Die Taufe in Matthäus 28, Briem Christian

12/22/2022
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Wenn wir den Taufauftrag des Herrn an Seine jün­ger am Schluß des Matthäus‑Evangeliums mit dem in Markus 16 vergleichen, fällt uns eine völlig ver­schiedene Reihenfolge und auch ein anderslauten­der Inhalt der einzelnen Stücke auf. Beginnen wir mit Markus 16:

"Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden."

Das ist zweifellos die christliche Reihenfolge:

predigen ‑ glauben ‑ taufen.

Hier haben wir ohne Frage die christliche Taufe vor uns.

In Matthäus 28 dagegen nennt der Herr Jesus eine andere Ordnung der Dinge:

• "Gehet nun hin und

• machet alle Nationen zu Jüngern, und

• taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und

• lehret sie, alles zu bewahren, was ich euch gebo­ ten habe."

Die Reihenfolge, die wir hier beobachten, ist ein­fach:

Hingehen ‑ jünger machen.

Letzteres wiederum würde, wie wir gesehen haben, durch Taufen und Lehren geschehen. Auch ist die­ser Auftrag ausdrücklich auf alle Nationen be­schränkt, während der Herr in Markus 16 von der ganzen Welt und von der ganzen Schöpfung sprach. Wir hören in Matthäus 28 auch nichts von Buße tun oder glauben oder gar vom Errettet‑Werden. Viel­mehr sagt der Herr nur, sie sollten alle Nationen zu Jüngern machen, indem sie tauften und lehrten.

Wir können aus diesen Merkmalen den Schluß zie­hen, daß sich der Taufauftrag in Matthäus 28 in seiner vollen Bedeutung auf ein Werk bezieht, das nach dem Ende der Gnadenzeit vom jüdischen Überrest den Nationen gegenüber ausgeführt wer­den wird. Es handelt sich offenbar um die messia­nische Taufe vor und während des tausendjährigen Friedensreiches Christi auf der Erde. Sie wird von einer Belehrung begleitet sein, die das zum Inhalt haben wird, was der Herr Seinen Jüngern ‑ vor­nehmlich in der Bergpredigt (Mt 5‑7) ‑ geboten hat­te: "Und lehret sie, alles zu bewahren, was ich euch geboten habe" (Mt 28, 20).

Die christliche Taufe heute ist dagegen für Juden und Nationen gleichermaßen. Und durch diese Taufe verlieren beide ihre bisherige religiöse Stel­lung: Sie werden in den Tod Christi und damit in das christliche Bekenntnis gebracht. Der Jude hört auf, ein Jude zu sein; der Mohammedaner hört auf, ein Mohammedaner zu sein.

Die Taufformel

Noch eben ein Hinweis auf die Worte, die bei der Durchführung einer Taufe benutzt werden sollten. In der Apostelgeschichte hören wir wiederholt, daß Menschen auf den Namen oder im Namen des Herrn Jesus Christus getauft worden sind.

Viele haben daraus den Schluß gezogen, daß die Belehrung des Herrn in Matthäus 28, "auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heili­gen Geistes" zu taufen, für uns überholt oder nicht angebracht sei. Andere wieder bringen die Worte in Matthäus 28 ‑ zu Recht, wie wir gesehen haben ‑mit dem jüdischen Auftrag für spätere Tage in Verbindung und halten sie deswegen als Tauffor­mel für die christliche Taufe nicht geeignet.

Dem möchte ich entgegnen: Es ist nicht einzusehen, warum nicht beide Dinge miteinander verbunden werden können. Und das aus zweierlei Gründen.

Erstens geben uns die verschiedenen Wendungen in der Apostelgeschichte keine direkte Taufformel an.

Deswegen rede ich auch nicht gern von einer "Taufformel". Der Heilige Geist zeigt uns vielmehr anhand geschichtlicher Ereignisse, worauf ("auf"), in welcher Kraft ("in") oder auf welcher Grundlage ("auf, aufgrund") die Taufe jeweils geschah. Die letzte Ausdrucksweise liegt übrigens in Apostelgeschichte 2, Vers 38, vor: "Ein jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi" (wörtlich: aufgrund des Namens Jesu Christi).

Die zweite Erwägung ist die: Gott hat Sich im Chri­stentum völlig offenbart, und zwar als Gott, der Vater, Gott, der Sohn, und Gott, der Heilige Geist. Wenn nun sogar im Tausendjährigen Reich entspre­chend dieser vollen Offenbarung auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Gei­stes getauft werden wird, warum soll es dann gera­de im Christentum nicht geschehen? Zudem geben die Worte des Herrn Jesus in Matthäus 28 als ein­zige eine gewisse "Taufformel" an. Warum sollten wir sie nicht benutzen? So glaube ich, daß es ange­messen ist, wenn wir heute beides miteinander verbinden und im Namen des Herrn Jesus auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heili­gen Geistes taufen. Ich persönlich füge noch gern hinzu: "auf den Tod des Herrn Jesus" (vgl. Röm 6, 3‑4).

Die Taufe ‑keine Sache der Versammlung

Darf ich noch einmal aufzeigen, womit die Taufe nichts zu tun hat?

Sie führt nicht zum ewigen Leben, sie ist nicht einmal ein Bild davon.

• Sie gibt keine Vergebung der Sünden, sie ge­ schieht nur im Blick darauf.

• Sie ändert nicht meine Stellung in bezug auf den Himmel und die Ewigkeit, sie tut das nur im Blick auf die Erde und diese Zeit.

Noch ein weiterer wichtiger Punkt kommt hinzu:

Die Taufe ist nicht eine Angelegenheit der Ver­sammlung Gottes, sondern eine persönliche Sache zwischen dem Täufer und dem Täufling.

Anders als bei der Zulassung zum Brotbrechen ist es nicht Aufgabe und Sache der örtlichen Versamm­lung, jemand zu taufen und ihn so in das Reich der Himmel beziehungsweise in das Haus Gottes auf der Erde aufzunehmen. Es ist ein durchaus irriger Gedanke anzunehmen, die Taufe führe in die Ver­sammlung als den Leib Christi. Das wird vielmehr durch die Versiegelung mit dem Heiligen Geist be­wirkt. Paulus war der "Diener der Versammlung" (Kol 1, 24‑25), aber Christus hatte ihn nicht ausge­sandt zu taufen (l. Kor 1, 17). Die Verwechslung und Verquickung von Reich Gottes und Versamm­lung Gottes hat sich überaus unheilvoll ausgewirkt. Sie mochten zu Anfang "deckungsgleich" gewesen sein (es waren dieselben Jünger, die das eine wie die andere bildeten), aber sie bedeuten einfach nicht dasselbe.

Wer diesen Unterschied erfaßt hat, wird leicht ver­stehen, daß die Taufe nicht die Berechtigung zur Teilnahme am Tisch des Herrn gibt, wenn auch kein Ungetaufter daran teilnehmen sollte. Simon, der Zauberer, war getauft worden, aber er hatte kein Anrecht, am Tisch des Herrn teilzunehmen: Er war kein gläubiges Kind Gottes.

Nein, die Versammlung tauft nicht, einzelne Diener des Herrn tun das. Überall in der Apostelgeschichte können wir das sehen. Petrus taufte, Philippus tauf­te, Ananias taufte. Philippus taufte den Kämmerer, der gerade erst an den Herrn Jesus gläubig gewor­den war. Er beriet sich nicht mit jemand darüber, er konnte es gar nicht. Er fragte auch nicht erst die Versammlung oder die Apostel in Jerusalem, ob er das tun dürfe. Es heißt einfach: "Und er taufte ihn" (Apg 8, 38). Ein "einfacher" Jünger, Ananias, taufte den späteren Apostel der Nationen. Und es war erst drei Tage her gewesen, daß dieser zum leben­digen Glauben an den verherrlichten Jesus von Nazareth gekommen war! Aus beiden Begebenhei­ten lernen wir daher auch, daß die Taufe am An­fang des christlichen Weges liegt. Man sollte des­wegen dem, der getauft werden möchte, nicht alle möglichen sittlichen und geistlichen Tugenden abverlangen.

Daß die Taufe, wenn irgend möglich, in Verbindung mit der örtlichen Versammlung geschehen sollte, ist indes eine andere Sache und sicherlich zu bejahen. Wie schön und angemessen, wenn die Geschwister der örtlichen Versammlung als Zeugen zugegen sind! Gerade in unseren Tagen der Schwachheit und der Verwirrung wird sich der Diener des Herrn vor allzu selbstsicheren Alleingängen zu bewahren wissen. Daß übrigens auch die Durchfüh­rung der Taufe in der privaten Sphäre eines Hauses völlig genügt und vor Gott durchaus einen öffentli­chen Charakter trägt, belegen die Beispiele der Pur­purkrämerin und des Kerkermeisters in Philippi (Apg 16, 15.33). Großangelegte Tauffestlichkeiten mit feierlichen Zeremonien und Taufkleidern waren den Christen zur Zeit der Apostel völlig fremd. Wir können in diesem allen nicht einfach genug sein.

Das Taufen für Tote

Ich möchte, um das Thema der Taufe gleichsam abzurunden, noch auf den 29. Vers in 1. Korinther 15 zu sprechen kommen, der von vielen schwer verstanden wird, der aber die einfache Bedeutung der Taufe unterstreicht.

"Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt wer­den? warum werden sie auch für sie getauft?"

Was bedeutet Jür die Toten getauft werden"? Manche Ausleger haben angenommen, daß die Gläubigen in Korinth in den Irrtum verfallen waren zu glauben, daß, wenn einige von ihnen, ohne ge­tauft zu sein, entschlafen waren, andere für sie getauft werden konnten, und daß Paulus dieser Meinung entgegentreten wollte. Doch in den Wor­ten des Apostels liegt keine Verurteilung oder Rich­tigstellung. Wenn wir die Verse 20 bis 28 als eine Einschaltung verstehen, dann wird erkennbar, daß der Apostel an Vers 19 anknüpft, wobei Vers 18 den 29. Vers und Vers 19 die Verse 30‑32 erklärt.

Wir wissen ja, daß einige in Korinth die Auferste­hung leugneten. Und so ist das Argument des Apo­stels‑. Wenn es keine Auferstehung der Toten gäbe, dann "sind auch die, welche in Christo entschlafen sind, verlorengegangen ... Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden?" Wer wird, fragt er gleichsam, an ihren Platz in der Schlach­treihe treten und jede Stunde in Gefahr sein wie Soldaten im Krieg, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt werden? Was für ein Sinn lag für Pau­lus darin, in Ephesus mit "wilden Tieren" gekämpft zu haben, wenn Tote nicht auferweckt werden? Mit den Ausdrücken Jede Stunde in Gefahr sein" und "kämpfen" spielt er auf die Gefahren derer an, die, wie Soldaten im Krieg, ihren Platz in den Schlacht­reihen des Herrn eingenommen haben und den Kampf des Glaubens kämpfen.

Nichts Mystisches liegt in den Worten „für die Toten getauft werden". Sie bedeuten einfach, daß andere an die Stelle derer traten, die inzwischen entschlafen waren. Aber das uns hier besonders Interessierende ist: Wodurch traten sie an die Stelle der Heimgegangenen? Durch die Taufe. Das unter­streicht die Bedeutung der Taufe, wie wir sie vor­her gesehen haben. Dadurch, daß sie sich taufen ließen, traten sie öffentlich in den Bereich des Chri­stentums ein: Sie wurden für die (im Sinne von: anstelle der) Toten getauft.

Damals war das Christentum noch keine Staatsreli­gion, war es noch nicht zu einer leeren Form degra­diert, und es sah sich der finsteren Macht des Hei­dentums gegenübergestellt. Sich taufen zu lassen bedeutete daher in jenen Tagen, den Platz eines Kämpfers für die Wahrheit Gottes einzunehmen und alle damit verbundenen Gefahren auf sich zu nehmen. Das bedeutet es grundsätzlich auch heute noch. Haben wir in bezug auf unsere Taufe auch schon einmal an diese Seite gedacht?

Wassertaufe ist nicht Geistestaufe

Ich habe schon auf einige Punkte hingewiesen, mit denen die Taufe mit Wasser nichts zu tun hat. Ein Punkt jedoch muß am Schluß noch hinzugefügt werden:

Die Wassertaufe darf nicht mit der Taufe mit Heili­gem Geist verwechselt und vermischt werden.

Es kann geschehen, ja, wir müssen sagen: es ge­schieht, daß solche Menschen die Wassertaufe er­halten, die noch keine neue Geburt erlebt haben. Wir haben uns damit beschäftigt. Das Vorrecht jedoch, mit Heiligem Geist getauft zu werden (Apg 2, 4), beziehungsweise das Vorrecht, den Heiligen Geist zu empfangen (Apg 2, 38; Röm 8, 15),* wird nur solchen Menschen zuteil, die bereits durch den Glauben an den Herrn Jesus das ewige Leben besit­zen und sich im Glauben ganz auf Sein Sühnungs­werk stützen (Eph 1, 13).

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* Ich mache hier den Unterschied zwischen dem Getauft wer­den mit Heiligem Geist und dem Empfangen des Heiligen Gei­stes. Die Taufe mit Heiligem Geist bezieht sich, streng genom­men, nur auf das, was am Tag der Pfingsten geschah: auf das Herabkommen des Heiligen Geistes auf jene 120 in Jerusalem. Wir empfangen Ihn heute, werden mit Ihm getränkt oder werden mit Ihm versiegelt. Grundsätzlich handelt es sich jedoch um dieselbe Segnung, wie die im Text angegebenen Schriftstellen deutlich zeigen.

Wir sehen das so deutlich am Beispiel des römi­schen Hauptmanns Kornelius in Apostelgeschichte 10. Dieser gottesfürchtige Mann war in seinem Herzen längst auf die gute Botschaft von dem Herrn Jesus vorbereitet, wagte aber nicht, sie auch für sich als jemand, der von den Nationen war, zu beanspruchen. Ohne Frage besaß er bereits gött­liches Leben, ehe er das göttliche Gesicht sah. Be­denken wir nur, was Gott von ihm sagt! Unmög­lich, "allezeit zu Gott zu beten", und nicht göttli­ches Leben zu besitzen! Aber als er dann zusam­men mit den Seinen hören durfte, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen, fiel, noch während Petrus diese Worte sprach, der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten (Verse 43‑44). Offenbar war es ein Hören mit Glauben, wie wir es auch an manchen anderen Stellen des Neuen Testaments verstehen müssen (z.B. Joh 5, 25; 10, 27). Und dann wurden sie auf Geheiß des Petrus mit Wasser getauft: "Könnte wohl jemand das Wasser verwehren, daß diese nicht getauft würden, die den Heiligen Geist empfangen haben, gleichwie auch wir?"

Das ist übrigens auch die normale Reihenfolge für uns heute, die wir auch "von den Nationen" sind: Zuerst das Empfangen des Heiligen Geistes und dann die Taufe mit Wasser. Durch die Verkündi­gung des Wortes Gottes in der Kraft des Geistes wird in dem Menschen der Glaube an den Herrn Jesus und Sein Werk hervorgerufen. Hat der Geist das in der Seele erreicht, versiegelt Er den Glauben­den auf den Tag der Erlösung (Eph 1, 13; 4, 30). Und geht es normal zu, wird irgendwann bald danach in dem Gläubigen der Wunsch emporkom­men, nun auch nach außen hin auf die Seite seines Herrn und Heilandes zu treten und mit Ihm den Platz der Verwerfung hier zu teilen. Durch die Taufe mit Wasser gelangt man äußerlich in den Bereich des Christentums, bekennt man sich zu dem gestorbenen Christus. So wichtig das auch ist, es hat nur mit unserer Stellung auf der Erde zu tun.

Doch durch die Taufe mit Heiligem Geist wurde am Pfingsttag vor fast zweitausend Jahren ein himmlischer Organismus geschaffen, die Versamm­lung, der Leib Christi. Und wer heute den Heiligen Geist empfängt, wird als lebendiges Glied mit die­sem Leib verbunden: "Denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geiste getränkt wor­den" (l. Kor 12, 13).

Das jedoch ist nicht nur ein äußeres Bekenntnis für die Erde, sondern eine innere Beziehung, die für den Himmel und die ewig ist. Aber was mich dabei so beglückt, ist dies: Ob es sich um das Reich oder den Leib handelt ‑ es ist Christus, und Er allein, der dem einen wie dem anderen Inhalt und Gepräge gibt. Sein Name sei hoch erhoben und gepriesen!