Daß Gott bei den Menschen wohnen kann, ist ein kostbares Ergebnis der durch unseren Herrn vollbrachten Erlösung. Während der Zeit des Gesetzes wohnte Gott mehr symbolisch und in einer äußeren Weise unter Seinem irdischen Volk (2. Mose 25, 8), und das auch nur für kurze Zeit. Aber heute ist die Versammlung, die wahre Kirche, in absoluter Weise der Wohnplatz Gottes auf der Erde. Er wohnt in ihr durch die Person des Heiligen Geistes (l. Kor 3, 16). Die Versammlung bildet ein geistliches Haus (l. Pet 2, 5), sie ist eine Behausung Gottes im Geiste (Eph 2, 22) und wird auch als heiliger Tempel im Herrn (Eph 2, 21), als Tempel Gottes gesehen (l. Kor 3, 16). Der Bauende ist der Herr Jesus selbst, der gesagt hat: "Auf diesen Felsen will ich meine Versammlung bauen, und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen" (Mt 16, 18). Dazu verwendet Er nur lebendige Steine, nur solche Personen, die Leben aus Gott besitzen (l. Pet 2, 5). Sie bilden dieses geistliche Haus. Alles, was der Herr baut, ist vollkommen und ohne Tadel.
Das ist die eine, die göttliche Seite der Versammlung als Haus Gottes. Doch ehe ich auf die zweite, die menschliche Seite zu sprechen komme, sei auf einen wichtigen Grundsatz in Verbindung mit dem Haus Gottes hingewiesen: Der Hauptgedanke beim Haus Gottes ist Verantwortlichkeit. Folgende Schriftstelle macht das ganz klar:
„.. auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist" (l. Tim 3, 15).
Wenn Gott irgendwo wohnt, dann müssen die Dinge dort Ihm entsprechen, dann müssen wir uns, wenn auch wir dort sein dürfen, so verhalten, wie es nach Seinen Gedanken ist; denn "deinem Hause geziemt Heiligkeit, Jehova, auf immerdar" (Ps 93, 5). Heiligkeit ist also der vorherrschende Wesenszug des Hauses Gottes. Wird dieser Heiligkeit nicht entsprochen, dann muß und wird Gott Gericht darüber bringen. Davon spricht der Apostel Petrus in Kapitel 4 seines ersten Briefes (Vers 17).
Damit sind wir unversehens zu einer zweiten Betrachtungsweise des Hauses Gottes gekommen, wie wir sie in der Heiligen Schrift ebenfalls finden: das Haus Gottes als Schauplatz der menschlichen Verantwortlichkeit ‑ ein Schauplatz, den durchaus auch das Gericht Gottes treffen kann. Auf derselben Linie liegt es, wenn der Apostel Paulus in 1. Korinther 3, Verse 9‑13, davon spricht, daß ‑ nicht der Herr Jesus baut, sondern ‑ Menschen an dem Bau Gottes arbeiten und dies unter Umständen mit schlechten Materialien ("Holz, Heu, Stroh") tun. Letzteres ist tatsächlich geschehen. Durch die Einführung falscher Lehren, die dem Urteil und Gericht Gottes nicht standhalten, sind auch falsche Menschen, die Produkte dieser Lehren, in die Kirche hineingekommen. Wenn auch Simon, der Zauberer, in Apostelgeschichte 8 nicht direkt ein Ergebnis falscher "christlicher" Lehre war, so war er doch einer von diesen falschen Menschen; und als er getauft wurde, da wurde ‑ wohl zum ersten Mal in der Geschichte der christlichen Kirche ‑ ein lebloser Bekenner getauft und auf diese Weise dem Haus Gottes in seinem äußeren Aspekt hinzugefügt.
Spätestens seit jenem Augenblick ist das äußere Haus Gottes dem Umfang nach größer als der Leib Christi, der keine toten Glieder kennt. Bis dahin waren beide, was die betreffenden Personen angeht, deckungsgleich, wenn sie auch nicht dasselbe bedeuten. Und hier ist auch der Berührungspunkt des Hauses Gottes in seinem äußeren Aspekt mit dem Reich der Himmel, auf das ich in der nächsten Anmerkung zu sprechen kommen möchte. Mit beiden ist der Gedanke der Regierung Gottes und der Verantwortlichkeit des Menschen verbunden, beide lassen auch den Gedanken zu, daß sich leblose, rein äußerliche Bekenner darin befinden. Und weil das so ist, sind beide auch dem Gericht Gottes unterworfen. Deswegen sagte ich: "Haus Gottes beziehungsweise Reich der Himmel."