Hörster Gerhard, Markenzeichen BIBELTREU - Die Bibel richtig verstehen auslegen anwenden

07/17/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

3. Wege zum Verständnis der Bibel oder: Was man bei der Auslegung der Bibel beachten muß

Solange es eine Bibel gibt, so lange gibt es auch eine Auslegung der Bibel. Die jüdischen Schriftgelehrten haben zunächst die Auslegung des Alten Testamentes betrieben. Seitdem es die Bibel aus Altem und Neuem Testament gibt, haben christliche Theologen diese Bibel ausgelegt.
Von Zeit zu Zeit, manchmal in großen Zeitabständen, ragt aus der Reihe der Ausleger einer besonders hervor, und sein Einfluß ist so maßgebend, daß er eine ganze Schule bildet, viele Schüler und Anhänger hat; und viele andere nehmen seine Ansichten auf und geben sie weitet Das ist in unserem Jahrhundert mit der Schule von Rudolf Bultmann so gewesen; Rudolf Buitmann, der seine Auslegungsarbeit in den zwanziger Jahren begann und ein ganzes Programm der Auslegung des Neuen Testaments vorgestellt hat. Viele sind durch dieses Programm geprägt worden.


Es scheint so, als würde sich etwas Neues dieser Art anbahnen, als gäbe es einen neuen Ausleger, der eine ganze Generation prägen kann. Er hat inzwischen schon eine Reihe von umfangreichen Büchern zum Verständnis der Heiligen Schrift, zum Verständnis des Neuen Testamentes veröffentlicht. Inzwischen ist er so bekanntgeworden, daß auch das Fernsehen auf ihn aufmerksam geworden ist. Ich spreche von Eugen Drewermann, Doktor der Theologie, Jahrgang 1940. Er hat Philosophie in Münster studiert, Theologie in Paderborn und Psychoanalyse in Göttingen. 
Er ist Privatdozent für SystematischeTheologie an der Philosophisch-Theologischen Fakultät in Paderborn und auch als Psychotherapeut tätig.
Eugen Drewermann setzt mit einer Beobachtung ein, die im vorhergehenden Kapitel bereits angesprochen wurde. Drewermann hält zwar die historisch-kritische Arbeit an der Bibel für verdienstvoll und unverzichtbar, aber ihr Ergebnis nach hundertJahrenAnwendung für äußerst mager. Ich lasse ihn selber zu Wort kommen: „Das aufgeschichtete Resultat geschichtlicher Untersuchungen in der Bibel ist, religiös betrachtet, nach mehr als hundert Jahren von einer monströsen Inhaltslosigkeit. Der' Eindruck, den ein Theologiestudent schon in den Anfangssemestern beim ersten Kontakt mit der gegenwärtigen Bibelwissenschaft gewinnt, trügt nicht. Er wird die Fragen, die er um seiner selbst willen an den Text richten möchte und die ihn zum Studium der Heiligen Schrift wesentlich motivieren, innerhalb der historisch-kritischen Methode nicht nur unbeantwortet lassen müssen; er wird sie überhaupt völlig zu vergessen haben. Sagen wir es offen: Auf diese Weise werden Menschen, die Gläubige, und Theologen sein möchten, unfehlbar zu Schriftgelehrten und Religionswissenschaftlern herangebildet, die im Status ihrer Vollendung eigentlich nur noch aus Traditionsgründen in der Theologie an-wohnen und ehrlicherweise besser in der altorientalischen oder gesellschaftswissenschaftlichen Abteilung untergebracht wären. 4412
Zu dieser Entwicklung der historischen Kritik zu einer „monströsen Inhaltslosigkeit" ist es nach Drewermann gekommen, weil man einseitig auf das menschliche Bewußtsein gesetzt hat. Oder um es mit meinen Worten zu sagen: Weil man einseitig auf die menschliche Vernunft und ihr Vermögen gesetzt hat,, biblische Texte zu analysieren, sie historisch zu befragen und auf ihren Kernbestand zu reduzieren.

Drewermanns These heißt: Diese von der Vernunft ausgehende Befragung biblischer Texte ist dem Gegenstand derTheologie und der Bibel nicht angemessen. - Das klingt gut, aber ehe man applaudiert, sollte man genauer hinsehen. Wie sieht denn die Alternative aus, die andere Auslegung der Bibel, die Eugen Drewermann vorschlägt? Er behauptet, es gehe in der Bibel und in der Theologie überhaupt um die Sprache der Bilder, der Mythen, der Sagen. Das sei in der Bibel und in der Theologie und in der christlichen Kirche nicht anders als in anderen Religionen. Und in diesen Bildern, Mythen, Sagen sprächen sich Grunderfahrungen der menschlichen Seele aus. Sehr bald kommt in seinen Werken heraus, wer sein Ratgeber ist: C.G. Jung mit seiner Lehre der Archetypen, also jener Grundmuster der menschlichen Seele, die den einzelnen übergreifen und die für das Menschsein typisch sind. Mit anderen Worten: Drewermann benutzt die Tiefenpsychologie, um die Brücke zu den Texten aus alter Zeit zu schlagen. Er meint, mit derTiefenpsychologie eine Methode gefunden zu haben, durch die diese Texte aus alter Zeit für Menschen heute Bedeutung haben, sie ansprechen.
Drewermann setzt nicht auf menschliche Vernunft, um die biblischen Texte zu erschließen, sondern er setzt auf menschliche Emotionalität. Bilder muß man sehen, in Bilder muß man sich hineinleben, von Bildern muß man sich mitnehmen lassen in den eigenen Gefühlen. Dann kommt man der Sache nahe.
Von vielen, die unsere Welt, die wesentlich von der Vernunft bestimmt und an Leistung orientiert ist, als nicht beglückend erleben, wird die Botschaft von Drewermann begierig aufgenommen. Viele haben einen