Karssen Gien, Frau, Mensch und Mutter in der Bibel (1. Mose 2, 23)

06/19/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Rahab - die Hure
in der Reihe der Glaubensheldinnen
Durch den Glauben ward die Hure Rahab nicht, umgebracht mit den Ungehorsamen, als sie die Kundschafter freundlich aufnahm (Hebr. 11, 31).
Josua aber, der Sohn Nuns, sandte von Sittim zwei Männer heimlich als Kundschafter aus und sagte ihnen: Geht hin, seht das Land an, auch Jericho. Die gingen hin und kamen in das Haus einer Hure, die hieß Rahab, und kehrten dort ein. Da wurde dem König von Jericho angesagt: Siehe, es sind in dieser Nacht Männer von Israel hereingekommen, um das Land zu erkunden. Da sandte der König von Jericho zu Rahab und ließ ihr sagen: Gib die Männer heraus, die zu dir in dein Haus gekbmmen sind; denn sie sind gekommen, um das ganze Land zu erkunden.

Aber die Frau verbarg die beiden Männer und sprach: Ja, es sind Männer zu mir hereingekommen, aber ich wußte nicht, woher sie waren. Und als man die Stadttore zuschließen wollte, als es finster wurde, gingen sie hinaus, und ich weiß nicht, wo sie hingegangen sind. Jagt ihnen eilends nach, dann werdet ihr sie ergreifen. Sie aber hatte sie auf das Dach steigen lassen und unter den Flachsstengeln versteckt, die sie auf dem Dach ausgebreitet hatte. Die aber jagten den Männern nach auf dem Weg zum Jordan bis im die Furten, und man schloß das Tor zu, als die draußen waren, die ihnen nachjagten.

Und ehe die Männer sich schlafen legten, stieg sie zu ihnen hinauf auf das Dach und sprach zu ihnen: Ich weiß, daß der Herr euch das Land gegeben hat; denn ein Schrecken vor euch ist über uns gefallen, und alle Bewohner des Laftdes sind vor euch feige geworden. Denn wir haben gehört, wie der Herr das Wasser im Schilfmeer ausgetrocknet hat vor euch her, als ihr aus Ägypten zoget, und was ihr den beiden Königen der Amoriter, Sihon und Og, jenseits des Jordan getan habt, wie ihr an ihnen den Bann vollstreckt habt. Und seitdem wir das gehört haben, ist unser Herz verzagt, und es wagt keiner mehr, vor euch zu atmen; denn der Herr, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf Erden. So schwört mir nun bei dem Herrn, weil ich an euch Barmherzigkeit getan habe, daß auch ihr an meines Vaters Hause Barmherzigkeit tut, und gebt mir ein sicheres Zeichen, daß ihr leben laßt meinen Vater, meine Mutter, meine Brüder und meine Schwestern und alles, was sie haben, und uns vom Tode errettet. 

Die Männer sprachen zu ihr: Tun wir nicht Barmherzigkeit und Treue an dir, wenn uns der Herr das Land gibt, so wollen wir selbst des Todes sein, sofern du unsere Sache nicht verrätst; Da ließ Rahab sie an einem Seil durchs Fenster hernieder; denn ihr Haus war an der Stadtmauer, und sie wohnte an der Mauer. Und sie sprach zu ihnen: Geht auf das Gebirge, daß euch nicht begegnen, die euch nachjagen, und verbergt euch dort drei Tage, bis die zurückkommen, die euch nachjagen; danach geht eure Straße. Die Mnner aber sprachen zu ihr: Wir wollen den Eid so einlösen, den du uns hast schwören lassen: Wenn wir ins Land kommen, so sollst du dies rote Seil in das Fenster knüpfen, durch das du uns her- - niedergelassen hast, und zu dir ins Haus versammeln deinen Vater, deine Mutter, deine Brüder und deines Vaters ganzes Haus. Und wer zur Tür deines Hauses herausgeht, dessen Blut komme über ihn, aber wir seien unschuldig; doch das Blut aller, die in deinem Hause sind, soll über uns kommen, wenn Hand an sie gelegt wird. Und wenn du etwas von dieser unserer Sache verrätst, so sind wir des Eides los, den du uns hast schwören lassen. Sie sprach: Es sei, wie ihr sagt! und ließ sie gehen. Und sie gingen weg. Und sie knüpfte das rote Seil ins Fenster (Jos. 2,1-21).

Aber Josua sprach zu den beiden Männern, die das Land erkundet hatten: Geht in das Haus der Hure und führt die Frau von da heraus mit allem, was sie hat, wie ihr es ihr geschworen habt. Da gingen dic Männer, die Kundschafter, hinein und führten Rahab heraus sann ihrem Vater und ihrer Mutter und ihren Brüdern und alles, was sic hatte, und ihr ganzes Geschlecht undbrachten sie außerhalb des Lagers Israel unter. Aber die Stadt verbrannten sie mit Feuer und alles, was darin war. Nur das Silber und Gold und die kupfernen und eisernen Geräte taten sie zum Schatz in das Haus des Herrn. RahaL aber, die Hure, samt dem Hause ihres Vaters und alles, was sie hatte, ließ Josua leben. Und sie blieb in Israel wohnen bis auf dieser, Tag, weil sie die Boten verborgen hatte, die Josua gesanat hatte, un Jericho auszukundschaften (Jos. 6, 22-25).
Die Bibel ist ein ehrliches Buch, das sich nicht um Tatsachen herumdrückt. Die Dinge werden unumwunden ausgesprochen. Dic Bibel sagt, daß Rahab eine Hure ist, eine Frau, die ihren Körper füs Geld verkauft.

Man hat diese betrübliche Aussage oft dadurch verschleiern wollen. daß man sagte: Sie war eine Herbergsbesitzerin. Wahrscheinlid stimmt das sogar. Doch bleibt die Tatsache, daß sie ein Mädcher mit leichtfertigen Sitten war. Besitzer von Gasthöfen waren in jene: Zeit immer Frauen. Und der »Extraservice«, den sie körperlich anboten, war wohl im Preis inbegriffen. Interessant, daß Rechnunger mit ausführlichen Angaben der Einzelheiten damals zwar einen Betrag für die eingenommenen Mahlzeiten und das Mädchen anfüh ren, aber keinen speziellen Posten für das Bett... Das war offenba: im Preis für das Mädchen enthalten.
Jericho ist eine kleine Stadt. Vielleicht war die Schlafgelegenheit be Rahab die einzige, die auf Gäste eingestellt war. So kamen di Kundschafter, die Spione Josuas, dorthin.
Vermutete Rahab, daß die Fremdlinge anständige Israeliten ohn' Nebenabsichten sind? Wir wissen es nicht. Wohl aber, daß die Ge genspionage rasch in Gang kommt. Der König hört, daß jüdisch' Kundschafter in der Stadt sind, und verlangt sofortige Ausliefe rung.
Inzwischen ist sich Rahab bestimmt über die wahren Absichten ih' rer Gäste klargeworden. Darum versteckt sie die Männer auf den
Dach unter den Flachsstengeln, die dort zur Erntezeit ausgebreitet sind Die mit Mauern umgebene Stadt ist nicht groß, und die Bewohner der kleinen Häuser in den engen Straßen nützen jeden Raum aus. Das offene, flache Dach ist im allgemeinen kein geeigneter Platz, um Menschen zu verbergen. Jeder kann schon von weitem sehen, was dort vor sich geht.,
Bei Rahab ist es anders. Ihr Haus steht auf der doppelten Stadtmauer und ist also höher als diese. Was auf ihrem Dach geschieht, entzieht sich neugierigen Blicken. Niemand kann sehen, was dort vorgeht. Die Kundschafter sind vorläufig sicher, wenn auch nicht lange.
Rahab schickt die Botschafter des Königs mit List fort. Während diese das umliegende Land nach den Spionen absuchen, spricht sie mit den Israeliten.

»Ich weiß, daß der Herr euch das Land gegeben hat«, sagt sie, »denn ein Schrecken vor euch ist über uns gefallen, und alle Bewohner des Landes sind vor euch feige geworden. Denn wir haben gehört, was vor vierzig Jahren geschah, als die Israeliten- aus Ägypten zogen.
Wie der Herr das Wasser im Schilfmeer ausgetrocknet hat vor euch her, so daß das Volk eine Furt zum jenseitigen Ufer bekam.' Wir wissen auch, was kurz zuvor hierin der Nähe— am anderen Ufer des Jordan— geschah. Wie die beiden Könige der Amoriter euch nicht in Frieden durchziehen ließen und wie teuer sie das zu stehen gekommen ist...« -

Die Hure Rahab weiß sehr gut, was der Gott Israels für sein Volk getan hat. «Unser Herz ist verzagt«, sagt sie, »und keiner wagt mehr vor euch zu atmen, denn der Herr, euer Gott, ist oben im Himmel und unten auf Erden.« In dieser Hinsicht erscheint sie als weise Frau, die aus ihrem Wissen heraus handelt. Sie geht mit Überlegung zu Werk und entwickelt mutig ihre Pläne.
Ein Dienst ist des anderen wert! Wenn ich euer Leben rette, wollt ihr dann als Gegengabe das meine und das meiner Familie verschonen?
Natürlich ist Rahab auf die eigene Sicherheit bedacht, aber gleichzeitig glaubt sie an den Gott Israels, daß ei für sein Volk kämpft und 12 Mose 14.16-30
ihm dieses Land geben wird. Rahab glaubt, daß dieser Gott ihrem Volk nicht die geringste Aussicht einräumt, die Juden außerhalb der Stadtmauern aufzuhalten. Und so handelt sie nach dem Glauben, den sie hat.
»Gebt mir ein sicheres Zeichen«, bittet sie, »daß ihr auch meinen Vater, meine Mutter, meine Brüder, meine Schwestern und die Ihrigen leben laßt.« Ein scharlachrotes Seil an der Innenseite. ihres Fensters soll das Zeichen werden. --
Manche Bibelausleger meinen, dies rote Seil 'am Fenster sei das Zeichen von Rahabs unehrbarem Beruf, sozusagen ihr »ro't'es Lämp ehen«. Es konnte deshalb, ohne Verdacht zu erregen, angebracht werden. Niemand würde Spionage dahinter vermuten. Das ist nicht ausgeschlossen. Doch steht fest, daß es auf jeden Fall eine klare Absprache zwischen den Parteien bedeutete.
Rahab zögert nicht lange. Kaum sind die Männer fort, bindet sie die rote Schnur an ihr Fenster. Sie will sicher sein, daß ihr Haus unter allen anderen zu erkennen ist.

In Gottes Augen ist esgut, wenn Menschen - selbst Ungläubige - ihre Angelegenheiten so ernst nehmen. Man erkennt das später aus dem Ausspruch Jesu gegenüber seinen Jüngern: »Die Kinder dieser• Welt sind untereinander klüger als die Kinder des Lichtes.«2
Eine Woche später wiederholt Gott das Wunder vom Schilfmeer. Wieder teilt sich das Wasser. Trockenen Fußes gehen die Israeliten durch den Jordan, der zu dieser Zeit stark über seine Ufer getreten ist. Falls Rahabs Haus an der östlichen Mauer stand, konnte sie sehen, wie das Wunder geschah. Es vollzog sich ja direkt gegenüber der Stadt Jericho, die über der Ebene liegt und von wo aus man eine gute Sicht auf den Jordan hat.
Einige Tage später sieht sie Scharen von Israeliten in schweigender Prozession um die Stadt ziehen. Die Tore sind fest verschlossen. Kein Jude kann herein, kein Kanaaniter hinaus.
Von Zeit zu Zeit vergewissert sie sich, ob das rote Seil am Fenster auch wirklich deutlich sichtbar ist. Davon wird ja bald ihr Leben abhängen. So geht es sechs Tage lang.
'Lukas 16, 8
Dann bricht der siebente an... Schweigend, mit ernsten Gesichtern ziehen die Israeliten aufs neue um die Stadt. Und noch einmal... und noch einmal.., und noch einmal...
Die Spannung steigt innerhalb und außerhalb der Mauern. Drinnen sieht man der Zukunft mit Angst und Zittern entgegen. Nur in einem Hause nicht. Da herrschen Hoffnung undNertrauen. Da ist ein Bund mit dem Volk Gottes geschlossen. Als die sieben Priester mit den sieben Posaunen das siebente Mal die Stadt umkreisen, bricht das Volk - auf Josuas Befehl - in Jubel aus...
Das Unglaubliche geschieht. Die Erde bebt. Mauern, die jahrelang standen, zerbröckeln, stürzen zusammen. Und plötzlich liegt die Stadt offen da.
»Durch den Glauben fielen die Mauern Jerichos«, sagt der Schreiber des Hebräerbriefes. Aber durch denselben Glauben bleibt ein Teil stehen. Die Fundamentevon Rahabs Haus halten stand.3 Beide Parteien haben die Absprache gehalten. Rahab hat getan, was von ihr erwartet wurde, und Gott hat ihren Glauben belohnt.
Rahabs Glaube an den Sieg Gottes für Israel ist so stark, daß sie ihre ganze Familie überreden konnte, bei ihr einzuziehen. Niemand von ihnen kommt um. Was der König versäumte, geschah durch Rahab, nämlich das rechtzeitige Erkennen der Gefahr und die wirksamen Maßnahmen dagegen.
Rahabs Bild war entstellt, weil es durch Sünde entehrt und beschmutzt war. Und doch liegt ein Glanz des Glaubens darüber. Ihr Glaube war groß genug, um danach zu handeln. Das ist Jakobus, der auch über sie schreibt, wichtig.
Wenn der Glaube die praktische Prüfung nicht besteht, ist er wertlos und tot. Glaube wird letztlich nur an Taten erkennbar, die nach außen sichtbar sind.

»Glaube ist ein festes und inniges Vertrauen auf Gott und Gottes Wort«, definiert ein niederländisches Lexikon; Dieser Glaube zeigt sich auch bei Rahab. Darum reinigt Gott ihr beflecktes Bild und hängt es in die Galerie zu den Glaubenshelden - neben das von
3Hebräer 11,30.31

Sara. Damit werden die zwei Frauen zwischen einer ganzen Reihe von Männern als einzige mit Namen genannt. -
Rahab wie Sara eine Glaubensheldin? Ja, weil bei Gott nichts unmöglich ist und »keinAnsehen der Person« gilt. Er rechtfertigt die Gottlosen...
Hiermit ist Rahabs Geschichte nicht zu Ende. Sie beginnt erst richtig nach der Befreiung Jerichos. Nachdem ihr Leben seine Bestimmung, nämlich Gott, gefunden hat, kann es sich jetzt entfalten. Man hört nichts mehr von ihrem alten Gewrbe. Sie wird eine ehrbare Hausfrau. Nachdem sie als Heidin in das jüdische Volk aufgenommen worden ist, heiratet sieden Israeliten Salma und wird Mutter. Wenn wir die Art, in der sie ihre Mutterschaft erlebte, an ihrem liebenswürdigen und klugen Sohn Boas, dem Mann von Ruth, messen, dahn ist ihr Leben wirklich erfüllt.
Ruth wird Urgroßmutter von König David, und Rahab wird damit eine Mutter im Geschlechtsregister von Jesus Christus. Das ist ein Vorrecht, um das sie jede Jüdin beneiden wird.
Durch den Glauben...
Offnen sich hier nicht überwältigende Perspektiven?
'Matthäus 1. 5 und das Buch Ruth

@1976 Hänssler