Elliot Elisabeth, 100 Ermutigungen

07/08/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Du bist der Herr, der in dem Boot einst schlief, 
du bist der Herr, der ruhig machte Sturm und Meer. 
Was zählt der Wind, was zählt das Meerestoben, 
wenn wir im Boot zusammen sind mit dir?

Bewahr' den Frieden uns, wenn sich Minuten dehnen, 
wenn Winde heulen und du nur zu schweigen scheinst 
Kann untergehn das Boot, in dein du bist?
Lässt scheitern du das Herz, das auf dich wartet?
(nach Amy Carmichael, »Gen Jerusalem«)

EIN RUHIGES HERZ
Während eines wütenden Sturms lag Jesus im Boot auf einem Kissen und schlief. Wie war das möglich? Die erschrockenen Jünger waren sicher, dass die nächste Welle sie auf den Grund des Sees hinabschicken würde. Sie rüttelten Jesus wach und machten ihm Vorwürfe. Wie konnte er sich nur so wenig um ihrer aller Schicksal kümmern?
Er konnte es - weil er es in der sicheren Gewissheit tat, dass sein Vater die Situation absolut unter Kontrolle hatte. Eine tiefe Ruhe erfüllte sein Herz. Wir sehen in den Evangelien, dass er allen Ereignissen seines Lebens gelassen begegnete. Wenn er beschimpft wurde, schalt er nicht zurück. Als er wusste, dass er vieles würde leiden müssen und in Jerusalem getötet werden würde, wich er doch keinen einzigen Schritt von dem eingeschlagenen Weg ab. Er »machte sein Angesicht hart« und unempfindlich wie einen »Kieselstein«. Beim letzten Abendmahl saß er zusammen mit einem, der ihn verleugnen und mit einem anderen, der ihn verraten würde. Und doch war er dazu fähig, mit ihnen zusammen zu essen und sogar bereit, ihnen die Füße zu waschen. In ungebrochener, inniger Gemeinschaft mit dem Vater und in der Geborgenheit seiner Liebe behielt er ein ruhiges Herz.


Keiner von uns besitzt ein Herz, das so vollkommen unbesorgt ist, denn keiner von uns lebt in einer solchen innigen göttlichen Gemeinschaft. 
Aber wir können jeden Tag ein wenig mehr von dem lernen, was Jesus kannte Ein Schriftsteller nannte es die »Gelassenheit«, die »lässige Ungezwungenheit« eines Vertrauens, in dem Gott zu finden ist. Wem würde es einfallen, den Begriff »Ungezwungenheit« oder »Lässigkeit« in Verbindung mit Jesus zu bringen? 
Lässig zu sein bedeutet, etwas zu unterlassen, was ein Mensch vernünftigerweise tun würde. Konnte Jesus sich so verhalten? Ja, bei Gelegenheit - wenn der Glaube über den Verstand hinausreichte.

Dieses »lässige« Vertrauen - ist das sorglos im Sinn von nachlässig, unaufmerksam, träge? Nein, soweit es ihn betraf, ganz sicher nicht. Jesus konnte wirklich ohne Sorgen seht, weil sein Wille mit dem des Vaters vollkommen eins war. Er hatte die wunderbare Gewissheit, dass sein Vater alle Fürsorge übernehmen und auf die Bedürfnisse seines Sohnes
achten würde. War Jesus träge? Auch das nicht. Er war niemals faul, träge oder nachlässig. Aber er wusste, wann er selbst aktiv werden und wann er die Dinge seinem Vater
überlassen musste. Er lehrte uns, zu arbeiten und aufmerksam zu sein, aber uns niemals Sorgen zu machen. Wir sollten fröhlich all das aufgreifen, was uns vor die Füße und in die Hände fiel, und alles andere Gott überlassen.
Reinheit des Herzens, so sagt es Kierkegaard, heißt, eine Sache von ganzem Herzen wollen und verfolgen. 

Der Sohn wollte nur eines: den Willen des Vaters tun. Aus diesem Grund kam er auf die Erde. Sonst gab es kein Ziel für ihn. Ein Mensch, der ein derart reines Ziel hat, kann ein vollständig ruhiges Herz haben. Er weiß, was auch der Psalmist wusste:
»Der Herr ist mein Gut und mein Teil; du erhältst mir mein Erbteil« (Ps 16,5). Ich wüsste nichts, was unser Leben leichter und einfacher machen könnte. Was auch immer geschieht, ist uns zugeteilt. Sträubt sich unser Verstand dagegen? Können wir sagen, dass es Dinge gibt, die uns wider-
fahren, die nicht zu dem uns von einem liebenden Vater zugewiesenen »Teil« gehören (dies gehört dazu, das aber nicht)? Gibt es Ereignisse, die für den Allmächtigen außer Kontrolle geraten sind?
Alles, was mir zufällt, ist zu meinem ewigen Heil berechnet und überprüft. Wenn ich das- mir Zugewiesene akzeptiere, fallen andere Möglichkeiten unt,r .den Tisch. Entscheidungen werden leichter, die Richtung isAt klarer und infolgedessen wird mein Herz unaussprechlich viel ruhiger.
Was wünschen wir eigentlich im Leben wirklich? Manchmal habe ich die Gelegenheit, diese Frage an Oberschüler oder Collegestudenten zu richten. Ich bin überrascht, wie wenige darauf eine fertige Antwort haben. Natürlich können sie mir eine lange Liste von begehrten Dingen vorlegen, aber gibt es irgendetwas, das sie sich vor allem anderen wünschen?

»Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne: dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang« (l's 27,4), so sagt es David. Dem reichen jungen Mann, der das ewige Leben haben wollte, sagt Jesus: »Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast ...« (Mk 10,21). Im Gleichnis vom Sämann erklärt Jesus, dass der von den Dornen erstickte Same in ein Herz gefallen ist, das voll von Sorgen für dieses Leben, vom Reichtum geblendet und von allen möglichen anderen Wünschen beschlagnahmt ist. Paulus schreibt einmal: »Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus« (Phil 3,13-14).

Ein ruhiges Herz ist zufrieden mit dem, was Gott gibt. Das ist ihm genug. Alles ist nur Gnade. Eines Morgens wollte mein Computer mir einfach nicht gehorchen. Wie lästig war das! Ich hatte meine Arbeit geplant, die Zeit entsprechend einkalkuliert und mich gedanklich darauf eingestellt. Jetzt blieb meine Arbeit liegen, der Zeitplan war durcheinander gebracht und der Gedankengang unterbrochen. Dann fiel mir plötzlich ein: Es war nicht umsonst. Das gehörte zu einem Plan (nicht zu meinem, aber zu dem des Vaters). »Herr, du hast mir mein Teil zugewiesen, du hast das für mich vorgesehen.«

Wenn die Unterbrechung durch einen Menschen erfolgt wäre - statt durch einen außer Kontrolle geratenen Mechanismus —‚wäre es nicht so schwer gewesen, das als den wichtigsten Programmpunkt meiner Tagesarbeit anzusehen. Doch alles ist ja unter der Kontrolle meines Vaters: ja, auch widerspenstige Computer, fehlerhafte Programme, Zugbrücken, die gerade oben sind, wenn man in Eile ist. Das ist dann mein mir zugemessenes Teil - meine Sache. Mein Herz kann in Frieden bleiben. Mein Vater hat den Überblick nicht verloren. Wie einfach ist das doch alles!
Meine Bestimmung schließt ein, dass ich das mir Zugewiesene bereitwillig akzeptiere. Das gilt auch in Angelegenheiten, die weit über die Trivialität der eben angesprochenen Dinge hinausgehen, wie zum Beispiel der Tod eines geliebten Kindes. Eine Mutter schrieb mir vom Verlust ihres kleinen Söhnchens, das gerade einen Monat alt gewesen war. Eine Witwe berichtete von der langen Qual, ihren dahinsiechenden Gatten zu begleiten. Die Jahre, die ihnen in einer glücklichen Ehe geschenkt worden waren, schienen gar zu kurz zu sein. Wir können uns nur daran halten, dass die Ewige Liebe weiser ist als wir. Und wir beugen uns in Anbetung vor dieser liebenden Weisheit.

Es geht um unsere Reaktion. Erinnern wir uns doch einmal daran, dass unsere biblischen Vorväter alle von der Wolkensäule geführt wurden, alle durchs Schilfmeer gingen und alle von der gleichen himmlischen Speise aßen und tranken. Aber Gott hatte kein Wohlgefallen an den meisten von ihnen. Ihre Reaktion war falsch und böse. Sie waren bitter über das, was Gott ihnen zugeteilt hatte und verfielen in Götzendienst, Gefräßigkeit und sexuelle Sünde. Und Gott ließ sie umkommen - durch Schlangen und durch einen Engel der Vernichtung.
Dieser allmächtige Gott bestimmte ja auch das Maß dessen, was sie erleben mussten. Alle Ereignisse dienen seinem Willen. Manche reagierten im Glauben darauf, die meisten nicht.
»Bisher hat euch nur menschliche Versuchung betroffen. Aber Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr es erfragen könnt« (1. Kor 10,13).

Denken wir doch an diese Ve'rh.ißung, und behalten wir ein ruhiges Herz! Dem >'Feind« macht es Freude, uns zu beunruhigen. Unser Erlöser und Helkr freut sich, wenn er uns zur Ruhe bringen kann. »Ich will euch trösten, wie einen seine Mutter tröstet«, heißt seine Verheißung Ges 66,13). Bei uns liegt die Freiheit zur Reaktion. Alles hängt ab von unserer Bereitschaft, die Dinge von Gott her zu sehen, alles aus seiner Hand zu empfangen und mit Dankbarkeit genau das zu akzeptieren, was seine Hand uns anbietet. Soll ich ihn eines Fehlers in seinen Maßstäben bezichtigen oder ihm nachsagen, dass er den Bereich nicht richtig beurteilt hat, in dem ich am besten lernen kann, ihm zu vertrauen? Hat er mich an den falschen Platz gestellt? Kennt er die Dinge oder die Menschen nicht, die mich meiner Ansicht nach daran hindern, seinen Willen zu tun?
Der Sohn Gottes kam in diese gleiche Welt und lebte hier als Mensch. Er zeigte uns, wie wir in dieser Welt leben sollen - ihren Wechselfällen und Notwendigkeiten unterworfen. 
Wir sollen verwandelt werden - nicht in Engel oder Märchenprinzessinnen, nicht, indem wir in eine andere Welt versetzt werden, sondern - zu »Heiligen« in dieser Welt. 
Das Geheimnis heißt: Christus in mir, nicht ich in veränderten Umständen!

"Der freundlich ist über alles Maß hinaus,
gibt jeden Tag, was er am besten für uns hält.
Liebe steht hinter dem, was er gibt
an Schmerzen und an Freude,
Müh' und Plagen mischt er uns mit Frieden
und mit Ruhe.«
Linda Sandell (Schweden)

DER ZELLE
Mein Bruder David Howard reist viel herum und bringt von seinen Fahrten wunderbare Geschichten mit. Als wir sechs Geschwister uns in einem Sommer mit unseren Ehepartnern zu einem Treffen verabredet hatten, erzählte er uns eine davon. Er hatte sie von dem Sohn des Mannes gehört, von dem hier die Rede ist.
Ein Mann - wir wollen ihn Iwan nennen - war Gefangener in einem ungenannten Land. Man holte ihn aus seiner Zelle, verhörte und folterte ihn und schlug ihn halb tot. Der einzige Trost, den es in seinem Leben noch gab, war eine Decke. Als er in seine Zelle zurückgestolpert war, um sich in diesen billigen Trost hineinfallen zu lassen, erschrak er. Da lag einer, der sich in seine Decke gewickelt hatte. Vermutlich war es ein Spitzel. Völlig verzweifelt sackte er auf dem schmutzigen Boden in sich zusammen und schrie: »Ich kann nicht mehr! Ich kann nicht mehr! Ich kann nicht noch mehr verkraften! « Aus der Decke tönte ihm eine Stimme entgegen: »Was meinst du damit, Iwan, dass du nicht mehr kannst?« Da er fürchtete, dass der Fremde nur etwas aus ihm herausholen wollte, um es dann gegen ihn zu verwenden, gab Iwan keine Erklärung. Er wiederholte nur noch einmal die gleichen Worte.
»Iwan«, kam die Stimme erneut, »hast du vergessen, dass Jesus bei dir ist?«
Dann war die Gestalt in der Decke plötzlich verschwunden. Iwan, der noch eine 'Minute vorher nicht mehr in der Lage gewesen war, gerade zu gehen, sprang auf seine Füße, tanzte in der Zelle herum und lobte Gott. Am nächsten Morgen kam der Wächter, der ihm die Nahrung verweigert und ihn geschlagen hatte, und fragte: »Wer hat dir was zu essen gebracht?« »Keiner«, lautete die Antwort.
»Aber wieso siehst du so verändert aus?« »Weil letzte Nacht mein Herr bei mir war.«
»Oh, so ist das. Und wo ist er jetzt?«
Iwan knöpfte sein Hemd auf und zeigte auf sein Herz. »Hier.«
»O.K. Ich werde dich erschießen und dann deinen Herrn zu sehen bekommen«, meinte der Wächter und richtete die Pistole auf Iwans Brust.
»Erschieß mich, wenn du willst. Ich werde dann bei meinem Herrn sein.«
Der Wärter steckte seine Pistole wieder ins Halfter zurück und schüttelte verwundert den Kopf.
Später erfuhr Iwan, dass seine Frau und seine Kinder in der gleichen Nacht für ihn gebetet hatten, nachdem sie das Wort aus Jesaja 51,14 gelesen hatten: »Der Gefangene wird eilends losgegeben, dass er nicht sterbe und begraben werde, und dass er keinen Mangel an Brot habe.« Kurz darauf wurde Iwan frei und predigte weiter in treuem Glauben das Evangelium. .Er starb mit über achtzig Jahren.
@1998 Hänssler