Bibra O S von, Heimbucher Kurt, Nürnberger Predigten

05/26/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

"Sehet, da ist euer Gott!"'

Es begab sich aber zu der Zeit ...    Luk-, 2,1-14

Irgendwo ist Krieg. Die Furie des Krieges walzt über das Land. Menschen sind auf der Flucht. Ihre paar Habseligkeiten haben sie dabei. Unter den vielen Menschen ist eine schwangere Frau. Die Stunde der Geburt ihres Kindes kommt. Wo soll sie gebären? Man findet ein halbzerschossenes Haus. Dort hinein geht die Frau und bringt ihr Kind zur Welt. Um sie herum ist Elend, Not, Armut und Kälte.

Immer wieder werden auf dieser Welt Kinder in Elend und Not, in Hütten und Notquartieren geboren.
Ist das eine Wiederholung oder eine Zweitausgabe von Weihnachten?
Nein und tausendmal nein! Zu Weihnachten gehören Bethlehem und die Engel. Wir wüßten gar nicht, daß es Weihnachten geworden ist, wenn sie es uns nicht verkündigt hätten. Wer wäre denn schon auf den Gedanken gekommen, daß ein Kind, in einem Stall geboren, Gottes letztes und Gottes entscheidendes Wort an die Welt ist? Das kann sich kein Mensch ausdenken. Das muß uns gesagt werden.

Weihnachten ist nicht eine tragische menschliche Geschichte, die uns ans Herz geht. Es ist die Frage, ob sie uns ans Herz geht. Vielleicht sind wir seelisch schon viel zu abgehärtet von all den vielen Tragödien, die uns fast Tag für Tag begegnen.
Weihnachten ist der Einbruch der anderen Welt. Die Krippe, das Kreuz und das leere Grab sind Zeichen des Handelns Gottes zu unserem Hell. Weil Gott uns helfen will, darum ist es Weihnachten geworden.
Wir wollen an diesem Christfestmorgen drei Wahrheiten aus dem Bericht des Lukas uns sagen lassen.
1. Gott macht Geschichte.
„Es war einmal...", so beginnen alle Märchen. „Es begab sich aber zu der Zeit...", so beginnt der geschichtliche Bericht des Lukas. An Weihnachten geht es weder um fromme Märchen noch um religiöse Mythen. Mit Märchen und Mythen kann man sich vergnügen, aber man kann mit ihnen weder leben noch sterben.

Wir sind heute Menschen der Realitäten. Wir leben wirklichkeitsnah. Wir wollen handfeste Tatsachen.
Weihnachten ist der Einbruch Gottes in diese Welt - in ihren Raum, in ihre Zeit, in ihre Geschichte.
Auf diesem Planeten Erde hat Gott sich geoffenbart. In einer bestimmten geschichtlichen Stunde ist Er zu uns gekommen.
Die Namen des Kaisers Augustus und des Statthalters Cyre-nius, der Hinweis auf die Steuererhebung, die Volkszählung und auf Bethlehem stecken den geschichtlichen Raum und Rahmen ab, in dem sich das Handeln Gottes vollzieht.
Augustus, der gewaltige und große römische Kaiser, hätte es sich doch nie träumen lassen, daß er mit seinen Plänen der Vollstrecker der Pläne Gottes ist. Ist Augustus nicht der souveräne Herr? Gelten nicht seine Befehle im ganzen, großen Weltreich?. Aber am Schalthebel der Weltpolitik sitzt der lebendige Gott. Er macht Geschichte mit Präzision. Das wird an Weihnachten deutlich.
Wir wollen es uns an einer konkreten Stelle des Berichtes vergegenwärtigen.
Jahrhunderte vor der Geburt Jesu hat der Prophet Micha Bethlehem als den Geburtsort des kommenden Messias angekündigt. Maria ist von Gott bestimmt und erwählt als Mutter des Messias. Sie aber wohnt in Nazareth. Wie soll sie nach Bethlehem kommen? Da bringt Gott ein Weltreich in Bewegung. Maria ist mit Joseph verlobt. Joseph stammt aus dem Geschlecht Davids. Der Stammsitz des Davidgeschlechtes aber ist Bethlehem. Zur Volkszählung und Steuererhebung aber muß jeder zum Stammsitz seines Geschlechtes. Ein Weltreich kommt in Bewegung, damit Gottes Verheißung eingelöst wird. „Des HERRN Wort ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält Er gewiß." Gott macht Geschichte mit Präzision.

„Sehet, so ist euer Gott!"
2. Gott wird ein Kind.
Durch die Jahrhunderte war es die Sehnsucht Israels, des erwählten Gottesvolkes, daß Gott sich mächtig offenbaren möchte. Im Propheten Jesaja hören wir den Schrei der Sehnsucht: „Ach, daß Du den Himmel zerrissest und führest herab,
daß die Berge vor Dir zerfiössen ....daß Dein Name kund würde unter Deinen Feinden und die Heiden vor Dir zittern müßten durch die Wunder, die Du tust..." Dies ist der Wunsch der Frommen und die Herausforderung der Spötter: Gott soll sich zeigen. Er soll seine Macht offenbaren.
Gott aber kommt anders. Er wird ein Kind. Um dieses Kind her ist Elend und Armut. Dieses Kind wird armen Eltern anvertraut. Maria und Joseph sind einfache Leute. Draußen auf dem Feld hören Hirten, daß ein Kind in einem Stall geboren worden sei. Die Engel deuten auf dieses Kind und rufen:
„Sehet, da ist euer Gott!"
Es ist ein merkwürdiger Weg, den Gott einschlägt. Warum kommt Er so unscheinbar, so klein, so arm, so jämmerlich?
Gott wird wie wir, damit wir Vertrauen zu Ihm fassen. Paulus sagt im Brief ian die Philipper im Blick auf Christus: „ Er ward gleich wie ein anderer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden..."
Was hülle uns ein Gott, der auf Distanz zu uns bliebe! Was nützte uns ein großer Weltgeist, der sich von uns verehren ließe' Was nützte uns ein Gott, der aus einer fernen, heilen Welt uns ein paar Lebensanweisungen gäbe!
Wir wären mißtrauisch gegenüber einem Gott, der sich zu gut wäre, daß er sich die Finger an dieser Welt schmutzig machte. Das Kind in der Krippe zeigt uns: Gott geht uns nach. Er ist nicht gegen, sondern für uns. Er will uns helfen.
Gott geht in die Tiefe, damit jeder Mensch sich von Ihm verstanden weiß.
Paul Gerhardt singt in einem Weihnachtslied:
„Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu, ich will mir Blumen holen, daß meines Heilandes Lager sei auf lieblichen Violen...'
Da kommt das Empfinden zum Durchbruch, daß Heu und Stroh, Stall und Krippe kein würdiger Platz sind für den HERRN der Herrlichkeit. Wenn Gott aber wird wie wir, dann wird Et. ein Mensch im Elend.
Was hülfe uns ein Gott, der in einem Palast geboren worden wäre! Was hülfe uns ein Gott der oberen Zehntausend! Wie könnte solch ein Gott uns verstehen?
Gott geht ganz in die Tiefe, damit jeder sich verstanden weiß. Gott liegt in einer Krippe, damit kein Mensch vor Seiner Türe stehenbleiben muß.

Wir kommen alle aus unserer Welt. Jeder von uns hat einen Weg hinter sich. Wir sind belastete Leute. Wir haben unsre Zweifel und Nöte. Wir tragen unsere Schuld und stehen in manchen Anfechtungen. Unser inneres Gewand gleicht wohl gar nicht dem Festtagsgewand, das wir anhaben.
Die Tür zum Stall ist offen. Keiner muß draußen bleiben. Gott wird ein Kind.
„Sehet, da ist euer Gott!" -

3. Das Kind ist der Heiland der Welt.
So sagt es der Bote aus der anderen Welt den Hirten. Die Hirten sagen es weiter. „Sie breiteten das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kind gesagt war." Durch die Jahrhunderte bis in diese Stunde herein geht das Zeugnis der Zeugen: Das Kind ist der Heiland.
Das Wort des Engels war damals eine ungeheure Provokation. Die Weihnachtsbotschaft ist es bis heute. War nicht damals Heiland und Retter der Welt der römische Kaiser? Verstand er sich nicht selber so und ließ er sich nicht so von seinen Untertanen feiern? Wurden nicht die Regierungserlasse der Cäsaren „Evangelium" genannt?
Augustus war einer der Großen der Weltgeschichte. Aber er war nicht Retter und Heiland der Welt. Seine Regierungserlasse sind kein Evangelium. Hier im Stall von Bethlehem kann man den Heiland sehen. Über dem Hirtenfeld kann man das eine Evangelium hören, das der Welt gegeben ist.
Augustus ist tot. Andere vermeintliche Retter haben die Welt in tiefe Abgründe gestürzt. Sie haben Verrat geübt an dem, was Menschsein heißt.
Wer ist der Retter?
In vielen Sprachen, weltweit, erklingt es heute von neuem: „Christus, der Retter ist da!"
Das Kind ist der Heiland. Dieses Kind im Stall wird zum Mann am Kreuz. Durch Ihn versöhnt Gptt die Welt. Krippe und Kreuz sind die Zeichen der Versöhnung. In diesem Kinde hellt Gott die Krankheit zum Tode. Dieses Kind holt uns aus Schuld und Tod. In diesem Kind greift Gott nach unsrem Leben.
„Seht, so liebt euch euer Gott!"
Dienet einander!
Dienst einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat! 1. Petr. 4,10a
„Das Ziel aller Dinge ist nahe!", so schreibt Petrus kurz vor unserer Stelle (V. 7). Das Ziel aber ist die Wiederkunft des HERRN in Herrlichkeit. Weil wir auf dieses Ziel zugehen, weil der Tag des HERRN nahe ist, deshalb gilt es, die Zeit auszukaufen, nämlich dazu, das Leben einzusetzen zum Dienst füreinander. „Dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat!"
Was ist mit „Dienen" gemeint? Dienen heißt: jemanden anderes höher achten als sich selbst und sich darum ihm zur Verfügung stellen. So wollen wir mit Ehrfurcht zu unseren Mitmenschen aufblicken und ihnen zu helfen jederzeit bereit sein. Das Gegenteil von Dienen ist Herrschen, die anderen niederhalten. In den • Weltzuständen, so mannigfaltig sie sonst aussehen mögen, ist es doch durchweg so, daß der Stärkere den Schwächeren seinen Zwecken dienstbar macht, ihn gering achtet. Gleichviel, ob es sich um politische, wirtschaftliche, geistige, gesellschaftliche, sittliche oder religiöse Überlegenheit handelt: jede Übermacht wird dazu gebraucht, den anderen in eine abhängige Stellung zu bringen.

 „So soll es bei euch nicht sein", sagt Jesus. Vielmehr soll sich jeder mit seiner Überlegenheit den anderen zur Verfügung stellen, um ihre Zwecke zu fördern; nicht sie niederhalten, sondern sie höher heben, nicht sie abhängig machen, sondern ihnen zur Freiheit verhelfen. Je mehr Gaben, Vorzüge, Besitz einer hat, um so mehr ist er gehalten, sich anderen zur Verfügung zu stellen, ihre Lasten zu tragen, sich den Geringen und Elenden zu verschreiben. Als großes und ermutigendes Vorbild steht hier der Herr Jesus vor uns, der von sich sagen konnte: „Ich bin unter euch wie ein Dienender" (Luk. 22,27) und:,, des Menschen Sohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um selbst zu dienen und Sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Matth. 20, 26). In diesem Sinne also: „Dienet einander, ein jeglicher mit der Gabe, die er empfangen hat!"
Ein jeglicher! Keiner braucht sich zurückgesetzt oder benachteiligt zu fühlen, keiner muß denken, daß er keine Gaben hätte. je der  hat etwas von Gott empfangen, jeder darf sich

INHALTSVERZEICHNIS
Luk. 2,1-14    „Sehet, da ist euer Gott!"     (Zu Weihnachten)
1. Petr. 4,1Oa    Dienet einander!     (Zu Neujahr)
Ps. 33,4    Des HERRN Wort     ist wahrhaftig!    ....
Eph. 6,1-9    Autorität und Ordnung
Hebr. 3,1.6b-14    Heute     .......
Joh. 12,20-26    Vom Weg Jesu und Seiner     Nachfolger
Matth. 16,26    Mit Christus ins Leben     (Zur Konfirmation)
Matth. 27,15-26    Jesus oder Barabbas?     (Zum Karfreitag)
1. Kor. 15,50-58    Auferstehung in drei Etappen     (Zu Ostern)
Luk. 11,5-13    Betet!    ......
Matth. 28, 18-20    Werben für Jesus
Apg. 1, 8    Unser Zeugendienst
Apg. 2,1-13    Gott gibt der Welt     Seinen Geist    ....
2. Kor. 4,7-18    Von der Spannung     eines Christenlebens
Luk. 9,57b - 62    Nachfolge    ......
Mark. 4,26-29    Saat und Ernte .     (Zum Erntedankfest)
Matth. 5,13-16    Die Aufgaben des Christen     in der Welt    .....
Josua 24,1.2a. 13-28    Moderner Götzendienst
Hebr. 13, 7-9    Gedenket an euere Lehrer!     (Zum Reformationsfest)
Röm. 10, 1-4.12-17    Das Gebot der Stunde
Luk. 15,11-32    Ruf zur Heimkehr     (Zum Buß- und Bettag)
Offb. 22, 12-1   „Siehe, Ich komme bald!"