1. Könige 11, Ursache zum Verfall

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 11, 1-13 Die Ursache zum Verfall des Reiches

In diesem. Kapitel kommen wir zu der Geschichte des verantwortlichen Königs, über welche das zweite Buch der Chronika ganz mit Stillschweigen hinweggeht.

Bis hierhin haben wir, obwohl es sich um einen Menschheit (und infolgedessen um ein unvollkommenes Wesen) handelt, in dem Leben Salomos eine schöne, mit Weisheit gepaarte Einheitlichkeit sehen können, welche den Namen des Königs, und mit ihm den Namen Jehovas, unter den Nationen hoch erhob. Die Größe, die Majestät, die Macht und der Reichtum seiner Regierung waren nur ein ganz schwaches Bild von dem, was man dereinst im Tausendjährigen Reiche unter der Herrschaft des wahren Königs der Herrlichkeit sehen wird. 

jetzt macht Gott uns auf die Fehler dieser Regierung aufmerksam. Sie bestanden nicht in der Verbindung mit der Tochter des Pharao, die notwendig war, damit Salomo ein Vorbild von Christo in Seiner Regierung sein konnte. Joseph war seinerzeit eine ähnliche Verbindung eingegangen; die daraus hervorgegangenen Söhne hatten zwei Stämmen Israels ihre Namen gegeben, nachdem sie den Segen des Patriarchen, des Vaters des Volkes, empfangen hatten. 

Zudem hatte Salomo dieser heidnischen Gemahlin gegenüber nach Gottes Gedanken gehandelt, und die Bücher der Chronika tragen Sorge, wie wir weiter oben gesehen haben, uns zu zeigen, daß der König ihr nicht einen Platz in unmittelbarer Nähe der Bundeslade und der Stadt des Sohnes Davids gab. Es ist also nicht die Tatsache dieser Verbindung, welche den Tadel über Salomo brachte, dessen vorbildliche Stellung (für das Tausendjährige Reich) als das "Licht der Nationen" uns notwendigerweise mehr als die gewöhnlichen Züge eines Königs von Israel in ihm schauen läßt. Auch die Schrift gibt der Tochter des Pharao einen abgesonderten Platz unter den fremden Weibern (V. 1). 

,Der König Salomo liebte viele fremde Weiber, und zwar neben der Tochter des Pharao: moabitische, ammonitische, edomitische, zidonische, hethitische, von den Nationen, von welchen Jehova zu den Kindern Israel gesagt hatte: Ihr sollt nicht unter sie kommen, und s i e sollen nicht unter euch kommen; gewiß, sie würden euer Herz neigen ihren Göttern nach 1 . . . 

Und seine Weiber neigten sein Herz." Die Sünde Salomos besteht darin, daß er viele fremde Weiber liebte". Diese hatten im Leben Davids eine verhältnismäßig geringe Rolle gespielt; dennoch hatte er, wie wir im 2. Buche Samuel gesehen haben, aus den Kindern, die dieser verbotenen Verbindung entsprossten, schmerzliche, ja oft schreckliche Früchte geerntet. 

Durch die Züchtigung, die infolge dieser Verbindung über ihn gekommen war, hatte Gott Seinen Gesalbten vor den Schlingen bewahrt, welche sie seiner Frömmigkeit hätten legen können. Doch wenn seine Leidenschaften ihn in die Sache mit Bathseba, einer Tochter Israels, verwickelt hatten, so brachten diejenigen Salomos diesen auf die Seite f r e m d e r Weiber. 

Und doch hatte Gott gesagt: "Du sollst dich nicht mit ihnen verschwägern: deine Tochter sollst du nicht seinem Sohne geben, und seine Tochter sollst du nicht für deinen Sohn nehmen; denn sie würden deine Söhne von mir abwendig machen, daß sie anderen Götter dienten; und der Zorn Jehovas würde wider euch entbrennen, und er würde dich schnell vertilgen" (5. Mose 7, 3. 4), und weiter: "daß du nicht . . . von ihren Töchtern für deine Söhne nehmest und ihre Töchter ihren Göttern nachhuren und machen, daß deine Söhne ihren Göttern nachhuren" (2. Mose 34, 16). 

An der Spitze der demütigenden Liste stehen die Moabiter, welche Israel einst in den Götzendienst des BaalPeor verstrickt hatten, indem sie das Volk durch die Lust des Fleisches an sich lockten (4. Mose 25,15). Alle diese Nationen an den Grenzen Kanaans: Ammoniter, Edomiter, Zidonier, haßten Gott und Sein Volk. 

Die Hethiter, die zuletzt genannt werden, hätten vertilgt werden sollen; aber es ist nie geschehen. Salomo handelt in offenbarem Ungehorsam gegen Gott, der Seinem Volke gesagt hatte: "Ihr sollt nicht unter sie kommen, und sie sollen nicht unter euch kommen". Das war ein doppeltes Verbot. Wir sind in Gefahr, uns in die Welt zu begeben und ihr bei uns Eingang zu gestatten. 

Vielleicht ist das letztere noch gefährlicher als das erstere. Möglicherweise läßt sich der Christ noch durch sein Gewissen zurückhalten von einer Handlung des Eigenwillens oder des Ungehorsams, die ihn dahin bringen würde, in die Welt zu gehen, während es der Welt, wenn sie zu ihm kommt, leichter gelingt, ihn zu verführen. Sie schleicht sich nach und nach in unsere Häuser und in unser Leben ein, und wenn endlich unsere Augen für die Gefahr aufgehen, ist es oft schon zu spät. 

" G e w i ß ", hatte Jehova gesagt, sie würden euer Herz neigen ihren Göttern nach." Die Verbindung mit der Welt führt uns notwendigerweise auch zur Religion der Welt. Ein ernstes Wort, welches wohl wert ist heute von jeder Seele bedacht zu werden. In demselben Maße wie wir die Verbindung mit der Welt meiden oder pflegen, wird unsere Religion einen himmlischen oder einen irdischen Charakter tragen. "An diesen hing Salomo mit Liebe." 

Und das war derselbe König, dessen Lippen durch göttliche Eingebung für andere hatten Weisheit träufeln lassen und die diesen den Weg gezeigt hatten, welchen man der Fremden gegenüber einhalten muß, um nicht verwickelt zu werden "in alles Böse inmitten der Versammlung und der Gemeinde" (Sprüche 5, 114)1 Derselbe Mann, welcher im 7. Kapitel der Sprüche so ausführlich über die schrecklichen Folgen eines schändlichen Wandels redet!  Welche Verblendung! Welch ein trauriges Schauspiel! 

Er hatte andere unterwiesen und unterwies sich selbst nicht. Er, das verantwortliche Haupt des Volkes, tat die Dinge, von denen das Volk sich fernhielt, die aber, weil der König solche Fehltritte beging, nicht nur über ihn das Gericht brachten, sondern auch über diejenigen, welche er hätte weiden, führen und beschützen sollen. 

"Seine Weiber neigten sein Herz", wird in Vers 4 noch einmal gesagt. Es ist etwas Schreckliches, wenn "das, was in der Welt ist", sich in das Herz einnistet, es allmählich in Besitz nimmt und so dessen Zuneigungen von seinem einzigen Gegenstand abzieht, um es auf schlechte, schändliche und strafbare Dinge hinzulenken. 

Beachtenswert ist dabei, daß diese Dinge sich nicht so ohne weiteres in dem Leben des Glaubensmannes zeigen, oder wenigstens, daß ihre Folgen nicht immer sogleich zutage treten. "Und es geschah z u r Z e i t, als Salomo alt war, da neigten seine Weiber sein Herz anderen Göttern nach." Es bedurfte Zeit, um aus der fleischlichen Saat Frucht hervorkommen zu lassen. Wer hätte glauben können, daß Salomo, der Erbauer des Tempels, der einst auf seinen Knieen gelegen und angesichts des Volkes seine Hände zu Gott ausgebreitet hatte, ein Götzendiener werden würde? 

Freilich, heute würden manche ihn einen Mann mit einem w e i t e n Herzen nennen, der die Gewissensfreiheit anderer achtet; man würde seinen Götzendienst mit irgendeiner hübschen Aufschrift schmücken, wie: menschenfreundliche Bestrebungen, gesellschaftliche Rücksichten oder dergleichen. Aber welchen Wert haben alle menschlichen Meinungen? 

Die Frage ist einfach die, was Gott von der Sache denkt, und  G o t t wird ver u nehrt. "Salomo tat was böse war in den Augen Jehovas." Für die fremden Weiber Höhen bauen und ihnen zu gestatten, daß sie ihren Göttern opfern, war an sich schon hassenswert genug; denn es hieß, sich ihrer Götzenverzehrung anschließen, ja, sich damit einsmachen * Aber Salomo ging noch weiter. Er " w a n d e 1 t e der Asthoreth na c h , der Gottheit der Zidonier, und dem Milkom, dem Greuel der Ammoniter". Er wird selbst als ein Anbeter von Götzenbildern betrachtet. 

"Salomo folgte Jehova nicht völlig nach wie sein Vater David, d. h. er folgte Ihm nicht bis ans Ende nach. Und doch "war Jehova ihm zweimal erschienen", zuerst in Gibeon und dann nach der Einweihung des Tempels. Gott hatte ihn betreffs des Götzendienstes ausdrücklich gewarnt (Kap. 9, 69), indem Er ihm dessen schreckliche Folgen für das Volk zeigte; aber Salomo hatte Sein Gebot nicht beachtet! David hatte schwere und demütigende Fehltritte begangen; doch hatte er wenigstens immer Gott vor Augen behalten.

 Selbst nach seinem Fall ist sein erstes Wort: "Ich habe g e g e n J e h o v a gesündigt". Alle Trübsale dieses Mannes des Glaubens hatten nur die Verherrlichung seines Gottes zum Zweck, und das Ende seines Lebens hatte, in Verbindung mit der völligen Verurteilung des eigenen Ichs, die Gnade verherrlicht. Doch so war es nicht bei Salomo. Man hört von ihm nicht einmal den Schrei eines aufgewachten Gewissens, wenn das schreckliche Wort: "Darum, daß solches bei dir gewesen ist", in seine Ohren dringt, wie einst das Wort: "Darum, daß du mich verachtet hast", seinem Vater zugerufen wurde. 

Wir werden sogar erfahren, daß die Züchtigung Gottes ganz andere Gefühle in seinem Herzen hervorruft. Aber Gott will, daß er alles wisse, was kommen soll. Das Königreich, dieses Reich der Herrlichkeit, das sich durch göttliche Macht bis zu den Grenzen der Nationen ausgedehnt hatte, soll ihm gewaltsam entrissen werden; sein Sohn soll nur noch e i n e n Stamm, Juda, be­halten, denn Benjamin zählt kaum mit. 

In e i n e m Augenblick soll alles zusammenstürzen: Macht, Majestät, Reichtum, Ruhm, eine Ehre wie nie zuvor, Unterwerfung der Völker usw., und nur ein armer, von Gott bewahrter Überrest soll in dem Sturme übrigbleiben, wie ein schwaches Boot, das Rahe, Segel, Mast und Tauwerk verloren und nur noch seinen Kompaß und sein Steuerruder behalten hat. 

Soweit es den Menschen betrifft, ist es mit diesem Reiche aus. Doch welch einen Ausblick bietet die Zukunft! Wenn dereinst das Gericht über das Reich Satans, über das Tier und den falschen Propheten ausgeführt sein wird, wird das Reich des göttlichen Salomo erscheinen, wie die Sonne leuchtet in ihrer Kraft, um dann nicht mehr abhängig zu sein von dem fehlbaren Gehorsam des Menschen, sondern von der unfehlbaren Verantwortlichkeit des Königs, den Gott salben wird auf Zion, Seinem heiligen Berge.

Kapitel 11, 14-43 Die Feinde

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 11, 14-43 Die Feinde

Gott beschränkt sich nicht darauf, Salomo das Gericht anzukündigen, welches um seines Vaters David willen nicht ihn, sondern seinen Sohn Rehabeam treffen soll; die Untreue des Königs zieht ihm selbst die Züchtigung des Herrn während der letzten Jahre seiner Regierung zu. Der F r i e d e, die charakteristische Frucht dieser Regierung, wird gestört; 

Salomo durchlebt eine Zeit, welche erfüllt ist von Unruhen, Empörungen und Anschlägen gegen seinen Thron. Nationen, wie die Ägypter, die sich einst ein Bündnis mit ihm zur Ehre ge­rechnet hatten, ernähren jetzt seine schlimmsten Feinde, setzen sie in Würden ein und unterstützen sie. Alle Bande lösen sich * Um Empörungen im Innern zu verhüten, lastet das Joch des Königs schwer auf dem Volke. Daraus entsteht eine schlecht verhaltene Unzufriedenheit, die sich bei Gelegenheit Luft machen wird (Vergl. Kap. 12, 4). 

Gott erweckt Salomo Feinde aus den Nationen, zu welchen seine Lüste ihn gebracht hatten. Edom war mit tödlichem Haß gegen Israel erfüllt, weil David durch die Hand Joabs alles Männliche aus dem Lande der Edomiter ausgerottet hatte (2. Sam. 8, 13. 14; 1. Chron. 18, 12; Ps. 60, Überschrift). Nur Hadad war damals mit einigen Knechten entronnen. Aber nahm sein Haß nicht ab, als Salomo Edoniterinnen zu Weibern nahm? 

Hadad war nach Ägypten geflohen und am Hofe des Pharao empfangen worden. Er wurde dort der Schwager des Pharao, und sein Sohn wurde unter die Thronerben aufgenommen. Wem wandten sich die Zuneigungen und die Gunstbeweise der Welt zu? Nicht David, sondern den Feinden Davids. Dann starb David, und nur ein Gefühl war im Herzen Hadads. Es redete lauter als alle Ehrenbezeugungen und Ver­gnügungen des ägyptischen Hofes; es war der Haß  der Haß gegen Salomo, den Sohn Davids. 

Er läßt alle seine Vorteile fahren, um diesen Haß zu befriedigen. Das Betragen der Männer Davids hatte ohne Zweifel Grund zum Haß gegeben; aber Joab und David waren gestorben, doch der Haß blieb. Der Haß der Welt wendet sich im Grunde immer gegen den Gesalbten Jehovas; das mehr oder weniger tadelnswerte Verhalten der Gläubigen dient ihr nur zum Vorwand. 

Ein zweiter Widersacher ist Reson, ein Knecht Hadadesers, des Königs von Zoba, den David völlig geschlagen hatte (2. Sam. 8, 38; 10, 6). Reson wurde König von Damaskus und regierte über Syrien. "Er verabscheute Israel" (V. 23-25). 

Die Welt ist wie Hadad und Reson. So lange wir ihr gegenüber den Platz bewahren, den das Kreuz Christi uns ermächtigt hat einzunehmen, Durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist, und ich der Welt" (Gal. 6, 14), so lange wir die Welt als einen besiegten Feind betrachten (Joh. 16, 33), rührt sie sich nicht. Machen wir aber ein Bündnis mit ihr, so kann sie ihre Niederlage nicht vergessen, und obwohl sie sich vielleicht den Anschein von Gleichgültigkeit gibt, haßt sie uns darum doch nicht weniger.

Der letzte und gefährlichste Gegner ist der Feind, der aus dem eigenen Volke hervorgeht: Jerobeam. Er war ein "Knecht Salomos", ein Ephratiter oder Ephraimiter. Salomo hatte ihn zum Aufseher über Ephraim bei den Befestigungsarbeiten des Millo gemacht, welches Jerusalem gegen Feinde, die von Norden kamen, schützte. 

Das war eine äußerst gefährliche Maßregel, aber was konnte Salomo vorhersehen? Gott allein w a r w i s s e n d. Durch seine Stellung kam Jerobeam in den Besitz aller Geheimnisse der Festung und erwarb sich außerdem die Zuneigung seines eigenen Stammes. So droht auch, wenn in der Mitte des Volkes Schwierigkeiten auftauchen, die größte Gefahr von denen, welche sich durch ihre Tätigkeit die Grundsätze ihrer Brüder angeeignet haben und denen es dadurch, daß sie sich die Zuneigung der großen Menge erwerben konnten, gelungen ist, sich an die Stelle Christi zu setzen. 

Aus diesen Vorteilen schmieden sie Waffen, um das Volk Gottes anzugreifen. Ihre Beweggründe sind scheinbar uneigennützig; sie möchten, wie Jerobeam, das Volk von einem schwer zu tragenden Joch befreien; in Wirklichkeit aber sind sie, wie wir sehr bald sehen werden, Werkzeuge Satans, um das Zeugnis Gottes zu zerstören. Und doch sind sie Knechte Christi, wie Jerobeam der Knecht Salomos war! 

jetzt erscheint ein Prophet. Wie zur Zeit des Verfalls des Priestertums Samuel auftrat, so bringt der Fall des Königtums den Propheten auf den Schauplatz. Er wird, wie der weitere Inhalt dieser Bücher in so schlagender Weise zeigt, das B a n d zwischen dem Volke und Gott, nachdem das verantwortliche Königtum hierin gefehlt hat. Der Prophet Achija begegnet Jerobeam außerhalb Jerusalems. 

Er zerreißt das neue Überkleid, das er anhat (tatsächlich war das Königreich noch ganz neu) und gibt Jerobeam zehn Stücke davon. In d i e s em Augen bl i c k ist das Reich den Händen Salomos entrissen, obwohl die Tatsache erst später verwirklicht wird. Ein Stamm bleibt dem Hause Davids, auf Grund der freien Wahl der Gnade gegenüber David und Jerusalem. " 

S i e haben mich verlassen", sagt Jehova, "und sich niedergebeugt vor Astoreth, der Gottheit der Zidonier, vor Kamos, dem Gott der Moabiter, und vor Milkom, dem Gott der Kinder Ammon, und haben nicht auf meinen Wegen gewandelt zu tun was recht ist in meinen Augen und meine Satzungen und meine Rechte zu beobachten, wie sein Vater David" (V. 33). " S i e " war der König Salomo! Zweifellos hat das ganze Volk später denselben Weg betreten; aber in diesem Augenblick hatte ein einziger gesündigt: der König. Indem er Gott gegenüber in eine Stellung der Verantwortlichkeit für das ganze Volk gebracht war, führte seine Untreue das Gericht ü b e r I s r a e 1 herbei. Welch eine schwere Züchtigung hatte Salomo sich zugezogen! 

Mit dem 34. Verse kommt Gott wieder auf die Gnade zurück, die Er dem David kundgetan hatte, und fügt dann hinzu: " E i n e n Stamm will ich seinem Sohne geben, auf daß mein Knecht David alle Tage eine Leuchte vor mir habe in Jerusalem, der Stadt, die ich mir erwählt habe, um meinen Namen dahin zu setzen". Die Gnade ist in den Augen Gottes mehr als alle Herrlichkeit, oder richtiger: die Gnade ist der kostbarste Teil der Herrlichkeit, denn sie steht sozusagen an der Spitze aller göttlichen Vollkommenheiten. 

"Wenn du hören wirst", sagt Achija zu Jerobeam, "auf alles was ich dir gebiete, und auf meinen Wegen wandeln und tun wirst was recht ist in meinen Augen, indem du meine Satzungen und meine Gebote beobachtest, wie mein Knecht David getan hat, so werde ich mit dir sein und dir ein beständiges Haus bauen, wie ich es dem David gebaut habe, und werde dir Israel geben." Eine neue Verantwortlichkeit ruht jetzt auf Jerobeam. Gott gibt ihm eine bevorzugte Stellung. Sein Haus sollte e b e n s o b e s t ä n d i g sein wie dasjenige Davids, wenn er auf die Gebote Jehovas hören würde. Doch Gott fügt eine Einschränkung hinzu: "Ich werde den Samen Davids um deswillen demütigen, do ch nicht für immer ". 

In dem von Gott gewollten Augenblick wird die Gnade, auf die das Königtum Davids gegründet war, wieder wirksam werden; denn nicht auf die Gnade, sondern auf die Verantwortlichkeit war das Reich Jerobeams und selbst dasjenige Salomos gegründet. Die Verheißungen Gottes sind unbereubar; Er findet Seine Wonne in der Gnade. So wird auch das zukünftige Reich des wahren Königs der Herrlichkeit auf einen neuen Bund, einen Bund der Gnade, gegründet sein, wo Gott allein Verpflichtungen übernimmt, auf eine neue Schöpfung  was bei dem Reiche Salomos nicht der Fall war. 

"Doch nicht für immer." Man findet in den Wegen Gottes Zeitabschnitte, wo das Gericht gleichsam die Gnade verdunkelt. Nicht als ob die Gnade nicht mehr da wäre; sie bleibt unbedingt dieselbe, aber sie tritt nicht mehr ans Licht, damit andere Voll­kommenheiten der göttlichen Herrlichkeit, wie die Gerechtigkeit im Gericht, geoffenbart werden können. 

Salomo sucht Jerobeam zu töten (V. 40). Das sind die durch die Züchtigung in seinem Herzen hervorgebrachten Gefühle! Das Hindernis, welches Gott ihm erweckt, bewirkt nichts anderes, als daß er erbittert wird und sich davon zu befreien sucht, statt daß es ihn gedemütigt in die Gegenwart Gottes führen und er sich unter Seiner Züchtigung hätte beugen sollen. In welch traurigem Zustand befindet sich ein Herz, das die Gemeinschaft mit Gott verloren hat und nicht sich selbst verurteilt! Was ist aus Salomo, dem König der Gerechtigkeit, geworden? Sein Herz ist nicht mehr aufrichtig vor Gott. Wie weit ist er von seinen Anfangswegen entfernt!

Jerobeam flieht nach Ägypten und bleibt dort bis zu dem Tode Salomos. 

Alle in diesem 11. Kapitel mitgeteilten Ereignisse fehlen im 2. Buche der Chronika, doch zeigen uns zwei Worte im 9. Kapitel dieses Buches, daß sie mit Absicht weggelassen sind. "Und das Übrige der Geschichte Salomos, die erste und die letzte, ist das nicht geschrieben in der Geschichte Nathans, des Propheten, und in der Weissagung Achijas, des Siloniters, und in den Gesichten Iddos, des Sehers, über Jerobeam, den Sohn Nebats?" (2. Chron. 9, 29). Wenn in dem Worte etwas weggelassen wird, so hat das immer einen Zweck, und auf den hier vorliegenden Zweck haben wir bereits so oft hingewiesen, daß wir nicht nochmals darauf zurückzukommen brauchen. 

Zwei Psalmen 

Zum Schluß dieser Geschichte möchten wir unseren Lesern noch zwei Psalmen vor Augen führen, von denen der eine Salomo zum Gegenstand hat, und der andere von ihm gedichtet ist. Der Raum würde uns fehlen, wenn wir von der Weisheit Salomos reden wollten, wie sie in den verschiedenen Schriften, deren inspirierter Schreiber er ist, zum Ausdruck kommt. Wir beschränken uns daher auf diesen kurzen Zusatz. 

Der 72. Psalm ist ein Psalm "für Salomo". Der menschliche Verstand könnte auf den ersten Blick daran zweifeln, ob dieser Psalm prophetisch sei und auf das Reich Christi angewendet werden könne; so viele Einzelheiten stimmen mit dem Reiche Salomos überein. "Er wird herrschen von Meer zu Meer, und vom Strome bis an die Enden der Erde. 

Vor ihm werden sich beugen die Bewohner der Wüste, und seine Feinde werden den Staub lecken; die Könige von Tarsis und von den Inseln werden Geschenke entrichten, es werden Abgaben darbringen die Könige von Scheba und Seba. Und alle Könige werden vor ihm niederfallen, alle Nationen ihm dienen" (V. 811). "Und er wird leben, und von dem Golde Schebas wird man ihm geben; und man wird beständig für ihn beten, den ganzen Tag ihn segnen" (V. 15). Bezüglich seines Charakters lesen wir: "

Er wird dein Volk richten in Gerechtigkeit, und deine Elenden nach Recht" (V. 2). Hinsichtlich der Segnungen seines Reiches gilt: "In seinen Tagen wird der Gerechte blühen, und Fülle von Frieden wird sein" (V. 7). "Es wird Überfluß an Getreide sein im Lande, auf dem Gipfel der Berge; gleich dem Libanon wird rauschen seine Frucht; und Menschen werden hervorblühen aus den Städten wie das Kraut der Erde" (V. 16). "Alle Nationen werden ihn glücklich preisen" (V. 17). 

Hier fehlt wirklich kaum ein einziger charakteristischer Zug des Reiches, mit dem wir uns gerade beschäftigt haben. Doch ein Ding findet sich hier, das im Reiche Salomos nicht erwähnt wird: d i e G n a d e. Daher kommt es auch, daß dieses Reich weniger zu Herz und Gewissen redet als dasjenige Davids. Salomo war in all seiner Herrlichkeit nicht bekleidet wie eine Lilie des Feldes. Seine Herrlichkeit redet weniger zu der Seele' als die zärtliche Fürsorge eines Vaters für seine Kinder und die Gnade, womit dessen Liebe sie umgibt. Diesen Strom der Gnade, welcher David viel mehr kennzeichnet als Salomo, finden wir durch unseren ganzen Psalm hindurch wieder. 

Wir müssen daher, um die Regierung des Messias im Tausendjährigen Reiche zu verstehen, auf Den blicken, welcher in Seiner Person die jenen beiden Männern Gottes beigelegten Charakterzüge in sich vereinigen wird. Seine Regierung in Gerechtigkeit wird nicht durch ihren Glanz und ihre Dauer die auf so traurige Weise abgebrochene Regierung Salomos übertreffen  denn man wird Ihn fürchten "von Geschlecht zu Geschlecht, s o lange Sonne und Mond bestehen" (V. 5), und "es wird Fülle von Frieden sein, bis der Mond nicht m e h r i s t " (V. 7),  sondern ihr Beginn wird sein, wie der Beginn von Salomos Regierung nie gewesen ist: "

Er wird herabkommen wie ein Regen auf die gemähte Flur" (V. 6), indem sie die himmlische Segnung dahin bringt, wo das Gericht sein Werk getan und nichts zu ernten übriggelassen hat. Unter ihrem sanften Einfluß wird eine neue Ernte aufsprießen. David hatte dies von einem Größeren, als sein Sohn war, vorausgesagt: "Von ihrem Glanze nach dem Regen sproßt das Grün aus der Erde" (2. Sam. 23, 4). Laßt uns in unserem Psalm diesen Zug der Gnade betrachten, welche das Mitgefühl, die Befreiung, das Heil bringt, um die Elenden von dem Joch des Bedrückers zu befreien: "

Er wird deine E l e n d e n richten nach Recht" (V. 2). "Er wird Recht schaffen den E l e n d e n des Volkes; er wird retten die Kinder des A r m e n, und den B e d r ü c k e r wird er zertreten" (V. 4). "Er wird erretten den A r m e n, der um Hilfe ruft, und den E l e n d e n, der keinen Helfer hat; er wird sich erbarmen des G e r i n g e n und des A r m e n , und die Seelen der A r m e n wird er retten. Von Bedrückung und Gewalttat wird er ihre Seelen erlösen, und ihr Blut wird teuer sein in seinen Augen" (V. 1214). 

Das gibt dem herrlichen Reiche Christi ein unvergleichliches Gepräge, wie auch gesagt wird: "Seine Armen will ich mit Brot sättigen" (Ps. 132, 15). Das waren die Gedanken des auf der Erde verworfenen Messias, als Er die Volksmenge speiste, und wenn das Volk Ihn hätte annehmen wollen, so würde Er Sich als der in Sein Reich eintretende Messias gezeigt haben. Wenn Er aber Seine Macht in die Hand nehmen und über der Welt als Sonne der Gerechtigkeit leuchten wird, dann wird Er Sich an dem Werke Seiner Gnade erfreuen und Heilung unter Seinen Flügeln bringen. 

Der 127. Psalm ist der einzige, als dessen Dichter Salomo genannt wird. Er redet von dem Hause, dem Hauptgegenstand seines Reiches; doch er kündigt eine zukünftige Zeit an, wo die Menschen sich daran machen werden, es zu bauen und vergebens zu arbeiten, vergebens zu wachen, um die Stadt vor dem Feinde zu behüten. Dergleichen hatte unter seinem Zepter nicht stattgefunden. Was Salomo gebaut hatte, war also nicht endgültig; was die Menschen errichten werden, wird es noch weniger sein. 

Doch die Tage werden kommen, wo J e h o v a S e 1 b s t das Haus bauen und die Stadt bewachen wird. Dann wird Sein Geliebter endlich "den Schlaf finden können, die Ruhe, von welcher gesagt wird: "Er schweigt in seiner Liebe" (Zeph. 3, 17). Dann wird Er Söhne haben als Erbteil Jehovas, ein neues Volk, der Tau der Jugend, der Ihm aus dem Schoße der Morgenröte kommen wird (Ps. 110, 3). Dann wird Er glückselig gepriesen werden.

Salomo blickt, wie David, auf Christum. Jeder von ihnen weiß, daß er selbst nicht der gerechte Herrscher über die Menschen ist. Beide freuen sich, ihre Würde Dem anvertraut zu sehen, der von ihr niemals einen anderen Gebrauch machen wird als zur Verherrlichung Gottes.