Hulda Humburg 1855-1914

01/12/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Hulda Katharina Humburg wurde geboren am 19. November 1855 als Tochter des LederfabrikantenBN0472.jpg?1673562268985 Jakob Gustav Siebel sen. in Freudenberg, Kreis Siegen. Sie war das älteste von zehn Kindern. ihr Elternhaus bildete einen Mittelpunkt christlichen Lebens im Siegerland. So lernte sie von Kind auf die geistliche Welt ihrer Eltern mit dem Getriebe eines Kaufmannshauses zu verbinden. ihrer Mutter half sie tatkräftig in der großen Familie.

Der Vater erwartete, daß jeder gläubige Christ neben seinem Beruf auch eine Aufgabe im Reich Gottes übernehmen sollte. Huldas vier Brüder übten, wie ihr Vater, zeitlebens Tätigkeiten in Gemeinschaften aus und bekleideten Ämter in der Kirche.
Unter den Gästen ihres Vaters befand sich eines Tages auch Otto Humburg, der in der Nähe ein kleines Stahlwerk betrieb. Ersuchte, von guten Freunden beraten, Anschluß an diesen christlichen Kreis. 

Otto Humburg lernte dort die Tochter Hulda Siebel kennen, und er heiratete sie im November 1875. Der erste Sohn Fritz wurde geboren, als gleichzeitig Mutter Siebel ihr zehntes Kind bekam. Die Familie zog bald nach Mülheim am Rhein (heute: Köln-Mülheim). 

Dort begann Otto Humburg einen Eisengroßhandel. Dem Sohn Fritz folgten ein Sohn Paul und eine Tochter.
Hulda Humburg hatte eine handfesteArt und verleugnete nie ihre kaufmännische Ader.
Sie war aber auch eine wahrhaft geistliche Persönlichkeit. Das zeigen die Erinnerungen, die .ihr Sohn Paul Humburg, damals Pfarrer in Wuppertal-Barmen, im Jahre 1932 niedergeschrieben hat. Humburg ist besonders im Kirchenkampf während des Dritten Reiches als Präses der Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche im Rheinland bekanntgeworden.


Die Beterin

01/12/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Vor meinem Auge steht das Bild meiner betenden Mutter. Es gehört zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen, daß ich in das Wohnzimmer hineingestürmt bin und dort vor ihrem kleinen Nähtisch meine Mutter sitzen sah, die aufgeschlagene Bibel vor - sich, die Hände gefaltet auf den Tisch gelegt, mit geschlossenen Augen betend. Wenn sie morgens die erste Hausarbeit erledigt und die Zimmer aufgeräumt hatte, zog sie sich in die Stille zurück. 

Dann las sie auch erst die Briefe, die sie vielleicht schon eine Stunde lang in der Tasche trug. Und dann schlug sie ihre geliebte Bibel auf, in der sie außergewöhnlich zu Hause war, zumal auch, was das Alte Testament anbetraf. Wir wüßten später alle, daß wir sie in der Stunde nicht stören durften. 

Wir haben wohl nie darüber gesprochen; aber für uns alle war das Heiligtum unserer Mutter und die Tatsache, daß wir von ihrem Gebetsleben wußten., von tiefstem Eindruck. Nichts hat vielleicht solche bewahrende Kraft und bedeutet solch ernste Zucht für ein Kindergemüt, als wenn es weiß, daß die Mutter alles und jedes und vor allem ihre Kinder mit ihren Freuden und Leiden, ihren Fehlern und Sünden im Gebet vor Gott bringt.

Als sie mit 43 Jahren verwitwet war und sich nun noch in die Leitung des Geschäftes einleben mußte und, wie wir sie oft neckten, als »Handelsfrau« in amtlichen Anschreiben von Behörden und anderen Stellen angeredet wurde, habe ich es oft beobachtet, wie sie nun auch alle Einzelheiten des Geschäfts mit ins Gebet hineinzog. 

Ob mancherlei zu schnellen Entschlüssen drängte, ob auch dem Geschäftsführer einmal das Verhalten unserer Mutter als zu zögernd und unlcaufmännisch vorkam, sie ließ sich nicht zu schnellen Entschlüssen treiben und legte am liebsten eine Nacht zwischen Frage und Antwort, damit sie am Abend und in der Stille auf ihrem Lager alles noch mit ihrem Gott durchsprechen konnte. In den langen Jahren, in denen unser Vater krank war und in denen sie deshalb die Andachten bei Tisch hielt, war es uns immer ein großer Halt, es mit zu erleben, wenn unsere Mutter die Anliegen där Familie im Abendgebet vor Gott den Herrn brachte. 

Eine solche Leidenszeit des Familienvaters, die durch Jahre, bei uns durch etwa sieben Jahre, hindurch dauerte, hat ja an sich schon einen vertiefenden Einfluß auch auf die jungen Kinder. Allmählich wuchsen wir auch mit in die Sorgen des Hauses hinein. Da haben wir es von unserer Mutter gelernt, was es heißt: »Alle eure Sorgen werfet auf ihn!« 

Sie war sehr zurückhaltend in der Beeinflussung ihrer Kinder mit christlichen Ermahnungen, wie sie überhaupt sehr schwer aus sich herausging und sich mir vieles von ihrem Innersten erst in ihrer letzten Krankheit erschloß. Sie war auch durchaus kein Freund von besonderen christlichen Gesten und Formen. Um so mehr machte es auf mich einen tiefbewegenden Eindruck, als ich eines Abends den Mut faßte, zu ihr zu gehen und ihr ganz zaghaft zu sagen, ich glaubte vom Heiland angenommen zu sein. 

Da nahm sie mich mit in ihr Zimmer. Und das einzige Mal in meinem Leben ist da meine Mutter mit mir niedergekniet und hat mich in feierlichem und liebevollem Gebet dem guten Hirten ans Herz gelegt, um Bewahrung und Leitung für mein Leben gefleht. Dann gab es einen kurzen Abschied. Wir haben, glaube ich, nie wieder darüber gesprochen. Aber solch ein Gebet bindet einen jungen Mann an die Wirklichkeiten der ewigen Welt.

Wenn ich den Eindruck, den sie auf uns gemacht hat im wichtigsten Punkt, was das Innerlichste ihres Wesens angeht, zusammenfassen soll, so kann ich nur sagen: Unsere Mutter war für uns ein lebendiges Rogate - Betet!