Schlatter Adolf 1852-1938

02/01/2023
von Christ-und-Buch Günter Arhelger

Adolf Schlatter gilt zu Recht als einer der ganz großen Bibeltheologen dieses Jahrhunderts. BV15569%2BAdolf-Schlatter.jpg?1675246626486

Sein ungemein vielseitiges theologisches Schaffen war vom Bemühen getragen, die Botschaft der Heiligen Schrift möglichst getreu und umfassend weiterzugeben und ihr auch und gerade • dort Rechnung zu tragen, wo sie verkürzt zu werden droht - sei es durch modische Zeitströmungen oder durch die kirchliche Tradition. Am bekanntesten wurde Schlauer weit über den deutschen Sprachraum hinaus •durch .seine Auslegung des Neuen Testaments. 

Sie nimmt inzwischen einen geradezu »klassischen« Rang ein und darf getrost neben die großen Schriftauslegungen eines Augustin, Luther, Calvin oder Bengel gestellt werden. Durch seine neun großen Kommentare hat er der neutestamentlichen Wissenschaft bis auf den heutigen Tag eine Fülle von Anregungen und Erkenntnissen hinterlassen, und durch seine 10-bändigen »Erläuterungen zum Neuen Testament« erreicht er noch heute einen beträchtlichen Teil der Bibel lesenden Gemeinde. Weniger bekannt ist, daß Schlatter- nicht nur die neutestamentliche Exegese und die Judaistik nachhaltig beeinflußt hat, sondern daß er viele seiner weit über vierhundert Veröffentlichungen auch anderen Disziplinen wie der Kirchengeschichte, der Dogmatik, der Ethik, der praktischen Theologie und der Philosophie widmete.

Schlatters Einfluß auf die Theologie und • das kirchliche Leben im deutschsprachigen Protestantismus des 20. Jahrhunderts darf nicht unterschätzt werden, auch wenn sein Lebenswerk nach dem ZWeiten Weltkrieg längst nicht mehr die Beachtung fand wie zu seinen Lebzeiten. Immerhin gibt es keinen deutschsprachigen Theologen seiner Generation, der auch nur annähernd so zahlreich auf dem gegenwärtigen Buchmarkt vertreten ist wie Schlatter, von 

dem über dreißig Veröffentlichungen noch immer (oder inzwischen wieder) erhältlich sind Angesichts der unbestreitbar großen Bedeutung von Schlatters Leben und Werk für die evangelische Theologie ist es verständlich, daß seit seinem Tod am 19 Mai 1938 immer wieder der Ruf nach einer wissenschaftlichen Biographie laut wurde.. 

Die vorliegende Nachzeichnung von Schlatters Leben hat nicht den Sinn, dieser naheliegenden Forderung gerecht zu. werden. Auch wenn es sich um die erste Biographie Schlat-ters handelt und ihr langjährige wissenschaftliche Studien. vorausgingen (vor allem eine dreijährige Erforschung von Schlatters unveröffentlichtem Nachlaß), ist ihre Zielsetzung doch eine andere:
Sie soll anläßlich von Schlatters fünfzigstem Todesjahr Grundzüge seines Lebens und geistlich-theologischen Wollens einem größeren Leserkreis nahebringen. Angesichts dieser Zielsetzung habe ich auf einen wissenschaftlichen Anmerkungsapparat verzichtet. 

Die meisten Zitate sind veröffentlichten und unveröffentlichten Selbstzeugnissen Schlatters entnommen, um eine möglichst große Authentizität und Anschaulichkeit zu gewährleisten.
In Anbetracht des zur Verfügung stehenden Raumes und der zur Verfügung stehenden Zeit mußten bei der Nachzeichnung von Schlatters Leben erhebliche Lücken in Kauf genommen werden. 

Der Schwierigkeiten und Grenzen eines solchen Unternehmens war ich mir beim Schreiben wohl bewußt. Der Schwerpunkt der vorliegenden Darstellung liegt auf jenen Aspekten; die den Menschen und Christen Schlatter beleuchten. Der Theologe und sein Werk treten demgegenüber etwas zurück. Dies hat zur, Folge, daß beispielsweise Schlatters Wirken als Theologieprofessor in Deutschland gegenüber der breiten Schilderung seines Schweizer Werdeganges nicht den Rang einnimmt, der ihm in einer wissenschaftlichen Biographie eingeräumt werden müßte.

Trotz der genannten Grenzen hoffe ich, mit der vorliegenden biographischen Skizze der Öffentlichkeit ein Werk zu übergeben, das Theologen wie Nichttheologen einen anschaulichen Eindruck von Schlatters Leben und Wirken vermittelt und auch von Schlatter-Kennern nicht ohne. Gewinn gelesen wird. Vor allem aber erhoffe ich mir, in einigen Jahren der Fachwelt eine umfassende wissenschaftliche Biographie vorlegen zu können, die der theologischen und kirchengeschichtlichen Bedeutung Schlatters gerecht wird und die seit Jahrzehnten erhobene Forderung nach einer großen Biographie zu erfüllen vermag.

Mein Dank gilt nächst Gott meiner Frau, die meine Arbeit an diesem Buch mit Verständnis und Interesse begleitet hat, und meinen Kindern, die ihren Vater während eines beträchtlichen Teils meines Jahresurlaubs entbehren mußten Außerdem danke ich Herrn Bischofsvikar Pater Christoph Cassetti, der mir in den Sommerferin das Arbeitszimmer in seinem Liechtensteiner Pfarrhaus großzügig zur Verfügung stellte. 

Sehr zu Dank verpflichtet bin ich Herrn Kirchenrat i. R. D. Hans Stroh (Reutlingen) für seine nun schon seit Jahren erfolgende treue und anregende Begleitung meiner Schlatter-Studien, Herrn Dekan Theodor Schlatter (Besigheim), der auch den größten Teil des Bildmaterials freundlicherweise zur Verfügung stellte, und der Schlatter-Stiftung für die jahrelange großzügige Fördeng meiner Nachlaß-Forschungen und nicht zuletzt Herrn Bernhard Müller und dem Verein zur Erziehung und Förderung e. V (Stuttgart), ohne deren finanzielle Unterstützung diese Forschungen nicht möglich gewesen wären Danken mochte ich auch dem langjährigen Betreuer des Schlauer-Nachlasses, Herrn P.fr. i. R. Ernst Bock (Korntal), für seine Hilfe bei der Zusammenstellung des Bildmaterials.
Ich widme dieses Buch den evangelischen Kirchengemeinden Walddorf und Häslach in Dankbarkeit für ihre wohlwollende und liebevolle Begleitung meines Vikars-dienstes. In diesen Dank ausdrücklich einschließen möchte ich Pfarrer Martin Ebene, der die während des Vikariats erfolgte Niederschrift dieses Buches mit brüderlichem Verständnis unterstützt hat.

Gomaringen, am zweiten Sonntag nach Epiphanias
im Januar 1988 Werner Neuer ISBN 3-417-21101-8 R. Brockhaus