen Jüngern sagte, bevor Er von ihnen schied: „Ich werde wiederkommen und euch zu mir nehmen, auf daß, wo ich bin, auch ihr seid". Und jenes Haus wird allen den familiären Zuneigungen, die das Herz so wohl versteht, Gelegenheit zur Ausübung geben. Der Vater wird dort sein und der Erstgeborene unter vielen Brüdern und diese vielen Brüder selbst. Und um diese Beziehungen noch inniger zu gestalten und die Zuneigungen in vollkommenem Maße zu erwecken, wird dort die Hochzeit gefeiert und die jetzt verlobte Kirche oder Versammlung wird das Weib des Lammes werden (Offb 19).

Doch es gibt im Verein hiermit noch andere herrliche Szenen und Gelegenheiten zu unvermischter Freude. „Das heilige Jeru­salem" wird in den Himmeln sein, die Wohnung der Heiligen, als eines Volkes von Königen und Priestern, der Ort der Re­gierung und Anbetung — jene herrliche Stadt, in welcher der Baum des Lebens grünt und der Strom des Lebens seine er­quickenden Wasser ergießt, in der sich das Licht, der Thron Gottes und das Lamm befinden. Die Heiligen werden dort singen und spielen, und zwar nicht mit Zymbeln und Lauten, die durch menschliche Kunst hergestellt und nur geeignet sind, irdische Freuden zu wecken (ps 98), sondern sie werden „Harfen Gottes" in ihren Händen halten, Instrumente von göttlicher Arbeit, und geeignet, Melodien wachzurufen, die des Himmels selbst würdig sind. Die Ältesten werden auf ihren Thronen

sitzen und ihre Kronen niederwerfen vor dem Thron des Lam­mes; die Engel werden ihre höchste Wonne darin finden, alle ihre Macht und Herrlichkeit dem Lamme zu geben, das ge­schlachtet ist (Offb 5).

Und bei diesem allem wird nichts sein, das die Freude stören oder hindern könnte. So wie in jenen Tagen nichts auf der Erde „den Berg der Heiligkeit Jehovas" antasten wird, so wird auch in den Himmeln nichts Eingang finden, was unrein ist. Kein Feind kann sich dort erheben, denn alle sind gerichtet; die List der Schlange ist zu Ende, denn der Same des Weibes hat ihr den Kopf zertreten. Keine Müdigkeit des Herzens oder Kälte, oder Mißmut der Seele und Mattigkeit des Geistes wird mehr sein. Die Diener werden dienen unaufhörlich und ohne Tadel; Nacht und Tag wird die Stimme der Anbetung erschallen: „Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott, Allmächtiger!"

Der Himmel wird zugleich der Schauplatz der Ruhe oder des Sabbaths Gottes sein, und die Heiligen, die nach ihrem Maße dieselbe Erquickung genießen, werden inmitten 'dieser Ruhe wohnen in Leibern, die dem verherrlichten Leibe Christi gleich­gestaltet sind. Sie werden Ihm gleich sein in Seiner Herrlich­keit und Ihn sehen, wie Er ist. Sie werden leuchten „wie die Sonne" in dem Reiche ihres Vaters. Und dann werden sie die ganzen herrlichen Offenbarungen Gottes sehen und verstehen, nicht wie durch einen Spiegel, im Rätsel, sondern wie von An­gesicht zu Angesicht; sie werden erkennen, wie sie selbst er­kannt sind. Der weiße Stein wird sich dort finden und das ver­borgene Manna, der Morgenstern und die weißen Kleider, um darin vor dem Thron Gottes zu stehen und mit dem Lamme zu wandeln und auf Thronen zu sitzen (Offb 2. 5). Alle diese Dinge werden unser sein.

Das 2. und 3. Kapitel der Offenbarung enthalten eine Fülle von Ankündigungen himmlischer Freuden und Herrlichkeiten. Die darin gemachten Verheißungen enthüllen vor unseren Augen in heiliger und genauer Ordnung die Dinge, die in den zukünftigen Tagen das Teil der himmlischen Heiligen sein wer­den.

Ephesus. „Dem, der überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baume des Lebens, der in dem Paradiese Gottes ist".

Dies ist die einfachste Form der Verheißung. Sie sagt dem Heiligen, daß er sich, wenn wir so sprechen dürfen, von dem Kern oder dem Mark des ewigen Lebens nähren wird. Denen, die außerhalb sind, werden die Blätter .desselben Baumes zur Heilung dienen (Offb 22), doch die himmlischen Heiligen sollen mehr besitzen. Ihr Teil ist die Frucht des Baumes selbst, 'die ihnen nicht gebracht wird, sondern welche sie sich gleichsam mit eigenen Händen inmitten des Gartens Gottes sammeln. Dies deutet, wie ich nicht zweifle, auf die stete Frische dieses Lebens hin. Jesus sagt: „Weil ich lebe, werdet auch ihr leben". Die himmlischen Heiligen nehmen, wie in der Verheißung an Ephesus ausgedrückt wird, unmittelbar Anteil an dem Baum des Lebens. Das ist ihr besonderes Teil, sie .empfangen Leben aus der Quelle selbst und nähren .sich von ihr.

Smyrna. — „Sei getreu bis zum Tode, und ich werde dir die Krone des Lebens geben . . . Wer überwindet, wird nicht be­schädigt werden von dem zweiten Tode".

Diese Verheißung geht über die vorhergehende in etwa hin­aus. Dort wurde das Leben betrachtet als in seiner reichsten Form mitgeteilt, hier bei Smyrna sehen wir es gewonnen. Die Versammlung von Smyrna wurde schwer geprüft. Einige wur­den ins Gefängnis geworfen, alle befanden sich in großer Drangsal. Sie hatten vieles zu leiden, aber es wird ihnen, wenn sie treu sind bis zum Tode, die Krone des Lebens verheißen. Jakobus spricht hiervon in ähnlicher Weise: „Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche er denen verheißen hat, die ihn lieben" (Kap. 11, 12). Hier wird die Krone des Lebens denen verheißen, welche die Prüfung erdulden. Es ist die Freude des Herrn, den Glauben Seiner Heiligen anzu­erkennen. Wenn sie gezeigt haben, daß sie in dieser Welt ihr Leben nicht liebten, so wird es sein, als wenn sie 'es An der zu­künftigen gewonnen hätten. Das Leben wird dort für sie eine Krone sein, der herrliche Lohn dafür, daß sie es hier nicht Bebten.

Pergamus. — „Dem, der überwindet, dem werde ich von dem verborgenen Manna geben, und ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf den Stein einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennt, als wer ihn empfängt".

Eine neue Quelle der Freude wird hier vor uns aufgeschlos­sen, der Genuß der persönlichen Zuneigung und Liebe des Herrn, eine Gemeinschaft mit Ihm, wie sie nur von Herzen erkannt und verstanden wird, die in jenen Freuden und Er­innerungen, in die sich kein Fremder mischen kann, auf das engste miteinander verbunden sind. Davon wird hier zu dem treuen Überrest in Pergamus gesprochen. Er hatte den Glauben an Ihn inmitten der Schwierigkeiten bewahrt und an Seinem Namen festgehalten. Seine Belohnung besteht in den köst­lichen Zeichen persönlicher Zuneigung, die das süße Bewußtsein und die bestimmte Überzeugung wecken, daß das Herz des Herrn mit ihm verbunden ist. Er wird den Gläubigen „küssen mit den Küssen seines Mundes". Es ist das verborgene Manna, von dem der Gläubige sich hier nährt, und der Stein, der ihm gegeben wird, tragt einen Namen, den niemand kennt, als wer ihn empfängt. Dies drückt persönliche Zuneigung aus. Es han­delt sich hier nicht um öffentliche Freude, sondern um die Wonne, die das Herz fühlt in dem bewußten Besitz der Liebe des Herrn. Welch ein herrlicher Charakter der Freude! In Ephe­sus und Smyrna sahen wir den Besitz des Lebens in Überfluß und in Ehre, hier in Pergamus begegnen wir dem gesegneten Bewußtsein der persönlichen Zuneigung des Herrn.

Thyatira. „Und wer überwindet und meine Werke bewahrt bis ans Ende, dem werde ich Gewalt über die Nationen geben;

und er wird sie weiden mit eiserner Rute, wie Töpfergefäße zerschmettert werden, wie auch ich von meinem Vater empfan­gen habe; und ich werde ihm den Morgenstern geben".

Hier kommen wir zu öffentlichen Szenen, in denen sich Macht und Herrlichkeit entfalten. Die Heiligen sollen die Ge­fährten des Herrn sein, wenn Er erscheinen wird, um Seine Feinde zu dem Schemel Seiner Füße zu machen, oder — um mit den Worten des 2. Psalms zu reden — sie mit eisernem Zepter zu zerschmettern und wie Töpfergefäße zu zerschmeißen. Er wird Seine Macht entfalten, wenn Er die Herrschaft übernimmt. Er wird alles ausrotten, was mit dem Reiche nicht in Über­einstimmung ist. Er wird das Schwert um Seine Hüfte gürten wie David, ehe Er den Thron besteigt gleich Salomo (ps 45). Er wird richten und Krieg führen in Gerechtigkeit, ehe das tausendjährige Reich beginnt (Offb 19). Und in dieser Aus­übung Seiner Macht und Entfaltung Seiner Herrlichkeit werden

die Heiligen, wie uns hier mitgeteilt und verheißen wird, bei Ihm sein. Dies ist gesegnet an seinem Platze und wird uns zu seiner Zeit gegeben werden, denn nach dem Leben und der per­sönlichen, verborgenen Freude beginnt die Einführung der öffentlichen Herrlichkeiten.

Sardes. „Sie werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert. Wer überwindet, der wird mit weißen Kleidern bekleidet werden, und ich werde seinen Namen nicht auslöschen aus dem Buche des Lebens und werde seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln".

Dies geht noch einen Schritt weiter in die Szenen der Herr­lichkeit hinein. Die Rache ist vollzogen, das Schwert dessen, der auf dem weißen Pferde sitzt, hat sein gerechtes Werk voll­bracht, die Töpfergefäße sind zerschmettert, und das Reich ist gekommen. Hier verheißt Jesus Seinen Getreuen, daß Er sie bekennen will vor Seinem Vater und Seinen Engeln. Es handelt sich hier nicht um die Errettung von dem Gericht, oder um die Erlösung ihrer Seelen, sondern um ihre öffentliche Anerken­nung vor den versammelten Würdenträgern des Reiches. Der Herr verheißt ihnen, daß sie wandeln sollen mit Ihm in weißen Kleidern, „denn sie sind es wert". Die Hand, die jetzt in Gnade ihre Füße wäscht, wird sie dann bekleiden; der Herr Selbst wird in inniger, vertrauter Gemeinschaft mit ihnen die Reiche der Herrlichkeit durchwandeln.

Welch ein neuer, herrlicher Charakter der Freude ist dies! In wie mannigfaltiger Weise schildert uns der Geist Gottes die zukünftigen Freuden der Gläubigen! Das Leben, die Liebe, die Herrlichkeit, der Baum und die Krone des Lebens, der weiße Stein, das Unterpfand der innigen Liebe des Herrn, Gemein­schaft mit dem König der Herrlichkeit auf Seinen Wanderungen durch die glückseligen, herrlichen Gefilde Seiner Herrschaft, alles das ist für sie aufbewahrt. Doch noch mehr als das hat der Geist den Versammlungen zu sagen.

Philadelphia. „Wer überwindet, den werde ich zu einer Säule machen in dem Tempel meines Gottes, und er wird nicht mehr hinausgehen; und ich werde auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen neuen Namen".

Wir haben soeben den Erben des Reiches als den Begleiter des Herrn gesehen, wandelnd mit Ihm in weißen Kleidern und anerkannt vor dem Vater und vor den Engeln; hier finden wir die Verheißung/ daß der Getreue seinen Platz in dem System der Herrlichkeit selbst haben soll. Er soll zu jener herrlichen Ordnung von Königen und Priestern gehören, die der ganzen Szene ihren Charakter geben werden, indem jeder von ihnen eine Säule in dem Tempel ist und als zu der Stadt gehörend bezeich­net wird. Welche hohen und heiligen Würden! Ein jeder der Gläubigen füllt seinen Platz aus in dem Tempel und in der Stadt, ein jeder ist ein Glied jenes königlichen Priestertums, das in den Himmeln, dort wo das neue Jerusalem ist und sein Licht ausstrahlt, errichtet wird. Welch eine Ehre wird dem verachte­ten Häuflein zuteil! Jeder von ihnen trägt einen Teil der Herr­lichkeit in sich selbst; jedes Gefäß ist nötig zu dem vollkom­menen Ausdruck des Lichtes des neuen Jerusalem und bildet einen notwendigen Bestandteil der Fülle Dessen, Der alles in allem erfüllt. Als König und Priester hat jeder einzelne seinen besonderen Platz und Rang in dem Tempel und der Stadt, dem Salem des wahren Melchisedek. Welch ein erhabener, würde­voller Platz! Wahrlich, die Liebe findet ihre Wonne darin, zu zeigen, was sie tun kann und tun will. Hätten wir nur Herzen, die diese Dinge zu schätzen verständen! Sie erzählen uns von jener Liebe, die solche Ratschlüsse in bezug auf uns gefaßt hat. Wenn Gottes Liebe uns sehen lassen will, was sie für ihre Aus­erwählten tun will, dann zeigt sie uns die Herrlichkeit in all ihrer Größe und Schönheit. Ist das nicht ein beglückender Ge­danke?

Laodicäa. „Wer überwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Throne zu sitzen, wie auch ich überwunden und mich mit meinem Vater gesetzt habe auf seinen Thron".

Diese Verheißung erreicht, obwohl sie scheinbar die erhaben­ste ist, nicht die Höhe der vorhergehenden. Sie entspricht dem Zustand der Versammlung in Laodicäa. Wohl verheißt sie dem, der überwindet, einen Platz in der himmlischen Herrlichkeit, ja, zu sitzen auf dem Thron des Herrn Selbst, aber sie enthält nichts von dem innigen, persönlichen Vertrautsein mit Jesu, von dem Wandel mit Ihm in weißen Kleidern oder von dem bevorzugten Platz in dem Tempel und der Stadt Gottes. Immer­hin aber ist es eine herrliche, köstliche Verheißung.

Außerordentlich große Dinge sind bei der Betrachtung dieses wunderbaren Teils der Schrift vor unseren Augen vorüberge­gangen: Der Baum und die Krone des Lebens — das verborgene Manna und der weiße Stein — der Morgenstern — der Wandel mit Jesu durch die herrlichen Räume des Himmels — das Woh­nen in dem Tempel und der Stadt und endlich das Sitzen auf Seinem Thron. Sicher, wenn Jesus hochgeschätzt wird, so wer­den auch alle diese Dinge kostbar für uns sein. Und wie schon oben bemerkt, wenn wir in den Besitz dieser Dinge gelangen werden, dann wird auch eine Verbindung zwischen den höheren und niederen Regionen bestehen; wir werden in bewußter königlicher Würde und in vollkommener priesterlicher Heilig­keit die Geschäfte des Reiches versehen.

Auch wird die Herrlichkeit in uns geoffenbart werden (Röm 8); jeder Heilige wird ein Träger oder ein Gefäß der Herrlich­keit, jeder ein Kind des Lichts, ein Kind des Tages und ein Sohn der Herrlichkeit sein, verherrlicht zusammen mit Christo, um in Verbindung mit Ihm über die Schöpfung hienieden ein Licht auszustrahlen, welches das Licht der Sonne oder des Mon­des weit übertrifft, so daß das gegenwärtige, sehnsüchtige Harren der Kreatur in der dann erfüllten „Offenbarung der Söhne Gottes" seine völlige Befriedigung gefunden haben wird.

„Und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird an ihren Stirnen sein" (Offb 22, 4). Sie werden in innigem, ver­trautem Verkehr mit Ihm stehen und mit Ihm reden von An­gesicht zu Angesicht, wie ein Freund zum Freunde spricht, ohne Furcht oder Mißtrauen; denn ihr Recht dazu wird gleichsam von Seiner eigenen Hand gezeichnet und versiegelt sein. Er wird sie mit Sich Selbst verbunden haben; und sie werden dieses wissen, weil Sein Name an ihren Stirnen ist. Sie werden, gleich­sam innerhalb aller Vorhänge, in dem himmlischen Tempel wandeln, ihren Herrn anschauen. Ihn lieben und bewundern.

Außerdem wird dann, wenn wir so sprechen dürfen, alles nach unserem Sinn sein; alles wird recht sein in unseren Augen, alles unser gleichmäßiges und völliges Wohlgefallen erregen und gerade so sein, wie wir es zu haben wünschen. Wir sehen dies im Buch der Offenbarung, in dessen Verlauf die himm­lische Familie, wo sie auch immer vor unser Auge tritt, stets in der vollkommensten Übereinstimmung mit den geschilderten Vorgängen erscheint. In Kapitel 4 wird der Thron zum Gericht vorbereitet. Blitze, Donner und Stimmen gehen aus ihm hervor;

doch die Ältesten und die vier lebendigen Wesen erheben ihre Stimmen, um den Namen des Herrn Gott, des Allmächtigen, Der da sitzt und alles leitet, zu preisen. In Kapitel 5 nimmt das Lamm das Buch, und dies gibt ihnen wiederum Ursache zur Freude; sie nehmen ihre Harfen, um Ihn zu verherrlichen, und erfreuen sich an der Aussicht, die dieser Anblick vor ihnen er­öffnet. In Kapitel n kündigt der siebente Engel Gericht an, aber dies verursacht nur, daß sie auf ihr Angesicht niederfallen und anbeten und danksagen. In Kapitel 12 ist der Krieg in dem Himmel und sein Ausgang ganz in Übereinstimmung mit ihren Gedanken, mit lauter Stimme verkündigen sie „Heil". In Kapi­tel 15 sind die Werke und Wege Gottes, Seine Ratschlüsse und Seine Macht der Gegenstand ihres Gesanges. In Kapitel 19 ruft das Gericht des Weibes, das die Erde verdarb, wieder und wie­der das Halleluja der verherrlichten Familie wach. So ist alles, von Anfang bis zu Ende, ausnahmslos und völlig richtig in ihren Augen, alles 'ist genau so, wie sie es zu haben wünschen. Sie triumphieren ebenso laut, wenn der Herr erscheint als der Rächer (Offb 19), wie wenn Er Sich in Seinem Charakter als der Erlöser offenbart (Offb 5). Alles ist für sie schön zu seiner Zeit. Die Hochzeit des Lammes ist ebenso völlig in Überein­stimmung mit ihren Gedanken, wie das Gericht der großen Hure.

Alles das ist sehr verschieden von dem, was der Gläubige jetzt fühlt. Wenn er geistlich ist, so ist nichts um ihn her für lihn völlig richtig. Und dies wird immer mehr der Fall sein, je weiter die Welt auf der Bahn ihrer Erfindungen fortschreitet und je mehr sie sich in ihrem Hochmut und ihrer Anmaßung erhebt. Dies sollte in bezug auf die Stärke unserer Zuneigungen eine ernste Prüfung in uns hervorrufen. Fragen wir uns selbst, inwieweit wir durch die Sucht, die sich besonders in den letzten Jahrzehnten steigert, die Welt zu verschönern und zu vervoll­kommnen, beeinflußt werden? Wünschen wir uns Glück, zu einer solchen Zeit zu leben? Erfreuen uns jene weltlichen Be­strebungen, oder stimmen sie unsere Herzen zur Traurigkeit? Dies ist ein Prüfstein für den Zustand unserer Seele, ob wirk­lich Christus der Gegenstand unserer Herzen ist oder nicht. Der große Turm in den Ebenen von Sinear mochte der Ruhm eines

Nimrod sein; Abraham aber würde sich von ihm abgewendet haben, um zu weinen. Ebenso ist das, was die Trauer und Wehklage der Kaufleute der Erde hervorruft, die Ursache des Jubels der Himmel (Offb 18).

Die wichtige Frage für uns besteht darin: Ist Christus der Ge­genstand unserer Herzen, das, wonach wir uns sehnen? Gerade das wird der erhabenste und herrlichste Teil unserer reichen Segnungen im Himmel sein, daß Er unser ist, daß Er in unserer Nähe, bei uns weilt. Das, was für das Herz, bereitet wird, ist stets der köstlichste Gedanke, mit dem wir uns beschäftigen können. So war es mit Adam im Anfang. Er wurde in den Besitz jenes herrlichen Gartens gestellt, der alles in sich schloß, was die Sinne befriedigen konnten. Es gab dort Bäume und Früchte, die für Auge und Gaumen gleich angenehm waren. Die Wünsche des einen wie des anderen, ja aller Sinne und Fähig­keiten des Menschen, konnten in heiliger Weise befriedigt werden, da der Baum der Erkenntnis noch nicht berührt worden war. Gott nahm den ersten Platz ein, das Geschöpf wurde nicht höher gehalten und mehr verehrt als der Schöpfer. Alle Sinne konnten in richtiger Weise ihre Befriedigung finden, da der göttliche Pflanzer des Gartens für sie Vorsorge getroffen hatte (1. Mo 2, 9). Und mehr als das. Adam empfing aus derselben Hand die Herrschaft. Wie Gott in den höheren Welten die Sterne bei ihren Namen nannte, so gab Er auf der Erde dem Menschen das Recht, den Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels Namen zu geben, und machte ihn so zum Herrn der Schöpfung. Für sein Auge, sein Ohr, seinen Geschmack und sein Verlangen nach Würde und Herrschaft war in göttlicher und vollkommenster Weise Vorsorge getroffen. Doch das Herz war bis dahin unbefriedigt. Der Tag der Krönung Adams war nicht der Tag seiner Heirat. Doch der Herr kannte ihn. Er kann­te das Geschöpf, das Er in Seiner Liebe und Vollkommenheit gebildet hatte. „Es ist nicht gut", sagt Er, „daß der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen". Und Adam emp­fängt Eva aus derselben Hand, die ihm den Garten Eden mit seinen Früchten und die Herrschaft über die Erde gegeben hatte. Bei dieser Gelegenheit öffnen sich seine Lippen. „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund". „Diese ist einmal Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleische", sagt

Adam und drückt dadurch seine volle Befriedigung aus. Jetzt brauchte er nichts mehr. Eden mit all seinen Erfrischungen für das Auge und den Gaumen, die Herrschaft in ihrer weiten, unbegrenzten Ausdehnung, nichts konnte das in ihm bewirken, was der Anblick Evas hervorbrachte. Sie entlockte seinen Lip­pen das Bekenntnis, daß er jetzt befriedigt war. So wird es mit uns sein, wenn wir Jesum besitzen und für immerdar in unse­rem himmlischen Eden sein werden.

Es ist sehr gesegnet, diese und ähnliche durch das Wort hin zerstreuten Nachrichten über den Himmel einer eingehenden Betrachtung zu unterwerfen. Der Heilige Geist, der das Unter­pfand unseres Erbes genannt wird, macht diese Mitteilungen lebendig für unsere Seelen. Und gerade diese Nachrichten und Bemerkungen sind es, die uns in einem göttlichen Sinn zu Fremdlingen und Pilgern hienieden machen. Abraham wurde nicht deshalb ein Fremdling auf der Erde, weil er in Meso­potamien Not und Elend fand, — wir lesen nichts davon —, son­dern weil der Gott der Herrlichkeit in der Sprache der „Ver­heißung" zu ihm geredet hatte. Er verließ seine Heimat, seine Verwandtschaft und das Haus seines Vaters im Blick auf das, was vor ihm stand, aber er wurde nicht ausgetrieben durch das, was hinter ihm lag. Es war eine göttliche Fremdlingschaft hie­nieden.

Steht es auch so in unserer Seele, mein lieber christlicher Leser, oder wünschen wir, daß es so sein möchte? Betrachten wir stets die vor uns liegende, herrliche Aussicht und suchen wir die verschiedenen Andeutungen, die uns in betreff ihrer gemacht worden sind, zu erforschen? Das sind Fragen, die unsere Seelen beleben und leiten sollten. Eine aufrichtige Prü­fung wird vielleicht Demütigung und Selbstgericht in uns her­vorrufen, aber sie wird außerordentlich heilsam sein.

Um uns gleichsam eine völlige Herzensfreudigkeit zum Ge­nuß des Himmels, der einst unser Teil sein wird, zu geben, hat der Herr uns belehrt, daß wir dort in gewissem Sinne not­wendig sind, so unwichtig wir in unseren eigenen Augen auch sein mögen. Ein jeder soll, wie wir schon oben bemerkten, ein Gefäß der Herrlichkeit sein. Das eine Gefäß mag mehr ent­halten als das andere, aber ein jedes hat die Fülle und ist not-

wendig in jenem Hause der Herrlichkeit. Unsere Gedanken sind gewöhnlich damit beschäftigt, wie notwendig der Herr für uns ist. Aber es ist ebenso wahr — zum Preise der Reichtümer der Gnade — daß wir notwendig sind für Ihn. „Das Weib ist des Mannes Herrlichkeit". Sicherlich sind wir unwichtig, wenn es sich um Leben und Errettung handelt, — Er ist notwendig für das Leben, wie für die Freude, für die Errettung, wie für die Herrlichkeit; aber wir sind erforderlich, wenn Seine Freude und Herrlichkeit infrage kommt.

Gott trug Sorge für die Freude Adams, als Er beschloß, die Eva zu bilden. Sicher war Adam für Eva ein Gegenstand der reinsten und vollkommensten Freude; aber dennoch war es die Absicht Gottes, daß Adam in Eva sein Glück finden sollte. So ist es auch in der Jetztzeit, dem Zeitalter des Evangeliums. Für den wahren Adam wird jetzt Sorge getragen. „Das Reich der Himmel ist einem Könige gleich geworden, der seinem Sohne Hochzeit machte". Ebenso wird es in dem Zeitalter der Herr­lichkeit sein. Die Hochzeit, die dort gefeiert wird, wird „die Hochzeit des Lammes" genannt, nicht „die Hochzeit der Kirche oder des Weibes des Lammes", sondern des Lammes, als wenn dieses der einzige Hauptteilhaber jener Freude wäre. Und so ist es auch. Die Versammlung wird ihre Freude an Christo haben, aber Christus wird eine noch größere Freude an der Versamm­lung haben. Für alle Ewigkeit wird Seine erlöste Brauf der Gegenstand Seiner höchsten Wonne sein. Wie in allen Dingen, so muß Er auch hierin den Vorrang haben. Seine Freude an ihr wird größer sein, als ihre Freude an Ihm.

Und alle zuvorerkannten, himmlischen Gläubigen (keiner darf fehlen) werden die Eva jenes Adam bilden und die Brauf oder das Weib darstellen, das bestimmt ist, die Freude und Herrlichkeit des Mannes zu sein. Alle sind jetzt wohl zusam­mengefügt und verbunden durch jegliches Gelenk der Dar­reichung", und ebenso werden auch dann alle erforderlich sein. Wie köstlich ist es, daß der Herr nicht allein den Himmel, son­dern auch das Herz in einer Weise zubereitet, daß wir den Himmel mit völliger Freudigkeit genießen können, indem wir sehen, daß wir selbst einen notwendigen Teil der Herrlichkeit bilden. So tröstete einst Joseph seine Brüder, indem er ihnen sagte, daß Gott ihn vor ihnen her nach Ägypten gesandt habe,

um sie am Leben zu erhalten. Es ist wahr, ihre verbrecherischen Hände hatten es getan, aber zugleich war es geschehen nach den Absichten und Ratschlüssen Gottes, und hierauf wollte er ihre Gedanken richten. So handelt die Liebe, und „Gott ist Liebe". Die Liebe wird nicht nur das Fest bereiten, sondern auch alles tun, was in ihrer Macht steht, damit das Fest mit allem Vertrauen und aller Herzensfreude genossen werden kann. Sie stellt nicht nur einen Tisch auf, sondern bereitet auch Sitze für die Gäste, setzt ihnen einen gefüllten Teller vor und gibt ihnen Freudigkeit zu essen.

Können wir an diese Dinge, die bald, und dann für immer und ewig, unser Teil sein werden, denken und uns selbst glück­lich schätzen, daß es so ist? Können wir beim Gedanken an unsere im Himmel aufgespeicherten Schätze den Spott der Welt ertragen? Leben wir in der Hoffnung auf diese himmlische Freude, getrennt von der Erde und ihren Angeboten?

Doch auch in bezug auf die Erde gibt es große Ratschlüsse und Vorsätze Gottes, die ihrer Erfüllung noch harren. Der Regenbogen wurde einst, wie wir wissen, als Unterpfand hier­für dem Menschen gegeben. Er ist das Zeichen eines Bundes zwischen Gott und der ganzen Erde, sowie einer jeden leben­digen Seele auf ihr. Der Herr sagt, daß, wenn die Wolke kommt, der Bogen bei ihr sein wird, wenn der Vorbote des Gerichts naht, das Zeichen des Friedens erscheinen wird. Und bis zum heutigen Tage ist die Erde nicht wieder zerstört wor­den. Sie mag nicht mehr der Wohnplatz der Herrlichkeit sein, wie sie es einst war und später wieder sein wird, aber doch ist sie, nach der Verheißung des Regenbogens, bis zum gegen­wärtigen Augenblick bewahrt geblieben. Und die Schrift be­lehrt uns sorgfältig und genau, daß Gott in all den verschiede­nen Wegen Seiner Regierung und Handlungsweise dieser Ver­heißung gedacht hat, ihrer heute noch gedenkt und auch in der Zukunft gedenken wird.

Sicherlich wurde ihrer gedacht, solange der Herr Seinen Thron in Zion hatte. Diese ganze Zeit hindurch war die Erde die Wohnstätte Gottes. Und als der Thron des Herrn Zion ver­ließ und das Allerheiligste die Herrlichkeit verlor, weil das irdische Volk durch seine Sünden seine Ruhe gestört hatte, und

als alles in den Himmel zurückkehrte (Hes 1—9), sehen wir den Thron und die Herrlichkeit den Regenbogen mit sich nehmen. Das heißt: obgleich die Erde damals der Herrlichkeit beraubt wurde, obgleich Jerusalem, der Thron des Herrn, für eine Zeit­lang in Trümmer gelegt und von den Nationen unter die Füße getreten wurde, wollte der Herr doch der Erde eingedenk bleiben und sie, nach Seiner Verheißung, zum Gegenstand Sei­ner treuen Sorgfalt machen. Wir sehen, daß die Herrlichkeit, indem sie die Erde verläßt, das Erinnerungszeichen der treuen Sorgfalt Gottes mitnimmt; der Regenbogen begleitet sie zum Himmel. Dies sagt uns, daß der Herr, obgleich Er die Erde als den Schauplatz Seiner Macht und Seines Lobes verlassen haben mag, sich ihrer dennoch stets erinnert. In Übereinstimmung hiermit sehen wir in Offb 4, wo der Himmel sich vor unseren Blicken öffnet, den Thron umgeben von dem Regenbogen, dem untrüglichen Zeichen des Bundes Gottes mit der Erde. Wie köst­lich ist dieses! Der Herr ist in den Himmeln immer noch ein­gedenk der Erde. Er hat Seinen Thron in der Höhe gerade mit dem Unterpfande ihrer Sicherheit umgeben, so daß, obgleich die Erde diesen Thron nicht sieht und sie nicht mehr sein Stand­ort ist, der Thron die Erde sieht, sich ihrer erinnert und gleich­sam nach seinem naturgemäßen Schemel verlangt.

Dies zeigt uns die Sicherheit der Erde während der ganzen Zeit der himmlischen Verwaltung, in der wir uns jetzt befinden. Der Herr sammelt Sich jetzt ein Volk für den Himmel. Er er­füllt jetzt noch nicht die Erde mit Seiner Herrlichkeit, sondern Er sammelt Sich auf ihr eine auserwählte Familie, die Gemein­schaft mit Ihm haben soll in den Himmeln; aber dennoch ge­denkt Er Seiner Verheißung. Er sieht den Bogen an und be­wahrt die Erde, — Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht, alles läßt Er in seinem regelmäßigen Wechsel wiederkehren (1. Mo 8, 22). Wie einfach ist dies alles! Als der Thron zuerst seinen Weg von der Erde zum Himmel zurücknahm, wurde er begleitet von dem Regenbogen, und jetzt sehen wir ihn in den Himmeln umgeben von diesem lieb­lichen und schönen Zeichen der Segnung der Erde.

Doch dies ist nicht alles. Selbst dann, wenn der Herr dereinst Seine gerechten Gerichte über diese Erde kommen lassen wird, finden wir Ihn ebenso eingedenk Seiner Verheißung, sie nicht

zu zerstören, wie Er es jetzt ist und bis heute war. Wir sehen dies in Offb 10. Der starke Engel, der Engel des Gerichts, kommt hernieder. Er ist bekleidet mit einer Wolke, dem schreck­lichen Gefäß des Zornes und Zeichen des Gerichts. Doch er ist nicht nur angetan mit der Wolke, sondern auch der Regenbogen begleitet ihn, „bekleidet mit einer Wolke, und ein Regenbogen auf seinem Haupte". Gott will uns ohne Zweifel hierdurch sagen, daß Er bis zum Ende hin Sich an Sein Wort erinnern wird. Das Gericht wird nur bis zu einer bestimmten Grenze gehen können; aber dann wird Gott sagen: „Bis hierher und nicht weiter!" Die Wolke muß allerdings herniederkommen, das Gericht muß ausgeübt und die Zornschalen müssen aus­gegossen werden, aber nur um die zu richten, welche die Erde zerstören oder verderben, nicht um die Erde selbst zu zerstören. Der starke Engel ist bekleidet mit einer Wolke, und ein Regen­bogen ist auf seinem Haupt; die Wolke schüttet ihre Wasser, ihre Gerichte, aus, steht aber, sozusagen, unter der Leitung und Kontrolle des Regenbogens. Der gegenwärtige Zeitlauf mag verschwinden, wie es in den Tagen Noahs geschah, aber der Bogen strahlt vor dem Auge des Herrn, Seine Verheißung lebt in Seinem Herzen, und die Erde wird der glückliche Schauplatz ihrer reichen Erfüllung sein.

Wir sehen also, daß selbst das Gericht nicht imstande ist, die alte, der Erde gemachte Verheißung anzutasten. Sie wird ge­liebt um Noahs willen, von welchem es hieß: „Dieser wird uns trösten über unser Tun und über die Mühsal unserer Hände wegen des Erdbodens, den Jehova verflucht hat" (1. Mo 5, 29);

oder besser gesagt, um des gepriesenen Herrn willen, den Noah vorbildlich darstellte. Um Seinetwillen überlebt sie das Gericht, — sie hält die schreckliche Erschütterung aus, die durch die Her­niederkunft des starken Engels hervorgerufen wird, obgleich dieser mit einer Wolke bekleidet ist und seinen rechten Fuß auf das Meer und den linken auf die Erde stellt und mit starker Stimme ruft, wie ein Löwe brüllt.

Doch wofür wird die Erde aufbewahrt? Für viel mehr, als der Regenbogen ihr verheißt. So handelt Gott immer. Er hält Seine Verheißungen aufrecht und ist überströmend in Seiner Treue, indem Er weit über das hinausgeht, was Er versprochen hat. So ist es auch der Fall mit der Erde. Sie wird nicht nur auf­bewahrt im Verein mit ihrer Saat und Ernte, Tag und Nacht

usw., sondern sie wird gebracht werden „zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes". Das ist mehr, als ihr verheißen worden ist. Die heilige Stadt kommt aus dem Himmel her­nieder, um ihre Verbindung mit der Erde einzugehen; und in­dem sie über ihr leuchtet, entsendet sie aus ihrem Schoß die Blätter des Baumes des Lebens, die Ströme ihres lebendigen Wassers und die Strahlen der in ihr wohnenden Herrlichkeit, um die Erde und alles, was auf ihr ist, zu verschönern, zu er­frischen und fruchtbar zu machen (Offb 21; 22). Der Regen­bogen braucht dann nicht mehr zu erscheinen, denn die Wolke ist nicht mehr da. So lange diese da war, befand sich der Regen­bogen an seinem Platze, da die Verheißung und das Unterpfand Trost verleihen konnten inmitten des Gerichts. Jetzt aber ist das Gericht vorüber, die Wolke ist zerstreut und deshalb der Regenbogen verschwunden. Doch, wie schon bemerkt, die hei­lige Stadt kommt von Gott aus dem Himmel hernieder, um mehr, unendlich mehr zu tun, als bloß das göttliche Unterpfand einzulösen. Sie bewahrt nicht nur die Schöpfung, sondern ver­herrlicht sie. Alles wird sich dann in der Gegenwart des Herrn freuen, wenn Er kommt, um die Herrschaft über die Erde an­zutreten.

Es würde uns hier zu weit führen, wenn wir von all den Vor­bildern und Prophezeiungen reden wollten, die sich auf die Segnung der Erde in den Tagen des Königreiches beziehen. Die Bäume und Felder und Gewässer werden jubeln vor dem Herrn. Die Schöpfung selbst wird freigemacht sein zu der herr­lichen Freiheit der Kinder Gottes. Der 8. Psalm im Verein mit manchen anderen Stellen kündigt dies an. Die Stimme aller Kreatur, die auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meere ist, die von dem Propheten in seinem Gesicht gehört wird, sagt es vorher (Offb 5). Und wenn der verheißene Tag kommt, wird es sich verwirklichen; dann „wird die Wüste und das dürre Land sich freuen, und die Steppe wird frohlocken und aufblühen wie eine Narzisse"; „der Wolf wird bei dem Lamme weilen und der Pardel bei dem Böcklein lagern"; „der Himmel wird die Erde erhören, und die Erde wird erhören das Korn und den Most und das Öl" (Jes 55; 11; Hos 2).

Auch die Nationen werden, wie wir wissen, ihren Platz in dem kommenden System der Herrlichkeit haben. Sie werden ihre Schwerter in Pflugscharen verwandeln, und anstatt den Krieg zu erlernen, werden sie die Wege Jehovas erforschen und in Seinen Pfaden wandeln. Zur bestimmten Zeit werden sie, ein jeder mit seinem Opfer, auf den König in Zion warten und ihre Freudenfeste in der Gegenwart Seiner Größe und Herr­lichkeit feiern. Von den äußersten Enden der Erde wird man dem Gerechten Lieder singen, und mit willigem Herzen werden alle Völker der Aufforderung des Propheten nachkommen:

„Singet Jehova ein neues Lied, seinen Ruhm vom Ende der Erde: die ihr das Meer befahret, und alles, was es erfüllt, ihr Inseln und ihre Bewohner! Es mögen ihre Stimme erheben die Steppe und ihre Städte, die Dörfer, die Kedar bewohnt; jubeln mögen die Bewohner von Sela, jauchzen vom Gipfel der Berge her! Man möge Jehova Ehre geben und seinen Ruhm verkün­digen auf den Inseln" (Jes 42, 10—12)!

Israel wird dann sicher wohnen — „ein jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum". Sie werden alle ver­einigt sein. Sie werden jedermann ihren Nachbar nennen. „Ephraim wird Juda nicht beneiden, und Juda wird Ephraim nicht bedrängen" (Jes 11, 15). Die beiden geheimnisvollen Hölzer in der Hand des Propheten werden zu einem werden (Hes 57). Sie werden „eine Nation sein im Lande, auf den Ber­gen Israels". Und so wie in den Tagen Salomos, wird auch dann gesagt werden: „Juda und Israel waren zahlreich, wie der Sand, der am Meere ist, an Menge; sie aßen und tranken und waren fröhlich" (1. Kön 4, 20). Doch ihre Fröhlichkeit wird dann eine heilige Fröhlichkeit sein. „Das Gedächtnis deiner großen Güte werden sie hervorströmen lassen und deine Gerechtigkeit jubelnd preisen. Sie werden sprechen von der Herrlichkeit deines Reiches, und von deiner Macht werden sie reden" (ps 145, 7. n). Unter dem Gott ihrer Väter, dem Gott ihres Bun­des, wird Israel reichlich gesegnet werden. Denn so spricht der Herr Gott: „Und sie werden wohnen in dem Lande, das ich meinem Knecht Jakob gegeben, worin eure Väter gewohnt haben, und sie werden darin wohnen, sie und ihre Kinder und ihre Kindeskinder/ bis in Ewigkeit; und mein Knecht David wird ihr Fürst sein ewiglich. Und ich werde einen Bund des Friedens mit ihnen machen, ein ewiger Bund des Friedens wird es mit ihnen sein; und ich werde sie einsetzen und sie vermeh­ren, und werde mein Heiligtum in ihre Mitte setzen ewiglich. Und meine Wohnung wird über ihnen sein, und ich werde ihr

Gott, und sie werden mein Volk sein. Und die Nationen werden wissen, daß ich Jehova bin, der Israel heiligt, wenn mein Heilig­tum in ihrer Mitte sein wird ewiglich" (Hes 57, 25—28).

Alle diese Stellen reden von den tausendjährigen Freuden auf der Erde. In diesem System der Herrlichkeit gibt es jedoch außer der Schöpfung, den Nationen und Israel noch einen Gegen­stand, der sich inmitten dieser Freuden durch seinen beson­deren Glanz auszeichnet. Ich meine Jerusalem. Ich habe mich früher schon oft gefragt, woher es wohl komme, daß in der Schrift auf Jerusalem ein so hoher Wert gelegt werde, daß der Herr „die Tore Zions mehr liebe, als alle Wohnungen Jakobs" (ps 87, 2).

Es war der Ort, wo Er als der Gott und der König Israels gegenwärtig war. Sein Haus und Sein Heiligtum waren in Jeru­salem. Dort wurden Seine Gesetze verwaltet und die Verord­nungen Seiner Anbetung beobachtet. Die Throne des Gerichts, die Throne des Hauses Davids, die Verordnung für Israel, der Dienst der Anbetung des Namens Jehovas — alles das befand sich in dieser Stadt (ps 122). Es war der Ort, von dem Jehova gesagt hatte: „Mein Name soll daselbst sein", die Wohnstätte der Herrlichkeit, des Symbols Seiner Gegenwart.

Und mehr noch als das. Es war Seine Heimat. Das ganze Land war das Eigentum Jehovas, aber Jerusalem war sozusagen die Familienwohnung. Die Kinder wohnten hin und her zer­streut in den einzelnen Teilen des Landes, aber sie kamen von Zeit zu Zeit, an bestimmten Festtagen, in der gemeinschaft­lichen Heimat, in dem Hause des Vaters, zusammen. Dies war es, wie ich nicht zweifle, was die Stadt für das Auge und das Herz des Herrn so besonders anziehend machte. Er suchte und fand eine Heimat in Jerusalem, und Er verließ sie, als die Sünde sie beschmutzt hatte, mit dem ganzen Zögern einer in ihren Erwartungen getäuschten Liebe (Hes 8—11).

Jerusalem war das Haus des Vaters, das Haus des Königs und der Tempel des Gottes Israels. Und dies ist mehr als genug, um uns ihre hohe Auszeichnung zu erklären. Und das alles wird sie einmal wieder sein. Sie wird wieder das Haus, den Tempel und die Familienwohnung bilden. Sie wird der Sitz der Gesetz­gebung, der Anbetung, des Gerichts und der Regierung sein.

Von ihr werden die lebendigen Wasser ausfließen, um sie in jenen zukünftigen Tagen zu der geheimnisvollen Mutter der ganzen Familie zu machen (ps 87). Die Herrlichkeit der Himmel wird über ihr scheinen und für sie den Dienst der Sonne und des Mondes versehen; sie selbst wird erhöht werden, um sich des vollen Lichtes dieser Herrlichkeit erfreuen und unter ihr wohnen zu können (Jes 4, 5; 60, 1; Sach 14, 10).

Sie wird die Brauf des Herrn der Erde sein, die Königin an dem Tage Seiner Macht. Er wird über sie frohlocken und sie be­kleiden mit dem herrlichsten Schmuck; die ganze Welt wird sie ehren und pflegen müssen, und alle Schmach, die ihr zuge­fügt wird, wird Er betrachten, als ob sie Ihm Selbst angetan wäre (ps 45; Jes 60; Jer 55; Zeph 5). Dies alles ist wohl im­stande, uns den Platz zu erklären, den sie in den Gedanken des Geistes einnimmt. Seine Propheten, welche redeten, getrieben durch Ihn, bezeichnen sie wieder und wieder als die Braut, die Königin und die Mutter in jenen Tagen zukünftiger Herrlich­keit. Doch was sollen wir sagen von Ihm, Der sie so mit aller Schönheit und Würde bekleidet und sie in solche Beziehungen zu Sich Selbst gestellt hat? Ist es nicht wunderbar und beglük­kend, den Kreis menschlicher Zuneigungen in dem Herzen Gottes zu entdecken? Ist Freundschaft nur menschlich? Wie könnte ich das sagen, wenn ich Jesum und die Jünger betrachte, in deren Gesellschaft Er so gerne verweilte? Sind verwandt­schaftliche Zuneigungen nur menschlich? Wie könnte ich dies behaupten, wenn ich an das Verhältnis zwischen Christo und der Kirche denke, von dem unzählige Schriftstellen Zeugnis geben? Ist die innige Freude des Herzens an der Heimat ebenso sehr eine göttliche wie eine menschliche Freude? Wie könnte ich daran zweifeln, wenn ich den Herrn und Jerusalem betrachte? Sicherlich, das Herz Gottes ist der Wohnsitz aller reinen und richtigen Gefühle des Herzens; der „Mensch Jesus Christus" offenbart uns dieses.

Das also ist der Zustand Jerusalems, der Erde, der Nationen und des Volkes Israel in den verheißenen Tagen der Gegenwart und Macht des Herrn. Die ganze Schrift zeigt uns, daß solche Freuden nicht genossen werden können auf der Erde in ihrem gegenwärtigen Zustand. Sie können nicht eher eintreten, bis die Erde zu einem Schauplatz der Gerechtigkeit gemacht ist, mit

anderen Worten, bis der Herr sie von allem gereinigt hat, was Ihm widersteht und Ungerechtigkeit wirkt. Das Schwert des Gerichts muß dem Thron der Herrlichkeit vorausgehen. Die Erde muß von ihrem Verderben befreit sein, ehe sie wieder ein Garten heiliger, göttlicher Wonne werden kann.

Das Evangelium bringt nicht eine glückliche Welt hervor, noch erzeugt es einen Garten Eden. Sein Zweck ist ein ganz anderer; es sammelt aus der Welt ein Volk, und zwar ein himm­lisches Volk für Christum. Doch die Gegenwart des Herrn wird dereinst, wenn diese Gegenwart in rechtmäßiger Weise zu ihr zurückkehren kann, eine glückliche Welt hervorbringen. Der Schluß des Buches der Psalmen zeigt uns dies. Herrlicher Schluß! Alles ist Preis und Dank; unermüdlich geben die Lippen der überströmenden Freude des Herzens Ausdruck und erkennen die ungeteilte Herrlichkeit des gepriesenen Herrn an. Doch diesem allem gingen die Leiden des Gerechten in einer bösen Welt und das darauf folgende Gericht dieser Welt voraus. Denn das Buch der Psalmen enthält das Schreien des Gerechten in einer bösen Welt, die Freuden des Geistes inmitten dieses Bösen, die mannigfaltigen Übungen der Seele auf dem Wege und endlich das Ende des Gerechten in der Freude des Lobes. Dies alles bewahrt uns vor dem Gedanken, daß Freude auf der Erde sein wird, bevor das Gericht sie gereinigt hat. — Die Ruhe muß durch das Schwert Davids für Salomo bereitet werden.

Verstehen wir dies, dann werden wir vor Enttäuschungen be­wahrt bleiben und zugleich für diese Welt und in ihr keine Ruhe und Beständigkeit erwarten, bevor der Herr das Gericht aus­geübt hat. Unsere Freude besteht jetzt in Ihm, im Geiste, im Gedanken an Seine Liebe und im. Genuß Seines Friedens, indem wir Tag für Tag, in der Hoffnung auf die zukünftige vollkom­mene und rechtmäßige Freude mit Ihm unseren Weg fortsetzen.

Es ist eine sehr ernste Wahrheit, daß Gott dem Menschen Zeit und Raum läßt, seine Ungerechtigkeit zur völligen Reife zu bringen, damit das Gericht über ihn komme, wenn sein Stolz den höchsten Gipfelpunkt erreicht hat, und damit es das Sy­stem, das er aufzurichten bestrebt ist, gerade dann vernichte, wenn es seiner Vollendung nahe scheint. Dies ist sicherlich eine feierliche Wahrheit. Aber selbst hierin ist, wie in allen Rat­schlüssen und Wegen Gottes, „die Weisheit gerechtfertigt von

ihren Kindern". Der Gläubige mag vielleicht bestürzt sein, wenn er diese Handlungsweise Gottes mit dem Menschen sieht, aber er billigt sie und versteht, daß es ganz richtig ist, wenn dem Menschen erlaubt wird, die völlig gereifte Frucht seiner Abweichung von Gott hervorzubringen, um dann in dem schließlichen Gericht Gottes die gerechte Antwort auf seinen Stolz und Abfall zu empfangen. Das Maß der Gottlosigkeit der Amoriter mußte voll sein, ehe das gerechte Gericht sie ereilte. Der Herr trug Babylon so lange mit Geduld, bis das Geschrei von ihr zu Ihm emporstieg. Nebukadnezar wurde erst dann seiner hohen Stellung und Würde beraubt, als er sich rühmte, die große Babel „durch die Stärke seiner Macht und zur Ehre seiner Herrlichkeit" erbauf zu haben. Der große König des Nor­dens in den letzten Tagen wird erst dann zu seinem Ende kom­men, wenn er „die Zelte seines Palastes aufschlagen wird zwischen den Meeren und dem Berge der heiligen Zierde" (Dan 4; 11). Dies ist ernst, aber es findet die Rechtfertigung der Weisheit und die völlige Billigung des Glaubens. Gott ist ge­rechtfertigt in Seinen Worten und überwindet, wenn Er ge­richtet wird (Röm 5, 4).

Doch genug. Ich will diese Gedanken nicht weiter verfolgen. Jedoch es Ast in diesen Tagen, wo so viel Verschiedenheit in der Denk- und Urteilsweise unter den Gläubigen besteht, wo die Finsternis und Verwirrung immer mehr zunimmt, köstlich für das Herz, sich mit Gegenständen zu beschäftigen, die alle inter­essieren und erfreuen, und das Auge zu richten auf jene Regi­onen, wo Licht und Reinheit herrschen, und wo Gott alles, sowohl die Dinge in den Himmeln als auch die Dinge auf der Erde, in Christo vereinigen wird, — auf jene Regionen, wo alles den Charakter inniger, vertrauter Nähe tragen wird, während zu gleicher Zeit die Beziehungen zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf, zwischen Dem, Der heiligt, und denen, die ge­heiligt sind, völlig aufrechtgehalten und anerkannt werden. In vielen herrlichen Stellen des Wortes Gottes wird uns dies klar vorgestellt. Der Herr wohnte inmitten des Lagers Israels, so­lange das Volk ruhte, und ging mit, wenn es seine Reise fort­setzte, sowohl bei Tage als bei der Nacht, sowohl wenn es vor­wärts zog als, auch wenn es zum Berge Sinai oder zum Roten Meer zurückkehrte. Aber dennoch war Er Gott, der Herr des Lagers.

Wie spricht dies alles zu unserem Herzen! Wir beugen uns davor. Wir freuen uns, zu wissen, daß Er in einem Lichte wohnt, dem sich kein Mensch nahen kann, und daß Er zugleich ge­wandelt hat auf dieser Erde durch Städte und Dörfer, daß Er der Eine ist. Den niemand je gesehen hat, noch sehen kann, und daß Er uns zugleich kundgemacht worden ist durch den eingeborenen Sohn, der in des Vaters Schoß ist. Seine unum­schränkte Autorität als Herr sowie Seine Heiligkeit und Unnah­barkeit als Gott sind unendlich; und dennoch ist Er „als Haupt über alles der Versammlung," gegeben.

Ich schließe hiermit diese Betrachtung; doch ich frage meine Leser und frage mich: Ist Er der Gegenstand unserer Herzen? Das Herz weiß wohl, welche Macht und welchen Einfluß der Gegenstand, der vor ihm steht, ausübt. Machen wir Jesum zu dem Gegenstand unserer Herzen? Ist ein Gefühl des Heimwehs in unseren Herzen? Hoffen wir von Tag zu Tag, Ihn zu schauen? Und sind wir fähig zu sagen: „Schafft er Ruhe, wer will beunruhigen" (Hi 34, 29)?

Möchte der Heilige Geist diese Gefühle und diese Zuneigun­gen mehr und mehr in unser aller Herzen wecken! Dem aber, „der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blute und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen".