Theosophie - Speerspitze des Okkultismus, Stephan Holthaus

03/30/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

A. Einführung in die ThematikBV17501.jpg?1680197568034
Unsere Gesellschaft steht heute vor einer explosionsartigen Zunahme des Interesses an Okkultismus, Esoterik und Geheimzirkeln. Das Pendel der Geschichte schlägt um von einer Periode des strengen Rationalismus und des Glaubens an die Machbarkeit aller Dinge in ein Stadium der Gefühlsreligion und der esoterischen Spiritualität. New Age, das verheißene neue Zeitalter, wird heute von vielen Zeitgenossen lauthals verkündet. 

An der Wendezeit zwischen Fische- und  Wassermannzeitalter soll nun endlich die paradiesische Welt von morgen Wirklichkeit werden. Selbst manche Wissenschaftler lassen sich von der neuen Massenbewegung mitreißen und geben dem esoterischen Gedankengebäude einen scheinbar akademischen Unterbau.
Im Schlepptau der neuen Spiritualität ist auch häufig der Hinweis auf die Theosophie zu hören, die als eine der Wurzeln der neuzeitlichen Bewegung betrachtet wird. Gemeint ist damit nicht die christliche Theosophie, die in ihrer mystisch-innerlichen Ausrichtung breite Kirchenkreise seit dem Mittelalter beeinflußte, sondern die Geheimorganisation der Theosophischen Gesellschaft, die erst seit 1875 an die Öffentlichkeit trat.
Analytiker des New Age vermuten in dieser Bewegung eine entscheidende Wurzel für die Spirituälität unserer Tage.' Diese kleine, aber wirkungsvolle Bewegung der Theosophen beeinflußte in den vergangenen 100 Jahren unzählige Schlüsselpersonen aus allen Gesellschaftsschichten. Faszination über die beeindruckenden Schriften der „Madame Blavatsky' Gründerin der Theosophischen Gesell- schuft, ist auch heute vielerorts vorzufinden. Mehr noch als das leben aber ihre Ideen und Lehren oft unbewußt in den Köpfen der New-Age-Anhänger weiter.
Was steckt hinter der Theosophischen Gesellschaft? Wie ist sie entstanden, und wer waren und sind ihre Drahtzieher? Was sind ihre Hauptlehren, und wie verhalten sie sich zu den Aussagen der Bibel? Wie weit haben sie die New-Age-An-hänger unserer Tage beeinflußt? Um diese Fragen soll es in diesem Buch gehen.
Zunächst wollen wir uns mit der wechselvollen Geschichte der Bewegung beschäftigen3, um dann in einer systematischen Darstellung das theosophische Lehrsystern. und seinen Einfluß auf die New-Age-Bewegung zu untersu-chen.4 Da es innerhalb der Theosophischen Bewegung keine verbindlichen Dogmen gibt, an denen die Mitglieder festhalten müssen, können die Ausführungen über die Lehre der Theosophischen Bewegung nicht für alle Anhänger der Theosophie gelten. 

BV17501-5.jpg?1680198286281Ein allgemeiner Konsens über die angesprochenen Auffassungen, bei der wir in der Darstellung ausgehen, kann aber in der Theosophie festgestellt werden.
In der modernen evangelischen Apologetik ist es aus der Mode gekommen, Geistesströmungen und Kulte anhand eines festen biblischen Maßstabes zu beurteilen. Die Gründe hierfür liegen zum einen in einer Demontage des biblischen Textes durch die Historisch-Kritischen Methoden der Exegese, die mit einem vorgegebenen Mißtrauen dem biblischen Text gegenüber antreten und eine feste Glaubensbasis zerstören. 

Andererseits verharrt die Apologetik durch den Dialog mit anderen Religionen in einer Periode der Dogmenlosigkeit, die eine Beurteilung antibiblischer Lehren nicht ratsam erscheinen läßt. So ist ein Kennzeichen der neueren Arbeiten über die Theosophie die rein geschichtliche Darstellung der Bewegung, die eine kritische Beurteilung nicht zuläßt oder sie nur von einem eher rationalistisch geprägten Standpunkt aus führt.

In diese zeitgeschichtliche Situation hinein möchte die vorliegende Beurteilung des Lehrgebäudes der Theosophie andere Leitlinien setzen Ihr Ausgangspunkt ist ein unum-sdiranktes Vertrauen in die Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes als eine irrtumslose und maßgebende Offenbarung Gottes an den Menschen An diesem Maßstab müssen sich alle Geistesströmungen messen lassen, auch die Theosophie.

Die Darstellung der heutigen theosophischen Gruppierungen entstand teilweise unter enger Verbindung mit den betreffenden theosophischen Kreisen in Deutschland, denen ich für ihre wertvollen Informationen und Anregungen zu Dank verpflichtet bin. Mein besonderer Dank gilt Frau Else Nießner von der Adyar-Gesellschaft für ihre selbstlose Unterstützung bei der Literatursuche. Um dem Leser die• Lektüre der theosophischen Fachbegriffe zu erleichtern, wurde am Ende des Buches ein Glossar beigefügt. In den Anmerkungen findet der interessierte Leser neben den Quellenangaben auch weiterführende Literaturhinweise zu den einzelnen Themenbereichen.

B. Wesen und Ziele der Theosophischen Gesellschaft
as bedeutet Theosophie? Diese Frage muß am Anfang un: $erer Ausführungen beantwortet werden. In einer populären Einführung in die Lehren der Theoso-phie von Harry Benjamin heißt es: „... Theosophie (Griechisch, bedeutet Gottes Weisheit, oder Weisheit über Gott) Ist eine moderne Bezeichnung für das System der esoteri-schn Lehre. Sie wurde von uralten Zeiten an überliefert und bildete die Basis für alle großen Religionen und Philosophien des Altertums, auch des Christentums. . . Theosophie ist in Wahrheit eine Synthese von Philosophie, Wissenschaft und Religion... Theosophie ist, daran muß immer wieder erinnert werden, die Weisheit aller Zeiten'1
Die Theosophie wird also innerhalb der Theosophischen Gesellschaft als die Grundsubstanz aller Religionen und Philosophien verstanden, die seit Beginn der Menschheitsgeschichte bekannt ist und von sogenannten Initiierten an die Menschheit weitergegeben wurde.
Der Ausdruck Theosophie findet sich erstmals bei dem Neu-platoniker Ammonios Sakkas, der im dritten Jahrhundert nach Christus in Alexandrien wirkte.'

Mit der Theosophie des 17. und 18. Jahrhunderts verbindet die Theosophische Gesellschaft die Suche des individuellen Geistes nach der Vereinigung mit dem universalen Gott. Von daher wurde immer wieder von den Theosophen auf die Verbindung mit Böhme, Meister Eckehart4 und Swedenborg5 hingewiesen. Allerdings legt die Theosophische Gesellschaft den Schwerpunkt mehr auf die Prinzipien der östlichen Religionen und auf die Esoterik.6
Hermann Rudolph, der Nachfolger Hartmanns in der Internationalen Theosophischen Verbrüderung, definierte die 'Theosophie mit folgenden Worten ‚Die Theosophie ist nicht das Wissen von Etwas, sondern das Wissen selbst, d.h. die Selbsterkenntnis der Wahrheit im Menschen.

Ein Theosoph ist daher derjenige, der sich selbst in seinem wahren Wesen als das ewige unvergängliche Selbst (Theos) in allen Erscheinungen des Weltalls erkennt Theosoph ist für
Rudolph ein verkörperter Gott der sich der Einheit mit dem universellen Atma bewußt ist .s.
Die Theosophische Gesellschaft gibt sich bis heute drei Hauptziele, die ihr ganzes Wesen und Wollen widerspiegeln. Sie will:
1. „einen Kern der allumfassenden Bruderschaft der Menschheit bilden, ohne Unterschied von Rasse, Religion, Geschlecht, Kaste oder Farbe;
2. zum vergleichenden Studium von Religion, Philosophie und Naturwissenschaft anregen;
3. die Erforschung ungeklärter Naturgesetze und der im Menschen verborgenen Kräfte fördern."9
Für den theosophischen Führer Rudolph war gerade die Erkenntnis der eigenen Göttlichkeit das Ziel aller Theoso-phieiO; Helena Petrovna Blavatsky, Begründerin der Gesellschaft, legte dagegen mehr Wert auf die moralische Vollkommenheit des Menschen durch die Theosophie.11
Es wird nachfolgend zu zeigen sein, daß die Theosophie eine Synthese von Philosophie, Religion und Wissenschaft versucht. Sie ist kein eigenständiger Kult, sondern eine Zusammenfassung von verschiedenen Kulten, keine Religion, sondern eine synkretistische Verflechtung aller Glaubenssysteme, keine Wissenschaft, sondern ein Konglomerat aus pseudowissenschaftlichen Spekulationen. 

Daher kann man die Theosophie als eine Weltanschauung im umfassenden Sinne verstehen, denn sie versucht, auf alle Lebensfragen des Menschen eine Antwort zu geben.
Das Emblem der Theosophischen Gesellschaft besteht aus fünf klassischen Symbolen, die einen Einblick in die Lehrinhalte der Bewegung geben:
Das Emblem der Theosophischen Gesellschaft
Die Schlange, die sich in den Schwanz beißt, stellt für die esoterische Interpretation der Theosophen die göttliche Weisheit dar; sie symbolisiert die Unendlichkeit und den Evolutionsraum. 12
Die Swastika zeigt nach theosophischer Anschauung die Welt, die sich um eine zentrale Sonne dreht. Sie ist das Rad des Gesetzes und der Evolution. Das Sechseck ist das Symbol der vollkommenen Vereinigung von Geist und Materie, des Herabsteigens des göttlichen Lebens in die Materie. Das ägyptische Henkelkreuz symbolisiert den Sieg des Geistes über die niedere Natur im Menschen, die Auferstehung des Geistes. Das Henkelkreuz ist das Zeichen für den „ich-bewußten Menschen"."
A UM, das heilige Sanskrit-Wort, ist das Symbol der höchsten Dreiheit, die Anrufung des Höchsten.
Zum richtigen Verständnis der Theosophie gibt ihre geschichtliche Entwicklung, die nachfolgnd dargestellt werden soll, wertvolle Hinweise.