1. Könige 6, Tempel

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 6 Der Tempel

Vierhundertundachtzig Jahre waren seit dem Auszug aus Ägypten verflossen; der Zweck Jehovas in der Erlösung Seines Volkes war erreicht. Was Israel am Ufer des Roten Meeres gesungen hatte, wird endlich zur Wirklichkeit: "Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg deines Erbteils, die Stätte, die du, J e h 0 v a, zu deiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, H e r r , das deine Hände bereitet haben" (2. Mose 15,17). Die beiden Dinge, von welchen in dieser Stelle gesprochen wird, sind vorbildlich durch David und Salomo verwirklicht worden. David hatte für den Bau des Tempels alles vorbereitet (i. Chron. 22, 14). 

Weiter waren ihm die Pläne des Gebäudes und seines ganzen Inhalts "durch Schrift' mitgeteilt worden (Vergl. 1. Chron. 28, 11-19). Diese Pläne übergibt David dem Salomo, und der baut das Haus. Der Retter bereitet vor; die Hände des Herrn bauen. Das von Gott für Seine Wohnung bei den Menschen und zur Erfüllung aller Seiner Ratschlüsse vorbereitete Material ist die Frucht der Leiden und der Verwerfung des wahren David; Christus, der Sohn des lebendigen

Gottes, errichtet das Gebäude und sagt: "Auf diesen Felsen will ich meine Versammlung bauen".

Bevor wir auf den Bau des Tempels näher eingehen, ist es nötig, mit einigen Worten der Bedeutung dieses Gebäudes zu gedenken.

Der Tempel (wie auch die Stiftshütte) war d i e W o h nung Gottes in der Mitte Seines Volkes, das sichtbare Zeichen Seiner Gegenwart. Hier befand sich Sein Thron, die Bundeslade, wo Er Sich zwischen den Cherubim niedergelassen hatte. Die Lade enthielt die Gesetzestafeln, das Zeugnis des Bundes zwischen Jehova und Seinem Volke. Dieser Bund war von seiten Gottes mit gewissenhafter und unveränderlicher Treue beobachtet worden, aber er war auf Bedingungen gegründet. Solange Israel diese Bedingungen erfüllte, blieb Gott in der Mitte Seines Volkes. Wenn es ungehorsam wurde, war Jehova gezwungen es zu verlassen, Seinen Thron und Sein Haus in Israel aufzugeben. 

Der Tempel war der Mittelpunkt des G o t t e s d i e n s t e s. Man nahte Gott in Seinem Tempel vermittelst der Opfer und des Priestertums. Dennoch blieb Gott tatsächlich unnahbar, weil der Mensch im Fleische Ihm nicht nahen konnte. Der Weg ins Heiligtum, obwohl im Vorbilde enthüllt, war noch nicht g e o f f e n b a r t . Das Werk Christi allein konnte ihn einweihen. 

Der Tempel, der Ort des Gottesdienstes, war auch der Mittelpunkt der R e g i e r u n g Israels. G er t t war der Regierende. Der König war nur der verantwortliche Vertreter des Volkes vor Gott und der Ausführer der Willensäußerungen Jehovas in Seiner Regierung. 

Von dem Augenblick an, da Gott Sich ein irdisches Volk erworben hatte, war eine Hütte oder ein Tempel unentbehrlich und wurde der Mittelpunkt ihres ganzen politischen und religiösen Lebens. Sobald das Volk "LoAmmi" (Nicht=mein=Volk) genannt wird, verläßt die Herrlichkeit Gottes den Tempel, welcher schließlich, nachdem er einige Male zerstört und wieder aufgebaut worden ist, verschwindet. Doch wenn dereinst die unfehlbaren Beziehungen Jehovas zu Seinem Volke unter dem neuen Bunde der Gnade wiederhergestellt sein werden, wird der Tempel wiedererscheinen, und zwar herrlicher als er jemals gewesen ist. 

Der Tempel hat, gleich der Stiftshütte, auch eine v o r b i 1 d liche Bedeutung. Er stellt den Himmel, das Haus d e s V a t e r s, dar, und wir können deshalb die verschiedenen Symbole auf die Beziehungen anwenden, in welchen wir heute als Christen zu Gott stehen. Alles was sich in dem Tempel befand, war nur ein Abbild der geistlichen Dinge, welche das Teil der Christen sind,

wie wir zu sehen reichlich Gelegenheit haben werden.*)

*) Noch manche andere, ins einzelne gehende Betrachtungen werden sich uns im Laufe dieses und des folgenden Kapitels von selbst darbieten. 

Da der Tempel die Wohnung Gottes ist, so ist er notwendigerweise auch die Wohnung derer, welche Ihm a n g e h ö r e n (Joh. 14, 2; 4, 2124). Darum sehen wir, daß bei dem Tempel Salomos die Zimmer der Priester mit dem Hause ein Ganzes bildeten. Dies führt uns dahin, auf einen beachtenswerten Unterschied in der Art der Beschreibung des Tempels in 1. Kön. 6 und 2. Chron. 3 hinzuweisen. 

Im 1. Buch der Könige bilden die Wohnungen der Priester einen Teil des Hauses; 2. Chron. 3, 9 erwähnt sie nur nebenbei und ohne auf ihre Verbindung mit dem Hause aufmerksam zu machen. Ferner fehlen im 1. Buch der Könige die beiden wichtigsten Teile des jüdischen Systems, der A 1 t a r und der V 0 r h a n g, vollständig, während die Chroniken sie erwähnen. Ohne sie konnte man Gott nicht n a h e n. Nach diesen Tatsachen können wir im voraus schließen, daß die Bücher der Könige uns den Tempel mehr als W o h n o r t darstellen, die Chroniken dagegen als Ort des Hinzunahens. 

Wir werden diesen Charakter bei der Betrachtung dieser Kapitel im Auge behalten müssen.

Der Tempel, als Ganzes betrachtet, ist auch das Bild der christlichen Gemeinde, der Kirche, des geistlichen Hauses, des heiligen Tempels, der Behausung Gottes im Geiste.*)

*) Die folgenden Seiten werden daher notwendigerweise eine beständige Vermengung des jüdischen und christlichen Elements darstellen. 

Schließlich ist der Tempel C h r i s t u s. Brechet diesen Tempel ab", sagte Er, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten." Er war hienieden der Tempel, in welchem der Vater wohnte (Joh. 14, 10). Doch wenn der Tempel i m a 11 g e meinen Christus ist, so stellen auch alle seine Teile unter ebenso vielen verschiedenen Charakterzügen Ihn dar. Die Bundeslade mit dem Gesetz in ihrem Inneren, der Sühndeckel auf der Lade, der Vorhang, alle Gegenstände im Heiligtum und im Vorhof, bis zu den Wänden und den Grundlagen des Gebäudes  alles, durchaus alles, redet (wie in der Stiftshütte in der Wüste) zu uns von Ihm. 

Alles stellt uns Seine Herrlichkeiten dar, die Wirksamkeit Seines Werkes, das Licht Seines Geistes, den Wohlgeruch Seines Namens, den Wert Seines Blutes, die Reinheit, die Heiligkeit, die Herrlichkeit Seiner Person. Nach welcher Seite wir uns wenden mögen, auf welchen Gegenstand in diesem wunderbaren Gebäude unser Auge fallen mag, überall finden wir die Vollkommenheiten Dessen wieder, an dem der Vater Sein völliges Wohlgefallen findet und in welchem Er Sich uns geoffenbart hat. Wenn wir in das Haus des Vaters eintreten, so geschieht es, um dort die vollkommene Offenbarung von allem, was Er ist, in der Person Seines Sohnes zu finden.

Laßt uns nun im einzelnen die Unterweisungen unseres Kapitels betrachten. 

"Und das Haus, das der König Salomo Jehova baute: sechzig Ellen war seine Länge, und zwanzig Ellen seine Breite, und dreißig Ellen seine Höhe." Auf den ersten Blick könnten die Größenverhältnisse des Tempels in Erstaunen setzen, denn sie sind nichts weniger als gewaltig. Diese Tatsache hat sogar die Ungläubigen befremdet. Die Abmessungen des Tempels Salomos bleiben weit hinter denen der riesenhaften Heiligtümer Ägyptens zurück. Es ist eben nicht die G r ö ß e , welche das Haus Gottes kennzeichnet, sondern die Heiligkeit, die vollkommene Ordnung, die Gerechtigkeit, die Herrlichkeit, das heißt die gleichmäßige Verteilung und Harmonie aller Vollkommenheiten Gottes. Die Abmessungen des Tempels waren in Länge, Breite und Höhe genau das Doppelte derjenigen der Stiftshütte, aber das Verhältnis der verschiedenen Teile zueinander blieb d a s s e l b e. 

Die Stiftshütte konnte während des Zuges durch die Wüste als etwas verhältnismäßig Unwichtiges erscheinen im Vergleich mit dem, was das Haus Gottes in Herrlichkeit sein sollte; aber der ganze P 1 a n Gottes, die ganze 0 r d n u n g Seines Hauses fand sich schon in diesem Übergangsgebäude und mußte darin geoffenbart sein. So verhält es sich auch mit der Kirche; darum wird dem Timotheus gesagt: "Dieses schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen; wenn ich aber zögere, auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit" (l. Tim. 3, 14. 15). In der Herrlichkeit wird die Ordnung der Regierung des Hauses völlig geoffenbart werden, wie wir dies in der Beschreibung des neuen Jerusalem in Verbindung mit dem Reiche sehen (Vergl. Offbg. 21). 

Wenn man ferner die Weise, in welcher der Tempel gebaut wurde, sorgfältig betrachtet, So kann man, abgesehen von der erstaunlichen Übereinstimmung seiner Abmessungen mit denen der Stiftshütte, feststellen, daß der Tempel nach keinem anderen Modell gebaut worden ist, als jene. Wir betonen diesen Punkt nachdrücklich, weil die Menschen (deren Herz, oft ohne daß sie es meinen, von Unglauben gegen die Offenbarung Gottes erfüllt ist,) sich viel Mühe geben, zu ergründen, ob nicht die syrischen, assyrischen, ägyptischen oder babylonischen Tempel mehr oder weniger als Modell für den Tempel Salomos gedient haben, während er sich selbst als Modell g e d i e n t h a t. Wäre das nicht des wahren Baumeisters dieses Tempels würdig, der alle Einzelheiten dem David geoffenbart hatte (i. Chron. 28), wie einst dem Mose diejenigen der Stiftshütte? Doch, was bei keinem menschlichen Werke möglich wäre, hier hatte jede dieser Einzelheiten eine göttliche Bedeutung, welche die Gedanken des Glaubens auf die Person und das Werk Christi hinlenkte. 

Die H a tt e des Tempels und dessen einziger Zugang unterschied sich, was seine Abmessungen betrifft, von dem, was wir bei der Stiftshütte sehen. 2. Chron. 3, 4 sagt uns, daß ihre Höhe hundertundzwanzig Ellen betragen habe. Danach war sie also viermal so hoch wie das Haus selbst. 

Rings um den Tempel  sein Eingang ausgenommen  befanden sich die Seitenzimmer, d i e Wohnungen d e r Priester. Es gab nichts dergleichen bei der Stiftshütte in der Wüste. Damals konnte Gott ohne Zweifel herabsteigen, um in der Mitte eines Volkes nach dem Fleische unter der Bedingung zu wohnen, daß Er Sich in einem tiefen Dunkel verbarg. Er konnte aber nicht dem Menschen erlauben, zukommen und bei Ihm zu wohnen. Das letztere wird hier zur Wirklichkeit unter der herrlichen Regierung Salomos, wie es sich für uns verwirklichen wird, wenn der Herr uns ins Vaterhaus einführen wird. Wir Kinder Gottes gehören alle zu dieser Familie von Priestern, die ihren Wohnplatz rings um ihr Überhaupt haben wird, obwohl das Vaterhaus schon jetzt für unseren Glauben offensteht und wir dort wohnen können, während wir uns noch in dieser Welt befinden. 

Die Wohnungen der Priester waren nicht von dem Hause zu trennen und bildeten ein Ganzes mit ihm, jedoch ohne einen seiner Teile in seiner Würde zu beeinträchtigen. 

Die Mauern des Tempels hatten Absätze, welche ein Auflegen des Gebälks gestatteten, ohne daß die Balkenköpfe in die Wände eingriffen. Auf diese Weise erhielt man ein völliges Anpassen der priesterlichen Zimmer an das Haus, ohne die Unversehrtheit des Gebäudes irgendwie preiszugeben. So werden wir in der Herrlichkeit wohnen. Die Tatsache unseres Dortseins, weit entfernt davon, die Vollkommenheit des Hauses Gottes abzuschwächen, wird nur dazu dienen, sie zu erhöhen. "Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott" (Offbg. 21, 3). 

"Und das Haus wurde bei seiner Erbauung aus vollständig behauenen Steinen*) erbaut; und Hammer und Meißel, irgendein eisernes Werkzeug, wurde nicht am Hause gehört, als es erbaut wurde." Man sah während der Errichtung des Tempels keine Spur von einem menschlichen Werkzeug. Er wurde in der Stille erbaut; man hörte weder Hammer noch Meißel. 

Es war das Werk Gottes; alles war vorher zubereitet. Die Steine, aus denen das Haus bestand, trugen d e n s e 1 b e n C h a rakter wie die Fundamentsteine, die ebenso wertvoll und vorher bearbeitet waren (Kap. 7, 912). So ist es auch mit der Versammlung (i. Petr. 2, 4. 5), insoweit ihre Erbauung nicht der Verantwortlichkeit des Menschen anvertraut ist (l. Kor. 3, 1015). *) Wörtl.: aus vollständigen Steinen des Steinbruchs, das heißt aus Steinen, die im Bruch gleich fertig zugerichtet wurden. (Anmerkung des Übersetzers.) 

Doch diese Verantwortlichkeit ruhte auch auf Salomo in Verbindung mit der Erbauung des Hauses. Wie so viele andere hat auch er in seiner Verantwortlichkeit gefehlt und dadurch den Untergang seines Reiches herbeigeführt. "Und das Wort Jehovas geschah zu Salomo, indem er sprach: Dieses Haus, das du bauest, w e n n du in meinen Satzungen wandeln wirst ... , so werde ich inmitten der Kinder Israel wohnen und werde mein Volk Israel nicht verlassen" (V. 1113). Die Treue des Königs war die einzige Bedingung, welche Gott dafür stellte, daß Er Sein Volk nicht verlassen würde; die ganze Segnung des Volkes hing von der Erfüllung dieser Bedingung ab. 

Der S p r a c h o r t, das Allerheiligste, wie auch das H e i 1 i g t u m (der Teil des Tempels vor dem Sprachort) waren mit Zedernholz bekleidet. Die Zeder ist im Worte das Bild d e r Majestät, der Höhe ' der Dauerhaftigkeit und der Stärke. Es gab an den Mauern innerhalb keine einzige Stelle, die nicht damit bekleidet gewesen wäre. Der Stein kam nirgends zum Vorschein. Doch das Zedernholz selbst, sowie der Fußboden aus Zypressenholz, alles wurde vollständig mit Gold überzogen. Das Gold stellt in dem Worte stets d i e göttliche Gerechtigkeit und Herrlichkeit dar. 

Das Haus bestand also aus wertvollen, vorher bearbeiteten Steinen und war errichtet auf den großen, wertvollen Steinen, welche die Grundlage bildeten. Das gab dem Tempel seinen Wert in Gottes Augen. Aber im Innern war alles fest, dauerhaft, daher unverderblich, der Größe und Majestät Jehovas würdig. Und diejenigen, welche in den Tempel eintraten, um bei Gott zu verweilen, erblickten um sich her nur göttliche Gerechtigkeit. ja, bis zu dem Boden, über den der Fuß hinschritt, war alles damit bekleidet. Zudem waren alle Geräte des Heiligtums entweder von Gold oder doch mit geläutertem Golde überzogen, wie der Räucheraltar, die Cherubim und die Türflügel des Allerheiligsten. 

Wie in der Stiftshütte in der Wüste, bildete das A 11 e r heiligste einen vollkommenen Würfel: "Das Innere des Sprachortes: zwanzig Ellen die Länge, und zwanzig Ellen die Breite, und zwanzig Ellen seine Höhe".*)

*) Das Haus selbst war dreißig Ellen hoch (V. 2). Es ist eine bemerkens­werte Tatsache, daß der von Hesekiel beschriebene Tempel des Tausendjährigen Reiches trotz der ungeheuren Ausdehnung seines äußeren und inneren Vorhofs und der äußeren Maße des Gebäudes, welches mit seinen Zimmern eine Länge und Breite von hundert Ellen erreichen wird (Hes. 41, 13 und 14), in bezug auf das Heilige und das Allerheiligste die Maße des Tempels Salomos nicht überschreiten wird. Das sind unveränder­1 i c h e M a ß e. Was von Anfang an im Plane Gottes lag, das muß sich ohne Änderung und Entwicklung im Zeitalter der Herrlichkeit Christi verwirklichen. Die Maße des Ganzen können sich der zukünftigen Größe dieser Herrschaft anpassen; aber das Heiligtum bleibt dasselbe. 

So wird es auch bei dem neuen Jerusalem sein: "Die Länge und die Breite und die Höhe der Stadt sind g 1 e i c h " (Offbg. 21, 16). Das Ergebnis des Werkes Gottes ist vollkommen; es ist ihm nichts hinzuzufügen, noch etwas davon wegzunehmen. Alles ist geordnet nach den Gedanken des göttlichen Baummeisters. Das neue Jerusalem ist sozusagen ein u n g e h e u z res Allerheiligstes, wo Gott, wie in dem Sprachort des Tempels, wohnen kann, weil dort alles Seiner Heiligkeit und Seiner Gerechtigkeit entspricht. Man findet keinen Tempel in ihr. "Gott, der Allmächtige, ist ihr Tempel, und das Lamm"; aber sie entspricht selbst a ll e d e m, w a s e s a n A 11 e r h e i 1 i g s t e m in dem Tempel Gottes gibt. Das Heiligtum Gottes ist die Kirche in der Herrlichkeit. 

Wie wir bereits gesagt haben, wird der Vorhang hier nicht erwähnt. An seine Stelle tritt eine Tür von Ölbaumholz (V. 31), aus zwei mit Gold überzogenen Türflügeln, ein freier und weiter Zugang, welcher dem Blick erlaubt, in das Allerheiligste einzudringen, obwohl, der Herrschaft des Gesetzes entsprechend, noch goldene Ketten vor dem Sprachort ausgespannt sind (V. 21). 

Die C h e r u b i m spielen eine große Rolle im Tempel. Die Cherubim auf der Bundeslade waren aus einem Stück mit dem Deckel und überschatteten diesen. Sie blickten hin auf das, was in der Lade verborgen war, auf den Bund des Gesetzes, der, auf steinerne Tafeln geschrieben, dort niedergelegt war. Die Cherubim, zwei an der Zahl, waren die Z e u g e n von dem, was die Lade enthielt (Matth. 18, 16). Sie waren zugleich die Merkmale der richterlichen Macht Gottes. Diese Merkmale sicherten den Bund. Von Seiner Seite beobachtete Gott ihn treu durch alles, was Ihn in Seiner Regierung kennzeichnete.*) Die Bundeslade und die Cherubim der Stiftshütte waren in den Tempel gebracht worden. Unter der Bedingung, daß der König seinerseits treu war, blieb Gott auf Seinem Thron zwischen den Cherubim sitzen und beobachtete, an Seinem Teile treu, den mit Seinem Volke geschlossenen Bund. *) Wir werden bei der Betrachtung der Ausschmückung des Tempels und des Vorhofs auf diese Merkmale zurückkommen. 

Der Tempel enthielt aber noch zwei andere Cherubim, jeder zehn Ellen hoch, welche mit ihren ausgebreiteten Flügeln an der einen Seite einander, und an der anderen Seite die Wand des Heiligtums berührten. "Ihre Angesichter waren dem Hause zugewandt" (2. Chron. 3,13), d. h. sie blickten aus dem Heiligtum hinaus. Sie schauten nach außen, weil unter der Regierung der Herrlichkeit diese richterlichen Merkmale Gottes, die für den sündigen Menschen erschreckend sind, in Segen auf ihn blicken können. In unserem Kapitel, in welchem es sich um das Wohnen bei Gott handelt, werden uns die Cherubim nicht als nach außen blickend dargestellt. 

Noch einige andere Einzelheiten der Ausschmückung erfordern unsere Aufmerksamkeit. Die Wände waren innerhalb und außerhalb mit Cherubim und Palmen und aufbrechenden Blumen geschmückt. Die Cherubim sind, wie wir gesehen haben, die Merkmale des gerechten Gerichts Gottes. Die „lebendigen Wesen" der Offenbarung (Kap. 4, 6) sind Cherubim und stellen dar: der Löwe  die Kraft, das Kalb (oder Stier)  die Festigkeit oder Beharrlichkeit, der Mensch  die Einsicht der Adler  die Schnelligkeit der Gerichte und der Regierungswege Gottes (Offbg. 4 und 5). 

In den Kapiteln, die uns beschäftigen, haben die Cherubim wohl mehr den Platz von einsichtsvollen Wesen. Wir lesen nichts von den Merkmalen der Kraft (Löwe) oder der zähen Beharrlichkeit (Stier); es sind einfach "die Cherubim". Der Adler wird gar nicht erwähnt, weder bei der Ausschmückung des Tempels noch der Becken des Vorhofs, weil der Adler die Schnelligkeit der Gerichte darstellt und sich nicht auf eine befestigte und friedliche Regierung anwenden läßt. Kap. 7, 29 liefert den Beweis hierfür: "Auf den Feldern ... waren Löwen, Rinder und Cherubim". Einsicht in die Regierung Gottes schmückt also das Haus Gottes. Die Hinzunahenden können sie sehen in allen Einzelheiten des göttlichen Gebäudes. Alle Wege Gottes in Seiner Regierung geben Zeugnis von dieser Einsicht, von dieser unendlich verschiedenartigen Weisheit. 

Die Palmen oder Palmenzweige haben in dem Wort auch ihre Bedeutung. Wenn der Herr als König des Friedens in Jerusalem einzieht, tragen die jünger Palmzweige vor Ihm her. Das ist das Zeichen des friedlichen T r i u m p h s einer Herrschaft, die errichtet werden soll. Ebenso trägt die unzählbare Menge in Offenbarung 7 Palmen in den Händen, indem sie den Triumph des Lammes feiert. Die Palmbäume von Elim sind das Zeichen der friedlichen Beschirmung in der Wüste; der Palmzweig in Jes. 9, 14 eine Beschirmung, unter der man Schutz sucht; Palmzweige wurden benutzt am Laubhüttenfest, dem Sinnbild der tausendjährigen Festfeier, wo das Volk unter Zweigen von Palmen und anderen grünen Bäumen an der allgemeinen Ruhe des Reiches teilnehmen wird, jedoch nicht ohne sich der Prüfungsjahre der Wüste zu erinnern. Die Palmzweige waren also Sinnbilder des Friedens, der Sicherheit und des Triumphes der Herrschaft der Gerechtigkeit. 

Die aufbrechenden Blumen sind das Bild einer neuen Jahreszeit, des beginnenden Frühlings (Hohel. 2, 12). In Psalm 92, 12 und 13 sehen wir, daß "der Gerechte sprossen wird wie der P a 1 in b a u in . . . . Die gepflanzt sind in dem Hause Jehovas, werden blühen in den Vorhöfen unseres Gottes." Diese Symbole sind also einerseits Sinnbilder der Regierung und andererseits Bilder von denen, die zu ihr gehören. Es wird eine völlige Übereinstimmung bestehen zwischen den Herrlichkeiten der Regierung und denen, die daran teilnehmen werden, zwischen dem Hause des Vaters und denen, die darin wohnen.

Und das alles wird in völligem Einklang sein mit Christo, dem wahren Salomo. Denn "auf ihm wird ruhen der Geist Jehovas, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und Furcht Jehovas" (Jes. 11, 2). Er ist "der Wunderbare, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst' * ' (Jes. 9, 6). Er ist der wahre Sohn Davids, und auf Ihm wird Seine Krone blühen (Ps. 132, 18). 

Göttliche Einsicht, völliger Friede, Schönheit, Frische und Freude kennzeichnen also diesen ganzen Schauplatz, und auch wir werden, Christo ähnlich und mit Ihm, dem Träger all dieser Herrlichkeiten, vereinigt, daran teilnehmen.

Die Cherubim finden wir wieder mit den Palmen und Blumen auf den Türflügeln des Sprachortes (V.32). Wie der Vorhang, an dessen Stelle sie treten, stellen uns auch die Türflügel Christum dar, welcher durch die Hingabe Seiner Selbst uns den Zugang zu Gott geöffnet hat. Christus auf dem Kreuze ist Gottes Weisheit; durch Sein Kreuz treten wir in vollem Frieden, in völliger Freude ins Heiligtum ein, und können dort mit Verständnis das Lamm preisen, das geschlachtet worden ist.

In den aufbrechenden Blumen und Koloquinthen (V. 18) erblickt man die Darstellung eines fortwährenden Blühens, eines Lenzes voller Frische und Schönheit, in Beziehung zu der Ruhe Gottes das Bild einer ewigen Freudenzeit, bedeckt und beschützt von der göttlichen Herrlichkeit in dem Tempel Gottes, der für u n s das Vaterhaus ist!