1. Könige 2, Anordnungen Davids

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

1. Könige KAPITEL 2, 1-12 Die letzten Anordnungen Davids

David gibt sterbend seinem Sohne Salomo ein Gebot und legt ihm seine Verantwortlichkeit ans Herz. Es ist sozusagen das T e s t a m e n t des alten Königs und die Frucht seiner langen Erfahrung. Wir haben hier nicht die letzten Worte Davids"; diese werden uns in 2. Sam. 23, 17 mitgeteilt. Die in dem vorliegenden Abschnitt enthaltene Unterredung geht der Zeit nach jenen "letzten Worten" voran. Man könnte sie vielleicht zwischen den Versen 9 und 10 einschalten. Wir haben hier nicht David vor uns, wie er sein ganzes Verhalten im Blick auf das des wahren Königs, des "gerechten Herrschers unter den Menschen", beurteilt und die Unfehlbarkeit der Gnadenratschlüsse Gottes verkündet. Nein; was ihm zunächst obliegt, ist, Salomo beim Antritt seiner Regierung vor allem zu schützen, was dieser Regierung hinderlich sein oder ihren Untergang herbeiführen könnte.

 

Es besteht eine große Ähnlichkeit zwischen den Worten Davids an seinen Sohn und den Worten Jehovas an Josua (Jos. 1). Der König sollte vor allem "stark und ein Mann sein". Der Gehorsam gegen Jehova und die Abhängigkeit von Ihm sind die Beweise dieser Stärke, die man gebrauchen muß, um "auf seinen Wegen zu wandeln". Der Wandel selbst wird geleitet durch Gottes Wort, wie wir hier und im 119. Psalm sehen. Dieses Wort hat verschiedene Charakterzüge, und es ist nötig, auf alle zu achten. Es heißt hier: "Indem du seine Satzungen, seine Gebote und seine Rechte und seine Zeugnisse beobachtest". Das ist die Gesamtheit des Wortes. Seine S a t z u n g e n sind die Anordnungen, die Er getroffen hat und mit denen Seine Autorität verbunden ist; Seine G e b o t e sind der Ausdruck Seines Willens, dem wir uns zu unterwerfen haben; Seine R e c h t e die Grundsätze, welche Er zum Ausdruck bringt und nach denen Er handelt; Seine Z e u g n i s s e endlich die Gedanken, die Er uns mitgeteilt hat und die der Glaube aufnehmen soll. Alles das war für den Israeliten das Gesetz Moses" und sollte die göttliche Regel für den Wandel des Gläubigen bilden. Ein auf diese Weise geregeltes Leben mußte ein glückliches Leben sein, von welcher Seite man es auch betrachten mochte: "Auf daß es dir gelinge in allem, was du tust, und überall, wohin du dich wendest". Das sollte das Geheimnis der Regierung Salomos und seiner Nachfolger sein. Bei diesen Grundsätzen würde es nie "an einem Manne fehlen auf dem Throne Israels".

 

Geradeso ist es für uns. Unser Leben findet seine Nahrung und Kraft in dem Worte Gottes, und nur indem wir auf dieses Wort achten, können wir eine feindselige Welt ohne Furcht durchschreiten und alles, was wir tun, gelingen sehen (Ps. 1, 2.3). Es unterweist uns, auf Gottes Wegen zu wandeln. Kann es ein größeres Glück geben, als hienieden einen vollkommenen Pfad zu finden, den Pfad des Christen, auf dem das Auge Gottes mit Wohlgefallen ruht?

 

Das also war die Aufgabe Salomos und seiner Nachfolger. Wenn sie auf dem Wege Gottes und vor Seinem Angesicht wandelten, sollte ihre Regierung auf immerdar bestehen bleiben (Ps. 132, 11. 12).

Die zweite Anordnung Davids für seinen Sohn bezog sich auf Gerichte, welche er ausführen sollte (V. 59). David, der die Gnade darstellt, hat Verständnis über das, was der Herrschaft der Gerechtigkeit geziemt, Wenn es keine Gerechtigkeit gäbe, so würde die Gnade selbst nur eine schuldbare Schwäche sein. Als Mensch würde David sich weniger schuldig gezeigt haben, wenn er diesen beiden Dingen den ihnen gebührenden Platz angewiesen hätte. So finden wir ihn wiederholt zu schwach, um Gerechtigkeit zu üben, wie in dem Falle Joabs, oder Gnade mit Gerechtigkeit walten zu lassen, wie in dem Falle Absaloms. Gott allein läßt die Gnade durch Gerechtigkeit herrschen. Er allein hat, in Christo, das Mittel gefunden, um diese beiden Dinge zu vereinigen: Seinen vollkommenen Haß gegen die Sünde und Seine vollkommene Liebe zu dem Sünder.

 

Doch diese Unterlassung des Gerichts hatte nicht einzig und allein in der Schwäche Davids seinen Grund. Es wird eine Zeit kommen, wo die Taten der Menschen gemessen und abgewogen werden nach dem Gesetz der Gerechtigkeit, welches, lange zurückgehalten, dann erst zu seiner vollen Ausübung kommen wird. Wenn die Gerechtigkeit herrschen wird, könnte sie dann den Anschein erwecken, als übersähe sie die Sünde? Man übertritt nicht ungestraft die Gesetze des Reiches; und wenn dasselbe dereinst in Macht errichtet sein wird, werden diejenigen, welche diese Gesetze unter der Herrschaft der Gnade mit Füßen getreten haben, die bitteren Folgen ihrer Empörung erfahren müssen. Es gibt vor dem Gesetz Gottes keine Verjährung, wie vor dem der Menschen. Die gottlose Tat des Sünders wird sich wiederfinden, vielleicht "beim grauen Haar"; aber sicherlich wird ihrer wieder gedacht werden.

 

Joab kommt zuerst an die Reihe. Wir haben bei der Betrachtung des zweiten Buches Samuel seine Laufbahn zur Genüge kennengelernt, so daß wir nicht mehr darauf zurückzukommen brauchen. Die Schwäche Davids (2. Sam. 3, 39) hatte den König verhindert, die Ermordung Abners und später diejenige Amasas sofort zu rächen; aber er hatte beides nicht vergessen. Was Joab diesen Männern angetan hatte, hatte er David angetan. "Du weißt, was Joab m i r g e t a n h a t. " *) Vielleicht meinte dieser blutdürstige Mensch, seinem König zu dienen, während er nur seinen eigenen Interessen diente. Aber das ist unmöglich. Was man für sich selbst tut, tut man wider Gott. In Friedenszeiten waren "der Gürtel und die Schuhe"

*) Wir glauben nicht, daß der König hierbei an die Ermordung Absaloms durch Joab denkt.

 

Joabs sein Dienst und sein Wandel, durch Kriegsblut befleckt worden. Das war ein Schandfleck. Der Krieg sollte auch über ihn kommen. Er mußte erfahren, daß es für ihn keinen Frieden gab; denn er ist nur für die, welche Frieden stiften (Jak. 3, 18). Weder Salomos Friedensreich noch seine Regierung in Gerechtigkeit konnten solche Elemente zulassen. Joab mußte o h n e A u f s c h u b und ohne Barmherzigkeit getötet werden. "Handle nach deiner Weisheit", sagt David. Ja, es gibt eine Vergeltung nach der Weisheit Christi (Offbg. 5,12). Ohne diese würde Seine Herrlichkeit nicht völlig zur Darstellung kommen.

 

Doch die Gedanken Davids verweilen viel lieber bei dem, was Barsillai für ihn getan hat (2. Sam. 19, 3140). Diesem hingebenden Greise vergilt er über seine Wünsche hinaus in seinen Söhnen. Anfangs handelte es sich nur um Kimham; jetzt haben alle Söhne Barsillais ein Recht an dem Tisch des Königs, zur Belohnung der Treue ihres Vaters. Sie genießen die Herrlichkeit des Reiches in einer Stellung hoher Ehre und besonderer Vertraulichkeit. Laßt uns daran denken im Blick auf unsere Familien! Die Hingebung der Eltern für Christum wird in ihren Kindern belohnt. "Indem ich mich erinnere", sagt der Apostel, Aes ungeheuchelten Glaubens in dir, der zuerst wohnte in deiner Großmutter Lois und deiner Mutter Eunike" (2. Tim. 1, 5).

Als dritter kommt Simei, der Benjaminiter, der David geflucht und dann bei dessen Rückkehr Zeichen von Buße gegeben hatte, indem er seine Sünde bekannte. Dieser Simei hatte sich nicht der Partei Adonijas angeschlossen;*) er war in Verbindung mit den Helden Davids geblieben und war Salomo gefolgt. *) Obwohl manche anderer Meinung sind, sehen wir doch keinen Grund, weshalb der Simei In Kap. 1, 8 eine andere Person als der Sohn Geras gewesen sein sollte.

 

David sagt über ihn  "Siehe, b e i d i r ist Simei, der Sohn Geras". Er war also a n s c h e i n e n d wiederhergestellt; aber wenn David ihn auch in Gnaden verschont hatte, so hielt er ihn doch nicht für schuldlos. Alles sollte von seinem Betragen unter dem König der Gerechtigkeit abhängen. Dieses Betragen würde zeigen, ob seine Buge echt war oder nicht. Wie der Fall Joabs wird derjenige Simeis der Weisheit Salomos überlassen (V. 9).

 

David stirbt. Das Wort sagt hier nichts von den ersten Anfängen der Regierung Salomos, sondern hebt nur das hervor, was sie im allgemeinen und in ihrer Gesamtheit kennzeichnete: "Sein Königtum wurde sehr befestigt". Das ist der Charakter des Reiches der Gerechtigkeit im Gegensatz zu dem der Gnade, welches voll von Unruhen und Empörungen war.