Watchman Nee, Der geistliche Christ 1 Fleisch Geist Seele

01/01/2024
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

IV. Vorwort Dem Herrn, dem ich diene, sage ich von Herzen Dank, dass er mir erlaubte, dieses Buch zu schreiben. Ich hatte immer gehofft, dass ein Befähigterer diese Arbeit übernehmen würde. Aber es gefiel dem Herrn, mich damit zu beauftragen. Hätte ich wählen können, so wäre ich wohl der letzte gewesen, der dies geschrieben hätte, denn ich hatte nicht den Wunsch, solch ein Buch zu verfassen. Mein Zögern lag nicht darin begründet, dass ich mich von dieser Pflicht zurückziehen wollte, sondern vielmehr im Wissen, dass ein Buch, das den Weg des geistlichen Lebens und die Probleme des geistlichen Kampfes behandelt, gewiss die Möglichkeiten eines Menschen übersteigt, der den Herrn noch nicht einmal zehn Jahre lang kennt.

Die Bibel erlaubt einem Gläubigen, von seinen Erfahrungen zu berichten; ja, der Heilige Geist leitet ihn sogar an, dies zu tun, wie viel besser freilich, wenn solche Erfahrungen wie »entrückt in den dritten Himmel« nach »vierzehn Jahren« erwähnt werden. Nun habe ich zwar keine »Dritte-Himmel«-Erfahrung, noch habe ich eine große Offenbarung empfangen, aber ich konnte durch des Herrn Gnade lernen, ihm in den kleinen täglichen Dingen zu folgen. Ich unternehme deshalb den Versuch, den Kindern Gottes das weiterzugeben, was ich während dieser Jahre vom Herrn empfangen habe. Vor ungefähr vier Jahren sah ich die Notwendigkeit, dieses Buch zu schreiben.

Damals erholte ich mich von einer Krankheit in einer kleinen Hütte am Fluss, betete und las das Wort Gottes. Ich erkannte das dringende Bedürfnis nach einem Buch, das gegründet auf das Wort Gottes und auf die Erfahrung, den Gotteskindern ein klares Verständnis des geistlichen Lebens vermitteln könnte, um sie weiterzuführen und sie davor zu bewahren, im Dunkeln zu tappen. Damals wurde mir bewusst, dass mich der Herr beauftragte, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich begann die Kapitel zu ordnen, die die Unterscheidung von Geist, Seele und Leib behandeln, und ebenso den ersten Teil des Kapitels, das sich mit dem Seelenleben befasst. 

Ich gab aber das Schreiben bald wieder auf, wurde doch meine Zeit von vielen Aufgaben in Anspruch genommen. Das war aber nicht der Hauptgrund, denn zum Schreiben hätte ich trotzdem ab und zu Gelegenheit gehabt. Wenn ich die Feder zur Seite legte, so deshalb, weil noch manche Wahrheit niederzuschreiben war, die ich bis zu jenem Zeitpunkt noch nicht völlig durch eigene Erfahrung bestätigen konnte. Ich wusste, dass dieser Mangel den Wert und auch die Kraft dieses Buches vermindern würde. So zog ich es vor, zunächst in der Schule Gottes zu lernen und seine Wahrheiten in der Erfahrung zu erproben. Was ich dann schreiben würde, wären dann geistliche Realitäten und nicht nur geistliche Theorien. Darum wurde die Arbeit drei Jahre aufgeschoben.

Ich darf wohl sagen, dass mich dieses Buch während dieser drei Jahre trotzdem ständig innerlich beschäftigte. Obschon einige denken mochten, dass die Veröffentlichung dieser Arbeit längstüberfällig war, so konnte ich doch klar des Herrn Hand über dem Ganzen sehen. In den wenigen Jahren haben die in diesem Buch enthaltenen Wahrheiten, besonders jene im letzten Band, viele aus der Macht der Finsternis befreit, was beweist, dass wir an geistliche Realitäten gerührt haben. Durch die besondere Gnade des Herrn konnte ich die Erlösungsabsichten Gottes besser verstehen, die er dadurch verfolgt, dass er die alte Schöpfung von der neuen trennt. Dafür sage ich dem Herrn Dank. Er schenkte mir auch während meiner verschiedenen Reisen Gelegenheit zu Begegnungen mit vielen seiner Auserwählten, was meine geistliche Schau, Erkenntnis und Erfahrung förderte. In den Kontakten mit den Leuten zeigte mir der Herr nicht nur, worin der wahre Mangel unter seinen Kindern besteht, sondern auch die in seinem Wort geoffenbarte Abhilfe. Ich möchte daher meinen Lesern sagen, dass dies ein Handbuch für das geistliche Leben ist, dessen Inhalt lebensmäßig erprobt werden kann. 

Aufgrund meiner besonderen Erfahrungen, die ich in diesen wenigen Jahren machte, wurde mir nicht nur größere Erkenntnis über die Wirklichkeit der Ewigkeit zuteil, sondern gleicher weise auch über die große Schuld, die ich der Gemeinde Gottes gegenüber abzutragen habe. So hoffte ich, dieses Buch in kurzer Zeit fertig zu stellen. Ich danke Gott, dem Vater, und einigen meiner Freunde im Herrn, dass ich an einem stillen Ort ruhen und schreiben konnte. In wenigen Monaten hatte ich die ersten vier Hauptabschnitte abgeschlossen. Wenn ich auch die anderen Teile noch nicht begonnen habe, so bin ich doch sicher, dass Gott, der Vater, zur rechten Zeit die nötige Gnade dazu schenken wird. Da dieser Band nun bald herauskommen wird, und die anderen ihm bald folgen werden, so will ich offen bekennen, dass es nicht leicht war, diese Wahrheiten zu lernen; sie niederzuschreiben war noch schwerer. Ich kann schon sagen, dass ich zwei Monate lang täglich Satans Angriffe zu spüren bekam. Welch ein Kampf! Wie musste ich Widerstand leisten! Ich musste all meine Kräfte des Geistes, der Seele und des Leibes aufbieten, um mich gegen die Hölle zu behaupten. Diese Kämpfe sind nun vorübergehend unterbrochen, aber es sind noch weitere Kapitel zu schreiben.

Wenn du wie Moses auf dem Berge bist, dann vergaß bitte Josua unten im Tal nicht. Ich weiß, dass der Feind dieses Werk zutiefst hasst. Er wird alle Mittel einsetzen, um es den Menschen vorzuenthalten und sie am Lesen zu hindern. Oh, lass dies doch dem Feind nicht gelingen! Dieses Buch, das aus drei Bänden bestehen wird, ist nicht in der Form einer Predigt oder Auslegung geschrieben. Obschon sich alle Bände mit dem geistlichen Leben und Kampf befassen, liegt bei einigen Kapiteln der Nachdruck mehr auf dem geistlichen Leben, bei anderen mehr auf dem geistlichen Kampf. Das Buch als Ganzes ist so gestaltet, dass es als Leitfaden dienen kann. Die Betonung liegt deshalb auf dem Glaubensweg und nicht auf der Glaubensentscheidung. Mögen alle, deren Herzen sich nach ihrem Herrn sehnen, darin Hilfe finden. 

Ich bin mir wohl bewusst, dass das geistliche Leben der Leser dieses Buches sehr verschieden sein kann. Wenn du also auf schwer verständliche Punkte stoßen solltest, dann lehne sie bitte nicht ab und versuche sie auch nicht mit dem Verstand zu ergründen. Solche Wahrheiten sollten für später zurückgestellt werden. Wenn du diesen schwierigen Abschnitt später wieder liest (vielleicht nach zwei Wochen oder einem ganzen Monat), dann vermagst du ihn möglicherweise schon besser zu erfassen.

Dieses Buch hat es durchgängig mit dem geistlichen Leben als einer Erfahrung zu tun. Anders kann es nicht verstanden werden. Was am Anfang »ungenießbar« scheinen mag, kann später äußerst wertvoll werden. Du wirst es verstehen, wenn du die nötige geistliche Stufe erreicht hast. Ist es aber nötig, bis dahin zu warten, um alles zu verstehen? Wenn ja, wozu soll dann dieses Buch nützlich sein? Die geistliche Erfahrung eines Gläubigen ist von einem großen Geheimnis umgeben. Der Herr gibt uns immer zuerst einen Vorgeschmack eines tieferen Lebens, ehe er es uns völlig zur Erfahrung werden lässt. Manche Gläubige verwechseln den Vorgeschmack mit der Fülle und erkennen nicht, dass der Herr eben erst damit angefangen hat, sie zu führen. Was in diesem Buch gelehrt wird, kommt dem Bedürfnis derer entgegen, die gerade erst geschmeckt, aber noch nicht getrunken haben.

Vor etwas aber müssen wir uns hüten: wir sollten die Erkenntnis, die wir aus diesem Buch gewonnen haben, nie als Hilfe benutzen, uns selbst zu analysieren. Wenn wir in Gottes Licht das Licht erkennen, dann begreifen wir uns, ohne unsere Freiheit in Christo zu verlieren. Wenn wir uns aber den ganzen Tag analysieren und unsere Gedanken und Gefühle zerlegen, dann hindert uns das daran, uns in Christus zu verlieren. Der Gläubige kann sich nur dann selbst erkennen, wenn er die Erkenntnis von Gott selbst hat. Selbstanalyse und Selbstbewusstsein sind für das geistliche Leben schädlich.

 Es wäre gut, über Gottes Erlösungsplan nachzudenken. Gottes Absicht besteht darin, uns durch das neue Leben, das er uns bei der Wiedergeburt schenkte, von der Sünde, vom Natürlichen und übernatürlichen, d. h. von den satanischen, bösen Kräften in der unsichtbaren Welt zu erlösen. Diese drei Erlösungsstufen sind notwendig, wir können keine umgehen. Sobald ein Gläubiger Gottes Erlösungswerk beschränkt, erreicht er Gottes Ziel nicht. Das natürliche Leben (das gute Ich) und der übernatürliche Feind müssen überwunden werden. Es ist sicher gut, die Sünde zu überwinden, aber das Werk ist nicht getan, solange das widerspenstige Ich und der übernatürliche Feind unbesiegt bleiben. Das Kreuz vermag uns diesen Sieg zu schenken. Ich hoffe, diese Fragen durch Gottes Gnade genügend klar behandeln zu können.

Außer dem letzten Teil des dritten Bandes, der sich mit dem Leiblichen befassen wird, kann dieses Buch als biblische Psychologie betrachtet werden. Wir gründen alles auf die Bibel und können es durch die geistliche Erfahrung bestätigen. Durch das Studium des Wortes und durch die Erfahrung lernen wir, dass für jede geistliche Erfahrung (z. B. die Wiedergeburt) eine besondere Veränderung in unserem inneren Menschen stattfindet. Wir schließen, dass die Bibel den Menschen dreigeteilt sieht: Geist, Seele und Leib. Zudem werden wir gewahr, wie verschieden die Funktionen und Bereiche dieser drei Teile sind, ganz besonders von Geist und Seele. In diesem Zusammenhang ist es nötig, über den ersten Teil des ersten Bandes ein paar Worte zu sagen. 

Die Unterscheidung von Geist und Seele sowie der Unterschied in ihren Funktionen, sind unerlässliche Erkenntnisse für alle, die geistlich wachsen wollen. Erst nachdem wir wissen, was der Geist und was geistlich ist, können wir in Übereinstimmung mit dem Geist leben. Da aber ein großer Mangel in der Unterweisung dieser Erkenntnis besteht, will ich dies ausführlich zu erklären versuchen. Gläubigen, die bereits eine gewisse Grundlage haben, wird dieser erste Teil keine Schwierigkeiten bereiten; jene aber, die mit diesem Gedankengut nicht vertraut sind, sollen sich nur die Schlussfolgerungen merken und dann zum zweiten Teil übergehen. Der erste Teil befasst sich also nicht so sehr mit dem geistlichen Leben, er vermittelt vielmehr eine gewisse Erkenntnis, die für das geistliche Leben grundlegend ist. Dieser Teil wird vielleicht noch besser verstanden, wenn man ihn nach dem Studium des ganzen Buches erneut liest.

Ich bin nicht der erste, der die Unterscheidung zwischen Geist und Seele lehrt. Andrew Murray sagte einmal, die Gemeinde und die einzelnen Menschen müssten sich vor der ungehemmten Aktivität der Seele mit ihrer Kraft des Verstandes und des Willens hüten. F. B. Meyer erklärte, dass er sich ohne die Trennung von Geist und Seele sein eigenes geistliches Leben nicht hätte vorstellen können. Viele andere, wie z. B. Otto Stockmayer, Jessie Penn-Lewis, Evan Roberts und Madame Guyon, haben das auch bezeugt. Ich habe von ihrem Schrifttum reichlich Gebrauch gemacht, da wir ja vom Herrn alle den gleichen Auftrag empfangen haben. Ich habe mich daher entschlossen, im Allgemeinen auf Quellenhinweise zu verzichten. Dieses Buch ist nicht nur für Gläubige gedacht, es soll auch jenen helfen, die im Dienst des Herrn jünger sind als ich. Da wir für das geistliche Leben anderer verantwortlich sind, sollten wir wissen, aus was wir sie heraus — und in was wir sie hineinführen. Wenn wir den Menschen helfen, nicht mehr in der Sünde zu leben und für ihren Herrn zu eifern — ist das dann alles, was der Herr von uns verlangt? 

Oder gibt es mehr? Ich persönlich glaube, dass die Bibel mit aller Deutlichkeit dazu Stellung nimmt. Gottes Absicht ist es, seine Kinder völlig von der alten Schöpfung zu erlösen und in die neue Schöpfung eingehen zu lassen. Es spielt keine Rolle, wie sehr die alte Schöpfung dem Menschen gefallen mag — Gott hat sie verworfen. Wenn wir als Arbeiter Gottes wissen, was zerstört und was gebaut werden soll, dann sind wir keine blinden Blindenführer. Die Wiedergeburt — Gottes Leben empfangen — ist der Ausgangspunkt allen geistlichen Lebens. Wie unnütz ist es, wenn das Endresultat all unseres Ermahnens, Überzeugens, Argumentierens, Erkläret und Bemühens nichts anderes als ein vernunftmäßiges Wissen, eine willens mäßige Entschlossenheit und eine Gemütsbewegung ist. 

Das hat den Menschen nicht geholfen, Gottes Leben in ihrem Geist zu empfangen. Wenn wir aber erkannt haben, dass die Menschen zuerst Gottes Leben empfangen müssen, dann kann unsere ganze Arbeit drastisch anders werden. In der Tat wird uns diese Erkenntnis vergegenwärtigen, dass viele, die vorgeben, an den Herrn Jesus zu glauben, nie wirklich geglaubt haben. Tränen, Buße, Reform, Eifer und Anstrengung sind nicht die Echtheitszeichen eines Christen. Glücklich sind wir, wenn wir erkennen, dass unsere Verantwortung darin besteht, den Menschen Gottes unerschaffenes Leben zu bringen.

Wenn ich daran denke, wie sehr mich der Feind zu hindern suchte, die praktische Erfahrung der im dritten Band enthaltenen Wahrheiten zu machen, so kann ich nicht anders, als besorgt sein, dass einige, obschon sie das Buch besitzen, vom Satan gehindert werden, es zu lesen, oder wenn sie es lesen, er sie versucht, dies schnell wieder zu vergessen. Ich möchte daher meine Leser ermahnen, Gott zu bitten, dass er Satan wehre, sie am Lesen zu hindern. Bete, während du liest, mache aus dem, was du liest, ein Gebet. Bitte, dass Gott dich mit dem Helm des Heils bedecke, damit du nicht vergisst, was du liest oder nur deinen Verstand mit unzähligen Theorien füllst. 

Dann habe ich noch ein paar Worte an jene zu richten, die die Wahrheiten bereits besitzen, die auf den folgenden Seiten enthalten sind. Wenn Gott euch in seiner Gnade vom Fleisch und von der Macht der Finsternis erlöst hat, dann solltet ihr diese Wahrheiten anderen weitersagen. So werdet ihr, nachdem ihr das Buch völlig in euch aufgenommen habt, einige Gläubige um euch versammeln und sie diese Wahrheiten ebenfalls lehren. Wenn es zuviel ist, das ganze Buch durchzunehmen, so wird auch schon das Studium von einem oder zwei Teilen einen inneren Gewinn bringen. Es ist meine Hoffnung, dass die hier aufgezeigten Wahrheiten nicht unbeachtet bleiben. Nun liegt diese Arbeit in Gottes Hand. Möge er sie nach seinem Wohlgefallen segnen zum geistlichen Wachstum und geistlichen Sieg für mich und viele von meinen Brüdern und Schwestern. Möge Gottes Wille geschehen. Möge sein Feind besiegt werden. Möge unser Herr bald wiederkommen, um die Herrschaft anzutreten. Amen. Shanghai, 4. Juni 1927 Watchman Nee 

1. Geist, Seele und Leib Nach allgemein üblicher Auffassung besteht der Mensch aus der Dualität Seele und Leib. Demzufolge ist die Seele der unsichtbare, innere, geistliche Teil, während der Leib aus dem äußeren, körperlichen Teil besteht. Obschon diese Anschauung eine gewisse Wahrheit enthält, ist sie dennoch ungenau. Das ist die Ansicht des gefallenen Menschen, nicht diejenige Gottes; ohne eine Offenbarung von Gott gibt es hier kein zuverlässiges Konzept. Dass der Leib die äußere Hülle des Menschen ist, bezweifelt niemand, aber die Bibel spricht von Geist und Seele nie so, als ob es das gleiche wäre. Sie sind nicht nur dem Wort, sondern auch ihrem Wesen nach verschieden. Das Wort Gottes teilt den Menschen nicht in die zwei Teile Seele und Leib. Es behandelt ihn vielmehr als dreiteilig: Geist, Seele und Leib. 1. Thess. 5, 23 lautet: Er aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer Geist ganz samt Seele und Leib müsse bewahrt werden unversehrt, unsträflich auf die Ankunft unsers Herrn Jesus Christus. Dieser Vers zeigt deutlich, dass der ganze Mensch aus drei Teilen besteht. Der Apostel Paulus weist hier auf die völlige Heiligung der Gläubigen hin: »heilige euch völlig«. Wie wird nach den Worten des Apostels ein Mensch völlig geheiligt? 

Dadurch, dass Geist, Seele und Leib bewahrt werden. Von daher wird uns leicht verständlich, dass der Mensch diese drei Teile in sich schließt. Dieser Vers macht einen Unterschied zwischen Geist und Seele, sonst hätte Paulus einfach »eure Seele« gesagt. Da nun Gott zwischen dem menschlichen Geist und der Seele einen Unterschied macht, kommen wir zu dem Schluss, dass sich der Mensch nicht aus zwei, sondern aus drei Teilen zusammensetzt: aus Geist, Seele und Leib. Hat es irgendeine Bedeutung, Geist und Seele zu trennen? Dies ist ein Punkt von größter Wichtigkeit, weil es eine große Wirkung auf das geistliche Leben des Gläubigen hat. Wie soll ein Gläubiger verstehen, was geistliches Leben ist, wenn er den Umfang des geistlichen Bereiches nicht kennt? Wie kann er ohne dieses Verständnis geistlich wachsen? 

Zwischen Geist und Seele nicht unterscheiden zu können, ist verhängnisvoll für den geistlichen Reifeprozeß. Christen halten seelische Dinge oftmals für geistlich und bleiben damit in einem »seelischen« Zustand und suchen nicht nach dem, was wirklich geistlich ist. Wir werden Schaden nehmen, wenn wir miteinander vermengen, was Gott getrennt hat. Geistliches Wissen ist sehr wichtig für das geistliche Leben. Es ist jedoch für den Gläubigen ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger, dass er demütig und willig ist, die Belehrung des Heiligen Geistes anzunehmen. Wenn dies der Fall ist, so wird ihn der Heilige Geist die Trennung von Geist und Seele erfahren lassen, auch wenn er keine großen Erkenntnisse über diese Wahrheit hat. So kann einerseits der unkundigste Gläubige ohne die geringste Ahnung über die Trennung von Geist und Seele, dies dennoch im wirklichen Leben erfahren. Andererseits kann diese Erfahrung selbst dem bestinformierten Gläubigen, der mit der Wahrheit über Geist und Seele völlig vertraut ist, abgehen. Weit besser ist es, beides zu haben: die Erkenntnis und die Erfahrung. 

Der großen Mehrheit fehlt jedoch die Erfahrung. Es ist daher gut, sie bereits am Anfang über die verschiedenen Funktionen von Geist und Seele zu unterrichten, damit sie ermutigt werden, das zu suchen, was geistlich ist. Es gibt aber noch andere Schriftstellen, die gleichfalls zwischen Geist und Seele unterscheiden. »Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, der Gelenke und des Markes und ist ein Richter der Herzenssinne und Gedanken« (Hebr. 4,12). In diesem Vers teilt der Schreiber die nicht leiblichen Teile des Menschen in »Seele und Geist« auf. Der leibliche Teil wird hier als der Gelenke und Mark — Organe der Bewegung und der Sinneswahrnehmung — einschließende erwähnt. Wenn der Priester das Messer braucht, um das Opfer zu zerlegen, kann nichts in ihm verborgen bleiben. Selbst Gelenke und Mark werden getrennt. Gleicherweise braucht der Herr Jesus das Wort Gottes für seine Nachfolger, um bis zur Scheidung des Geistlichen, Seelischen und Körperlichen durchzudringen. Daraus folgt, dass Seele und Geist in ihrem Wesen verschieden sein müssen. Daraus wiederum wird ersichtlich, dass sich der Mensch aus drei Teilen zusammensetzt.

1.1 Die Erschaffung des Menschen »Und Jehova Gott formte den Menschen aus dem Staub der Erde und blies ihm den Lebensodem in die Nase; und so wurde der Mensch eine lebendige Seele« (1. Mose 2,7). Als Gott den Menschen schuf, formte er ihn aus dem Staub der Erde und blies ihm den »Lebensodem« in seine Nase. Sobald der Lebensodem, der zum Geist des Menschen wurde, mit dem Leib des Menschen in Kontakt kam, wurde auch die Seele geschaffen. Somit ist die Seele die Kombination von menschlichem Leib und Geist. Daher nennt die Schrift den Menschen »eine lebendige Seele«. Der Lebensodem wurde zum Geist des Menschen, d. h. zum Lebensprinzip in ihm. Der Herr Jesus sagt uns: »Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben.

« Dieser Lebensodem stammt vom Herrn der Schöpfung. Wir dürfen jedoch des Menschen Geist nicht mit Gottes Heiligem Geist verwechseln. Der letztere unterscheidet sich von unserem menschlichen Geist. Römer 8,16 stellt diesen Unterschied dadurch heraus, dass es hier heißt: »Der Geist selbst gibt Zeugnis unsrem Geist, dass wir Gottes Kinder sind.« Das ursprüngliche Wort für »Leben« in »Odem des Lebens« ist chay und steht in der Mehrzahl. Das führt uns auf die Tatsache zurück, dass das Einhauchen durch Gott ein zweifaches Leben hervorbrachte, ein seelisches und ein geistliches. Als der Hauch Gottes in den Leib des Menschen kam, wurde er zum Geist des Menschen, als aber der Geist durch den Leib reagierte, war die Seele entstanden. Das erklärt den Ursprung unseres geistlichen und seelischen Lebens. Wir müssen jedoch erkennen, dass dieser Geist nicht Gottes eigenes Leben ist, denn »der Atem des Allmächtigen gibt mir das Leben« (Hiob 33,4).

Es ist nicht das ungeschaffene Leben Gottes im Menschen, noch ist es das Leben, das wir bei der Wiedergeburt empfangen. Was wir bei der Wiedergeburt empfangen, ist Gottes eigenes Leben, wie es durch den Baum des Lebens versinnbildlicht ist. Unser menschlicher Geist aber besitzt, obschon er bleibend ist, kein »ewiges Leben«. »Formte den Menschen aus dem Staub der Erde« bezieht sich auf den Körper des Menschen. »Blies ihm den Lebensodem in die Nase« bezieht sich auf den Geist des Menschen, wie er von Gott kam. »Und der Mensch wurde eine lebendige Seele« bezieht sich auf des Menschen Seele, nachdem der Leib durch den Geist belebt wurde und zu einem lebendigen und bewussten Menschen wurde. 

Ein vollständiger Mensch ist eine Dreieinigkeit — die Zusammensetzung von Geist, Seele und Leib. Nach 1. Mose 2,7 wurde der Mensch aus zwei unabhängigen Bestandteilen geschaffen, dem leiblichen und dem geistlichen; als aber Gott den Geist in die irdische Hülle gab, entstand die Seele. Der mit dem toten Leib in Berührung gekommene menschliche Geist brachte die Seele hervor. Der Leib ohne den Geist war tot, mit dem Geist bekam der Mensch Leben. Das auf diese Weise belebte Organ wurde Seele genannt. »Der Mensch wurde eine lebendige Seele« gibt nicht nur der Tatsache Ausdruck, dass die Verbindung von Geist und Leib die Seele hervorbrachte, es lässt auch annehmen, dass Geist und Leib vollständig in dieser Seele aufgingen. Mit anderen Worten, Seele und Leib wurden mit dem Geist vereinigt, und Geist und Leib wurden mit der Seele verschmolzen. Adam, in seinem sündlosen Zustand, wusste nichts von diesen endlosen Kämpfen zwischen Geist und Fleisch, wie wir sie täglich erfahren. 

Da war eine vollkommene »Verschmelzung« dieser drei Naturen in eine einzige, und die Seele als das einigende Element wurde Ursache seiner Individualität, seiner Existenz als besonderes Wesen. Der Mensch war dazu ersehen, eine lebendige Seele zu sein, denn in ihr begegneten sich Geist und Leib, und durch sie wurde seine Eigenpersönlichkeit offenbar. Vielleicht wollen wir ein unvollkommenes Beispiel zu Hilfe ziehen: Wenn wir einige Tropfen Farbe in einen Becher Wasser fallen lassen, werden sich Farbe und Wasser vermischen zu einer dritten Substanz, zu Tinte. So verbinden sich die zwei unabhängigen Teile Geist und Leib, um eine lebendige Seele zu werden. (Der Vergleich hinkt in dem Sinne, als die durch die Verbindung von Geist und Leib gewordene Seele ein ebenso unabhängiges, unauflösliches Element wird, wie der Geist und der Leib.) Gott behandelte des Menschen Seele als etwas Einmaliges.

So wie die Engel als Geistwesen geschaffen wurden, so wurde der Mensch vor allem als eine lebendige Seele geschaffen. Der Mensch hatte nicht nur einen Leib mit Lebensodem, er wurde auch eine lebendige Seele. So spricht Gott später in der Schrift wiederholt vom Menschen als von der »Seele«. Warum das? Weil das, was der Mensch ist, davon abhängt, wie seine Seele ist. Seine Seele gibt sein Bild wieder und bringt seine Einzelpersönlichkeit zum Ausdruck. Sie ist das Organ seines freien Willens, das Organ, in dem Geist und Leib völlig verschmelzen. Wenn des Menschen Seele geneigt ist, Gott zu gehorchen, dann wird sie dem Geist erlauben, über den Menschen zu herrschen, wie Gottes Ordnung es vorsah. Die Seele kann aber, wenn sie dies will, auch den Geist unterdrücken und einen anderen Herrn über den Menschen herrschen lassen. Diese Triplizität von Geist, Seele und Leib mag mit einer Glühlampe verglichen werden. Innerhalb der Lampe, die den ganzen Menschen darstellen kann, gibt es elektrischen Strom, Licht und Draht. Der Geist gleicht dem Strom, die Seele dem Licht und der Leib dem Draht.

 Der Strom ist die Ursache des Lichtes, während das Licht die Wirkung des Stromes ist. Der Draht ist die materielle Substanz, die sowohl den Strom leitet, als auch das Licht zum Vorschein bringt. Durch die Verbindung von Geist und Leib entstand die Seele, was nur beim Menschen der Fall ist. So wie der Strom durch den Draht geleitet sich in Licht verwandelt, so wirkt der Geist auf die Seele, die sich ihrerseits durch den Leib mitteilt. Wir müssen jedoch bedenken, dass zwar die Seele der Angelpunkt der Elemente unseres Wesens im gegenwärtigen Dasein ist, der Geist aber die herrschende Kraft in unserem Auferstehungsleben sein wird. So sagt uns die Bibel: »Es wird gesät ein fleischlicher Leib, es wird auferstehen ein geistlicher Leib« (1. Kor. 15,44). Eines ist hier jedoch von großer Wichtigkeit: Bei uns, die wir mit dem auferstandenen Herrn vereint wurden, kann schon jetzt unser Geist über unser ganzes Wesen herrschen. Wir sind nicht mit dem »ersten Adam« vereint, der als eine lebendige Seele geschaffen wurde, sondern mit dem »letzten Adam«, der ein Leben schenkender Geist ist (1. Kor. 15,45). 1.2 

Die Funktionen von Geist, Seele und Leib Durch seinen Leib kommt der Mensch mit der materiellen Welt in Berührung. Wir können daher den Leib als den Teil bezeichnen, der uns das Weltbewußtsein gibt. Die Seele schließt den Verstand in sich, der uns im gegenwärtigen Dasein eine Hilfe ist, und die Gefühle, die von den Sinnen ausgehen. Da die Seele zum menschlichen Ich gehört und seine Persönlichkeit offenbart, wird sie als der Teil bezeichnet, der das Selbstbewusstsein vermittelt. Der Geist ist der Teil, durch den wir mit Gott in Verbindung kommen und durch den allein wir ihn zu fassen und anzubeten vermögen. Weil er uns über unsere Beziehung zu Gott Aufschluss gibt, wird der Geist das Element des Gottesbewußtseins genannt. Gott wohnt im Geist, das Ich wohnt in der Seele, während die Sinne im Leib wohnen. Durch seinen Geist hat der Mensch Umgang mit der geistlichen Welt und mit dem Geist Gottes, um beides, die Kraft und das Leben aus der geistlichen Welt zu empfangen und zum Ausdruck zu bringen. Durch seinen Leib ist der Mensch in Kontakt mit der äußeren, den Sinnen zugänglichen Welt, auf die er sowohl einwirkt, als auch von ihr beeinflusst wird. 

Die Seele steht zwischen diesen zwei Welten, gehört aber dennoch beiden an. Durch den Geist ist sie mit der geistlichen Welt verbunden und durch den Leib mit der materiellen Welt. Sie besitzt auch die Macht des freien Willens und kann daher ihre »Umgebung« wählen. Der Geist kann nicht direkt auf den Leib wirken. Er braucht dazu ein Medium, und dieses Vermittlungselement, die Seele, entstand dadurch, dass der Geist mit dem Leib in Berührung kam. Die Seele steht also zwischen dem Geist und dem Leib und verbindet diese miteinander. Der Geist kann sich durch die Seele den Leib unterwerfen, so dass er Gott gehorcht; gleicher weise kann aber auch der Leib durch die Seele den Geist negativ beeinflussen. Der Geist ist das edelste unter diesen drei Elementen, schafft er doch die Verbindung zu Gott. Der Leib ist das niedrigste, da er uns mit der Materie verbindet. Die dazwischen liegende Seele verbindet beide miteinander und trägt auch beider Wesenszüge. Die Seele ermöglicht es Geist und Leib, sich einander mitzuteilen und gemeinsam zu wirken. Es ist die Aufgabe der Seele, dafür zu sorgen, dass Geist und Körper ihre richtige Beziehung nicht verlieren, dass nämlich der Leib dem Geist untergeordnet bleibt und der Geist durch die Seele den Leib regiert. 

Die Seele des Menschen ist deshalb  von größter Bedeutung. Sie nimmt vom Geist, was dieser vom Heiligen Geist empfangen hat, damit die Seele, nachdem sie vervollkommnet wurde, dem Leib das vermittelt, was sie erhalten hat, so dass auch der Leib an der Vollkommenheit des Heiligen Geistes Anteil haben und zu einem geistlichen Leib werden kann. So ist also der Geist der edelste Teil des Menschen und hat seinen Sitz im innersten Bereich seines Wesens. Der Leib ist der niedrigste und hat den äußersten Platz inne. Zwischen beiden wohnt die Seele, die ihnen als Bindeglied dient. Der Leib ist die äußere

Schale der Seele, während die Seele die äußere Hülle des Geistes ist. Der Geist übermittelt seine Gedanken der Seele, und die Seele übt den Leib, den Anordnungen des Geistes zu folgen. Das ist die Aufgabe der Seele als Vermittlerin. Vor dem Sündenfall beherrschte der Geist durch die Seele das ganze Sein des Menschen. Die Kraft der Seele ist sehr groß, weil in ihr Geist und Leib verschmelzen und sie zum Sitz der Persönlichkeit und Wirksamkeit des Menschen machen. Bevor der Mensch eine Sünde beging, war die Macht der Seele vollkommen unter der Herrschaft des Geistes. Ihre Kraft war daher des Geistes Kraft. Der Geist kann nicht selbst auf den Leib einwirken, er kann dies einzig durch die Vermittlung der Seele. Das wird in Lukas 1,46-47 verdeutlicht: »Und Maria sprach: >Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes.<« Hier zeigt der Wechsel in der Zeitform, dass der Geist zuerst in Gott Freude empfing und dann diese Freude durch die Seele auch rein äußerlich zum Ausdruck gebracht wurde. Halten wir nochmals fest, dass die Seele der Sitz der Persönlichkeit ist. Hier ist der Sitz von Wille, Verstand und Gefühl des Menschen. Während der Geist dazu dient, sich mit der geistlichen Welt in Verbindung zu setzen, und der Leib seinerseits mit der natürlichen Welt, so steht die Seele zwischen beiden und entscheidet, ob die geistliche oder die natürliche Welt regieren soll. 

Manchmal übernimmt auch die Seele selbst durch den Verstand die Herrschaft über den Menschen. Damit der Geist regieren kann, muss die Seele ihre Zustimmung geben, andernfalls ist der Geist nicht in der Lage, Seele und Leib zu regulieren. Die Entscheidung liegt aber bei der Seele, denn in ihr wohnt die Persönlichkeit des Menschen. So ist die Seele eigentlich der Drehpunkt seines ganzen Wesens, weil sie die Entschlusskraft in sich birgt. Nur wenn die Seele bereit ist, eine demütige Stellung einzunehmen, ist es dem Geist möglich, den ganzen Menschen zu führen. Wenn sich die Seele dagegen auflehnt, hat der Geist keine Macht. Das erklärt die Bedeutung des freien Willens des Menschen. Der Mensch ist kein Automat, der sich zwangsläufig nach Gottes Willen richtet. Er hat vielmehr die volle, unumschränkte Möglichkeit, selbst zu entscheiden. Er besitzt das Organ der eigenen Willenskraft und kann wählen, ob er Gott folgen oder ihm widerstehen und damit dem Satan folgen will. Gott will, dass der Geist, als der edelste Teil des Menschen, über den ganzen Menschen herrscht. Doch der Wille — der entscheidende Teil der Eigenpersönlichkeit — gehört zur Seele. Er ist es, der bestimmt, ob der Geist oder der Leib oder auch die Seele regiert. Im Blick auf die Tatsache, dass die Seele solche Macht besitzt und das Organ der Individualität ist, nennt die Bibel den Menschen »eine lebendige Seele«.

1.3 Der heilige Tempel und der Mensch »Wisst ihr nicht«, schreibt der Apostel Paulus, »dass ihr Gottes Tempel seid und dass Gottes Geist in euch wohnt?« (1. Kor. 3,16). Er hatte eine Offenbarung empfangen, nach der der Mensch mit einem Tempel verglichen wird. So wie Gott vormals im Tempel wohnte, so wohnt der Heilige Geist heute im Menschen. Daraus, dass er mit dem Tempel verglichen wird, können wir auch die Bedeutung der Dreiteilung des Menschen ersehen. Wir wissen, dass der Tempel in drei Teile unterteilt ist. Der erste ist der Äußere Vorhof, den alle sehen und besuchen können. Der allgemeine Gottesdienst wird hier verrichtet. Wenn wir weiter hineingehen, kommen wir in das Heiligtum, in das nur die Priester gehen dürfen, um Gott Öl, Weihrauch und Brot darzubringen. Sie sind schon recht nahe bei Gott, aber noch nicht am nächsten, denn sie sind immer noch außerhalb des Vorhanges und daher noch nicht in der eigentlichen Gegenwart Gottes. Gott wohnt im tiefsten Innern, im Allerheiligsten, wo die Dunkelheit von einem Licht überstrahlt ist, zu dem kein Mensch Zutritt hat. 

Obschon der Hohepriester einmal jährlich hineingeht, zeigt dies doch, dass kein Mensch im Allerheiligsten sein kann, bis der Vorhang zerrissen ist.Auch der Mensch ist ein Tempel Gottes und besteht aus drei Teilen. Der Leib ist der Äußere Vorhof und nimmt eine äußere Stellung ein mit einem jedermann sichtbaren Leben. Hier sollte der Mensch den Geboten Gottes gehorchen. Hier dient der Sohn Gottes als Stellvertreter und stirbt für die Menschheit. Inwendig ist die Seele des Menschen, die das innere Leben des Menschen ausmacht und die des Menschen Empfinden, Entschlusskraft und Verstand einschließt. So sieht das Heiligtum eines wiedergeborenen Menschen aus, denn seine Liebe, sein Wille und seine Gedanken sind völlig erleuchtet, damit sie Gott dienen, wie dies die Priester des Alten Bundes taten. Im Innersten, hinter dem Vorhang, befindet sich das Allerheiligste, in das kein menschliches Licht je durchgedrungen und kein Auge je eingedrungen ist. Es ist »der geheime Ort des

Höchsten«, der Wohnsitz Gottes. Er ist unerreichbar für den Menschen, es sei denn, Gott zerreißt den Vorhang. Dies ist des Menschen Geist. Dieser Geist liegt jenseits des menschlichen Eigenbewußtseins und über seinem Empfindungsvermögen. Hier kommt der Mensch mit Gott in Verbindung und vereinigt sich mit ihm.

Für dieses Allerheiligste gibt es kein Licht, weil Gott dort wohnt. Im Heiligtum gibt es Licht, befindet sich dort doch der siebenarmige Leuchter. Der Äußere Vorhof steht in vollem Tageslicht. All dies dient als Bild und Vorschattung des wiedergeborenen Menschen. Sein Geist ist gleichsam das Allerheiligste, in dem Gott wohnt, wo der Glauben regiert und nicht die Sinne, das Empfinden oder Verstehen des Gläubigen. Die Seele gleicht dem Heiligtum, denn sie ist genügend »ausgeleuchtet« durch vernünftige Gedanken und Konzepte, viel Wissen und Verständnis der Dinge der ideellen und materiellen Welt. Der Leib ist dem Äußeren Vorhof vergleichbar und für alle klar erkennbar. Die Handlungen des Leibes können von jedermann beobachtet werden. Die Ordnung, die Gott uns darbietet, ist unmissverständlich: »euer Geist, Seele und Leib« (1. Thess. 5,23). 

Es heißt nicht »Seele und Geist und Leib,« auch nicht »Leib und Seele und Geist«. Der Geist ist der vornehmste Teil und wird daher zuerst genannt. Nachdem wir nun Gottes Ordnung gesehen haben, vermögen wir auch die Weisheit der Bibel zu würdigen, die den Menschen mit einem Tempel vergleicht. Wir erkennen die vollkommene Harmonie, die zwischen dem Tempel und dem Menschen besteht, sowohl hinsichtlich der Ordnung als auch des Wertes. Aller Tempeldienst geschieht aufgrund der Offenbarung im Allerheiligsten. Die Verrichtungen im Heiligtum und im Vorhof sind durch die Gegenwart Gottes im Allerheiligsten geregelt. Dies ist die Stelle, an der die vier Ecken des Tempels zusammenlaufen und ruhen. Es mag uns scheinen, dass im Allerheiligsten nichts getan würde, weil es dort stockdunkel ist. Alle Verrichtungen geschehen im Heiligtum; selbst jene im Äußeren Vorhof werden von den Priestern des Heiligtums überwacht. Alle Tätigkeit im Heiligtum wird aber in Wirklichkeit durch die Offenbarung in der äußersten Ruhe und dem Frieden des Allerheiligsten bestimmt. Es ist nicht schwierig, hier die geistliche Parallele zu erkennen. Die Seele, das Organ unserer Persönlichkeit, setzt sich aus Verstand,

Willenskraft und Gefühl zusammen. Es scheint, als sei die Seele Herr aller Handlungen, weil der Leib ihren Anweisungen gehorcht.Vor dem Fall des Menschen aber war die Seele trotz ihrer Bedeutsamkeit vom Geist geleitet. Das ist die Ordnung, an der Gott noch immer festhält: zuerst der Geist, dann die Seele und zuletzt der Leib.

2. Geist und Seele 2.1 Geist Es ist für einen Gläubigen von größter Wichtigkeit zu wissen, dass er einen Geist hat, weil hier die Kommunikation Gottes mit ihm stattfindet. Wenn der Gläubige seinen eigenen Geist nicht erkennt, weiß er auch nicht, wie er im Geist mit Gott Verbindung haben kann. So geschieht es leicht, dass er die Gedanken oder Gefühle der Seele als das Werk des Geistes missversteht. Auf diese Weise verbannt er sich selbst in den äußeren Bereich und bleibt unfähig, den geistlichen Bereich zu erleben. 1. Kor. 2,11 spricht vom »Geist des Menschen, der in ihm ist«. 1. Kor. 5, 4 erwähnt »mein Geist«. Röm. 8, 16 sagt »unser Geist«. 1. Kor. 14, 14 gebraucht »mein Geist«. 1. Kor. 14, 32 sagt uns vom »Geist der Propheten«. Sprüche 25, 28 bezieht sich auf »sein eigener Geist«. Hebr. 12, 23 erwähnt »der Geist gerechter Menschen«. Sach. 12, 1 stellt fest, dass »der Herr... den Geist des Menschen in ihm formte«. Diese Schriftstellen zeigen zur Genüge, dass wir menschliche Wesen einen menschlichen Geist besitzen. Dieser Geist ist nicht  dasselbe wie unsere Seele, noch ist er mit dem Heiligen Geist zu verwechseln. In diesem Geist beten wir Gott an. Nach dem, was die Bibel und auch die Erfahrung von Gläubigen uns lehrt, kann gesagt werden, dass der menschliche Geist aus drei Teilen besteht oder, um es anders auszudrücken, drei Hauptfunktionen hat. Es sind dies: das Gewissen, die Intuition und die Kommunion. Das Gewissen ist das unterscheidende Organ, das Recht und Unrecht erkennt, jedoch nicht durch die Beeinflussung des im Gehirn gespeicherten Wissens, sondern durch ein unvermitteltes, direktes Urteil. Sehr oft will unser Verstand das rechtfertigen, was unser Gewissen entschieden hat

ISBN:    9783856661014
Format:    20,5 x 13,5 cm
Seiten:    190
Gewicht:    235 g
Verlag:    Schwengeler
Erschienen:    1975
Einband:    Paperback