1. Könige 5, Hiram

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 5 Hiram. Vorbereitungen für den Tempel

Nachdem der Heilige Geist die innere Ordnung des Salomonischen Reiches und die ganze Weisheit, welche den Vorsitz darin führte, beschrieben hat, bringt Er uns jetzt zu dem, was in ganz besonderer Weise diese Regierungszeit kennzeichnen sollte: zu dem T e m p e l J e h o v a s . David hatte dieses Haus nicht bauen können; denn sollte Jehova Seine Wohnung endgültig in der Mitte Seines Volkes aufschlagen können, so mußte zunächst d e r F r i e d e fest gegründet sein. Solange das Volk in der Wüste umhergewandert war, hatte Jehova Sich durch die Stiftshütte seiner Stellung als Pilgrim und Wanderer angepaßt. 

Dann waren die Kriege in Kanaan unter Josua und den Richtern gekommen, und sie hatten erst mit der Regierungszeit Davids ihren Abschluß gefunden. Da wo Krieg ist, kann Gott nicht in Ruhe wohnen. Die erste Bedingung für Sein e n d g ü 1 t i g e s *) *) Wir sagen "endgültig", weil die erste Bedingung für das Wohnen Gottes bei Seinem Volke die E r 1 ö s u n g ist, vorbildlich dargestellt durch das Passah und das Rote Meer. 

Wohnen bei Seinem Volke in Kanaan war der Abschluß des Friedens. Geistlicherweise ist es mit der Kirche ebenso. Seitdem das "Evangelium des Friedens" verkündigt wird, wird das Haus Gottes, der heilige Tempel im Herrn, gebaut, und dieses Werk geht voran bis zur völligen Ruhe der Herrlichkeit. 

Unter Salomo war dieser Friede äußerlich, gleichsam materiell. Jehova hatte ihm ringsum Ruhe geschafft (V. 4). Die Segnungen, mit denen seine Regierungszeit angefüllt war, trugen denselben Charakter. Alles Begehrenswerte der Erde wurde zu ihm gebracht, und er benutzte es zur Verherrlichung Jehovas, welcher ihn auf seinen Thron gesetzt hatte. 

Der König von Tyrus wird als erster erwähnt, der dem entstehenden Reiche seine Dienste anbietet. Tyrus ist im Worte Gottes ein Bild der Welt mit all ihren Reichtümern und begehrenswerten Dingen. Man sieht in Hes. 27, was Tyrus im Altertum war. Sein Handel erstreckte sich über die ganze Erde, und von allen Seiten flossen ihm die Hilfsquellen der ganzen Welt zu. 

Wertvolles Holz, das die Zidonier ausgezeichnet zu bearbeiten verstanden, Elfenbein und Ebenholz, feines Leinen, weiße Wolle, Stickereien, blauer und roter Purpur; Silber, Eisen, Zinn, Blei und Erz; Karfunkel, Korallen, Rubinen und andere kostbare Steine; Gold in ungeheurer Menge; wohlriechender Balsam, Öl und Getreide; unermeßliche Herden; zahlreiche Krieger, um das alles zu verteidigen, Steuerleute und Matrosen zur Bemannung der gewaltigen Flotten, Weise, um seine Hilfsquellen in die richtigen Bahnen zu lenken und nutzbar zu machen  das war in kurzen Worten der Reichtum von Tyrus. Alles was das menschliche Herz auf Erden begehren mochte, stand ihm zu Gebote. 

Zur Zeit Salomos hatte Tyrus noch nicht den stolzen Charakter angenommen, der durch Jesajas und namentlich durch Hesekiel verurteilt wird, und der sich bis zur Vergötterung der Einsicht des Menschen verstieg. Hiram, der Freund Davids, regierte noch über dieses Volk. Er war früher aus freiem Antrieb gekommen, um dem Vater Salomos seine Dienste anzubieten, und seine Arbeiter hatten diesem ein Haus gebaut (2. Sam. 5, 11). 

Derselbe freie Wille veranlaßte ihn jetzt, seine Knechte zu dem Sohne Davids zu senden, weil er allezeit ein Freund des Vaters gewesen war. Wie sollte man nicht von dem König der Herrlichkeit freundlich empfangen werden, wenn man allezeit den König der Gnade geliebt hat? 

Salomo teilt Hiram seine Pläne mit, die keineswegs die Frucht seines eigenen Willens waren. Er hatte beschlossen, das Haus Jehovas zu bauen, weil Gott es so bestimmt hatte, indem Er Seinen Willen vorher David mitgeteilt hatte (V. 5). Das ist es, was den E n t s c h 1 i e ß u n g e n des Glaubens ihren wahren Charakter verleiht. Der Glaube entschließt sich, weil Gott beschlossen hat. Das ist ein wichtiger Punkt. 

Wir kennen oft im voraus den Willen Gottes und, anstatt zu sagen: I c h b i n entschlossen, ihn zu tun, suchen wir nach Vorwänden und guten Gründen, ihm auszuweichen, oder wenigstens nicht unser ganzes Herz auf seine Erfüllung zu richten. Zu anderen Zeiten haben unsere Entschlüsse den eigenen Willen zum Beweggrund und führen dann notwendigerweise zu bitteren Enttäuschungen. 

Die Regierungszeit Salomos wird also durch eine irdische Herrlichkeit gekennzeichnet, zu der alle natürlichen Hilfsquellen, welche die Welt bieten kann, beitragen. Doch sollte diese Herrlichkeit zur Verherrlichung Gottes sein und Ihm in der  Mitte Seines Volke seinen Tempel geben, der Seine Heiligkeit und Seine Größe pries. So wird es auch dereinst bei der herrlichen Regierung des Messias sein. Leider werden wir sehen, daß Salomo, der verantwortliche König, sich nicht mit dem begnügt hat, was ihm von Jehova zugeteilt worden war, sondern daß er später gesucht hat, sich d u r c h u n d f ü r s i c h s e 1 b s t zu vergrößern, und daß er die Folge­ davon tragen mußte. 

Hiram freut sich sehr, als er die Worte Salomos hört; er fühlt sich geehrt, daß er durch seinen Dienst zur Verherrlichung des Gottes Israels beitragen kann. Dieser König der Nationen sagt: "Gepriesen sei heute Jehova! Er betrachtet Jehova, den Gott Salomos, als seinen Gott und preist Ihn dafür, daß Er David einen Sohn gegeben hat, um über Sein Volk zu herrschen. Die Zuneigung zu David, dem verworfenen König, führt die Seele zur Wertschätzung des Königs der Herrlichkeit, ja, zur Wertschätzung Gottes Selbst, zur Liebe zu dem Volke Gottes. 

Die Frucht eines glücklichen Herzens ist gänzliche Widmung für den Dienst Christi. "Ich will all dein Begehr tun" (V. 8). Und was ist schließlich der Dienst Hirams im Vergleich zu dem, was Salomo für ihn tut? Zuweilen hat das, was wir für den Herrn tun, einen gewissen Schein. Die Zedern des Libanon und die ganze Mühe des Transports waren nichts Geringes; nur benutzte Salomo noch viele andere Dinge zu dem Bau des Tempels, außer den Zedern und Zypressen Hirams. 

Die großen wertvollen Steine, sowie das Gold, mit dem alles überzogen wurde, waren für die Grundlegung und Herrlichkeit des Gebäudes wichtiger als die Bäume des Libanon. Nichtsdestoweniger erfüllt Salomo das Begehr Hirams, weil dieser dasjenige Salomos erfüllt hatte; und das Begehr Hirams ist der Unterhalt seines Hauses. Der Herr könnte ohne uns fertig werden; doch das will Er nicht. Er weiß, was es ist, unsere Herzen zu erfreuen und ihnen den Segen, sie in Seinem Dienst zu benutzen, zu schenken  aber w i r können nicht ohne Ihn fertig werden. 

Er ist es, der uns Leben, Nahrung, Kraft und Wachstum gibt. Die Nahrung des Landes Hirams, das Getreide, mit dem seine Kaufleute Handel trieben, kam für sie aus Palästina (Hes. 27, 17). Das Land Jehovas liefert das, was zu unserem Bestehen notwendig ist. Auch Hiram ist darin von Salomo abhängig: "Du sollst den Speisebedarf meines Hauses geben", sagt er (V. 9). Und welcher Überfluß herrscht von da ab unter den Knechten des Königs von Tyrus! Ungefähr fünf Millionen Liter Weizen jährlich! Man kann Zedern und Zypressen besitzen und doch Hungers sterben. Aber sicherlich stirbt man nicht an Hunger, wenn man sie in den Dienst Salomos stellt! 

Der Friede kennzeichnet diese ganze Szene: Hiram und Salomo machten einen Friedensbund.

"Und Jehova gab Salomo Weisheit, so wie er zu ihm geredet hatte." Salomo hatte sie erhalten zur Reinigung seines Reiches durch das Gericht (Kap. 2, 6); dann, um richtige Entscheidungen zu treffen im Blick auf die Regierung seines Volkes (Kap. 3, 12); ferner hinsichtlich der Behandlung und Unterweisung der Nationen, der Völker und Könige der Erde (Kap. 4, 29); er empfängt sie schließlich im Blick auf die Erbauz u n g d e s T e m p e 1 s, des großen Werkes, welches seine glorreiche Regierung kennzeichnen sollte. 

Die Verse 1318 geben uns Bericht über die Einrichtung der Vorarbeiten für den Tempel. Dabei wird jeder nach seiner eigenen Fähigkeit angestellt. Die Weisheit Salomos ordnet alles an. Seine Arbeiter kommen denen des Königs Hiram bei dem Bauholz zu Hilfe, sie tragen Lasten, brechen die Steine im Gebirge. Auch die Gibliter nehmen daran teil. Sie werden von Hesekiel (Kap. 27, 9) erwähnt als geschickte Leute, um die Lecke von Tyrus auszubessern, welches unter dem Bilde eines auf den Meeren fahrenden Prachtschiffes dargestellt wird.*)

*) Die Gibliter werden in Josua 13, 5 erwähnt in Verbindung mit dem Libanon und als noch nicht von Israel unterworfen, Gebal, ein Seehafen am Fuße der nördlichen Abhänge des Libanon (vergl. Hesek. 27, 9), war wahr­scheinlich ihre Stadt. In dieser glorreichen Regierungszeit Salomos waren sie tributpflichtig, da sie zu dem unterworfenen Geschlecht Kanaans gehörten. 

Das erste, was Salomo tut, ist, daß er "große Steine, wertvolle Steine, um den Grund des Hauses zu legen, behauene Steine", herbeischaffen läßt. Es handelt sich vor allem darum, dem Tempel Gottes ein Fundament von großem Wert und von einer Festigkeit zu geben, die jeder Probe standhält. Das ist es, was Gott auch für Sein geistliches Haus getan hat. 

Der Grund ist Christus, der Eckstein; die Grundlagen sind alle Wahrheiten, die auf Christum und Sein Werk Bezug haben, so wie Er sie durch Seine Apostel und Propheten kundgetan hat. Das sind große Steine, wertvolle Steine. Man kann keinen einzigen von ihnen wegnehmen, ohne das ganze Gebäude in Gefahr zu bringen oder zu erschüttern. Das hatte die Weisheit Salomos gut verstanden, indem er behauene Steine herstellen ließ, auf welchen das Haus Gottes errichtet werden sollte.