Einleitung
Mit einer gewissen Furcht behandle ich den auf das Neue Testament bezüglichen Teil unserer Betrachtungen, wie groß auch der Segen sein mag, der eine solche Arbeit begleitet. Das Zusammenströmen und zugleich die Ausdehnung des göttlichen Lichtes im Neuen Testament, dieser köstlichen Gabe Gottes, die unermeßliche Tragweite der ‑darin enthaltenen Wahrheiten, die unendliche Mannigfaltigkeit der Gesichtspunkte und richtigen Anwendungen einer und derselben Stelle, sowie der Beziehungen dieser Stelle zu dem ganzen Umfang der göttlichen Wahrheiten, die unermeßliche Wichtigkeit dieser Wahrheiten, sei es, daß man sie an und für sich oder im, Blick auf die Herrlichkeit Gottes und die Bedürfnisse der Menschen betrachtet, die Art und Weise, wie diese Wahrheiten Gott offenbaren und den Bedürfnissen des Menschen begegnen ‑ alle diese Erwägungen, die ich nur sehr unvollkommen auszudrücken vermag, lassen jeden demütig gesinnten Menschen vor der Anmaßung zurückschrecken, einen wahren und (selbst dem Grundsatz nach) entsprechenden Begriff von der Absicht des Heiligen Geistes in den Büchern des Neuen Testamentes geben zu wollen.
Und je mehr die Wahrheit selbst geoffenbart ist, je mehr das wahre Licht leuchtet, desto mehr muß man seine Unfähigkeit fühlen, darüber zu reden, desto mehr muß man befürchten, das Vollkommene zu verdunkeln. Je reiner die Wahrheit ist, mit‑der wir uns beschäftigen (und mit der Wahrheit selbst haben wir es hier zu tun), desto größer ist die Schwierigkeit, sie anderen vorzustellen, ohne ihre Reinheit irgendwie zu beflecken, und desto verhängnisvoller ist dann diese Befleckung. Wenn wir die eine oder andere Stelle betrachten, so können wir zum Nutzen anderer das Maß des Lichtes mitteilen, das uns gegeben ist. Wenn wir aber eine Vorstellung von dem Neuen Testament als Ganzes geben wollen, so stellt sich die ganze Vollkommenheit der Wahrheit selbst vor unseren Geist, sowie die Gesamtheit des Vorsatzes Gottes in der Offenbarung, die Er von ihr gegeben hat; und man zittert bei dem Gedanken, eine wahre und allgemeine, wenn auch nicht vollständige Darstellung geben zu wollen, welch letzteres sich gewiß kein ernster Christ anmaßen wird.
Das Alte Testament erscheint vielleicht einigen schwieriger als das Neue, und im Blick auf die Erklärung gewisser Stellen mag es auch schwieriger sein. Aber wenn auch die inspirierten Schreiber des Alten Testamentes die ihnen von Gott mitgeteilten Gedanken Gottes offenbaren (und wir die darin enthaltene Weisheit anstaunen können), bleibt Gott doch stets hinter dem Vorhang verborgen.
Allerdings verliert man dabei, wenn man den Sinn eines Ausdrucks mißversteht oder übersieht, denn es war Gott, welcher sprach; allein im Neuen Testament ist es Gott Selbst, der Sich offenbart: in den Evangelien sanftmütig, demütig, als Mensch auf der Erde, und in den nachfolgenden Mitteilungen des Heiligen Geistes durch göttliches Licht belehrend; aber immer ist es Gott Selbst. Und in demselben Maße wie im Neuen Testament das Licht heller scheint, sei es zu unserer persönlichen Leitung, sei es zur Erkenntnis Seiner Selbst, wird es eine um so ernstere Sache, diese lebendigen Mitteilungen falsch zu deuten oder durch unsere eigenen Gedanken das, was die Wahrheit ist, zu entstellen; denn wir dürfen nicht vergessen, daß Christus die Wahrheit ist.
Er ist das Wort. Es ist Gott, der da redet in der Person des Sohnes, der wahrer Mensch ist und zugleich den Vater offenbart.