1. Könige 9, Hiram

01/07/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

KAPITEL 9, 10-23 Hiram

Die Verse 1014 reden von den äußeren Beziehungen Salomos zu Hiram. Als Belohnung für seine freiwillige Mitarbeit am Tempel und am Hause des Königs gab Salomo nach Verlauf von zwanzig Jahren, die der Bau der Häuser in Anspruch genommen hatte, dem Hiram einen Landstrich im Lande Galiläa, der zwanzig Städte umfaßte, den Hauptteil von dem, was später "das Galiläa der Nationen" genannt wurde (Vergl. Jes. 9, 1; Matth. 4, 15). 

Dieser Landstrich umfaßte ursprünglich einen Teil des Gebietes Naphtali und wurde später, unter Einschluß des Gebietes Sebulon, auf das ganze "obere Galiläa" ausgedehnt so daß er bei Kapernaum bis an den See Tiberias reichte. Der ursprüngliche Landstrich wurde also Hiram verliehen. Handelte Salomo nach Gottes Gedanken, indem er so zum Nutzen eines Fürsten der Nationen einen Teil, und war es auch vielleicht der geringste, von dem Erbteil Israels abtrennte? 

Wir zögern nicht, diese Frage mit Nein zu beantworten; denn das Land hätte nicht veräußert werden dürfen. Der Herr hatte gesagt: "Das Land soll nicht für immer verkauft werden, denn mein ist das Land ; denn Fremdlinge und Beisassen seid ihr bei mir" (3. Mose 25, 23). Das Land gehörte je h o v a . Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß das Buch der Chronika, welches aus schon erwähnten Gründen das Böse, das sich bei den Königen zeigte, nur da mitteilt, wo es zum Verständnis der Geschichte notwendig ist, von dieser Schenkung nichts sagt. 

Im Gegenteil, es nennt an Stelle des Berichtes eine Reihe von Städten, welche "Hiram dem Salomo“ schenkte und welche dieser, nachdem er sie ausgebaut und befestigt hatte, den Kindern Israel zum Wohnort gab (2. Chron. 8, 17). 

So verringert im 1. Buch der Könige Salomo das Erbteil Gottes, während er es im 2. Buch der Chronika vermehrt. Diese Tatsache erscheint uns sehr bezeichnend. Und noch bezeichnender ist es, daß dieser Landstrich einem Volke ausgeliefert wurde, dessen Götzendienst es mehr und mehr überwucherte, bis schließlich das ganze Land "Galiläa der Nationen" genannt wurde. Und doch war es gerade hier, wo die Gnade Gottes anfing, sich durch den Dienst des Herrn zu entfalten. So machte tausend Jahre nach Salomo die Gnade seinen Fehler wieder gut. 

Dieser Fehler hat eine sofortige Folge: er bringt das Land Jehovas in Mißkredit und Schmach. Hiram vermochte das nicht zu schätzen, was in den Augen Salomos und eines Israeliten großen Wert hatte. Er sagt: "Was sind das für Städte, die du mir gegeben hast, mein Bruder! Und er nannte sie das Land Kabul (unfruchtbar, nichts hervorbringend?  die Bedeutung des Wortes ist unsicher) bis auf diesen Tag." Er gab ihnen diesen Namen, weil sie "nicht recht waren in seinen Augen". 

So ist es immer. Wenn der Welt (mag sie auch wie Hiram die beste Gesinnung haben) als solcher, d. h. ohne Glauben, der Genuß der Güter des Christentums, die unsere Freude ausmachen, zuteil wird, so findet sie an ihnen keinen Geschmack. Diese Dinge langweilen sie, sie zählen in ihrem Leben nicht mit. Sie wird sie ohne Zweifel zu erhalten suchen, um sich bei Gelegenheit ihres Besitzes zu rühmen, aber sie kann sie nicht in ihrem ursprünglichen Charakter bewahren. Ohne sie zu schätzen, wird sie sie als ein Mittel benutzen, sich Geltung zu verschaffen, und Satan wird sich dieses äußeren religiösen Scheines bedienen, um seine Herrschaft über eine größere Zahl von Seelen auszudehnen. 

Er wird den Wert jener Güter verächtlich machen. Er wird dem König von Tyrus beweisen, daß das, was Salomo ihm anbietet, nicht verglichen werden kann mit dem Glanz eines durch die Freigebigkeit des Fürsten der Finsternis verliehenen Reiches. Wenn ein Christ, um seine Weitherzigkeit zu zeigen, der Welt auch nur den kleinsten Teil seines Erbteils preisgibt, so erreicht er dadurch nichts anderes, als daß er seinen Charakter herabgesetzt und seine Religion verachtet sieht; und schließlich fällt die Schmach auf Gott Selbst zurück. 

Wenn es sich darum handelt, Salomo etwas zu schenken, so zeigt Hiram sich sehr freigebig. Das entspricht dem Stolz des Fürsten der größten See und Handelsmacht von damals, dem England des Altertums. Hiram gibt Salomo hundertzwanzig Talente Gold (etwa 16 Millionen Mark). War das etwas Gutes, ein Nutzen für Salomo? So lange Hiram für die Erbauung des Tempels seine Abgaben entrichtete, fand alles die göttliche Billigung. jetzt aber nennt Hiram Salomo "seinen Bruder" und macht ihm Geschenke! 

Die Tätigkeit und Weisheit Salomos zeigen sich (V. 1523) in dem Bauen der Vorratsstädte und der Wagen und Reiter­städte. Das ist die äußere Einrichtung des Reiches, sowohl für den Handel wie für den Krieg. Er erhält Geser von dem Pharao, der die kanaanitischen Bewohner der Stadt erschlagen hatte und die Stadt dann seiner Tochter, der Gemahlin des Königs, schenkte. 

So wird, ohne Störung für die Friedensherrschaft Salomos, der Befehl ausgeführt, die Kanaaniter auszurotten. Ihre Stadt fällt von Rechts wegen Israel als Erbteil zu. Alle einst durch die Schwäche des Volkes verschonten Kanaaniter werden unterworfen, wie einst die Gibeoniter. Indes wiederholt Salomo nicht den Fehler Sauls hinsichtlich der Gibeoniter (2. Sam. 21), sondern er macht alles, was von den Kanaanitern unter dem Volke noch übrig ist, zu Fronarbeitern. 

Gleich Salomo haben die Christen die Rechte der Welt, welche infolge der Untreue der Kirche in deren Mitte festen Fuß gefaßt haben, nicht für gültig zu halten; ebensowenig sollen sie die Welt daraus vertreiben. Was sie zu tun haben, ist, für sich selbst in der Freiheit der Kinder Gottes zu wandeln, und jene in ihrem Joch der Knechtschaft zu lassen, der einzigen Religion, die dem Fleische entspricht und welche das Fleisch anerkennt. 

Nie hatte vor Salomo eine so völlige Absonderung in Israel stattgefunden; aber sie kann und soll verwirklicht werden in den schlimmsten Tagen der Geschichte Israels oder der Kirche. "jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit."  "Von diesen wende dich weg." Wenn einmal die Herrlichkeit regieren wird, wird die Absonderung eine völlige sein; dann wird man sogar auf den Schellen der Rosse lesen: "Heilig dem Jehova" (Sach. 14, 20).