1. Könige 1, Salomo

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 1-11 SALOMO

 Zu der Zeit, in der unser Bericht beginnt, war der König David ungefähr siebzig Jahre alt. Er hatte noch keineswegs das höchste Greisenalter erreicht; aber ein Leben voll Leiden, Kämpfe und Kümmernisse verzehrt die Kräfte des stärksten Mannes, so daß der König "alt, wohlbetagt" war. Mit dreiunddreißig Jahren schien der Herr Selbst nicht weit von fünfzig zu sein (Joh. 8, 57); doch Seine Kraft war ungebrochen. Er war nicht wie David von Gram verzehrt; aber als der Mann der Schmerzen war "sein Aussehen entstellt, mehr als irgendeines Mannes". Die Liebe drückte Seinen Zügen diesen Stempel auf; denn Er trug in Seinem Mitgefühl all die Leiden, welche die Sünde über unser unglückliches Geschlecht gebracht hat.

 

Die Knechte des Königs ersannen ein Mittel, ihn wieder zu beleben, indem sie dem Beispiel der Könige der Völker ringsum folgten. Es scheint, daß es David an der nötigen Willenskraft gemangelt hat, sich dem Plan seiner Umgebung zu widersetzen. Die Sunamitin*) wird zu ihm gebracht; sie pflegt und bedient ihn. *) Das Wort Gottes gibt uns keine Unterlage für den zuweilen ausgesprochenen Gedanken, daß diese Sunamitin die im Hohenliede gefeierte Sulamith sei (Hob. 6, 13).

Diese "überaus schöne" israelitische Jungfrau wird später von Salomo als einer der kostbarsten Edelsteine seiner Krone betrachtet. Sie soll ihm gehören, und jeder, der wagen wird, seine Augen zu ihr zu erheben, um sie zu begehren, wird die Strafe dafür tragen. Doch wir wollen den Ereignissen nicht vorauseilen. Was das Wort uns hier sagt, ist, daß sie nicht die Gemahlin Davids, des Königs der Gnade, wird. So ist es jetzt mit Christo. Obwohl Er Seine Augen auf Israel gerichtet hält, hat Er jetzt eine andere Braut, die aus den Heiden genommen ist. Er wird sie für Sich als König der Herrlichkeit aufbewahren doch wird Er, als solcher, auch Seine Beziehungen zu dem Überrest Israels, den Herrlichen Seines Volkes, wieder aufnehmen.

 

Bevor Salomo den Schauplatz betritt, sucht Adonija, der Sohn Haggiths, sich des Thrones seines Vaters David zu bemächtigen (V. 58). Gleich nach Absalom, obwohl von einer anderen Mutter, geboren (V. 6; 2. Sam. 3, 3), meinte er ohne Zweifel, dieselben Rechte wie dieser auf den Thron zu haben. "Er erhob sich und sprach: 1 c h will König werden." Stolz, ein ungezügelter Wille, der wohl nie gebrochen worden war, und eine hohe Meinung von sich selbst leiteten ihn  er war "sehr schön von Gestalt". Diese Fehler waren ohne Zweifel durch die Schwäche des Vaters genährt worden, welche in den Mißgeschicken des Lebens Davids eine so große Rolle gespielt hatte. David war, wie die Geschichte Absaloms zeigt, nicht ohne Empfindungen gegenüber dem Ä u ß e r e n seiner Kinder. Vielleicht hatte er aus diesem Grunde auch bei Adonija die Rute gespart. Wir lesen: "Sein Vater hatte ihn, so lange er lebte, nicht betrübt, daß er gesagt hätte: Warum tust du also?" So wird das Zeugnis gläubiger Familien sehr oft durch die Schwäche der Eltern zerstört. Indem sie die Rute bei ihren Kindern sparen, bereiten sie diese für sich selbst, ja, sogar zur Verunehrung Christi. Gott handelt niemals so. Er beweist Seine Liebe zu uns gerade durch die Züchtigung. Die Schwäche der Eltern ist kein Beweis von ihrer Liebe, wohl aber von ihrer Selbstsucht, die sich selbst schonen will, indem sie die Kinder schont (Spr. 13, 24).

 

Adonija schlägt denselben Weg ein wie Absalom (2.Sam.15,1), vielleicht mit weniger Hinterlist; denn er gibt seine Ansprüche offen zu erkennen und schafft sich wie ein Herrscher Wagen, Läufer und Hofleute an. Joab und Abjathar schließen sich ihm an. Joab ist stets derselbe. Er sucht nur seinen eigenen Vorteil und wendet sich in der Meinung, David sei dem Ende nahe, Adonija zu, wie er es einst, ganz im Anfang, auch bei Absalom getan hatte. Wie hätte er sich auch auf die Seite des Königs der Gerechtigkeit stellen können? Die bösen Taten seines vergangenen Lebens mußten ihm eine zu nahe Berührung mit Salomo bedenklich erscheinen lassen. Überdies gibt es in dem wahren König nichts, was ein Anziehungspunkt für das Fleisch sein könnte. Der natürliche Mensch wendet sich ohne Zögern dem Empörer und dem falschen König zu. So war es, und so wird es bleiben. Am Ende der Tage wird die ganze Erde sich über das Tier verwundern und es anbeten (Offbg. 13, 3. 4). Adonija ist das Bild des Menschen, welcher sich zu erheben suchen wird bis zum Throne Gottes (Dan. 11, 36). Joab und Abjathar sind die, welche daraus Nutzen ziehen werden (Dan. 11, 39), während die Umgebung Adonijas aus denen besteht, welche durch seinen Einfluß fortgerissen werden (Offbg. 13, 4).

 

In Joab sehen wir, daß das Fleisch, so geschickt es auch sein mag, sich früher oder später unverhüllt offenbaren und seinen wahren Charakter zeigen muß. Joab hatte sich lange in der Gesellschaft Davids, des Gesalbten Jehovas, erhalten und über die Beweggründe, welche sein Herz leiteten und beherrschten, andere irreführen können; doch es kommt immer eine Gelegenheit, wo das natürliche Herz sich feindlich und e m p ö r e r i s c h zeigt und beweist, daß es sich dem Gesetz Gottes nicht unterwirft, noch unterwerfen k a n n .

 

Abjathar, der Vertreter der Religion, welche schon vorher, seit dem über Eli*) *) Vergl. die Betrachtungen über das i, Buch Samuel, und zwar die An­merkung auf den Seiten 7 und 8.

ausgesprochenen Gericht, verurteilt war, ist auch von der Partei Adonijas. Es ist nun nicht zu verwundern, daß der letztere, von so schönem äußerem Schein umgeben, für die große Menge ein Mittelpunkt wurde, um den man sich sammelte. F ü r d e n G 1 a u b e n war er es nicht. Was könnte der Glaube finden in der Gesellschaft des Empörers? Zadok, Nathan, Benaja und die Helden Davids sind nicht mit Adonija. Was hat der wahre Priester, was der Prophet, der Träger des Wortes Gottes, was der wahre Knecht  Benaja, der in den Fußstapfen seines Herrn wandelte,*) *) Vergl. die Betrachtungen über das 2. Buch Samuel, Seite 167.

  mit ihm zu schaffen? Der Priester hat acht auf Gott, der Prophet auf den Geist Gottes, der Knecht auf David, auf Christum. Benötigen sie etwas anderes? Werden die Helden, die Männer, welche ihre Kraft in David gefunden haben, mit Adonija gehen, der ihnen eine solche nicht mitteilen kann?

 

Benaja interessiert uns in besonderer Weise. Schon zur Zeit Davids nahm er einen hervorragenden Platz des Dienstes ein (i. Chron. 27, 5. 6). War er, der gleichsam Schritt für Schritt in allem den Fußstapfen seines Herrn gefolgt war, nicht würdig, später zum Anführer des ganzen Heeres gemacht zu werden? Benaja besaß keinen anderen Ehrgeiz, als seinem König treu zu bleiben und ihm nachzufolgen. Er war nicht wie Joab, der die Burg Zion einnahm, um den ersten Rang zu bekleiden; nein, er war demütig, weil er nur den einen Zweck kannte, David in seinem Verhalten darzustellen.

 

Adonija gibt der Zusammenkunft in En=Rogel, ein falsches Aussehen, als ob es sich um ein Dankopfer handle. Er wandelt in den Fußstapfen seines Bruders Absalom, welcher sagte, er wolle Jehova ein Gelübde erfüllen (2. Sam. 15, 7). Er lädt seine Brüder, die Söhne des Königs, ein, ja, sogar d i e Knechte des Königs. Die genannten gehen zu seinem Feste; der Empörer befürchtet nicht, daß sie ausbleiben werden. Man weiß, was der Titel "Knechte des Königs" wert ist, wenn das Herz nicht wirklich an David hängt, oder "Knechte Gottes", wenn Christus nicht der Gegenstand der Zuneigungen ist. Wie viele dieser "Knechte des Königs" sieht man nicht auch in unseren Tagen denen zulaufen, welche unter dem Schein der Frömmigkeit den Krieg verbergen, den sie gegen Christum führen? Indes ist Adonija zu gut unterrichtet, um diejenigen einzuladen, welche durch ihren Glauben und ihr Zeugnis in inniger Verbindung mit David blieben. Er lädt a 11 e seine Brüder ein, ausgenommen einen, und dieser eine war der, welcher nach dem Willen Gottes und seines Vaters Anspruch auf den Thron hatte, Salomo, der im Begriff stand, der König der Herrlichkeit zu werden. Es ist klar, daß er den von seinem Feste ausschließen mußte, dessen Anwesenheit ihn nur verurteilen und verdammen konnte, und alle seine Pläne und ehrgeizigen Absichten zunichte machte. Christus ist der Letzte, den die Welt einladet; sie hat vielmehr einen Schrecken davor, Ihn einzuladen. Aber gab es denn gar nichts bei diesem Feste, woran Salomo sich hätte beteiligen können? Nein, wenn er dort erschienen wäre, so würde es nur dazu gedient haben, die Empörer ihrer verdienten Strafe zuzuführen.

 

An dem Tage, da dem Volke Israel diese große Gefahr drohte, war keine Maßregel getroffen worden, um ihr zu begegnen. Der König, durch das Alter geschwächt und in seinem Palast zurückgehalten, "wußte nicht" was vorging. Glücklicherweise wachte Gott über ihn. Gott, der die Verherrlichung Seines Sohnes und Sein Reich im Auge hat, läßt die Absichten des Empörers nicht gelingen. Er sendet den Propheten Nathan, um Bathseba ein weises Wort zu überbringen. Laßt uns überzeugt sein, daß wir in dem Worte Gottes stets das Mittel finden werden, durch welches Christus verherrlicht werden kann und wir selbst vor den listigen Nachstellungen des Feindes bewahrt bleiben. Welch ein Gegensatz zwischen dem Eingreifen Nathans und demjenigen Joabs bei David durch das tekoitische Weib (2. Sam. 14)1 Dort war alles List und Lüge, um auf den Geist des Königs einzuwirken, indem man seinen geheimen Neigungen schmeichelte, und um schließlich einen arglistigen und gewalttätigen Mann als König über Israel an Davids Stelle zu setzen. Hier lehrt zwar die Klugheit was zu tun ist, aber sie weicht in keiner Weise von der Wahrheit ab. Es war nötig, daß der König sich der dringenden Gefahr bewußt wurde; er mußte dahin gebracht werden, entschieden für Gott zu handeln. Die Gedanken Jehovas bezüglich Salomos waren David geoffenbart worden; er kannte sie sehr gut. Nicht ohne Grund hatte der Herr dem Sohne Davids den Namen Jedidjah, Geliebter Jahs, gegeben (2. Sam. 12, 25). David kannte die Gedanken Gottes in dieser Beziehung so gut, daß er Bathseba "bei Jehova g e s c h w o r e n " hatte, indem er sprach: "Dein Sohn Salomo soll nach mir König sein, und e r soll auf meinem Throne sitzen an meiner Statt" (V. 17 u. 30). Es genügte, diesen Mann des Glaubens an seinen Schwur zu erinnern, um ihn den Weg erkennen zu lassen, den er zu gehen hatte.

 

Adonija hatte ohne Zweifel auf die Abnahme der Kräfte seines Vaters gerechnet, um das Königtum an sich zu reißen; aber er hatte seine Rechnung gemacht ohne Gott, ohne den Propheten und ohne die Wahrhaftigkeit im Herzen des Königs. Bathseba spricht mit Ehrerbietung und Kühnheit. Sie zeigt David, daß er von der Gefahr nichts weiß (V. 18), daß seine bestimmte Absicht war, einen König nach dem Herzen Gottes zum Nachfolger zu haben (V. 17); sie erinnert ihn auch an seine Verantwortlichkeit ihr, ihrem Sohne und dem Volke gegenüber, "denn die Augen von ganz Israel waren auf David gerichtet, daß er ihnen kundtue, wer nach ihm auf seinem Throne sitzen solle. Wahrhaftigkeit ist im Herzen dieser Frau, gerade so wie in dem des Propheten, ein schönes Beispiel dafür, in welchem Geiste wir gegeneinander handeln sollen. Sodann erscheint Nathan und hebt in einer geheimen Unterredung mit dem König hervor, daß Adonija nicht nur keinen der treuen Knechte Jehovas geladen habe, sondern vor allem, daß Salomo absichtlich unbeachtet gelassen worden sei. Was kann man von jemandem erwarten, der dem Herrn, dem wahren König, keinen Platz in seinen Plänen oder in seinem Leben einräumt?

 

Auch weist Nathan darauf hin, daß die wahren Knechte des Königs seine Pläne nicht kennen.*) Das ist mit uns nicht so.

*) So nach der französischen Übersetzung des 27. Verses. Man vergleiche an der betreffenden Stelle die Anmerkung unter dem Text. (Der Übersetzer)

 

Gott "hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan" (Eph. 1), nämlich, daß Er alle Dinge unter Christo vereinigen will. Doch der alte König muß an sein Geheimnis erinnert werden; und sogleich ist sein Entschluß gefaßt. Wenn es sich um den Geliebten handelt, so wacht seine ganze Energie wieder auf. "Also", sagt er, "werde ich an diesem Tage tun" (V. 30).

 

Wir haben gesehen, daß das Eingreifen Nathans in diesem Kapitel Gott gemäß war und der Achtung entsprach, die er dem König schuldete. Es handelt sich hier nicht um einen m e n s c h 1 i c h e n Rat wie damals, als derselbe Nathan zu David sagte: "Gehe hin, tue alles, was du im Herzen hast" (2. Sam. 7, 3), sondern um g ö t t 1 i c h e Weisheit, welche bezweckte, David, den König=Propheten, vor einem Fall zu bewahren und Salomo, den Gesalbten Jehovas nach seinem Vater, zu der ihm gebührenden Ehre zu bringen. Es handelt sich vor allem darum, das Banner Gottes zu entfalten, als Satan das seinige aufgerichtet hatte. Zwei Lager bilden sich: in dem ersten befindet sich die große Masse, die für den Empörer ist, in dem zweiten, und hier ist die kleinere Zahl, sind die Anhänger Davids und Salomos versammelt.

 

Sicher hatte die Energie Davids, als des Trägers und Vertreters der Macht, nachgelassen. Dasselbe ist mit der Kirche Christi der Fall gewesen. Doch die Treue Gottes besteht und wird immer dieselbe bleiben; das Wort, dessen Vertreter Nathan ist, bleibt; Christus, von welchem Salomo ein Vorbild ist, bleibt; auf dieser Seite gibt es keine Schwäche. Man redet heute oft so, als ob die Zeit des Wortes Gottes und des Christus des Wortes vorüber sei. Man spricht viel von einer allmählichen Entwicklung der Wahrheit, die nur relativ sei, von einem Christentum, welches veraltet sei und bald sein Ende erreichen werde. Allerdings, das Christentum ist veraltet; die Kirche, die Vertreterin Gottes hienieden, ist schwach geworden. Aber das Wort, welches die Wahrheit ist, ist dasselbe geblieben; Christus hat sich nicht verändert, und das ist es, was die Christen vergessen. Anstatt durch das Bewußtsein des Verfalls, den sie selbst hervorgerufen haben, enger mit Christo verbunden zu werden, verwerfen sie einen Salomo, um auf Adonijas und deren Umgebung zu achten. Der falsche König zieht ihre Blicke auf sich. Adonija war s e h r s c h ö n . Vergessen wir nicht, daß dieses Äußere dem Verführer, welcher die Menschen hinter sich herzieht, als Zeichen dient. Sie ziehen die Herrschaft des Menschen im Fleische Christo vor, und für die Christenheit wird dieses Vorziehen in völligem Abfall enden.

Adonija, Joab und Abjathar dachten kaum daran, daß sie in dem alten König ein Hindernis für die Ausführung ihrer so geschickt angelegten Verschwörung finden würden. Dieses Hindernis war, ungeachtet des Alters des Königs, eine Gewalt, die Gott in Davids Hände gelegt hatte und die Er trotz dessen Schwachheit zur Anwendung bringen wollte. Das war es, was in jenem Augenblick das Überhandnehmen des Bösen zurückhielt, und das ist es auch, was heute die verfrühte Offenbarung des Menschen der Sünde verhindert (2. Thess. 2, 6).

 

Nach seiner Unterredung mit Nathan läßt der König Bathseba rufen. Er schwört ihr, Salomo zum König machen zu wollen, indem er sich auf den Charakter seines Gottes beruft, "der seine Seele aus aller Bedrängnis erlöst habe". Die Gnade hatte ihn alle Tage seines Lebens begleitet und seine Seele selbst von den Folgen seiner Fehltritte erlöst. Doch all diese Gnade sollte jetzt ihre Krönung finden; sie geht in der Tat immer bis zur Herrlichkeit. "Gnade und Herrlichkeit wird Jehova geben" (Ps. 84, 11), zwei unzertrennliche Dinge, von denen das eine notwendigerweise auf das andere folgt .

 

Salomo begibt sich, auf der Mauleselin seines Vaters reitend, nach Gihon, wird dort gesalbt und kehrt zurück, um sich auf den Thron des Königs zu setzen. Wie wir in der Einleitung gesehen haben, folgt seine Regierung, indem sie mit derjenigen Davids gleichsam zu einer gemacht wird, dieser ohne jede Unterbrechung: dasselbe königliche Reittier, dieselbe Salbung, derselbe Thron. Salomos Thron der Herrlichkeit ist in diesem Augenblick derselbe wie Davids Thron der Gnade. Das zeigt sich noch weit ausgeprägter, wenn wir uns von dem Vorbilde zu seinem Gegenbilde wenden; denn da findet man nicht wie hier zwei Personen, die auf demselben Thron einander folgen, sondern nur eine. Unsere Augen werden in der Person des Königs der Herrlichkeit Den erblicken, der Leiden, Angst und Not erfahren, den Heiland, der für uns gelitten hat!

 

Alle, die dem König der Gnade treu geblieben sind, nehmen an der feierlichen Ausrufung des Königs der Herrlichkeit teil und bilden sein Gefolge. Geradeso wird es mit dem Überrest Israels sein im Beginn der tausendjährigen Regierung Christi; aber aus einem noch viel stärkeren Grunde mit den Gläubigen der jetzigen Zeit, die dem Heiland während Seiner Verwerfung gefolgt sind,  ihm, der, von den Menschen aus dieser Welt vertrieben, sich im Himmel auf einen Thron der Herrlichkeit gesetzt hat. Diesen Thron umgeben wir jetzt schon; doch er bleibt der Thron der Gnade geradeso lange, wie unser Herr verworfen ist. Wenn Er anerkannt sein wird, werden wir mit Ihm auf S e i n e in Throne sitzen und Seine Herrschaft und Regierung über Israel und die Nationen mit Ihm teilen.

 

Bis Salomo nun, wie wir später sehen werden, seinen eigenen Thron errichtet, bedarf es einer Zwischenlösung. Sein Vater findet sie: "Er setze sich auf meinen Thron! und er soll König sein an meiner Satt." Benaja, der treue Diener, schätzt diesen Wechsel höher als jeder andere; er sagt: "Amen! also spreche Jehova, der Gott meines Herrn, des Königs! So wie Jehova mit meinem Herrn, dem König, gewesen ist, also möge er mit Salomo sein, und er möge seinen Thron noch größer machen als den Thron meines Herrn, des Königs David!" (V. 36, 37).

 

Salomo empfängt die königliche Salbung. "Das Ölhorn" war "in dem Zelte." Es war eine private, sozusagen geheime Salbung, welcher nur der treue Teil des Volkes beiwohnte. So ist es auch heute. Bevor der Herr in Herrlichkeit auf der ganzen Erde regiert, hat Er die Salbung des Heiligtums empfangen. Er hat das himmlische Königtum auf dem Throne des Vaters, Er ist hoch erhoben, Er hat einen Namen, der über jeden Namen ist. Das Salböl ist ein Freudenöl, das Ihn erhöht über Seine Genossen. Doch es ist zugleich eine priesterliche Salbung; denn Jehova hat geschworen, und es wird Ihn nicht gereuen: Er ist König und Priester nach der Ordnung Melchisedeks. Von Anfang an war der Herr der Gesalbte Jehovas, wie David es von seiner frühesten Jugend an gewesen war. Der Herr war "dazu geboren". Bei der Taufe durch Johannes war Er für Seinen Dienst mit dem Heiligen Geiste gesalbt worden (Luk. 3, 21; 4, 18; Apgsch. 10, 38; 4, 27). Nach Seiner Auferstehung ist Er gesalbt worden mit dem Öl des Heiligtums, als König und Priester, um denen, die mit Ihm vereinigt sind, geistliche Gaben mitzuteilen. Israel wird diese Segnungen zur Zeit des Endes genießen. Inzwischen sind w i r die Genossen Christi; die über Sein Haupt ausgegossene Salbung hat sich auch über unser Haupt ergossen und erlaubt uns, in Erwartung Seiner Herrlichkeit an Seiner Freude teilzunehmen.

 

In En=Rogel konnte die Partei Adonijas das Freudengeschrei Jerusalems hören, aber was in Gihon vorging konnte die Ohren des Empörers und seiner Schar nicht erreichen. So ist es auch heute. Die Welt verfolgt ihre Pläne, um die Würde Christi an sich zu reißen; der Mensch ist auf dem Wege, sich selbst zu vergöttern, und ist unwissend über das, was in seiner nächsten Nähe vorgeht.

Doch es gibt Treue, welche den Sohn ehren, und dadurch den Vater ehren, der Ihn gesandt hat. Sie sehen diesen Jesus, den die Welt nicht zu ihrem Feste geladen hat, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Dem Festmahl Adonijas gänzlich fern, sind sie auf dem Wege, der Einsetzung des Königs der Herrlichkeit auf Seinen Thron beizuwohnen. Von dem allen weiß und versteht die Welt nichts. Gihon (zu deutsch: Quelle) mit seinen erfrischenden Wassern scheint Adonija unbekannt zu sein.

 

Doch welch ein Erwachen! Welche Bestürzung überfällt die Welt bei ihrem Festmahl! Auf einmal, während der Festlichkeit, hören der falsche König, Joab und alle Geladenen den Ton der Posaune und ein solches Freudengeschrei, daß die Erde barst von dem Geschrei des Gefolges Salomos. "Weshalb dieses Geschrei der lärmenden Stadt?" fragt Joab. So wird auch die öffentliche Einsetzung der Herrschaft Christi die Welt überfallen und tiefe Bestürzung wachrufen. Dann wird in Erfüllung gehen, was wir im 2. Psalm lesen: "Der im Himmel thront lacht, der Herr spottet ihrer . . . Habe doch ich meinen König gesalbt auf Zion."  Vernimmt man nicht schon das Getöse dieser Szene in unserem Kapitel?

Heute befinden wir uns noch in Gihon. Unser König ist gesalbt worden, hat aber die Zügel Seiner Regierung noch nicht ergriffen. Unsere Freude ist noch nicht öffentlich, und diejenige Seines Volkes Israel wartet noch auf einen zukünftigen Tag. Aber wenn man das Getöse des Freudengeschreies hören wird, welch ein Schrecken wird dann die Widersacher befallen, als Vorläufer des Gerichts' das über sie kommen wird, ohne nach rechts oder links abzubiegen!

 

Jonathan, der Sohn Abjathars, erscheint plötzlich unter den Tischgenossen. Einst (2. Sam. 17, 17) war er in Gesellschaft Achimaaz', des Sohnes Zadoks, von En=Rogel aufgebrochen, um auf Gefahr seines Lebens David von dem zu benachrichtigen, was man gegen ihn im Schilde führte. Jetzt kommt er wieder dahin, um Adonija den Mißerfolg seines Anschlags zu berichten, obwohl er keineswegs mit den Empörern verbündet ist. Er kommt, voll von dem, was f ii r i h n eine gute Botschaft ist; denn man hört an seiner Sprache, daß sein Herz David treu geblieben ist. "Bringst du gute Botschaft?" fragt Adonija. "jawohl!" antwortet er. Sie war das für ihn, aber nicht für seine Hörer. Sie war ein vernichtender Schlag für Adonija. Dies schließt keineswegs aus, daß bei Jonathan die Gefühle eines Sohnes vorhanden waren für den Vater, der durch seinen eigenen Fehler in eine Sackgasse geraten war. Diese Gefühle haben Jonathan auch wohl dazu gebracht, jener Versammlung alles Vorgefallene der Wahrheit gemäß mitzuteilen und ihnen nichts zu verbergen. Mögen sie sich inachtnehmen! Was ihn betrifft, So fühlt man, daß er seine Freude an dem Nachfolger Davids hat. Sein Dienst hat seit der Drangsalszeit seines Königs seinen Charakter nicht geändert. Er ist immer bereit, Nachrichten zu überbringen, wie sein Gefährte Achimaaz bereit ist, zu laufen. Sein Charakter bleibt derselbe. Ob er seinen Dienst an David während dessen Verwerfung ausübt, oder an der Welt am Tage des Triumphs des Sohnes Davids, Jonathan bleibt derselbe treue Bote.  Die Zeit drängt; es ist nötig, sich sogleich zu unterwerfen, indem man "den Sohn küßt". So wird es auch am Ende der Tage sein, wenn die, welche der König Seine Brüder nennen wird, ausgehen werden um weit und breit zu verkünden, wie notwendig es ist, die Herrschaft des wahren Salomo anzuerkennen.

 

Wie einst Jakob, so hatte auch der alte König "auf seinem Lager angebetet" (V. 47). Man findet bei David die dem Alter eigene Langsamkeit, eine Entscheidung zu treffen; aber sobald das Wort Gottes durch Nathan an ihn gelangt ist, verändert sich alles. Er zögert nicht; er bestimmt und ordnet alles an und handelt in jeder Beziehung nach den Gedanken Gottes, welche das Wort ihm in Erinnerung gebracht hat. Zuerst wußte er nichts von der Verschwörung, jetzt weiß er alles; er weiß, daß die Stunde der Herrschaft seines Sohnes geschlagen hat. Es bereitet Ihm keinen Kummer, kein Mißvergnügen, die Zügel der Regierung anderen Händen anzuvertrauen. Er tut es neidlos. Nur e i n Gedanke erfüllt ihn mit Glück und Anbetung: "Gepriesen sei Jehova, der Gott Israels, der heute einen gegeben hat, der auf meinem Throne sitzt, w ä h r e n d m e i n e Augen es sehen!"

 

Hier ist David nicht mehr das Vorbild von Christo, sondern ein Bild von dem Gläubigen, der sich selbst vergißt und sich in Dank und Anbetung versenkt, um allen Ruhm dem wahren König darzubringen; er ist das Vorbild von jenen Heiligen, die ihre herrlichen Kronen von ihren Häuptern nehmen, um damit die Stufen des Thrones des "Löwen aus Juda, der Wurzel Davids", zu schmücken. Doch dieser L ö w e aus Juda ist das La mm, welches geschlachtet worden ist. Davids Gnade und Salomos Herrlichkeit vereinigen sich in dieser einzigen Person. Die Freude eines Simeon, der die Gnade und das Heil Gottes, durch das Kindlein Jesus dargestellt, in seinen Armen hält, wird sich im Himmel vereinigen mit der Freude eines David, der die Herrlichkeit Gottes in der Person des Königs erglänzen sieht.

 

In den Versen 4953 sehen wir, wie die Geladenen Adonijas erschrocken nach allen Richtungen hin fliehen. Sie versuchen nicht mehr, Widerstand zu leisten, wie es auch die Menschen bei der Ausrufung des Königtums Christi nicht tun werden; denn sie würden sofort zerschmettert werden. Adonija fleht die Güte des Königs an und sucht von ihm das feierliche Versprechen zu erlangen, daß er sein Leben schonen wolle. Salomo erklärt sich bereit zu vergessen, noch einmal Gnade zu üben, doch stellt er Adonija unter Verantwortlichkeit gegenüber der Herrlichkeit seiner Regierung: "Wenn er sich als ein wackerer Mann erweisen wird, so soll von seinem Haar keines auf die Erde fallen; wenn aber Böses an ihm gefunden wird, so soll er sterben".

 

So wird es auch unter der zukünftigen Herrschaft des Messias sein. Er wird viele Empörer verschonen, die sich Ihm mit Zeichen der Reue nahen werden; aber sobald Böses an ihnen gefunden wird, wird Er sie aus dem Lande ausrotten (2. Sam. 22 45; Ps. 101, 8). Wenn die G e r e c h t i g k e i t herrscht, wird sie den Bösen nicht mehr ertragen. Salomo, das Bild des Königs im Tausendjährigen Reiche, kennt Adonija und mildert sein Urteil nicht, wenn er ihn auch auf seinem Angesicht vor sich sieht. Er weiß, was in diesem stolzen Herzen vorgeht, welches nur eine äußerliche Unterwerfung und Reue kennt. "Gehe in dein Haus", sagt er zu ihm. Kurze und strenge Worte! Adonija sollte darauf achten. Fortan war seine Rolle, zu schweigen als ein Mensch, der schuldig befunden ist und unter Aufsicht steht. Er genießt diese Verzeihung genau so lange, wie das Böse sich nicht bei ihm offenbaren wird.